Von Schlittschuhlaufen und Feuerwerk von Aziraphale ================================================================================ Kapitel 1: Von Schlittschuhlaufen und Feuerwerk ----------------------------------------------- „Kariiiiiii!“ „Schon gut, Gatomon, ich hab dich!“ „Ich werde es nie lernen...“ „Ach was, du schaffst das schon!“ „Dieses Schlittschuhlaufen ist schwerer, als ich gedacht hatte...“ Gatomon sah mit bedauern auf dessen Schlittschuhe hinab- na ja, eigentlich waren es eher Karis, die sie getragen hatte, als sie noch klein gewesen war. Es war so froh gewesen, als sie festgestellt hatten, dass sie passten und nun wollte es einfach nicht klappen! Es schaffte einfach nicht das Gleichgewicht zu halten... Kari strich, mit einem zuversichtlichen Lächeln auf den Lippen, über den Kopf ihres Digimons. Sie hatte es nun schon zum dritten mal aufgefangen, als es in wilden Schlangenlinien, mit den Tatzen wedelnd auf die Bank zuschlingerte, auf der sie saß. Normalerweise hätte sie Gatomon bei der Hand genommen und wäre mit ihm zusammen langsam über das Eis gefahren, aber das war ihr dieses Jahr nicht möglich, denn ihr rechtes Bein steckte in einem- von allen ihren Freunden liebevoll verzierten- Gips, der Beweis dafür, dass man im Sportunterricht vielleicht doch lieber auf seine eigenen Tanzschritte achten sollte, als auf das Basketballspiel der Jungs. Sie seufzte und blickte über die schneebedeckten Tannenwipfel hinaus in die Sonne. Es war so ein schöner Tag, eigentlich perfekt zum Schlittschuhlaufen. Ihr Blick wanderte von den weißen Hügeln hinüber zu TK, der ein paar Meter weiter weg seine Kreise auf dem Eis drehte und Patamon, welches enthusiastisch um seinen Kopf flatterte. Ihr bester Freund hatte angeboten, Gatomon das Eislaufen beizubringen, doch es hatte Kari nicht alleine lassen wollen und war, auch wenn es dies ungern zugab etwas zu stolz dafür- mit Kari wäre es okay gewesen, denn Kari war seine Partnerin, aber egal wie sehr sie TK auch mochte, stand außer Frage, sein Angebot anzunehmen. Es wäre doch gelacht, wenn es das nicht allein schaffen würde, also stieß es sich ein wenig von der Bank ab um es abermals zu probieren. Morgen würden sie zurück fahren, jetzt oder nie! Wie jedes Jahr verbrachte die Familie Yagami ihre Weihnachtstage auf Hokkaido in einer kleinen Hütte, die man eigens dafür gemietet hatte. Normalerweise war es Tai, mit dem sie auf diesem See jedes Jahr ihre Kreise zog, doch dieses Jahr war alles anders und zwar nicht nur durch ihr Ungeschick im Sport. Dieses Jahr waren Matt und TK- natürlich mit ihren Digimonpartnern ebenfalls mit dabei, weil ihre Eltern, die wohl kurz vor der Versöhnung standen, über Weihnachten eine Kreuzfahrt machten um Gefühle auszusortieren und um sich klar zu werden, was werden sollte, weil man das Gefühl hatte, es den Kindern schuldig zu sein, alles hundertprozentig unter Dach und Fach zu bringen, bevor man sich in etwas stürzte, was eventuell nicht halten würde. Als die Yagamis davon erfuhren, war für sie sofort klar, dass man Matt und TK mitnehmen würde, denn Weihnachten ohne Familie sei kein richtiges Weihnachten, worüber Frau Takaishi und Herr Ishida doch sehr erleichtert waren, denn ein wenig mulmig war ihnen bei diesem Gedanken schon gewesen- aber was machen, wenn die Arbeit kein anderes Datum zulässt? - und außerdem waren ihre beiden Familien seit Jahren gut befreundet, also freuten sich alle auf ein fröhliches Weihnachtsfest, zusammen mit Menschen, die man mochte. „Ist dir auch nicht zu langweilig?“, fragte TK, der plötzlich neben ihr stand und Kari aus ihren Gedanken riss. Seine Wangen waren von der Kälte ganz gerötet und er grinste breit. Sie schüttelte lächelnd den Kopf „Nein, nein, es macht mir Spaß euch zuzusehen, auch wenn ich mir etwas Sorgen um Gatomon mache.“ TK sah hinüber, wo das katzenhafte Digimon es gerade noch schaffte, nicht hinzufallen, sich aber bedrohlich schwankend rückwärts bewegte, was sicher nicht seine Absicht war. „Es schafft es einfach nicht, das Gleichgewicht zu halten...“ murmelte Kari eher zu sich selbst, als zu ihm und wollte noch etwas hinzufügen, als plötzlich Patamon, welches auf TKs Kopf gesessen hatte mit den Worten „Das haben wir gleich!“ an ihr vorbeiflog, hin zu Gatomon. Einen kurzen Moment hielt es inne und setze sich dann bei dem anderen Digimon auf den Kopf, welches dadurch noch einmal heftig ins Schlingern geriet und einen erschreckten Laut von sich gab. Es sah aus, als wollte es Patamon am liebsten auffressen, aber bevor es auch nur die Gelegenheit hatte, sich lauthals zu beschweren, hatte seine ungebetene Kopfbedeckung auch schon seine Flügelohren ausgebreitet und auf einmal stand Gatomon ganz still, kein Wackeln, kein Wanken. Vorsichtig machte es einige Schritte vorwärts und siehe da, es funktionierte! „Ah, ich verstehe!“, rief Kari begeistert aus „Das ist wie mit dem Schirm bei einer Seiltänzerin!“ TK zog grinsend eine Augenbraue hoch. „Lass das bloß nicht Patamon hören.“ Sie kicherte leise und zog ihren neuen weißen Mantel mit Fellkragen ein wenig enger um sich. Mimi hatte ihn ihr aus den USA geschickt. Erst hatte sie ihn nicht annehmen wollen, weil er doch sicher teuer gewesen war, doch ihre Freundin hatte ihr versichert, dass sie bei ihrem neuen Job als Model für eine Jugendzeitschrift genug Geld verdienen würde und er sicher „ganz süß“ an ihr aussehen würde- genau genommen hatte sie diese Worte so laut ins Telefon geflötet, dass Kari es ein Stück weg halten musste. Seit dem hatte sie auf eine Gelegenheit gewartet, ihn tragen zu können. Er war zwar wunderbar warm, doch so ganz ohne Bewegung wurde es auf de Bank mit der Zeit doch ein wenig kühl. „Ist dir kalt?“, fragte TK und setzte sich zu ihr. Die Sorge schwang deutlich in seiner Stimme mit. TK machte sich immer Sorgen um sie. Einerseits war ihr das ein wenig unangenehm, schließlich war sie ja kein Kind mehr, andererseits freute sie sich auch sehr darüber, dass sie ihm so wichtig war. Während sie Gatomon, welches jetzt zwar mit Patamons Hilfe, aber voller Stolz über den zugefrorenen See glitt, beobachtete, rückte sie ein Stück näher an ihren besten Freund heran. „Ein bisschen.“ Er legte stumm den Arm um ihre Schultern und so blieben sie eine ganze Weile sitzen. Als Tai dann schließlich nach ihnen rief, war ihr kein Stück mehr kalt, eher ein wenig zu warm, aber sie wäre schon gerne noch ein wenig länger so sitzen geblieben. Er half ihr auf und stützte sie, als sie zurück in die Hütte gingen. Sie sprachen nicht miteinander, beobachteten nur, wie die weißen Wolken ihres Atmens sich miteinander verbanden und hörten Gatomon zu, welches mit leuchtenden Augen immer wieder erzählte wie toll Eislaufen sei. Mittlerweile wurde es dunkel und als sie bei der Hütte ankamen, konnte man die ersten Sterne sehen. In ein paar Stunden würde es im nahegelegenen Dorf ein Feuerwerk geben. Es war eine Art Tradition bei den Yagamis, dieses zu besuchen. Dieses Jahr würde Kari zum ersten mal nicht dabei sein, denn das wollte und konnte man ihr mit ihrem Bein nicht zumuten- zum See war eine Sache, aber der Weg zum Dorf und dann das lange Stehen auf dem großen Marktplatz, wo das Feuerwerk stattfinden würde eine ganz andere. Sie war schon traurig deswegen, hatte aber beschlossen es sich nicht anmerken zu lassen, denn sie wollte TK nicht noch mehr Sorgen machen. Er hatte sich dazu bereit erklärt bei ihr zu bleiben. Sie hatte gesagt dass das überhaupt nicht in Frage käme, aber er hatte gemeint, dass das seine Entscheidung sei und dabei sanft gelächelt. Sie ließ sich neben ihren Bruder auf das große rote Sofa fallen, welches vor dem Kamin stand, den Agumon mit Freuden einheizte. Nachdem sie am Morgen mit ihren Skiern die Hänge unsicher gemacht hatten und vollkommen erschöpft zum Nachmittagstee erschienen waren hatte Tai den halben Tag damit verbracht,. sich von Matt das Gitarre spielen beibringen zu lassen- mit mäßigem Erfolg. In Gedanken versunken rollte sie eine Strähne ihres Haares immer wieder auf einem Finger auf. Es war ganz schön gewachsen- noch nicht so lang wie Yoleis, aber mittlerweile reichte es ihr bis auf die Schulterblätter hinab. Sie hatte sie sich erst wieder abschneiden wollen, doch dann hatte TK gesagt, dass es sehr hübsch aussah und da hatte sie es sich noch einmal überlegt. Warum eigentlich? Sie seufzte leicht. Er war den ganzen Tag so lieb zu ihr gewesen und nun würde er auch heute Abend ihretwegen bleiben... immer kam sie bei ihm an erster Stelle. Manchmal kam sie sich ganz schlecht deswegen vor und hatte Angst, dass sie ihm irgendwann einmal lästig werden könnte, aber dann lächelte er sie an und alles war wieder gut. Sie wusste dann er würde sie niemals alleine lassen. Vor Jahren hatte er einmal gesagt, sie verließe sich viel zu sehr auf ihren großen Bruder, doch mittlerweile hatte sie viel mehr den Eindruck, sich mehr auf TK zu verlassen, als irgendjemanden sonst und sie wäre hilflos ohne ihn. Sie wusste, wenn sie Probleme hatte, würde er alles tun um ihr zu helfen und sie wusste nicht, wie es sein würde, wenn das eines Tages nicht mehr so sein würde. Bei diesem Gedanken schüttelte sie heftig den Kopf. Bloß nicht daran denken... „Alles in Ordnung?“, fragte Tai sie, von der Gitarre aufblickend Sie nickte und schenkte ihm eines ihrer strahlendsten Lächeln. Schaffte sie es denn immer nur allen Sorgen zu bereiten? Ihre Mutter stellte eine Tasse Tee vor ihr ab. „Und es ist wirklich okay für dich, wenn wir gehen? Wir könnten auch bleiben...“, versicherte sie sich zum dritten Mal an diesem Tag. „Ach was, geht ihr nur! TK bleibt doch bei mir, es macht mir nichts aus, ehrlich! Und nächstes Jahr komme ich dann ja wieder mit.“ Ihre Mutter strich ihr aufmunternd über den Kopf- gerade so, wie sie es vor ein paar Stunden bei Gatomon getan hatte und wendete sich dann ihrem Sohn und dessen besten Freund zu um ihnen zu sagen, dass sie sich schon einmal anziehen sollten... und um Tai zu mitzuteilen, dass er besser keine Musikkarriere anstreben sollte. Eine halbe Stunde lang war großes Chaos angesagt, weil fast alle Bewohner der Hütte hin und her liefen um ihre vorher achtlos in die Gegend geworfenen Schuhe, Schneehosen, Mützen, Schals und so weiter zu finden- Verwechslungen nicht ausgeschlossen. Kari sah ihnen vom Sofa aus zu und trank in kleinen Zügen ihren Tee. Gatomon und Patamon hatten sich in die Küche verzogen um dort den Rest der Kekse aufzuessen, die man am Vortag gebacken hatte. Nachdem TK kurz mit Tai über irgendetwas gesprochen hatte, half er seinem Bruder seinen linken Handschuh zu suchen und fand ihn schließlich in einem von Tais Schuhen und Herr Yagami „pflückte“ seine Mütze von der Stehlampe neben dem Sessel. Alles in allem ein buntes Treiben, welches sich nach und nach auflöste und nachdem auch der letzte- in diesem Fall Agumon, der von Gabumon an seinem neuen roten Schal aus der Tür gezogen wurde- Kari und TK noch einmal zugewunken hatte, wurde es plötzlich ganz still und der Raum, in dem sie saß kam Kari auf einmal viel größer vor. Sie starrte in die Flamme im Kamin und überlegte, was sie die ganze Zeit tun sollten... vielleicht das Brettspiel ausprobieren, welches Tai den ersten Tag unter seinem Bett gefunden hatte- es war wohl von jemandem dort vergessen worden. Aus der Küche her konnte sie immer noch Essgeräusche hören, wahrscheinlich hatten die beiden hungrigen Digimon sich auch noch über den Christstollen hergemacht. Sie seufzte und hatte schon beschlossen den beiden Gesellschaft zu leisten, als plötzlich weißer Mantel auf ihrem Schoß landete. Sie blickte auf. Dort stand TK und lächelte auf sie hinab. „Beeil dich, sonst schaffen wir es nicht mehr!“ „Wa-?“. Begann sie, doch TK legte verschwörerisch einen Finger an seine Lippen und zwinkerte ihr zu „Eine Überraschung.“ Mit großen Augen sah sie zu, wie er sich seine Jacke und dann die Handschuhe anzog. „Nun mach schon, oder willst du frieren?“ Er klang amüsiert, als er ihr in einer schnellen Bewegung den Schal um den Hals band. Wie mechanisch zog sie sich die Jacke an folgte ihrem besten Freund zur Tür, die er für sie aufhielt. Draußen stand so ein Holzschlitten, wie sie und Tai früher einen gehabt hatten. Damals waren sie damit stundenlang die Hügel um die Hütte herum hinuntergejagt. Auf ihren fragenden Blick hin deutete TK nur mit einem leichten Lächeln und einem kurzen „Setz dich!“ auf die Sitzfläche des Schlittens. Sie war nun doch sehr neugierig geworden und tat wie ihr geheißen. Augenblicklich nahm TK das Seil, welches vorne an dem Schlitten fest gebunden war und begann zu ziehen. Er rutschte ganz einfach über den Schnee und Kari musste bei dem Gedanken an die Tage ihrer- zugegeben noch nicht allzu lange her gewesenen- Kindheit unwillkürlich leise kichern. Ihr Bruder und sie hatten immer so viel Spaß gehabt... aber was hatte ihr bester Freund nur vor? „Wo wollen wir denn hin?“, fragte sie ungeduldig nach ein paar Minuten, doch er antwortete nicht... Konnte er vielleicht auch gar nicht, denn sein Atem begann durch die Anstrengung schneller zu gehen, was sie an den weißen Wolken erkannte, die über seinem Kopf aufstiegen. „TK?“ fragte sie, als sie den Fuß eines Hügels erreichten und sie erkannte, dass er sie da gleich hinaufzuziehen gedachte. „Alles in Ordnung Kari, wir sind gleich da.“, antwortete er außer Atem und sie versuchte sich so leicht wie möglich zu machen, als es bergauf ging, obwohl sie wusste, dass das natürlich nicht funktionierte. Oben angekommen kniete sie sich- so gut das eben mit einem Gips ging- besorgt neben TK, der in die Hocke gegangen war und nach Luft schnappte. Sie wollte ihn gerade fragen, ob er wirklich okay sei, doch er streckte nur den Arm aus und bedeutete ihr, nach vorne zu schauen. Jetzt blieb ihr fast die Luft weg. Von dem Hügel hatte man eine wundervolle Aussicht auf die in der Dunkelheit beinahe leuchtenden, weißen Berge und auf das Dorf, in dem ihre Familie jetzt war. Die Lichter der Häuser schimmerten zu ihr hinauf und die bunten Lichter der Laternen tanzten geradezu... es war, wie auf eine Spielzeugstadt zu schauen- einfach wunderschön. TK hatte sich mittlerweile halbwegs erholt und stellte sich neben sie. Obwohl sie den Mantel trug spürte sie seine Wärme ganz deutlich. „So kannst du doch noch das Feuerwerk sehen!“, meinte er, sichtlich mit sich selbst zufrieden und strahlte sie geradezu an. Kari wusste gar nicht wie ihr geschah. TK hatte mal wieder zu erst an sie gedacht und sich außen vor gelassen... und sie schalt sich innerlich fast dafür, dass sie so... glücklich war. In diesem Moment war einfach alles perfekt.... der Schnee, die Lichter, selbst ihr dummes Bein... Sie spürte, wie ihr langsam die Tränen in die Augen stiegen. „Kari-?“, setzte TK an, doch er kam nicht weiter, denn er wurde fast von den Füßen gerissen. Kari hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und vergrub ihr Gesicht in seinem Nacken. „Danke... danke... danke...“, murmelte sie immer wieder, ihre Stimme gedämpft durch seinen Schal. „Hey Kari,...“, flüsterte er und strich ihr sanft durchs Haar „du verpasst noch das Feuerwerk...“ Sie löste sich ein wenig von ihm und nickte, ihre Wangen ganz rot von der Kälte des Winters und der inneren Wärme, die sie spürte. In diesem Moment explodierte der erste Feuerwerkskörper und entsandte eine goldene Fontäne in den Himmel. Kari spürte, wie TK ihre Hand nahm und sie drückte. „Frohe Weihnachten, Kari!“ Er wollte seine Hand schon wieder wegziehen, doch sie hielt sie fest. Sie wollte ihn nicht loslassen, nie wieder... er war ihr bester Freund, ihr Seelenverwandter, ihr... „Kari?“ Und in dem Moment, als ihre Lippen die seinen berührten, war das Feuerwerk plötzlich vergessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)