Mosaik von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 32: Nachts ------------------ Hallo Ihr Lieben :)! Hier kommt das 32. Kapitel von Mosaik für Euch! Ich hoffe, Ihr mögt es so gern wie ich und lasst Euch schön einfluffen. Genießt es, ab dem nächsten Kapitel geht es steil bergab und mit Volldampf dem Ende der Geschichte entgegen. Hach, darauf freue ich mich schon ^-^ Viel Spaß beim Lesen! Liebste Grüße von Eurer Lung ____________________________________________________________________ „Ach, verdammt...,“ jammerte Linda fast sechs Stunden später und warf ihre Karten mit einem gequälten Lächeln auf den Tisch, „Immer verliere ich. Wie ist das nur möglich, dass man bei elf Spielen jedes Mal ganz hinten ist? Das ist doch scheiße!“ „Du kennst doch das Sprichwort,“ erwiderte Ben grinsend, während die glucksende Miriam die Karten zusammenkramte, um erneut zu mischen, „Pech im Spiel, Glück in der Liebe.“ Linda schnaubte bekümmert. „Ja, so heißt es. Aber ich kann dir sagen: Das ist Bullshit.“ „Och, Lindalein,“ antworte Sascha lächelnd und strich der kleinen Praktikantin liebevoll über den Rücken, „Sei nicht traurig. Das nächste Mal lass ich dich gewinnen, versprochen.“ „Danke, Sascha...,“ wimmerte Linda und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Nicht, wenn wir es verhindern,“ tönte Ben, „Nicht wahr, Miri?“ „Allerdings!” „David? Hey, David!“ „Was? Oh ja! Das werden wir.“ Tja. Zwar gab es im Tierschutzzentrum Rötgesbüttel keine kleinen Schwestern, die unaufgefordert einen geschlossenen Raum stürmten oder wehrlose Leute mit ihren Spielzeugen peinigten, doch dafür gab es befreundete Kollegen namens Miriam, Linda und Ben, die zu den unpassendsten Zeitpunkten auf die glorreiche Idee kamen, erst gemeinsam Pizza zu machen und anschließend kindische Kartenspiele zu spielen. Freilich, solche Abende machten Spaß, sorgten für gute Stimmung und ausgiebiges Gelächter, gleichzeitig vermasselten sie jedoch eventuell involvierten Zivis die Chance, nette Gespräche miteinander zu führen oder wahlweise auch dem allgegenwärtigen Bedürfnis nach körperlicher Nähe nachzugehen, das sich leider so gar nicht mit Pizza oder einer lautstarken Partie Schwimmen beseitigen ließ. Im Gegenteil. Während des Belegens, des Essens und des Spielens kostete es David jede Menge Selbstbeherrschung, sich und seinen Körper davon abzuhalten, keine sexuell motivierten Dummheiten zu begehen und Sascha in die erstbeste Ecke zu zerren, um dort vor aller Augen über ihn herzufallen. Stattdessen aß, schwatzte und lachte er mit den Anderen, alberte mit Miri herum und gewann und verlor in regelmäßigen Abständen, bekam jedoch kaum etwas davon mit. Denn immer wieder gelang es seinen Augen, sich der Kontrolle seines gereizten Verstandes zu entziehen und zu Sascha hinüber zu huschen, wo sie für einige Sekunden lang begehrlich hängen blieben. Und immer wieder beschlich ihn das bohrende Gefühl, dass ihn seinerseits jemand unverwandt beobachtete. Doch jedes Mal, wenn er daraufhin den Kopf drehte und vorsichtig in Dings’ Richtung schielte, betrachtete der Ben oder Miri oder Linda oder seine Karten oder irgendwas anderes in der Zivi-Küche. Alles und jeden, nur nicht ihn. Gott, was war das doch zum Kotzen. Und dabei köchelte die Sehnsucht nach Sascha in Davids Innerem schon den ganzen Abend lang vor sich hin, sodass sie inzwischen kurz vorm Überlaufen stand. Er fühlte sich wie heiße Milch, die in einem Kupfertopf auf dem Herd vor sich hin dampfte und mit jeder verstreichenden Sekunde dem Rand näher kam. Es war nach elf Uhr, als Davids Leiden endlich beendet und die vermaledeiten Spielkarten weggepackt wurden. Während Linda in ihrem knallroten Lupo davon brauste, Miriam die Treppe zu ihrer Wohnung über den Zivi-Räumen hinauf stieg, Ben ein letztes Mal in den Tierbetrieb watschelte, um nach den Viechern zu sehen, und Sascha die benutzten Teller, Messer und Gabeln in der Spüle stapelte, flüchtete er sich in sein finsteres Zimmer, um tief durchzuatmen und etwas Dampf abzulassen, indem er seinen Kleiderschrank trat. Himmel, Arsch und Zwirn, wie sehr ihn das alles nervte! Wieso musste es immer dann, wenn er und Sascha sich in einer Gruppe befanden – und wo sie ihre beständige Lust aufeinander nicht zeigen, geschweige denn ausleben konnten –, so unglaublich schwer für ihn sein, eben darauf zu verzichten? Wieso hatte David immer genau dann diesen besonders schmerzhaften, weil unmöglichen Wunsch, mit Sascha allein zu sein, ihn anzufassen und zu küssen? Wieso fiel es ihm immer gerade dann so unheimlich schwer, ihn nicht anzusehen? Wer hatte das so dämlich eingerichtet? War das normal? Ein dummer Witz von Mutter Natur? Ging es Sascha vielleicht genauso? Oder lag es doch an David? War er einfach völlig plemplem und hatte es tatsächlich so viel nötiger als Dings und alle anderen Menschen auf der Welt, sodass sich die unausgelebte Erregung nicht – wie normalerweise – mit der Zeit recycelte, sondern stattdessen immer weiter zusammen braute? Mal ganz abgesehen von diesem entsetzlichen Stich der Eifersucht, der Davids Körper lähmte, ihm jegliche Gedanken aus dem Kopf fegte und ihn immer dann heimsuchte, wenn Sascha mit einem der anderen Anwesenden vertraulichen Körperkontakt aufbaute – und sei er noch so rein freundschaftlich und flüchtig. David überlegte gerade, ob er noch einmal gegen seinen Schrank treten sollte – der filmreifen Theatralik wegen –, als seine Zimmertür ohne Vorwarnung aufgerissen wurde. Er zuckte heftig zusammen und wirbelte herum. Sascha stand in der Tür. Und er sah beinahe etwas ungehalten aus. „Hab ich dich,“ knurrte Mr. Unerwarteter-Auftritt und schloss die Tür ab, „Dachtest du echt, du kämst so einfach davon? Du könntest dich so mir nix, dir nix aus der Affäre ziehen, indem du dich in deinem Zimmer verkriechst? Pah! Falsch gedacht, mein Lieber.“ David verschlug es die Sprache. Er schluckte beunruhigt. „W... Wovon redest du?“, fragte er, während sein Puls sich alarmierend schnell beschleunigte. Dings antwortete nicht. Stattdessen...zog er sich das T-Shirt über den Kopf und warf es zur Seite. Und während David ihn noch mit offenem Mund anstarrte, begann er zu grinsen. Und dieses Grinsen, das er noch so gerade durch die Dunkelheit im Zimmer erkennen konnte, ließ Davids Herzschlag endgültig bersten. „Wovon ich rede...?“, schnurrte Sascha mit einem so gefährlichen Unterton, dass Davids Kehle ganz trocken wurde, „Ich rede davon, dass du...,“ langsam kam er auf ihn zu und David wich zurück, bis er an seinen Kleiderschrank stieß, „...den ganzen Abend mit allen redest, nur nicht mit mir. Schlimmer noch. Während ich vor Sehnsucht fast vergehe, ignorierst du mich geschlagene sieben Stunden lang und ich–,“ „Ich ignoriere dich?“, blaffte Davids Temperament aus den Untiefen seines überwältigten, aber dennoch sehr entnervten Geistes heraus und funkelte sein halbnacktes und äußerst anziehendes Gegenüber böse an, „Ich ignoriere dich überhaupt nicht! Du ignorierst mich! Und außerdem hast du ständig mit Linda geflirtet!“ Sascha riss die Augen auf und machte ein seltsam schnalzendes Geräusch, das offenbar seiner Empörung Ausdruck verleihen sollte. „Mit Linda geflirtet?!“, schnappte er zurück, „Das musst du gerade sagen! Wo du doch ununterbrochen mit Miriam geschäkert hast!“ „Du spinnst wohl!“, fauchte David entrüstet und versuchte sich vergeblich an irgendeine Szene dieser Art zu erinnern, „Ich hab mit niemandem geschäkert! Ich hab die ganze Zeit nur an dich gedacht und du–,“ David kam nicht mehr dazu, seinen wutentbrannten und dennoch sehr wahren Satz zu beenden. Er sah nur noch die Leuchtraketen, die sekundenlang in Saschas dunklen Augen aufglommen, dann wurde er rücklings gegen den schwer gebeutelten Schrank geschmettert und so stürmisch geküsst, dass es ihm den Atem nahm. Mit einem Schlag war Davids Temperament stumm und hilflos. Sein Kopf leerte sich mit einem Gurgeln, als wäre der Stöpsel einer Badewanne gezogen worden. Er konnte nur noch seine Arme wie in Trance um Saschas Hals werfen und mit einem Stöhnen den Mund öffnen, um ihn endlich so zu küssen, wie er es sich die letzten sieben Stunden ausgemalt hatte. „Da...vid...,“ keuchte Sascha heiser, als sich ihre Zungen berührten und zog David so eng an sich, dass es ihm den Verstand raubte, „Sag...es mir...noch mal...,“ „W...Was...?“, nuschelte David und reckte Dings begierig das Kinn entgegen. Aber Sascha wich vor seinem Kuss zurück und sah ihn an. „Sag es mir noch mal... Dass du die ganze Zeit nur an mich gedacht hast.“ David leckte sich über die Lippen und versank in diesen wunderschönen braunen Augen. Wozu lügen? Es war doch die Wahrheit. Er hatte den ganzen Abend lang nur an Sascha gedacht. Und daran, dass er vielleicht den Verstand verloren hatte. Und – um die komplette Wahrheit zu sagen – hatte er nicht nur den vorangegangenen Abend daran gedacht, sondern auch den größten Teil des letzten Monats. Aber das würde er vorerst doch für sich behalten. „Ich hab die ganze Zeit nur an dich gedacht...,“ wisperte er also. Sascha seufzte zittrig. „Echt...?“ „Ja... Sagte ich doch...,“ brummte David verlegen und spürte, wie ihm jetzt doch ein wenig warm wurde. Er senkte den Blick, wodurch ihm das glückselige Lächeln entging, das sich sekundenlang auf Saschas Gesicht ausbreitete. Dann spürte er Saschas Lippen an seinem Ohr und bekam prompt eine Gänsehaut. „Du bist so süß...,“ flüsterte Dings, „So wahnsinnig süß...,“ „Bin ich nicht...,“ grollte David mit prickelndem Magen. „Doch. Und jetzt komm her. Und küss mich...,“ Das ließ David sich nicht zweimal sagen. Er drückte seine Lippen auf die Saschas und küsste ihn voller Leidenschaft, während sein Herz dabei mit jeder Sekunde schneller in seiner Brust schlug und nach immer mehr, mehr, mehr verlangte. Nach zehn Minuten, in denen ihr Tempo und ihre Hitze immer mehr zugenommen hatten, löste Sascha schließlich seufzend den Kuss und widmete sich Davids Gesicht, küsste seine Stirn, seine Schläfen, seine Wangenknochen, sein Kinn und seinen Kiefer. „Hab...ich dir...eigentlich gesagt...,“ hauchte er ihm zwischen zahllosen Küssen heiß ins Ohr, sodass sich Davids Magen vor Erregung verkrampfte, „...wie unglaublich...scharf...ich deinen...Auftritt heute Mittag...im Bad fand...?“ „Nee...,“ stöhnte David und erzitterte, als er Saschas Finger an seinem Hosenbund fühlte. „Das...war...so...unglaublich...SCHARF!“, betonte Mr. Dingens grinsend, öffnete den Jeansknopf und zog auch Davids Reißverschluss mit einem leisen Sirren auf, „Setz dich hin und hör mir zu! Das war so böse. Und so sexy...!“ David gluckste. Und krallte seine Fingernägel einen Moment später japsend in Saschas Schultern, als der ihm mit beiden Händen in die Hose fuhr. Wie zwei betrunkene Tangotänzer schoben sie sich kichernd und keuchend durch Davids Zimmer; stießen erst gegen das Regal, dann gegen den Tisch, während sie sich unentwegt weiter küssten und verzweifelt versuchten, all die störenden Klamotten zwischen ihren hämmernden Herzschlägen loszuwerden, ohne sich dabei mehr als drei Millimeter voneinander zu entfernen. Als sie schließlich bei Davids Bett ankamen und übereinander hinein plumpsten, trug David lediglich noch sein T-Shirt und seine Socken. Sascha war nur seine Boxershorts geblieben. Schwer atmend wälzten sie sich über die Matratzen. Jedes Organ in Davids Innerem ächzte und krümmte sich vor Wonne. Und überall dort, wo Saschas Lippen ihn berührten oder seine Finger ihn streichelten, brannte seine nackte Haut lichterloh wie Feuer. „Sascha, warte...,“ stöhnte David mit schwerer Zunge, als Dings irgendwann über ihm lag und gerade dabei war, ihm auch noch das T-Shirt auszuziehen, „Warte... Warte kurz...,“ Keuchend hielt Sascha inne und blickte mit glasigen Augen auf David hinunter. „Was...ist? Alles...in Ordnung...?“ „Ja, aber...,“ In Davids Kopf drehte sich alles. Er spürte Saschas glühenden Körper so deutlich zwischen seinen geöffneten Beinen, dass es ihm einen heißkalten Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte und er kaum etwas anderes wahrnehmen konnte. Und sein Unterleib pochte so flehentlich und wild, dass es fast wehtat. Er wollte es. Er wollte es so unbedingt... Er griff nach Saschas Oberarmen, um sich irgendwo festhalten zu können. „Sascha...,“ nuschelte er rau, „Lass...lass es uns tun... Heute Nacht...,“ Verständnislos musterte Dings ihn. „W...Was tun...? Was meinst–,“ Dann unterbrach er sich. Offenbar war der Groschen doch noch gefallen. „D...David...,“ zischte er. „Sascha, ich...ich will nicht mehr warten...,“ flüsterte David drängend, schluckte und schaute hinauf in Dings’ Gesicht, „Ich...will es endlich tun. Mit...mit dir. Und ich...hab dir doch versprochen, dass ich nicht denke, dass es alles ist, was du von mir willst. Ich weiß, dass es nicht alles ist. Bitte...,“ er atmete tief ein, „...halt mich nicht mehr hin...,“ Sascha erwiderte seinen festen Blick. „W...Wieso...?“, wisperte er dann, „Wieso...bist du da so hinterher? Nach allem, was Sven dir angetan hat, könnte ich...es eher verstehen, wenn du...es nie machen willst...,“ David schluckte abermals. Was für eine gemeine Frage. Auch wenn sie aus Saschas Sicht wohl absolut verständlich war. Und er die Antwort ganz genau kannte. „Ich...,“ murmelte David und atmete tief ein, „Ich...will es endlich hinter mir haben. Eben weil Sven mich so gedrängt hat, ich...ich will endlich aufhören mich davor zu fürchten und außerdem...,“ er atmete erneut ein, „...und außerdem will ich...dich. Ich... weiß, dass du...der Richtige bist...,“ Hitze stieg in seine Wangen und verlegen blickte er an Sascha vorbei. Der schaute ihn einen Moment hingerissen an. Dann seufzte er schwer und hievte sich von David herunter, um sich neben ihn zu legen. Ärgerlich starrte David ihn an. „Hee!“, protestierte er leise, „Sag mir nicht, dass du nicht willst. Das glaub ich dir nämlich nicht. Ich weiß, dass du es auch willst. Das kann ich nämlich a) sehen und b) hab ich es bis eben sehr deutlich gefühlt. Also lüg mich nicht an.“ Sascha wirkte gleichermaßen betrübt, verlegen und erregt. „Nein. Ich...ich meine ja. Du...du hast Recht...,“ er seufzte erneut, griff dann nach Davids Händen, küsste seine Fingerknöchel und sah ihn genauso drängend an, wie der ihn vorher angeschaut hatte, „Du hast wirklich Recht, es...ist nicht so, dass...ich nicht will. Im... Gegenteil. Ich finde dich absolut umwerfend und ich will dich sooo sehr. Um die Wahrheit zu sagen, ich...ich kann mich kaum beherrschen und in meiner Phantasie hab ich schon hundertmal mit dir geschlafen, aber...,“ er holte tief Luft, „Ich...ich kann nicht...,“ David war sprachlos. Erbost zog er ihm zum zweiten Mal an diesem Tag die Hände weg. „Was soll das heißen, du kannst nicht?!“, knurrte er, „Was für ne saublöde Ausrede! Impotent bist du schließlich nicht, das hab ich schon bemerkt.“ „Daran liegt es doch auch nicht!“, erwiderte Sascha hastig und peinlich berührt, „Ich kann eher...emotional nicht...,“ „Wieso denn nicht?“ „Es...es geht mir einfach zu schnell!“ Jetzt sackte David endgültig die Kinnlade auf die Brust. Mit einem Ruck setzte er sich auf und funkelte Sascha zornig an. „Es geht dir zu schnell?“, fauchte er und zog sich sein T-Shirt so weit es ging über die Oberschenkel, „Zu schnell?! Du hast mit Jessika einen One-Night-Stand und mit mir, mit dem du schon seit fast nem Monat jeden Tag rummachst, geht es dir zu schnell?!“ „Jetzt reg dich doch nicht gleich so auf!“, antwortet Sascha rasch und setzte sich ebenfalls auf, um hitzig gestikulieren zu können, „Du verstehst das falsch. Jessika und du – ihr seid zwei völlig unterschiedliche Kisten. Mit Jessika hat es mir nichts bedeutet, aber bei dir, da...da bedeutet es mir viel, weißt du...? Und ich...ich will es richtig machen...,“ Inständig bittend betrachtete er David. Der beruhigte sich allmählich wieder. „Komm...,“ fuhr Sascha leise fort, „Gib...gib mir deine Hand. Ich...erkläre es dir, ja?“ David brummte nur. Eigentlich würde er seine beiden Hände gerne frei haben, um vernünftig zuschlagen zu können, falls ihm Dings’ Erklärung nicht gefiel. Doch er reichte Mr. Ich-Kann-Nicht seine Hand trotzdem. Der nahm sie liebevoll in seine und lächelte erleichtert. „Ähm... Du...du erinnerst dich doch noch daran, wie ich gestern sagte, dass...mein erster Gedanke, als wir uns zum ersten Mal begegneten, der war, dass ich mit dir schlafen will...?“ David nickte. „Und du...erinnerst dich auch noch daran, dass ich dir heute Nachmittag erzählt hab, dass ich...am Anfang meines Zivis sofort wieder von hier weg wollte und deshalb beschlossen hab, mich besonders schlecht zu benehmen. Oder?“ „Ja...,“ „Nun... Nachdem ich dich kennen gelernt hab, hat sich dieser Plan...geändert. Ich...ich wollte immer noch so schnell wie möglich nach Hause, aber vorher...wollte ich dich um jeden Preis flachlegen. Ich dachte, ich...ich bleib noch so lange, bis ich mit dir im Bett war und verschwinde dann auf Nimmerwiedersehen zurück nach Hamburg...,“ Er verstummte und beäugte David nervös, dessen Augenbrauen bei jedem Wort weiter in die Höhe gewandert waren. „I...Ich weiß...,“ fuhr er dann mit verzweifelter Stimme fort, „...das war absolut ekelhaft und ich schäme mich dafür. Ich...ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen, dass ich am Anfang so ein elendes Arschloch war. Und dass ich dich so schrecklich bedrängt hab und...so... Es...tut mir wirklich, wirklich Leid...,“ Seine Stimme erstarb. In Davids Kopf drehte es sich wieder. Diesmal allerdings aus einem ganz anderen Grund. Mit plötzlichem Verständnis erinnerte er sich an diese Nacht vor ewigen Zeiten, in der Sascha ihm Steak gemacht und einen Blow-Job als Bezahlung von ihm verlangt hatte, um hinterher, nachdem David abgelehnt hatte, ihn in genau diesem Zimmer an die Wand zu pinnen und heftig zu küssen. Und er erinnerte sich...an seine eigene Erregung, nachdem Dings’ ihm so dreist zwischen die Beine gegriffen hatte. Grundgütiger. Wenn David damals nicht zur Besinnung gekommen wäre, wenn er sich hätte verführen lassen und mit Sascha geschlafen hätte, dann...dann wäre er jetzt höchstwahrscheinlich schon seit Wochen über alle Berge. Und er, David, vermutlich an einem Kopfschuss gestorben. Doch es war glücklicherweise anders gekommen. Denn damals hatte David ihn ja fuchsteufelswild aus dem Zimmer geschmissen und sich geschworen, ihm nie wieder zu nah zu kommen. Darum war Sascha noch da und er noch lebendig. Eigentlich gar nicht so übel. „Woran denkst du...?“, flüsterte Sascha in diesem Moment und beugte sich vor, um einen warmen Kuss auf Davids Schulter zu hauchen. Der schreckte aus seiner Trance, wandte den Kopf und fixierte Mr. Ziemlich-Mies-Und- Verschlagen gedankenverloren. Der erwiderte seinen Blick, als hätte er Angst, dass David gleich mit Stühlen um sich werfen würde. „Ich...hab grad an diese Nacht gedacht. Weiß du noch? Dein erster Arbeitstag. Als du für mich gekocht hast und mir erst einen Blow-Job vorgeschlagen hast und mir danach in genau diesem Zimmer an die Wäsche gegangen bist.“ Dings’ Gesicht verzerrte sich gequält. „Oh Gott, erinner mich bloß nicht daran... Das ist mir so peinlich, ich... Es tut mir so Leid, David...,“ „Ich weiß...,“ murmelte David und schmunzelte, weil er es wirklich wusste, „Aber weißt du, was komisch ist?“ Sascha schüttelte den Kopf. „Heute Nacht, über einen Monat später, hast du das Gleiche noch mal getan. Du hast mich hier überrascht und mich in Grund und Boden geknutscht. Aber dieses Mal...hab ich dich nicht rausgeworfen, sondern zurück geknutscht. Und jetzt...versuche ich dich dazu zu bringen, mit mir zu schlafen, statt andersherum. Nicht zu fassen...,“ Dings kicherte leise und schmiegte seinen Kopf hingebungsvoll an Davids Schulter. „Stimmt. Aber ich finde, dass ist eine durchaus positive Entwicklung.“ David schnaubte. „Pfff... Du willst ja nicht. Ich finde das nicht besonders positiv.“ „Ich hab doch gesagt, dass ich nicht nicht will, du Blödmann,“ schmollte Sascha, „Ich will mich einfach noch ein bisschen geißeln, weil ich so ätzend war. Ich will es langsam angehen lassen, damit ich keinen Fehler mache. Ich hab dich wie Dreck behandelt und jetzt gebe ich mir selbst dafür die Quittung. Das ist nur fair.“ David verdrehte die Augen. Aber eigentlich war ihm mehr nach Lächeln zumute. Sein Herz pumpte eifrig und zufrieden warmes Blut durch seine Venen. „Sag mal...,“ begann er, als ihm noch etwas anderes einfiel, „Damals, als du mir nach dieser absurden Nacht mit Leopold...,“ sie giggelten beide kurz bei dem Klang dieses Namens, „Also, als du mir damals von deinem...deinem feuchten Traum erzählt hast und ich dich mit Äpfeln beworfen hab...,“ Dings räusperte sich betreten. „Äh... Ja?“ „Wolltest du mich da auch rumkriegen?“ „Ähm... Nein, eigentlich nicht. Da wollte ich dich nur wütend machen, weil...na ja...weil ich das halt so toll fand...,“ er senkte verlegen den Kopf, „Tut mir Leid...,“ „Schon gut...,“ murrte David, diese Eigenheit von Dings kannte er ja schon, „Und dann..., als du mich am nächsten Tag zum Bahnhof gebracht und mich einfach im Zug geküsst hast? Was wolltest du da? Wolltest du mich im Zugabteil vögeln oder nur in Rage versetzen?“ „Äh... Nein, da...da wollte ich dich einfach noch mal küssen.“ „Ach so,“ David sah ihn scharf an, „Du bist wirklich das Letzte, weißt du das?“ „Ja, das weiß ich...,“ jammerte Sascha und bedeckte Davids Hand mit kleinen, sehr reuevollen Küssen, „Ich bin unwürdig und minderwertig und verdiene dich nicht. Ich bin dein demütiger Diener. Dein Sklave, wenn du so willst. Dein untergebenster–,“ „Ja, ich hab’s begriffen!“, unterbrach David ihn glucksend und entzog ihm abermals seine Hand, „Du neigst eindeutig zum Masochismus, mein Lieber.“ „Richtig, aber...eigentlich...nur bei dir. Bei dir und...meiner Mutter.“ „Was für eine schöne Mischung.“ „Find ich auch. Herzerfrischend.“ David grinste ihn an. Herzerfrischend. Ja, so fühlte er sich gerade auch. Sein Herz war erfrischt und wenn er Sascha so ansah, seinen sinnlichen Mund und seine wohlproportionierten Muskeln, dann begann sein Magen schon wieder so sehnsüchtig zu kribbeln und seine Lunge zu säuseln und sein Herz zu zittern. Und dieses Problem in seinem Schritt bestand auch immer noch... „Sascha...,“ hauchte er und bewegte sein Gesicht wieder näher an das von Mr. Masochist heran, „Wenn du es in deiner Phantasie mit mir getan hast... War das gut?“ „Ohhh...,“ stöhnte Sascha hingerissen und näher sich ebenfalls, bis ihre Münder nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren, „Unvergleichlich. Und so hemmungslos...,“ Davids Unterleib krampfte sich verheißungsvoll zusammen. „Und wann bist du in deine Phantasiewelt abgetaucht?“, fragte er gespielt vorwurfsvoll, „Doch nicht etwa in deiner Arbeitszeit?“ „Immer und überall...,“ antwortete Sascha und kicherte dreckig, „Aber meistens...nachts.“ „Nachts?“, echote David schockiert, „Aber doch hoffentlich nicht, während ich nichtsahnend neben dir geschlafen hab, oder?“ „Ähm... Na ja...,“ wisperte Mr. Hemmungslose-Sexphantasien und klang nun doch wieder verlegen, „Nicht...direkt... Ich bin halt noch mal aufgestanden, wenn ich...mir sicher war, dass du schon schläfst, und bin aufs Klo gegangen und...,“ David konnte es nicht glauben. Und er hatte all die Wochen gedacht, dass Sascha das Knutschen auch ausgereicht hatte. Und dann, dass er der krankhaft Notgeile von ihnen beiden war. Und jetzt...erfuhr er, dass Dings... „Warte. Du...du willst mir allen Ernstes sagen, dass du manchmal nachts aufstehst, um dir auf dem Klo einen runt–,“ „Eigentlich nicht nur manchmal...,“ unterbrach Dings ihn zerknirscht, „...sondern immer. Gestern...war das erste Mal seit Wochen, dass ich es nicht getan hab.“ „Das...ist ja echt...krass...,“ murmelte David tonlos, während sein Temperament nur fassungslos den Kopf schüttelte, „Und du Heuchler sagst mir, dass du noch mit dem Sex warten willst.“ „Das ist etwas ganz anderes!“, ereiferte sich Sascha eilig, „Zwischen Phantasie und Realität ist ein großer Unterschied. Und ich hab ja nicht gesagt, dass ich bis in alle Ewigkeit warten will. Nur...noch ein bisschen...,“ „Und wie lange ist ein bisschen...?“ „Ich sag dir Bescheid, wenn ich’s weiß.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ „Also gut...,“ zischte David, biss sich auf die Unterlippe und rückte dann noch etwas näher an Dings heran, bis er die köstliche Hitze spüren konnte, die der wie ein Kamin ausstrahlte, „Aber rummachen... Das können wir doch, während wir warten, oder...?“ „Oh jaah...,“ schnurrte Sascha sexgrinsend und griff erneut nach Davids T-Shirt, „Das können wir... Komm her und ich zeige dir, was ich dir gestern Nacht noch nicht gezeigt hab...,“ Mitten in der Nacht schreckte David aus dem Schlaf. Um ihn herum war es tintenschwarz, nur die Straßenlaternen warfen etwas mattes Licht zum geschlossenen Fenster herein. Schlaftrunken strich er sich die Locken aus der Stirn und rieb sich die Augen. Was hatte ihn geweckt? Der Dunkelheit nach zu urteilen, war es noch lange nicht Tag, der dumme Wecker war also unschuldig. Und so laut heulte der Wind draußen nun auch wieder nicht. Er grummelte und wollte sich grad wieder zusammen rollen, als er plötzlich etwas hörte. Und diese Geräusche...schienen aus seiner unmittelbaren Nähe zu kommen. David erstarrte und lauschte mit aller Kraft. Und dann setzte er sich ruckartig auf. Sascha lag neben ihm. Er atmete leise, aber dabei...warf er seinen Kopf unruhig von einer Seite zur anderen. Und schluchzte. Mit einem Schlag war David hellwach. Verzweifelt versuchte er mit den Augen die Finsternis zu durchdringen und Saschas Gesicht erkennen zu können. „Sascha...?“, hauchte er mit klopfendem Herzen und zitternder Stimme, „Sascha? Alles...okay?“ Doch Sascha reagierte nicht. Er schien zu schlafen. David schluckte und begann vorsichtig zu tasten. Er berührte Saschas weiche Haare, seine Stirn, seine warmen Schläfen. Dann seine Wangen. Und einen Augenblick später schnappte David leise nach Luft. Seine Finger...waren feucht. Grundgütiger Gott. Sascha weinte im Schlaf. „Sascha!“, zischte David, vor Bestürzung lauter als beabsichtigt, und griff nach dessen Schulter, um sie leicht zu schütteln, „Sascha, wach auf! Komm schon, aufwachen!“ Es funktionierte: Mit einem heiseren Japsen und einem heftigen Zucken fuhr Sascha aus dem Schlaf. Er schlug die Augen auf und atmete schwer. „W... Was...?“, wimmerte er, „David...?“ „Ja...,“ hauchte David, dem vor Schreck und Erleichterung ganz flau im Magen war, „Ja, ich bin’s... Hattest du...einen Alptraum? Ist...alles okay?“ Sascha schniefte. „Nein...,“ flüsterte er dann mit brechender Stimme, „Nein, verdammte Scheiße...,“ Und zu Davids namenlosem Entsetzen stemmte er sich ebenfalls in eine sitzende Position, vergrub sein Gesicht in den Händen und...begann zu zittern. „S...Sascha...!“, murmelte David entgeistert, „Was...?“ Seine Kehle war wie zugeschnürt. Himmel, Sascha weinte. Was... Was sollte er jetzt nur tun? Sollte er trösten? Weggehen? So tun, als wäre nix? Nein, das konnte er nicht. Er war auch bei Jessika geblieben, als sie geweint hatte. Und dies hier war Sascha. Sein Sascha. Er konnte ihn unmöglich im Stich lassen. Er musste ihn trösten. Aber...wie tröstete man einen erwachsenen Mann? So, wie man kleine Schwestern tröstet? Oder gab es da ganz besondere Regeln, die man auf jeden Fall einhalten musste? Durfte man ihn in den Arm nehmen? Oder besser nicht? Drüber reden? Oder lieber schweigen? David schluckte schwer. Er kam sich schrecklich hilflos war. Aber Sascha so zu sehen, brach ihm das Herz. Er musste etwas tun. Auf der Stelle! „Sascha...,“ wisperte er, nahm seinen Mut zusammen und legte behutsam einen Arm um ihn, „Hey... Was...was ist denn passiert? Hast du...schlecht geträumt...?“ Er ließ seine linke Hand unter Saschas Hände gleiten und spürte die Feuchtigkeit, die zwischen seinen Fingern hindurch sickerte. Er biss die Zähne zusammen. „Komm her...,“ hauchte er, streichelte Saschas Rücken und zog ihm sanft die Finger vom Gesicht, „Was hast du geträumt? Sprich mit mir, Sascha.“ Sascha schluchzte, ließ jedoch zu, dass David diesmal ihm die Hände vom Gesicht nahm. Im Licht der Straßenlaterne konnte David die Tränen auf dem hübschen Gesicht glitzern sehen. Die zerbrochenen Einzelteile seines Herzens verkrampften sich schmerzhaft. „Tut mir Leid...,“ winselte Sascha so schwach, dass David ihn kaum verstehen konnte, „...dass ich...dich geweckt habe...,“ „Jetzt entschuldige dich doch nicht, du Trottel!“, zischte David verzweifelt und verfluchte den Umstand, dass sie seine letzte Packung Taschentücher vor einigen Stunden...äh...leer gemacht hatten, „Das macht doch nix. Und jetzt sieh mich an und erzähl mir von deinem Traum. Du...du hattest doch einen, oder?“ Sascha nickte. „Ja...,“ schluchzte er und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, „Es...ist immer der gleiche. Ich hab ihn schon seit Jahren und er...er kommt immer wieder... Ich hatte ihn schon lange nicht mehr, ich...ich hatte gehofft...,“ „Was für ein Traum...?“, erkundigte sich David mit leiser, doch eindringlicher Stimme, „Erzähl mir von ihm.“ „Aber hinterher...wirst du mich bestimmt für ein Monster halten...,“ „Unsinn...,“ brummte David, zögerte und tastete dann nach Saschas Hand, „Ich könnte dich doch nie für ein Monster halten. Komm... Gib mir deine Hand. Und dann...erzähl es mir, ja?“ Sascha schaute ihn an. Und obwohl David seinen Blick nicht wirklich sehen konnte, konnte er ihn doch spüren. Also lächelte er ermutigend. „Okay...,“ schniefte Sascha und einen Moment später fühlte David, wie sich Saschas Finger um seine schlossen, „Okay...,“ Er holte ein letztes Mal tief Luft. „Also... In meinem Traum, da...bin ich zu Hause. In... in Hamburg. Ich gehe durch den Flur in das Arbeitszimmer meiner Mutter und sie...sie sitzt am Schreibtisch... Wir streiten uns – wie immer – wegen irgendeiner Nichtigkeit... Und ich... ich raste völlig aus, während sie wie üblich ganz cool bleibt...,“ er seufzte bebend und David strich mit dem Daumen zärtlich über seinen Handrücken, „Und dann...dann schickt sie mich raus und...und dreht sich von mir weg und ich...und ich...,“ er legte seine freie Hand schluchzend über seine Augen, „...und ich greife nach dem Briefbeschwerer auf ihrer Tischplatte und schlage zu!“ Davids Herz setzte aus. „Du... Du schlägst zu...?“, hauchte er erschüttert. Sascha nickte und unter seiner Hand rollten ihm neue Tränen über die Wangen. „U... und ich ka... kann den Brief... Briefbeschwerer in meiner Ha... Hand fühlen und ich kann fühlen, wie er...wie er sie am Kopf trifft und dann...dann bricht sie zu... zusammen und ich... ich stehe da und ich weiß... weiß, dass sie... sie tot ist...,“ David schluckte schwer, um seine Stimme wiederzufinden. Nun. Jetzt konnte er Saschas Verzweiflung jedenfalls nachvollziehen. Sich so im Traum zu sehen, musste...schrecklich sein. Schrecklich und beängstigend. „Sascha...,“ wisperte er leise, auf der Suche nach den richtigen Worten, „Das...das muss doch nichts bedeut–,“ „David, ich töte meine Mutter im Traum!“, fauchte Sascha und diesmal entriss er David die Hand, „Ich töte sie, David!“ „Ja, das hab ich verstanden!“, erwiderte David erschrocken, aber auch unbeirrt, „Aber es war nur ein Traum, Sascha, ein Traum! Sieh dich doch an: Allein, dass du dich deswegen so fertig machst, beweist doch schon, dass du niemals zu so etwas fähig wärst. Und ich kenne wirklich niemanden, der weniger ein Killer ist als du. Im Gegenteil, du...du bist der netteste Mensch der Welt. Du redest noch ruhig mit den Leuten, wenn ich ihnen schon fast den Kopf abgerissen hab. Glaub mir, du... du könntest deiner Mutter nie ein Haar krümmen...,“ Sascha schluchzte leise und schaute David flehentlich an. „Aber wieso...tue ich es dann im Traum...?“, hauchte er. David holte tief Luft und zuckte die Schultern. „Hör zu, ich...ich bin nicht Sigmund Freud und hab eigentlich nur Erfahrung mit den Alpträumen von Marisa, aber wenn die davon träumt, dass unter ihrem Bett ein Monster ist und mich dann bittet nachzusehen, dann...dann ist da nie eins. Nie! Und... Und Linda hat mir letztens ganz entsetzt erzählt, dass sie geträumt hat, sie würde mit ihrem Vater schlafen. Aber das bedeutet doch noch lange nicht, dass sie das tatsächlich tun will. Gott bewahre, nein! Das sind alles Symbole aus dem Unterbewusstsein für etwas anderes.“ „Ich weiß, ich weiß. Aber für was...?“, flüsterte Sascha zweifelnd, „Seit Jahren bringe ich meine Mutter um. Was soll das bedeuten? Was will mir mein Unterbewusstsein sagen?“ „Keine Ahnung...,“ entgegnete David und wedelte hingebungsvoll mit den Armen, „Vielleicht... Vielleicht heißt es, dass du dir manchmal wünschst, dass sie...dass sie aus deinem Leben verschwindet... Dass du es schaffst, dich von...von ihrem Einfluss zu befreien. Ja, genau! Du wünschst dir, dass du sie aus eigener Kraft aus deinem Leben verbannen kannst, deine eigenen Entscheidungen fällen und dein eigenes Leben leben kannst, ohne dich dabei von ihr beeinflussen zu lassen. Oder... oder so. Was...Was meinst du?“ Sascha hatte endlich aufgehört zu weinen. Mit großen Augen starrte er David an. „Mein Gott, das...das käme ja sogar hin...,“ raunte er fasziniert, „Meinst du...meinst du das ernst? Meinst du, das...könnte wirklich die Erklärung sein...?“ „Ganz bestimmt!“, insistierte David und nickte salbungsvoll – die Erleichterung darüber, dass keine Tränen mehr über Saschas Wangen strömten, machte seinen Körper ganz wabbelig, „So macht es auch Sinn, dass du den Traum ausgerechnet heute Nacht wieder hattest... Du hast mir heut Nachmittag gesagt, dass du lange nicht mehr an deine Mutter gedacht hast. Und heute...hat Bettina dich von ihr gegrüßt und da...hat es diese Gefühle zurückgebracht...,“ er verstummte und betrachtete Sascha durch die Dunkelheit, „Meinst du nicht?“ „Doch...,“ antwortete Sascha hoffnungsvoll, „Aber was wenn...wenn ich sie insgeheim doch um die Ecke bringen will...?“ „Schwachsinn,“ sagte David ernst, „Du weißt doch: Zwischen Phantasie und Realität ist ein großer Unterschied. Genauso wie zwischen Traum und Wirklichkeit.“ Sascha schniefte ein letztes Mal. Aber diesmal klang es schon ein bisschen wie ein Lachen. „David...?,“ wisperte er dann und der Angesprochene zuckte leicht zusammen. „Ja...?“ „Kannst du... Kannst du mich in den Arm nehmen...?“ David atmete beruhigt ein, legte sich wieder hin und breitete die Arme aus. „Ja, sicher... Komm her...,“ Sascha seufzte ein letztes Mal und legte sich dann zu ihm. Er schmiegte sich in Davids Arme und legte sein klammes Gesicht an dessen Hals. David zog die Bettdecke über Saschas kalte Schultern. Tröstend strich er ihm über den Rücken und durchs Haar und tupfte mit einem Zipfel des Kissenbezugs die feuchten Stellen auf Saschas Gesicht trocken. „Alles wird gut...,“ murmelte er und ihm fiel ein, dass er genau das auch immer zu Marisa sagte, „Alles wird gut. Und ich bin ja bei dir...,“ „Ja...,“ flüsterte Sascha und drückte sich an ihn, „Ja, das bist du...,“ Und David hatte den Eindruck, dass er schon wieder etwas schläfrig klang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)