Between Darkness and Light von Hielo (Axels Zukunft (AkuRoku)) ================================================================================ Kapitel 10: Uncomprehending silence ----------------------------------- Da saß er. Er, mit den Augen, die so tief, blau und friedlich waren, dass ich am liebsten hinein gesprungen und darin herum geschwommen wäre. Zaghaft wanderte dieses Blau nun zu mir und beobachtete mein freudiges Gesicht, allerdings mit einem Ausdruck, der in mir Unbehagen auslöste. „Roxas? Ich bin's Axel!“, versuchte ich ein Gespräch zu beginnen, scheiterte aber kläglich, als er nicht antwortete und mich einfach weiter anstarrte. In meinem Gesicht haben sich zu diesem Zeitpunkt wohl tausende von Fragen gespiegelt, die ich ihm gerne gestellt hätte. Aber durch seinen merkwürdigen Gesichtsausdruck blieben mir die Worte im Hals stecken. Allmählich machte mich diese drückende Stille unruhig. Er sollte etwas sagen...irgendwas...egal was! Verzweifelt packte ich seine Schultern und schüttelte vorsichtig was ich in Händen hielt. „Roxas! Sag do...“ „Lass mich los!“ Seine unvergessliche Stimme, die mir so gefehlt hatte, durchschnitt meine Eigene in eiskaltem Tonfall. Erleichtert atmete ich auf, froh, dass er überhaupt endlich mit sprach. Außerdem war ich patzige Antworten von ihm gewohnt. „Mann, erschreck mich doch nicht so. Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe. Wegen dir hab ich ganz schön viel durchgemacht, kannst du dir das merken?“ Ich deutete auf meinen Arm, um den sich, seit meinem Dschungelabenteuer ein dicker, weißer Verband schlängelte. Wieder keine Antwort von Roxas. Er drehte den Kopf Richtung Meer und genoss sichtlich wie der angenehm kühle Wind sein Gesicht, seine Haare und den Rest seines zierlichen Körpers streichelte. Zerknirscht kratzte ich mich an der Wange. „Na ja, braucht dich ja auch gar nicht zu interessieren. Aber wie kommt es, dass du so frei und ohne Sora herumläufst...“ „Halt den Mund!“, unterbrach Roxas mich, wieder eiskalt. „Was?“ Ich blinzelte misstrauisch, als er mich so an herrschte, das kannte ich gar nicht von ihm. „Geh und lass mich in Ruhe, kapiert?“, stach er nach. Verständnislos mit dem Kopf schüttelnd, schwankte ich einige Schritte zurück. „W-was soll das?“ „Roxa~s???“ Fröhliche Stimmen drängten sich zwischen unsere Anspannung. Vier bekannte Gesichter stolperten über den Holzsteg zur kleinen Insel rüber. Ein blondes und ein braun-rothaariges Mädchen und zwei Jungs in Roxas' Alter. Der eine war ungefähr einen Kopf, als der andere und hatte lange silbergraue Haare, die offen den schmalen Rücken hinunter fielen. Seine türkis blauen Augen erinnerten an einen See im Mondlicht und hatten ihre Aggressivität und ihr Stechen, das früher in ihnen zu sehen war, verloren. War er die Erde, so konnte man den Kleineren mit dem Himmel vergleichen. Seine braunen Haare standen in alle Richtungen, wäre er eine Antenne hätte er sicher Dauerempfang. Sein Gesicht war Roxas' so ähnlich, wie meines dem von Reno. Kein Wunder, schließlich war er Roxas' Jemand. Vor allem aber, war er das letzte, was ich gesehen hatte bevor ich starb. Sora, einer der Schlüsselschwertträger und Hauptgrund warum es die Organisation nicht mehr gab, rannte zusammen mit Riku, dem silberhaarigen, sein bester Freund und ebenfalls Schlüsselschwertträger, in Schwimm-Shorts auf Roxas und mich zu. Dicht gefolgt von Kairi, Soras Freundin, die ich einst entführt hatte um aus Sora einen Herzlosen zu machen und Naminè, Marluxias Ex-Maskottchen und...ach, von ihr hab ich ja schon erzählt. „A-axel?“ Ich drehte mich um, als ich meinen Namen hörte und sah in die verwunderten Augen der vier Freunde. „Hey, Leute...Lange nicht gesehen, was?“, brachte ich zögerlich heraus. „Geht ihr schwimmen?“ Vom Thema ablenken...Tolle Idee in so einer Situation. „Wie kann das sein? Ich hab doch gesehen wie du...“, stammelte Sora und stellte sich neben Roxas. Soviel zum Themenwechsel. Reichlich verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf, wobei ich merkte, dass sich meine roten Zotteln nicht mehr in der Position befanden, in der sie es eigentlich sollten. „Ich weiß...Schon merkwürdig, oder?“ „Das kann man wohl sagen.“, sprach Sora weiter. „Aber es freut mich, dass es dir gut geht.“ Es war schön zu hören, dass ich wenigsten etwas von den Leuten vermisst wurde, denen ich einst schaden wollte. Sanft lächelte ich in die Runde, doch als ich Roxas' angewiderten Gesichtsausdruck bemerkte, wanderten meine Mundwinkel wieder nach unten. Was sollte dieser Mist von ihm...? „Axel...“ Naminès glasklare Stimme fügte sich nahtlos an die des Schlüsselschwertträgers an. „Es tut gut zu wissen, dass du lebst. Ich habe mir schreckliche Vorwürfe gemacht, als ich hörte du seist tot. Was tust du hier bei uns?“ Mein Blick legte sich einmal mehr auf Roxas, diesmal so offensichtlich, dass die Anderen es mitbekamen. Doch anstatt diesmal meinen Augen auszuweichen, sah er mich bitterböse an. Die, sonst so friedlichen Saphire verengten sich vor lauter Wut. Nein, nicht Wut. Das war etwas anderes. Trotzdem ließ ich mich davon nicht beirren eine Antwort zu geben. „Ich habe jemand ganz bestimmten gesucht!“ Immer noch starrte ich den Blondschopf an. „Deinen besten Freund! Das kenne ich irgendwo her.“, schmunzelte Riku und verschränkte die Arme vor dem nackten Oberkörper, bevor er sich gegen den krummen Baum lehnte. Es war das erste Mal, dass ich seine richtige Stimme hörte. Sonst hatte ich nur mit Replika gesprochen, doch da hatte ich nicht sicher sein können, dass die Stimme der Kopie mit der des Echten übereinstimmte. „Na ja...nicht so ganz...“, sagte ich, doch bevor ich weiter sprechen konnte wurde ich wieder durch Roxas' Geste unterbrochen. Doch diesmal schien er verzweifelt und erschrocken. Fast unhörbar murmelte er: „Tut mir Leid, Sora! Ich geh nach Hause...“, und rannte an mir, Sora, Riku, Naminè und Kairi vorbei. Von der Insel aus konnten wir beobachten wie er in eines der Holzboote stieg, mit denen man scheinbar zur Wohninsel kommt. Traurig seufzend blickte ich ihm nach, während Kairi beruhigend eine Hand auf meine Schulter legte. „Lass ihm Zeit. Du bist sein bester Freund, da ist es klar, dass er erstmal verarbeiten muss, dass du wieder bei ihm bist.“ Ich nickte. „Ja, hast vermutlich Recht...“ Tief atmete ich durch. So was entspannt wirklich ungemein. „Wie wär's wenn wir auch zurückfahren? Dann kannst du dich erstmal ausruhen, was essen, dich waschen und so weiter. Vor allem aber kannst du uns die Situation erklären.“, schlug Riku vor, regte sich von seinem Platz und streckte die Arme über den Kopf. Erst jetzt merkte ich, wie dürr er im Vergleich zu früher geworden war. Gesehen hatte ich ihn ja schon mehrmals in Form des Replikas und das Aussehen war identisch. „Einverstanden...“, antwortete ich knapp, immer noch auf das Holzboot mit Roxas darin starrend. Später, als wir bei Sora zu Hause waren, wollte ich mich erstmal ins Bad verziehen. Seine Mutter, eine schlanke, selbstbewusst wirkende Frau, der man genau ansah, dass sie Soras Mutter war, hatte aber andere Pläne mit mir. Zuerst schleifte sie mich in die kleine Küche und setzte mir den gesamten Kühlschrankinhalt vor, den ich (natürlich) dankend entgegen nahm. Danach schubste sie mich in das Schlafzimmer von ihr und ihrem Mann und ließ mich allerlei Schlafanzüge anprobieren, von denen mir genau einer passte. Die anderen waren alle zu groß. Ich hab halt ne' schwierige Kleidergröße, na und? Wenigsten konnte ich meine Wespentaille, im Vergleich zu anderen Leuten der Orga halten. Nicht wahr, Lexaeus? Als ich dann endlich alleine im Bad stand, natürlich mit den Pyjama unter dem Arm, befreite ich mich von den dreckigen, verschwitzten Klamotten, die ich von Merlin bekommen hatte. Freundlicherweise hatte mir Soras Mutter gezeigt wie die Dusche funktionierte, sodass ich mich ohne Bedenken in die kleine Kabine stehlen konnte. Gerade als ich eine Hand an den Wärmeregler legte, realisierte ich was eigentlich los war. „Mrs. Sora“ hatte mir einen Schlafanzug gegeben, dass bedeutete ich würde hier übernachten. Und Roxas wohnte bei Sora... Ich schluckte, als sich böse Gedanken in meinen Kopf verirrten und drehte fast reflexartig das heiße Wasser auf. Das warme Nass, das sich jetzt seinen Weg über meinen Körper suchte, schien nicht nur den Schmutz abzuwaschen. Ich konnte spüren, wie mein Kopf in eine angenehme, klärende Hitze gehüllt wurde. Genüsslich seufzte ich und das obwohl ich Wasser eigentlich wie die Pest hasste. Dadurch, dass ich jetzt freier im Oberstübchen war, konnte ich meine Gedanken ordnen. Und zwar in der Reihenfolge, in der ich später alles erzählen wollte. Eigentlich war das aber total überflüssig, ich würde mich sowieso verhaspeln, schon allein weil Roxas anwesend war. Ein weiteres Seufzen entrann meinen Lippen. Was war nur los mit ihm? Warum benahm er sich so merkwürdig? Ich dachte immer, wir würden uns nahe stehen und es wäre damals nur ein dummes Missverständnis gewesen. Aber so wie sich jetzt verhielt?! „Roxas...“, flüsterte ich und legte meine Stirn gegen die schwarz-blauen Kacheln. Durch das Wasser wurden die Streifen unter meinen Augen nass und nun tropfte die Mischung aus schwarz, lila und rot auf den weißen Duschboden. Ich erschrak kurz, als ich die Flecken zwischen meinen Zehen bemerkte, da ich dachte die Wunde am Arm sei wieder aufgegangen. Doch die verkrustete Narbe schmückte weiterhin friedlich meinen Oberarm. Rasch stellte ich das Wasser ab und stieg fröstelnd aus der Dusche, um mir sogleich ein bereit gelegtes Handtuch um die Hüfte zu schlingen. Im vorbeitappsen warf ich einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken und stockte kurz. „Tse...sieht aus, als hätte ich schwarze Tränen geheult.“ Die Streifen zogen sich jetzt einmal quer über meine Wangen. Es sah schon merkwürdig aus... Etwas später machte ich mich auf den Weg, die Treppe hinunter, dorthin wo die anderen auf mich warteten. Im Wohnzimmer hockten Sora, Riku, Naminè und Kairi auf dem Teppich und etwas Abseits in einem Sessel, Roxas. Alle hatten bequeme Kleidung angezogen und plauderten über die verschiedensten Dinge. Das Zimmer passte zu Sora und seiner Familie. Klein, gemütlich, mit einem prasselnden Kamin in der Nähe der Raummitte. Es war nicht außergewöhnlich, nein, ganz und gar nicht. Es hatte halt einfach alles, was jedes Wohnzimmer besaß. Sogar das im „Castle Oblivion“ und im Schloss sah so, oder zumindest so ähnlich aus. Couch, Schrank mit Vitriene, Fernseher und ein kleiner, tiefer Tisch, auf dem man die Füße hoch legen konnte. Vorzugsweise nach einem harten Arbeitstag voller sinnfreier Mission... Die Vergangenheit holt mich mal wieder ein... Höflich wie ich nun mal (nicht) war, trat ich im rot-schwarzen Pyjama und mit nackten Füßen zu der Gruppe. Meine Haare hatte ich zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, aber sie hingen immer noch klitschnass über meinem Rücken und tropften ihre letzte Flüssigkeit auf den Laminatboden. Allein meine Striche hatte ich nachgezogen. Säh ja auch schön doof aus, wenn ich „verheult“ zu Roxas gegangen wäre. Ich räusperte mich. Sora drehte leicht überrascht den Kopf zu mir. „Ah, da bist du. Setz dich und dann erzählst du uns bitte was Sache ist!“ Am liebsten hätte ich mich zu Roxas an oder auf den Sessel gesetzt. In dieses Ungetüm hätten locker drei Lexeaus gepasst, aber als ich Anstalten machte mich dorthin zu bequemen, brachte mich ein Lichtstrahl zu stillstehen. Roxas hatte seine Sternentreue beschworen und hielt mir die gefährliche Klinge vor's Gesicht. Ich schaffte es irgendwie cool zu bleiben. Wenn auch mit Mühe. „Roxas! Bist du wahnsinnig? Axel ist dein Freund!“, schrie Sora seinem Niemand zu, worauf dieser mit einem abwertenden Kopfschütteln das Schwert verschwinden ließ. „Ist schon in Ordnung...“, sagte ich um die Lage zu beruhigen und ließ mich zwischen Riku und Sora nieder. Noch einmal suchte ich Augenkontakt zu Roxas...vergeblich. „Also, wo soll ich anfangen?“ „Dort wo deine Geschichte beginnt...“, antwortete Naminè in deren Gesicht ein elegantes Lächeln ruhte. „Ok, aber ich stelle eine Gegenleistung, könnt ihr euch das merken?“, meinte ich schelmisch, meine Gegenüber verfielen in angespanntes Schweigen. „Ihr müsst mir erklären warum Naminè und Roxas allein leben...getrennt von ihren Jemanden.“ „Natürlich werden wir das!“, sagte Kairi hilfsbereit, als sie merkte, dass Sora zu überrascht von der Frage war, um zu antworten. Ich nickte und begann zu erzählen. Von meinem Erwachen in der dunklen Stadt, meiner Begegnung mit Leon, Yuffie und den anderen, meiner Zeit als Löwe, von dem Wiedersehen mit Demyx und selbstverständlich von meinem Jemand Reno. Alle hörten gespannt zu, wagten nicht mich zu unterbrechen. Die Fragen, die man ihren Blicken entnehmen konnten, hoben sie sich sparsam bis zu Schluss auf. Es war bereits weit nach Mitternacht, als ich endete und angestrengt in die müden Augen der Freunde blickte. Auch mir machte Schläfrigkeit zu schaffen. „Das ist unglaublich...du hast also ein Eigenes Herz, hast gegen Herzlose gekämpft, bist schwer verletzt worden und hast das Risiko auf dich genommen mit deinem Jemand zu verschmelzen, nur um Roxas zu finden?!“, fasste Riku grob zusammen, mit gedämpfter Stimme, um nicht das ganze Haus zu wecken. „Ja...nur wegen ihm...“, flüsterte ich. Roxas entgegnete nichts, er war in seinem Sessel eingeschlafen und sah endlich wieder genauso friedlich aus, wie der Roxas, den ich so respektierte. Sora lächelte hämisch. „Eingepennt...nicht gerade höflich...Tja, jetzt sind wir wohl dran.“ Ich stand auf, streckte mich, merkte das mein Fuß eingeschlafen war und schüttelte den Kopf. „Nein, lassen wir es für heute gut sein. Wir scheinen alle ziemlich K.O. zu sein. Gehen wir lieber schlafen.“ Die Erleichterung in Naminès und Kairis Gesicht sprach für mein Angebot, beiden fielen immer wieder die Augen zu. Eine Sache musste ich aber noch klären... Eine wichtige Sache... „Äh...wo soll ich schlafen?“ Beide Schlüsselschwertträger schauten sich kurz verwirrt an, bevor sie einheitlich antworteten: „Bei Roxas, wo sonst?!“ Ich erschrak etwas. Roxas und ich...in EINEM Zimmer. Ob ich mich da unter Kontrolle halten konnte? „Ich glaub', dass ist keine so gute Idee...“, stammelte ich unbeholfen. „Keine Widerrede! Meine Mum hat schon einen Futon für dich bereitgelegt. Und schließlich seid ihr doch Freunde.“ Wenn das nur so wäre... Zumindest von meiner Seite aus war Roxas definitiv kein normaler Freund. Schließlich gab ich aber nach, wenn Soras Familie schon so freundlich sind und dann müsste ich mich halt zusammenreißen. Was soll's?... Vorsichtig packte ich den schlafenden Roxas am Rücken und in den Kniekehlen, hiefte ihn hoch und folgte Sora und den anderen die Treppe rauf in die Zimmer. Die beiden Schlüsselschwertträger schliefen in Soras Zimmer. Ich und Roxas im, zum Schlafzimmer der Nr. XIII umgebauten Gästezimmer. Und Kairi und Naminè im, zum Gästezimmer umgebauten Büro. Nachdem wir uns für den Morgen verabschiedet hatten, kehrte schnell Ruhe in das Haus von Sora ein. So sanft, wie es mit meinem kaputten Arm nur irgendwie ging, legte ich Roxas auf sein Bett, worauf der Kleine im Schlaf seufzte. Leise setzte ich mich neben ihn auf den Boden, lehnte die Arme auf die Bettkante und beobachtete das friedliche Gesicht den Jungen, dem mein Herz gehörte. „Warum machst du das mit mir, Roxas? Was habe ich dir getan, dass du dich so verhältst?“, flüsterte ich. Ich erinnerte mich an die Zeit, als wir zusammen in der Organisation Aufgaben und Missionen bewältigen mussten. Für mich war es eine schöne Zeit gewesen, die so schnell wie ein Wimpernschlag vorbei gegangen war. Doch für Roxas...er hatte die Missionen gehasst und er hatte es gehasst, dass die anderen Mitglieder ihm nicht die Wahrheit über ihn selbst sagen durften. „Roxas...wie hast du unsere gemeinsame Zeit empfunden...?“ Zärtlich streichelte ich ihm über die Wange, fühlte wie weich die Haut unter meinen Fingern war. „Aber wahrscheinlich denkst du immer noch, Niemande würden nicht empfinden...nicht wahr...“ Meine Augenlider wurden immer schwerer, der Schlaf zog mich unaufhörlich in seinen Bann bis ich ihm schließlich komplett verfiel. Durch lautes Gepolter und aufgebrachte Stimmen wurde ich aus unruhigen Träumen gerissen. Das ganze Haus schien in Aufruhr, draußen auf dem Flur schienen Sora, seine Mutter und die anderen Amok zu laufen. Aber irgendwie war mir das egal. Ich hatte das, was ich wollte neben mir liegen. „Moin Roxy...Roxy?“ Meine Hand, die eigentlich den Blondschopf wecken sollte, griff euphorisch ins Leere. Sein Bett war leer, das Fenster geöffnet und heftige Windstöße zogen durch das Zimmer. „Roxas!?“ Ich zog mir schnell meine frisch gewaschenen Klamotten an, die Soras Mutter auf den Futon gelegt hatte und stürmte auf den Gang. „Wo ist er?“, rief ich aufgebracht. Riku, der beinahe mit mir zusammengestoßen wäre, blieb im Laufen stehen. „Das wissen wir auch nicht! Er hat das Fenster geöffnet, um dadurch ins Freie zu gelangen, aber da dort mehrere Bäume stehen ist er doch durch die Haustür. Sogar einen Zettel hat er da gelassen aber auf dem steht nur: „Macht euch keine Sorgen!“ Es ist eine Unwetterwarnung für die Inseln ausgerufen worden... Wir müssen ihn so schnell wie möglich finden!“ Ich drehte mich zu dem Fenster. Es war bereits Mittag, aber der Himmel war pechschwarz vor lauter Wolken. Die Palmen krümmten sich unter den aufkommenden Böen. Straßenlaternen, Dachziegel und vor allem die wenigen Menschen, die wohl ihr Haus sichern wollten, wankten und wackelten gefährlich, als der Wind sie berührte. Das Meer, das eigentlich Tod bringende Brecher Richtung Strand schicken sollte, leugnete sich in trügerischer Stille. Bitter schluckte ich die Wut herunter, um einen klaren Kopf zu bekommen. Es nützte nichts sich jetzt aufzuregen. „Hier im Haus werden wir ihn sicher nicht finden. Wir müssen raus!“, schlug ich vor, als sich der Rest der Gruppe um mich versammelte. „In Ordnung, aber wir können nicht von der Insel runter. Das Meer ist zu gefährlich bei so einem Sturm!“, sagte Kairi besorgt, aber dennoch bestimmt. In diesem Moment wusste ich wo Roxas sein musste. Er konnte nur dort sein, nur Mitglieder der Organisation können jederzeit überall hin. Nachdem wir uns vor der Haustür noch einmal abgesprochen und schließlich aufgeteilt hatten, kannte ich nur einen Weg. Der Strand. Während ich durch die Straßen lief und mein Blick auf der Silhouette der gegenüber liegenden Insel beharrte, mauserte sich der Sturm zum Orkan. Es fiel mir schwer schnell zu laufen, bei dem Luftwiderstand, doch ich erreichte erschöpft den Sandstrand. „Dort ist er!“ Aber wie sollte ich auf die andere Insel kommen? Ohne Boot? Und selbst wenn ich ein Boot gehabt hätte, die Wellen waren zu wahren Monstern mutiert, die alles und jeden erbarmungslos in die Tiefe rissen. Ich überlegte kurz, bis mir ein Gedanke in den Kopf schoss. Ich erinnerte mich an Demyx' Worte, kurz nachdem Reno und ich das Portal geöffnet hatten. Wasserratte meinte, ich hätte das Portal geschaffen und Roxas könnte mir erklären, warum. Langsam dämmerte mir, was er mir damit zu sagen versucht hatte. Das war so typisch für Demyx. „Demyx wusste, was ich für Roxas fühle...das es keine Freundschaft ist, sondern...“ Obwohl mich keiner sehen und hören konnte, wurde ich verlegen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich, ein eigentlich verdammt unsensibler, grober Macho, der über Leichen geht, mal so verweichlichen würde. Alles war Roxas' Schuld...ganz allein seine...doch diese Schuld dürfte ihm niemand nehmen. Das würde ich nicht zulassen... Jedenfalls hatte Demyx Bescheid gewusst. War meine Zuneigung denn so offensichtlich? (Anm.: Jaaaaaaaaa! O__o) Des Rätsels Lösung lag geradezu erschreckend klar vor mir... Im wahrsten Sinne des Wortes. Roxas war der Grund, warum ich schwarze Korridore öffnen konnte und das nicht erst seit meiner Wiederauferstehung. Von Anfang an dachte ich immer an ihn, wenn ich Portale erschuf. Mir fiel ein, dass ich , bevor er kam, an der Aufgabe zu verzweifeln schien, doch als Nummer 13 dann da war, klappte alles wie am Schnürchen. Roxas gab mir die Zuversicht es jedes Mal auf's neue zu schaffen und als ich in der dunklen Stadt aufgewacht war, in dem Glauben er sei für immer weg, war auch die Fähigkeit verloren. Seine Stimme hatte ich gehört, als ich in der Zwischendunkelheit schwebte und Reno hatte mir neue Hoffnung gegeben um das Tor zu öffnen, das mich letztendlich zu ihm geführt hatte. Ich ballte entschlossen die Fäuste,bis sie weh taten. „Und jetzt werde ich es wieder hinkriegen, auch ohne Reno!“ Konzentriert schloss ich die Augen und hob eine Hand. Genau wie damals, flammte bereits nach wenigen Sekunden vor mir die schwarze Materie auf und tauchte den umliegenden Sand in tiefes Dunkel. Ein wenig entgeistert schaute ich abwechselnd meine Hand und das Portal an, bis ich die Situation realisierte. „Ich weiß, wohin ich will...“, sagte ich, damit der Korridor auch wusste, was ich wollte. Zuversichtlich setzte ich Fuß in die Finsternis, nur um nach ein paar Atemzügen am Ufer der anderen Insel wieder zu erscheinen. Während hinter mir das Tor schon wieder verschwand, lief ich gegen den Sturm, am Strand entlang. Regen peitschte mir entgegen, doch man konnte mich nicht stoppen. Nicht mal Xemnas hätte das in diesem Moment gekonnt. Die Zeit in der ich um die Insel rannte, kam mir viel zu lang vor... Der Monsun hatte sich zwar bereits gelegt, das Meer beruhigt aber es regnete immer noch in Strömen. Und obwohl wahre Sturzbäche aus dem Himmel prasselten, war die Wolkendecke scheinbar so dünn, dass ich erkennen konnte, das die Sonne schon unter gegangen war und der Mond rund und voll am Firmament standt. Der schwache Schimmer Licht, der sich seinen Weg zur Erde bahnte, reichte gerade aus, damit ich nirgendwo gegen lief. Völlig außer Atem erreichte ich schließlich den Strand auf der Rückseite der Insel. Dort im Sand, so nah am Meer, das es beinahe seine Füße berührte und triefend nass stand Roxas. Schweigend beobachtete er wie sich die Regentropfen im Wasser auflösten. Langsam trat ich von hinten an ihn heran. „Roxas...“, sagte ich, erwartete aber nicht wirklich eine Antwort. Umso weniger überrascht war ich, als er kurz zusammen zuckte und los rennen wollte. Doch ich ließ nicht zu, dass er wieder wegging. „Bleib gefälligst hier!“ Ich umklammerte sein Handgelenk und zog ihn ein Stück zurück. „Erklär mir mal bitte, was mit dir los ist! Warum benimmst du dich so? Was hab ich dir getan?“, schrie ich ihn an. Ich konnte nicht mehr darauf achten, wie ich mit Roxas redete, so wie ich es normalerweise tat. Jetzt endlich drehte er sein Gesicht zu mir, doch was ich sah gefiel mir überhaupt nicht. In seinen wunderschönen, blauen Augen loderte Wut. „Hau ab! Ich will dich nie wiedersehen, verstehst du? NIE WIEDER!“ „Aber warum, Roxas?“ „ICH HASSE DICH!!!“ In diesem Moment war ich allein...ganz allein... Wie an dem Tag als er gegangen war. Wie an dem Tag an dem wir uns am Bahnhofsturm von Twilight Town das letzte Mal getroffen hatten um Eis zu essen. Als er das letzte Mal lächelte... Zum ersten Mal seit ich es besaß, wünschte ich mir, kein Herz zu haben... ...denn es war drauf und dran zu brechen. Verletzte Herzen heilen unsagbar langsam, Roxas... 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