Fushin von abgemeldet (Storyboard von 2006) ================================================================================ Kapitel 4: Fieberwahn? ---------------------- Es war kurz vor den lang ersehnten Winterferien. Die Tage waren sichtlich kürzer geworden und die Temperatur hatte Mühe über den Null-Grad-Wert zu klettern. Es hätte ein Sonntag wie jeder anderer werden sollen. So machte ich mich wie immer auf den Weg zu Hinata, um dort mit Hiro Nachhilfe abzuhalten. Heute kam ich wie vereinbart etwas später. Es war schließlich nur noch eine Woche Schule und es gab nur noch vereinzelte Prüfungen. Jedoch hätte ich die auch ohne Nachhilfe meistern können. Wie gewöhnlich klingelte ich und wurde wild von Hinata begrüßt. Eigentlich herrschte die gleiche Stimmung, wie sie auch all die vergangenen Sonntage vorhanden war. Aber etwas fehlte. Etwas, das nicht fehlen durfte. Hiro war nicht da. Es war das erste Mal, dass er nicht auf die vereinbarte Zeit anwesend war. Megami schien damit schon Erfahrungen gemacht zu haben. „Ihm wird etwas dazwischen gekommen sein. Vielleicht etwas Wichtiges für das Geschäft, ein kleiner Zwischenfall.“, versuchte sie mich zu beruhigen. Äußerlich erreichte sie ihr Ziel auch, aber innerlich herrschte eine Unruhe, die meine gute Laune auffraß. Ich sollte warten und derzeit etwas mit Hinata machen. Wir gingen also in ihr Zimmer. Dort versuchte sie mit allen erdenklichen Mitteln, mich aufzuheitern, was aber immer und immer wieder scheiterte. Ich wusste zwar, dass meine Sorgen unnötig waren, aber dennoch, irgendwie war der Tag für mich dadurch gelaufen. Zwei Stunden später, es war bereits dunkel, hatte ich das warten leid. Vor allem aber wollte ich Hinata und Megami nicht mit meiner muffigen Laune belästigen. So sagte ich ihnen, ich würde nach Hause gehen. In Tat und Wahrheit war ich aber so fahrlässig und setzte mich auf die Mauer, die das Grundstück umschloss, um auf Hiro zu warten. Er würde bestimmt bald kommen. Ich trug dieses sichere Gefühl in mir. Keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, bis ich einen Wagen halten hörte. Zwischendurch musste ich eingenickt sein. Für die vorherrschenden Temperaturen war mir eindeutig zu heiß, andererseits zitterte ich am ganzen Körper vor Kälte. Kurz gesagt; ich fühlte mich miserabel. Ich nahm nur noch ungenau war, wie Hiro zu mir gerannt kam, mir seinen Ledermantel umlegte und mich in seinen geheizten Wagen trug. Während er mich nach Hause brachte, schlief ich wie ein Stein, auch wenn ich von eigenartigen Träumen geplagt wurde, dessen Bedeutung ich nicht erraten konnte und deren Inhalt ich anschließend auch gleich wieder vergaß. Hiro brachte mich auf dem schnellsten Weg zu mir nach Hause. Er schien schon wieder meine Gedanken lesen zu können, denn er hatte später niemandem von diesem Vorfall erzählt, wie er es mir selbst einmal gesagt hatte. Am nächsten Morgen wachte ich auf. Draußen war es bereits hell, wenn die Sonne auch von Wolken verdeckt wurde. Es dauerte extrem lang bis ich realisierte, dass ich eigentlich schon längst in der Schule hätte sein müssen. Hektisch stand ich auf und begann mir die Schuluniform zusammen zu suchen, bis mir schwindlig wurde und ich mich an der Wand abstützen musste. Eine Feuerkugel schien durch meinen Körper zu rollen. Ich musste nach Luft schnappen. Von der Kraft verlassen, wandelte ich zurück ins Bett und ließ mich erschöpft fallen. Um den dünnen Schweißfilm von meinem Gesicht zu wischen, fasste ich mir an die Stirn. Ich glaubte, ich hätte meine Hand auf eine heiße Platte gelegt. Mein Kopf glühte förmlich. In diesem Moment klopfte es auch schon an meiner Tür und meine Mutter trat ein, mit einer Bettflasche unter dem Arm, einem Teekrug in der linken und einer Tasse in der rechten Hand. Sie lächelte mich liebevoll an und setzte sich neben mich auf die Bettkante. Sogleich legte sie ihre kalten Hände auf meine Stirn. Leicht besorgt schaute sie mich an. „Ich werde gleich den Fiebermesser holen gehen. Hier…“, sie füllte die Tasse mit dem dämpfendem Tee und reichte ihn mir, „…trink! Ich habe extra deinen Lieblingstee gemacht; Früchtetee.“ Sie stand auf und verließ den Raum. Ich schlürfte vorsichtig am Tee. Er war heiß, aber nicht so sehr, dass ich mir die Zunge verbrannt hätte. Als meine Mutter zurück war, hatte ich die erste Tasse bereits leer. Ich kam mir vor wie in einer Sauna. Das heiße Getränk beförderte den Schweiß erst recht aus meinen Poren. Mein T-Shirt, das übrigens noch dasselbe vom Vortag war, war schon völlig durchschwitzt. „Mund auf!“ Ich befolgte ihre Anweisungen ohne weiteren Protest und wartete geduldig das Pipen des Gerätes ab, welches kurze Zeit später auch schon mein Ohr erreichte. 40.73°C! Ich starrte gemeinsam mit meiner Mutter entgeistert auf das Display. Das Ding musste kaputt sein. Eine solch hohe Temperatur hatte ich noch nie. „Junge, Junge, was hast du bloß wieder angestellt?“, seufzte meine Mutter verständnislos. Sie packte mich anschließend wie ein kleines Kind in die Decke ein und legte mir einen kalten Lappen auf die Stirn, „Du schläfst mir heute, trinkst Tee und meldest dich, wenn du etwas brauchst. Ich werde die heutigen Gesprächsstunden zu Hause in meinem Büro abhalten, damit ich da bin, wenn was sein sollte. Sonst machst du mir nichts anderes, dass wir uns verstanden haben. Ich verschreibe dir absolute Bettruhe. Ich will nicht, dass du krank in die Ferien startest.“ Ich nickte nur. Ich war bereits wieder in einem Halbschlaf. Die Schule hatte ich bereits vergessen und die Ratschläge meiner Mutter, die sie mir eben mit diesem scherzvollen befehlerischen Unterton mitgeteilt hatte, hätte ich sowieso eingehalten. Ich wollte ohnehin nur noch schlafen. Man sollte vielleicht noch wissen, meine Mutter arbeitet als Psychologin, deswegen ist es für sie auch möglich, zu Hause ihren Job zu betreiben. Aber das spielte jetzt keine Rolle. Ich war bereits auf dem besten Weg in einen tiefen Erholungsschlaf. Gegen Abend ging es mir im Vergleich zum Morgen schon einen Deut besser, auch wenn in der Zwischenzeit noch Husten uns Schnupfen hinzugekommen war. Irgendwann am Nachmittag schaute auch einmal unser Hausarzt bei mir vorbei. Die Diagnose? Die hat mich nicht sonderlich überrascht. Was kann man auch erwarten, wenn man an einem Wintertag ohne Jacke, Stunden ohne Bewegung dasitzt und in der Kälte auch noch einschläft? Dass ich mir dadurch eine Lungenentzündung eingefangen hatte, schockte mich somit nicht sonderlich. Die letzte Schulwoche konnte ich dank dem gestrigen Abend wenigstens für den Moment vergessen. Ich würde mich bestimmt nicht anstrengen, gesund zu werden, um noch ein oder zwei Tage die Schulbank drücken zu dürfen und das noch mit Prüfungen. Da kam die Entzündung irgendwie gerade gelegen. In der Zwischenzeit war, wie ich bereits erwähnt hatte, Abend geworden. Ich hatte den Tag hindurch genug Kraft getankt, damit ich durchs Haus wuseln konnte und meiner Mutter beim Abendbrot Gesellschaft leisten durfte. Kurz darauf bekam ich auch schon einen Anruf. Von niemand anderem als Hinata natürlich. Sie sorgte sich schrecklich um mich und wollte wissen, wie das so plötzlich gekommen sei. Gerade gestern wäre ich doch noch quicklebendig gewesen. Den Vorfall von gestern konnte ich ihr aber nicht erzählen. Aus welchem Grund, wusste ich selbst nicht genau. Aber ein Gefühl sagte mir, ich sollte das besser für mich behalten. Die nächsten Stunden, bis hin zum Mittwoch, beschäftigte ich mich mit dieser und anderen Fragen. Weshalb hatte ich überhaupt auf Hiro gewartet? Was war an dem Tag mit mir los? Hatte meine unstabile Laune wirklich nur etwas mit der ausgefallenen Nachhilfe zu tun? Fragen über Fragen häuften sich in meinem Kopf und je länger ich darüber nachdachte, umso mehr Unklarheiten entstanden. Ich stieß auf Gefühle und Gedanken, die ich irgendwie immer im Vorhinein gleich verdrängt hatte. Aber jetzt, da ich Zeit hatte, um mir über alles mögliche Gedanken zu machen, kamen diese verdrängten Gefühle zum Vorschein. Es ging nicht lange, da konnte ich nicht mehr zwischen Einbildung und wahren Empfindungen unterscheiden. Aber eins fiel mir auf. Ich konnte nichts anderes machen, als über Hiro nachzudenken. Immer wieder hörte ich seine Stimme in meinem Kopf und immer häufiger kam der eine Gedanke vor, der Grund für mein Verhalten, meine Gefühle und alles, was in letzter Zeit vor sich gefallen war. Dieser eine, für mich absurd erscheinende Gedanke, den ich als Einbildung abstempeln wollte, welcher dadurch aber auch nicht verschwand. Jener, der mir selbst Angst machte, dass ich überhaupt so etwas in Wahrscheinlichkeit zog, bei jener Vorstellung es mich ekelte. Ob das jeder Jugendlich einmal in seinem Leben durchmachte? Zu glauben, er sei in jemanden verliebt, der biologisch gesehen, nicht zu einem passen konnte? So und ähnlich ging es in jeder Minute, in der ich meine Ruhe hatte, in meinem Kopf vor sich. All das ließ mir keine Ruhe mehr. Aber ich weigerte mich, solche Fiktionen bei mir zu zulassen. Ich zwang mich regelrecht dazu, das alles als Einbildung anzusehen. Ich war keine Schwuchtel! Ich hatte eine feste Freundin, mit der ich glücklich war und alles hatte, was man haben konnte. Weshalb waren da diese Hirngespinste? Ich hatte es nicht nötig, mir selbst unnötige Probleme zu erschaffen. Das Leben, wie es jetzt war, war perfekt. All diese Gedanken waren fehl am Platz. Immer wieder redete ich mir das ein, in der Hoffnung, ich hätte bald Ruhe und könnte mich mit anderem beschäftigen, als mit solchen Hirnspinnereien. Meine Gedanken drehten sich immer mehr nur um dieses eine Thema. Je mehr ich mich dagegen sträubte, umso mehr musste ich das Gefühl haben, dass doch etwas Wahres daran war. Das erste Mal als mein Kopf sich etwas entspannen durfte, war am Mittwochabend. Ich bekam Krankenbesuch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)