Beyblade Guardian - Staffel 1 von Rakushina (Love between a cursed Life) ================================================================================ Kapitel 24: Stigmata -------------------- Zum Thema: Von den blauen Bergen kommen wir... Ich hab so oder so wenig Ahnung von Erkunde und kann auch nur in etwa sagen, wo Kyoto liegt. Ich kenn die Stadt auch nur aus einigen Mangas und weiß, dass es mal die alte Hauptstadt von Japan war (so wie Bonn früher von Deutschland) und dass es dort viele Tempel gibt. Keinen Dunst, wie Kai auf diese fixe Idee kam (aber weglaufen sollte man net ô_o Mama und Papa machen sich schließlich Sorgen.) Und ich hab auch keinen Dunst, wie lang so ne Zugfahrt von Tokyo nach Kyoto dauert, habe daher nur geraten. Aber besser, sie sind die ganze Nacht unterwegs, als nur ne Stunde xD Wohl eher unwahrscheinlich. Act 24 - Stigmata „Boah, ist das toll hier!!“ Meine Arme strecken gen Himmel empor und der Wind pfiff gegen das Gesicht, samt ein paar roten und goldenen Herbstblätter. War ich froh wieder aufrecht stehen zu können und an der frischen Luft zu sein. Nach dem Unterricht hatte ich nur meine paar Sachen bei Yochel geholt, mir zu Hause Klamotten rausgeholt und war noch am selben Tag mit Kai nach Kyoto gefahren. Die Fahrt schien erst gar net zu enden doch irgendwann am frühen Morgen sind wir angekommen und hatten, wegen unserer Müdigkeit kaum unsere Freiheit genossen könnten. Aber nachdem Kai sich nen Kaffee gegönnt hatte und ich die bunten Herbstblätter sah, die durch das Sonnenlicht aufleuchteten, schienen wir wieder etwas lebendiger. So hatte ich Kai schließlich in so ziemlich jeden Tempel mitgezogen, um zu sehen, bei welchen Mann die beste Aussicht hatte und hüpfte und schrie rum wie ein Hund, inmitten von anderen Oberschülern, die hier ihren Schulausflug erlebten. „Kyoto war schon immer ne tolle Stadt, aber im Herbst ist es noch schöner.“ „Du warst schon mal hier?“, fragte Kai, doch klang er nicht begeistert. Das hatte mehr aber damit zutun, dass ihn die Oberschüler uns die ganze Zeit angafften, seit ich angefangen hatte wild durch die Gegend zu rennen und zu schreien. „Ja, aber das ist etwas lang her“, antwortete ich. Kai sah noch immer zu den gaffenden Schülern und verzog das Gesicht. Sein Kaffee war wahrscheinlich schon eiskalt und er hatte es noch net mal bemerkt. Ich nahm ihm währenddessen den Crepé ab, denn er mir besorgt hatte. „Mein Onkel und meine Tante kommen von hier. Sie sind hier groß geworden.“ „Hast du mir nicht erzählt, eure Eltern seien alle voneinander getrennt groß geworden und wussten nichts voneinander?“, fragte er und sah endlich wieder mich an. „Ja, aber die beiden nicht. Auch wenn sie sehr entfernt verwandt sind, sind sie – mag es Schicksal oder Zufall sein – in dieselbe Pflegefamilie gekommen und glaubten, sie seinen Geschwister. Als sie sich verliebt haben, wurden sie von allen Leuten gemobbt. Die Schulkameraden, die Nachbarn, alle haben sie beschimpft. Und als die Engel kamen und ihnen die Wahrheit sagten, hatte ihnen niemand geglaubt und sie praktisch aus der Stadt gejagt. Und die Eltern waren schon verstorben. Aber auch, wenn sie alles verloren hatten, haben sie dennoch kurz darauf geheiratet, obwohl sie kaum 20 waren.“ „Eine Geschichte wie aus einem Kinofilm.“ „Ja, irgendwie. Mein Onkel erzählt die Geschichte ziemlich gern. Aber er überdramatisiert es etwas. Einmal hat er erzählt, sie hätten sie mit Panzer verfolgt“, lachte ich mit einem breiten Lächeln und biss in meinem Crepé. „Mh, lecker.“ „Na wenigstens dir scheint es wieder gut zu gehn“ „Ich freu mich einfach nur hier zu sein. Ich liebe den Herbst und mit dir diesen Anblick erleben zu dürfen macht mich glücklich.“ „Du redest noch mehr kitschiges Zeug als sonst...“ Als Kai dies zu mir sagte, kicherte ich und biss genüsslich in meinem Crepe und strahlte dabei. Kai´s Gesicht lag dabei irgendwo zwischen Verwirrung und Verzückung. Erleichtert seufzte er und ich sprang auf seinen Rücken. „Wow! Von hier oben sieht das alles ja noch viel cooler aus.“ „So groß kann der Unterschied doch gar net sein“, motzte Kai und kämpfte mit seinem Gleichgewicht. „He, du bist immerhin ein Kopf größer als ich, dass is en gewaltiger Unterschied.“ „Schluss jetzt für heute und runter. Die Oberschüler gucken schon wieder.“ „Och Menno...“, schmollte ich und stieg von ihm runter. Doch er lächelte mich nur an. Unverständlich betrachtete ich ihn, um so mehr, als er die Hände in einem Haar vergrub und sich sein Gesicht dem meinem näherte. Ich dachte, er wollte mich küssen, doch er hielt inne. „Erschreck jetzt nicht, aber ich glaub, wir werden verfolgt.“ „Wirklich?“, schrie ich erst, konnte aber dann wieder zum Flüsterton absinken. „Weißt du auch vom wem?“ „Keinen Schimmer, die haben irgendwelche billigen Mäntel an. Aber mein Bauchgefühl sagt, dass es wahrscheinlich Engel sind.“ „Ühr! Ganz übel. Wären es wenigstens Dämonen, denen könnt ich locker in den Hintern treten. Aber bei Engeln sieht es schlecht aus, besonders bei welchen mit hohen Rang.“ „Jammern bringt nichts. Sehn wir zu, dass wir ganz unauffällig verschwinden“, flüsterte er zurück und gab mir schließlich doch noch einen Kuss, ehe er meine Hand nahm und wir beide uns durch die Menge quetschten. Unter den Haufen Oberschülern dachten wir, unsere Verfolger so spielend loszuwerden. Ich konnte noch sehn, wie diese vermummten Gestalten, mit Mantel, Hut und Sonnenbrille ratlos in die Menge schauten, während wir den Tempel schon verlassen hatten. „Meinst du, wir sind sie los?“, schnaufte ich heraus nachdem wir erst gelaufen und dann eine Weile gerannt waren. Kai schaute zurück, doch auch er sah keine Menschenseele. Wir waren in ein Naturgebiet gelaufen. „Na hoffentlich. Mittlerweile kenne ich diese schrägen Typen ja und wenn ich ehrlich bin, würde ich mich lieber von den Schergen meines Großvaters erwischen lassen als von denen.“ „Zumindest sind wir die los. Ich will mir gar net ausmalen, was passiert wäre, wenn die uns geschnappt hätten.“ Wir seufzten erleichtert, aber irgendwie konnte man es nur meinerseits hören, dann setzten wir uns wieder in die Bewegung, um kurz darauf wieder stehn zu bleiben. Wir standen wie angewurzelt da, als wir diese vermummte Gestalt in Mantel und Hut vor uns sahen. Kai erstarrte und riss die Augen weit vor Entsetzen auf. „Scheiße...“ „Sind das... die Typen vom Tempel?“, fragte ich und schluckte, doch mein Hals blieb trocken. Unser gegenüber nahm langsam seine Sonnenbrille ab und dann auch den Hut. „Was passieren würde...?“ Die Stimme war dunkel und klang so bedrohlich, dass es mir einen Schauer versetzte. Der Mantel wurde in die Luft geworfen und genoss kurz unsere Aufmerksamkeit, bis wir wieder zu diesem Kerl sahen, in seiner US-marine-ähnlichen Uniform, dem moosgrünen Haar und den ausgebreiteten Flügeln. „Nun, wenn ihr mit uns kommt, bleibt euch diese grausame Erkenntnis erspart.“ „Oh Shit... Kai, wir müssen hier ganz schnell weg.“ „Kommt nicht in Frage. Den krieg ich klein“, sagte er selbstbewusst und sein Blick wurde starr, als er dabei war Dranzer aus der Jackentasche zu ziehen, doch ich hielt ihn davon ab. „Nein, gegen den kommst du nicht an. Er gehört zu den Gewalten!“ „Gewalten...?“ „Die Engelsarmee ist in zwei Gruppen eingeteilt. Die einfachen Soldaten, die Fürstentümer, so wie Sacré... Und die mächtigen Generäle, die Gewalten, so wie der da.“ „Also stecken wir tief in der Tinte...“ Zitternd hielt ich Kai´s Hand und ging mit ihm einige Schritte zurück. Wir drehten uns hektisch um, um nur wieder zu sehn, dass unser Fluchtweg immer noch durch zwei von denen (diesmal ein Mann und eine Frau mit dem selben Rang) versperrt war. „Flüchten ist sinnlos. Ihr solltet euch freiwillig stellen, so bekommt ihr zumindest weniger Ärger.“ „Träum weiter“, knurrte Kai und er schob mich hinter sich und achtete genau auf die Bewegungen der beiden. Doch hatte er den Mooskopf hinter uns vergessen, der meine Hand schnappte und mich von Kai wegzog. Ich schrie dabei auf und als Kai sich umdrehte, zog ihm der weibliche Engel mit ihrem Stab eine über, woraufhin er zu Boden fiel. „OH MEIN GOTT, KAI!!!“ „Stell dich nicht so an, der lebt ja noch“, keifte er mich an und sah dann zu den anderen beiden. „Phaniel, Rochel, helft ihm auf die Beine, wir bringen die beiden nach Hause.“ „NEIN!!!“, brüllte ich noch einmal aus vollem Hals. Dadurch wurde Kai wach und stieß die anderen beiden zur Seite, als diese ihm hochgezogen hatten und festhielten. Der Engel, der mich festhielt schien Panik zu bekommen und wusste nichts besseres, als mich gegen Kai zu werfen und wir beide zu Boden fielen. „Ahr! Kai, alles klar bei dir?!“ „ES REICHT MIR JETZT MIT EUCH BEIDEN!!!“ Als ich mich umdrehte, hatte ich gar nicht mehr auf den Engel geachtet. Ich hatte nur auf die Klinge gestarrt, die wie in Zeitlupe durch die Luft sauste und entweder mich oder Kai treffen würde. Nicht einmal wie Kai mich zu sich zog hatte ich wirklich begriffen. Eventuell, weil mich gerade etwas anderes gedanklich überrannte hatte..? Blondes Haar... Und Rote Augen... *„Du elender Verbrecher!!! Du hast Gott verraten und uns alles genommen! Dafür wirst du mit deinem Leben bezahlen!“* *„Du willst mich töten? Versuch es doch, Uriel...“* Weder die Bedeutung noch wieso mich diese Gedanken überkamen wusste ich und... Ja, waren das überhaupt meine Gedanken? Es war wie, wenn sich Drami´s Erinnerungen in meinen Kopf geschlichen hatten und wiederhallten. „HÖRT AUF!! SEIT STILL!! ICH WILL DIESE STIMMEN IM MEINEM KOPF NICHT MEHR HÖREN!!!“ Ich hatte Kai kaum schreien hören, den im selben Augenblick wurde etwas anderes entfacht. Aber auch dass hatte ich kaum wahrgenommen. Er drückte mich an sich und ich kniff schnell die Augen zusammen, doch mehr wie einen starken Windhauch hatte ich nicht gespürt und dass dieser mich anscheinend an den Armen geschnitten hatte. Der Wind legte sich, Staubkörner fielen auf mich und außer den paar Kratzern schien mir nix passiert zu sein. Doch Kai lag auf den Boden, zitternd und jammernd vor Schmerz. „Kai!! Oh lieber Gott, was hast du?!“ „FASS MICH NICHT AN!!!“, schrie er und schlug meine Hand weg, als ich sie ihm auf die Schultern legte, um ihm aufzuhelfen. Er richtete sich schließlich selbst auf, wenn er auch durch das Zittern keinen Halt fand. „Was... Was ist mit...“ „Mit wem?“ „Den... den Engeln...“ „Äh...“, stöhnte ich nur ratlos und warf den Kopf zurück. Schon im Winkel hatte ich dieses stechende Rot gesehen, dachte aber erst nicht dran, dass es Blut sein könnte, bis ich direkt hinsah. Von den drei Engeln war nicht viel übrig, zumindest war das meiste mit Blut bedeckt. Die Augen und der Mund waren weit aufgerissen und starr die Kleider waren zerrissen. Zerrissen... Etwa von diesem Windstoß, der plötzlich aufkam. Meine Jacke hatte Risse, aber sonst hatte ich nicht eine Schramme. Kai war auch vollkommen unversehrt gewesen. Aber diese Engel... Ich schlug mir die Hand vor den Mund, als mir plötzlich schlecht wurde. Die beiden Unbekannten, die daneben standen und sich die blutüberströmten Überbleibsel ansahen, bemerkte ich erst net. Durch den Schock nahm ich sie auch kaum wahr, nur dass sie dunkelhäutig waren. Einer von ihnen, der komplett schwarz gekleidet war trat auch noch gegen einen der losen Köpfe, dabei konnte ich sein totes Gesicht sehn und die Übelkeit überkam mich erneut. „Echt ne reife Leistung. Die sind hin.“ „Tragisch... Überaus tragisch. Dabei hatten sie vor kurzem zu den Rang der Gewalten erhalten.“ „Selber Schuld. Die haben doch gewusst, auf was sie sich einlassen. Meggie muss aber echt verzweifelt sein, wenn sie schon Gewalten und sogar Cherubim auf die Kinder hetzt. Findest du net auch, Schwesterherz?“ „Mir egal. Aber sie braucht nicht zu mir zu kommen und meckern, wenn sie ihre besten Leute verliert.“ „Wer... sind denn die beiden...?“, fragte Kai mit leiser Stimme und hatte anscheinend – wie es auch sein kann – die drei toten Engel immer noch nicht gesehen. Vielleicht hatte er es auch doch gemerkt und sein Verstand versuchte es zu verdrängen. Was es auch war, ich war froh drum. Mittlerweile hatte ich mir diese beiden komischen Gestalten genauer angesehen und hatte zumindest gemerkt, dass die Augen farbig durchzogen waren. Also waren sie keine Menschen. Wenn das nun Engel waren, hatten wir ein Problem. Doch diese Frau kam mir bekannt vor. Das glänzende kurze, schwarze Haar und das weisse Gewand. Langsam dämmerte es mir. „E... HE! Die kenn ich! Die hab ich schon mal in der Abtei gesehen. Sie hat uns geholfen, als Cherry hinter uns her war.“ „Schau mal, Letum, da erinnert sich noch jemand an mich“, kicherte sie. „Die Frage, warum du in der Abtei warst und du mir immer ne Kopfnuss verpasst, wenn ich nur daran denke, verkneif ich mir“, meinte ihre Begleitung beleidigt. „Stattdessen wünsch ich euch zwei Turteltauben Hals und Beinbruch. Ihr werdet es garantiert brauchen. Doch wir sind noch so frei und beseitigen die Sauerei für euch. Und kein Wort zu Meggie, klar soweit? Sonst ist sie wieder böse auf uns“, grinste dieser Möchtegern-Gangster mich an, ehe er mit seinem »Schwesterherz« aus dem Staub machen konnte. Und mit ihnen verschwanden auch die toten Körper und kein Tropfen Blut war auf dem Boden. Sie waren anscheinend keine Feinde, aber dennoch blieben sie merkwürdige Vögel. „Was waren das für komische Figuren...?“, fragte Kai noch immer benebelt. Schwankend stand er neben mir, also stellte ich mich weiter zu ihm, damit er sich an mich lehnen konnte. Aber er hatte zumindest wieder etwas Farbe im Gesicht. „Keinen Schimmer... Aber sie haben die Engel für uns beseitigt und anscheinend wir nie einer davon erfahren.“ „Was genau ist überhaupt passiert...? Ich erinnere mich nur noch daran, dass ein Luftzug aufkam...“ „Ich... weiß net...“ Und das war kaum gelogen. Zwar hatte ich diesen Luftzug gespürt und diese Erinnerungsfetzen gesehen, aber was genau war überhaupt passiert? Das wusste doch keiner von uns beiden. Oder vielleicht wusste ich es doch und traute mich nur nicht diesen Gedanken weiter zu verfolgen. „Und was meinte die überhaupt mit »Hals und Beinbruch«? Die werden das wohl nicht wörtlich gemeint haben!“, meinte ich aus Jucks um vom Thema abzulenken, doch dann fing die Erde an zu beben. Wir trauten uns kaum über unsere Schultern zu schauen, wir könnten uns denken, was da hinter uns gelandet war. Und dann hörten wir die schrillen Laute, ähnlich wie ein Fiepen oder Zurren. „Sind das...“ „Ja... Jungdämonen.“ „Was nun, Kisa?“ „Ganz still halten. Jungdämonen sind fast blind. Wenn wir uns nicht bewegen, nehmen sie uns nicht wahr“, flüsterte ich zu Kai, doch hatte ich so ne Heidenangst, dass ich mich kaum traute etwas zu sagen. Ich spürte einen kalten Luftzug an meinem Bein und konnte mir vorstellen, wie sie um uns herliefen und beschnüffelten. Einer von ihnen knurrte und holte mit seiner Pranke aus. Zwar bemerkte ich das nicht, aber dafür Kai, er nahm meine Hand und rannte mit mir los. Die Schritte der Jungdämonen waren laut zu hören und immer wieder beschleunigten wir unser Tempo, mit dem Risiko die nächste Kurve nicht mehr genau zu erwischen oder irgendwo dagegen zu laufen. „Verdammt, warum werden wir die nicht los?!“ „Ich hab dir schon mal gesagt, dass diese Sorte viel schneller ist als normal!“, protestierte ich schnaufend, denn zu reden und gleichzeitig zu rennen fiel mir in diesem Moment unglaublich schwer. „Denkst du, ich merk mir so was?! Sag lieber, wie wir sie losbekommen!“ „Was weiß ich, bin auch nur ein Mädchen!“, maulte ich und legte noch etwas mehr Tempo zu, wenn auch mit einem leichten Schmerz in den Beinen. Doch dann blieb Kai einfach stehen, dabei rempelte ich ihn an. Wütend über den plötzlichen Stop, schaute ich ebenso wie Kai über die Schultern und sah nichts. Gar nichts. Die Dämonen waren weg. „Was zum... Die sind einfach verschwunden“, stellte ich überrascht fest. „Was sind das für merkwürdige Kreaturen. Scheuchen uns durch Kyoto und machen schließlich die Fliege.“ „Vielleicht wurden sie von etwas verschreckt“, sagte ich nach kurzem überlegen. „Von was? Den beiden Pseudo-Gangstern von vorhin?“ „Oder von uns!“ Bei dem komischen Klicken, dass wir hörten, hatten wir beide irgendwie das flaue Gefühl im Bauch, dass irgendwer Pistolen auf uns richtete und jede Bewegung setzte bei uns aus. Wir waren steif, schafften es aber irgendwie doch uns umzudrehen. Um uns hatten sich ein paar Riesen in Smoking und Sonnenbrille aufgestellt, mit Pistolen auf uns gerichtet und zwischen ihnen stand Voltaire, der zwar nichts sagte, aber sowohl Kai als auch mich böse anfunkelte. Es war wie in einem Film. Wir mussten die Hände hochheben und jeder von uns beiden wurde gepackt und in ein Auto gezerrt. Keiner von uns beiden sagte etwas. Wir fuhren zum nächsten Flughafen, wo wir in den Privatjet von Kai´s Großvater geschleppt wurden. Während des ganzen Fluges standen diese Kerle zu allen Seiten und beobachteten uns genau. Das gab garantiert Ärger... Wahrscheinlich mehr für Kai als für mich, so wie sein Großvater geschaut hatte, auch wenn er die ganze Zeit noch nix gesagt hatte. Alles wegen mir. Doch wollte ich mich nicht im Selbstmitleid wälzen, dass würde niemanden von uns beiden etwas bringen. Und Kai konnte dies nun wirklich nicht gebrauchen. „Das ist ja echt blöd gelaufen“, seufzte ich schwer und konnte nur unter Mühen zu Kai aufblicken. Er schaute mich auch net an, aber ich glaube, er war froh, dass ich das Schweigen zwischen uns gebrochen hatte. „Welche Ironie... Wir entkommen ein paar Engeln, ein paar ausgehungerten Dämonen... Und werden schließlich von den Gorillas meines Großvaters geschnappt.“ „Ich finde das eher bescheuert“, sagte ich bekümmert und ließ weiter den Kopf hängen. Nicht weil ich unbedingt deprimiert war... Aber ich wusste, dass Voltaire uns genau beobachtete und dass er besonders drauf achtete, was ich tat. Er traute mir nicht und ich schämte mich, ihm in die Augen zu sehen. Davon abgesehen, dass ich tierisch Schiss vor ihm hatte. Den Rest des Fluges hielt ich meinen Blick gesenkt und war geistlich abwesend. Das wir schließlich wieder in Tokyo waren und landeten, hatte ich erst begriffen, als uns diese Schergen hoch zerrten und uns aus dem Jet schleiften. Der Himmel war dunkel und starker Regen prasselte auf den Boden und während Voltaire mit seinem Regenschirm trocken blieb, waren Kai und ich in nicht einmal fünf Sekunden im Freien klitschnass. „Herr Hiwatari, was nun?“, fragte einer der Riesen, der auch noch neben mir stand Kai´s Großvater. Er blieb stehen und sah mich und Kai an, dabei warf er einen langen, verachteten Blick zu mir. „Bringt Kai ins Auto und sofort nach Hause. Und habe noch Dinge zu klären, also lasst ihn nicht aus dem Haus.“ „WIE BITTE?!“, protestierte Kai, als er dies hörte. „Und das Mädchen?“ „Was weiß ich. Sie ist nicht meine Enkelin, soll sie sehn, wie sie zurecht kommt.“ „Das ist doch...“, sagte ich schließlich empört und mein Mund stand weit offen. Als Voltaire schließlich wieder umdrehte wurden Kai und ich von diesen komischen Kerlen gepackt, doch nur Kai wurde weggeschleift. „Lassen SIE mich los! Loslassen sagte ich!“ „Verzeihen Sie, Master Kai. Wir tun das alles nur zu Ihrem Besten!“ „Von wegen! Lasst mich auf der Stelle los!“ „KAI!!“, rief ich ihnen nach, aber diese Typen hielten mich auf, als ich losrennen wollte. „NEHMEN SIE DIE PFOTEN WEG, SIE GORILLA!!! DAS KÖNNEN SIE NICHT MACHEN!!! KAAAAIII!!!“ Aber Kai war schon weg gewesen, als mich die Kerle auch durch die Gegend zerrten. Doch dann, als wir im trockenen waren, warfen sie mich einfach zur Seite, dabei fiel ich zu Boden, während sie zum Ausgang gingen. Ich rannte ihnen nach, holte sie aber nicht mehr ein. Dafür konnte ich nur noch sehn, als ich wieder im strömenden Regen stand wie einen Limousine davonfuhr, mit Kai und zwei dieser Kerle auf dem Rücksitz. Erst schaute ich ihnen nach, rannte aber schließlich los. Anscheinend hatten sie mich im Rückspiegel gesehen, dennoch plötzlich beschleunigte sich ihr Tempo und sie rasten schließlich davon. Ich lief noch einige Schritte und blieb schließlich schnaufend stehn. „He... HEY...!! Könnt ihr mir wenigstens Geld für´s Taxi leihen?“, rief ich ihnen hinterher, obwohl es ja eigentlich sinnlos war. Kai war regelrecht verschleppt worden und ich stand hier im Regen. Trübselig sah ich mich um und fand – Gott sei Dank – in meiner Jacke noch ein paar Münzen. Für ein Taxi würde es nicht reichen, aber ich konnte wenigstens anrufen. An einer naheliegenden Telefonzelle warf ich die Münzen ein und tatsächlich dachte ich erst daran zu Hause anzurufen, aber ich hielt inne. Dass ich das ein paar Tage bei Yochel (beziehungsweise bei Kai) war, würden sie verstehn... Aber das ich einfach abhaue... Garantiert hatten sie es bemerkt und wahrscheinlich waren sie enttäuscht von mir. Also wählte ich kurzerhand die Nummer von Max. Er war überrascht, als ich bei ihm anrief, doch erzählte ich ihm nicht fiel und bat ihn einfach darum, dass ich vielleicht eine Weile bei ihm bleiben konnte und mich abholen könnte. Zwar brach die Verbindung während des Telefonates ab, doch ich dachte, dass er es sicherlich noch mitbekommen hatte. Und zumindest hatte ich so viel Glück, dass er und sein Vater rechtschnell mit dem Auto kamen und mich abholten. Tyson, Ray und Kenny waren auch bei ihm und Tyson gab mir seine Weste, damit ich zumindest etwas trockenes am Leib hatte. Die ganze Fahrt über hatte keiner von ihnen etwas gesagt. Sie sahen, wie erschöpft und deprimiert ich war und sie wussten net so recht, was sie hätten sagen sollen, so schwiegen wir lieber die Fahrt über. Auch als wir schließlich bei Max waren sagte niemand etwas. Die Jungs brachten mich in das Zimmer des Blonden, wo ich mich meiner nassen Jacke entledigte und wieder Tyson´s – wenn nun auch etwas feuchte – Weste überzog. Max ließ auf sich warten, aber auch nach ein paar vergangenen Minuten kehrte er in sein Zimmer zurück mit einer Tasse in der Hand, die er mir auch gleich reichte. „Hier, Tee für dich. Als ich meinem Dad sagte, dass du mitten im Regen stehst, hat er gleich Tee aufgestellt. Er hat nun die richtige Temperatur, da wird dir sicher gleich wieder wohler“, sagte er mit einem Lächeln. Ich bedankte mich zwar nicht, doch nickte ich ihm zu, als er mir die Tasse gab. Etwas benommen starrte ich in die braune Flüssigkeit ohne einen Schluck zu nehmen. „Kai und ich sind abgehauen.“ „Hö?“, sagte Max nur und blinzelte mich an, als ich diesen Satz vollkommen spontan in den Raum warf.. „Das wolltet ihr doch wissen. Wo wir waren und was ich am Flughafen gemacht hab.“ „Na ja, irgendwie schon...“ „Aber zu fragen hatte sich keiner von uns getraut“, sagte Kenny etwas verlegen. „Aber... Inwiefern durchgebrannt?“ „Na was man unter »durchgebrannt« versteht. Wir haben unsere Sachen gepackt und sind nach Kyoto gefahren. Aber die Gorillas von Voltaire haben uns gefunden und wieder hierher geschleppt. Das war ätzend.“ „Was glaubst du, wie wir uns gefühlt haben, als ihr einfach weg ward!“, sagte Tyson sichtlich wütend. „Ihr habt aber auch Nerven. Brennt nach Kyoto durch und sagt nicht einmal uns etwas. Wenigstens uns hättet ihr was sagen können, wir haben uns Sorgen gemacht.“ „Tut mir Leid“, sagte ich genickt. „Nein, ich bin immer noch sauer. Ich mein, wir gehören doch zusammen. Und nicht in eure Pläne eingeweiht zu werden fühlt sich nicht gut an.“ „Aber...“ „Ich versteh, was Tyson meint“, sagte Ray schließlich und sah ihn an. „Es war nicht schlimm, dass ihr einfach weg seit. Wir hätten das nur gern vorher gewusst. Wir sind Freunde und wir helfen euch immer. Man könnte glatt meinen, ihr vertraut uns nicht.“ „Es tut mir echt Leid... Wir haben auch nicht nachgedacht. Aber ihr seit wirklich nicht sauer, dass wir weg sind?“, fragte ich wunderlich und die Jungs hoben nur die Schultern oder schüttelten leicht den Kopf. „Nein, nicht wirklich“, sagte Ray wieder. „An dem Tag, als Kai zu mir kam, hat er nicht viel gesagt. Er meinte nur, bei dir zu Hause hätte es eine ziemliche Szene gegeben. Und ich glaube, damit hatte er noch untertrieben.“ „Szene hin oder her, wir waren schließlich auch noch da. Wir verstehn dich doch, also warum bist du nicht zu uns gekommen?“ „Anfangs dachte ich ja daran... Aber...“ Zu dem Zeitpunkt hatte ich einfach das Gefühl, dass mich niemand außer Kai verstand oder aufbauende Worte zu mir sagen würde. Meine Familie wurden von den Engeln vollkommen eingenommen und meine beste Freundin hatte mich abgeschrieben. Abzuhauen war nicht die beste Lösung. Aber wir waren jung und wahrscheinlich dämlich und wussten nix mit unserer Verzweiflung anzufangen. Ich net und Kai wahrscheinlich auch nicht. Ray allerdings schien etwas Verständnis zu haben, lächelte aufbauend und tätschelte mir über den Kopf. „Aber zum Glück lebst du noch. Kai´s Großvater hätte dich auch in der Luft zerfetzen können.“ „Sprich das net laut aus, am Ende hört er das und macht das wirklich und macht nach Kisa gleich mit uns weiter“, sagte Max im ernsten Ton. Er hatte es zwar halbwegs als Scherz gemeint, doch kam das bei keinem von uns gut an. Vor allem bei mir nicht. Wir schwiegen und ich kramte in einer Tasche nach einem Kaugummi zur Beruhigung, fand allerdings etwas, was ich schon fast vergessen hätte. „Oh, den hab ich ja immer noch. Hät ich fast vergessen.“ „Was hast du denn da?“, fragte Kenny und hielt ihm dem Umschlag entgegen, dabei hatte ich ihm so umgedreht, dass er den Namen »Felizia« darauf lesen konnte. „Den hab ich gefunden. Erinnert ihr euch noch an diese blauhaarige Frau, in die sich der Leibhaftige in Russland verwandelt hat und sich dann mit Voltaire in die Haare gekriegt hat? Als sie noch gelebt hat, hat Voltaire wohl diesen Brief an sie geschrieben.“ „Da hat sich die Post aber mächtig verfranzt, wenn du ihn hast“, sagte Tyson und entriss mir den Brief, um ihn genauer zu betrachten. „Was steht en da drin?“ „Keine Ahnung“, sagte ich schulterzuckend. „Dann öffnen wir ihn mal.“ „ABER TYSON!!!“, schrie Kenny wild auf. „Wir können doch nicht in der Privatsphäre anderer Leute rumschnüffeln.“ „Dann sagen wir eben, dass es Kisa´s Schuld war, immerhin hat sie ihn geklaut.“ „Vielen Dank!“, motzte ich. „Wieso, stimmt doch.“ „Also ich bin da Kenny´s Meinung. So was macht man einfach nicht“, sagte Ray und sah finster drein. „Zu spät, jetzt ist er auf.“ „DU BIST UNMÖGLICH!!!“, schrieen wir, als wir den offenen Brief sahen. „Und wo er schon auf ist, können wir auch gleich lesen. Vielleicht finden wir darin etwas, womit wir ihn erpressen können, dann lässt er uns endlich in Ruhe.“ „Wirst du jetzt zum Kleinkriminellen?“, fragte Max. „Ihr denkt doch genauso. Also los, Kenny, lies mal vor was drinsteht.“ „Oh, ich werde das sicher bereuen... Also: Meine liebste Felizia,... Bevor ich in sentimentales Geschwätz verfalle, möchte ich dir an der Stelle zu deiner Verlobung gratulieren. Ob dies gut oder schlecht ist, mag im Auge des Betrachters liegen, ich selbst sage aufrichtig, dass es mich rasend macht. Die letzten Wochen und Monate waren für uns beide turbulent Gewesen, doch wäre es eine Lüge zu behaupten, ich hätte nie einen Moment der Freude erlebt. Du kennst ja inzwischen meinen störrischen alten Herrn, der für mich Vater und Meister symbolisiert und dass ich daher ungern meine Freiheit verliere, deren Inkarnation du und deine nervtötende Art für mich waren. Um eine Sache zu klären – ich möchte dir nicht meine verborgenen Gefühle offenbaren, zumal du diese ja schon zu Genüge kennst. Ich möchte nur ehrlich sein. Denn ich bin auch nur ein Heuchler und ich schäme mich, dich mit mir auf einen Stufe gestellt zu haben. Dabei bin ich doch der größte Lügner von uns allen. Einer unserer speziellen Freunde sagte mal zu mir, ich sei ein Narzisst. Will sagte mir, ich ertrage mein Schicksal nicht und klammere mich an das eines Anderen. Sie haben Recht, dass musste ich nun endlich einsehen. Aber wer gibt schon gern das Stückchen Freiheit her, dass er sich so sehr erkämpft hatte? Das was ich fühlte war keine aufrichtige Liebe. Verzeih mir, wenn du so empfunden haben solltest, aber ich bin meiner sicher, das Richtige zutun. Bald werde ich wieder in Russland sein und du, Will und Vicky werden nur noch schwache Erinnerungen sein. Doch bin ich nicht traurig. Es ist besser so. Ich mit meiner Herkunft würde euch nur ins Unglück stürzen, besonders dich. Auch wenn meine Liebe nicht echt war, liegst du mir nun mal sehr am Herzen und ich will, dass du mir schwörst – auch wenn ich nicht vor dir stehe – dass du immer so rein, schön und naiv bleibst wie am ersten Tag. Vielleicht wird aus deiner Zwangsehe wirklich etwas Liebe keimen, ich glaube es nicht, dennoch wünsche ich es dir. Und dass du in einem Moment, wenn du fast in Glückseeligkeit ertrinkst, nur einen kleinen Moment an mich denkst. Mehr brauche ich nicht. Ich werde nicht zu deiner Hochzeit kommen, bis dahin werde ich Boston verlassen haben, somit ist dieser Brief hier mein letztes Lebewohl an dich. Dein alter Freund Voltaire „...Und hier endet der Brief.“ „Oh Gott.... Das ist...“, schlurzte ich und wischte mir eine Träne weg. „Diese Worte gehen einem richtig nah.“ „Und du bist sicher, dass der von Kai´s Großvater ist?“, fragte Tyson stutzig. „Natürlich! Ich weiß doch noch, wen ich beklaut habe. Ich hab doch kein Alzheimer.“ „Und Will und Vicky? Wer sind die?“, fragte Max, nach ein paar Augenblicke hatte ich auch eine Antwort. „Als ich bei Kai war, hatte Voltaire meinen Opa und meine Oma erwähnt. Wilhelm und Victoria Misaki. Will und Vicky sind die Koseformen.“ „Waren das, auch Wächter?“ „Mhmm“, antwortete ich Max und nickte. „Alle beide. Sie sind die Eltern meiner Mutter und seines Onkels. Sie sind aber schon lange tot, mein Onkel hat sie nie kennen gelernt. Aber woher kennt Voltaire die beiden?“ „Um ehrlich zu sein will ich dass nach diesem Brief alles überhaupt nicht mehr wissen. Das ist alles schon viel zu dubios“, seufzte Tyson und er war etwas fahl, so wir alle. Aber Recht hatte er, es war wirklich ein wenig obskur. Kenny schaute allerdings zum Fenster und fragwürdig schauten auch wir in diese Richtung. „Stimmt was nicht, Kenny?“ „Ich dachte nur, ich hätte eben etwas am Fenster gesehen. Aber ich glaub, ich hab mir das eingebildet“, antwortete er Ray, schaute allerdings immer noch nicht weg, genauso wenig wie wir. Auch wir bekamen so langsam das Gefühl, als sei der was. Da sprang plötzlich etwas an die Scheibe und vor Schreck schrieen wir und fielen um. Erst Max hatte erkannt um was es sich handelte. Eine Eule, mit pechschwarzen Federn flog am Fenster und klopfte mit ihrem Schnabel immer wieder gegen die Scheibe. „Husch, geh. Wir haben kein Essen für dich. Geh!“, sagte Max zu ihr, als er zu ihr gegangen war und das Fenster öffnete. Er wirbelte etwas mit der Hand um sie zu verscheuchen was sie auch tat, wenn es auch etwas gedauert hatte. „So was, eine Eule am helllichten Tag.“ „Kein gutes Zeichen. Meister Tao sagt, der Ruf einer Eule verkündet den baldigen Tod“, sagte Ray besorgniserregend. „Waren das nicht Raben?“ „Und seit wann bist du so abergläubisch, Ray?“, fragten Kenny und ich verwundert. „Ich hab aber so ein komisches Gefühl.“ „Hey, kommt mal her, wir bekommen Besuch!“ Als Max uns rief, sprangen wir sofort auf und drängten uns zu ihm ans Fenster, wobei wir ihn fast wegdrückten, nur um einen Blick erhaschen zu können. Eine Gestalt in Uniform und geflochtenen Haar schritt in den Laden unter uns, der Max´ Vater gehörte. Erst sahen wir sie nicht wegen der Kappe, die zu der Uniform gehört, doch dann erkennten wir Megami´s Gesicht. „Oh Scheiße! Was macht die denn hier?“, rief Tyson auf und sprach damit aus, was jeder von uns dachte. „Ich hab doch gesagt, ne Eule ist ein schlechtes Omen!“ „OH MEIN GOTT!!! Dad ist im Laden!“, schrie nun auch Max auf und schlug sich die Hände ins Gesicht. Bei seinem Aufschrei machte er einen Satz und rannte schließlich aus seinem Zimmer. Zwar wollte Tyson ihn zurückhalten, doch der Blonde war schon rausgerannt und wir liefen ihm schließlich nach. „DAAAD!!“ „Max, warte! Sieh ihr nicht in die Augen, sonst schlägt sie dich!“, rief ich ihm nach, aber ich glaubte nicht, dass er mich gehört hatte, der Abstand war schon zu groß. Wir anderen zögerten erst, dann ermutigten wir uns schließlich doch dazu, auch hinunter in der Laden zu gehen. Auf der letzten Stufe sahen wir wieder Max stehen und nicht weit von ihm Megami in kerzengrader Haltung, während sein Vater, scheinbar bewusstlos, auf dem Boden lag. „Was haben Sie mit meinem Dad gemacht?!“, fauchte Max sie an, doch für einen Schrei hatte es nicht gereicht. Megami sah ihn abfällig an, ehe sie antwortete. „Keine Sorge, Knirps. Er hat nur einen leichten Hieb abgekommen und wurde daraufhin bewusstlos. Der ist schnell wieder auf. Ich bringe schließlich nicht einfach so Menschen in Gefahr... Anders, wie gewisse Leute hier...“ Als ihre Augen schließlich mich anfunkelten schien sich ein Knoten in meinem Hals zu bilden und ich bekam keine Luft mehr und trat einen kleinen Schritt hinter die Jungs. Megami schaute weiter finster drein und schnaufte. „Da ist man zwei läppische Tage auf dem Schlachtfeld unterwegs und schon scheint hier erneut das Chaos auszubrechen“, sprach sie gereizt. „Und abgesehen davon sind drei meiner besten Engel ihrer Rangs einfach verschwunden. Ich kann mir zwar denken, welche zwei Vögel sich da eingemischt haben, aber da sie nun mal bei der Mission in Kyoto verschollen gegangen sind, frage ich lieber denjenigen, auf die ich sie gehetzt hab. Also, was ist passiert?“ „I-Ich weiß es nicht...“, antwortete ich eingeschüchtert. „Kai und ich haben sie bemerkt u-und dann sind wir vor ihnen weggelaufen. Wir haben sie nicht mehr gesehen.“ „Du lügst!“, sagte sie. Ihr Ton war scharf und da ich dachte, sie würde gleich ausholen zuckte ich in mich zusammen und kniff die Augen fest zusammen, so sehr, dass ich wieder zitterte. Erst als ich hörte sie einen Schritt auf uns zuging machte ich sie vor Schreck wieder auf und auch die Jungs weichten ihr aus. „Sag schon, was ist passiert?! Haben die beiden zu euch was gesagt?!“ „Ich weiß doch nicht einmal, von wem du redest! Außer den drei Engeln haben Kai und ich niemanden gesehen.“ Außer... Genau, außer diese zwei komischen Gestalten, die uns geholfen haben. Ich hätte es sagen können, aber ich empfand es irgendwie als Fehler es zu erwähnen. Und der Kerl hatte auch gesagt, wir sollten »Meggie« kein Wort davon berichten. Sie mussten mit diesem Spitznamen nur Megami gemeint haben. Diese merkte durch mein Verhalten aber, dass ich mehr wusste, wie ich zugab und streckte die Hand nach mir aus. Ray und Max wollten sie von mir fernhalten, aber sie schubste sie einfach zur Seite und ergriff meinen Arm. „Mitkommen!“ „Aber...“ „KEINE WIDERREDE!!!“, schrie sie in einem schneidigen Ton und schleifte mich weiter aus dem Laden von Max´ Vater. Noch in der selben Straße, wehrte ich mich gegen ihren Griff und schlug auf ihren Arm ein. „Lass mich los!! Miststück, Du elender Diktator! Du kannst mich nicht einfach mitnehmen!!!“, schrie ich wie wild und schlug immer fester. Irgendwann zog sie mich an sich und schleuderte mich daraufhin zurück, so dass ich zu Boden fiel. Sie sah wütend aus und ich wünschte, dieses »Diktator« hätte ich nicht gesagt. Als ich sie dass letzte Mal so genannt hatte, war mir dass auch nicht gut bekommen. Es war nicht das Klügste gewesen, aber ich war ja auch dumm und hatte keine Ahnung. Mein Vater hatte es mir erklärt, als ich sechs oder sieben war. Die Kinder in der Grundschule hatten immer über Yochel gelacht, weil er ein halber Amerikaner war und dazu Jude. Ich hatte zwar auch einen anderen Glauben wie der Durchschnittsjapaner und wurde auch in diesem Glauben erzogen, doch hatte ich nie solch Aufsehen erregt. Aber bei Yochel, da kamen immer Kinder und gaben irgendeinen Singsang von sich von »Mord«, »Lagern« und »Nazis«. Yochel hatte es nicht verstanden, ihm interessierte es auch nicht. Doch ich hatte Papa gefragt, was das zu bedeuten hatte, was diese Kinder da sagten. Und Papa erzählte mir von Hitler, er sei ein »böser« Mann gewesen, der Gottes Namen missbrauchte, um die Juden »zu töten«, weil sie »anders« wie wir Christen waren, sie waren die »Sündenböcke«. Der von sich sagte, er spreche für Gott und den Frieden und das deutsche Volk, doch war er »böse«, »hasste« und »tötete« die Menschen, die nicht in sein »Weltbild« passten, die für ihn kein »Recht auf Existenz« hatten. Ich könnte mit all diesem merkwürdigen Begriffen nichts anfangen, doch je älter ich wurde, um so mehr setzte sich das alles für mich logisch zusammen. Doch hatte sich das Bild von Hitler in meinem Kopf verzerrt, schon als ich acht war. Hitler war für mich kein Österreicher mit einem kleinen, schwarzen Bart über der Oberlippe gewesen... Sondern dieser Engel... Diese Frau, in deren Augen ich genauso »fehlerhaft« war. „Stell nicht meine Autorität in Frage! Ich bin der große Seraphim und du hast zutun, was ich sage! Du als Mischling, die ihren eigenen Vater in den Tod schickt, hat kein Recht sich mir zu widersetzen. Sie froh, dass ich mir überhaupt noch die Mühe mache, mich um dich zu kümmern!“ „Das nennen Sie sich um jemanden kümmern?!“ „K-Kai!“, rief ich erleichtert auf und meinen Augen füllten sich mit Freudentränen, als auch von der anderen Richtung Tyson, Max, Ray und Kenny angelaufen kamen. Da Megami immer noch ein wenig schockiert zu Kai sah, stand ich auf und rannte zu Max, Tyson und Ray stellten sich schützend vor uns und dann auch noch Kai vor uns alle. „He, ich dachte, man hätte dich gekidnappt.“ „Denkst du, ein paar Gorillas in Smoking könnten mich aufhalten?“, sagte Kai im sarkastischen Ton zu Tyson, dann funkelte er Megami wieder an. „Lassen Sie sie gehn!“ „Misch dich nicht ein. Dranzer hat dich zwar auserwählt und damit hast du vielleicht einen etwas höhergelegten Status als die anderen sechs Milliarden Ameisen. Doch im Gegensatz zu mir, bist du noch viel weniger als das. Aber ich bin so nett und wiederhole mich noch einmal, ehe ich böse werde: Halt euch da raus! Was ich mache, hat euch einen feuchten Dreck zu interessieren. Ihr habt zwar eine Gnadefrist bekommen, weil mein Herr dies wünschte, aber aus den Angelegenheiten höher Existenzen habt ihr euch rauszuhalten!!“ „Und nur, weil Sie über uns stehen, erlauben Sie sich einfach unsere Freundin zu schnappen für etwas und zu beschimpfen, was sie nicht getan hat?!“, protestierte Ray lautstark, doch wurde gleich wieder ruhig, als Megami ihn ansah. „Beschimpft mich wie ihr wollt, es ist mir egal. Ihr habt sowieso keine Ahnung, weil ihr dumme Menschen seit. Ihr wisst nichts über das Leid der Engel. Seit 5000 Jahren muss ich zusehen, wie schwaches Pack wie ihr mein Volk und meine Kinder massakriert, nachdem sie alles für euch getan haben, um euch zu beschützen.“ Megami´s letzter Satz klang so ungeheuer leise und gequält. Und... Nein, vielleicht hatte ich das nur gedacht, aber ich glaubte wirklich, eine Tränen in ihrem Augenwinkel gesehen zu haben. „Das lass ich mir aber nicht von euch gefallen! Ich werde euch Menschen von uns fernhalten, damit ihr nie wieder Schaden anrichten könnt!“ „Was unterstellen Sie uns überhaupt?!“, fauchte Tyson sie an. „Was vor über Jahrhunderte passiert ist, kann man doch überhaupt net mit heute vergleichen. Kisa is unsere Freundin und so wie sie uns beschützt, beschützen wir auch sie.“ „Alles nur leere Worte...“, lachte Megami allerdings nur. „Das haben sie alle gesagt. Freunde, Verwandte, Geliebte... Doch letzten Endes waren sie alle nur die Ruhe vor dem Sturm. Was glaubt ihr, warum es nur noch so wenige Wächter gibt? Weil sie einfach nicht kapiert, dass Freundschaft und Liebe vergänglich sind. Das sie allein viel besser klarkommen und ihre Gefühle nur Unglück bringen!“ „Das ist aber kein Grund, sie so herunterzuziehen!“, sagte Kenny, ein wenig eingeschüchtert. „Das man geliebt werden will ist doch vollkommen normal.“ „Das kann auch nur ein Ahnungsloser sagen“, lachte sie ihn aus. „Ihr lebt noch nicht so lange wie ich. Ihr denkt, eure Freundschaft könnte alles überwinden. Ihr seit noch nicht alt genug um zu verstehen, dass das alles Ammenmärchen sind. In der Welt zählt der Stärke, Gefühle behindern das nur!“ „Ich hab genauso gedacht!“, meinte Kai plötzlich etwas geknickt. „Aber dass ist nur die Ausrede derer, die es aufgegeben haben, überhaupt noch jemanden im Leben zu finden, der einem hilft.“ „Genau!“, stimmte Tyson ihm zu und legte die Hand auf seine Schultern. „Kai hat´s verstanden. Man braucht sich doch im Leben. Jeder braucht jemanden. Und mit so einer Einstellung kann man net in der Welt überleben. Seine Gefühle zu unterdrücken hat nix mit Stärke zutun, dass zeigt nur, dass man Angst hat sich seine Schwächen einzugestehen! Wie kann man so was Simples nicht kapieren?! Und Sie wollen eine Hilfe sein?!“ „Genau dass hatte ich gemeint!“, schrie sie wieder und jeder von uns zuckte zusammen. Megami biss die Zähne zusammen, wie immer, wenn sie kurz davor war zu explodieren. Doch erst tat sie nix, als ihre Hand vors Gesicht zu legen und den Kopf hängen zu lassen. Sie murmelte irgendwas vor sich hin, was wir anfangs nicht hören konnten. „Wieso? Wieso Herr?! Wieso nur hat ER euch die vier Schutzpatronen überlassen? Euch! Ein paar sterblichen, menschlichen Gören?! Wieso steht ihr um den Thron Gottes? VERDAMMT, ICH KAPIER ES NICHT!!!“ „LASS SIE IN RUHE!!!“, brüllte ich, schubste Max weg und stellte mich vor die Jungs, als Megami auf sie los ging. Sie hielt tatsächlich inne, aber ihre Hand klatschte trotz allem gegen mein Gesicht. Mein Kopf wurde bei dem Aufprall zur Seite geworfen, die Wange brannte vor Schmerz. Auch zitterte ich ein wenig durch den Schock. Megami zitterte ebenfalls, aber ihre Gesichtsfarbe konnte man nicht genau definieren. Sie war zwar blass, aber auch gleichzeitig Rot vor Wut. Ich wusste, wie gern sie mich jetzt anschreien und mir noch eine verpassen würde. Aber sie tat es nicht. Sie verschwand ganz einfach vor unseren Augen. Aber ich war erleichtert. Ein langes Seufzen entwicht mir und vor Erleichterung fing ich an zu weinen. „Kisa...?“ Auch wenn es Tyson´s Stimme war, die mich gerufen hatte, war Max der erste, denn ich sah und der seine Hände auf meine Schultern ablegte. „Alles in Ordnung bei dir?“ „Mhmm...“ Auch wenn ich sagte, dass es mir gut ging, war mir etwas schwindlig und Bluttropfen liefen mir über dass Gesicht. Kenny schreckte dabei ein wenig auf, auch als er mein Gesicht sah, das rotangelaufen war durch meine Weinerei. „Kisa...? Ist auch wirklich alles in Ordnung?“, fragte Kai, dabei versteckte ich mein Gesicht und nickte eifrig. „Ja... Und Danke... Danke, Jungs, dass ihr so mutig wart...“, schlurzte ich noch einmal, bis ich mir die Tränen wegwischte und ich wieder versuchte zu Lächeln. Ich hatte es satt, dass sich die Jungs andauernd Sorgen um mich machten und wegen mir Probleme bekamen. Sie sollten sich nie wieder wegen mir Sorgen machen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)