Studenten unter sich von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 13: ~ Stimmungsschwankungen ----------------------------------- Die letzten Tage waren allesamt warm und schön gewesen, der Frühling war nun endlich ganz da. Kein Wunder, es war ja auch schon fast Mai. Ich genoss es, Strify wieder um mich zu haben, doch mit ihm war auch leider dieses komische Gefühl wiedergekehrt. In seiner Nähe hatte ich ständig Bauchkribbeln und meine Gedanken waren dauernd bei ihm. Als Strify und ich nach dem Wochenende seiner Heimkehr wieder zur Uni gingen, hatte ich schon etwas Bammel. Immerhin hatte ich fast einen Monat gefehlt. Ich hoffte, man würde mir meine Entschuldigung glauben, ich hatte eine Lungenentzündung gehabt, und betete inständig, Strify möge davon nichts mitbekommen. Als ich zum Hörsaal schritt, spürte ich leichte Nervosität und Übelkeit. Am liebsten hätte ich mich auf dem Absatz umgedreht und wäre weggegangen, doch den konnte ich jetzt nicht mehr bringen. Ich hatte schon zu oft gefehlt, es würde schwer werden, alles nachzuholen und gleichzeitig noch mit dem aktuellen Stoff mitzuhalten. Doch glücklicherweise nahm man mir meine Entschuldigung mit der Lungenentzündung ab und als sei nichts gewesen setzte ich mich an meinen Platz. In der Pause ließ ich mir von meiner Freundin die nötigen Unterlagen geben und mir das Nötigste erklären, sodass ich wenigstens etwas auf dem Laufenden war. Ich war froh, als der Unterricht sich endlich dem Ende neigte. Pünktlich mit dem Gong war ich die erste, die den Raum verließ. Draußen wartete ich auf Strify und gemeinsam fuhren wir nach Hause. Dort machten wir uns an unsere Aufgaben und leider dauerten sie bei mir viel länger als sonst, da ich leichte Schwierigkeiten wegen meines Fehlens hatte. Das hielt mich aber davon ab, das kribbelnde Gefühl in meinem Bauch zu bemerken und darüber nach zu grübeln. Doch auch Strify saß heute länger als gewöhnlich über seinen Büchern. Er schien leicht gehetzt und angespannt und das steigerte sich von Tag zu Tag. Irgendwann war Strify total verändert, ich erkannte ihn kaum mehr wieder und war sehr erschrocken über diese Veränderung, die in ihm vorging. Wenn wir morgens aufstanden und zur Uni fuhren, war er sehr schweigsam und betrübt. In den Pausen bekam ich ihn nicht zu Gesicht und auf dem Nachhauseweg redete er kaum. Alle Fröhlichkeit war aus seinem Gesicht gewichen, seine Augen waren trüb und müde geworden und dunkle Schatten, die Übernächtigung andeuteten, lagen unter ihnen. Er sprach nicht mehr häufig und war oft in Gedanken versunken. Etwas schien ihn zu beschäftigen, ihm Sorgen zu bereiten. Er schien sehr einsam und verschlossen zu sein, obwohl ich an seiner Seite war. Ich sorgte mich um Strify, aber als er eines Abends immer noch bis spät in die Nacht über seinen Büchern saß und alles andere an sich vorbeiziehen ließ, sprach ich ihn darauf an. Schon fast unwirsch und mit blaffendem Unterton in der Stimme antwortete er, was solle denn los sein, sähe ich nicht, dass er lerne?! Ich fühlte mich angegriffen, so aggressiv hatte er noch nie mit mir geredet. Ich war richtig erschrocken darüber und um des Friedens Willen trat ich zurück und ließ ihn weiter lernen. Dennoch war ich zutiefst schockiert und sorgte mich nur noch mehr um ihn. Immer wenn wir nun zusammen waren, schien eine Hochspannung zwischen uns zu herrschen, wie eine Barriere. Strify verkroch sich nur noch hinter seinen Büchern und fast schon verzweifelt fragte ich mich, was denn nur passiert war, was ihn so weit getrieben hatte. Tage-, wochenlang ging es so weiter, und ich konnte nichts tun. Ich wollte ihn nicht darauf ansprechen, denn ich wollte ihn nicht verärgern und wollte nicht, dass er mich anschnauzte. Sein Benehmen machte mir Angst, er wurde immer verschlossener, aß kaum noch und schien gar nicht mehr in Hier und Jetzt zu leben. Ich hatte das Gefühl, dass er weit weg war, wo ich ihn nicht mehr zurückholen konnte, von wo nur er allein den Weg zurückfinden konnte. Mit der Zeit aber war Strify nicht mehr aggressiv, sondern er wurde müde und verschlossen. Wenn ich mit ihm redete, schien er mich nicht zu hören, er antwortete mir nicht. Er gab kein Zeichen von sich zu verstehen, zu hören. Er war fort, wo, das wusste niemand. Auch den anderen fiel sein Benehmen auf, doch keiner hatte eine Ahnung, was los war. Dunkle Schatten hatten sich um seine Augen gelegt, er war blass geworden und seine Wangen hohl. Bis tief in die Nacht blieb er immer wach, manchmal wachte ich nachts auf und sah unter dem Türspalt noch Licht aus dem Wohnzimmer. Dennoch wagte ich nie, zu ihm zu gehen. Ich konnte ihm nicht helfen, was immer ich tat, er hörte mich nicht. Ich war schon ganz krank vor Sorge, meine Noten ließen sehr zu wünschen übrig. Doch irgendwie schaffte ich es, mich durch zu boxen und mich über Wasser zu halten, trotz allem. Eines Abends saß Strify einmal nicht über seinen Büchern, sondern hatte den Fernseher angeschaltet und starrte mit leerem Blick auf den Bildschirm. Bestimmt sah er nicht, was sich dort abspielte. Sein Verhalten machte keinen Sinn und getrieben von unendlicher Sorge und meinem Mitleiden mit Strify, warum auch immer, wagte ich noch einmal einen Versuch zu erfahren, was los war. Ich setzte mich vorsichtig zu ihm auf die Couch, langsam und behutsam, als hätte ich Angst, ihn zu erschrecken. „Strify...“, setzte ich an, doch meine Stimme brach. Noch immer rührte er sich nicht. Ich atmete ein. „Strify, bitte erzähl mir, was los ist. Du hast dich so verändert, seit du zurück bist. Du bist nicht mehr du selbst und... ich mache mir ernsthafte Sorgen um dich. Du weißt, dass du mir vertrauen und mir alles erzählen kannst. Wir sind Freunde und ich werde immer zu dir stehen. Das weißt du doch.“, sagte ich, letzteres hatte einen fragenden Unterton, der fast schon verzweifelt nach einer bejahenden Antwort schrie. Dennoch war meine Stimme weich, sanft und besorgt. Sie klang ein wenig mütterlich und ich hatte nicht gewusst, dass ich so sprechen konnte. Doch noch immer sah Strify mit leerem Blick vor sich hin als hörte er mich nicht. „Strify.“, fing ich erneut an, diesmal lauter und fordernder. „Bitte. Erzähl mir was los ist. Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir. Ich bin nicht blind!“, rief ich, Tränen traten in meine Augen. Doch als Strify noch immer keine Reaktion zeigte und im Fernseher auf MTV gerade das Lied ‚I Hate That I Love You’ lief, traf es mich wie ein Schlag ins Gesicht. Wie erstarrt lauschte ich dem Text, der die Gefühle der letzten Wochen wiedergab. Mein Herz zog sich zusammen, alles in mir verkrampfte sich. Auf einmal war mir speiübel, denn ich hatte begriffen: Ich hatte mich in Strify verliebt. Ich konnte es nicht fassen, es war, als befände ich mich in einem freien Fall. Ich fiel und fiel und wartete nur auf den Aufprall. Das konnte doch nicht wahr sein! Es durfte nicht wahr sein! Mit einem Mal überfiel mich Panik. Was, wenn er es bemerkt hatte? Er wollte unsere Freundschaft sicher nicht aufs Spiel setzen und war nun abgeschreckt und verwirrt. Und es war alles meine Schuld! Er war verschreckt, vielleicht sogar angewidert. „Strify...“, begann ich erneut, „Bitte...“. Tränen rannen nun in Strömen über mein Gesicht, meine Stimme war ein einziges Flehen. Und diesmal drehte er seinen Kopf in meine Richtung, ganz langsam, und sah mich an. Er sah mich an mit diesen ausdruckslosen, kalten, verlorenen Augen, aus denen alles Sehen verschwunden war. Dem Blick entnahm ich Schmerz, tiefes Leiden. Und Leere. Ich würde diesen abscheulichen Blick niemals mehr vergessen, er war so schrecklich, denn er zeigte, dass Strify fort war. Ich konnte es nicht ertragen ihn so zu sehen, wissend, dass er litt, doch nicht woran. Dieser Blick hatte sich in mein Gehirn gebrannt, er schmerzte und ich würde ihn nie mehr loswerden. Denn so hatte ich Strify noch nie gesehen, so verlassen und voller tiefer Sehnsüchte. Steif geworden saß ich auf der Kante des Sofas, nicht fähig, meinen Blick von seinem abzuwenden. Doch Strify sagte nichts, um uns herum herrschte eine drückende Stille, die mich fast zu überwältigen drohte. Ich war gerade dabei unsere Freundschaft zu zerstören, nur wegen meiner dummen Gefühle. Ich hatte keine Gewissheit was los war, aber nur der Gedanke daran, dass er es bemerkt haben könnte, dass es unsere Freundschaft zerstörte, zerriss mir innerlich die Eingeweide. Ich stürmte in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu. Wie konnte er es wagen, mich so zu verletzen, mich so zu Grunde zu richten? Aber... wie konnte ich es wagen, unsere Freundschaft derart zu zerstören? Dass Strify so reagierte, war vielleicht meine eigene Schuld und ich brauchte nicht ihm diese zuzuschieben. Es hätte mich beruhigt, wenn nicht alles Leiden an mir selbst gelegen hätte, doch so einfach war es im Leben nicht. Zwar konnte ich nicht mit Gewissheit behaupten, dass es tatsächlich so war, wie ich dachte und dass es nicht einen anderen Grund für Strifys Verhalten gab, aber in dem Moment war ich so blind vor Schmerzen und Verzweiflung, dass ich es kaum mehr aushielt. Auf einmal gaben eine Knie nach und ich sank zu Boden. Regungslos saß ich da, Tränen rannen über mein Gesicht als gäbe es keinen Halt für sie. Ich musste mich ablenken. Vor meinen Augen tauchte die weiße Zimmerwand auf. Weiß... so weiß... Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand. Ein dumpfer Laut erklang. Es folgte Stille. Eine drückende Stille, die fast greifbar war. Hörte er es nicht? Warum kam er nicht und sah nach mir? Ich stieß meinen Kopf weiter an die Wand. Ich wollte, dass er kam und mich beschützte, mich vor mir selbst bewahrte. Weiter erklangen dumpfe Laute, dicht aufeinandergefolgt waren sie das Einzige, dass die Luft in meinem Zimmer erfüllte. Mittlerweile hörte ich es deutlich, alles andere wurde von meinem Kopf ausgeblendet, die Nebengeräusche von draußen drangen nur wie durch Watte zu mir hindurch. In meinen Ohren rauschte es und ich fühlte meine Stirn pochen. Ich schlug meinen Kopf so lange gegen die Wand, bis meine Stirn anfing zu bluten und das Blut wie rote Tränen über mein Gesicht lief und sich mit meinen eigenen vermischte. Den körperlichen Schmerz spürte ich nicht mehr, alles schien wie taub. Ich fühlte nur, wie es in mir tobte, meine Eingeweide schienen entzwei zu reißen. In mir loderte Feuer und es brannte. Es brannte schmerzlich, wild und wütend. Die weiße Wand vor mir war mit roten Spritzern versehen. Blut tropfte wie eine Träne von meinem Kinn. Doch er kam nicht. Er ließ mich ganz allein. Die Sonne war schon untergegangen und draußen leuchteten hell die Sterne am klaren Nachthimmel. Zusammengekauert saß ich in einer Ecke meines Bettes, die Knie an mein Kinn gezogen, die Arme hatte ich wie zum Schutz um meine Beine geschlungen. Noch immer war es still in der Wohnung. Im Wohnzimmer brannte kein Licht mehr, vielleicht war Strify schon zu Bett gegangen. Leise stand ich auf. Eigentlich wollte ich das Zimmer nicht verlassen, ich war den ganzen Tag hier drinnen geblieben. Doch nun bekam ich Durst. An der Tür lauschte ich, doch nichts regte sich im Wohnzimmer. Leise und vorsichtig öffnete ich die Tür. Ich trat heraus und sah Strify noch immer auf der Couch sitzen. Er schien seinen Platz nicht einmal verlassen zu haben. Leise und so unbemerkt wie möglich schlich ich an ihm vorbei in die Küche, den Kopf tief gesenkt und den Blick auf den Boden gerichtet. In der Küche goss ich mir eilig ein Glas Wasser ein, spülte es hinunter und verschwand dann wieder. Für mich folgte eine sehr unruhige Nacht, ich wälzte mich von einer Seite auf die andere und konnte keinen Schlaf finden. Dauernd geisterten Bilder in meinem Kopf herum und ich sah ständig Strifys leere Augen vor mir. Mein Gewissen plagte mich, ich machte mir Vorwürfe und immer wieder verfiel ich in kurze, unruhige Schlafe. Schon früh am nächsten Morgen gab ich es auf und stand auf. Draußen dämmerte es fast, der Himmel war von einem kalten blaugrau durchzogen. Der Mond stand noch am Himmel und schien blass zu uns herab. Noch immer regte sich nichts in der Wohnung, die Stille war mittlerweile laut geworden. Erst als es richtig hell wurde, und ich wiederum Durst bekam, verließ ich mein Zimmer. Strify stand am Fenster und sah hinaus. Leise schlich ich an ihm vorbei in die Küche und als ich wiederkam und in mein Zimmer wollte, hatte er sich umgedreht und sah mich an. Seine Wangen waren eingefallen und hohl, er war sehr blass und die Augenringe traten noch mehr hervor. Er wirkte unglaublich entkräftet und schwach. Ich rührte mich nicht und auf einmal lächelte mich Strify müde an, sagte jedoch nichts. Mir stiegen schon wieder Tränen in die Augen, doch ich lächelte tapfer zurück. „Möchtest du etwas essen?“, fragte er leise, seine Stimme klang freundlich. Ich nickte, obwohl ich keinen Appetit hatte. Ich musste jetzt genau aufpassen, was ich tat. Strify ging an mir vorbei in die Küche und ich folgte ihm. Er setzte sich an den Tisch und sah auf die Tischplatte. Ich holte zwei Becher heraus und machte für uns beide einen warmen Tee. In der Zeit, in der das Wasser kochte, stellte ich etwas Brot und Butter auf den Tisch. Dann goss ich den Tee auf und bemerkte, dass Strify mich dabei musterte und jede Bewegung gebannt verfolgte, als sähe er sie zum ersten Mal. Mit einem unbehaglichen Gefühl setzte ich mich ihm gegenüber und schob ihm seine Tasse zu. Er nahm sie und legte seine Hände um sie, die er so wärmte. Er pustete leicht und nahm dann einen Schluck. Auch ich trank langsam und schon bald fühlte ich eine wohlige Wärme sich in meinem Magen ausbreiten. Schweigend saßen wir uns gegenüber und keiner rührte das Essen an. Ich blickte Strify an, der nachdenklich den Inhalt seiner Tasse musterte und den daraus aufsteigenden Dunst verträumt betrachtete. Sollte ich es wagen, ihn noch einmal zu fragen, was ihn bedrückte? Aber... was, wenn ich ihn damit nur noch mehr abschreckte? Während ich noch die Möglichkeiten, die ich hatte, gedanklich abwägte, sah Strify hoch und mir direkt ins Gesicht. Einen Augenblick lang blickte er mich an, dann fragte er: „Warum siehst du mich so an?“. Dabei war sein Blick fragend, verwirrt. Ich erstarrte. Hatte er etwas bemerkt? Wusste er etwas? Während er mich so ansah, kriegte ich Panik. Mein Hirn setzte aus, ich bekam einen Blackout und wusste nicht, was ich tat. 'Nein!', schrie es in meinem Kopf,ich sprang auf und hastete in mein Zimmer. Ich verschloss die Tür, verschloss mich selbst und kam den ganzen Tag nicht mehr heraus. Strify rief nicht ein einziges Mal nach mir. Doch egal wie schnell ich rannte, wie weit ich lief, ich konnte vor meinen Schmerzen nicht davonlaufen. Sie würden mich immer verfolgen, ständig in mir wüten, bis zum Schluss. Die Qualen, die Schmerzen, die Sehnsucht, ich konnte nicht entkommen, mich nicht verstecken. Denn egal wohin ich ging, selbst wenn ich bis ans Ende der Welt flüchtete, mein Herz würde auch dann nicht verstummen. Es war, als versuchte ich vor meinem eigenen Schatten davon zu laufen. Und eben diese Erkenntnis, nicht entkommen zu können, gleich wie schnell ich lief, traf mich wie eine Wucht. Es rief Auswegslosigkeit in mir hervor, ich fühlte mich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Was folgte, waren Verzweiflung und Traurigkeit. Ich wollte mir nicht eingestehen, was geschehen war. Wir hatten schon so viel zusammen erlebt, es durfte sich nichts ändern. Ich wollte nicht, dass unsere Freundschaft etwas anderem wich. Es sollte wieder so sein wie früher und obwohl ich so viel anderes für Strify empfand war es doch das einzige, was ich mir so sehnlichst wünschte. Wieder mit ihm lachen zu können, in aller Freundschaft. Wenn sich nun etwas änderte, würde das andere Vergangenheit werden, als abgeschlossene Handlung gelten un nie mehr wiederkehren. Deshalb blieb ich lieber in meinem Zimmer, obwohl es sehr dumm war so zu handeln. Aber es beruhigte mich, dass unsere Freundschaft doch nicht ganz vorbei war. Keiner hatte sie beendet, sie war nicht fort, sie war immer noch da, nur sahen wir sie momentan nicht. Ich musste nun durch diese Zeit hindurch, aber etwas Neues sollte nicht beginnen. Dazu war mir Strify zu wichtig. Früher war doch alles so gut gewesen. Wie hatte es so weit kommen können? Warum musste es so kommen? Was haben wir falsch gemacht? Ich hätte alles dafür gegeben,um Antwort zu finden. "Warum? Warum tut mein Herz mir das an? Das kann doch niemals gut gehen, es würde alles zerstören. Es soll sich nichts ändern.", sprach mein Kopf zu meinem Herzen. Dieses aber blieb stumm und gab keine Antwort. Nach Tagen des Nichtstuns hatten wir uns mehr auseinandergelebt als je zuvor. Jeder ging seinen eigenen Weg, auch wenn es oft derselbe war. Er war nicht da und ich wollte nicht da sein. Diese Verzweiflung und Traurigkeit wandelte sich dann in Wut und Zorn. Wut auf mich selbst, Zorn über das Schicksal, über Strify und alles auf der Welt. Aber besonders gegen mich. Ich konnte mich nicht akzeptieren, verabscheute alles an mir. Es war das gleiche Gefühl gewesen wir vor Jahren. Ekel vor mir selbst, Unzufriedenheit aber auch Machtlosigkeit. Ich verfiel in alte Gewohnheiten, hatte ich aus Sorge und Kummer vorher kaum etwas gegessen, so reduzierte ich es auf Null. Um mich zu bestrafen. 'Vielleicht findet dich Strify einfach nicht hübsch genug. Sieh dich doch nur einmal an. Wenn du schlank wärest, wärest du nicht in dieser Situation. Er hätte dich dann gemocht. Du bist selbst Schuld.', sagte eine altbekannte Stimme in meinem Kopf,die nach Jahren wieder aufgetaucht war. Ich zählte die Rippen. Sie traten alle deutlich hervor. Nein, es ist noch nicht genug. Was immer die anderen sagen, es reicht noch nicht. Und als sich nichts änderte, wandelte sich das Gefühl schließlich in Frust, Depression und Selbstaggression. Ich verletzte mich selbst, schnitt mir gedanklich ins eigene Fleisch, was immer ich tat, nur um mich an mir zu rächen. Die körperlichen Schmerzen vertrieben die seelischen, doch irgendwann konnte ich den körperlichen Schmerz nicht mehr spüren. Die Wunden, die brannten, waren in mir drin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)