Augenblick von Whoopi ("Es war so ein Moment, den man sonst aus dem Kino kennt...") ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Prolog „Ist das dein Ernst?“ „Klar! Warum denn nicht?“ „Das ist nicht dein Ernst?!“ „Mann ey! Was meckerst du eigentlich so rum? Auf deiner Solo Tour hast du doch auch welche!“ „Das ist was anderes!“ Seufzend zog Rod an seiner Zigarette. Seit einer halben Stunde diskutierten seine beiden Bandkollegen nun schon über das Thema. Sie hatten sich allesamt bei Jan Zuhause getroffen, um neue Ideen für die Tour, die nun nach der Veröffentlichung des neuen Albums folgen sollte, zu besprechen. Doch irgendwie steckten heute alle in einem krea-tief. Niemanden war etwas Vernünftiges eingefallen, bis Der Graf alias Bela B. plötzlich eine Idee hatte, die Farin Urlaub aber wohl überhaupt nicht passte. Der Chilene strich sich durch sein schwarzes Haar und kratzte sich benommen am Hinterkopf. Er hatte echt viel zu wenig geschlafen in letzter Zeit. Ihm war aufgefallen, dass Jan sehr angespannt wirkte. Allerdings hatte er keinen Schimmer was der Grund dafür war. „Aber das haben wir bis jetzt noch nicht gehabt! Und überleg doch mal: Wir sind der Boss, also können wir auch die Kleidung vorschreiben…“ Rodrigo gluckste leise, als er das verschmitzte Grinsen in Dirks Gesicht sah. „Und überleg DU doch noch mal was ich eben gesagt habe: Ich-bin-dagegen!“ Überrascht hob Rodrigo eine Augenbraue. Ja, Jan war heute wirklich komisch drauf… Mit einem weiteren Seufzer erhob er sich leicht von seinem weißen Sessel, um die Zigarette an der lehren Pappschachtel zu zerdrücken. Die einzig überbliebe Zigarette hatte er neben der Schachtel platziert. Er hatte sich sowieso gewundert, weshalb Jan, als Nichtraucher, noch keinen Protest dagegen erhoben hatte, dass er in seinem Haus rauchte. Normalerweise hätte er dies längst getan aber heute… Jan und Dirk diskutierten immer noch heftig, bis sie das überraschend kräftige Räuspern des Bassisten unterbrach. „Also… Ich finde Dirks Idee eigentlich ganz gut.“ Dirk grinste breit, während Jan Rod anstarrte, als wolle er ihn auf der Stelle erwürgen. „Also mein lieber Herr Urlaub. Wies aussieht wurdest du gerade überstimmt.“, sagte der Drummer triumphierend und wollte seinem Freund auf die Schulter klopfen. Doch dieser wich ihm aus. „Tut was ihr nicht lassen könnt...“ Es hörte sich allerdings eher nach ´Leckt mich doch! ´ an. Dirk wurde daraufhin etwas ernster und ging einen Schritt auf ihn zu. Jans Laune war ja zu Anfang noch ganz okay gewesen, doch davonsah man jetzt nciht mehr viel. „Hey!“ Setzte er an und wollte ihm die Hand diesmal auf die Schulter legen, als sein Handy, welches er auf den Tisch gelegt hatte, heftig zu lärmen begann. Mit einer schnellen Bewegung griff er nach dem kleinen Gerät, dass gerade in voller Lautstärke einen KISS Song schmetterte. Ein kurzer Blick auf den Display verriet ihm, dass seine Freundin es war, die ihn zu erreichen versuchte. „´tschuldigung.“, murmelte er kurz und nahm den Anruf entgegen. Keine Sekunde später konnten sogar Jan und Rod die kräftige Stimme von Sarah (dem Drik seine freundin) hören. Rod sah Dirk schmunzelnd zu, wie er noch kurz etwas murmelte und dann den Raum verließ um ungestört zu sein. Nun wandte er seinen Blick Jan zu, der durch die große Glasscheibe, hinaus in seinen Garten blickte. Es hatte stark zu regnen begonnen. Laut und im unregelmäßigen Takt prasselten die Tropfen gegen die Fensterscheibe und Jan stützte seinen Kopf gegen das kühle Glas, nur um stur nach draußen zu starren. „Willst du reden?“ Rodrigo unterbrach somit Jans Gedankengang, der sowieso nirgendwo hin führte. Er sah ihn erwartungsvoll an, doch Jan erwiderte nichts. Es herrschte einige Sekunden Stille und Rod dachte schon er würde in diesem Jahrhundert wohl keine Antwort mehr erwarten können. Doch dann hörte er wie Jan ein „Nein“ brummte. Rodrigo seufzte mental. Wieso musste dieser sture Gitarrist nur allen Schmerz immer in sich hinein fressen? Normalerweise war der blonde Sänger immer der, mit Abstand, emotionalste von den dreien, aber wenn er Kummer hatte wurde es schwierig. Meist wurde dies dann in seinen Songs verarbeitet. Jedoch wusste Rod am besten, dass es manchmal am meisten half, wenn man mal einfach drüber redete. Er nahm seine letzte Zigarette in die linke Hand und überlegte was er als nächstes oder besser gesagt was er nicht sagen sollte, als sich Jan plötzlich aus seiner Starre regte. „Macht was ihr wollt. Ich geh raus.“ In seiner Überraschung lies Rodrigo das Feuerzeug zuschnappen, welches er gerade an seine Zigarette hielt. „Raus? Bei dem Wetter?!“ Doch er wusste gleich, dass sich Jan durch so was nicht aufhalten lies. „Was dagegen?“, war die einzige Antwort. „Ihr wisst ja wo ihr pennen könnt.“ Er ging Richtung Tür, doch dann machte er kehrt und ging auf Rodrigo zu. „Und in meinem Haus wird nicht geraucht!“ Damit nahm er Rod das Feuerzeug weg und legte es unsanft auf den Tisch. „Jetzt warte doch!“, rief Rod, der aufgesprungen war, ihm noch hinter her, doch da hatte der wasserstoffblonde Mann sich schon seine Jacke gegriffen und verschwand durch die Tür, welche er nicht gerade sachte zu knallte. Der schwarz haarige Chilene starrte ihm schweigend nach. „Ich dich auch... Bis übermorgen!“, flüsterte Dirk beim gehen seinem Handy zu und lies es seiner Hosentasche verschwinden. Er hörte dass Dirk wieder den Raum betrat, dennoch starrte er weiterhin unverändert auf die Tür. „Wo ist Jan denn hin?“, fragte Dirk verwundert und die Frage beantwortete sich von selbst, als beide Männer von draußen das ratternde Brummen des Motorrades hörten, welches Jan gehörte. Kapitel 1: Kleines Punkrockgirl ------------------------------- Kleines Punkrockgirl *PIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEP* Hamburg. Die große Hafenstadt in den frühen Morgenstunden. Es war Januar und die hellen Sonnenstrahlen ließen die leichte Frostschicht glitzernd und grell auf leuchten. Ein Feitag, der letzte der Weihnachtsferien. Nach diesem Wochenende würde es wieder losgehen. Schule, Arbeit, Alltag. Keiner war sonderlich erfreut auf diese Umstellung. Außer den glücklichen Schweinen, die die Schule bereits hinter sich hatten, oder tatsächlich einen Beruf ausübten, der ihnen mehr Spaß brachte, als so manche Freizeitbeschäftigung. Doch so ein Glück hatte nicht jeder. Genau genommen schienen einige vom Pech verfolgt zu sein. „WUUUUUUUUUUUUUUUUUUAAAAAAAAAAAAAAAAAAH!!! Scheiß Wecker!“ Oder einfach nur mit dem fantastischen Talent gesegnet andauernd zu verschlafen. Mit einem Aufschrei, als wäre eine Bombe eingeschlagen, hatte es eine gewisse junge Frau bei ihrem Erwachen geschafft, inklusive ihre Nachbarn aus dem Schlaf zu reißen. „Schon halb zehn?! Verdammt ich komm zu spät!“ Sie rappelte sich hoch, sprang wie eine hektische Katze aus dem Hochbett und raste, mit einem Bündel Klamotten in den Händen, ins Badezimmer. Mehr als eine rote wehende Haarmähne konnte man nicht wahrnehmen. Ein dumpfer Hall erfüllte den Raum, als sie die Tür zu knallte. In geradezu Rekord verdächtiger Zeit wusch sie sich, streifte sich ein schwarzes Shirt (mit dem Aufdruck PUNKBOY, mit (Punk)Hase) inklusive einer dunkel blauen, leicht zerrissenen Jeans über. Sie kämmte und frisierte sich die langen Haare zu einem Pferdeschwanz, auch wenn selbst dieser die wilde Mähne kaum bändigen konnte. In der nächsten Sekunde stürmte sie auch schon wieder aus dem Bad. „TascheTascheTasche…Wo ist diese verdammte Tasche?!“ Genau in diesem Augenblick stolperte sie und fiel polternd zu Boden. `Autsch! … das gibt ne Beule…´ Sie seufzte mental, während sie sich den Kopf rieb und sich umdrehte, um nach dem Grund zu sehen, weshalb sie so böse gestürzt war. ´…Ach nein!?´, dachte sie sarkastisch, als sie feststellte, das sie über ihre Tasche gestolpert war. `Na egal. Hauptsache gefunden! ´ Damit rappelte sie sich auf, griff nach ihrer Tasche und stürmte zur Haustür. Zügig hatte sie sich die Schuhe angezogen und öffnete schon mal die Tür. Mit der Butten verseuchten Jacke in der linken und dem Haustürschlüssel in der rechten Hand stürmte sie aus der Wohnung. Im Hetz-Tempo eilte sie nun die Treppe des Hochhauses hinunter, obwohl Hochhaus eigentlich eine maßlose Übertreibung war. Das Haus war wirklich nicht besonders groß. ´Ok. Haste alles? Tasche? (sie rieb sich dabei ihren dröhnenden Kopf) Hab ich, + vollständiger Inhalt? (sie lugte kurz in diese hinein) Denk mal schon! Tür abgeschlossen? Ja! Frühstück? ´, exakt bei diesem Satz meldete sich ihr Magen murrend zu Wort. `…scheiß drauf! ´ „Kind, hast du denn schon wieder verschlafen?!“ Sie hatte grad vier Treppen gemeistert, da rief diese nur all zu bekannte Stimme ihr entgegen. „Leider ja Frau Schlundt!“, gab sie beim Laufen zur Antwort. Frau Schlundt war eine sehr freundliche alte Dame, mit der sie sich gut verstand. Seit sie vor drei Jahren von zu Hause weg gezogen war, unterstützte ihre Nachbarin sie wo sie nur konnte. „Und wie ich dich kenne hast du auch wieder nichts gegessen! Hier, nimm das!“ Frau Schlundt warf ihr ein Päckchen zu, welches ein paar belegte Brote beinhaltete. Die rothaarige fing es auf und lächelte ihr kurz dankbar zu. „Vielen, vielen Dank! Ich komme demnächst mal wieder zum Kaffee-Trinken vorbei. Ach und einen schönen guten Morgen wünsch ich Ihnen. Ich muss jetzt! Bis später!“ „Red nicht so viel, lauf lieber!“, rief diese ihr nach und hörte deutlich wie die Rothaarige murrte. Grinsend schüttelte sie den Kopf und ging in ihre Wohnung zurück. Das Päckchen fest an sich gedrückt lief sie weiter. ´Diese Brote sind schon ein Klasse für sich´, dachte sie mampfend. Als sie es endlich in das Erdgeschoss geschafft hatte, machte sie tatsächlich noch an ihrem Briefkasten halt. Rasch plünderte sie diesen, nahm sich aber keine Zeit diese näher zu betrachten, sondern stopfte sie einfach schnell in die große Tasche. Schwungvoll riss sie nun die Tür, die endgültig in die Außenwelt führte auf und wurde sogleich vom strahlend blauen Himmel, inklusive grellem Sonnenschein, begrüßt. Mit einem Ruck hatte sie die Arme vors Gesicht gerissen, um sich vor den bösen Sonnenstrahlen zu schützten, die sie gemein blendeten. Irgendetwas vor sich hin fluchend schnappte sich Henrike ihr Fahrrad und radelte in einem Affenzahn davon. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Da ist ja ne Schnecke pünktlicher!“ „Tut mir leid Papa…“ Die junge Frau trabte mit gesenktem Kopf an ihrem Arbeitgeber vorbei. Dieser schüttelte resigniert den Kopf. „Wärst du nicht so eine hervorragende Mitarbeiterin, hätte ich dich wohl schon längst mit nem Arschtritt entlassen. Schließ das scheiß Rad ein komm dann stante pede in den Laden. Klaro?“ „Jaaaaahhh…“, murrte sie und schob das Fahrrad in den Hinterhof des Ladens. „Wie war das?“ „Ay, ay Sir!“, sie salutierte kurz vor ihm und verkrümelte sich dann zügig. Seufzend, aber doch schon wieder leicht am grinsen, ging Papa, wie ihn seine Freunde und Angestellten nannten, zurück in seinen heiß geliebten Plattenladen. Zwei Minuten später stand Henrike dann auch brav auf der Matte und machte sich als erstes daran, die neusten CDs und Schallplatten ein zu räumen. Das Sortieren lag ihr. Gut gelaunt begann sie zu summen und fing schließlich an leise zu singen. Bei jedem anderen Job hätte sie sofort eine Anmache dafür kassiert, aber Papa mochte erstens ihren Gesang und zweitens war das hier ja immerhin ein Musikgeschäft. Da war das nicht unbedingt schlecht. Bereits seit einem halben Jahr jobbte Rike, wie sie ihre Freunde nannten, im Plattenladen von Papa. „Gibt’s irgendwas neues in Richtung Band?“, fragte Papa sie, als er ihr einen neuen Stapel CDs in die Hand drückte. „Nicht wirklich… Ich bin ja jetzt mit der Ausbildung fertig, aber die Jungs sind grad vollkommen im Abitur Stress. Da lässt sich nicht viel machen. Außerdem hab ich grad nicht das Geld um zu ihnen zu fahren…“ Sie seufzte. Seit ca. drei Jahren war sie die Sängerin in einer Rock/Punk Band. „Ihre“ Jungs waren total nett, sie harmonierten sehr gut miteinander und ihre Musik wurde immer besser. Es hätte eigentlich alles gut sein könnte, wäre da nicht der Haken, dass die Jungs in Bayern wohnten und sie in Hamburg. Kennen gelernt hatte sie einen der Gitaristen beim chaten. Sehr schnell hatten sie sich super verstanden, da sie vor allem eines verband: Ihre Leidenschaft für „die ärzte“! Sie hatten als Coverband der ärzte angefangen und neben bei fleißig Songs geschrieben. So oft sie konnte fuhr sie zu ihrer Band, die aus zwei Gitaristen, einem Drummer, einem Keyboarder und, mal mit mal ohne, einem Saxofonisten bestand. Momentan war aber jeder mit seinem Kram beschäftigt. Danach, wenn die Jungs hoffentlich ihr Abitur geschafft hatten, würden sie sehen wie es weiter ging. Sie verdiente sich solang bei Papa noch etwas Geld dazu. „Schade…“, sagte Papa. „Wenn wieder etwas laufen sollte und ihr mal in Hamburg spielt, dann sag mir bescheid. Ich will dich mal richtig in Aktion sehn!“ Die Rothaarige lächelte ihn an. Es war toll einen Chef zu haben, der so offen und freundschaftlich mit seinen Angestellten umging. Und man konnte sich gut mit ihm unterhalten, denn er besaß ein sehr umfangreiches musikalisches Wissen, welches er gern weiter gab. Papa mochte seine Angestellte recht gern. Scherzhaft wurde sie in den Arbeiterkreisen oft „Kleines Punkrockgirl“ genannt, einmal, weil sie sie so ein riesen ärzte Fan war und zum zweiten, weil sie sich punkig kleidete (und im Herzen auch absolut ein Punk war!), aber auch schon wieder nicht wirklich wie ein typischer Punk wirkte. Sie hatte den Charme eines lieben, unschuldigen Mädchens, aber gleichzeitig auch den einer frechen rotz Göre, wie er es ausdrückte. Ihr Haar war lang, reichte ihr über die Schultern und war in mehren rot Tönen gefärbt. Sie hatte grüne Augen, eine leicht markante Nase, die aber dennoch nicht störte und volle Lippen. Am auffälligsten war wohl ihre Haut, die sehr blass war. Das hatte ihr auch schon öfter Namen wie Schneewittchen oder Zombie beschert. Sie selbst bevorzugte jedoch die Bezeichnung als Vampir. Die Größe betrug stolze 1,68m, womit sie ihm bis zum Kinn reichte. Ein Klingeln riss beide aus ihren Gedanken und Papa schlenderte zur Kasse. Ein Stammkunde, den inzwischen auch Rike kannte, hatte den Laden betreten. Das letzte Mal hatte er eine CD bestellt und Papa hatte sie für ihn bereit gelegt. „Hey, das ging ja schnell!“, freute sich der Mann, als Papa die CD unterm Tresen hervor holte und sie ihm präsentierte. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Nach ungefähr zwei Stunden war es Zeit für die Mittagspause. Rike ging in den Innenhof und setzte sich dort auf eine der Bänke. Sie hatte noch ein paar Brote übrig und machte sich gleich daran, dass zu ändern. Während sie vor sich hin aß schweiften ihre Gedanken zu einem anderen Thema. Ihre gute Laune ließ leicht nach. Trübselig kaute sie nun an ihrem, mit Gauda belegtem, Brot. Sie vermisste die Band und ihre Jungs. `Was sie wohl grad machen? `, fragte sie sich mental und legte das Brot zur Seite. Und noch etwas anderes fehlte ihr: Das Gefühl auf der Bühne zu stehen. Sie war quasi süchtig danach! Besonders nach der Trennung ihres (bisher) einzigen Freundes, den sie gehabt hatte. Obwohl sie mittlerweile seit einem halben Jahr getrennt waren, tat es immer noch weh. Mit einem Seufzer griff sie zu ihrer Tasche und zog ihr Diktiergerät hervor. Einen großen Vorteil hatte die Trauer ja; sie schürte, bei den meisten Künstlern, stark die Kreativität. Ihr Daumen drückte den Aufnahme Knopf nach unten und sie begann leise eine Melodie in das kleine Gerät zu singen, die ihr grad für einen, bereits fertigen Text, gekommen war. Dabei zog sie ein Heft aus der Tasche hervor. Sie schlug dieses lautlos auf und betrachtete die Bilder. Mittendrin war ein recht großes, auf dem die beste Band der Welt (besser bekannt als die ärzte) posierten. Der Gesang verstummte und sie stellte das Gerät ab. Stumm sah sie auf das Bild hinab und der größte Teil ihrer Aufmerksamkeit wandte sich vor allem einem Mitglied zu… „Hey, Rike! Was geht?“ Erschrocken zuckte sie zusammen und schlug das Heft zu. „Christian, du Blödmann…“, keuchte sie grinsend und ließ schnell das Heft und das Diktiergerät in ihre Tasche gleiten. „Eigentlich gar nichts, außer dass du grad meine sämtlichen Gedankengänge zerstört hast. Und bei dir?“ Christian stand direkt vor ihr und grinste zu ihr hinunter. „Nicht viel. Hab Hunger, aber sonst…“ Er schielte schief auf ihre belegten Brote. Sie bemerkte es natürlich und seufzte. „Jetz nimm dir schon eins und setz dich!“ „Danke schön!“, sagte er Freude strahlend und bediente sich sogleich, ehe er sich neben ihr nieder ließ. Christian war ebenfalls größer als sie, hatte braunes Haar und eine, wie sie es nannte, typische Loser Brille. Er selbst war aber total nett und hilfsbereit. Als sie noch zur Schule ging, hatte er ihr Nachhilfe in Mathe gegeben und durch ihn war sie auch an den Job gekommen. „Und? Wie gehtf sonft fo?“ „Ganz OK. Man könnte dich besser verstehen wenn du gelegentlich schlucken würdest.“ Darauf hin schluckte er den, inzwischen beachtlichen, Bissen hinunter. „Hast mich doch auch so verstanden.“ „Tja, Männerversteherin!“ Dafür kassierte sie einen Stoß von seinem Ellenbogen. „Was denn? Kannst du die Wahrheit nicht verkraften?“, erwiderte sie grinsend. „Was für ne Wahrheit?“ „Das Männer Schweine sind. Sonst würde man sie beim essen ja wohl verstehen.“ Er rollte mit den Augen. „Du hörst echt zuviel ärzte…“ Nun grinste sie breit und nahm ihr angebissenes Brot wieder in die Hand. „Und? Wie läuft dein Studium?“ „Alles bestens.“, sprach er ohne den Mund diesmal voll zu haben. Danach trat Schweigen ein. Keinem fiel noch etwas ein, was unbedingt gesagt werden musste. In solchen fällen merkte sie immer wieder, wie angenehm es oft war, sich einfach gegenseitig an zu schweigen. Das konnte man schließlich auch nicht mit jedem machen. Gerade als sie auf die Uhr schaute, streckte Papa seinen Kopf aus der Tür zum Innenhof. „Pause ist zu Ende. Marsch an die Arbeit und zwar zack zack!!!“ Er hörte deutlich, wie seine Angestellten murrten. Was sollte er denn machen? Wenigstens etwas Autorität musste er sich doch bewahren! Aber nachlegen musste er nicht, die beiden erhoben sich brav und gingen zurück zu ihren Tätigkeiten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es dämmerte bereits, als Rike gegen 18 Uhr Dienstschluss hatte. Am Freitag schloss der Laden um diese Zeit, so dass sie noch beim Aufräumen helfen musste. Als auch das erledigt war, verabschiedete sie sich von Papa und machte sich auf dem Nach-Hause Weg. Ne Stunde brauchte sie ungefähr dafür. Hing auch oft am Wetter und da die Straßen noch immer Spiegel glatt waren, musste man vorsichtig fahren. Außer man legte es drauf an auf die Fresse zu fliegen. Da dies bei der Rothaarigen nicht der Fall war, würde es ein wenig länger dauern. Prüfend setzte sie einen Fuß vor und testete die Glätte. Achsel zuckend entschied sie sich ihr Rad erstmal ein Stück zu schieben. Nach einiger Zeit, ungefähr 10 Minuten von ihrer Wohnung entfernt, gelangte sie an den Hafen. Inzwischen war die Sonne komplett unter gegangen. Sie überlegte kurz, dann ging sie zur Mauer, welche den Vorsprung umrahmte, lehnte das Fahrrad an diese und sich selbst mit den Armen darauf. Es war schon ein schöner Anblick. Die vielen Tausend Lichter spiegelten sich im Wasser der Elbe und wurden durch leichte und starke Wellen verschwommen. Romantisch. Dieses Wort fiel wohl jedem als erstes ein, wenn er dieses Schauspiel beobachtete. Fehlte eigentlich nur noch jemand zum anlehnen. Doch den hatte sie leider nicht. Sie lächelte schief in die Dunkelheit. Verfluchte Romantik… Manchmal war sie echt der Meinung, die Liebe solle sich gemeinsam mit Modern Talking in die Liste der unerträglichsten und nervigsten Dinge aller Zeiten einschreiben. Nicht nur, dass sie immer noch an der verdammten Trennung, die ja nun doch schon lange hinter ihr lag, nagte. Nein. Immer mehr kam eine alte, verdrängte Sehnsucht in ihr auf. Etwas, wo sie geglaubt und gehofft hatte, es ginge mit der Pubertät vorbei. Aber anscheinend war bei ihr mehr dahinter. Und das zehrte an ihr. Mental fluchend rang sie die Hände. „Argh! Das hat doch echt keinen Sinn!!!“, entfuhr es ihr und es war ihr auch völlig egal, ob sie jemand dabei sah und für verrückt erklärte. Das war ihr schon (fast) immer ziemlich gleichgültig gewesen. Irgendwann musste sie zumindest etwas davon mal raus lassen. Aber schließlich gab sie sich damit zufrieden, es wieder zu verdrängen. Wenigstens fürs erste. Mit diesem Entschluss richtete sie sich auf. Sie warf sich auf den Sattel und radelte endgültig nach Hause. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Und wieder einmal hatte sie ihr übliches Problem: Sie schlief nicht ein. Das lag weder an dem Kummer, noch an irgendeiner Trotzerei oder einem Jugendwahn. Sie wurde schlicht und ergreifend nachts besonders munter. Musste ja einen Grund haben, weshalb sie (fast) immer zu spät kam. Das war schon beinahe ihr Markenzeichen. Aber allmählich geschah das Wunder und nach der 50-zigsten Seite ihres Buches wurde sie müde. Seufzend schlug sie das Buch zu und legte es auf den Nachttisch. Wie immer, wenn sie noch am lesen war lag sei auf der Decke und nicht darunter. Dies änderte sich nun. Sie zog sich den flauschigen Stoff bis ans Kinn und starrte hinunter auf ihr Zimmer. Viele ihrer Freunde zogen sie immer damit auf, dass sie in einem Hochbett schlief. Aber warum denn nicht? Sie fühlte sich nun mal in einem solchen besonders wohl. Und für gewisse Zwecke hatte sie ja noch ihr Sofa… Langsam wurde sie wirklich müde, aber dennoch dachte sie vor sich hin. Über viele Sachen, wichtige und beinahe banale Kleinigkeiten. Aber sie hatten eins gemeinsam: Es waren Dinge, die sie den Tag über oft verdrängte. So auch ihre momentane Angst. Obwohl es ihr kaum einer ansah. Sie fürchtete sich vor dem Rest ihres Lebens. Sie hatte sich so viel vorgenommen. Viele ihrer Lieder gammelten hier vor sich hin. Der Gedanke, dass diese vielleicht nie jemand hören würde oder wollte, war furchtbar. Und dann noch die Sache mit der Musikkarriere. Zwar zweifelte sie nicht daran, dass ihre Musik inzwischen recht gut war, doch wer garantierte ihnen, dass es auch klappen würde. Dass sich das ganze Kämpfen irgendwann lohnen würde. Rike verfolgte diese Gedanken eine Weile, gab es aber bald auf, da sie wie üblich zu keinem Ende oder Punkt kam. `Morgen ist auch noch ein Tag. `, sagte sie sich und löschte endgültig, für diese Nacht, das Licht. Kapitel 2: Wunderbar -------------------- Wunderbar „OK, das hätten wir erledigt!“ Munter marschierte der Graf aus dem Cafe. Rod erhob sich rasch und folgte ihm. „Zwei hätten wir. Eine fehlt jetzt noch.“, sagte der Chilene und rückte seine Mütze zurecht, bevor er das Gebäude verließ. Sie waren mitten in Hamburg und er wollte möglichst unerkannt bleiben. Auch Bela hatte ein paar Tricks angewandt um sich zu tarnen. Rod wirkte mit seiner giftgrünen Mütze gerade zu unsichtbar, da niemand auch nur im Traum vermutet hätte, dass der Bassist so etwas freiwillig anzog. Bela war relativ „normal“ gekleidet, doch er hatte sich eine Lockenperücke auf gesetzt, die ihn praktisch zu einem andern Menschen werden ließ. Die einzige Gemeinsamkeit war, dass beide eine Sonnenbrille trugen. Rodrigo starrte beim gehen auf die Zettel die er in der Hand hielt und überlegte laut, so dass Bela es hören konnte: „Wär nicht schlecht, wenn wir noch nen Sopran kriegen könnten, der in den höheren Lagen sehr sicher ist.“ Der angesprochene kratzte sich kurz am Kopf (die verdammte Perücke juckte fürchterlich) und überlegte. „Lula hab ich schon gefragt. Sie kann nicht…“ Als Rodrigo auch beim dritten durch gucken keine geeignete Telefonnummer auf den Zetteln erblickte, steckte er sie seufzend weg. „Bleib mal bitte stehn!“ „Warum?“, Bela drehte sich verwundert um und rollte direkt danach mit den Augen. Natürlich war der Chilene dabei, seine Zigaretten heraus zu kramen. War ja klar… Dennoch blieb er stehen und wartete brav auf seinen Band Kollegen. Während er so da stand und Löcher in die Luft glotzte, fiel ihm mit einem mal eine leise Melodie auf. Suchend blickte er sich um und bemerkte, dass sie beide vor einem alten Plattenladen standen. Ein breites Grinsen zog sich über seinem Gesicht entlang. „Bin gleich wieder da!“, flötete er und schlenderte in das Geschäft. Rod sah ihm perplex nach. „Ey, was soll der scheiß?“ Murrend stellte er sich vor das Schaufenster. Er war sich 100%-tig scher, dass Bela es vergnüglich ausnutzte, dass er mit seiner Zigarette nicht rein durfte. So musste er wie ein Hund draußen bleiben und warten. `Blödmann…` Interessiert blickte Bela sich in dem Laden um. Die Wände waren bedeckt mit alten und neuren Plakaten, unter denen er auch eins mit den SEX PISTOLS erblickte. Sein Grinsen drängte sich bis zu den Ohrläppchen. Das größte Poster war von den Ärzten. Der geräumige Raum war gut beleuchtet und wirkte sehr einladend und freundlich. War natürlich nichts gegen seinen Lieblingsplattenladen. Als er nach links blickte sah er eine der Angestellten an ihn vorbei huschen. Sie lächelte ihm beim gehen zu und er grinste zurück. Leise pfiff er, als er ihr hinterher sah. `N hübsches Mädel…´ Eben diese räumte gerade Platten in die Regale und fing, wie üblich, an zu singen. Bela zog die Augenbrauen in die Höhe. Diese Stimme und das Lied kannte er doch… „Kann ich etwas für Sie tun?“ Bela schreckte aus seinen Gedanken und blickte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er direkt an der Kasse stand. Und hinter dieser blickte ihn an recht großer Mann, mit Stoppel besetzter Glatze und leichtem Bartwuchs, freundlich und abwartend an. „Nein danke!“, beeilte er sich zu sagen: „Ich guck nur.“ Der Verkäufer machte keinen Schwenker in eine andere Stimmung und erwiderte freundlich: „Alles klar. Wenn Sie doch noch etwas brauchen sollten, können Sie mich und meine Angestellte gerne ansprechen.“ Er deutete auf die junge Frau, die Bela eben schon gesehen hatte. Weil sich der Drummer das bereits dachte, drehte er sich auch nur leicht nach ihr um und bemerkte so nicht, dass sie nun an ein paar Regale näher an ihm dran war. Dirk kratzte sich am Kopf. Was wollte er eigentlich noch mal hier? Sein Bauchgefühl hatte ihn hier rein getrieben, aber er war sich nicht sicher weshalb. Eigentlich sollten er und Rodrigo sich langsam mal auf den Rückweg machen. Sie hatten nicht mehr viel Zeit, die fehlende Person auf zu treiben. Andererseits liebte er es in alten Plattenläden herum zu stöbern und etwas Ablenkung könnte sicher nicht schaden. Na denn! Nach einem kurzen Rundblick wandte er sich einem Regal in seiner Nähe zu. Dort hatte er eine Vinyl Platte von RAMONES gesichtet. „Oh fuck!“ Bela blinzelte verwundert. Dann drehte er sich in die Richtung, aus der er eines seiner Lieblingsworte vernommen hatte. Und genau in dem Blickwinkel stand das Mädel von eben, das nun reichlich nervös dreinblickte. Er ahnte was los war. Jedoch reagierte sie nicht ganz so wie er es erwartet hatte. „Du hast die *Perücke immer noch?“ Sie deutet mit dem Zeigefinger auf seine Lockenpracht. „Äh Sie! Sorry.“, verlegen fuhr sie sich mit der Hand durch ihr eigenes Haar. Ein paar Sekunden blieb er ruhig, dann musste er lachen. Die junge Frau wurde rot im Gesicht. Vollkommen unsicher, ob sie nicht gerade eine riesen Dummheit begangen hatte. Aber der Drummer grinste ihr zu und antwortete: „Sie hat mir noch gepasst. Also warum nicht?“ Erleichtert ließ sie die angehaltene Luft entweichen und die Ganzkörperanspannung entwich. „Hätte gern was Klügeres gesagt. Aber das meiste, was mir mein Hirn grad verabreicht ist totaler Blödsinn.“ „Nur her damit!“ Das kam aus einer komplett anderen Richtung. Natürlich sah sie nach und augenblicklich war sie wieder extrem angespannt. „Na endlich…“, nörgelte Bela, als Rodrigo auf ihn zu schlürfte. `OK,. Ruhig bleiben. Einatmen, ausatmen... ´ Rike glaubte gleich vorne weg zu kippen und einen extra Winterschlaf auf dem Boden zu halten. Bela! Rod! Bela und Rod!!! Zwei Drittel der Ärzte!!!! DER BESTEN BAND DER WELT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! „Ähm, kann mir mal einer sagen was los ist? Kennst du die beiden Rike?“ Papa holte sie aus ihrem Schock Zustand. Erleichterung, über die Ablenkung, machte sich in ihr breit. Denn sie hätte keine Sekunde länger die Blicke von den beiden Rockstars ausgehalten. Aber genauso blickte sie ihren Chef verärgert und ungläubig über seine Unkenntnis an. „Da stehn zwei Drittel vom Gott vor dir, aber egal.“, sagte sie trocken. Rod sah schräg auf sie und grinste. Schon war sie wieder rot angelaufen. „Ach!“, Papa hatte den Zeigefinger auf seine beiden Kunden gerichtet und blickte wissend und triumphierend drein. „Oder nee, doch nicht…“, er sog den Finger wieder ein, setzte ihn an sein Kinn und grübelte schon fast theatralisch. „Och nee, Papa. Das meinst du jetzt nich ernst!!“ Da grinste er über beide Ohren. „Ach ja, jetzt wo du es sagst…“ Alles lachte. „Klar weiß ich wer das ist!“ „Hat aber lang gedauert…“, sagte sie fast beiläufig und Papa blickte sie grimmig mit einem „Vorsicht meine Liebe…“ Blick an. „Papa?“ Verwundert sah Rod zwischen ihr und Papa hin und her. „Sieht man gar nicht…“, murmelte er. Da klickte es bei ihr. „Äh nein, nein! Ich… ich meine wir… äh… Mist! Noch mal! Alle Welt nennt ihn so! Warum weiß ich auch nicht so genau.“ Scheiße war sie aufgeregt! Der Chilene gab ihr einen „Ah jaaa…“ Blick und drehte sich zum Drummer. `Mist` Um nicht ganz duselig da zu stehen, schob sie irgendwas hinter her. „Darf ich euch fragen was ihr hier macht?“ Im selben Moment schossen ihr wieder tausend Gedanken durch den Kopf, die ihr sagten, dass das eindeutig zu forsch und die Frage viel zu dämlich war. Rod sah sie ein paar kleine Sekunden leicht schief an. Dann lächelte er ihr zu. Er hatte ihre Nervosität bemerkt und wollte es ihr etwas leichter machen. Bela musterte die junge Frau vor ihm interessiert. „Wir suchen Sängerinnen für die Tour.“ Ohne groß weiter nach zu denken war der Satz über seine Lippen gekommen. Rods Kopf schoss in seine Richtung und er konnte den entsetzten Gesichtsausdruck förmlich auf der Schulter spüren. „Hey, ich singe!“ Dies war der nächste Satz, der nach einer fast Minuten langen Stille fiel. In dieser waren tausend Emotionen in Rike aufgekommen. Weiterhin ihre Aufregung, zu der sich nun fast über quellende Freude gesellte. Es hatte aber etwas gedauert, bis sie genau wusste warum: Das war eine echte Chance! „Hab ich gemerkt.“ Bela grinste sie an. Man merkte deutlich, dass sie nicht wusste, was er meinte. Doch dann schien sie die `Erleuchtung` zu treffen. „Oh… das konnte man echt hören?“ Rod und Papa standen nur da und schienen nicht unbedingt mit zu kommen. „Du unterschätzt deine Resonanz teilweise ganz schön…“ Papa hatte begriffen, dass der Drummer seine Angestellte bei ihrer typischen vor-sich-hin-Singerei belauscht hatte. Jetzt fiel bei Rod zumindest ein Groschen. „Welche Stimmlage bist du?“, fragte er ohne umschweife. „Sopran.“, sagte sie mit immer knapper werdender Luft. Der Chilene machte ein Geste mit der Hand, die Bela bedeuten solle, dass er ihm etwas unter vier Augen mitteilen wolle. „Meinst du das könnte passen?“ „Sonst hätte ich sie wohl kaum so überstürzt gefragt.“ Seufzend ergab Rod sich. „Probieren schadet ja nicht…“ Da die Sache beschlossen war drehten sie sich wieder zu ihr. Rike, die nervös an einer Haarsträhne herum gedreht hatte, stand wie beim Apel gerade. `Boah Rike, du bist hier nicht beim Militär! `, ermahnte sie sich und „lockerte“ sich etwas. „Also… wir wollens mal mit dir probieren. Nenn uns mal die Tage, an denen du Zeit hast. Dann können wir das ganze mal proben.“ „Oh, ja klar! Ähm…“, sie blickte kurz zu Papa, der ihr ein OK Zeichen gab. „Eigentlich immer! Müsst ihr dann sagen, wann ihr wollt.“ „Hmm, na gut.“, sagte Bela und überlegte offensichtlich. „Gib mir mal deine Adresse. Ich schick dir dann ne Mail, wenn wir genau wissen, wann du antreten sollst. Ist das OK?“ „Aber Hallo!!!“, brach es aus ihr heraus. Letzt endlich hatte sie sich doch ganz gut beherrschen können und das machte sie verdammt Stolz. Sie hatte schon befürchtet hysterisch, oder ähnlich hektisch, zu werden „Super, dann ist ja alles klar.“ Bela reichte ihr die Hand um sich zu verabschieden und um das `Geschäft` abzuschließen. „Tschuldigung, wie war der Name noch?“, fragte Rod, der sich alles auf einem Zettel notiert hatte. Er sah Bela erwartend an, doch der stand nur mit einem „Ähhh…“ im Gesicht da. Ein unterdrücktes Grinsen zuckte auf ihrem Gesicht. Sie wollte sich das jetzt auf keinen Fall verscherzen. Als Rod die Sprachlosigkeit seines Freundes begriff, musste auch er fast lachen. Dirk hatte einer völlig fremden Frau einen (eigentlich) geheimen Plan verraten und wusste, bis jetzt, noch nicht einmal ihren Namen. Er schüttelte grinsend den Kopf, dann wandte er sich der Namenlosen zu. „Aber du weißt, doch wie du heißt, oder?“ Nun musste sie doch lachen. „Meine Freunde nennen mich Rike. Aber fangen wir erstmal mit Henrike an.“ Kapitel 3: Rod Army ------------------- Rod Army „So. Jetzt sag mir mal bitte, wie du darauf kommst, einer vollkommen fremden Frau ein Tour Geheimnis zu verraten?“ Der angesprochene grummelte. „Du klingst echt grad wie meine Eltern…“ „Na und? Ich hab dir trotzdem ne Frage gestellt.“ Bela bog ruckartig um die nächste Ecke und Rodrigo wäre fast gestolpert. Er fing sich aber noch und hechtete schnell wieder an die Seite des Drummers. Die Frage brannte ihm schon seit Belas spontaner Tat auf der Zunge und er würde erst Ruhe geben, wenn er eine ordentliche Antwort bekommen hatte. Als er seinem Bandkollegen bereits zum dritten Mal in die Seite stieß, gab dieser endlich etwas von sich: „Nicht hier. Wenn wir beim Auto sind.“ „Ach, jetzt achtest du auf Geheimhaltung.“, sagte der Chilene sarkastisch und härter, als beabsichtigt. Sie hatten wegen dieser Sache mit Jan schon genug Stress, da mussten nicht auch noch andere Probleme bekommen. Aber Bela war bereits wieder mehrere Schritte weiter vorne, so dass er Rods Kommentar gar nicht richtig hörte. Schließlich waren sie an Belas Wagen angelangt. „Krieg ich jetzt meine Antwort?“ „Im Auto.“ „Du sagtest aber BEIM Auto.“ „Boah, jetzt sei nicht so penibel!“, der Graf verdrehte die Augen und Rodrigo musste grinsen. Als sie endlich IM Auto saßen, warf Rod Bela einen überdeutlichen Blick zu und dieser stöhnte. „Jaja…“, meinte er und zog sich erstmal die lästige Perücke vom Kopf. Augenblicklich brach Rodrigo in schallendes Gelächter aus. Auf Belas verständnislosen Blick hin deutete er auf dessen Haare. Er griff nach dem Rückblickspiegel und musste ebenfalls lachen. Die Perücke hatte seine Haare so sehr elektrisiert, so dass alle Haare kerzengerade nach oben ragten. „Wenn das immer klappt kann ich mir in Zukunft das Geld für Gel sparen.“ Rodrigo gluckste und nahm nun selbst seine Kopfbedeckung ab. „Und?“, fragte er an den Grafen bewandt. Dieser guckte kurz kritisch und sagte dann: „Schön unordentlich, kann aber nicht mit mir mithalten.“ Wieder allgemeines Gelächter. Wenigstens war die Stimmung zwischen ihnen beiden noch gut. Als der Chilene sich wieder eingekriegt hatte, machte er sich als erstes dran, seine Haare wieder glatt zu streichen. Jedoch hatte Dirk gerade dasselbe Vorhaben und so zankten sie sich erstmal um den kleinen Rückblickspiegel. Bis Rod schließlich schon etwas genervt war und den Spiegel endlich so einstellte, dass sie beide rein gucken konnten. „Es geht doch.“, meinte er und war auch relativ schnell fertig. „Sooooooo…“, er zog das O extra in die Länge. Bela beendete seine Pediküre und war gerade dabei den Motor zu starten. Seine heiß ersehnte Antwort bekam der Bassist aber erst, als sie bereits ein paar Meter auf der Straße gefahren waren. „Also…“, sagte Bela endlich und kratzte sich kurz am Kopf. Obwohl er die verdammte Perücke endlich hatte ablegen können, juckte es ihm an de Stirn noch immer. `Scheißteil. `, dachte er noch kurz und fuhr dann fort. „Wie du vielleicht schon mitbekommen hast, hab ich sie singen hören. Draußen sogar schon, als du dir wieder eine deiner Kippen angezündet hast,…“, Rodrigo verdrehte die Augen. Was musste Bela ihn deshalb auch immer anmachen? Erstens reichte Farin doch wohl aus und zweitens rauchte der Drummer doch selbst: „…und drinnen hab ich dann gesehen, na ja wohl eher gehört, dass sie das war. Ich mag ihre Stimme, ich glaub das würde gut passen.“ „Bauchgefühl?“ „Jap.“ „Na wenn du meinst.“ Rod kramte wieder die Zettel aus der Tasche. Auf diesen hatte er sich ihre Mail Adresse, Anschrift, Festnetz- und Handynummer notiert. Oben stand unterstrichen ihr Name. „Henrike…“, las er leise. „Hab ich vorher auch noch nie gehört.“, sagte Dirk und bog mit dem Wagen um die Ecke, in eine Straße ein. „Isn schöner Name.“, kam es als nächstes von Rodrigo. Bela schielte schief zu seinem Kollegen, sagte aber nichts dazu. „Was ist jetzt eigentlich mit Jan?“ Dirk verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Seit sie beide die Idee mit den Sängerinnen durch gedrückt hatten, war sein Freund ganz schön auf Distanz gegangen. „Wenn ich mich nicht irre, ist er für ne Woche nach England geflogen.“ Rod verkniff sich diesmal eine Geste, die Genervtheit demonstrierte. Dafür war das Thema zu ernst. „Irgendwas hat er doch.“, überlegte er laut an den Drummer gewandt. Dirk nickte und man konnte in seinem Gesicht leichte Besorgnis lesen. „Jan war noch nie wegen einer Idee so eingeschnappt. Aber mit mir will er nicht reden.“ „Mit mir ebenfalls nicht.“ Rod steckte die Zettel weg und seufzte. „Ist er zumindest auf dem neuesten stand der Kenntnisse?“ „Ich schreib ihm täglich ne SMS. Bisher hab ich aber noch keine Antwort bekommen. Wenn Henrike uns die Tage genannt hat wo sie Zeit hat, werde ich mit ihm nen Termin ausmachen. Er soll dabei sein, wenn wir das Konzept aufstellen.“ Danach konzentrierte sich Bela brav auf die Straße und Rodrigo starrte aus dem Fenster. Während die Häuser vor seinen Augen vorbei flogen grübelte er noch etwas über das Dilemma Jan nach. Er hoffte inständig, dass Belas Idee nicht zu noch größeren Konflikten mit ihm führen würde. Müde reib er sich mit dem Zeigefinger und dem Daumen die Augen. Er hatte keine Lust mehr, sich heute wieder Stunden darüber den Kopf zu zerbrechen. Zu seinem Glück fiel ihm noch eine andere Frage ein, die für etwas Ablenkung sorgen würde. „Sag mal, was hat das Mädel eigentlich vor sich hin gesungen?“ Rod war schon froh über einen Themenwechsel, dass Dirk gleich grinste wie fünf Farins auf einmal, damit hatte er nicht gerechnet. „Interessant, dass du fragst.“ „Wieso? Was ist daran denn so außergewöhnlich?“ „Ach, ich glaub nur dass du sie wahrscheinlich eher als ich gefragt hättest, wenn du das Lied gehört hättest.“ „Nun sag schon!“, dieses in die Länge Geziehe musste doch nicht sein. Bela schien jedoch total happy zu sein und das wollte Rod ihm auch nicht verderben. Inzwischen waren sie an Dirks Haus angekommen. Rodrigo wurde das erst bewusst, als er Motor auf hörte zu rattern. Da bequemte sich der Graf auch endlich und drehte sich zu dem Bassisten, um ihn zu antworten. „Und? Wie heißt er nun?“ „Rod Army.“ _________________________________________________________________________________ Danke fürs lesen. Ich hoffe, es war euch ein Review wert. ^^ Kapitel 4: Lieber Tee --------------------- Lieber Tee Eine leichte Brise. Begleitet von milden Sonnenstrahlen. Es tat unglaublich gut diese zarten Gesten der Natur zu genießen, anstatt sich mit den Kollegen rum zu zanken. Nach den dauernden Diskussionen, hatte er eine gewisse Bremse gezogen und war für eine Woche ab gezischt. Um nach zu denken und vorsichtshalber etwas Abstand zu gewinnen. Er war sich nicht mehr sicher, wohin dass ganze noch geführt hätte. Jetzt war es früh am Morgen, er befand sich wieder irgendwo in einer weiten Landschaft und war gerade, noch halb verschlafen, auf den Balkon gekommen. Vom irgendeiner kleinen Gaststätte. Nicht sonderlich luxuriös, aber so etwas hatte ihn noch nie sonderlich gestört. Das Reisen half ihm immer. Gähnend holte er sein Handy hervor und schaltete es widerstrebend an. Und noch bevor er eine Vermutung anstellen konnte, bestätigte sie sich auch schon. Mindestens 10 SMS trafen ohne Verzögerung ein und alle hatten denselben Absender: Dirk Felsenheimer. Aber was hatte er denn groß erwartet? Mit einer Band dieser Größe, hatte man nun mal auch eine gewisse Verantwortung. Seufzend fuhr er den Display hinab und zog eine Augenbraue in die Höhe, als gegen Ende noch einige Nachrichten von Rodrigo erschienen. Etwas verpeilt kratzte er sich am Kopf. Er hätte wohl erstmal richtig wach werden sollen. Allerdings war er schon seit einer Ewigkeit nicht mehr wach… Es drückte einfach zu schwer auf ihn. Dirk und Rodrigo wussten es nicht und er empfand es auch besser, es für sich zu behalten. Schließlich war er nicht zum ersten Mal in so einer Situation. Jedoch musste er sich eingestehen, dass es wohl noch nie so sehr wehgetan hatte. Die Stimmung, die von ihm langsam besitz ergriff, gefiel ihm nicht und so entschied er sich, Dirks letzte SMS zu öffnen. Er lehnte sich mit dem Rücken am Geländer und las stumm die Neuigkeiten des Grafen. Und was er las erstaunte ihn. Dieser Blödian hatte es doch tatsächlich durch gezogen und drei Sängerinnen zusammen getrommelt. Im ersten Moment wusste er nicht, ob den Drummer dafür loben, oder verfluchen sollte. Wie oft hatten sie sich deshalb nun schon gestritten? Aber er konnte nicht leugnen, dass er bei Dirks Worten neugierig wurde. War sowieso schon mehr ein Laster, seine verflixte Neugierde, in gewissen Situationen. Fast hätte er auf gelacht. Aber nur fast!!! Hey Jan! Bist du immer noch am schmollen? Hast echt keinen Grund dazu. Ich hab hier drei bezaubernde Damen, die nur darauf brennen dich kennen zu lernen. Sag mir endlich bescheid, wann du wieder da bist, dann stell ich dich ihnen vor. Ich werde dir nix verraten, nur dass du eine von ihnen vielleicht kennst. Aber jetzt mal ernsthaft: Du hast doch irgendwas. Rod ist auch davon überzeugt und wir werden dich auch nicht zwingen, wenn du absolut nicht willst. Aber wenn du möchtest, kannst du dich ruhig bei uns auskotzen. Nur die Mädels wären wohl etwas traurig, wenn sie gehen müssten. ;-) Ich hoffe, ich kriege bald ein Lebenszeichen von dir. Alles Lübe: Dein Dirk Nach dreimaligen durch lesen lies er das kleine Gerät sinken. `Wenn das so einfach wär…`, dachte er sarkastisch und schloss die Augen. Sein Kopf senkte sich in den Nacken und sog die Wärme der Sonnenstrahlen genießend ein. Genau genommen hatte er nicht wirklich einen Plan, wie es nun weiter ginge. So beschloss er erstmal zu frühstücken. Bei einer warmen Tasse Tee lies es sich bestimmt besser nachgrübeln. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Ach Mensch, das freut mich so für dich.“ Frau Schlundt tätschelte ihrem jungen Gast die Schulter und Henrike lächelte. Es war immer ein schönes Gefühl, wenn sich jemand für einen freute. Henrike war kurz nach ihrem Treffen mit den beiden Rockstars wieder zum üblichen Kaffee trinken vorbei gekommen. Um wieder etwas mit ihr zu plaudern, aber auch um ihr schnell die fantastische Nachricht zu überbringen. Frau Schlundt war schon, für ihr Alter, eine recht ungewöhnliche Frau. Sie verfiel nicht in depressives und vorwurfvolles Gelaber. Henrike konnte es alten Leuten auch nicht wirklich vorwerfen, aber es war doch sehr unangenehm, weil sie einen meist mit verantwortlich machten. Musikalisch war sie hauptsächlich an Klassik interessiert hatte aber auch ein Faible für ältere Rockbands. Ihre Favoriten waren da eindeutig die ROLLING STONES. Sie hatte es Henrike noch nicht einmal übel genommen, dass sie lachen musste, als sie ihr dies erzählt hatte. Es war ja auch kein spöttisches Lachen gewesen. „Ich kenne mich mit der Musik von den dreien ja leider nicht so gut aus, aber ich freue mich wirklich für dich. Vielleicht kommt dann ja auch endlich der Durchbruch für dich.“ Sie zwinkerte Henrike zu und wieder grinste diese breit. „Ich hoffe nur, ich verderb mir das jetzt nicht. Als die vor mir standen war ich so nervös… es war echt ein Wunder, dass ich überhaupt einen geraden Satz heraus bekommen habe.“ Frau Schlundt stellte ihre Kaffeetasse ab und bot Henrike einen Teller an, auf dem selbst gebackene Muffins standen. Schokolade. Ohne groß zu überlegen langte Rike zu und bedankte sich mampfend. „Ich weiß doch, dass du verrückt danach bist.“, lächelte diese und freute sich, wie immer, über den „gesunden“ Appetit ihres Gastes. „Und was deine Nervosität betrifft… denk immer dran: es sind auch nur Menschen.“ Das war ein Satz, den Henrike auch schon ziemlich oft von ihrer Gesangslehrerin gehört hatte. Dieser hatte ihr wohl auch geholfen, vor den beiden Rockstars einigermaßen ruhig zu bleiben. „Sag mal…“ Henrike blickte etwas verwundert auf, da sich der Ton ein wenig verändert hatte. „Ist da auch der Mann dabei, für den du mal so geschwärmt hast?“ Eine leichte Röte drohte in ihre Wangen zu schießen. „Ähm…“ Mehr brachte sie nicht hervor und legte den Muffin auf den Tisch, da dieser stark krümelte. Sie hätte nicht gedacht, dass sich Frau Schlundt noch daran erinnern würde. „Nun ja… ja isser.“, sagte sie schließlich und lächelte unschuldig. Dieses erwiderte die ältere Frau. Damals war es Henrike eher versehentlich heraus gerutscht und sie hatte da auch nicht näher nachgefragt. Aber ihr war auf gefallen, dass es bei Rike mehr, als eine typische Tennanger Schwärmerei gewesen war. Einen kurzen Moment, ohne das Frau Schlundt es bemerkte, wurde Rikes Blick trübe. An ihrer Verliebtheit zu dieser Person hatte sie ganz schön zu nagen gehabt. Diese dann jetzt doch und ziemlich plötzlich dauerhaft zu sehen, würde bestimmt nicht so einfach werden. Aber sie wollte das ganze nicht so negativ sehn. Mit DIE ÄRZTE zusammen arbeiten – dass war echt das Größte, was ihr passieren konnte! Viiiieeel besser als Träumen, und sie träumte verdammt gern. „Willst du noch einen Kaffee, Liebes?“ Mit ihrer höflichen Frage riss Frau Schlundt sie aus den Gedanken. „Oh. Nein danke. Lieber Tee!“ Kapitel 5: Wir wollen nur deine Seele ------------------------------------- Wir wollen nur deine Seele 10: 36 saß die junge Frau in der S-Bahn Richtung Bela B.s Gruft. Sie hatte die ganze Nacht über kaum ein Auge zu getan und auch jetzt noch war sie fürchterlich aufgeregt. Die Ärzte waren ihre absolute Lieblingsband und vielleicht würde sie bald mit ihnen auf der Bühne stehen. Ihr erstes großes Arrangement! Nur befürchtete sie, dass sie dem Doktoren-Trio gegen über wohl kaum ein Wort raus bringen würde… Sie seufzte und trommelte mit ihren Fingern nervös auf ihrem IPOD herum. Auch die beste Musik half einfach nicht sie zu beruhigen. ´Was ist wenn ich vor denen nur noch rum stottere´? Oder wenn ich keinen einzigen Ton treffe!? Oder…oder…oder sonst irgend ein scheiß passiert!!??´ Ihre Strähnen, die ihr übers Gesicht vielen, zwirbelte sie schon die ganze Zeit in ihren Fingern umher. Das tat sie immer wenn sie nervös war. „Nächster Halt: Endstation.“, krächzte die monotone Frauenstimme aus den veralteten Lautsprechern. Seufzend erhob Henrike sich und schlürfte zur Tür. Ihren IPOD verstaute sie schnell in ihrer roten Tasche. Mit einem schrillen Quietschen kam die Bahn zum stehen und öffnete ihren Passagieren die Tore zur Außenwelt. Sie kramte nach dem Zettel in ihrer Hosentasche. Bela hatte ihr in seiner letzten Mail den Treffpunkt und den Weg dorthin beschrieben. Laut dem Zettel war dieser nicht weit von hier. Henrike seufzte noch einmal und zog tief die eisige Luft ein. Es war Mitte Januar, für diesen jedoch recht mild. `Nun gibt es kein zurück…` Im normalen Laufschritt machte sie sich auf gen Treffpunkt. Sie brauchte erst ein bisschen um sich zu Recht zu finden, aber die kleine Skizze auf dem Zettel erwies sich als recht zuverlässig. Genau genommen musste sie nur noch diesen Gang entlang. Der Wind blies unangenehm um ihre Ohren und sie zog sich den Schal enger um den Hals. Eben war ihr die Temperatur noch fast angenehm vorgekommen, aber nun stach diese ihr fies in den Augen. Endlich hatte sie das Ende des Ganges erreicht. Ein letzter Blick verriet ihr, dass sie an einer Lidfasssäule warten solle. Du wirst dann um 11:00 Uhr abgeholt. Und bring ja gute Laune mit! Bela B. Sie schaute sich um und etwas abseits konnte sie besagte Säule schon sehen. Sie steckte den Zettel weg und machte sich auf den „weiten und abenteuerlichen“ Weg Richtung Säule. Dort angekommen stellte sie sich gut sichtbar daneben. Sie krempelte den Ärmel ihrer Jacke hoch, um einen Blick auf ihre Uhr zu werfen. 10:58 Gleich war es soweit! Kurz überprüfte sie noch einmal alles, Kleidung, Haare und alles was ihr sonst noch so einfiel. Sie steckte die Hände in ihre Hosentaschen und verlagerte ihr Körpergewicht auf das rechte Bein. Wie unerträglich 2 Minuten doch sein konnten! Wenigstens taten die dicke Jacke, die Mütze, der Schal und die Fingerlosen Handschuhe ihren Job gut. Kurz grübelte sie noch darüber nach, warum Bela ihr nicht gleich seine Adresse gegeben habe. Doch im selben Moment war ihr auch schon die Antwort klar. Er wollte halt nicht riskieren, dass diese dann wo möglich im Internet verbreitet wurde. Schließlich konnte sie auch noch nicht gut genug. `Typisch, es vertraut mal wieder keiner Klein-Henrike…´ Dachte sie noch, musste aber gleich darauf grinsen. Erneut schaute sie auf die Uhr. 11:59 Sie stöhnte. Sie hielt diese Nervosität einfach nicht mehr aus! „Das gibt’s nicht.“ Henrike registrierte, dass der Satz in ihre Richtung ging, war sich aber nicht sicher ob sie damit gemeint war. „Ich glaubs ja nicht. Hey Rike!“ Das war nun eindeutig an sie gerichtet. Verwundert drehte sie sich zu der Person und glaubte im nächsten Moment endgültig (und das will was heißen!) aus den Latschen zu kippen. „Celina?!“ „Rike!“ Im nächsten Augenblick stürzten die beiden Frauen kreischend auf einander zu. In der stürmischen Begrüßung fand Henrike als erstes die Fassung zurück: „Also entweder bin ich nun endgültig reif für die Anstalt, oder eine meiner besten Freunde steht allen ernstes vor mir! Und nur damit du ´s weißt: Ich tendiere zu eins!“ „Nummer zwei ist aber die richtige Antwort!“ Celina grinste Henrike überglücklich an. Die aus (Afro)Amerika stammende Berlinerin gehörte eindeutig zu Henrikes besten Freunden. Und eigentlich, so dachte Henrike zumindest, sollte diese auf einer Tour quer durch Deutschland sein. „Ich glaub ´s immer noch nicht, was machst du hier? Also nicht dass ich mich nicht freuen würde dich zusehen, ich freu mich riesig, aber du sagtest doch, dass die Tour noch… weiß nich… jedenfalls, dass du noch ne Weile weg sein würdest!“ „War ich ja auch, aber dann wurde ich wegen einem Arrangement angerufen. Vanessa ist die letzte Woche für mich eingesprungen. Max hatte da sehr Verständnis für mich, der Gute.“ Henrike wurde hellhörig. „Ach ja? Und was ist das für ein Arrangement?“ Celina lächelte verlegen. „Du wirst mich wahrscheinlich auf der Stelle killen… also… genau genommen hat mich die Beste Band der Welt gefragt, ob ich nicht Lust hätte bei ihnen Background zu singen. Ich hab das ja schon bei Farin gemacht und da…“ Jetzt fiel bei Celina auch der Groschen. „Moment mal… sag bloß du bist auch deswegen hier!?“ Henrike konnte nur noch nicken. Dann prusteten sie los und lachten herzlich. „Und da meint man noch, so etwas wie Schicksal gäbe es nicht. Ab jetzt glaub ich dran!“ „Ich bin aber echt froh dass du da bist! Dann bin ich nicht gaaaanz so nervös. Und außerdem kennst du die drei doch schon, oder?“ „Farin auf jeden Fall, die anderen eher flüchtig. Haben sie dir auch gesagt, du wirst um 11 Uhr abgeholt?“ Dies bejahte Henrike und nahm sich dies zum Anlass mal wieder auf die Uhr zu gucken. „Jetzt ist es 5 nach… Die verspäten sich wohl.“ Celina klopfte ihrer Freundin beruhigend auf die Schulter. „Keine Angst. Sind alles total nette Kerle, vielleicht ein wenig versaut, aber echt okay.“ Rike grinste ihre Freundin dankbar an. Celinas Anwesenheit beruhigte sie wirklich. Celina war, genau wie sie, Sängerin, nur mehr in der Richtung Hip/Hop – Pop aktiv. Sie hatten sich vor ein paar Jahren bei einem Festival kennen gelernt. Celina war mit ihrem Solo Projekt dort und sie mit ihren Jungs, auf eine der kleineren Bühnen. Backstage waren sie dann auf einander gestoßen und hatten angefangen sich zu unterhalten. Celina und sie hatten sich wirklich schnell gut verstanden. Auch wenn Celina in Berlin wohnte blieb der Kontakt gut und sie freundeten sich immer mehr an. Die Schwarzhaarige mochte Henrike sehr, wohl auch deshalb, da sie ihre Neugierde über Farin zügelte. Zwar hatte sie kein Problem damit, sich mit ihr darüber zu unterhalten, aber sie wollte nicht riskieren, irgendetwas Falsches zu verraten. Jan achtete sehr auf seine Privatsphäre und da wollte sie vorsichtig sein. Henrike hatte auch kein Geheimnis draus gemacht, dass sie Celina um ihren Platz im FURT (Farin Urlaub Racing Team) beneidete. Oft hatte sie ihr scherzhaft angedroht, sie bei der nächst besten Gelegenheit abzumurksen und deren Platz ein zu nehmen. Dieser Gefahr dürfte sie aber wohl dauerhaft entgehen, sollte Rike den Job bei Die Ärzte kriegen. Die Berlinerin war gerade mal ein paar Zentimeter größer als Henrike. Celina gehörte auch zu denjenigen, die Henrike ermutigt hatten, ihren Weg als Sängerin fortzusetzen. Die beiden fingen an sich sehr angeregt zu unterhalten. Was die jeweils andere denn so gemacht habe, obs etwas Neues gäbe und das Übliche. Dabei kam heraus, das Celina Farin seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte, ihr Soloprojekt zwar nicht berauschend, aber doch ganz gut lief und dass sie momentan wieder bei Max Herre „backte“, wie das Backgroundsingen unter Musikern so schön genannt wurde. Henrike hatte nicht sonderlich viel mehr zu bieten. So erzählte sie ihrer Freundin, wie Bela auf zu aufmerksam geworden war und dass im Moment Funkstille in der Band herrschte. Jedoch, die Nachricht, dass Henrike Solo war, überraschte die Amerikanerin. Nach einem mitleidigen Blick, wollte sie gleich nachfragen. Doch da zog ein Räuspern die Aufmerksamkeit auf sich. Die beiden Frauen wandten sich diesem zu und erblickten den einzig wahren Rodrigo Gonzales. „Morgen.“, sagte dieser freundlich und gab beiden die Hand. „Sorry wegen der Verspätung…“ „Nicht weiter schlimm.“, sagte Celina munter, doch Henrike wurde wieder nervös. Rod war, welch Überraschung, komplett in schwarz gehüllt. Schwarze Hose, schwarze Schuhe, schwarze Jacke, schwarze Haare, (fast) schwarze Augen… Vielleicht war ja unter der ersten Schicht Stoff noch etwas mehr Farbe versteckt, dachte Henrike bei sich. Aber sie konnte ihm das keines Falls verübeln. Sie liebte schwarz mindestens genauso sehr. Ebenso ungewöhnlich war die Sonnenbrille. Man hätte ihn sicherlich auf der Stelle erkannt, wenn er sich nicht die Kapuze über gezogen hätte. „Dann kommt mal mit ihr beiden. Das Auto ist gleich da drüben.“ Gehorsam trabten sie hinter dem Chilenen her und waren in wenigen Minuten beim und wenig später auch im Auto. Sie und Celina hatten sich auf die Rückbank verpflanzt und Rod zog als erstes die Bedeckung von seinem Kopf. Kurz nachdem er den Motor gestartet hatte, fing er an mit ihnen zu plaudern, wohl um eine unangenehme Stille gleich zu vermeiden. Na ja, eigentlich redete er mehr mit Celina, denn Rike bekam ihre Lippen nicht so recht auseinander. „Gut dass du konntest. Du wirst bestimmt ne Hilfe dabei sein, Jan umzustimmen.“ „Umstimmen?“, entfuhr es Henrike, die verträumt aus dem Fenster links von ihr geblickt hatte. Rod nickte dem Rückspiegel zu, in dem sich ihre Blicke trafen. Zum Auto fahren hatte er die Brille abgelegt, so konnte sie seine dunklen Augen deutlich sehen. „Jan war nicht unbedingt begeistert von Dirks Idee… Es hat es uns dann überlassen und wir wollen ihn heute überzeugen. Er kommt etwas später hinzu, damit wir ihm schon ein bisschen was zeigen können.“ Der Gedanke an den dritten im Bunde kurbelte Rikes Aufregung noch mal ein starkes Stück an. Aber gleichzeitig war sie etwas erleichtert. Er würde erst später dazu stoßen, so hatte sie noch Zeit, sich erstmal an 2/3 Die Ärzte zu gewöhnen. „Stimmt, habt ihr mir ja gesagt… Aber weshalb denn?“ Rodrigo zuckte mit den Schultern. „Er ist für eine Woche verreist gewesen, daher haben wir ihn nicht groß aus quetschen können.“ Fast hätte er den beiden erzählt, dass Jan ihm und Dirk demonstrativ aus dem Weg gegangen war. Er wollte lieber nicht zu viel sagen. „Und? Wie geht’s euch denn so?“ „Gut.“, kam sofort von Celina. „………………………. Was?... Ach so! Äh auch, danke.” Henrike war so in Gedanken gewesen, dass Rods Frage sie später erreicht hatte. Sie musste über sich lachen und als sie wieder auf blickte, sah sie den Chilenen leicht grinsen. „Immer noch nervös? Brauchst du nicht. Wir wolln doch nur deine Seele…“ Henrike prustete laut los. Celina, die ja kein sonderlich großer DIE ÄRZTE Fan war, verstand den Gag nicht so ganz, grinste aber dennoch. „Auf nem Silbertablett, hier essen oder zum Mitnehmen?“, brachte Rike schließlich hervor. Das verstand auch Celina und das der Bassist auch herzlich lachte, besserte ihre Stimmung erheblich. Im Grunde hatten Die Ärzte ja auch immer sehr deutlich gemacht, dass sie auch nur Menschen waren. Ihre Nervosität rührte auch mehr von dem Respekt her. Die Ärzte hatten schon so viel erreicht, hatten absolut großartige Musik verbrochen, waren ganz anders, als alles andere und hatten sie zudem noch durch eine sehr schwere Zeit ihres Lebens begleitet. Da konnte sie einfach nicht anders als aufgeregt sein. Vor allem ein Mitglied bedeutete ihr viel. Das würde nicht einfach werden, aber wenn sie die Situation hier sah, war sie doch recht optimistisch. `Wird schon schief gehen. ` „Was hast du denn alles so vorher gemacht?“, fragte er nun. „Hab schon immer gesungen. Hat mit DISNEY angefangen. Ab der dritten Klasse habe ich dann in Schulchören geträllert und mit 15 habe ich mir einen Gesangslehrer gesucht, da ich es unbedingt richtig lernen wollte. Momentan ist musikalisch aber leider nicht viel los. Meine Band und ich pausieren gerade…“ „Du hast ne Band?“, nun klang er neugierig. „Ja. Sehr punkig, aber nicht wirklich greifbar.“, Rike blickte ihre Freundin erstaunt an, als diese so plötzlich Werbung für sie machte. Etwas dagegen hatte sie allerdings nicht. Rod sah wieder durch den Spiegel zu ihnen. Seine Pupillen huschten zwischen ihnen hin und her. „Kennt ihr euch etwa?“ Jetzt fiel auch den Frauen ein, dass Rod ja noch nichts von ihrer Bekanntschaft wusste. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Ungefähr eine viertel Stunde später waren sie im Schloss das Grafen angekommen. Zuvor hatten sie Rod noch aufgeklärt. Dieser hatte die Tatsache mit einem „Praktisch“ kommentiert und hatte sich dann auf die Straße konzentriert. Ohne große Umschweife brachte er sie zur Haustür, die wie auf Kommando auf ging. „Morgen ihr hübschen.“ Bela hatte offenbar bereits gewartet. „Moin.“, gab Rike zur Antwort und grinste zurück. Bela hatte ganz offensichtlich gute Laune und wies den beiden einladend an einzutreten. So gleich siegte natürlich Rikes Neugier und sie blickte sich um. Sah alles relativ normal aus. Als sie und Celina ihre Jacken aus zogen, fing Bela plötzlich an zu lachen. Leicht irritiert sah sie zu ihm hoch. „Geiles T Shirt!“ sie blickte an sich herunter und grinste erleichtert. „Ich weiß!“ Natürlich mussten der Chilene und die Afro Trägerin auch gleich gucken. Ihr Shirt war Blutrot mit einem weißen Kreuz und einer ebenso zwei weißen Worten darunter: KRANKE SCHWESTER. „Willst dich wohl einschleimen?“, sagte der Bassist trocken und mit hoch gezogener Augenbraue. „Aber klaro!“, kam es von ihr und der Chilene lachte Augen zwinkernd. Bela geleitete sie ins Wohnzimmer, wo es dann doch „etwas“ anders aussah. Die Wände waren allen ernstes in schwarz gestrichen, aber am auffälligsten waren die Glasvitrinen. Diese waren gefüllt mit allerlei Figuren. Mit Comicfiguren, Fußballspielern und einer ordentlichen Reihe welche die vier KISS Mitglieder beinhaltete. In der zweiten Vitrine wurde es schon düsterer. Hauptsächlich Totenschädel. Und eine kleine Gruppe von Särgen, auf denen nackte Frauen mit dem Sensenmann… schmusten. Henrike sog die Augenbrauen nach oben, beschloss aber nichts zu sagen. Sie hatte selbst bei sich zu Hause einige Figuren. Die waren zwar auch nackt, aber es handelte sich dabei um Drachen. „Rike?“, sie schreckte leicht aus ihren Gedanken. Celina hatte sie angestoßen, da Bela sie schon zum zweiten Mal gefragt hatte, ob sie etwas trinken wolle. „Öh Gern.“ „Was darf ich dir den anbieten: Sekt, Bier…“ Er zählte noch ein paar weitere Alkoholsorten auf, bis Henrike ihn vorsichtig unterbrach. „Hast du auch was ohne Alkohol? Ich trink nämlich nicht. Also ich mein keinen Alkohol…“ Des Grafen Augenbrauen wanderten erstaunt in die Höhe. Er hatte das mit dem Alkohol auch eher scherzhaft gemeint. „Nicht ein kleines Schnäpschen?“, frage Rod und sie bejahte es. „Ich trink Vollmilch.“, zitierte sie und Bela zuckte grinsend mit den Schultern. „Na denn… Hat Jan zumindest endlich jemanden auf seiner Seite. Bist aber nicht spießig oder?“, fragte er sie direkt. Henrike hatte den Mund bereits geöffnet, als Celina für sie antwortete. „Die braucht nix trinken. Sie dreht auch schon ohne Alk voll ab.“ Henrike grinste unter den Arm, den ihre Freundin auf ihre Schultern gelegt hatte. Bela warf kurz einen Blick zu Rod. Das kannte er doch irgendwoher? „Na gut, hab ja nix dagegen. Aber ich will euch jetzt erstmal eure Komplizin vorstellen.“ Bela nickte mit dem Kopf einen Raum weiter. Komplizin? Stimmt ja! Es sollten drei Sängerinnen sein. „Für jeden eine.“, hatte es in der Mail gestanden. Neugierig lugte sie um die Ecke konnte aber erst etwas sehen, als sie ein paar Schritte vorwärts gegangen waren. Eine Person erhob sich vom Tisch und kam auf sie zu. Rike beäugte sie einmal von kopf bis Fuß. Murrend musste sie feststellen, dass die Figur der Frau geradezu perfekt war. Oder zumindest die Maße eines Models besaß sie. Ein Schwall blonder Haare mit dunklen Strähnen strömte aus einer Capie. Und als ob die ganzen Äußerlichkeiten noch nicht genug waren, überragte sie sie auch noch. Henrike wusste nicht so recht, wie ihr erster Eindruck ausfiel. Die Person blieb exakt vor Rike stehen und Rod machte sie miteinander bekannt. „Henrike, Celina. Das ist Michaela.“ „Hi!“, sagte die Blonde und gab zu erst Celina, dann der Rothaarigen die Hand. „Auf gute zusammen Arbeit.“, so schloss die einzige Braunhaarige unter ihnen die Begrüßung. Schließlich wusste jeder wie der andere hieß und es war auch jedes Lebewesen an diesem Ort mit genug zu trinken versorgt. Zu fünft saßen sie am Esstisch und besprachen den Ablauf. Rod und Bela hatten ihnen die aktuellen Setlisten übereicht und die Texte, die sie auf jeden Fall lernen sollten. Natürlich hatte sie Rod hauptsächlich darum gekümmert, wie er kurz durch einen trockenen Satz verdeutlichte. Nachdem jeder versorgt war ging es ab in den Probenraum. Dieser befand sich im Keller. Als man nacheinander die Treppe hinunter stieg, fing Bela mit einem Mal an zu grinsen. „Ihr glaubt gar nicht, wie oft sich der liebe Urlaub an den Türrahmen bereits den Kopf gestoßen hat.“ „Mein Beileid. Ich bin mal gegen nen Türpfosten gerannt.“ „Auch nett.“, war Rods Kommentar. Obwohl die ganze Stimmung sehr entspannt war, blieb die Hamburgerin eher unruhig. Denn jetzt wurde es ernst: Sie würden singen. Ihre Augen huschten immer wieder zwischen den andren beiden Frauen umher. Beide waren wirklich cool. Bei Celina wunderte sie das gar nicht. Hatte diese doch bereits bei so einigen Größen im Musikbusiness gesungen. Über Mischas (Michaela hatte ihnen allen angeboten, sie einfach Mischa zu nennen) Lebenslauf wusste sie nichts. Aber auch die Blonde schien mehr Erfahrung als sie zu haben. Henrike fühlte sich immer mehr unter Druck gesetzt. Es vergingen gerade mal Sekunden und da stand sie schon vor dem Mirkophon. Ausgerechnet jetzt erinnerte sie sich daran, wie furchtbar sie ihre Stimme gefunden hatte, als sie diese das erste Mal von einer Aufnahme gehört hatte. Rod ging gerade herum und gab jeder Frau ein Blatt. Textfutter. Seufzend hob Henrike den Zettel an, um den Text erkennen zu können. Als sie diesen sah, weiten sich ihre Augen und sie musste lachen. Irritiert starrten die beiden Mit-Sängerinnen sie an, doch Bela grinste breit. Rod lächelte ihr auch kurz zu, als sie sich wieder eingekriegt hatte. Sie sah zu Bela und dieser zwinkerte ihr zu. Augenblicklich lief sie rot an und lächelte schüchtern zurück. „Wenn ihr mit flirten fertig seit, können wir ja endlich loslegen.“ „Jaja…“, maulte Bela und setzte sich ans Schlagzeug. Rod legte sich die Gitarre um und sie begannen mit der Rod Hymne „Rod Army“. Für den ersten Versuch hatte es ganz gut geklappt. Es hatte noch etwas gedauert, bis die dr4i Backgroundstimmen miteinander harmonierten. Insgesamt konnte man aber wirklich sagen, dass das ganze doch recht gut klang. Henrike wandte sich gleich, nach den insgesamt 11 Versuchen an Celina: „Wie war ich?“ „Hast dich ein- zweimal versungen, aber ansonsten gut.“ Erleichtert atmete sie aus. Da sie in der Mitte gestanden hatte, hatte sie die ganze Zeit über Mischas und Celinas Stimmen gehört, da war es gar nicht so einfach gewesen, sich selbst heraus zu hören. Außerdem hatte sie feststellen müssen, dass Michaela eine verdammt gute Stimme hatte. „Also ich wurde sagen, die Besetzung ist gut so wie sie ist.“ Rod hatte die Gitarre zur Seite gelegt und sich von einem Gespräch mit Bela zu den Damen gewandt. „Heißt das… ich bin jetzt eingestellt?“ Michaela sah sie von der Seite aus an, bevor sie der Rothaarigen mit einem „Natürlich“ antwortete. Drei Sekunden war es still, dann konnte Rike nicht mehr an sich halten und sprang mit einem lauten freudigen Ausruf (JUCHUUUUU!!!) in die Luft. Nur leider unterschätzte sie die Höhe des Raumes und donnerte so mit der rechten Hand gegen eine der Lampen, die geräuschvolles Scheppern von sich gab. „Ups…“, sagte sie etwas kleinlaut und zog die Arme schnell nach unten. Unsicher und schuldbewusst sah sie zu den beiden Herren, die grinsten wie Farin Urlaub höchstpersönlich. „Nun mal langsam.“, sagte Bela und erhob sich von seinem Schlagzeughocker. „Nicht gleich abheben“, kam es von Rod und Celina konnte sich nicht mehr halten. „Eigentlich ja ein wunder, das du die Lampe nicht gleich Schottreif gehauen hast.“ Dafür bekam sie einem Stoß in die Rippen. „Im Grunde sind eigentlich fast fertig.“ Alle Aufmerksamkeit lag auf dem Grafen, der, wie der Chef einer Abteilung, die Ergebnisse begutachtete. „Wir brauchen jetzt nur noch Jans Zustimmung, dann können wir richtig loslegen. Mal sehn er wollte…“ Dirk blickte auf seine Armband Uhr im SIMPSONS Design: „…er müsste wahrscheinlich bald da sein. Wir können kurz Pause machen.“ Pause. Au ja! Das brauchte Rike nun wirklich. „Kannst du kurz zur Seite gehen Frederike?“ Irritiert starrte Rike Michaela an, merkte aber schnell an ihrem Blick, dass diese Wirklich sie meinte. Und das sie direkt vor der Tasche der Blonden stand. „Oh, ja klar. Aber ich heiße eigentlich Henrike.“ Michaela schien kurz nach zu grübeln und kam auf dasselbe Ergebnis. „Ach stimmt ja, sorry. Hab deinen Namen nur noch nie vorher gehört.“ „Kein Thema, Bist nicht die Erste der das passiert.“ Sie lächelten sich kurz zu und Henrike trat zur Seite, damit Michaela an ihre Tasche kommen konnte. Auch Celina hatte sich etwas zu trinken mitgenommen. Henrike schielte hinüber zu ihrem Glas, welches aber leider lehr war. „Kann ich kurz?“ Rod versuchte sich gerade an ihr vorbei zur Tür zu schlängeln. Komisch, irgendwie versperrte sie heute jedem den Weg. Schnell trat sie einen Schritt zur Seite, doch als der Chilene sich mit einem „Danke“ abwandte, fiel ihr noch etwas ein. „War auch… alles OK?“ Der Bassist sah zu ihr auf. „Wie meinst du das genau?“ „Mein Gesang… und so. War damit alles in Ordnung.“ „Ach so.“, er lächelte. „Hab nix zu meckern.“ Eine Welle aus Stolz und Euphorie schoss durch Henrike. Anscheinend sah man ihr das überdeutlich an, denn Rod fing an zu lachen. „Mach dir keinen Kopf, wir treten dir schon rechtzeitig auf die Füße, wenn du was falsch machst. Sie lächelte ihm zu, dankbar für sein Verständnis. Ungefähr fünf Minuten später, in denen sie sich mit Michaela und Celina unterhalten hatte, wandte sich Bela an die drei. „Wir wollen noch schnell eine Aufnahme machen. Macht euch schon mal bereit.“ „Ok.“ Mischa hatte für sie alle geantwortet und so legten sie alles beiseite was für die nächste Tätigkeit nicht gebraucht wurde. Bevor der Drummer auf sie zu gekommen war, hatten sie ein bisschen den anderen über sich erzählt. Schließlich würden sie eine Zeit lang mit einander auskommen müssen, wenn sie die Stelle kriegen würden. Von Michaela wussten sie nun, dass diese tatsächlich gelegentlich modelte. Dass Mischa Modebewusst war, sah man ihr auch schon auf 10 Meilen an. Henrike fand sie nett, hatte aber ein bisschen dass Gefühl, dass die Blonde etwas eingebildet war. Zumindest lies sich nicht leugnen, dass sie Rike ein paar Mal schief beäugt hatte, wohl auf Grund ihrer Erscheinung und Kleidung. Zum Glück, dachte Rike sich, war sie so etwas schon gewöhnt. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Während die glorreichen fünf noch einmal „Rod Army“ schmetterten, kam vor dem Haus des Grafen ein Motorrad quietschend zum stehen. Gehört hatte es allerdings keiner. Kapitel 6: Super drei --------------------- Super drei (oder sechs)? „OK, wie wärs wenn eine von euch das Kreischen am Ende übernimmt?“ Die Aufnahme war, wie man vielleicht entnehmen kann, auf genommen und nun wurde reichlich rum gemeckert. Was kann dahin, wer sollte dies singen usw. Was schon für das komplette Programm feststand war, dass jede Sängerin je ein Duett mit einem der Ärzte haben würde. Bela hatte sich schon mal „Die Banane“, „Perfekt“ und „Geh mit mir“ ausgesucht, Änderungen vorbehalten. Rod hatte sich vorerst für „Lovepower“, „Niedliches Liebeslied“ und natürlich SEINEM Lied „ ½ Lovesong“ entschieden. Sie hatten auch überlegt, sich einfach ein paar Lieder von Farin zu mopsen, da dieser die meisten hatte, die für „romantische“ Duette taugten. Henrike hatte gleich schon deutlich gemacht, dass sie gerne „Nur einen Kuss“ singen würde. Aber im Prinzip wäre sie mit jedem Lied zufrieden gewesen. Da die anderes gerade am quatschen waren, spielte sie schon mal die nächste Hürde in ihren Gedanken ab. Inzwischen war sie Bela und Rod recht locker gegenüber, aber Farin stand ihr noch bevor. Seufzend setzte sie sich auf Belas Schlagzeughocker und grübelte vor sich hin. „Na.“ Sie blickte auf. Celina stand lächelnd vor ihr. „Bist du wieder nervös?“ `Panisch kommt dem näher…`, dachte Rike noch, sprach es aber nicht aus. Stattdessen nickte sie leicht zu ihrer Freundin auch, die sie von oben herab noch immer verständnisvoll zu lächelte. „Vor Jan brauchst du echt keine Angst haben. Jan ist alles andere als übergeschnappt, er wird dir das mit der Aufregung nicht übel nehmen.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Schwerfällig schleppte sich besagter Herr Urlaub momentan die Treppen hinunter. Wie alle Mitglieder der Ärzte, hatten sie jeweils Nachbildungen der Haustürschlüssel der anderen. Das sparte erheblich Zeit. Der kurze Urlaub hatte ihm gut getan und doch war er nicht sonderlich froh darüber, seine Freunde nun wieder zu sehen. Er hatte noch immer keinen Bock auf Dirks Idee und wollte sich auch gar nicht seine tausend Begründungen anhören. Aber an das Treffen kam er nicht vorbei. Sie mussten besprechen, wie es jetzt weiter ginge. Seufzend griff er nach der Klinke, als er von drinnen Stimmen hörte. Verstehen konnte er aber nicht viel, aber erkannte, dass eine weibliche darunter war. Diese war ihm vollkommen unbekannt. Er hielt den Kopf etwas schräg an der Tür und lauschte. Nein, nie gehört. Er wollte sich gerade wieder hoch beugen, als er ein paar Worte recht deutlich vernahm: „…kurz raus…“ Uuuuund… ZACK! Ehe er reagieren konnte, donnerte in jemand die Tür gegen die Stirn. Laut fluchend stolperte er rückwärts und griff mit der Hand nach der Stelle, wo er getroffen worden war. „SCHEIßE!!!“, hörte er von der Tür aus und sah durch seine Finger eine Person auf ihn zu stürmen. „Verdammt, dass tut mir Leid! Sind Sie in Ordnung?“ Er bemerkte am Rande, dass dies die Frauenstimme von eben war, die ihm gerade eine Entschuldigungs-Tirade entgegen schleuderte. Im Hintergrund hörte er jemanden lachen. Eindeutig Dirk. Unter seiner Hand nehmen seine Augen einem gefährlichen Ausdruck an. `Na warte…` Dann lies er diese sinken, um zu sehen wer vor ihm stand und um deren Redeschwall zu stoppen. Dies war jedoch nicht mehr nötig. Als sie ihn erkennen konnte, schwieg sie augenblicklich. Und auch ihm blieben kurz die Worte weg, als er, ziemlich nahe, in ein schimmerndes paar grüner Augen blickte. Die junge Frau reichte ihn bis zu den Lippen und war auffällig blass. Aber dennoch hübsch… Sie sagte immer noch nichts und das gefiel ihm gar nicht. „Na, wie ich sehe habt ihr euch gerade kennen gelernt!“, Bela kam munter auf sie beide zu und klopfte der immer noch stark gelähmten Henrike auf die Schulter. „Kann man sagen...“, erwiderte Mischa und nahm damit Farin die Worte aus dem Mund. Henrike fasste sich endlich einigermaßen und hob schüchtern die Hand. „Hi, ich bin Henrike. Ach ne, das hat Bela ja schon gesagt…“, nervös fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar, und lächelte ihn schief an. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Einige Zeit und eine Menge Gestammel später waren alle in das Wohnzimmer gegangen und hatten Farin ein dickes Kühlkissen verpasst. Dort berichteten sie dem Gitaristen erst einmal von der gelungenen Probe. „Die drei harmonieren echt super. Wo wir die drei jetzt haben sollten wir es auch machen.“ Das Kissen noch fest an die Stirn gedrückt, sah er zu den drei Mädels, die allesamt auf einem Sofa hockten. Er war noch immer nicht sonderlich erfreut über diesen Einfall, auch wenn er sich freute Celina wieder zu sehen. War schon ein geschickter Schachzug von den beiden, dachte er, ausgerechnet jemanden zu nehmen, mit dem er regelmäßig arbeitete. Sollte ihn wohl versöhnlich stimmen, dachte er und lächelte schief, über seine sarkastischen Gedanken. Die beiden anderen Frauen kannte er nicht. Die eine war recht groß, hatte blondes Haar und eine Figur wie ein Model. Dirk hatte ihm dazu kurz gesagt, dass er sie durch eine andere Band kennen gelernt hatte, wo sie ebenfalls mit Backgroundgesang tätig war. Das letzte Mädel, welches ihn so „schwungvoll“ begrüßt hatte, schien die Jüngste unter den dreien zu sein. Nachdem Vorfall von eben war sie eher ruhig geworden, auch wenn sie sich scheinbar bemühte, nicht in völliges Stillschweigen zu verfallen. Er wusste nicht so recht, was er von ihr halten sollte. „Du kannst mir nicht sagen, dass du bei drei so hübschen Damen nicht willst, dass sie uns begleiten?“, fragte Dirk mit seiner charmanten Einschleimstimme und präsentierte ihn die drei Mädels. Farin gab sich innerlich geschlagen. „Nö, gab schon schlimmeres.“, sagte er mit einem milden Lächeln und legte den Beutel ab. Dirk sah ihn erstaunt an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er sich so schnell geschlagen (na gut, was heißt hier bitte schnell???) geben würde. Auch Rodrigo schien positiv überrascht und sah kurz zu Dirk. „Dann hab ich auch endlich Ruhe vor euch.“ Alles grinste und Dirk lachte. „Ich wusste doch, dass du meine Genialität anerkennen wirst.“ „Nö, höchstens dein begnadetes Talent zu nerven.“ Rodrigo lachte und auch Henrike und Celina konnten sich, zumindest ein kichern nicht verkneifen. „Da bist du ja endlich wieder!“, sagte er Chilene und klopfte seinem Freund kurz aufs Knie. „Zum Glück. Ich hätts nicht schön gefunden gleich wieder arbeitslos zu sein.“ Das kam von dem der Jüngsten im Raum. Lächelnd sah sie in die Runde, als die anderen in ihr Lachen einstimmten. Nach der Diskussion entschlossen sie sich für heute Schluss zu machen. Bela und Rod wollten Farin die Aufnahmen zeigen und noch einige Sachen besprechen. Die drei Sängerinnen waren für heute entlassen. Celina hatte sich zu Henrike gebeugt und sie gefragt, ob sie nicht noch in ein Cafe oder irgendwo sonst hin gehen wollten. Schließlich hatten sie sich schon ewig nicht gesehen und hatten daher ne Menge zu belabern. Mischa hatte sich bereits verabschiedet und Celina stand wartend im Flur. „Mach mal n bisschen schneller, Miss to Slow.“, Celina war schon etwas genervt, von der Langsamkeit ihrer Freundin. „Ja ja… hast du meine Tasche gesehn?“ „Jetzt sag bitte nicht, dass du die noch suchen musst.“ Henrike sah sie entschuldigend und leicht grinsend an. Just in diesem Moment kam ihr die Erleuchtung. „Ha! Jetzt weiß ichs!“, sagte sie und ging zurück in Richtung Wohnzimmer. „Na hoffentlich.“ Im besagten Zimmer angekommen fand sie die Tasche sofort. Sie hatte sie neben dem Sofa liegen lassen. Das passierte ihr dauernd. Wenn sie nervös war oder es eilig hatte, vergaß sie oft mindestens 1/3 ihrer Sachen. Triumphiert grinsend nahm sie das gesuchte Objekt entgegen und schulterte dieses. Sie wandte sich zum gehen, doch da fiel ihr plötzlich auf, dass Farin allein auf der Terrasse stand. Sie blieb so plötzlich stehen, dass ihre Schuhe schrill quietschten. Der Gitarist drehte sich ihr kurz zu, wandte sich dann aber wieder ab. `Ob er sauer auf mich ist? `, schoss es ihr durch den Kopf. Die ganze Zeit schon, war er ihr eher ausgewichen. Henrike fühlte sich dabei alles andere als wohl. Aber es gab anscheinend nur einen Weg, die „Beziehung“ etwas zu bessern: Reden. „Ähm Farin?“, fragte sie zögernd, nachdem sie ein Stück auf ihn zugegangen war. Der Angesprochene drehte sich nun doch zu ihr um. Sofort war die Nervosität wieder da und sie musste sich ganz schön am Riemen reißen. „Hmm?“ „Ich…wollte mich noch mal bei dir entschuldigen, für die Beule die ich dir höchst wahrscheinlich verpasst habe.“ Er lächelte leicht. „Ist schon gut. Warn recht wirksamer Kaffee Ersatz.“ Sie lachte. Schüchtern fuhr sie sich durchs Haar. Als sie wieder auf blickte, hatte er sich jedoch wieder der Aussicht zu gewandt. Irritiert behielt sie den Blick auf ihn gerichtet. War sie ihm etwa so sehr auf den Zeiger gegangen? Sie wusste es nicht und traute sich jetzt auch nicht nach zu fragen. Betrübt lies sie den Kopf sinken. Was sollte sie denn jetzt noch groß sagen? Da fiel ihr wieder ein, dass Celina doch auf sie wartete. „Also dann… bis bald.“, sagte sie freundlich und verschwand. So bemerkte sie nicht, dass Jan ihr nach sah. Kapitel 7: Dinge von denen -------------------------- Dinge von denen „Sag mal… hast du was gegen die Kleine?“ Jan drehte sich leicht um. „Hmm? Wen meinst du?“, fragte er. „Die Rothaarige. Magst du sie nicht.“ Der blonde Gitarrist drehte sich wieder weg. „Hat Dirk mich auch schon gefragt. Nein hab ich nicht.“ Rodrigo zog die Augenbrauen ein Stück nach oben. „Wirkte fast so.“ Der Chilene behielt für sich, dass er die beiden eben beobachtet hatte. So wie er Henrike einschätzte, hatte er eigentlich geglaubt, dass sie und Jan sich prächtig verstehen würden. Generell passte so eine ablehnende Haltung gar nicht zu Jan. Jedenfalls nicht neuen Kollegen gegenüber. „Kann sein.“, kam es verspätet zur Antwort und Jan drehte sich dem Chilenen ganz zu. Dieser wollte gerade etwas sagen, doch Jans Blick brachte ihn zum Schweigen. „Was gibt es noch zu besprechen?“ „Öhm… wir sollten die Setlisten noch mal durch gehen. Dann musst du dir die Aufnahmen mal anhören. Und…“ Ehe Rodrigo den Satz angefangen hatte, war er auch schon fertig damit, da Jan sich plötzlich in Bewegung setzte. Schon die halbe Strecke des Raumes hinter sich, fuhr der Schwarzhaarige unter ihnen mit dem Sprechen fort: „…und wir müssen reden Jan.“ `Ruhig bleiben…`, dachte der Blonde und versuchte nicht genervt zu wirken. „Ich weiß dass du nicht reden willst.“, Rodrigo war ein paar Schritte vorgegangen, so dass er direkt vor dem Gitaristen stand. Dieser war etwas überrascht, den Chilenen so nah vor sich zu haben, sagte aber nichts. „Ich mein… du musst uns oder mir ja auch nicht alles sagen. Aber es ist besser, wenn du jetzt ein bisschen was raus würgst, als wenn dann auf der Tour alle und alles drunter leiden muss.“ „Weil es dann wahrscheinlich überlaufen wird.“ Jan brauchte sich nicht extra um zu drehen um zu wissen, dass Dirk sich an den Türrahmen lehnte. Er spürte die besorgten Blicke seiner beiden besten Freunde und druckste innerlich mit sich herum. Sie hatten ja recht… Besser jetzt kotzen, wo man ihm eine Tüte reichte, als später, wo es dann wohl jeden noch so unschuldigen treffen würde. „Ich…“ begann er und wischte sich sogleich mit der Hand übers Gesicht. „Ich kann euch echt nicht alles sagen…“ „Ist vollkommen OK.“, der Chilene lächelte ihm aufmunternd zu, froh darüber, dass er nun endlich einen Schritt auf sie zu machte. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „OK, wo wollen wir zuerst hin? Ich war noch nicht so oft in der Hafencity, du könntest mich also ein bisschen rum führen.“ „Klar. Was willst du denn sehn?“, fragte die Rothaarige im Zug Richtung Innenstadt. „Och… alles Mögliche.“ Henrike sah zum Fenster hinaus und überlegte. Schließlich machte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit. Sie wandte sich an ihre Freundin und diese musterte sie abwartend. „Weißt du was? Ich zeig dir zu erst COLORS.“ Natürlich hatte Celina keine Ahnung, um was es sich bei COLORS handelte. So stand sie doch etwas erstaunt da, als sie vor einem Punkladen halt machten. „Taaadaaa!“ „… soll ich da echt rein???“, sie deutete ungläubig auf den Laden und sah ihre Freundin skeptisch an. „Klar!“ Gut gelaunt packte Rike sie am Arm und schleifte sie in das Geschäft. „Hier fall ich doch auf, wie ein bunter Hund.“, flüsterte die Braunhaarige. Henrike drehte sich leicht zu ihr am. „Prima. Dann ist das mal umgekehrt.“ Celina grinste und ergab sich. Jedoch kam sie sich wirklich wie eine Außerirdische vor, als sie sich im Laden befanden. Alles schwarz, zerrissen und voller Totenköpfe. Und dazu noch die dröhnende Metal Musik im Hintergrund. Ihre rothaarige Punker Freundin hatte sich gerade über ein paar Anhänger gebeugt und winkte sie zu sich. Henrike hielt ein Lederband in die Höhe, welches das Mars Symbol als Anhänger hatte. „Die hab ich echt schon ewig gesucht!“ Die Hamburgerin freute sich total und Celina stimmte ihr zu, indem ihr riet diese zu kaufen. „Was hast du denn gedacht???““ „Weiß nich? Bist du fer…“ Da war die Kleinere auch schon wieder weg. Sekunden später wedelte ihr Arm hinter einem der Regale hervor. Momentan kam sich Celina wie eine große Schwester, die auf das kleine Geschwisterkind aufpassen sollte, vor. Nur nicht ganz so genervt. Mit wenigen Schritten war sie bei Henrike und runzelte die Stirn. „Guck. Damit färb ich mir die Haare als nächstes.“ Sie bekam eine blutrot leuchtende Dose mit eben dieser Farbe unter die Nase gehalten. „Aber würde dich das nicht noch blasser machen?“ Rike zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich. Muss doch aber nicht gleich schlecht aussehen.“ Plötzlich gingen die Mundwinkel in einer fließenden Bewegung Richtung Ohren. Celina ahnte nichts Gutes. Und ihre Befürchtung wurde bestätigt, als sie eine Dose mit giftgrüner Farbe vorgehalten bekam. „Das-meints-du-nicht-ernst,-oder?“, fragte sie ungläubig und mit offenem Mund. „Doch, doch. Würde dir bestimmt gut stehn.“ „Also dann bin ich doch eher für das…WAS???“ Schockiert sah sie auf die Dose, die allen ernstes für sie bestimmt war. Henrike wackelte grinsend mit der Hand und schien sich total zu amüsieren. „Vergiss es! Denk nicht mal im Traum dran!! Ich warne dich!!!“ Als das alles nichts half, ergriff sie die Flucht und wirkte dabei wie ein Kind, das auf keinen Fall gefangen (bzw. getickt) werden wollte. Rike rannte ihr nach, die Dose weiterhin nach vorn ausgestreckt. Ihre Schuhe quietschten mal wieder beim bremsen, als sie ihre Freundin am Eingang/Ausgang sah. Die Linie zwischen Geschäft und Außenwelt überschritten. „Och man…“, maulte sie und schlürfte zurück zum Regal. Sie konnte ja leider nicht einfach mit der Ware raus rennen. Wenn sie diese bezahlen würde schon, aber Rot war ihr eindeutig lieber. Unbeschwert baumelte die Plastiktüte umher, während die beiden Frauen die Straße entlang gingen. Da es bereits Nachmittag war, wurde es allmählich sehr voll. Henrike hasste es. Es machte sie wahnsinnig immer so entlang schleichen zu müssen und generell konnte sie diese Enge überhaupt nicht ab. Große Ausnahme waren da wirklich Konzerte, da war sie meist zu sehr auf die Musik konzentriert. „Weiß gar nicht was du hast, ne schon grelle Farbe steht dir bestimmt.“ Jaja… Ich glaub dir kein Wort!!!“ Henrike grinste und schlug den Weg rechts ein. „Momentchen, wollten wir nicht eigentlich in ein Cafe?“ „Kannst mir nicht erzählen, dass lieber dahin als zu M Doof gehen würdest.“ Nun das stimmte nun mal. Ohne groß zu zögern gingen die beiden in den Fast Food Tempel, der unter den Namen MC DONALDS recht bekannt ist. Kurz darauf lagen bestimmt, wenn man die Tablette und das was draufstand zusammen rechnete, 10 Burger, 4 Portionen Fritten und 4 große Getränke auf dem Tisch (Mindestens…). „The Fresssack Sisters are back.“, kommentierte die Hamburgerin das Bild vor ihnen trocken. Celina rieb sich die Hände und stürzte sich ohne ein weiteres Wort auf den ersten Cheeseburger. Henrike zuckte darauf mit den Schultern und griff nach ihrem Essen. „Infgefamt lief daf erfte Treffen doch fuper.“ „Waf?“ Erst als Rike aufblickte bemerkte sie, dass ihre Freundin die Backen genauso voll hatte wie sie. „Wir follten erftmal runter flucken oder?“ Damit sie das halb durchgekaute Essen nicht durch einen Lachkrampf verloren, ging sie rasch mit gutem Beispiel voran. „Ok, jetzt verstehst du mich oder?“ Die Afroträgerin nickte grinsend. Das sie das Essen nicht so in sich hinein schlingen sollten hatte mein ihnen beiden schon öfter gesagt, doch dran halten taten sie selten. Es war alles andere als verwunderlich, das Henrike darüber in einem Song schrieb. „Also noch mal von vorn: Das Treffen ist doch eigentlich ganz gut verlaufen.“ Henrike wollte dies erst bejahen, blieb aber mehrere Sekunden stumm. Als sie bemerkte, dass Celina sie beobachtete, sagte sie schnell etwas. „Ja!!! Hätte wesentlich schlimmer kommen können.“ Sie hatte ja ein relativ gutes Gefühl, doch das mit Farin trübte die Stimmung doch etwas. „Ich glaub…ich bin Farin ziemlich auf den Zeiger gegangen. Was nicht…“ Um nicht einfach ins Lehre zu starren biss sie schnell wieder ein Stück ab. Celina kaute langsam und schien nach zu denken. „Na ja… Rod hatte uns ja schon vorgewarnt, dass es ihm nicht sonderlich wohl bei der Sache ist. Aber ich glaube nicht, dass er dich nicht leiden kann.“ Erwischt! Wie für sie typisch hatte sie sich bereits Dinge ausgemalt, auch dass der blonde Gitarist sie womöglich überhaupt nicht mochte. Das wäre für alles andere als schön gewesen. Aber Celina kannte ihn doch recht gut, würde schon stimmen wenn sie es sagte. „Aber sag mal… macht Bela dich an?“ „Was?!“ Henrike erstarrte in der Bewegung, sie wollte gerade weiter essen. „Äh…nicht das ich wüsste.“ Sie lief leicht rosa an und wirkte überrumpelt. „Außerdem hat er ne Freundin.“, schob sie noch hinterher, als die Lockige zu einem neuen Kommentar ansetzte. „Dachte nur… immerhin hat er dir zugezwinkert.“ „Du könntest genauso gut behaupten, dass ich mit Rod was hab.“ Also echt, sie und die beiden Doktoren kannten sich ein paar Tage und schon dichtete man ihr ein Verhältnis zu. „Hätte ja sein können…“ Celina zwinkerte ihr zu und Rike rollte mit den Augen. „Aber nun erzähl mal. Wieso hast du dich von… wie hieß er noch? Egal. Warum habt ihr euch den getrennt? Ich hab ihn ja nie gesehen, aber ich hatte immer den Eindruck, dass ihr beide sehr glücklich ward.“ „War trifft ´s wirklich perfekt…“, murrte Rike. Ihre Freundin erwiderte darauf nichts, sondern wartete geduldig eine Antwort ab. Inzwischen hatten sie die Hälfte des Essens verputzt. Henrike schwieg und suchte sich geeignete Worte zusammen. Schließlich durchbrach sie die Stille, in dem sie sich plötzlich erhob. „Komm, wir packen den Rest ein und ich erzähls dir zu Hause.“ Celina war etwas überrumpelt, hatte aber nichts dagegen ein zu wenden. Es wurde bereits dunkel und um fast 20 Uhr lies sich eh nicht mehr so viel in der Innenstadt unternehmen. Na ja, kam darauf an WO man hinging. Aber im Moment wollte sie auch lieber etwas Ruhe haben. Kapitel 8: Unsichtbar --------------------- Unsichtbar Aus der so genannten Ruhe war allerdings nicht viel geworden. Es hatte sich heraus gestellt, dass Celina an diesem Tag angereist war und erst vorhatte, sich ein Hotelzimmer zu mieten. Henrike bestand jedoch darauf, dass sie bei ihr übernachtete. So konnte Celina Geld sparen und sie hatte etwas Gesellschaft. Was sie auch gleich ausnutzten. Ungefähr alles, was sie sonst nicht geschafft hatten, holten sie in dieser einen Nacht nach. Zusammen Filme gucken, massig Anekdoten austauschen und zusammen zu singen. Ob das den Nachbarn so gut gefallen hatte, war nicht wirklich klar, aber das war den beiden in diesem Moment *röchel* scheiß egal! Bei dieser ganzen Party Stimmung war es nicht wunderlich, dass sie erst gegen 4 Uhr Morgens zur, schon längst vorgesehenen, Ruhe kamen. Celina schlief auf der Couch, allein dafür war das Ding echt super praktisch. Henrike pennte natürlich in ihrem Hochbett, nachdem sie sich auch von Celina erstmal ein paar Sätze dazu anhören musste („Du schläfst in nem Hochbett???“ „Wie machst du das dann wenn du Herren Besuch hast...?“). Wie die meisten halt, nur das die zweite Frage sich nicht jeder traute zu stellen. Jedenfalls wurden die beiden Damen irgendwann gegen Mittag tatsächlich wach. Machte zum Glück nichts, da es Samstag war. „He.“ Henrike murmelte etwas Unmissverständliches und drehte sich automatisch auf die andere Seite. „Hey.“ Sie zog sich die Decke über die Ohren. „Oooooooooooooooohh maaaaan… nur noch ein bisschen…“ „Nix da!“ „Nur noch ein bisschen Mama… ist doch noch total früh…“ Celina müsste niedlich berührt lächeln. Das war echt süß. Aber es war bereits 14 Uhr, da sollte ihre „Kleine“ doch mal langsam aus den Federn kommen. „AUFSTEHN!!!“ Sie hätte quasi mit allen gerechnet. Nur nicht, dass sie ein Kissen ins Gesicht geklatscht bekam. Erschrocken und „schwer“ getroffen taumelte sie rückwärts. Kurz darauf fiel das Kissen zu Boden und sie hatte einen deutlichen Blick auf die Schnarchnase vor ihr. `Ok. Genug der Freundlichkeit…`, dachte sie und marschierte Richtung Küche. Henrike war wieder eingepennt und ahnte nichts, von dem drohenden Unheil. Geradezu heimtückisch schlich sich die Dunkelhäutige an ihr Opfer heran, die Hände hinter dem Rücken verborgen. „Letzte Chance Sweetie. Steh auf.“ Wieder nur ein Murren. Das war ihr Stichwort! „WUUUAAAAAAAAAAAAAAAAAHHH!!!“ Rike fiel fast aus dem Bett, als Celina fröhlich und schonungslos mit einer Schöpfkelle auf einen Topf eintrommelte. Tja, wenn Blicke töten könnten… Aber da dies (leider…) nicht der Fall ist, dürfte Celina erst einmal weiter leben. Ein wenig eingeschnappt saß die Hamburgerin mit ihrer „Freundin“ am Frühstückstisch und kaute auf einem gebutterten Toastbrot herum. Jede Person in dieser Wohnung war zu faul gewesen um zum Bäcker zu gehen, daher mussten sie das nehmen, was da war. Und im Pyjama zu Frühstücken war auch gemütlicher. Celina hatte die ganze Zeit einen Koffer mit sich herum geschleppt und war daher auch mit Schlafklamotten versorgt gewesen. „Komm, sei nicht beleidigt.“ Henrike brummte nur. Morgens war sie eigentlich immer schlecht gelaunt, außer sie war mal vollkommen ausgeschlafen. Und DAS war und ist eine absolute Seltenheit. Gerade griff sie zu ihrem Glas mit Orangensaft, als Celina sie erneut ansprach. „Ist ja grad mal nur noch 1 ½ Monate bis zur Tour.“ Rike trank einen Schluck und sah auf. „Hmm hmm.“, eigentlich wollte sie nicht so schnell nachgeben, aber sie konnte mal wieder nicht nachtragend sein. „Bin schon ziemlich gespannt, was noch alles auf uns zukommt. Denk dran, es sind DIE ÄRZTE. Da weiß man nie. „Ja, das stimmt. Sag, weißt du wann wir das nächste Mal hin müssen bzw. dürfen.“ Die rothaarige Hamburgerin kratzte sich kurz aber geräuschvoll am Kopf und erhob sich. Als sie den Raum wieder betrat, hatte sie ihren Laptop unterm arm geklemmt. Sie setzte sich wieder, mit den Worten: „Keine Ahnung. Ich seh kurz nach.“ Und tatsächlich. Gleich die erste Nachricht war von Bela. „Also hier steht Morgen um 11 Uhr, wenns geht.“ „Ich bin extra deswegen nach Hamburg gekommen. Also bei mir geht es auf jeden Fall.“ „Kann sein, aber ich hab noch meinen Job. Ich muss das ganze noch mit meinem Boss besprechen.“ „Stimmt ja.“ Stille. Nur ab und zu ein paar Kaugeräusche und Geschlürfe. „Also…“, sagte Rike schließlich nach einer Ewigkeit: „ Ich telefonier gleich und klär das. Was wollen wir denn heute machen?“ Die Berlinerin konnte nur mit den Schultern zucken. „Is ne gute Frage Sweetie…“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Letztendlich waren die beiden nur einmal kurz spazieren gegangen und ansonsten zu Hause geblieben. Nichts besonderes, aber diesen Tag Ruhe brauchten sie doch beide. Henrike kam es vor, als wären nur Minuten vergangen und es war der nächste Tag. Und auch weiterhin verflog die Zeit, fast immer schneller, je öfter sie sich trafen. Das ganze machte einfach viel zu viel Spaß. Die drei Herren waren einfach tolle Typen, die sich für keinen Spaß zu schade waren. Henrike war fast die ganze Zeit über nur am lachen. Es war schon beinahe schlimm, aber die ganze Stimmung und die Witze waren zu gut. Außerdem hatte sie schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt. So wurde es quasi zur Gewohnheit, dass ihr schallendes Lachen immer als erstes durch den Raum hallte. Von mal zu mal fiel ihr alles viel leichter. Michaela hatte wirklich etwas eingebildetes an sich, aber sie teilte ihre Erfahrung gerne mit der jungen Frau und das war für Rike doch ein recht guter Ausgleich. Die Proben wurden immer intensiver und waren bei dieser Tour auch länger, als für die Ärzte gewöhnlich. Schließlich wurde ja etwas (fast) komplett Neues erarbeitet. Zig Ideen kamen ihnen während den Proben, für die Kleidung (Mischa hatte echt erstaunlich ironische Einfälle!), Gags und Choreografien. Ja, alles war gut. Nur… Es war nur eine Kleinigkeit, aber dennoch fuchste (also ärgerte) Rike es immer wieder. Farin schien noch immer näheren Kontakt mit ihr zu meiden. Sie hatte eigentlich nicht viel an ihm zu meckern, er war ihr gegenüber freundlich. Doch sie hatte das Gefühl, wann immer ein Gespräch zwischen ihnen tiefer wurde, wich er ihr aus und verschwand. Nicht mitten im Satz, er wusste schon wie man ein Gespräch wenden konnte. Aber es kam ihr doch komisch vor und… sie konnte das leider nicht leugnen… es kränkte sie ein wenig. Oft fühlte sie sich in seiner Gegenwart als wäre sie nicht vorhanden. Als ob sie unsichtbar wäre. An einem Tag war es besonders schlimm, er hatte bis auf ein „Hallo“ nicht weiter mit ihr geredet und sie auch nicht sonderlich beachtet. Nur ein paar sachliche und kurz gehaltene Anweisungen bei der Arbeit, aber ansonsten; Nichts. Sie hielten gerade ihre Mittagspause ab und sie versuchte sich etwas abzulenken, von diesen lästigen Gedanken. Eine Unterhaltung mit Rod war dafür gut geeignet. Es war echt unglaublich, wie viele Bands der Chilene kannte. Jedoch konnte sie ihn auch überraschen, als sie ihm eröffnete sie höre sehr gern THE SEATBEALTS. Eine japanische Jazz Truppe, die in Europa nicht sonderlich bekannt war. Henrike bevorzugte zwar vor allem (jetzt allgemein gesehen) Rock, hatte aber, wie Rod, einen seeeehr weit gefächerten Musikgeschmack. Auch wenn sie mit Rod nicht so recht mithalten konnte. „PANDA ist übrigens klasse! Ich mag die Sängerin sehr, auch wenn ich mich erst an ihren Gesangstil gewöhnen musste.“ Der Chilene grinste und nippte an seinem Kaffee. Bela hatte wirklich eine äußerst gemütliche Küche, jedenfalls lies es sich hier am Tisch gut entspannen. „Warum?“ „Na ja… So wie sie singt tut es der Stimme halt nicht sonderlich gut und wenn ich solche Gesangs Attitüden das erste Mal höre tuts mir immer im Hals weh. Deshalb konnte ich auch erst kein AC/DC hören.“ Er lachte kurz, ehe sie fort fuhr: „Aber das geniale an AC/DC ist ja, dass ich das als Sopran super singen kann. Und zwar OHNE zu pressen!“ Rod nickte zustimmend, doch bevor er etwas sagen konnte rief Bela nach ihm. „RODDY!!! DU WIRST GEBRAUCHT!“ Der Chilene zog eine Grimasse, als er den unfreiwilligen Spitznamen hörte. Er erhob sich aber brav. „Wir können ja nachher weiter plaudern.“ „Gern!“ Sie lächelten sich noch kurz an, dann verschwand er aus dem Raum. Henrike sah ihm noch nach. `Hach ja, ich mag den Kerl…´, dachte sie grinsend. Das Grinsen war in der nächsten Sekunde weg, als sie durch den Türrahmen etwas anderes erblickte. Farin, der sich mit Celina unterhielt und gerade eine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte. Henrikes Augen wurden schmal und sie knurrte: „Klar, die verstehen sich natürlich…“ Schlagartig war sie verdammt sauer auf ihre Freundin. Um dem nicht noch versehentlich Luft zu machen griff sie schnell nach ihrem Eiscafe (den sie selbst im tiefsten Winter trank) und nahm einige tiefe Züge. Sie stoppte erst, als das Glas (gaaanz plötzlich!) lehr war. „Hast ja ganz schön durst.“ Henrike lies schnell das Glas sinken. „Hey.“ Sie blickte auf und sah, leicht erstaunt, Farin grinsend vor sich. „Oh… hi“, augenblicklich war sie wieder total schüchtern. „Ich darf doch?“ Er deutete auf den Stuhl neben ihr. „Äh ja. Klar, klar.“ Keine Sekunde später saß er und stellte eine Teetasse ab. „Wie geht’s denn so?“ Hä? Was war denn jetzt auf einmal los??? Einerseits freute sie sich total, dass er jetzt mit ihr redete, aber gleichzeitig überrumpelte er sie doch damit. „Ganz gut. Bisschen müde… ich schlaf immer erst sehr spät ein, daher…“ Oh man, was redete sie da? Doch er sah ehrlich interessiert aus, daher blieb sie ruhig. „Werde nachts immer erst aktiv.“ Sie errötete leicht, als er grinste. „Aaaahhh… na dann hat Bela ja endlich ne Gräfin für unterwegs.“ Henrike prustete los und lachte mal wieder ziemlich laut, ohne es verhindern zu können. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ Schlagartig hörte sie zu lachen auf. Unschlüssig und langsam hob sie den Kopf, um ihn an zu sehen. Aber er blickte gedankenverloren auf die Teetasse und drehte diese in seinen Händen. „Dafür, dass ich so abweisend war…“ Ergänzte er sich und sah sie nun an. Henrikes Mund war halb offen und trotzdem kam nichts raus. Insgeheim hatte sie wirklich gehofft, dass er das sagen würde, aber sie war sich bei den Gedanken auch komisch vorgekommen. Er hatte ja kein Verbrechen begangen und da wollte sie nicht empfindlich sein oder zumindest nicht so reagieren. Ihr fielen keine Worte ein und so beschloss sie, ihn leicht an zu lächeln. Dieses erwiderte er. „Ich bin gerade dabei etwas Unschönes zu verdauen… Daher bin ich etwas angespannt.“ „Ich… ist schon OK.“, sagte sie warm. Plötzlich fühlte sie sich pudelwohl. Und genauso plötzlich war es still. Sie sahen sich einfach nur an. „PAUSE IST UM!!!“ Bela hatte sich von hinten an die beiden angeschlichen und ihnen einen 1A Schock verpasst. Beide fuhren zusammen und Farin lies dabei die Tasse fallen, die heftig auf dem Boden aufschlug. Sie zerbrach zwar nicht, aber der Rest des warmen Getränks verbreitete sich auf den Kacheln. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Nachdem die Sauerei beseitigt war, schlenderten sie zurück in den Keller. Dort warteten Rod, Celina und Mischa, in den Startlöchern stehend, auf sie. „Na endlich.“, sagte Celina sofort und erntete einen Stoß mit dem Ellenbogen von Rike. „Na jut!“, begann Farin, der sich gerade seine Gitarre umlegte: „Jetz wird noch mal ordentlich durch geprobt und dann… ziehn wa uns naggisch aus und machen Pardy.“ „Juchu!!!“, kam es von Celina und Rike, die dabei ihre Arme nach oben steckten. „Also abgemacht?“ Der blonde Berliner zwinkerte den beiden, natürlich breit grinsend, Damen zu. „Willst du mich etwa betrügen?“, fragte Rod und bekam ein eifriges Nicken vom Gitaristen. „SO! Wer mit wem rum macht entscheid hier immer noch ich und jetzt wird gearbeitet!!!“ Der Graf trommelte ungeduldig mit einem Stick herum und schaute abwartend in die Runde. „Da ich und Rodrigo warten mussten, machen wir jetzt zur Strafe nen KISS Song!“ Farin deutete leichte Genervtheit an, sagte aber nichts. Doch bei Henrike gab es einen Kurzschluss und sie sagte den nächsten Satz, ohne diesen noch mal durch die Kontrollstelle namens Gehirn zu schicken. „Hach ja, wer kennt sie nicht: John, Paul, George und Ringo!!!“ Kaum hatte sie das gesagt brach Farin in einen Lachkrampf aus. Auch Rod hing überm Stuhl, nur Bela schien ziemlich bemühte sich krampfhaft ein Grinsen zu unterdrücken.. „Schnauze oder du fliegst hier, junge Dame!!!“ Henrike grinste breit und zwinkerte Farin zu. Auch sie war BEATLES Fan, als von der Band, die Bela überhaupt nicht leiden konnte. Das konnte echt noch verdammt lustig werden… Kapitel 9: Quark ---------------- Quark „Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, wie wir das den Fans übermitteln.“, sprach Rodrigo nachdem er an seinem Wasser genippt hatte. Es war gegen vier Uhr Nachmittags und die drei Grazien waren gerade in die Außenwelt entschwunden. Der blonde in der Band nickte stumm und trank einen Schluck Tee. „Bin wirklich mal gespannt, wie die Fans die Idee aufnehmen. Ich glaube sowieso, wir sollten das erst einmal bei ein paar geheim Konzerten testen.“ Der Inhaber des Hauses, und somit auch des Wohnzimmers, setzte sich zwischen seine beiden Kollegen und stimme Jan zu. „Also entweder werden sie es sofort lieben, oder sie buhen die Mädels von der Bühne.“ „Nun ja… wenn wir die Waage weiterhin so halten, dass eine Hälfte mit und eine ohne die Mädels ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit geringer. Würde ich zumindest sagen.“ Jan sah von Rod zu Dirk, hörte allerdings keinen Widerspruch. „Aber sagt mal…“, der Chilene stellte das Glas ab: „Wollen wir sie nicht in die Entscheidung mit einbeziehen. Ich mein jetzt die, über die Präsentation.“ „Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.“, sagte der Blonde Berliner lächelnd. „Soll ich das in die nächste Mail schreiben? Bitte kreativ sein und euch Gedanken zu dem und jenem machen?“ Sowohl Rod als auch Jan nickten dem Grafen zu. „Das ist immer gut. Ich lass meinen Frauen vom LGN (also die Gruppe von Backgroundsängerinnen im FURT (für die Unwissenden :D)) auch immer Spielraum und da kommen wirklich gute Sachen zustande.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Gesagt, getan. Bela versendete an jede eine Mail bzw. SMS und lies diese dann bis Übermorgen grübeln. Celina musste sofort grinsen, als sie über die Schulter ihrer Freundin auf den Laptop lugte. „Wie im FURT. Hach, das kann nur schön werden…“ Das dies der Fall sein würde, dessen war sich Henrike nach Farins Entschuldigung auch vollkommen sicher. „Aber…“, Henrike blickte verwundert auf: „Wozu brauchen wir das denn?“ Sie deutete auf die untere Hälfte der Nachricht, bei der die Rothaarige nach gar nicht angekommen war. Als sie auch dies durch gelesen hatte, musste sie ebenfalls kurz verwundert blinzeln. Aber innerlich war sie schon wieder am grinsen. Es waren immerhin Die Ärzte, die würden sich schon was dabei gedacht haben. „Werden wir ja sehen. Aber was unsere Benennung angeht hab ich ne Idee. Hast du Michaelas Nummer?“ Die dunkelhaarige nickte. „Gut. Ruf sie an, dann überraschen wir die drei damit.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Ziemlich schnell war auch mit Mischa alles geklärt und sämtliche Personen erwarteten ungeduldig den nächsten Tag ab. Als es dann so weit war, konnte keiner sich so recht aufs Proben konzentrieren. Jeder war schon im Kopf bei der Besprechung. Schließlich lies Rod die Hand sinken und sprach für alle: „Also schön. Wir machen erst die Besprechung, dann proben wir weiter.“ Kaum hatte er den Satz beendet, blieb nur noch eine Staubwolke im Raum hängen. Vier von sechs Personen sausten sofort nach oben und ließen den Chilenen zusammen mit einer etwas perplex blickenden Michaela zurück. Lange dauerte es aber nicht, bis jeder auf der Couch saß und alles wartete, bis einer den Anfang machte. „So meine Damen.“, sprach der Graf schließlich und klatschte in die Hände. „Habt ihr ne Idee, wie wir euch jetzt nennen.“ „Und wie wir euch den Fans anbieten?!“, fügte Farin noch schnell hinzu. Die drei Mädels grinsten sich überdeutlich an. Jetzt konnten sie es endlich los werden. „Drei Worte…“, sagte Celina und gab somit das Stichwort. Henrike und Michaela hatten sich leicht auf gerichtet und die blonde Schönheit begann auch gleich mit ihrem Einsatz, den Celina folgte und der von Rike beendet wurde: „Three…“ „…Sweet…“ „…Gwendolines.“ Das Trio schloss seine Vorstellung mit einer präsentierenden Geste ab und wartete auf die Reaktionen der Männer. Die waren erstmal sprachlos. Dann klatschten sie, erst langsam, denn enthusiastischer in die Hände. Die Frauen bedankten sich mit einer fast synchronen Verbeugung. „Das ist perfekt!“, sprach es der Chilene aus, als der Beifall verklungen war. „Absolut.“ Kam es von Farin, der eine anerkennende Miene zog. „Antrag angenommen.“ „Sehr schön…“ Bela zog einen Zettel zu sich heran und schrieb den Namen gleich ganz oben, dick und unterstrichen an. „Was hattet ihr denn für Ideen?“ Bela sah auf und blickte direkt in den neugierigen Blick der rothaarigen Hamburgerin. Er schürzte kurz die Lippen und sah zu den blonden Gitaristen neben ihn. Dieser hatte ihn sofort verstanden, wie auch Rodrigo, der die beiden nur beobachtet hatte. Wichtigtuerisch räusperte Bela sich: „Drei Worte…“ Und im ähnlichen Rhythmus wie die Damen, nur dieses mal mit der Besetzung (so wie Reihenfolge) Bela-Farin-Rod, sagten sie ihren genialen Einfall auf: „Zombie…“ „…Fresssack…“ „…und Blondie.“ Stille. Und drei paar Teller große Augen. Die erste Reaktion kam von Henrike, die mit einem Sofakissen warf und Bela direkt im Gesicht traf. Sie schaffte es dabei nicht so recht, dass Grinsen zu unterdrücken. Da sie sich dennoch drum bemüht hatte, ähnelte ihr Gesicht einer ziemlich amüsanten Grimasse. Farin reagierte allerdings schnell und packte sich das Kissen. „Danke.“, sagte er mit seinem berühmten Grinsen in ihre Richtung und drückte seinen Freund und Bandkollegen das Kissen aufs Gesicht. Bela gab ein ersticktes HEY! von sich und wurde von Farin nach hinten gedrückt. „Gerne doch!“, rief sie zurück. „OK, da wir jetzt endlich fort fahren können…“, Bela warf einen eindeutigen Blick Richtung Urlaub, der unschuldig Löcher in die Luft glotzte. Rodrigo griff den Satz auf. „Wir haben uns auch noch überlegt, wie wir die Idee an die Fans bringen. Wir sind uns schon ziemlich einig, dass wir ein paar kleine Videos ins Netz stellen wollen.“ „Echt?“, rief Mischa erfreut und hätte fast ihr Glas Wasser fallen gelassen. Auch die anderen beiden bekamen leuchtende Augen. „Wie beim FURT?“, platzte es aus Rike. Celina lachte laut neben ihr. Henrike wurde in der nächsten Sekunde bewusst, dass sie total wie ein pubertäres Mädchen geklungen hatte. Ob das der Grund war, weshalb Celina so lachte, oder die Tatsache, dass diese ja Mitglied im FURT war, wusste sie nicht. Rike war so aufgeregt, dass sie Farins schmunzelnden Blick nicht bemerkte. „Die Interviews oder diese kleinen Probenausschnitte?“, fuhr sie unbeirrt fort, bis Rod sie grinsend unterbrach: „Sowohl als auch. Jan hat sogar schon… wie hieß der noch? Egal, den, der auch die FURT Interviews geführt hat kontaktiert.“ „Sollten wir deshalb die Figuren mitbringen?“, fragte Michaela an Rod bewandt und zog eine, etwas veraltete, Barbie aus ihrer Handtasche. „Ja, genau deswegen.“ „Das war wohl das Stichwort.“, sagte Celina und zog nun ihre Tasche zu sich. Henrike sah zwischen den beiden hin und her und beschloss dann, sich ihnen anzuschließen. Wenige Sekunden später lagen neben der Barbie ein Wackel-Dackel, den Celina spontan gekauft hatte, und eine kleine Fledermaus, die man sich auf den Zeigefinger stecken konnte, auf dem Tisch. Bela lachte und griff natürlich sofort nach der Fledermaus, die Henrike gehörte. „Ohne scheiß, mich nennen viele Gräfin.“ Sie zwinkerte ihm zu. Farin legte einen Arm um Bela und sagte trotzig an sie gewandt: „MEINER!!!“ Wieder lachte alles. Die Stimmung war heute wieder wunderbar entspannt. Henrike sprang auf den Zug auf und kreuzte beleidigt die Arme vor der Brust. „Menno…“ „Und Jungs? Jetzt packt eure Figuren aus.“ Die drei „Männer“ starrten „ihre“ Frauen verschmitzt an. Michaela sah irritiert drein, doch Rike und Celina hatten es richtig gedeutet. „Boah, ihr Schweine!“, sagte die Amerikanerin Kopf schüttelnd. Jetzt begriff auch Mischa die Zweideutigkeit ihrer Worte und rollte noch kurz mit den Augen, bevor sie ebenfalls lachte. „Ihr wisst schon, was gemeint ist.“, korrigierte sie sich. Michaela war nun mal nicht so der Rockfan, daher hatte sie etwas gebraucht. Dennoch holten die Ärzte brav ihr Figürchen hervor. Farin hatte sich natürlich für seinen Krümel entschieden, Bela holte eine Homer Simpson Figur hervor und Rod stellte, wie selbstverständlich, eine KISS Puppe in die Mitte des Tisches. „Ne bunte Truppe.“, kam es von Rike. „Passt doch!“, von Rodrigo. „Aber die Barbie mag ich nich.“, Mischa sah Henrike schief an. „Was Besseres hatte ich nicht.“ „Na dann…“ Rike griff sich dass unnatürlich geformte Stück Plastik und zog einen Edding hervor. „Dann wolln wir die kleene Mal rocken. Darf ich?“ Sie erkundigte sich lieber noch mal, ob das für Michaela auch in Ordnung war. Diese sah sie skeptisch an, zuckte allerdings mit den Schultern. Eine Minute später, sah das blonde Püppchen aus wie eine Domina. „Ach du scheiße…“, sagte reale blonde Schönheit und hob ihre ehemalige Barbie mit zwei Fingern hoch. „Also ich find sie jetzt hübscher.“, sagte Henrike und drückte die Kappe wieder auf den Stift. „Das ist jetzt nicht zufällig ne Anspielung auf mich und die KILLERBARBIES?“, fragte Bela sie mit hoch gezogener Augenbraue. Henrike musste kurz grübeln, dann fiel ihr wieder ein, dass der Graf ja mal mit den KILLERBARBIES einen Song aufgenommen hatte. Und die Barbie im KISS Look war das Maskottchen der spanischen Punkband. „Ehrlich gesagt nicht. Gibt’s jetzt Stress wegen dem Copyright?“ Bela grinste. „ Nein, so dramatisch ist das nicht.“ „Also folgendes!“ Alle Augen richteten sich auf Farin Urlaub. „Da die Proben jetzt sowieso in die heiße Phase kommen, wollten wir ab heute immer ein kleines Video auf die Homepage stellen. Um die Fans schon mal rätseln zu lassen, was jetzt auf sie zu kommt. Die Interviews sollten wir auch die nächsten Tage drehen.“ So ging der letzte Teil des Tages für ein mündliches Drehbuch und eben die Aufnahmen drauf. Bei dem Spaß störte das aber keinen. Allein schon die Vorstellung, was diejenigen für Augen machen würden, die das Video Morgen sehen würden, war oberköstlich. Von den sechs Personen sah man ja nichts, nur die Hände, die die Puppen ganz geschickt und unauffällig lenkten. Der Inhalt bestand größtenteils aus Rumgehampel und Farins schrillem Grunzen (Krümels Synchronisation also ^^): Rike Fledermaus flirtete mit der KISS Puppe, die Barbie flüchtete vor Homer Simpson, Krümel tanzte singend umher und der Wackeldackel kommentierte alles mit stetigem Nicken. Gegen Ende des Tages gab es dann die große Filmvorführung. Und alles, aber auch wirklich alles, lag auf dem Boden und lachte. Na gut. Henrike hatte als einzige keinen Platz auf dem Sofa bekommen und hatte sich kurzerhand vor die Füße der anderen gesetzt. So war sie die einzige die lag, aber die anderen waren auch kurz davor. Danach setzte sie sich wieder auf und reckte ihren Kopf zu den anderen hoch. „Machen wir morgen mit dem filmen weiter?“, fragte sie wie ein kleines Mädchen, dass es kaum abwarten könnte bis Weihnachten war. „Ja, Klein-Rike.“, sprach der Graf und tätschelte ihr den Kopf. „Soooo…“ Farin zog das Wort extra in die Länge, damit er auch ja von allen die Aufmerksamkeit hatte. „Wenn es für euch alle in Ordnung geht, werden wir Übermorgen die Interviews abdrehen. Sie kommen dann nicht sofort ins Netz, aber dann haben wir das schon mal erledigt.“ „Morgen kriegt ihr von uns dann Fragebögen, dann könnt ihr euch schon ein bisschen vorbereiten.“ Rod erhob sich bevor er weiter sprach. „So! Jetz wird aber noch geprobt!!! Husch husch.“ Er scheuchte die anderen mit den Händen vom Sofa, so dass Henrike ganz schön aufpassen musste, dass keiner ihr auf die Füße trat. „Brauchst du Hilfe?“ Sie sah eine Hand, die vor ihrem Gesicht auf tauchte. Als sie diese ergriff und schon halb oben war, sah sie, dass es Farin war. „Hätts auch allein geschafft. Aber trotzdem Danke.“ Er lächelte und ging schon mal voraus. Kapitel 10: Ekelpack -------------------- Ekelpack „Sind wir hier richtig?“ „Ja, ganz sicher.“ „Dann bin ich beruhigt.“ So machten Celina und Henrike sich auf, Richtung Eingang. „Ich war hier schon mal. Dort hinten ist die Schranke.“ „Wie, du warst hier mal?“ Verwundert sah Celina zu ihrer kleineren Freundin. „Ja. Mit der Schulklasse, bei so einem Berufsmarkt. Ist schon länger her.“ Das war natürlich einleuchtend. Es war nun mal nicht die übliche Verteilung unter den beiden Freundinnen. Normalerweise war diejenige Celina, die alle Leute und Studios irgendwie kannte. Da genoss es Henrike schon ein bisschen, dass es mal anders herum war. Zwischen 13-14 Uhr sollten sie hier eintreffen, um Punkt 14 würden dann die Interviews losgehen. Die beiden hatten auch brav ihre Fragebögen ausgefüllt. Celina kannte das mit den Interviews ja schon vom FURT, doch Rike wurde wieder nervös. Es war halt nicht unbedingt eine alltägliche Situation für sie. Allerdings war die Nervosität dieses Mal eher positiv. Mehr freudige Aufregung, als Angst vor dem kommenden. An der Schranke mussten sie dann nur noch die Pässe vorweisen, dann waren sie endgültig im Studio. Der Aufseher an der Schranke hatte ihnen noch schnell einen Plan in die Hand gedrückt, damit sie sich besser zu Recht fanden. Bekanntlich waren/sind Fernsehstudios ja die reinsten Irrgärten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es konnte dran liegen, dass Celina ehemalige Pfadfinderin war. Oder auch daran, dass Henrike bis heute einen sehr guten Orientierungssinn hat. Jedenfalls brauchten sie gerade Mal 10 Minuten bis zum Treffpunkt. Der aufseher hatte ihnen gesagt, dass Sie (tatsächlich hatte eine gewisse Betonung auf diesem Wort gelegen) wohl mindestens eine halbe Stunde brauchen würden. Offenbar wieder einer dieser Männer, die von gewissen (Frauen)Klischees sehr überzeugt sind. Über einen größeren Hof kamen sie zu einer offenen Tür, bei der Rod stand und rauchte. „Moin!“, grüßte die Rothaarige ihn sogleich, was er sofort erwiderte. „Morgen. Sehr schön, dann sind wir jetzt fast vollzählig.“ „Wer fehlt denn noch?“, fragte Celina. „Eigentlich nur noch Dirk. Hat sich wahrscheinlich wieder verlaufen.“ Rod wirkte ziemlich gelassen. Ein sicheres Indiz dafür, dass Belas Verspätungen nicht selten vorkamen. Henrike beobachtete, wie dieser gerade seine Zigarette auf dem Boden zerdrückte. „Ihr könntet ja schon mal in die Garderobe gehen. Mischa macht sich dort schon zurecht. Ich bring euch schnell hin.“ Man merkte schnell, dass ein Fremdenführer hier recht nützlich war. Erst nach mehreren Gängen und Abzweigungen kamen sie bei ihrem Ziel an. Rod wies mit der Hand zur Tür. „Ihr könnt auch so fertig machen wie ihr wollt. Wir, also Jan und auch hoffentlich bald Dirk, werden dann hier warten.“ Henrike wollte eintreten, doch da hielt sie das Erscheinen des zweiten Arztes davon hab. Erfreut wandte sie sich ihm zu, aber Farin schritt schnell an ihnen vorbei. Nur ein kurzes genuscheltes „Morgen.“, dann war er weg. Rike starrte ihm verwirrt nach. Was war das denn? „Was hat er denn?“ Celina war es, die Rikes Frage aussprach. Rod schien kurz herum zu drucksen, jedenfalls wirkte es für gerade mal drei Sekunden so. „Er hat heute wohl schlechte Laune. Er meinte vorhin noch, er hat sich bis 14 Uhr wieder aufgerafft…“ Seine Worte klangen skeptischer, als sie es eigentlich sein sollten. Henrike sah nach links zu Celina, die nur mit den Schultern zucken konnte. „Na gut. Dann machen wir uns mal fertig!“, beschloss die dunkelhaarige und zog die Hamburgerin mit sich, in die Garderobe. Was hat er denn nur? Diese Frage schwirrte Henrike immer wieder durch den Kopf. Er hatte ihr doch von einem Problem erzählt, lag es daran? Und um was genau handelte es sich dabei? Sie konnte sich erst von ihren Grübeleien lösen, als ihre Freundin mit der Hand vor ihrem Gesicht wedelte. „He, beeil dich Sweetie. So viel Zeit haben wir nun auch nicht mehr.“ Die Rothaarige blickte zur Uhr, die über der Tür hing. 13:30 Erst jetzt nahm Henrike überhaupt die Umgebung war. Der Raum schien schon älter zu sein, nicht sonderlich groß, aber doch, auf eine ganz eigene Art gemütlich. An der linken Wand standen zwei Schminktische, deren Spiegel mit Glühbirnen umrandet waren. Auf der rechten Seite, beanspruchte eine breite Couch den ganzen Platz für sich. Unentschlossen schmiss sie zu erst ihre Tasche aufs Sofa und sich gleich mit drauf. „Tag.“ Rechts von ihr ging eine weitere Tür auf und Michaela kam zum Vorschein. Offenbar war dies die Garderobentoilette. Henrike reagierte nur mit einem schiefen Lächeln und versank wieder in Gedanken. „Okeee…“ Michaela wandte sich mit einem eher unsympathischem Gesichtsausdruck ab zum zweiten Schminktisch. Celina hatte sich an den ersten gesetzt und begonnen, sich zu schminken. „Was?“, fragte Rike gleich darauf. Michaelas Ton gefiel ihr gar nicht... Sie wollte keine Elternpredigt abhalten, aber momentan reizte sie Michaelas Gehabe. „Ach nichts.“ Henrike schnaubte verächtlich. Das war so klar gewesen. „Von wegen nichts. Aber wenn du zu feige bist, mir deine Meinung ins Gesicht zu sagen…“ Sie spürte wie Celinas Blick sich auf sie richtete. Auch Michaela drehte sich ihr zu. Sie schein erstaunt, verbarg es aber gut. „Zu feige bestimmt nicht…eher zu rücksichtvoll.“ „Bitte?! Jetzt kommts aber dick hier. Ich hab keine Ahnung für wie blöd du mich hältst, aber ich merke wahrscheinlich wesentlich mehr als du.“ Henrike zierte sich nicht mehr, ihren Ärger über diese olle Blondine zu unterdrücken. Sie war zwar relativ abgehärtet, aber früher, als sie es noch nicht war, hatte sie diesen ganzen scheiß in sich hinein gefressen. Mehr als ein kleines Häufchen Elend war sie damals nicht. Nun aber, nach diesen ganzen Dramen, traute sie sich 1. den Mund auf zu machen, wenn sie etwas störte 2. ließ sie ihre Wut heraus. Manchmal passierte das dann ziemlich plötzlich, wie bei einem Vulkan, der ohne Vorwarnung ausbricht. Die ganze Situation jetzt, konnte man durch aus unter diese Kategorie stellen. Aber Henrike hatte neben ihrer Wut doch auch allmählich das Gefühl, dass Michaela mal jemand die Meinung geigen sollte. „Wenn du es unbedingt wissen willst: Du kommst nicht sonderlich Frauenhaft rüber.“ Man sah eindeutig, dass Michaela sich auf die Unterlippe biss. Wohl um noch ein paar Worte knapp zu unterdrücken. „Na und? Wo ist da das Problem? Dafür verstehe ich mich mit Männern besser als die meisten anderen Frauen.“ „Eben! Du behandelst sie alle wie Kumpel. Also mich wundert es nicht, dass du keinen Freund hast.“ Äh was? Woher wusste sie das? Irritiert starrte sie zu Celina, die sie entschuldigend anblickte. Na besten Dank. Michaela drehte sich wieder dem Spiegel zu. „Außerdem würde ich mir nie zerrisse Sachen überwerfen…“ „Och, entschuldige, dass mir Markenklamotten scheißegal sind!“ Jetzt hatte Henrike genug. Sie war aufgesprungen und sah auf die, eigentlich größere, Frau hinab. Michaelas Blick schien eiskalt zu werden, als sie sich langsam aufrichtete. Nun überragte sie die Hamburgerin, was Henrike zwar nicht angenehm war, sie aber ganz bestimmt nicht aufhielt. „Tja, ich lauf halt nicht wie ein Azi herum.“ „Hey hey.“ Celina sprang auf und lief mit beschwichtigenden Gesten zwischen die beiden Frauen. Allerdings war Henrike inzwischen ziemlich verärgert und so ignorierte sie ihre Freundin gekonnt. „Ach ja?? Wenigstens hab ich meinen eigenen Willen und folge nicht dem Kleindungsstil den andere einem vorgeben!“ „Ja, DAS merk man!“ „Jaha, DAS will ICH auch hoffen!“ Keine Sekunde später war das Wortgefecht endgültig in vollem Gange. Celina stand ziemlich hilflos daneben und versuchte das Klima irgendwie zu mildern. „JETZT SEIT DOCH MAL RUHIG! Das hilft nun wirklich keinem!“ „Sie hat angefangen!!!“ Der Satz war beiden Frauen gleichzeitig über die Lippen gekommen. Zwei Sekunden herrschte Stille, dann funkelten sich die beiden Kratzfurien an und stürzten sich wieder auf einander. „Ich fand es noch nie Erstrebenswert, mich wie eine Nu…“ Krampfhaft bis Rike sich auf die Lippen. DAS sollte sie nun wirklich besser meiden. Doch Michaela war nicht dumm und hatte natürlich schon verstanden, was die jüngere ihr gerade fast an den Kopf geworfen hatte. „Solltest dir vielleicht mal was zu Recht legen, bevor du herum brüllst!“ „ICH BRÜLLE NICHT RUM!!!!!!“ Totenstille erfüllte den Raum, aber man hatte den Eindruck, man konnte die Luft knistern hören. Henrike hatte die Fäuste geballt und starrte die Blonde wutschnaubend an. Keiner hatte bemerkte, dass die beiden Herren im Türrahmen standen. Eigentlich wollten sie bescheid sagen, dass es in 10 Minuten losgehen würde, jedoch schienen sie leicht geplättet von dem Theater vor ihnen. Anscheinend hatten sie noch nie Frauen streiten sehn, oder wenn doch, dann war es anscheinend schon länger her… Die Rothaarige schloss kurz die Augen und wandte sich dann zur Tür. Rod und Farin ließen sie auch rasch durch, nachdem sie noch „Ich muss mich kurz abreagieren“ gemurmelt hatte. „Also ehrlich gesagt… ich hätte ihr so eine Brüllkraft nicht zu getraut.“ Alles schaute zu dem blonden Riesen und wurde Zeuge eines interessanten Gesichtsausdrucks, zwischen Anerkennung und Erstaunen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Schnaubend stampfte Rike den Gang hinunter. Jetzt war sie wirklich kurz vor 180 und wollte nichts sehnlicher, als einen Raum, oder ein Kissen zum hinein brüllen. „Ah, Rike!“ Abrupt blieb sie stehen und sah sich nach demjenigen um, der so erfreut nach ihr gerufen hatte. Keine Sekunde später, stand der Graf keuchend vor ihr. „KISS sei Dank…ich dachte…schon…ich find hier nie einen von euch.“ Henrike blickte mit gemischten Gefühlen zu ihm. Einerseits war sie noch immer stock sauer, andererseits brachte er momentan ihre Mundwinkel zum zucken. „Öhm, ist was? Bin ich so spät dran?“ Irritiert über ihren Gesichtausdruck schaute er schnell auf seine Armbanduhr. „Nein! Ich…“ Bela wandte sich ihr sofort wieder zu, als sie den Satz anfing. Jedoch brachte sie diese Geste zum schweigen. „Ähm…Geh den Gang dort einfach bis zum Ende, dann bist du bei den anderen. Ich öhm…“, ihre Augen flogen umher und erhaschten die wohl beste Ausrede überhaupt. „Ich wollte nur kurz zur Toilette. Komm gleich nach.“ Sie lies ihn gar nicht erst zu Wort kommen und verschwand schnell hinter der Damenklotür. Puh. Seufzend lehnte sie an dem nun verschlossenen Stück Holz. Sie war erleichtert, Bela nicht auch noch das ganze Dilemma hatte erklären müssen. Was sie brauchte, war jetzt wirklich etwas Ruhe. Eher unterbewusst schritt sie zum Waschbecken und drehte den Hahn auf. Als dass Wasser heraus quoll, stand sich kurz unentschlossen da. Das Plätschern klang sehr angenehm in ihren Ohren und beruhigte sie tatsächlich ein wenig. Schließlich beugte sie sich vor und wusch sich Gesicht und Hände. `OK, Rike. Jetzt überleg dir mal, wie du das jetzt wieder grade biegen kannst…` Im Nachhinein kam sie sich doch dumm vor. So ein Gezicke war wirklich nicht nötig gewesen und wer weiß, was ihr das nun eingebrockt hatte. Allerdings konnte sie nicht behaupten, dass es ihr Leid täte. Entnervt strich sie sich druchs Haar. „Fuck…“ Pünktlich wie immer trafen sämtliche Befürchtungen ein. Hatte die Aktion von eben vielleicht sogar zu ihrem Rauswurf geführt? Was dachten Rod und Farin jetzt von ihr? Konnte sie jetzt überhaupt noch mit Michaela zusammen arbeiten? `Reiß dich zusammen! Es war „nur“ ein Streit, kein Weltkrieg. ` Um sich etwas abzulenken, dachte sie an die vorherigen Tage. An den ganzen Quatsch, den sie zu sechst angestellt hatten, mit den Puppen unter anderem. Tatsächlich fing sie plötzlich an zu lachen. Ach verdammt, jetzt waren sie schon fast einen Monat beisammen, da würde man sie bestimmt nicht so einfach raus werfen. Sie stellte den Wasserhahn ab, der nun doch schon ne Weile lief, und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. „Hey“ Henrike war überrascht, jemanden zu hören und warf schnell einen Blick in den Spiegel. Und was sie sah trieb ihre Stimmung wieder nahe dem Tiefpunkt. „Was ist?“, sagte sie recht unfreundlich und wollte eigentlich nicht unbedingt eine Antwort haben. Sie hatte mit dieser blonden Zimtzicke schon genug Ärger. Stumm kam diese auf sie zu und stellte sich an das Waschbacken neben ihr. Stille trat ein, die nur durch gelegentliches Plätschern unterbrochen wurde. Henrike spürte, wie schon so oft, wie die blonde Frau sie von der Seite schief an sah. Nur knapp unterdrückte sie ein Fauchen, sie hasste es, wenn Leute sich tatsächlich für etwas Besseres hielten. Eben unter solchen Menschen hatte sie als Jugendliche ganz schön leiden müssen. Doch gleichzeitig wollte sie ihren Job und alles nicht gefährden, weshalb sie sich beherrschte. Um nicht doch noch aus zu brechen, wandte sie sich schnell zum gehen. „Rike!“ Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht zu Michaela. „Was?“, fragte sie barsch und fügte ihr gedanklich noch ein paar nette Kosenamen hinzu. Es wurde still. Nix tropfte, keiner redete, es war einfach nur totenstill. Die Rothaarige war schon wieder ziemlich genervt und beschloss, lieber zu gehen. „Ich wollte mich entschuldigen.“ Im ersten Moment glaubte die Hamburgerin sich verhört zu haben. Unsicher wandte sie den Kopf leicht zu ihrer „Kollegin“. „Hast dich nicht verhört. Ich will mich wirklich entschuldigen.“ Nun drehte Rike sich der blonden Frau komplett zu. Michaela stand mit dem Gesicht zum Spiegel und hatte den Kopf gesenkt. „Unglaublich aber war…“ Es klang verächtlich und bitter. Henrike musste unwillkürlich schlucken. Was sollte sie jetzt bloß sagen? Unentschlossen blieb sie auf ein und demselben Fleck stehen und wartete Michaelas nächste Worte ab. Und es dauerte tatsächlich nicht sehr lang, bis diese kamen. „Mir ist absolut bewusst, dass ich manchmal total wie eine arrogante Arschkuh wirke. Vielleicht…oder auch wahrscheinlich… bin ich das sogar. Oft tut mir das nachher Leid aber…“ Sie blickte auf in den Spiegel und sah somit Henrike direkt in die Augen. „So bin ich nun mal geworden! Es bessert sich ja… aber ich…“ Man merkte deutlich, dass es Michaela unangenehm war, das nächste aus zu sprechen. „Ich hab ganz schön was durch gemacht. Du ja glaube ich auch. Jedenfalls wirktest du nicht so, als ob du solche Sachen zum ersten Mal hörst.“ Es ging einfach nicht anders. Die beiden Frauen mussten sich angrinsen. Anscheinend hatten sie doch ein paar Gemeinsamkeiten. „Ich war fast schon immer Außenseiterin. In den letzten Schuljahren fanden es 90% der Schüler auch noch verdammt witzig und mutig mich als allein stehende zu mobben. Irgendwann bin ich dann Punk geworden und war ab dann verdammt stolz darauf, „anders“ zu sein. Und bei dir?“ Der Blick der blonden senkte sich wieder. „Ich war meinen Eltern ziemlich egal. Haben mich immer nur im Kinderzimmer vergammeln lassen. Sobald ich 18 war bin ich abgehauen und hab mich irgendwie durch dieses scheiß Business geschlagen. Schminke und Mode hab ich schon immer gemocht. Du glaubst gar nicht wie stolz ich war, als ich mir das leisten konnte. Und dann auch noch von MEINEM eigenen sauer verdientem Geld!“ Ihr Gesicht schwoll vor stolz an und Henrike musste breit grinsen. „Aber… sonderlich viele Freunde hab ich bis heute nicht.“ Und wieder war es still. Dieses mal sogar fast noch länger als zuvor. Henrike konnte nicht anders, als nun ebenfalls schief zu lächeln. Das Drama mit der Einsamkeit. Woher kannte sie das nur? Hach ja… „Kenn ich…“, seufzte sie und ging auf die blonde Schönheit zu. „Ich muss mich wohl auch entschuldigen. Ich bin manchmal sehr bis überempfindlich… Liegt in der Familie.“, den letzten Satz fügte sie mit einem leichtes Lächeln noch hinzu. Und Mischa erwiderte es. „Auch für das, was ich fast gesagt habe.“ Henrike meinte damit das nur knapp unterdrückte Schimpfwort. „Und für das, was ich gesagt hab. Du bist wirklich alles andere als ein Azi.“ „Puh!“, sagte die Hamburgerin und wischte sich theatralisch den Schweiß von der Stirn. Mischa lachte mit. „Na komm!“, sagte sie und ehe Rike sich versah, herzte die blonde Frau sie. Kurz blieb Rike regungslos, dann erwiderte sie die Geste zaghaft. „Oh shit!“ „Was ist?“ Mischa ließ Henrike schnell los. „Es ist eine Minute vor 2. Wir müssen los!“ Um ehrlich zu sein, hatte Henrike nicht geglaubt, dass das ganze Theater so positiv enden würde. Aber erstens war gerade das passiert und zweitens war ihr Mischa nun um einiges sympathischer. Kapitel 11: Du redest QUARK!!! ------------------------------ Du redest QUARK!!! „Nanu, nanu. Plötzlich so in Harmonie?“ Rodrigo war richtig erstaunt, als er die beiden, ohne Gezicke und Gekreische, nebeneinander herbei schreiten sah. „Tja, Diplomatie.“, antwortete Rike darauf hin und Mischa lachte neben ihr auf. „Mädels: Ich bin stolz auf euch!“ Celina kam auf sie zu und nahm beide auf einmal in die Arme. Da beide Mädchen einen gewissen Stolz hatten, hatte Celina bereits damit gerechnet, dass sich der Zickenkrieg bis in die Ewigkeit weiter ziehen würde. Auch hatte sie befürchtet, in Zukunft nur noch als Informationsbotin hätte fungieren müssen, da sie sich mit beiden Frauen verstand. Und bei einem dauerhaften Streit hätten die beiden Frauen wahrscheinlich, wie eben für Frauen oft typisch, kein Wort mit einander gewechselt. „OK, anscheinend hab ich doch was verpasst. Haben die zwei sich gestritten?“, fragte Dirk leise an Jan gewandt. Da sich der Graf verspätet hatte, hatte er so das ganze Unwetter verpasst und kam nicht ganz hinterher. Allerdings hatte er ebenso wenig mitbekommen, dass es auch zwischen Jan und Rodrigo eben gekracht hatte. Aber das musste er auch nicht unbedingt wissen… Jan wandte den Blick von einer der Damen ab und antwortete Dirk. „Sagen wir es so: Rike hat bewiesen, dass sie anscheinend über ein ziemliches Organ verfügt.“ „Hey, und dir geht’s auch besser, jetzt bin ich echt happy!“ Celina grinste erfreut zu Farin, der müde lächelte. „Sorry… hab Gestern die ganze Nacht durch gemacht.“ „So? Was hast du denn so getrieben?“ Bei dem letzten Wort machte sich das breite Farin Grinsen auf seinem Gesicht… nun ja…briet halt ;) . „Hemmungslos, wild und irre versaut… hab ich die ganze Zeit an Songs rum geschrieben.“ Die ersten Worte hatten ja was ganz anderes angedeutet. So war es nicht verwunderlich, dass gelacht wurde. Henrike bemerkte dass sie in diesem Moment, dass sie vor Farin stand. So sah sie, dass er tatsächlich tiefe Augenränder hatte. Das eben erzählte war also keine Ausrede gewesen. „Hey.“ Natürlich musste sie wieder zu ihm hoch blicken, daran hatte sie sich aber inzwischen gewöhnt. „Gut dass ihr euch vertragen habt. Ich glaub Rod hat schon sicher damit gerechnet, auch bei euch in Zukunft Schiedsrichter sein zu müssen.“ Sie konnte nicht verhindern leise zu lachen. Eigentlich wollte sie ernst bleiben. Warum wusste sie nicht so genau. „Und schön dass sich deine Laune gebessert hat.“ Schüchtern lächelte hoch. Sein Lächeln verringerte sich etwas. Er sah sie immer noch an und sie spürte förmlich, wie er nach dachte. „Weißt du, ich…“ „KOMM JAN, DAS ERSTE INTERVIEW GEHT LOS!!!“ Während sie noch geredet hatten, waren die anderen in den Raum nebenan gegangen. Belas kräftige Stimme hallte durch die nun herrschende Stille. Jan stand unschlüssig da. Henrike war immer noch still und sah abwartend zu ihm hoch. Sie wusste, weshalb sie sich dessen so sicher war, aber sie war fest davon überzeugt, dass er ihr gerade etwas Wichtiges erzählen wollte. Ihre Lippen pressten auf einander. Die Neugier nagte in ihr, aber sie hielt es für falsch, jetzt nach einer Antwort zu wühlen. „Na komm!“, sagte sie schließlich mit einem Lächeln in seine Richtung. „Wir…können ja ein anderes Mal weiter quatschen.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike war als letztes dran mit ausgequetscht werden. Solang stand sie neben der Kulisse und hörte interessiert zu. Der Fragebogen wurde zur rate gezogen und sie erfuhr, welche Tiere Celina und Mischa für die Männer ausgewählt hatten. Gehörte schon bei den FURT Interviews dazu und hatte ihr schon damals gefallen. Celina blieb dabei, dass Farin ein Pferd war und Mischa hatte sich für Giraffe entschieden. Einem Leid tun konnte Bela, der tatsächlich Geier und Hyäne genant wurde. Da hatte Rod es schon besser, der… „Rike, du bist dran!“ „Was? Ach so, ja, ich komme!“ Interview Manuel Andrack: „Als nächstes haben wir die Henrike aus Hamburg.“ Henrike: „Jap. Moin moin.“ M.A.: „Moin. *lacht* Wie gehts denn so?“ H: „Gut danke. Und selbst?“ M.A.: „Auch. Wir fangen dann gleich mal mit Rod an. Oder besser mit den drei Adjektiven.“ (Henrike blickte kurz zu dem schwarz haarigen Bassisten.) M.A.: „Hat mir gut gefallen: Übermusikalisch, cool und tanzbegabt.“ (Bei dem letzten Adjektiv lachten die drei Männer neben ihr auf.) Rod: „Soso… Is mal was Neues.“ (Er kratzte sich grinsend am Kinn) M.A.: „Dann erklär mal.“ H: „Gern. Also Rod ist… wie soll ich sagen? Es… ist echt scheiß egal, was für ein Instrument du ihm gibt’s, er schließt sich damit ne Woche ein und dann kann er es perfekt.“ FU: „Typisches Merkmal für überqualifizierte.“ M.A.: „Dann ja cool… etwas was jetzt ganz überraschend kam.“ H: „Jawoll!“ M.A.: „Mein liebstes ist ja das „tanzbegabt“. Denn tanzen ist ja nun doch eher ungewöhnlich für einen Rockstar. Wie bist du bitte da drauf gekommen?“ H: „Hab ihn mir halt lang… laaaaaaaaaaang angesehn. *Gelächter* Einmal das und dann bin ich ja einer der ganz fanatischen Sorte von Ärzte Fans und hab ziemlich viele Aufnahmen. Es ist mir persönlich schon sehr aufgefallen, dass er sich sehr… ähm geschmeidig zu der Musik bewegt. Da hab ich dass dann raus erspäht.“ M.A.: „Findest du auch, dass Rod beim „3 Tage Bart“ Video besser getanzt hat als Farin und Bela?“ H: „Öhhm…“ (Stille. Dann wieder lautes Lachen.) H: „Es tut mir Leid, aber dafür muss ich das Video noch mal genauer analysieren.“ M.A.: „OK. Dann kommen wir jetzt zu dem Tier. Dran kam heute schon Panther und Rabe. Aber dein Tier geht da in ne andere Richtung. Bei dir ist es ein Beo.“ (Henrike konnte sehen, wie es im Kopf des Chilenen ratterte. `Beo, Beo…` Als es ihm dann einfiel legte er den Kopf in den Nacken und lachte kurz darauf.) M.A.: „Ich kenn die jetzt nicht sonderlich, hab aber gehört, die sollen sehr gesprächig sein…“ H: „Zumindest extrem sprachbegabt. Die können so gut wie jeden Laut nach ahmen. Da musste ich sehr an Rod denken, weil er sich ja auch alles bei bringt und das dann auch noch perfekt kann. Dann natürlich wegen schwarz. (sie zwinkerte kurz in seine Richtung) Bei ihm ist so gut wie immer alles schwarz, bis auf ein paar Farbklackse, wie beim BEO. Und dann haben sie auch eine sehr ruhige Ausstrahlung. Und sie singen verdammt gern. Du singst doch gern, oder?“ (fragte sie an Rod bewandt) R: „Joa.“ H: „Na also!“ M.A.: „Ich geh dann mal gleich weiter zu Bela.“ BB: „Sehr schön.“ R: „Ja nich.“ H: „Endlich muss der Bassist die Klappe halten.“ (Alles lacht.) R: „Ja nüsch?“ M.A.: „Ich merk schon, ist ne sehr lustige runde hier. Deine drei Adjektive für ihn sind: witzig, gruftig… und ich seh hier grad, dass du extra und 5 Mal unterstrichen angeschrieben hast. Dass alle drei „sehr charmant“ sind! H.: Genau. Damit sich keiner benachteiligt fühlt (lachen) M.A.: Und als drittes hast du Elvisfan. Ist mir neu, dass das ein Adjektiv ist? (Bela starrt fragend zu Rike, die nur unschuldig mit den Schultern zuckt) H.: Also erstens: Bei mir geht das; und zweitens: Ist mir nix besseres eingefallen. (wieder allgemeines lachen. Bela schickt eine „Stille-Ellbogen-Anstoß-Post“ mit Hilfe seiner beiden Bandkollegen los, die auch bei der Zielperson (Henrike) ankommt) M.A.: Bevor du umgebracht wirst, kannst du das doch noch durch ein paar charmante Worte wieder ausgleichen. (Rike wehrt sich kurz gegen die hinterhältige Attacke und wendet sich dann wieder MA zu) H.: Hatte ich sowieso vor. Ich bin ja spontan. (grinst) Ich glaub, lustig muss ich nicht näher erläutern. Gruftig… vom Aussehen her nicht mehr soooo extrem, aber er sammelt massig Totenschädel, dann nennt man ihn ja nicht umsonst den Grafen und zum dritten hört er wirklich teils echt hartes Zeug. BB.: Du doch auch! H.: Öhm schon. Aber bei is weniger Blut dabei. (Bela grinst ihr kurz zu) H.: Elvis Fan zu sein ist ja eigentlich schon fast eine komplette Lebenseinstellung. Bela ist auch derjenige, der immer die ausgefallendsten Klamotten hat und… korrigiert mich… oft auch der ist, der am meisten post. M.A.: Verstehe. Kommen wir zum Tier. Es hat mich nicht sonderlich überrascht, dass dieses Tier mit Bela in Verbindung gefallen ist, aber trotzdem bin ich auf die Erklärung gespannt. Bela, sie nannte dich Wolf. (Farin deutet kurz Wolfsgeheul an) H.: Ne sonderlich gute Erklärung hab ich eigentlich nicht. Ich hab da an die Haare denken müssen, so wie du sie früher hattest. Also für alle, die nicht wissen wie das aussah… (Henrike schlug ihren Haarschopf von hinten nach vorne, so dass ein roter Vorhang ihr Gesicht halb bedeckte) BB.: Ja stimmt fast. Aber ich hab meine nicht in einen Eimer roter Farbe getaucht. (Henrike schlägt ihre Mähne mit einem Schwung zurück in den Nacken) H.: Wer sagt denn, dass das Farbe ist… M.A.: Sind die Harre der einzige Grund? H.: Nein nein. Ein bisschen nachgedacht hab ich ja schon. Er ist ja der Nachtaktive unter den dreien. Sprich der, der immer den Vollmond anheult. R.: (trocken) In der Tat. H.: (seeeehr spontan) Rod nich. Der hat nur nen Werschwanz. (alles fängt an heftigst zu lachen. Nur Manuel guckt ziemlich ratlos drein) H.: Haben sie…oder darf ich du sagen? Ich sag du! Hast du schon mal „Männer haben kein Gehirn“ gehört? M.A.: Ähm, nein… (guckt kurz schief zur Seite, bis er ebenfalls anfängt zu lachen) Kann ich ja noch nachholen. Jetzt widmen wir unsere Aufmerksamkeit lieber dem Herrn Urlaub. Ich machs dieses Mal kurz. Die drei Adjektive sind; blond, gut gelaunt und spontan. Gefällt dir das, Farin? FU: Joa, damit kann ich leben. M.A.: Das Tier… meiner Meinung nach ist es das Top-Tier mit dem du heute bezeichnet wirst. Weißer Kakadu. (Farin dreht sich lachend weg) BB.: YES!!! Auf so nen Tier hab ich gewartet! FU: Farin will nen Kekks! (alles lacht) FU: Toll… dann erklär jetzt auch mal. H.: No problem. Also… sie können brabbeln ohne Ende (grinst) Dann wegen dem aussehen, allein schon wegen den Haaren. Ich sich der Vogel freut stehn sie gerade nach oben, ansonsten sind sie glatt nach hinten gekämmt. M.A.: Ach, davon ist das abhängig? FU.: Selbstverständlich! H.: Und sie sind, wenn ich mich da jetzt nicht total irre, nicht sesshaft. Sie wechseln ständig den Ort, wo wir bei Farins Reiselust wären. Und sie singen gern…lassen sich gern grauln. (lacht) Und haben ne riesen Fresse. BB.: YES SIR!!! (Bela kassiert für diese Aussage einen Stoß mit dem Ellenbogen von Farin) M.A.: Ich sags ja, das Top-Tier des heutigen Tages. Kommen wir jetzt zu dir… Du hast ja eine eigene Band und da bist du die einzige von den drei Mitgliederinnen der „Three Sweet Gwendolines“. Ich hab auch rockig, punkig… H.: Auf. Jeden Fall frecher, wilder und härter als diese ganzen anderen Bands mit Frontfrauen, die grad populär sind. M.A.: Haben Die Ärzte schon mal was von der Musik die ihr so produziert gehört? H.: Öhm…Bisher noch nicht. (grinst) Kommt aber bestimmt noch. M.A.: Ich bedanke mich herzlich fürs Interview und wünsche dir noch viel Spaß mit den… Herren… (lachen) H.: Danke. Wird ich bestimmt haben. (wackelt bedeutungsvoll mit den Augenbrauen) Kapitel 12: Es wird eng ----------------------- Es wird eng Jetzt war es soweit. Das erste Konzert von die ärzte mit den Three Sweet Gwendolines. Na gut, es war „nur“ ein Geheimkonzert, welches sie in der „Großen Freiheit“ in Hamburg abhalten würden. Mit diesem wollten die ärzte ihr „neues Personal“ mal an testen. Vor allem wie das Publikum die Idee mit den Mädchen aufnehmen würde. Eben dieses (also das Publikum) ahnte wahrscheinlich noch nicht einmal von so einer Aktion, da die Interviews erst am Tag danach auf der Homepage erscheinen würden. „Ich hab Angst.“ … „Ich hab Angst.“ … „Ich hab Angst.“ „Jaaaaaaaaahhhh Klein-Rike, wir haben es begriffen!“ Celina tätschelte ihrer Freundin den Kopf. Diese hatte seit einer halben Stunde keine bessere Beschäftigung, als diese drei Worte immer wieder auf zu sagen. Dabei hatte sie gar nicht soooo viel Schiss, aber dadurch zog man halt Aufmerksamkeit auf sich. Und die braucht sie jetzt wirklich! Allein schon zur Beruhigung. Nur auf dem Sofa zu hocken und die Zeit abzusitzen reichte da nicht aus. Bela, Farin und Rod erledigten die letzten Kleinigkeiten, Mischa war kurz zur Toilette gegangen. Zum ersten Mal, seit Henrike die blonde Schönheit kannte, hatte Rike sie dabei ertappt, wie sie nervös wurde. Und Michaela war so gut wie nie nervös, oder zumindest lies sie sich das, als alter Hase im Business, nicht anmerken. Aber dass sie ganze fünf Mal hinter einander auf die Toilette verschwand war selbst für sie ziemlich ungewöhnlich. Ein Blick auf die Uhr. Noch 10 Minuten. Genau genommen waren es für sie 20 Minuten, den Anfang würden die Herren allein machen. „Hab meine Beruhigungspillen vergessen…“, fing die Hamburgerin nun an zu maulen und Celina verdrehte die Augen. „Ach komm, das schaffst schon. Bist doch ein grooooßes Mädel!“ Die Berlinerin drückte ihre Freundin kurz an sich und durch wuschelte die rote Haarmähne. Rike lachte und griff nun selbst in den Afro der größeren. Keine 1 ½ Sekunden später trugen die beiden „Frauen“ ein wildes Gefecht auf dem Sofa aus. Rike griff irgendwann zu unfairen Mitteln und versuchte der gelockten den Bademantel zu entwenden. Das Gerangel nahm auch kein Ende, als Mischa den Raum betrat. „So wir… was ist denn mit euch los?“ Etwas verdattert beobachtete sie die beiden. Eine Antwort schien jedoch keine der beiden für nötig zu halten, bis Mischa ein Sofakissen an den Kopf geknallt bekam. Michaela zuckte kurz zusammen, blieb aber wie eine Statue stehen. „Hmm hmm“, sie räusperte sich und bekam nun tatsächlich die Aufmerksamkeit ihrer Kolleginnen. Die blonde Schönheit zog sich noch einmal den Bund des Bademantels stramm, hob das Kissen vom Boden auf und stürzte sich mit dem Kampfschrei auf die völlig verdatterten Mädels. „Was geht denn hier ab?“, fragte Bela, der schon von weitem das Gekreische der drei Weiber gehört hatte. Die Angesprochenen versuchten erst einmal an Luft zu kommen, da sie sich eben noch gegenseitig durch gekitzelt hatten. „Nichts… hab nur meine beiden Schwestern verarztet.“ Henrike drehte sich grinsend auf den Bauch und sah zu Bela hoch, der nun lächelte. „Och…lass mir aber was von ihnen übrig…“ Der Kommentar stammte von Farin, der hinter Bela aufgetaucht war. „Wir wollten euch holen Mädels. Seit ihr soweit?“ Der Graf sah in die Runde und wartete eine Antwort ab. „Außer das wir noch immer unter akuter Atemnot leiden…“ Mischa begann demonstrativ an ihren „Kostüm“ herum zu ziehen. Auf der Stelle stimmten ihre Kolleginnen ihr zu. Deren Bademäntel waren alle offen und gaben die knappen und knallengen Outfits frei, die ihnen von den Ärzten verschrieben wurden. „Deswegen heißt ihr ja auch Gwendolines…“ Farin wackelte mit den Augenbrauen und ging schon voraus. Obwohl der Saal wesentlich kleiner war, als die Säle welche für die richtige Tour dran kommen würden, hatten sie sich vorgenommen, alles gnadenlos durch zu prügeln. Zumindest die erste Setlist, Änderungen konnte man ja später noch vornehmen… Jeder stand nun brav auf seinem Posten und es konnte eigentlich sofort losgehen. Farin stimmte noch an seiner Gitarre und jedes Mal, wenn deutlich Töne hervor kamen, brach die Menge in Jubel aus. Das weibliche Trio stand neben der Bühne, mit verschlossenen Bademänteln und warteten. Schon wieder. Rike trat unruhig auf den Boden herum und sah dem dreieinigen Gott zu. Alle waren in ihr Tun vertieft. Rod ging gerade an ihr vorbei und sie warfen sich noch schnell ein „Toi, toi, toi“ zu. Henrike sah wieder zu Farin, der in genau diesem Moment zu ihr blickte. Auch wenn sie sich selbst nicht sehen konnte, hatte sie dass Gefühl ihre Wangen liefen rot an. Lag wohl an der Aufregung. Farin jedoch lächelte nur und zwinkerte ihr zu. Als dann das Licht im Saal ausging und die ersten Töne erklangen fühlte sich Henrike unendlich befreit. Lächeln schloss sie die Augen und sang leise Farins Song mit. Setlist Himmelblau Nicht nur Rike hatte empfunden, dass dieses Lied ideal für den Anfang war. Kaum waren die ersten Akkorde gespielt tobte die Menge und drehte am meisten auf, als kurz vor der dritten Strophe der Vorhang (ein riesiges schwarzes Tuch mit dem typischen ärzte „ä“ und zwei gekreuzten Knochen darunter. Sprich: eine gigantische Piratenflagge im ärzte Design) mit einem Ruck von unten weg gezogen wurde. Lied vom Scheitern Gleich im Anschluss folgte Belas Song. Auch hier waren nur die drei Männer auf der Bühne, so wie sonst auch. Erst das nächste Lied würden sie zu sechst performen. Alle hatten es für klüger gehalten, nicht sofort mit den Sängerinnen nach vorne zu preschen. „Lieber sie erst in Sicherheit wiegen und dann hinterrücks attackieren“, wie Farin es ausdrückte… Sweet Sweet Gwendoline(s) Aber jetzt! Mit ein paar kleinen Texthänderungen wurden Three Sweet Gwendolines mit ihrer Hymne auf der Bühne empfangen. Alle drei hatten von den Herren für diese Nummer ein Leder Outfit in Gwendoline Look verpasst bekommen. Henrike hatte die drei Götter deswegen mehrmals als Sadisten beschimpft, da das so genannte Kleidungsstück ******* eng war. Aber erstens passte es für die Nummer und zweiten; waren die drei Herren der Boss. Bela hatte sich nicht geniert mehr als deutlich zu machen, dass er sich darauf am meisten gefreut hatte: Nämlich Macht über die Frauen auszuüben! Nach dieser Aussage hatte er eine Ankündigung, zur Frauenbewegung über zu laufen, von Henrike kassiert. (Aber war natürlich alles nur Spaß…;D) Eine weitere Veränderung war, dass das Lied unter den drei Herren aufgeteilt wurde. Somit sollte verdeutlicht werden, dass für jeden Arzt eine Gwen da war… Ansage Farin: HALLOOOOOOOO HAMBURG!!! GEHTS GUT? Publikum: JAAAAAAAHHH!!! Farin: Das ist doch schön. Bela: Wie ihr vielleicht, aber nur vielleicht, schon bemerkt habt, stehen hier drei junge Damen, eingezwängt in hautenge Lederoutfits auf der Bühne. Die drei sind heiß, sie sind wild und sie sind… Farin: …die THREE SWEET GWENDOLINES!!! Bitte begrüßt die Damen ganz ganz herzlich. Sie werden uns, da wir ja nicht mehr die jüngsten sind, ein wenig auf der Bühne unterstützten, uns hinter der Bühne pflegen… Bela: …uns das Essen vor kauen… und so was halt… Farin: Aber jetzt zu den wichtigen Einzelheiten. Rod, du hast das Wort. Rod: Danke Farin. Kommen wir zu einer ganz bestimmten Dame. Groß, sexy und blond… eine herzlichen Applaus für MICHAELA!!! Bela: Aus den tiefen des Berliner Dschungels ist sie zu uns gestoßen. Die deutsche und doch einzig wahre Beyonce: CELINA!!! Farin: Und last but not least. Jede Rockgruppe braucht irgendwann einen Teufel. Hier ist er, blass, rothaarig und schön vorgegart: HENRIKE!!! Die Menge begrüßte jede der drei Damen mit, die sich vor Belas Schlagzeug positioniert hatten, mit doch recht annehmbaren Applaus. Jede bedankte sich anders beim Publikum. Michaela warf ihnen einen Handkuss zu, Celina verbeugte sich und Rike nahm natürlich eine Rockerpose ein. Bitte, Bitte Und weil man doch schon so schön in Leder verpackt war, wurde gleich „Bitte, Bitte“ hinterher geschoben. Wieder bestand der Großteil des Frauengesangs aus Backing, jedoch sorgten sie auch für ein paar andere passende Geräusche und Kommentare. Danach verschwanden die Frauen von der Bühne, um sich für die nächste Nummer um zu ziehen. Deine Schuld „Deine Schuld“ kam relativ früh dran, verfehlte seine Wirkung aber auch hier nicht. Keiner der Zuschauer konnte sehen, was für einen Stress die drei Frauen hinter der Bühne hatten. Und das alles nur weil man aus diesen ****** Lederkluften so schlecht heraus kam. Mischa hatte schon vorgeschlagen, extra Gehalt für das Umziehen zu verlangen… Die ewige Maitresse Auch hier wurde der Song „normal“ vorgetragen. Danach folgte eine etwas längere Ansage, da Farin und Rod die Instrumente und Positionen tauschten. Rod Army Zu der Hymne des Bassisten hatten die Mädels eine etwas wildere Choreographie einstudiert. Außerdem traten sie in maßgeschneiderten Rod-Army-Uniformen auf, was beim Publikum sehr gut ankam. Marschierend und grandios kreischend unterstützten sie ihren „Meiser und Gebieter“ und machten die Nummer somit zu einem Highlight des Abends. Zum Schluss wurde noch salutiert, sich vor dem besten Bassisten der Welt verneigt und dann ging es auch schon wieder weg von der Bühne, ab ins nächste Outfit! Breit Wo Rod schon im Besitz der Gitarre war, wurde gleich sein Drogensong angestimmt. Zu diesem brachte Henrike einen gigantischen Joint auf die Bühne, der neben Rod abgestellt wurde. Lovepower Das erste der Duette vollzogen Celina und Rod. Für den Anlass hatte Celina die Uniform anbehalten und zog auf Stichwort einen Spiegel hervor, dem sie den Rest des Liedes entgegen schmachtete. ½ Lovesong Natürlich durfte SEIN Song nicht fehlen. Unterstützt wurde er dieses Mal von Mischa, die mit ihrer kräftigen Stimme dem Song noch mehr Gefühl und Kraft einflösste. Sie selbst sah wirklich toll aus. Das kurze dunkelblaue Kleid mit weißen Punkten versehen stand ihr echt super. Wie selbstverständlich wurden die Feuerzeuge hervor gekramt und die Halle wurde wie eine Sternenzelt erleuchtet. Kann es sein? Henrike war dran mit ihrem Rod Stück. Hier dürfte sie ordentlich los legen, was sie auch sehr genoss. Hier trug die eine Hose, ein feines kurzärmeliges Hemd und dazu eine weiße Krawatte, die sich bei der ansonsten schwarzen Kleidung sehr hervorhob. Die Haare waren, ausnahmsweise, mal nach oben gesteckt. Auf dem Weg zu Rod hin hatte Bela ihr noch seinen Hut aus den Kopf gesetzt. „Um die Eleganz perfekt zu machen.“ Hatte er es kommentiert. Der Text blieb im Großen und ganzen wie er war, jedoch änderte sich die Sicht durch die Änderungen: Wenn du eine(n) triffst, die (der) wie keine(r) ist, fühlst Was lang in dir rumorte (von der ganz speziellen Sorte) Wenn sie(er) deine Welt auf den Kopf dir stellt Wo sind dann die richtigen Worte? Kann das sein, bist du (nicht) nur Schein? Ich mach mir klar, du bist wahr Wenn du dich nicht traust, dir den Weg verbaust Wirst du nie die Wahrheit wissen So etwas kennst du nicht, voll aus dem Gleichgewicht Ich fang schon an dich zu vermissen Kann das sein, bist du (nicht) nur Schein? Ich mach mir klar, du bist wahr Alles, was du sagst Alles, was du fragst, wollte von mir noch niemand wissen Jedes Wort aus deinem Mund nimmt mir den Atem und Ich will dich augenblicklich küssen Kann das sein, bist du nicht nur Schein (bist du mein?) Mir wird klar, du bist wahr Meine Freunde Hier bestand die Hilfestellung der Frauen aus einem recht heitern „Tralalala“ und „schalalala“ Chor. Junge Das Lied konnte nur von den Göttern allein vor getragen werden! Allerdings wurde die Zeile „Und du warst so ein süßes Kind“ aus dem off, von den Frauen gesungen. Zu Spät Dazu mussten die Frauen natürlich sein und so kamen diese komplett in schwarz und in ärzte Shirts auf die Bühne. Nicht zum ersten Mal am Abend gab es auch Dialoge mit den Backgroundsängerinnen. So sagte Bela plötzlich: „Farin, ich will ein Kind von dir.“ Und Henrike darauf (mal wieder seeeeehr spontan): „Farin, ich BIN ein Kind von dir.“ Dem angesprochenen vielen fast du Augen aus dem Kopf und das Lied war praktisch im Arsch, da alles nur noch am lachen war. Teenangerliebe Nach einigen Lachkrämpfen und gescheiterten Gesangsversuchen, wechselte Farin einfach zum nächsten Stück über: Teenangerliebe. Dieses verlief dann etwas reibungsloser, wurde aber ebenfalls Opfer einiger amüsanter Unterbrechungen. Westerland DER Klassiker! Die Frauenstimmen im Hintergrund verstärkten das gesamte Feeling. Deine Freundin Ein paar lockere Sprüche, dann erklärte Farin dem Publikum, was es bei dem nächsten Song tuen solle. Nach dem Stichwort „Pflegeleicht“ sollten alle Frauen „OH YEAH!“ kreischen und die man „OH NO“ stöhnen. TSG machten es dem weiblichen Teil vor und Bela gab einen wahren Parade - Stöhner (XD) ab. Lasse redn Bei dem folgendem Lied wurde es erst einmal wieder leerer auf der Bühne. Eine neue Umziehphase stand an. Der Tag Es war absolut mehr als selbstverständlich, dass Celina mit Farin ihren gemeinsamen Song vom „Geräusch“ Album sangen. Die Bläser wurden durch die restlichen Sängerinnen ersetzt. Celina trug Klamotten, die sie sich selbst ausgesucht hatte. Die Nacht Kaum war Celina verschwunden, löste Henrike sie ab. Die Bühne verdunkelte sich, als die drei Herren „Die Nacht“ anstimmten. Einer von Belas auf ihn selbst zu geschriebenen Songs. Sehen konnte man die Hamburgerin aber erst, als ihr Einsatz kam. Mehr durch Zufall hatten die anderen von ihr erfahren, dass sie auch klassisch singen konnte. Sie beherrschte zwar die Resonanz nicht perfekt, aber hey! das war schließlich ein Rockkonzert, wer achtet da schon auf so was? Es reicht für den klassischen Part in dem Lied vollkommen aus. Zu diesem Anlass trug Henrike ein kurzes schwarzes Kleid und das rote lange Haar natürlich offen. Geh mit mir Im fließenden Übergang wechselte Henrike die Position mit Mischa und es folgte „Geh mit mir“. Misch hatte einfach ein T Shirt mit Aufdruck und eine einfache Jeans angezogen. Red mit mir Gleich danach war Mischa dran mit ihrem Farin Song. Dies war das erste Mal, dass die Band den Song live spielte. Farin sang das Lied wie auf es auf der Platte zu hören ist, ab der zweiten Strophe wurde er dann von Mischa abgelöst. Somit wandelte sich das Lied zu einem wirklichgutem Duett. Perfekt Celina hatte nun ihren Auftritt mit dem Grafen. Bela kam dafür extra von seinem Schlagzeugpodest und lies Rod spielen. Er selbst schnappte sich eine Gitarre und ersetzte den Bass durch eine zweite Gitarrenstimme. Dass er ein zwei Fehler machte, merkte man nicht. Schunder Song Dieses mal traten TSG mit einem eleganten Kleid und einer Federboa um den Hals auf erinnerten so sehr stark an das Video. Nur einen Kuss Der Song entpuppte sich als heimliches Highlight des Konzertes. Schon bei den Proben hatten sie der Kombination mit Henrike sehr großen Gänsehautfaktor zugesprochen. Dass dies zutraf merkte man deutlich, nicht nur am Publikum. Rike hielt sich zurück und sang mit sehr leichtem hohen Sopran. Solange bis der Satz „Ob sie wohl an ihn dachte, als sie schließlich starb…“ ab da sang Farin allein weiter und der Scheinwerfer, der sie beleuchtet hatte wurde schwächer. Nur einen Kuss, mehr will ich nicht von dir. Der Sommer war kurz, der Winter steht vor der Tür. Wenn du mich nicht küsst, bleibst du vielleicht allein, und wer will schon im Winter alleine sein? Ich bekam einen Kuss und gab dir mein Herz dafür. Bald darauf kam ein Fremder in unsere Stadt, (Doch ich glaubte an die Liebe) ich(du) weiß(t) nicht was sie(ich) in ihm gesehen hat(hab). (Und ich glaubte an die Liebe) Sie(Ich) begann sich(mich) sehr für ihn zu interessieren. Wir waren ein Paar, was sollte schon passieren? Doch bald darauf wendete sich das Blatt; Beim ersten Schnee waren wir nicht mehr zusammen, (Doch ich glaubte an die Liebe) weil der fremde Mann kam und sie mir wegnahm. (Ich glaubte trotzdem an die Liebe) Ein paar Wochen lang nur strahlte sie(ich) vor Glück, dann ging er fort und sagte, er sei bald zurück. Sie(ich) wartete noch, als schon der Frühling kam. Das Gras wurde grün, sie(ich) wurde dünn und blass, (Denn sie(ich) glaubte an die Liebe) weil sie(ich) jeden Tag weinend am Fenster saß. (Viel zu groß war ihre(meine) Liebe) Ab hier summte Henrike nur noch und sang die zweite Stimme allein (also die Sätze in Klammern ;) ) Ob sie wohl an ihn dachte, als sie schließlich starb. Ich legte eine rote Rose auf ihr Grab. Sag mir worauf, ist in dieser Welt verlass? Monate lang reiste ich durch das Land. (Sonst war ihm nicht viel geblieben) Es war schon fast Herbst, als ich ihn endlich fand. (Da stand meine große Liebe) Ich lud ihn ein zum Trinken, bis es Dunkel war. Er wankte zwar, doch ahnte nichts von der Gefahr. Bis ich ihn dann an einem Baum festband. Der Vollmond ging auf, mein Messer war kalt wie er. (Sag mir, glaubst du an die Liebe?) Erinnerst du dich, es ist nicht so lange her! (Das ist der Preis für deine Liebe) Ich schnitt den Fremden auf, bloß ein kleines Stück; Und ich holte mir mein Herz zurück. Dann kehrte ich Heim, doch geküsst habe ich nie mehr. (Denn ich glaube nicht mehr an die Liebe) Nie mehr (Nicht mehr an die Liebe) Nie mehr Niemals mehr Schrei nach Liebe Kaum waren die letzten Töne verklungen, setzten die ersten Klänge des Anti-Nazi Songs ein. Auch in diesem Fall blieb es bei dem Uhrgespann. Unrockbar Diese Idee hatten Rike und Farin gegen die anderen durch gedrückt. Sie kam als Stewardess auf die Bühne und gab Anweisungen, welche Regeln man auf einem Rockkonzert befolgen solle. Rod Loves You Die vorletzte Nummer. Da dies auch immer Rods Schlusswort zu einem Konzert war, machten sie gleich eine große Nummer draus. Mit Disco Klamotten und einer Tanzeinlage von den Götter höchst persönlich. Wir sind die besten Die Mädels hatten noch schnell Zeit, um die „Libellen-Kleindung“ abzuwerfen und zogen zum Abschluss alle noch mal ihre kurzen Kleider an. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Keuchend sank Rike in das Sofa. Das Konzert war vorbei. Die anderen zogen sich um, doch sie musste zuerst wieder an Luft kommen. Das war… einfach unglaublich. NEIN! Noch untertrieben! Grandios, atemberaubend, geil fantastisch… Sie fand einfach keine Worte für das eben empfundene Erlebnis. Jetzt hatte sie am eigenen Leib erfahren, weshalb die ärzte es liebten live zu spielen und dies einer der entscheidenden Gründe war, weshalb es sie überhaupt noch gab. Plötzlich konnte sie nicht anders. Sie sprang mit einem Ruck auf und brüllte ein gigantisches YEAH in den Raum. Nein, sie konnte das nicht beschreiben, war ihr aber auch egal. Sie wusste nur, dass ihre Vorfreude auf die eigentliche Tour sich nun ins unermessliche steigerte. Kapitel 13: Wilde Welt ---------------------- Wilde Welt Alles war noch ziemlich düster. Und extrem kühl sowieso. Doch das war jetzt Nebensache. Denn sie war verdammt spät dran!!! Mal wieder… „ScheißeScheißeScheiße!!!“ Laut sowie ohne Punkt und Komma fluchend rannte sie die Straße entlang. Mit einem Koffer in der rechten Hand, der sich ihrer Meinung nach gerade extra schwer machte. Das konnte wirklich nicht wahr sein, ausgerechnet zum Tourstart musste das wieder passieren. Wunderbares Omen. Und warum in John Lennons Namen war Celina schon ohne sie abgehauen??? Sie war viel zu spät aufgewacht, wie ne Irre durch die Wohnung gerast und musste dabei feststellen, dass ihre so genannte Freundin nicht mehr in ihrem Umfeld vorhanden war. Kein Zettel, keine SMS von einem weit entfernten Ort… Gar nichts!!! Schönen Dank auch. Mit einem Wahnsinn Haken schoss sie um die nächste Ecke. Eine Straße noch, dann wär sie beim Bus. Außer die anderen hatten bereits die Nase voll und waren abgefahren. „SCHEIßE VERDAMMTE!!!“ Sie brüllte die Worte einfach raus, ohne auf Reaktionen der Leute Rücksicht zu nehmen, die sie eh schon ziemlich verdattert anstarrten. Man sah ja nicht jeden Tag eine junge Frau mit blutrotem Haar und voll gestopften Koffer an sich vorbei rasen… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „OK, unser kleiner Teufel hat es jetzt fast geschafft mich zu überbieten.“ Gelassen, aber doch ein wenig verärgert blickte der Graf abschätzend auf seine Armbanduhr. Fünf Minuten noch, dann hätte die Hamburgerin den Verspätungsrekord von einer Stunde geknackt. Neben dem stehenden Wahlhamburger saß Jan auf der Treppe, auf welcher man in den geräumigen Bus gelangen konnte. Die restlichen Mitglieder des Zirkus waren ebenfalls draußen und taten alle etwas anderes um die Zeit tot zu prügeln. Mischa unterhielt sich mit Celina, Rodrigo rauchte (welch Überraschung), Jan hatte sich ein Buch genommen und Dirk sah von oben auf ihn herab. „Was liest du denn da?“ „Hmm?“ Jan blickte auf, bis eben war er noch vollkommen in das Geschriebene vertieft gewesen. „Was du da liest, will ich wissen mein Schatz.“, antwortete Dirk darauf mit einem süßlichen Touch Ironie in der Stimme. Der Blonde zog nur eine Augenbraue in die Höhe und hielt seinem Bandkollegen das Cover hin. „Im Herbst da reiht der Feenwind.“, sagte er und sah, wie Dirk die Stirn runzelte. „Kenn ick net…Ernst Herbeck… War der Typ nicht in der Klapse?“ „Kann man so ausdrücken.“ Jan reagierte nicht pikiert, auch wenn er empfand, dass der Autor die Bezeichnung nicht verdient hatte. Aber ihm war sowieso grad die Lust zum weiter lesen vergangen, daher legte er einen Zettel rein und klappte dann das Buch zu. „Sag mal…Ich hab das Gerücht mit gekriegt, du hättest dich von Sarah getrennt. Ist da was dran?“ Der blonde Riese erhob sich und blickte zu Dirk, der nun grinste. „Schön dass du das sogar geglaubt hast…“ „Ach so ist das. Altes Schlitzohr!“, lachte der Größere und zog dem kleinren spaßeshalber am Ohr. Der empfand es aber nicht ganz so lustig. „Arrrg! Ey, lass den Scheiß!!! WAH! Und du, geh von meinem Fuß runter, sonst knallts Rod!!!“ Doch die beiden Rest Ärzte ließen sich davon nicht beirren und stocherten weiter an dem kleineren herum. „Hach, wie hab ich das vermisst!“, kicherte der Bassist. Die einzigen Frauen in der Umgebung sahen sich nach den „Männern“ um. Celina musste bei dem Anblick mehr als breit grinsen. Hach ja, das war „ihr“ Farin. Mischa schaute zuerst wieder etwas verwundert, fing dann aber auch an zu lächeln. Celina legte ihr einen Arm um die Schultern. „Na? So langsam wirst du ja doch noch eine von uns.“ Groß antworten konnte die blonde nicht, da in diesem Moment drei schwarz gekleidete Herren an ihr vorbei sausten. Nur knapp wich sie ihnen noch aus und blickten ihnen überrumpelt nach. Sie hatte echt noch keinen Mann in diesem Business erlebt, der mit einer fast kindlichen Freude bei der Arbeit war und dann waren es diesem Fall sogar drei! Daran hatte sie sich wirklich erst einmal gewöhnen müssen. „WAAAAAAAHHH!!!“ Celina und Mischa zuckten zusammen, als sie um die Ecke des Busses einen Aufschrei hörten. Für zwei Sekunden sahen sie sich an und rannten dann los. Henrike hatte das Gefühl Sterne schwirrten vor ihrem geistigen Auge umher. Jedenfalls sah sie nichts, außer schwarz. Wenigstens wusste sie nach neun – elf Sekunden, dass sie weder schlief noch ohnmächtig war. Daher wollte sie sich aufrichten, doch etwas, dass auf ihren Körper lag hinderte sie daran. Murrend, da ihr Kopf etwas dröhnte, schlug sie die Augen auf und sah dem einzig wahren Rodrigo Gonzales direkt in die tief dunklen Augen. Augenblicklich weiteten sich die Pupillen und sie lief hochrot im Gesicht an. „Oh…äh…Hi…“ „Hi…“, antwortete er und sie konnte schwören, dass seine Wangen ebenfalls rot anliefen. Sie schaute zur Seite, wo ihr aufgeplatzter Koffer lag. Rike knurrte, es hatte ewig gedauert das scheiß Ding zu zukriegen. Gerade beugte sich der Graf in ihr Blickfeld und sie bemerkte wieder, dass der Bassist der besten Band der Welt auf ihr lag. Jetzt wusste sie auch wieder, was passiert war. Sie war, mit dem tonnenschweren Koffer, auf den Bus zu gestürmt und in dem Moment, als sie ihn erreicht hatte, waren Farin und Bela um die Ecke gestürmt und hatten sie nur knapp verfehlt. Rodrigo, der zuletzt kam, hatte sie nicht mehr rechtzeitig gesehen und war, mit einer grandiosen aber leider wirkungslosen Vollbremsung, in sie hinein gerannt. Dabei war er vorne weg auf sie gekippt und hatte sie nun unter sich begraben. Henrike lief noch einmal knallrot an, ehe sie den Kopf schüttelte und sich aufstützte. Rod, der sich auch berappelt hatte, stemmte sich mit den Armen hoch. Beide bekamen in dieser recht vorteilhaften Stellung ein paar nette Kommentare zu hören. „OK Roddy… jetzt hast du schon eine von unseren Sängerinnen flach gelegt. Als nächstes bin ich dran.“, musste der Chilene sich von dem Drummer anhören und Henrike klatschte dem grinsenden Grafen eines ihrer Shirts ins Gesicht. Dieser lachte nur und betrachtete den Stoff näher. „Ach mist… bin eher BHs gewohnt.“ Er bekam keine Antwort, da sich der Bassist darum kümmerte, Rike wieder auf die Beine zu helfen. Diese nahm seine angebotene Hand gern an. Als sie den festen Grund endlich wieder unter ihren Füßen spürte, sprach Rod sie sogleich an. „Tschuldigung…“, grinste er und zum ersten Mal erlebte die Hamburgerin den Chilenen verlegen. Sie lächelte ihm zu und bemerkte am Rande, dass Bela wieder zu gewissen Kommentaren ansetzte. In welche Richtung die gehen würde, war offensichtlich. Henrike jedoch hob die Augenbrauen und beugte sich zu Rod. „Kein Thema.“, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Da konnte Bela nur noch erstaunt glotzen. Rodrigo selbst blieb ziemlich cool, schien aber nicht dagegen abgeneigt zu sein. „Krieg ich auch einen, wenn ich dich umrenn?“ Rike konnte an Farins Mimik nicht heraus lesen, ab der Kommentar spaßig oder spöttisch bemeint war. „Nein… dann geh ich nämlich endgültig OK und dann klappt dat nich mehr so jut.“ Jetzt grinste er wieder und hielt ihr drei Schnellhefter hin, die er offenbar aufgelesen hatte. Sie bedankte sich und machte sich daran, den Rest wieder einzuräumen. Wie selbstverständlich beugten sich die drei Herren ebenfalls nach unten und halfen ihr. „Nanu… Ihr seit ja richtige Centlemen?!“, stellte sie mit einem Grinsen fest. „Klar. Aber nur weil du ne Frau bist!“ Das kam von Bela, der ihr gerade, ein Buch reichte. Hexenkind, eines ihrer Lieblinsbücher. So bereitwillig gaben der Drummer und der Gitarist bedauerlicherweise nicht ihre Unterwäsche her. Bis ihre Kolleginnen ihr zu Hilfe eilten. „Her damit! Das ist nichts für Kindergartenkinder!“, kommentierte Mischa und lies die beiden Herren vor sich hin schmollen. Michaela gab die Unterwäsche wieder ihrer Besitzerin und als Rike aufblickte, um sich zu bedanken, sah sie Celina neben ihr. Augenblicklich schwoll Ärger in ihr an. Ohne zu zögern stand sie auf und Celina schluckte Schuld bewusst. „Wo warst du?“ Henrike unterdrückte nur knapp ein Fauchen in der Stimme. Celina blickte zur Seite. „Hab noch was erledigen müssen… und hab dabei vergessen dir eine Nachricht zu hinterlassen. Tut mir Leid.“ Sie lächelte entschuldigend. Henrike biss sich auf die Unterlippe. Sie war echt sauer auf ihre Freundin gewesen, aber sie wollte auch nicht, dass sie mit so einer Stimmung in die Tour starteten. „Fuck off.“, sagte sie stattdessen und knuffte sie in den Bauch. Celina lächelte erleichtert. „Aber ich will später noch wissen was los war. Und jetzt hilf mir, sonst brauchen wir noch länger!“ Ohne weitern Kommentar warf Henrike ein paar Hemden zu ihrer Freundin hoch, die sie auch auffing. Sekundenschnell hatte sich die rothaarige wieder ans zusammen krosen gemacht und war somit wieder nach unten verschwunden. Es war jetzt nicht so. das Henrike zu viel eingepackt hatte, sie hatte es einfach zu schlampig in den Koffer geschmissen. Das lag daran, das Rike sich den Wecker auf etwas früher eingestellt hatte, um sich am Morgen noch für einige Sachen zu entscheiden. Da ihr aber, dank ihres defekten Weckers, die Zeit gefehlt hatte, musste sie alles notgedrungen zusammen stopfen. Durch dieses anhäufen von geknülltem Zeugs, war der Inhalt fast doppelt so groß. Somit war der Koffer bei der heftigen Erschütterung gleich auf geplatzt und hatte alles auf den Parkplatz verteilt. Aber wenigstens hatte die zusammen geknüllte Wäsche nun einen sehr guten Nutzen erfüllt. Nämlich den Laptop beim herausfallen weich und unbeschadet landen lassen. Mit Hilfe ihrer Kollegen hatte die Hamburgerin zügig wieder alles beisammen und es ging endlich in den Bus. Auf den „weiten“ Weg dort hin musste sie sich die verspäteten Vorwürfe anhören. Sie entschuldigte sich bei allein und flüchtete schließlich mit der Ausrede, sie wolle sie ihr Bett einrichten. Diese Ausrede wurde allerdings Todernst, da nun alle auf das angesprochene Ziel zu stürmten. Henrike war die erste und warf sich somit in das erste Hochbett. „MEINS!“, verkündete sie stolz und setzte sich auf ihren Thron. Bela rannte auf das Hochbett neben ihr und besetzte es für sich. Farin bekam das, was bei Henrike direkt gegenüber lag. Rod ging, da es Mischa offenbar nicht eilig hatte, direkt zu dem letzten Hochbett. In dem Moment kam Celina an und fluchte. Jetzt hatte sie keinen der oberen Betten ab bekommen. „Tjaaaaaaa…“ Henrike blickte verschmitzt auf ihre eigentlich größere Freundin hinab, die sie finster anblickte. Als Antwort warf sich die Berlinerin in das Bett unter der Hamburgerin und trat ihrer Freundin durch die Matratze in dem Arsch. Mischa lies sich völlig entspannt auf dem unteren Bett gegenüber von Celina nieder. Natürlich begann nun jeder, sein Revier für sich zu markieren, das ging allein schon durch Bettwäsche. Noch während die sechs dies Taten, setzte der Bus sich mit einem Ruck in Bewegung und es ging (endlich) los! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike gähnte ausgiebig. Wenn sie daran dachte, dass sie noch ein paar kleine Nervositäts-Anfälle am Morgen bekommen hatte… Jetzt saßen sie schon den ganzen Tag im oberen Stock des Busses. Wenn man von einer Viertelstunde Pinkelpause an der Tanke mal absah. Langweilig… Erst war ja alles noch total spannend gewesen, aber nun. Sie hatte die neuen Eindrücke schon in sich aufgesaugt und war nun erschöpft von der Aufregung. Aber dennoch gab es spannenderes, als nur rum zu sitzen. Auch wenn der Bus an sich schon toll war. Ein Doppeldecker, unten waren die Betten inklusive Toilette, oben die Sitze, sogar mit einem Fernseher, auf den alle vorzügliche Sicht hatten. Jedoch wollten sie sich das Glotzen für den Abend aufheben. Henrike hatte sich erst ein wenig die Zeit vertrieben, indem sie jeden fragte, wie er die neue Haarfarbe fände. Ihre Mähne war zwar schon vorher rot gewesen, doch so ein knalliges hatte sie bisher noch nie gehabt. Überwiegend war Kritik gut bis sehr gut. Rike hatte sich damit auch gegen die Allgemeinheit durchgesetzt, die es, aufgrund ihrer Blässe, für einen Fehler gehalten hatten. Doch das Resultat, und das konnte sie ruhig von sich behaupten, konnte sich sehen lassen. Blutrot, herrlich!!! Celina hatte sie übrigens aufgeklärt. Sie wollte noch schnell ein Paket zur Post bringen, welches für ihren Vater bestimmt gewesen war. Dieser hatte demnächst Geburtstag und das Paket beinhaltete sein Geschenk. Celina hatte das ganze sehr verdrängt und war auch ziemlich panisch aus der Wohnung gehetzt. Da musste die Hamburgerin ihrer Freundin ja verzeihen, oder? Allerdings war diese momentan in ein Telefonat vertieft und hatte daher keine Zeit für Klein Rike. Zwar war diese kurz vorm einpennen, aber sie hatte keinen Bock auf Nackenschmerzen, daher beschloss sie ein bisschen herum zu gehen. Die ersten die sie fand waren Bela und Rod. Der Chilene hatte seine Gitarre hervor geholt und der Graf kritzelte etwas auf einen Zettel. Offensichtlich schrieben die beiden an einem Song. Rike beschloss die beiden nicht zu stören und ging weiter. Doch da trat sie gegen etwas, das auf dem Boden lag. Verwundert schaute sie vor ihre Füße und erblickte ein Kafka Buch. Noch ehe sich es aufgehoben hatte wusste sie schon wem es gehörte. „Hey. Ist sicher deins, oder?“, fragte sie Farin, als sie an seinem Platz angekommen war und hielt das Buch in die Höhe. Dieser hatte das Buch von vorhin (also „Im Herbst reiht der Fenwind“) weiter gelesen und blickte nun von de Lektüre auf. Als er sie sah, musste er grinsen. „Wie bist du da drauf denn gekommen?“, sagte er und nahm ihr das Buch ab. „Oooch… weibliche Intuition?“, sie grinste ebenfalls. Dann kam ihr ein Gedanke, den sie sogleich aussprach. „Darf ich mich etwas zu dir setzten? Ist grad nicht viel los hier.“ Der Wahlhamburger legte die Stirn in Falten inklusive den Zeigefinger ans Kinn und überlegte theatralisch. „Ich weiß nich, lass mich andenken… Na gut!“ „JIPIE!“, sie warf sich ohne zu zögern in den Sitz neben ihm und grinste fast noch breiter als er. Dann herrschte erst einmal Stille. Nicht sehr lang, aber dennoch… auf eine seltsame Weise. Man konnte es als leichten Verzweiflungsanfall bezeichnen, auf jeden Fall fing Rike plötzlich an, so einige banale Sachen zu belabern. Wetter, leichte Erkältung… so was eben „Tut mir leid…“, sagte sie schließlich. „So was willst du dir bestimmt nicht anhören müssen. Hast du ein besseres Thema?“ „Nun… kein Thema aber mir fällt auf, dass du mich noch immer Farin nennst. Wir kennen uns jetzt schon seit Monaten, nenn mich endlich Jan!“ Henrike wurde dasselbe dadurch auch bewusst und sie lächelte verlegen zu ihm hoch. „OK…Jan.“ Danach dauerte es nicht lange und die beiden waren in ein sehr interessantes wie amüsantes Gespräch vertieft. Der blonde Berliner schien echt einen unglaublichen Mitteilungsdrang zu haben. In einem Interview hatte sie mal eine Aussage von ihm gelesen, dass er „immer mit allen Leuten seinen kleinen Wissensschatz teilen müsse“ und dass dies zutraf wurde nun mehr als deutlich. Aber das störte sie nicht, ganz im Gegenteil. Dazu war es viel zu faszinierend ihm zu zuhören. Momentan waren sie beim Thema Umwelt angelangt und er erläuterte ihr die Funktionsweise eines Dieselmotors: „…also der Katalysator für Diesel. Da denk man ja, das wäre eine Supersache. Dem ist aber nicht so. Eine gute Freundin von mir, die Chemikerin ist und auf diesem Gebiet forscht, hat mir erklärt, dass die Dinger lebensgefährlich und umweltschädlich sind, da durch diesen Katalysator zwar die groben Teile ausgefiltert werden, die winzigen aber durchfallen. Und diese kannst du nicht mehr aushusten, weil sie so fein sind. Ohne den Katalysator haften die winzigen an den größeren Teilen, so dass du die wenigstens wieder abhusten kannst. Nur in der jetzigen Lage traut sich das natürlich kein Konzern öffentlich zu machen…“ Henrike nickte, wie schon so oft seit der letzten Stunde. Aber wie schon gesagt, es machte ihr nichts aus! Sie war eher erfreut, weil sie endlich jemanden gefunden hatte, der ihr bestimmte Dinge erklären konnte. Sie selbst war den meisten anderen mit ihren Fragereien immer auf die Nerven gegangen. Irgendwie, irgendwann und irgendwo kamen sie dann auch auf das Thema Gesangstechniken. Da Rike seit einigen Jahren professionellen Unterricht genoss, hatte sie auch etwas zu Berichten. „Diese ganzen affigen Verbiegungen sind eigentlich gar nicht nötig um warm zu werden. Es reicht vollkommen aus, wenn man… ähm was ist dafür jetzt der richtige Begriff? Ein leises, langsames Lied, jedenfalls etwas, wo man nicht so viel Kraft investieren muss. Solche Lieder zu singen genügt schon.“ „Hab ich auch schon festgestellt, aber ich hab immer gedacht, das Läge nur an mir. Wusste nicht, dass es eine richtige Warm Up Sache ist.“ Henrike konnte es nicht beschreiben, aber sie fühlte sich einfach wohl. Er hatte gute Laune, sie saß hier in dem Tourbus mit der besten Band der Welt… Eigentlich hätte man sogar mathematisch feststellen können, dass eine wahre Endorphinflut in ihr tobte. Aber da war noch etwas anderes. Etwas, was sie nicht deuten konnte, jedenfalls nicht in diesem Augenblick… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Also ich mein so was wie UUUUUUUUUUIIIIIIIII!“, sie überschlug einmal ihren rechten Arm und machte dabei den äußerst ulkigen Laut vor. Jan brach in einen regelrechten Lachkrampf aus, als seine Kollegin ihm die Stimmübungen vorführte. „Oder so!“, sagte er und streckte beide Arme, so gut es ging, zur Seite und sang rauf und runter. „Was ist denn mit euch los? Heimlich was genommen? Ich weiß, ihr nehmt keine Drogen, aber wer weiß, ob so viel Tee nich doch irgendwann auf die Rübe schlägt.“ Bela sah recht belustigt auf die beiden, von ihn betitelten Tee Junkies, hinab, die gerade dabei waren, sich neue affige Verrenkungen vor zu führen. „Tee Junkies?? Ach, ihr vertragt nur nix. Ich und Jan gehen gleich erstmal schön nen Pfefferminzblatt rauchen, gell?“ Der blonde Riese lachte neben ihr auf und legte ihr kumpelhaft einen Arm um die Schulter. „Klar Alter äh Alte!“ Also davon, dass der Hamburgerin eben noch so furchtbar langweilig gewesen war, sah man nun nichts mehr. Auch nicht, dass sie wieder ein paar leichte Nervositäts-Attacken bekommen hatte. Die drei Herren nahmen ihr echt immer wieder auf neue die leise Furcht, sich blamieren zu können. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „OK, was gucken wir? Hat einer DVDs mit?“ Sprach der Graf schließlich, als der Abend angebrochen war. Die meisten waren bereits in Schlafklamotten und hatten sich sogar Decken mit nach oben genommen. Pyjamaparty unter Rockstars, meinte Rod dazu. Wie auf Stichwort präsentierte die rothaarige ihre kleine DVD Box. „Wie wärs mit Comedy? Mittermeier? Barth? Hab mir alles noch von Freunden zusammen gekrost was ich kriegen konnte. Ansonsten… KILL BILL 1+2, Fluch der Karibik, Blues Brothers, Snow Cake, Walk The Line, American Beauty, Monsters Ball, das ist übrigens der film für den Halle Berry den Oskar bekommen hat. Komischerweise kennt den kein Schwein, dabei ist er grandios! Ach… und ich sah grad, das ich RICHY GUITAR mit habe.“ Jan und Dirk stöhnten auf. Übersetzung: GANDE!!! Schließlich einigten sich alle auf Michael Mittermeier, genau genommen die „Back to Life“ Show. Mitten während der Show, bei der sich alle köstlich amüsierten, tippte jemand Henrike von hinten auf die Schulter. Sie drehte sich diesem Jemand zu und sah, dass es Jan war. „Sag ist das dein Ordner?“, fragte er sie und hielt einen Schnellhefter vor sein Gesicht. Tatsächlich, das war ihrer. In diesem Augenblick fiel ihr auf, dass sie diesen auf dem vorigen Sitz vergessen hatte. „Sind das Kurzgeschichten von dir?“, fragte er weiter und wirkte sehr interessiert. Rike nickte und lehnte sich mehr zu dem Gitaristen, damit sie sich besser verstehen konnten. Was er als nächstes fragte überraschte sie dennoch sehr. „Darf ich mir die mal durchlesen? Oder möchtest du das nicht?“ Henrike blickte ihn sprachlos an. Es war zwar nicht unbedingt eine Frage, die einem generell den Atem raubt, aber sie hätte nicht mit seinem Interesse gerechnet. „Ähm… ja. Doch klar, kein Thema.“ Der blonde bedankte sich lächelnd und wandte sich wieder der Show zu. Kapitel 14: Blumen ------------------ Blumen Henrike blinzelte verwundert in die Finsternis des Raumes. Leicht aufgeschreckt stützte sie sich mit den Armen hoch. War da ein Geräusch gewesen? Schon die ganze Nacht konnte sie nicht vernünftig schlafen, sie wälzte sich immer wieder umher und fand einfach nicht zur verdammten Ruhe. Vielleicht lag es an dem Adrenalin, welches noch lang nach dem Konzert in ihr pochte. Selbst nach endlosen Grübeleien hatte sie keinen guten Grund parat und begnügte sich mit der erst gewählten Variante. Wie lang sie nun tatsächlich geschlafen hatte, wusste sie wirklich nicht. Aber sie war sich immer sicherer, dass etwas sie geweckt hatte. Ein Geräusch. Unsicher sah sie sich um, konnte aber natürlich nicht sonderlich viel erkennen. Kurz entschlossen ging ihre Hand in Richtung Nachttischlampe. Als ihr Finger den Schalter berührte schloss sich etwas um ihren Arm. Augenblicklich realisierte sie, dass jemand nach ihr griff. Eine Sekunde war sie geschockt, ehe ihr ein erschrockener Laut entwich und sie hektisch versuchte ihren Arm zu befreien. Doch die unbekannte Person packte diesen nun fest, so dass selbst zerren nicht half. Schon leicht in Panik schlug sie nach dem unbekannten. Es war so verflucht düster, sie konnte einfach nicht erkennen, gegen wen sie sich hier zur wehr setzte. Sie wusste nur, dass er auf ihrem Bett saß und sie mittlerweile echt Angst bekam. „Nein… LASS MICH…“, gerade als sie schreien wollte, wo ihre Panik mehr als deutlich wurde, presste dieser Jemand eine Hand auf ihren Mund. Fest, aber dennoch seltsam sanft. Ihre Augen weiteten sich. In der Sekunde, in der sie kurz still gehalten hatte, hatte sie ihn gesehen. Das Mondlicht schien durch den Hauch von Vorhang und beleuchtete seine Gesichtzüge. Jetzt, wo sie ihn erkannte, entspannte sie sich augenblicklich. Dennoch blieb sie ein wenig nervös, die ganze Situation hier war ziemlich… ungewöhnlich? Sie hatte kein passendes Wort, denn überraschend oder bizarr… alles schein absolut unpassend um diesem hier einen Namen zu geben. Ganz sachte löste sich die Hand nun von ihren Lippen und sie atmete langsam aus. „Was… was machst du hier?“ Ihre Stimme verbarg kein bisschen die Unsicherheit und Irritation, die sie nun beherrschte. Doch er sagte nichts. Sie spürte nur, wie er sich nach vorn beugte und einen Arm neben ihrer Hüfte abstützte. Inzwischen saß sie aufrecht an die Wand gelehnt und ihre Decke verhüllte sie nur noch bis zu den Oberschenkeln. Ungefähr bis dorthin, wo ihr kurzes Nachthemd begann. Henrike wollte ihre Frage wiederholen, da er noch immer noch nicht geantwortet hatte. Aber dann brachte er sie endgültig zum Schweigen. Dazu musste er nicht viel tun, denn eigentlich machte er auch nicht viel. Es hatte einfach ausgereicht, dass er ihr ein, nicht unbedingt kleines Stück, näher gekommen war. Der Satz blieb ihr im Hals stecken und sie schluckte, als ihr Blick noch immer im seinen Versank. Er lehnte sich ihr entgegen, er lag jetzt schon fast auf ihr. Ihre Lippen gingen immer wieder aus einander, aber so es kam kein noch so einfaches Wort über sie. Dann glitten seine Finger ihren Hals hinauf, bis sie sanft die weichen Ränder ihres Mundes umfingen. Sie zitterte. Immer stärker, je näher er kam. Sein Gesicht strich an ihr vorbei zu ihrem Ohr. „Brauchst du wirklich eine Begründung?“ Ein leichtes Lächeln huschte über ihre Mundwinkel. Er beugte sich auf. Noch ehe sie auch nur etwas denken konnte, senkte er seinen Mund hinab und drückte ihn auf ihre Lippen. Ihre Augen weiteten sich und heftiger Schauer jagte durch ihren Körper. Gleichzeitig wurde ihr furchtbar kalt und elendig warm und sämtliche Temperaturen irgendwo dazwischen erfüllten sie. Seine Finger streiften unheimlich sachte ihren Oberschenkel hinauf und glitten langsam unter das dünne Hemd. Henrike spürte mehr als deutlich, wie es zwischen ihren Schenkeln immer heftiger pochte. Plötzlich packte er in ihren Nacken und küsste sie mit solch einer Leidenschaft, dass sie im ersten Moment drohte ohnmächtig zu werden. So konnte sie erst gar nicht reagieren, als seine Zunge nach ihrer suchte, sie natürlich fand, sie aber noch immer in ihrer Lähmung gefangen war. Jedoch, plötzlich konnte sie nicht mehr. Sie krallte sie in seine Schultern… Als sie wieder einigermaßen denken konnte lag ihr Nachthemd irgendwo im Raum, von ihm weg geschleudert. Noch immer war es stockfinster, dennoch erhellte das schwache Mondlicht den Raum und warf einen bläulichen Schimmer auf seinen entblößten Rücken. Es war ein unglaublicher Anblick, wie der Schein, durch seine Muskulatur, den Körper schattierte. Benebelt sog sie seine Liebkosungen in sich auf. Sie stöhnte. Nicht laut, aber doch deutlich. Verdammt, das war so gut! Sie schloss einfach nur noch die Augen und überlies ihm ganz die Führung... „Freut mich, dass du deinen Spaß hast.“ „Was?“ Ihre Augen waren offen. Wohl seit längerer Zeit. Sie starrte an die Decke, doch erst jetzt konnte sie klar sehen. Ungefähr wie ein Kolibri mit den Flügeln schlägt, blinzelte sie nun. Durch einen kurzen Schwenker nach links wusste sie, dass Celina grinsend auf sie hinunter glotzte. Und was für ein Grinsen das war!!! Exakt so ein Grinsen bedeutete zwar nicht unbedingt eine Apokalypse, aber es bekundete auch nichts Gutes… Langsam, wirklich sehr langsam dämmerte es in ihren Kopf. Das eben war nur ein Traum gewesen. Nur ein Traum… …und Celina hatte sie dabei beobachtet. „Ups…“, gab die Hamburgerin nun von sich und wischte sich über das Gesicht. „Also ich hab ja schon mitgekriegt, dass du im Schlaf redest. Ich hab dich sogar mal singen gehört, aber DAS…“ „Ach komm… als ob du in deinen Träumen sooo keusch wärst!“ Die beiden Freundinnen lachten. Immer noch stand die Berlinerin an dem Doppelbett und schaute über ihre Seite hinweg auf ihre Hotelzimmerpartnerin. Aber jetzt schlich sie langsam herum, so dass sie direkt auf Klein Rike herunter blicken konnte. „Und?“ „Was und?“ „Wie wars?“ Henrike stöhnte. „Ehe es so richtig schön losgehen konnte hast du dazwischen gefunkt. Pech gehabt.“ „Och man…“, schmollte die dunkelhaarige. „Wer wars denn?“ Henrike wusste ob sie lachen, oder empört sein sollte, über die Neugierde der Amerikanerin. „Sag ich nicht. Nur, das es sicherlich ein sehr schöner Fick geworden wäre.“ Etwas perplex starrte Celina nun auf sie und das nutzte die Hamburgerin um ihr zu entkommen. Gähnend schlürfte sie Richtung Bad… …und kam gleich wieder heraus getapst. „Öhm…Entschuldige, aber kann es sein, das wir gerade mal 4 Uhr Morgens haben?“ „Jap.“ „Und dann weckst du mich auf du blöde Kuh???“ Maulend machte sie wieder kehrt, zurück ins Badezimmer. Das gabs doch nicht, da träumte sie vom womöglich besten Sex ihres kurzen Lebens und ihre „Möchtegern Freundin“ funkte ihr so einfach dazwischen. Die Hamburgerin knurrte noch einmal deutlich, ehe sie die Tür hinter sich zu schob. „He, aber beeil dich bitte, ich muss auch!“ Rike rollte mit den Augen und schloss die Tür richtig ab. „Danke für die Info. Iiiiiiiiich weeeeeerdeee miiich gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz doooollee beeiileeeeen… Meine liebe Celli.“ „AAAARRG!“ Die Sängerin unterdrückte nur knapp einen heftigeren Laut. Einmal, weil jemand es tatsächlich gewagt hatte, ihren „Spitznamen“ in ihrer Gegenwart aus zu sprechen, dann, weil es überdeutlich war, dass Henrike vor hatte sie extra lange warten zu lassen. Mit einem übergroßen Gähnen warf Rike sich zurück in die Federn. Das mit dem Einschlafen würde kein Problem sein, nur zweifelte sie, dass sie nicht noch so einen Traum haben würde. Schade eigentlich… Die rothaarige warf einen Blick auf die lehre Seite neben ihr. Sie war schon froh, bei sich zu Hause in einem Einzelbett zu nächtigen. So musste sie sich diese offensichtliche Lehre nicht vorm Einschlafen ansehen müssen… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Irgendwann gegen Mittag wurde der weibliche Schlafsack mit den roten Haaren wach. Auf die Uhr sah sie nicht, jedenfalls nicht direkt nach dem Wach werden. Nachdem sie noch eine Weile schlaftrunken an die Decke geglotzt hatte, bequemte sie sich endlich auf zu stehen. Als sie auf beiden Beinen stand überkam ihr ein einzelnes Wort, welches nicht länger im verborgenen gehalten werden konnte. „Hunger...“ Rike sah sich kurz um. Celina war anscheinend schon länger auf den Beinen, auf jeden Fall war sie nicht mehr in dem Zimmer. Normalerweise genoss jeder in der Ärzte Crew den Luxus eines Einzelzimmers, aber dieses Mal waren nicht mehr genügend frei gewesen. Das letzte Einzelzimmer hatte Mischa bekommen, da sie leicht kränkelte und sie so am ehesten ihre Ruhe hatte. Ihre Bosse, also Bela-Farin-Rod, teilten sich tatsächlich zu dritt ein Apartment. Offenbar ging es dort ähnlich ab, wie in einer Mädchen WG, zumindest ließen die ganzen Meckereien, welche Celina und sie von ihren Nachbarn mitbekamen, darauf schließen. Fünf Minuten später hatte die Rothaarige sich ein T Shirt und eine halbe Hose über geworfen. Es war Ende Mai und die Temperatur war wirklich sehr angenehm. Da es hier nichts mehr Spannendes gab, schlürfte sie auf die Tür zu, auf zu der Kantine. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ 15:48Uhr Henrike war mehr als satt und schritt seit einer Viertelstunde im Hotel umher. Sie hatte keinen Grund zur Klage, Essen: Lecker, Betten: sehr gemütlich, nicht zu aufgestachelt, nicht zu klein oder zu eng… joa, passte schon alles! Vor ein zwei Jahren war schon einmal in Köln gewesen, um sich WE WILL ROCK YOU! anzugucken. Damals glich ihr Hotel, aus Geldmangel, eher einer Ruine… Eine „richtige“ Beschäftigung gab es für sie momentan nicht. Das Konzert würde erst um acht anfangen, bis dahin hatte sie genügend Zeit um herum zu schlendern und die Zeit zu verträumen. „Twisted Nerve“ pfeifend bog sie um die nächste Ecke und erblickte eine ihr wohl bekannte Person. Rike sah schmunzelnd zu, wie ein fröhlich pfeifender Dirk Felsenheimer, mit etwas in der Hand aus der Tür trat. Er war gerade dabei die Hotelzimmertür abzuschließen. „Na? Wohin des Weges?“, sie ging auf ihn zu und blickte neugierig zu ihm hoch. Dirk jedoch zuckte zusammen und fuhr herum. „Was… Ach du bists!“, stammelte er erleichtert und versteckte eine Hand hinter dem Rücken. Henrike zog die Augenbrauen in die Höhe. Jetzt war sie erst recht neugierig. „Was hast du denn da?“ „Wo?“, der Graf stellte sich ganz offensichtlich blöd, jedenfalls glotzte er demonstrativ in eine andere Richtung. Rike grinste verschmitzt. „Och, weiß nich…Viiiiiiieeelleeeiiiicht…. DA!“ Sie war während sie sprach um ihn herum geschlichen, bei dem letzten Wort machte sie einen Satz und stand nun hinter ihm. „Äh… HALT, nein! Aus! Pfui! Böse Satanstochter, ganz böse!!!“, tadelte er sie, nachdem er das Objekt der Begierde aus ihrem Blickwinkel gezogen hatte. Rike lachte. „Schon gut. Scheint ja ein schöner Strauß zu sein… An einer Ecke ist der Papier aufgerissen.“ Dirk sah sie erschrocken an und holte den Strauß hinter seinem Rücken hervor. Dieser war jedoch noch immer absolut sicher und unbeschadet verpackt. Henrike lachte noch mehr. „Reingefallen!“ Der Drummer starrte sie kurz verdutzt an, begriff dann aber den Trick und musste lachen. „Scheiße aber auch… Bist du denn jetzt happy?“ „Joa… fürs erste.?“ Der Graf wandte sich Richtung Ausgang zu und fragte die Jüngere, ob sie ihn noch kurz begleiten wolle. Da diese eh nichts zu tun hatte, nahm sie das Angebot gern an. „Für wen sind die denn?“ Sie deutete auf den Strauß, der nun nicht mehr versteckt gehalten wurde. „Für Sarah.“ „Ach, ihr seid doch noch zusammen?“ Der Drummer nickte und freute sich innerlich ein Bein aus. „Wir haben da so ein paar Gerüchte gestreut…“ Die Hamburgerin musste grinsen. „Ganz ehrlich… Ich habs immer gewusst!!!“ „Jaja…unser kleines Besserwissergril, nich?“ Er legte ihr kameradschaftlich einen Arm auf ihre Schultern und lehnte sich mit seinem vollen Gewicht auf sie. Obwohl die Hamburgerin nicht gerade zierlich war, begann sie mächtig zu schwanken. Die ganze Szene würde perfekt, als einer von ihnen nach drei graziösen Schwenkern „An der Nordsee“ anstimmte. Als wären sie stock besoffen lallten sie noch ne Weile umher und hörten selbst dann nicht auf, als sie auf Fahrstuhl vor ihnen öffnete und ein paar, leicht geschockte, Passanten sie anstarrten. „Also gut… Bist wirklich durch und durch Hamburgerin! Ich muss dann jetzt, ciao.“ Unten angekommen verabschiedete sich der Graf von seiner Aushilfs-Gräfin und verschwand durch die Schiebetür nach draußen. Henrike war noch immer am grinsen. `Ok… wenn kann ich jetz auf den Zeiger gehen? ´, grübelte sie, während sie die Treppen nach oben ging. Nach zwei Minuten intensivem Gehirnjogging fiel ihr ein, dass sie mit Rod noch etwas besprechen wollte. Damit hatte sie nun ein Ziel, zu dem sie nun entgegen schlenderte In dem Moment, als sie um die Ecke bog kam Mischa ihr entgegen. Haarscharf und mit wedelnden Armen schaffte sie es noch anzuhalten und Mischa nur kurz anzustupsen. Diese Legte fast eine noch „graziösere“ Figur als sie hin, hielt sich aber auch auf beiden Beinen. „Woah… Das war knapp!“, keuchte Rike halb lachend, als sie wieder einigermaßen gerade stand. „Ach, du bists Rike.“ Mischa rückte ihren Schal zurecht und lächelte schwach. „Ich geh dann mal weiter. Will mich noch etwas hinlegen bis zum Konzert.“ „Oh, ja stimmt. Mach das, bis nachher!“ Rike trat einen Schritt zur Seite und lies die Blonde weiter ziehen. Jedoch, es fiel ihr noch eine Kleinigkeit auf. „Sag mal, von woher kommst du gerade?“ „Öhm…“, Mischa drehte sich ihrer Kollegin halb zu: „Nirgends.“ Damit verschwand sie. Henrike blinzelte, fragte aber nicht weiter nach. „Ach du bists!“ So sah der Begrüßungskommentar aus, als der Chilene die Tür öffnete. „Komisch… heute sagen das echt alle zu mir.“, antwortete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Rodrigo zuckte mit den Schultern und trat zur Seite um sie herein zu lassen. Flink schlüpfte die Rothaarige durch den Spalt und stellte sich mit einem erwartungsvollen Grinsen neben dem Bassisten. Dieser hatte sich am Kinn gekratzt, stockte aber in der Bewegung, als er ihren, Blick bemerkte. „Hmmmmm…. Also irgendwas willst du von mir. Ich komm aber grad nicht drauf…“, er grübelte grinsend und fing an zu lachen, als sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. „Moment.“, er ging zu einem Regal und holte eine CD aus der Schublade. „Ich hab sie mir jetzt bis zur Hälfte angehört.“, sprach er wieder an sie gewand: „ Ich muss sagen… vieles gefällt mir. Wenn die tour vorbei ist, kannst deine Jungs mal in eine Studio nach Berlin schleifen und wir probieren ein wenig.“ „Ja?!“, ihre Augen weiteten sich erfreut. „Ja.“ „Wirklich??“ „Wirklich.“ „Ganz sicher??“ „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhaaaaa…“ Gespielt genervt wandte der Chilene sich ab. Als Henrike ihn auf die Schulter tippte, drehte er sich ihr wieder zu. „Danke.“ Ohne ein weiteres Wort umarmte sie ihn. Er zögerte er, dann legte er lächelnd einen arm um sie. „No Problem.“ Kapitel 15: Immer noch ---------------------- Immer noch „E H C#m G#m… A E F#m… A H… E H C#m G#m A E F#m A H E… ach shit!…“ Seufzend schmiss die rothaarige das Plektron beiseite. 1 ½ Stunden Geklimper und noch immer kein vernünftiges Ergebnis. Sie hatte jetzt keine Lust mehr… Mit einem leisen Murren legte sie die schwarze Gitarre auf ihrer Seite des Bettes ab. Vollkommen egal was sie grade oder wie sie es tat, sie kam bei dem Song einfach nicht weiter. Und das, obwohl Jan ihr seine E Gitarre geliehen hatte. Nicht irgendeine, es handelte sich dabei um DIE Black Hawk mit dem Totenkopf, die er bei jeden seiner Auftritte benutzte. Trübselig schmiss Rike ihre Textblätter auf das Kopfkissen, dabei fiel ihr Blick auf die Gitarre. War schon wirklich ein sehr schönes Stück. Mit dem Zeigefinger glitt sie vorsichtig über den silbernen Totenschädel, dann hinauf dorthin, wo seine Unterschrift eingraviert war. Da konnte man echt neidisch werden. Sie grübelte, womit sie sich stattdessen die Zeit vertreiben könne. Dies war der letzte Tag in Stuttgart, aber es fand noch nicht einmal ein Konzert statt. Eigentlich müssten sie jetzt im Bus sitzen und dort die Zeit bis zur nächsten Stadt ausharren. Jedoch hatte der stattliche Doppeldecker sich eine, nicht gerade kleine, Beschädigung eingefangen, so dass sich die Abfahrt verzögerte. Um Mittag wurde ihnen mitgeteilt, dass sie 23:00 Uhr weiter fahren würden. Dirk hatte darauf hin Pläne für die Nachtaktivitäten geschmiedet. Mit ziemlicher Sicherheit würden sie am Abend noch einige Discos durchforsten. Aber bis dahin… Henrike erhob sich und schritt zu dem Fenster, welches auf Kippe stand. Zügig öffnete sie dieses und lies sich den Wind um die Ohren wehen. OK, jetzt bekam sie eindeutig Lust Motorrad zu fahren. Oder zumindest mit dem Fahrrad. „Rike…“ Das rothaarige Wesen in dem Hotelzimmer blinzelte. Doch, da hatte jemand ihren Namen ausgesprochen. Und dieser ominöse Fremde war ihre Zimmergenossin Celina, wie sie durch eine Drehung nach rechts feststellte. „Ach du bists.“ Henrike hielt kurz inne, als sie bemerkte, dass sie dieselben drei Worte verwendet hatte, die ihr Gestern noch mehrmals selbst gesagt wurden. Schulter zuckend schloss sie das Fenster und watschelte zum Bett. „Gut dass du da bist Celli. Vielleicht kannst mir mit deinen Gitarrenkünsten weiter helfen…“ Schon hatte sie den Hals des Instruments um griffen und zog dieses zu sich. „Jetzt nicht.“ Henrike sah mit dem berühmten Schmollmund zu ihrer Freundin und „Arbeits“kollegin auf. Celina aber schien nicht einmal mit den Wimpern zu zucken. Jetzt sah Rike, wie ernst sie drein blickte. Ohne nachfragen zu müssen wusste sie schon, dass etwas nicht stimmte. Für Sekunden blickte sie ihre Freundin einfach nur abwartend an, bis Celina sich tatsächlich regte. „Ich mach mir langsam echt Sorgen du…“ sie starrte auf den Boden „…wenn das so weiter geht zerfleischen die sich noch.“ „Wer?“, war das erste, was man von der Hamburgerin hörte. „Bist du endgültig taub?“ Celina deutete mit dem Kopf zur Wand, an welches ihr Doppelbett stand. Henrike glotzte auf die reglose und Mucksmäuschen stille Wand. „Wieso? Ist ne völlig Anti-aggressive Tapete…“ Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen hörte sie plötzlich mehr als deutlich, von was Celina gelabert hatte. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „LAUFT MIR JA NICHT NACH!!!“ RUUUUUUUMS!!!!!!! Heftig und Erschütterungen erzeugend schmetterte der sonst eher friedliche Farin U. die Hotelzimmertür in den Rahmen. Schnaubend stand er im Rahmen und lehnte sich zurück, um sich erst einmal zur Ordnung zu rufen. Das konnte doch echt nicht war sein! Er war in Ordnung, er war verdammt noch mal in Ordnung!!! Es gab nichts zu bereden… Seine Hand strich über die Stirn, so bemerkte er dass sie glühte. Langsam öffnete er die Augen. Als sein Blick wieder nach oben fuhr, ging ein leichter Schock durch seinen Körper. Celina und Henrike standen vor ihm. Mit erschrockenen und leicht betretenen Gesichtern. „Fuck…“ hauchte er so leise, dass es keiner außer ihm hören konnte. Sie sah, wie er die Lippen auf einander drückte. Anscheinend versuchte er krampfhaft noch mehr Ärger zu vermeiden, oder er wollte nicht noch mehr Personen in die Sache rein bringen. Henrike stand da und suchte nervös nach einem nicht vorhandenen Gegenstand auf dem Boden, um seinem Blick irgendwie auszuweichen. Dieser Versuch blieb allerdings erfolglos… Sie ahnte was los war und wusste doch nichts. Wahrscheinlich wieder das ominöse Problem. Was sollte sie jetzt nur machen? Sie stand hier, glotzte ihn an und hatte noch immer seine Gitarre in der Hand. Unsicher schielte sie zu Celina. Doch ihre Freundin schien ähnlich gelähmt zu sein wie sie… Er spürte weiterhin die Blicke seiner beiden Kolleginnen, die inzwischen gute Freundinnen von ihm waren und immer mehr stieg ihm Unbehagen in die Kehle. Und die noch immer leicht köchelnde Wut. Er seufzte, dieses mal so, dass man es durch aus hören konnte, dann ging er. Er musste weg von hier, sonst garantierte er für gar nichts mehr. „Jan!“ Abrupt blieb er stehen. Er hatte keine Ahnung, welche der beiden Frauen nach ihm gerufen hatte, aber er wollte es auch nicht herausfinden. „Was ist?“, verdammt, warum fragte er nach? Er wollte jetzt doch allein sein! Als es längere Zeit ruhig blieb, baute sich in ihm wieder Spannung auf. Er wollte seine Wut nicht an ihnen auslassen, aber lang würde er das nicht mehr durchhalten. „Ich ähm…“, er spürte wie eine von den beiden auf ihn zu tapste. „Äääääähhhhh……..Deine Gitarre! Ich wollte sie dir nur schnell…“ „JETZT NICHT!“ Er sah, wie sie zusammen zuckte und schlagartig tat es ihm leid. `Scheiße…! ` Henrike wirkte, als wäre sie tief in sich zusammen gesackt und ihr Blick war einfach Richtung Boden gefallen. Jan stand wie auf heißen Kohlen. Er wollte weg hier, aber er konnte sie jetzt nicht einfach stehen lassen. Während er noch herum druckste, hatte sich Henrike wieder aufgerichtet und sah ihm fest in die Augen. „Tut mir leid, wenn ich dich belästigt habe, aber du brauchst noch lang nicht so zu schreien.“ Jan schluckte. Ihre Augen hielten seinen stand und er merkte an ihnen, dass es sie mehr getroffen hatte als sie nun zeigte. Seine Lider fielen zu und er entlud den nächsten Satz in einem Seufzer. „Es tut mir leid.“ Danach drehte er sich um und ging. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Erstaunlich Zielsicher war Jan durch das Hotel gegangen und hatte auch tatsächlich einen ruhigen Ort gefunden: Das Dach. Genau genommen AUF dem Dach. Er hatte keine Ahnung, ob es ihm verboten war diesen Bereich zu betreten, aber es war ihm auch mindestens genauso egal. Ohne lange nach zu grübeln hatte er sich einfach auf der höchsten Kante hin gehockt und starrte auf die „Landschaft“ vor ihm. Mehr als eine graue Häuserreihe nach der nächsten war es ja nicht. Beim Löcher-in-die-Luft glotzen merkte er plötzlich, dass Fernweh in ihm aufkeimte. Jan liebte es auf Tour zu sein, aber dieses Mal war es gar nicht so leicht alles hinter sich zu lassen. Es kam, geradezu unglaublich, selten bei ihm vor, dass er sich beklagte, aber in diesem Augenblick war ihm echt danach zu mute. Wie sollte er denn DAS nun wieder hin biegen? Jetzt war genau das eingetreten was er befürchtet hatte: Er bekam seine Gefühle nicht in den griff und entlud den Frust an denen, die am wenigsten dafür konnten. Sein Blick schweifte nach oben gen Himmel. Der Himmel war exakt so grau wie die Häuser. „Hallöle.“ Jan wandte sich um. Henrike stand hinter ihm und lächelte unsicher auf ihn hinab. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Einerseits wollte er alleine sein, zum anderen aber wollte er sie nicht schon wieder zurück weisen. Daher blieb er stumm und sah einfach nur zu ihr hoch. Henrike war der Blick, zusammen mit der nun entstandenen Stille, unangenehm, aber sie schwor sich, dem dieses Mal stand zu halten. „Darf ich?“, fragte sie stattdessen und deutete mit dem Fuß auf den lehren Fleck direkt neben ihm. Zu ihrer Überraschung nickte Jan ohne lang zu zögern. So ließ sie sich neben ihn plumpsen, was ihm ein unfreiwilliges Schmunzeln entlockte. Danach war es genauso still wie vorher. Henrike zwirbelte in ihren Haar herum und sah ebenso in die Ferne wie er. „Für heute haben sie Regen angesagt. Wunder dich nicht, jede Sekunde kann der Niagara Fall losgehen!“ Jan zog leicht eine Augenbraue in die Höhe, so dass sie es, von ihrer Sicht aus, nicht sah. Über das Wetterdiskutieren. Nicht gerade das beste Thema um ein Gespräch zu beginnen. Er zweifelte daran, ob das in eine angenehme Richtung gehen würde. „Ganz ehrlich, ich mag den Regen. Sehr sogar…“ Verwundert blinzelte er zu ihr hinüber. Ihre Stimme hatte einen Ton angenommen, den er nicht erwartet hatte. „Generell liebe ich das… also die Natur etwas zu spüren. Regen, Wind… nur Sonne meide ich eher. Kann man an mir ja auch nicht übersehen.“ Sie grinste leicht zu ihm hinüber und zu ihrer Erleichterung erwiderte er es. „Ich mag es überhaupt nicht geblendet zu werden. Sei es durch Sonnenstrahlen oder sonst irgendetwas…“ Ihr rechter Fuß schwang leicht über dem Abhang, während sie sprach. Keine Ahnung, warum ihm das auffiel. Ein bisschen nervös war sie schon. Da sie, zusammen mit Mischa, die Unwissendste, was Jan betraf, hier war. Aber vielleicht, so dachte sie, war eben as nun ein Vorteil. Nachdem rann davon gerauscht war, hatte sich keiner getraut ihm hinterher zu gehen. Sogar Dirk und Rodrigo, welche kurz darauf aus dem Zimmer erschienen waren, beschlossen ihn in Ruhe zu lassen. Keine Ahnung, was sie nun dazu getrieben hatte nach ihm zu suchen. Sie wollte nicht an ihm herum bohren, aber… vielleicht konnte sie ihn anders unterstützten. „Hast du meine Geschichten gelesen?“ Jan schwieg ein paar Sekunden, ehe er antwortete. „Ja.“ „Auch… die zweite. Von der Reihenfolge her?“ „……………………Ja…..“ Ihre Blicke trafen sich. Ihm viel wieder auf, dass ihre Augen etwas sehr ehrliches und aufrichtiges an sich hatten. Zumindest empfand er es so. Er mochte ihre Augen sehr… „Ist das wirklich so passiert?“, fragte er nach etwas Zeit, in der sie den Blickkontakt gehalten hatten. „Ja…“ Der Wind wurde stärker und wehte das rote Haar von Rike endgültig in der Struppel Zustand. Nur am Rande bemerkt von den beiden, hatte sich der Himmel nun ins tief grau gewandelt und ein zwei Tropfen fielen schon hinab. Nach doch mittlerweile längerer Zeit brach Henrike den Blickkontakt ab und sah hinunter, auf die Straßen, wo der Verkehr geradezu reibungslos verlief. Dann ging es los. Ohne Rücksicht prasselten die schweren Tropfen herab. Nach wenigen Sekunden war die junge Hamburgerin durchnässt, so dass ihr strahlend rotes Haar in Strähnen auf ihrer Haut klebte. Still saßen sie da und lauschten dem Wasserfall artigen Niederschlag. Keiner sagte etwas. Er war ihr dankbar. Dafür, dass sie einfach nur neben ihm saß, über nichts Wichtiges redete und nicht an ihm herum bohrte was er hatte. Irgendwann würde er es bestimmt jemanden erzählen, aber nicht heute. Langsam hob er seinen Arm. Er zögerte. Aber nach ein paar Sekunden war er sich sicher, dass es nicht falsch war. Und so legte er ihr den rechten Arm um die Schultern und zog sie zu sich heran. Sie selbst blieb vollkommen still und lies es geschehen. Jan konnte ihr nicht ansehen, was sie dabei dachte oder fühlte. Aber nach einer kleinen Ewigkeit spürte er, wie sie sich an seine Schulter schmiegte… „Ich war 12, als es das erste Mal passiert ist. Kurz darauf ist der Aufsatz auch entstanden. War… es war schon ein Schock für mich damals…“ Sie verstummte. Zwar inzwischen jeder, dass ihr kleiner Bruder geistig behindert war. Aber Jan war der erste von ihnen, dem sie diese Geschichte, wenn auch nicht direkt, erzählt hatte. Nicht einmal Celina wusste davon. Nein, sie hatte keine Probleme mit der Behinderung ihres Bruders, aber sie hatte es bisher nie für wichtig gehalten, wo die ihre Familie ja auch gar nicht persönlich konnte. Rike drückte sich noch näher an Jans Körper. Sie schloss die Augen und dachte zurück. Während der Regen niederschlug und Jan ihren Arm mit dem Daumen streichelte. Mein Bruder Mein Bruder ist anders als andere Brüder, denn er ist ein Autist. Einige wissen vielleicht nicht, was ein Autist ist. Nun, ein Autist ist ein Mensch, der in seiner eigenen, fremden Welt lebt. Wenn man ihn fragt: „Wie viel ist 2 und 2?“ würde er die Frage nicht beantworten. Man weiß dann nicht genau, ob er die Frage nicht versteht oder einfach keine Lust hat, darüber nachzudenken. In seiner fremden Welt, in der er lebt, existiert das Rechnen ja vielleicht gar nicht. Außerdem hat er noch eine Anfalls-Krankheit. Manchmal setzt sie bei ihm ein und dann kann er sein Gehirn nicht mehr steuern. Er bekommt dann Krämpfe und kann nicht stehen und es ist schon passiert, dass er direkt in der Wohnung umgekippt ist. Aber ein Erlebnis werde ich nie vergessen. Es war am 13.4.2003. Da sah er am Morgen mit meinem Vater fern. Mein Bruder war auf einmal ruhig und als mein Vater nach ihm schaute, schrie er auf. Ich lief ins Wohnzimmer und hätte auch fast geschrieen. Mein Bruder schielte und der Kopf lag auf der Schulter. Ich rief meine Mutter von oben herunter. Er hatte wieder einen Anfall, einen sehr schlimmen, er stöhnte und sein Mund stand offen. Ich ging nach oben, weil ich mir das nicht ansehen wollte und Angst hatte. Ich versorgte solange meine Vögel. Als ich ihnen gerade Wasser gab, sah ich aus dem Fenster und bekam einen riesigen Schreck. Mein Bruder wurde auf einer Trage in einen Krankenwagen getragen. Ich lief nach unten und sah wie der Wagen weg fuhr. Mein Vater fuhr mit. Meine Mutter ging zurück ins Haus und weinte. Jetzt ist er noch im Krankenhaus und ich hoffe, dass es ihm bald wieder gut geht. Es ist, als ob mein Bruder in dem Anfall in einer anderen Welt war. Eine Welt, die ihn fast nicht mehr los ließ. Kapitel 16: Die Nacht --------------------- Die Nacht „HAAAATSCHI!!!“ „Gesundheit.“ „Danke.“ Keiner von ihnen wusste wie lang sie im strömenden Regen gesessen hatten. Aber irgendwann ließ der Schauer nach und dies hatten die beiden sich zum Anlass genommen endlich rein zu gehen. Jan war grad dabei gewesen die Tür hinter sich zu schließen, als Henrike wie10 Elefanten auf einmal trötete. Beide waren absolut durchnässt und zogen, dadurch dass sie stark tropften, schon fast einen Fluss hinter sich her. Sowohl Rike als auch der große blonde mit den vielen Zähnen hatten beide eine halblange Hose und schwarze T Shirts an. Die gesamten Klamotten klebten nun wie eine zweite Haut auf ihren Körpern. „Oha… ich hab bisher nur Kerle zu niesen hören.“, sagte Jan tatsächlich breit grinsend zu ihr. Henrike schniefte überdeutlich und schielte zu ihm hoch. „Komme auch hauptsächlich nach meinem Vater, kann nix dafür…“ Beide Augenbrauen zogen sich ein Stück nach oben und sie lächelte ihm verschmitzt zu. Jan grinste nur noch breiter, ehe er durch einen Knall aufgeschreckt wurde. Seine Sonnenbrille hatte sich von seinem Kragen gelöst und musste unsanft Bekanntschaft mit dem Boden machen. Sofort beugte er sich nach unten. Was er nicht mitbekam, war Henrikes Gesichtausdruck, als diese bemerkte, wie interessiert sie seinen Körper gemustert hatte. Dessen Umrisse, welche durch den feuchten Stoff noch hervorgehoben wurden… „HATSCHI!“ Musste sie wirklich niesen oder war es eine kleine Verzweiflungstat, weil er sich so plötzlich ihr wieder zuwandte? Sie war die letzte, der das klar war… „Oh man. Zieh lieber schnell die nassen Sachen aus, sonst wird es noch schlimmer.“ Rike starrte ihn, halb grinsend, mit geweiteten Augen an. „Schwein!“ Sie stieß ihm in die Rippen und er begriff schnell was sie meinte. „Hey, ich hab nichts von hier gesagt. Aber wenn du unbedingt willst…“ „Ne mein Lieber. Dass mit dem hoch bumsen mach ich erst wenn gar nichts mehr hilft.“ Sie zwinkerte ihm frech zu und griff mit einer Hand nach dem Gellender der Treppe. Die andere wurde jedoch fest gehalten. „Ähm…“ Sie spürte wie er zögerte und der Druck um ihre Finger sachte zunahm. Rike wagte nicht aufzublicken, stattdessen fühlte sie seinen Puls, trotz seiner feuchten kalten Finger, sehr deutlich. „…Ich wollte mich noch mal entschuldigen. Dafür, dass ich dich angeschrieen habe.“ Zögerlich schaute sie hoch, so sah sie ihm in seinen ehrlichen und bedauernden Blick. „Es ist okay… Ist schon OK.“ Schüchtern lächelte sie, was er erwiderte Im selben Augenblick sah er auf seine Hand und lies ihre Finger schnell wieder los. Tatsächlich schien der blonde Riese für Sekunden verlegen, ehe er der Rothaarigen auf die Schulter klopfte und sie so dazu aufforderte mitzukommen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Von weitem sah die Satanstochter Celina, die auf dem Gang wartete. Jedenfalls sah es stark danach aus, denn sie lehnte an der gegenüber liegenden Wand der Hotelzimmertüren und trat gelangweilt an einer Teppichfalte herum. Rike blickte zu Jan. Wie sie vermutet hatte, zögerte er einen Moment weiter zu gehen. Aber ehe sie ihn ansprechen konnte, geschweige denn ihm die Hand auf die Schulter zu legen, die sie grad erhoben hatte, schaffte sie nicht mehr. In diesem Moment ging er weiter und sie beeilte sich ihm zu folgen. Jan ging direkt auf Celina zu, die sich nun umdrehte und sie beide sah. Egal was sie sagen wollte, sie hätte sich bei dem Anblick der beiden fast verschluckt. „Ach du Schande… begossener Pudel ist ja wohl kein Ausdruck mehr für euch.“ Halb grinsend musterte sie ihre Freunde von oben bis unten und beäugte auch amüsiert Jans so wie Rikes Haarprachten. „Joa, ähm… ich wollte mich entschuldigen. Für vorhin.“, sprach Jan leicht zögernd aus und sah dabei auf sie hinunter. Die braunhaarige, die ihren voluminösen Afro mit einem Haarband gebändigt hatte, lächelte zu ihm auf. „Schon OK, Großer.“ Sie ihm knuffte ihm in die Seite, was ihn zum lachen brachte. Henrikes Augen wurden schmaler… „So, ich bin fertig. Sind Rike und Jan… da.“ Mischa trat aus ihrem Zimmer. Unübersehbar hatte sie die letzte Zeit mit stylen verbracht. Als sie ihre beiden patschnassen Kollegen erblickte grinste sie. Henrike fiel erst noch ein zwei Sekunden auf, wie verschmitzt dieses Grinsen war. „Schön, jetzt sind wir komplett. Zieht euch schnell um, oder wollt so los?“ „Los wohin?“, fragte Jan Mischa verwundert. „Wohin wohl, Pardy machen!!!“, warf Celina erfreut ein und da fiel zumindest bei Henrike das Plektren. „Ach ja, Mensch… will Dirk das echt durchziehen? Nach…“ Bevor sie weiter reden konnte presste sie ihre Lippen fest auf einander. Eigentlich hatte sie sagen wollen „nach dem ganzen Gezeter“, aber sie hielt es für falsch das Dilemma noch mal zur Sprache zu bringen. „Wartet noch, ich bin gleich fertig.“ Damit verschwand der blonde Riese im Hotelzimmer. Henrike blickte ihm kurz nach, blinzelte und wandte dann ebenfalls Richtung Klamotten. „Bin auch gleich soweit Celli.“ „AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRRRRRRRGH!!!“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Wirklich nicht sonderlich viel Zeit später war jeder so gekleidet wie es ihm passte und es konnte losgehen. Jan war eigentlich vollkommen unverändert, wie eben war er von oben bis unten in schwarz gehüllt. T Shirt, Hose und Schuhe, das wars schon. Nur eine Sonnenbrille und eine Mütze hatte er noch hinzu gefügt, wohl um sich ein bisschen zu tarnen. Michaela war wie immer sehr Mode bewusst, ihr Outfit bestand aus einem weißen Shirt, einem Schweißband, welches sie sich zu ihrem Oberarm hochgezogen hatte und einer schwarzen langen Hose. Und einem leichten schwarzen Schal, den sie sich wegen ihrer Erkältung umgebunden hatte. Etwas freizügiger war da Celina. Sie hatte sich tatsächlich in recht knappe Shorts gezwängt. Henrike hatte sie deswegen schon gepiesackt. Aber wenigstens trug sie oben rum eine gelbe Sportjacke mit blauem Karomuster. Und zur Feier des Tages hatte sie ihr Haarband entfernt, so dass ihre Locken sich in alle Richtungen reckten, was aber nicht schlecht aussah. Rike selbst trug einen Rock mit mehreren Reißverschlüssen, unter denen Schottenmuster hervor lugten und eine weißes Shirt mit V-Ausschnitt, welches sie selbst mit schwarzen Farbklecksen verziert hatte. Das lange rote Haar hatte sie, da es durch den Regen extrem struppig geworden war, in einen, absichtlich unordentlichen, Pferdeschwanz gezwängt. Von Michaela erfuhren sie, dass Dirk und Rodrigo schon vorgegangen waren um eine geeignete Disco zu suchen. Die blonde und die braunhaarige sollten solang auf den Rest der Truppe warten damit sie, nachdem einer der beiden Rockstars eine SMS an Celina geschickt hatte, zusammen zu ihnen kommen konnten. Da es endgültig auf gehört hatte wie aus Eimern zu schütten brauchten sie auch nicht sonderlich lang, um zum Treffpunkt zu kommen. Eine recht große Disco, in der von Metal bis Gothic, von Punk bis R`n´B so ziemlich alles gespielt wurde. „Da drüben sind sie!“, brüllte Michaela, versehentlich, direkt in Henrikes Ohr. Halb lachend entschuldigte sie sich bei der kleinren, die darauf nur murrte und sich ihr Ohr rieb. Jan ging weiter. Mischa und Celina wurden von der Rothaarigen zurück gehalten. „Komm, wir lassen die drei sich aussprechen und gehen schon mal abzittern!“ Mit beiden Händen schob sie die größeren Frauen vor sich her auf die Tanzfläche. Sie blickte noch einmal über ihre Schulter zu den drei Männern und musste mitleidig lächeln. Der blonde Riese trat vor seine Freunde, und auch wenn sie bei dem ganzen Krach nichts hören konnte wusste sie, dass er sich bei ihnen entschuldigte. Als das Weibertrio einen lehren Fleck auf der Tanzfläche erwischt hatte setzte die Musik aus. Viele schielten nach oben und warteten auf den nächsten Song. „Uuuuuuuuuund hier kommt BEYONCE mit ihrem Hit „Déjà vu“!“ Celina stieß ein „Juchu“ los. Beyonce zählte zu ihren absoluten Lieblingssängerinnen. Auch Mischa schien mit der Auswahl zufrieden. Henrike hielt nicht viel von der Ex-Destinys Child Sängerin, auch wenn sie ihr in DREAMSGIRLS doch recht gut gefallen hatte. Aber zu ihrem Glück war dies das einzige Lied von ihr, welches Henrike wirklich mochte. Kurz darauf griff jemand Henrike von hinten die Schultern. Diese gab ein ungewolltes aber recht amüsantes Quieken von sich und drehte sich ruckartig rum. Unverkennbar grinste ihr DER Graf entgegen. „Amüsiert ihr euch gut?“ „Was?“ „Amüsiert ihr euch?“ „WAAAAS???“ „AMÜSIERT IHR EUCH???“ „ACHSO. DIE KÖNNTEN BESSERE MUSIK SPIELEN, ABER ANSONSTEN, JOA!!!!“ „OOOOOOKAAAAAAAYYY!!!!“ Nachdem sie dieses kleine Gespräch abgeschlossen hatten mussten sie erst einmal lachen. Henrike sah sich kurz um. Von Jan und Rodrigo war nichts zu sehen und Mischa war ebenfalls verschwunden. Nur Celina befand sich noch in ihrer Nähe und kam gerade auf sie und Dirk zu. „ICH WOLLTE EUCH NUR BESCHEID SAGEN, DASS WIR UM 22:00 UHR ABHAUEN MÜSSEN, DENKT DRAN!!!“ „IST GUT BOSS!!!“ Die Mädels salutierten vor ihrem Grafen und tanzten dann weiter. Als nächstes war Rike es die erfreut aufschrie. „OZZYYYYYYYYYYYYYYYY!!!“ Black Sabbath – Paranoid. Wie geil war das denn! „POGEN!“, brüllte sie und rammte sogleich gegen Celina. „Hey was?... NA WARTE!“ Und so hatte Henrike es mal wieder geschafft, eine (nette) Hopperin zum pogen zu bewegen. Im, dank Henrike entstandenem Gerangel, fiel der rothaarigen nebenbei auf, dass Bela nicht mehr da war. Schulter zuckend startete sie einen frontal Angriff auf die braunhaarige, wodurch diese zu Boden ging. Lachend half Rike ihrer Freundin wieder auf die Beine. Nach ca. 15 min. hielt sich die Afro Trägerin keuchend an ihrer Freundin fest. „OK du… ich muss jetzt mal für kleine Mädchen. Und ich will nicht wissen, wie ich jetzt aussehe…“ „OK BIS GLEICH!“ Rike brüllte sie wesentlich an, wodurch sie einen Ellenbogenstoß in die Rippen kassierte. Eigentlich zu Unrecht, Klein Rike konnte schließlich nix dafür, dass der Song in diesem Augenblick aussetzte. Henrike sah um sich. Von der Clique war nun keiner mehr in ihrem Umkreis über. Sie begann gerade zu überlegen, ob sie sich nicht etwas zu trinken holen sollte, da legte der DJ AC/DC auf. Rike lachte in die Dunkelheit. „OK, überredet. Ich bleib noch!“ „I FEEL SAFE IN NEW YORK CITY!!!“ Hoch und rücksichtslos grölte sie den „Gesang“ von Brian Johnson mit. Sie konnte absolut nicht anders. Wenn sie gewisse Rockmusik hörte musste sie sich dazu bewegen, sonst drehte sie durch. Nichts war und ist herrlicher, als das Adrenalin, von der Energie der Musik erzeugt, durch das wilde Rumgehampel frei zu lassen. Dass nicht gerade wenige sie schief an glotzten störte sie dabei herzlich wenig. Als schließlich die letzten Töne des unvergleichlichen Angus Young verklungen waren, musste sie erst einmal tief ein und ausatmen. Ohne Vorwarnung hatte der DJ insgesamt 11 Songs von AC/DC raus gehauen. Keuchend lehnte sie an der Wand neben dem Ausgang. `Hach… das war herrlich! ` sie grinste hoch zufrieden wischte sie sich noch einmal den Schweiß von der Stirn und ging dann zurück in den Club. Wo ihr gleich die hoch verpestete Luft entgegen schlug und sie sich echt am Reimen reißen musste, nicht gleich wieder noch draußen zu stürmen. Denn sie wollte nach den anderen suchen. Als erstes ging sie zur Bar. Da war schon mal keiner, jedenfalls nicht die, die sie suchte. Als nächstes schaute sie auf der Damentoilette nach. Keine Celina, keine Mischa. „JUNGS!!! SEIT IHR HIER???“ Ohne Rücksicht auf die Gäste steckte sie den Kopf durch die Tür zum Herrenklo und rief nach „ihren“ Männern. Doch außer ein paar Pennern, die so besoffen waren, dass sie kaum noch stehen konnten und ein einigen Leuten, die etwas nüchterner waren und sie finster anblickten, war niemand zu sehen. Schulter zuckend ging sie weiter. Rike suchte alles ab, die Tanzfläche, den Balkon, sogar (Todesmutig!) in die Raucherecke begab sie sich. Aber auch dort war keine spür von Bela-Farin-Rod, genauso wenig, wie von den beiden Frauen… Henrike schaute auf ihre Uhr und sie traf fas der Schlag. 22:30 Uhr. „Scheiße…!“ _________________________________________________________________________________ So! *üuh* *schwitzt* Ich hab meine Story jetzt auch hier auf den aktuellen Stand gesetzt. Ich hoffe ich hör mal was von euch! ^^ (auf die Kommentare schiel) Kapitel 17: Mitten in die Fresse rein! -------------------------------------- Mitten in die Fresse rein! „Hey porter, hey porter…“, pfeifend trat der Chilene auf den Gang. Er war gerade mit packen fertig geworden und schleppte seinen Koffer aus dem Hotelzimmer. Gleich Nach Mischa war er der erste, der mit dem zusammen krosen angefangen hatte, kurz darauf wir Celina im Hotel angekommen. Wo die beiden anderen Herren blieben wusste er nicht. Bei Dirk wunderte es ihn überhaupt nicht, Jan jedoch war oft pünktlicher als Mücken im Sommer. Schulter zuckend lehnte er sich an der gegenüber liegenden Wand und stellte den Koffer neben sich ab. Rodrigo schob sich die Hände in die Hosentaschen und dachte vor sich hin. Kurz musste er innerlich fluchen, als seine Finger gegen die Zigarettenschachtel stießen. So bekam er automatisch Lust eine zu rauchen. Er beschloss aber zumindest zu warten, bis sie gemeinsam zum Bus gehen würden. Stattdessen dachte er an die bereits vergangene Zeit zurück. Er musste sich eingestehen, dass ihm schon lang keine tour mehr so gut gefallen hatte wie diese. Das hieß jetzt nicht, dass Tourneen ihm sonst langweilig waren, aber die Idee mit den Mädels hatte noch mal ordentlich frischen Wind gebracht. Es absolut Spaß mit den drei „Damen“ rum zu hängen. Wenn er daran dachte, dass diese Aktion wegen Jan fast gar nicht zustande gekommen wäre… Aber eben dieser blonde Herr mit den vielen Zähnen war nun wieder ganz der alte und erfreute sich nun selbst sehr an der zusätzlichen Gesellschaft. Bis auf seinen kleinen Streit mit ihm und dem großen Terror von heute Nachmittag war nichts weiter in der Richtung passiert. Jedenfalls nichts Auffälliges… Rodrigo seufzte. Er hatte verloren. Mit einem erneuten Seufzer griff er tiefer in die Tasche und schob sich schließlich eine Zigarette zwischen die Lippen. Er musste sie ja nicht sofort anzünden. Er wunderte sich etwas warum, aber er begann an Rike zu denken. Rodrigo mochte sie, sehr sogar, das „kleine“ Nesthäkchen der Truppe. Der Chilene grinste, als er an ihre Reaktion von Gestern dachte, wo sie sich so über seine Zustimmung gefreut hatte. „Schon wieder am qualmen?“ Rodrigo blinzelte kurz und sah dann Mischa auf sich zu kommen. Er nahm die Zigarette und hielt sie etwas höher, so dass man gut sah, dass diese nicht angesteckt war. Michaela grinste und lehnte sie neben ihm an die Wand. Exakt im diesen Augenblick bogen zwei ihm wohl bekannte Gestalten um die Ecke. Rod wurde Zeuge eines recht seltenen Bildes: Dirk quatschte Jan ein Ohr ab! Normalerweise lief das eher umgekehrt ab. „…also dieser Drummer… ich muss echt sagen, dass ich noch keinen gesehen hab, der extrem auf die Trommeln einhaut wie der! …Hey schon fertig Roddy?“ Dies war natürlich das erste, was sich der Chilene anhören musste. „Im Gegensatz zu euch, JAP!“, grinste er und kaute währenddessen an dem Tabak herum. „Ihr könnt froh sein, dass ich unsern lieben Grafen abgeschleppt hab. Sonst müssten wir jetzt garantiert wieder Stunden ihn warten. Nicht wahr Darlin?“, Jan drehte sich breit grinsend dem Drummer zu, der ihm mit einem nicht minder breiten Grinsen den Mittelfinger entgegen reckte. „Ach du Schande…Ist Rike nicht bei euch?“ Unbemerkt von der breiten Masse war Celina mit ihrem Koffer an die Gruppe getreten. „Öhm, nein… sie war doch bei dir?“, antwortete Dirk verwundert. „Nein, eben nicht! Ich hab sie im Gerangel nicht wieder gefunden und da…“ sie brauchte den Satz nicht zu beenden. „Oh nein…“, stöhnte Mischa und sprach das aus, was die meisten dachten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Das Klacken ihrer Schuhe hallte in den dunklen Gassen wieder. Henrike sah sich nervös nach allen Seiten um. `Ruhig bleiben…`, sagte sie sich immer wieder, aber es bleib immer zumindest eine leise Furcht. Klar, sie war erwachsen, jedoch konnte man nie wissen, was sich um diese Zeit so alles herum trieb. Rike war bestimmt nicht die einzige Frau die es mied allein bei solcher Dunkelheit herum zu laufen. Seit sie klein war hatte sie es oft mitbekommen, wenn sich mal wieder ein widerliches Arschloch an einem Kind oder einer Frau vergriffen hatte. In ihrem Umfeld war nie derartiges geschehen und doch; es gab nichts was sie mehr anwiderte und ihr mehr Angst machte als das. Henrike schüttelte heftig den Kopf. Nein, es gab wirklich keine schlimmere Qual, die man einer Frau antun konnte. Eine Zeit lang hatte sie sogar Pfefferspray mit sich herum geführt, heute allerdings lag dieses auf dem Grund ihres Koffers. Rike seufzte. Sie konnte die Gedanken, wo sie schon gekommen waren, partout nicht mehr abschütteln. Was ihr nicht unbedingt eine Hilfe war. Allein daran zu denken machte sie rasend wütend. Dass es doch tatsächlich Menschen gab die Frauen und sogar Kinder diese höllischen Qualen zu fügten, nur im ihre Geilheit für einen kurzen Moment zu befriedigen! `AAARRRGH, verdammt! ´, sie schüttelte sie nochmals, um die Gedanken endgültig zu verbannen. ´Mach dich nicht verrückt! ´ Zum Hotel war er auch nicht mehr weit! Sie musste nur noch durch diesen Park…durch… „…Fuck…“, schluckte sie. Die finsterste Ecke in der ganzen Stadt und sie musste direkt durchgehen. Rike hätte noch so einige weitere Kraftwörter ausstoßen können, aber das würde ihr nicht helfen. Die rothaarige sah sich um. Ohne die Gegend zu kennen wusste sie, dass die anderen Wege ein riesen Umweg wären. Schon allein weil es sich bei der einen um eine Sackgasse und bei der anderen um eine komplett andere Richtung handelte. „ScheißescheißeScheißescheißeScheißescheiße…“ Eine Minute später schluckte sie nochmals überdeutlich und kniff die Augen zusammen. ´Augen zu und durch!!!` Mit dem Gedanken stürmte sie los und rannte solang, bis sie den Ausgang sehen konnte. Abrupt stoppte sie, so dass die kleinen Steine unter den Schuhsohlen knirschten. Rike atmete erleichtert aus und ging die wenigen Schritte Richtung Ausgang. „Hey du!“ Sie zuckte zusammen und fuhr herum. Die Stimme kam aus einer dunklen Ecke, am Rande des Parks und am Anfang der Straße, doch das einzige was sie erkennen konnte war eine in Dunkelheit getauchte Menschengruppe, welche sie wohl gerade anstarrten. Henrike schluckte und ballte ihre Hände nervös zu Fäusten. „Ich und meine Kumpels sind so schrecklich einsam. Willst du uns nicht Gesellschaft leisten?“ Ein Mann. Ganz eindeutig und er schien sehr groß zu sein. Seine hatte Stimme etwas ekelhaft schleimiges an sich, dass konnte sie schon beim ersten Hören ausmachen. „Um ehrlich zu sein… Nein!“ Sofort drehte sie sich weg und wollte weiter laufen, doch da versperrte ihr jemand den Weg. Sie sah zu der viel größeren Person auf und ihre Augen weiteten sich. Das schwache Laternenlicht, beleuchtete sie beide von oben und so sah sie, dass die Person eine Glatze hatte… „Zisch nich einfach ab, dass is nicht nett!“ Die ekelhafte Stimme wieder und als sie sich dieser zuwandte, sah sie wie mehrere Menschen auf sie zukamen. Die Gruppe trat unter das Licht einer Straßenlaterne und Henrike konnte zum ersten Mal ihre äußere Erscheinung sehen. Ihre anfängliche Bange wandelte sich nun allmählich doch in Angst: `Nazis!“ Die bei allen Personen ins Auge stechende Glatze und die typische Kleidung ließen da keinen Zweifel in ihr über. Sie wich zurück und stieß dabei gegen den Riesen, der ihr den Weg blockierte. „Lasst mich…“, setzte sie an, als sie plötzlich eine Hand auf der Schulter fühlte. Fest und schmerzhaft. „Guck dir mal an wie blass die ist!“, sprach der bis dahin schweigsame Riese. „Ist die überhaupt Deutsche?“ Einer von den Männer sog ihr Gesicht grob am Kinn nach oben, nur um sie wie Verkäufer, der den Wert der Wahre schätzte, zu betrachten. „Fass mich nicht an!“, rief sie wütend und zog ihren Kopf mit einem Ruck zurück. Einer der Männer stellte sich vor sie und als er sprach erkannte sie die Stimme von eben wieder. „Die sieht ja aus wie ne Leiche!“ Seine Stimme brachte seine volle Geringschätzung ihr gegenüber zum Ausdruck. Er ließ seinen Blick an ihrem Körper hinunter fahren. „Aber… groß anfreunden wollte ich mich ja eh nicht mir dir…“ Henrike schüttelte sich vor Ekel, als sie bemerkte wie lüstern man sie beglotzte. Sie wollte weg rennen. Doch sie war umstellt. Allmählich wurde ihre Angst immer stärker… Der Mann mit der Stimme, der wohl der Anführer der Gruppe war, lächelte ihr fies zu. Plötzlich packte er sie und presste seinen Mund gewaltsam auf ihre Lippen. Ihre Angst wurde in dem Moment von purer Wut überschwemmt. Ihre Hände ballten sich heftiger zu Fäusten und ehe der Widerling bemerken konnte, was sie vorhatte donnerte sie ihn mit aller Macht einen Schlag auf den Unterkiefer. Der Mann jaulte auf und lies sie los. Ohne groß nach zu denken stürmte Henrike davon. Sie durchbrach den Kreis der sich um sie gebildet hatte, doch da brachte sie ein ausgestrecktes Bein zu Fall. Hart donnerte sie auf den Boden und der Stein rieb ihre Hände blutig. `Steh auf Henrike, schnell!!!! ` Sie rappelte sich auf und wollte weiter rennen, jedoch warf sie ein Bein erneut zu Boden. Dieses Mal allerdings durch einen Tritt. Grob wurde sie von Händen gepackt, umgedreht und starrte so dem Anführer in seine kalten und vor Wut funkelnden Augen. „Du Schlampe!“, schrie er und schlug sie ins Gesicht. Immer wieder. Rike wollte sich wehren, aber der hämmernde Schmerz betäubte sie schon fast. Durch ihre halb offenen Lider konnte sie etwas Metallisches an seinem Handschuh sehen. Ihre Hände krallten sich in seine Arme, doch das hielt ihn nicht davon ab weiter zu machen. `Hör auf!! Lass mich in Ruhe!!!´, schrie sie mental. Dann hörte er auf. Er zerrte sie mit grobem Griff von der Straße in eine dunkle Gasse. Henrike versuchte sich los zu reißen, aber sie schaffte es einfach nicht. In der Finsternis der Gasse angekommen presste er sie unsanft gegen eine Mauer. Einige Männer waren ihm gefolgt. Genau genommen zwei, wie sie nun erkannte. Die anderen hatten sich verdrückt, da sie wohl doch nicht so hart waren wie sie vorgaben. Henrike unternahm erneut einen verzweifelten Versuch sich aus seinen unangenehmen Griff zu befreien doch da wurde sie in die Magengrube getreten. Henrike stöhnte schmerzhaft auf, zwang sich aber ihre Augen offen zu halten. Dann hörte sie wie der Anführer zischte: „Was meint ihr Leute, wollen wir uns ein bisschen mit der kleinen Hure vergnügen?“ Sie riss die Augen auf. Jetzt war keine Angst mehr über. Es war Panik! Sie schlug nach den Männern, erwischte einige sogar hart am Kopf. Doch gegen drei auf einmal kam sie einfach nicht an. Zwei der Männer packten ihre Arme, hielten sie fest und ihr Anführer setzte sich auf ihre Beine, so dass auch treten nichts mehr half. Sie war gefangen! Sie konnte nicht mehr weg! Aus ihren Augen traten Tränen, aus Wut und Verzweiflung. Sie wollte das, was nun ganz offensichtlich folgen würde, nicht einfach so hinnehmen. Lieber wollte sie sterben, als das erleiden zu müssen. Sie überlegte fieberhaft, doch ihr viel einfach nichts ein. Da packte sie das Oberarschloch am Kinn und zwang sie grob, ihn an zu sehen. Er grinste ihr widerlich zu, ehe er seine Lippen auf ihre presste und sogleich seine zunge folgte. Wut. Überschäumend und kochend pochte in ihr. Keine Sekunde später schrie er auf. Sie hatte ihre Zähne brutal in seine Zunge inklusive Unterlippe vergraben und es trat schon Blut hervor. Als die anderen Männer an ihr herum zerrten, lies sie ihn plötzlich los. „HILFE!!!!!“ Ihr Schrei schien durch die ganze Stadt zu hallen. Sie schrie, so wie sie noch nie in ihrem Leben geschrieen hatte! Doch mitten drin donnerte der kalte Stahl wieder an ihren Schädel. „Halt endlich die Schnauze! Du verdammte kleine Nutte!“ Die festen Griffe beschränkten sich auf ihre Handgelenke. Aber bevor sie dies bemerkte, fing er an nach ihr zu treten. Immer wieder, in den Magen, Schultern und überall wo er sonst hinkam. Keuchend sank ihr Kopf Richtung Boden und Blut schoss aus ihren Mund. Henrike hätte nie gedacht, dass ihr so viel auf einmal wehtun konnte. Sie flehte innerlich, dass er endlich auf hören würde. Dass sie sie einfach liegen ließen und weiter zogen. Doch das reichte ihnen nicht und dieses Wissen verhinderte die totale Betäubung durch all die Schmerzen. Nach einer Unendlichkeit, war es still. Noch immer wurde sie fest gehalten. Als sie wieder etwas wahrnahm, presste ihr Rücken gegen die Wand. ´Nein…nein, bitte nicht…` Ihr Kopf fiel leblos zur Seite. Sie hatte endgültig keine Kraft mehr… Seine widerlichen Hände zerrissen ihr Hemd und im nächsten Augenblick vergriff er sich schmerzlich in ihren Busen. Seine Fingernägel hinterließen rote Blutstreifen. Er leckte ihr über den Hals und Henrike konnte nichts tun als zu weinen. Plötzlich jedoch wurde der Mann von ihr weggerissen und mit einem mächtigen Hieb zu Boden geschleudert. „LASS SIE LOS DU ARSCH!!!“ „…was…?“ Sie hob ihren Kopf und öffnete ihre mit Blut überströmten Lider. Tatsächlich! „Jan…“ Kaum das der eine Mann zu Boden war gingen die anderen beiden auf den blonden Mann los. Sie konnte kaum etwas sehen, nur drei Silhouetten, die mit einander rangen. Der größte unter ihnen schien die Oberhand zu haben und schleuderte einen der beiden Nazis gegen die gegenüber liegende Mauer. Henrike krallte sich an einer Mülltonne fest, die sie vor kurzem neben sich realisiert hatte, und richtete sich mühsam auf. Jedoch konnte sie nicht stehen, ohne sich weiterhin an die Tonne zu klammern. Es kämpften nur noch zwei der Männer und gerade schlug der größere den kleineren in die Flucht. Henrike schüttelte ihren Kopf so kräftig, wie dieser es noch verkraften konnte, um endlich klar sehen zu können. Nun klärte sich ihr blick tatsächlich und sie sah den größeren, wie er dem Flüchtling hinterher starrte. Er drehte sich um. Henrike erschrak als sie das Blut in seinem Gesicht sah… „Rike!“ Bestürzt eilte er auf sie zu. Henrike verließ endgültig die Kraft und sie fiel ihm entgegen, in seine Arme. Er fing sie auf und ging mit ihr zu Boden, als ihre Beine nachließen. Augenblicklich herrschte Stille. Henrike presste ihr Gesicht fest an seine Brust und zitterte. Jan riet richtig als er dachte, dass sie seine Tränen vor ihm verbergen wollte. Was aber dadurch schon nicht funktionierte, weil sich ein heißer feuchter Fleck auf seinem Shirt bildete. „Verdammt… was dir diese Wichser angetan?“ Ein heftiges Schluchzen drang hervor. Er drückte sie fester an sich und strich ihr über den Haarschopf. „Bi… bist du OK?“, was sollte die dumme Frage? Es war doch mehr als überdeutlich, dass sie verletzt war. Sie antwortete ihm nicht und er musste hart schlucken, als er ihr Gesicht sah. Voll mit Dreck, Blut und Tränen. „Es ist vorbei…“, hauchte er und wischte ihr über die Wange. Henrike hob ebenfalls ihr Hand und ehe er etwas dazu sagen konnte legte sie die Finger an seine Wange und wischte ihm das Blut weg. So gut sie es halt konnte, ihre Hand war selbst total dreckig und wund gescheuert. Sprachlos sah Jan auf sie hinab, als sie, trotz ihrer vielen Beschwerden, ihm entgegen lächelte. Doch plötzlich weiteten sich ihre Augen entsetzt. „Was ist lo…?“ Da begriff er auch schon und drehte sich ruckartig um. Der Anführer war wieder aufgestanden und seine Hand, die Messer umklammerte, sauste auf Jan zu. Er packte Henrike und wich dem Angriff knapp aus. Jedoch konnte er nicht verhindern, dass er gegen sie rempelte. Noch bevor der Nazi sich erhob um sie erneut zu attackieren, stürzte sich Henrike auf seinen Arm und biss mit aller Kraft in seine Hand. Dieser schrie auf und lies das Messer fallen. Jan nutzte den Effekt und versetzte ihm einen ordentlichen Kinnhaken, der ihn endgültig zu Boden warf. Ein paar Sekunden regte sich nun keiner. Beide starrten auf den bewusstlosen Mann und warteten ab, ob dieser sich noch regen würde. Doch es geschah nichts… Endlich war Ruhe. „Wehe der steht noch mal auf!“ Jan wandte sich wieder Rike zu. Schwach lehnte sie gegen die kahle Mauer und blickte ihn mit trübem Blick an. „Jan…“ Hauchte sie mit brüchiger Stimme. Dieser lächelte ihr gequält zu. Er ließ sich neben ihr zu Boden und schob seine Arme unter ihrem Körper. Es war mehr als deutlich, dass Henrike wohl so gut wie gar nicht gehen konnte und sah hob er sie auf seine Arme um sie von dem Ort und dem Geschehen weg zu tragen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Was hast du denn bitte in so einer Gegend zu suchen gehabt, Madame?“ Sein Ton war halb tadelnd, halb besorgt. Noch immer trug er sie auf seinen Armen und sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Bis eben waren ihre Lider geschlossen. Nun öffnete sie diese, um ihn anzusehen. Sie sah furchtbar mitgenommen aus, hatte überall Schrammen und, teils getrocknetes, Blut klebte auf ihrer hellen Haut. Dennoch lächelte sie, wenn auch leicht gequält. „Wollte…einfach schnell…zurück... zu euch. Da ich mich hier nicht aus kenne hab ich den Weg genommen, den wir… auch hin gegangen sind… Na ja…“ Sie blickte auf den Weg vor sich und verzog das Gesicht. „Hat man davon, wenn man zu faul ist, etwas länger zu laufen… Aber…“ Nun grinste sie wieder, was ihn schmunzeln lies: „…dafür hab ich ja jetzt nen Service, der mich zurück trägt.“ „Jaja!“, er wollte ernst bleiben, aber dennoch konnte er sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen. „Hattest auch recht mit deiner Selbsteinschätzung. Bist nicht gerade die leichteste…“ Rike schob die Unterlippe vor und blickte ihn gespielt beleidigt an. Dies bereute sie aber, als ihre blutende Lippe fies ziepte. Jan blieb stehen. Henrike bemerkte es nicht sofort und blickte ihn daher etwas verspätet verwundert an. „Tut mir Leid, ich brauch kurz ne Pause.“ Er lächelte entschuldigend und setzte sie vorsichtig auf einer Bank ab. „Bin zwar Rockstar, aber leider nicht Herkules.“ „Och,… Hast dich bis jetzt aber… gut gehalten.“, sagte sie schwach. Jan hatte sich schnell neben ihr nieder gelassen. „Geht’s noch? Wir müssten zwar gleich da sein…“ Um ehrlich zu sein war ihr verflucht schwindelig und auch etwas – bis kotzt übel, das schwankte. Auch tat ihr alles weh, nur inzwischen schon so lang, dass sie halb betäubt war. Dennoch antwortete sie nicht. Stattdessen hob sie ihre zitternde Hand und versuchte ihm den Rest Blut aus dem Gesicht zu wischen. Er starte sie stumm an. Aber ihre Berührung schien ihm nicht unangenehm zu sein. „Mehr schlecht als recht… aber ich werde schon nicht sterben.“ Plötzlich schien die Zeit gefroren. Ihr kam es vor, als ob sie sich schon ewig ansahen und dass ihre Hand schon seit Ewigkeiten auf seiner Wange ruhte. Schließlich ergriff er ihre, wieder stärker zitternde, Hand und das Eis zersprang. „Wollen… wir weiter?“, fragte er und schien leicht benommen. „Ja… und ich glaub es reicht wenn du mich stützt.“ Um das deutlich zu machen, stand sie auf… …und geriet mächtig ins schwanken. Schwindel, Übelkeit, zuckender Schmerz, fielen über sie her. Sie spürte sich schon fallen und wurde noch knapp auf gefangen. Nun lehnte sie wieder mit dem Kopf an Jans Brust, bzw. Schulter, und schnappte nach Luft, während Hitze in ihre Wangen kroch. „Das glaub ich weniger.“, sagte er nach einer Pause bestimmt und drehte ihr dann Rücken zu. Sie begriff und schlang die Arme um seinen Hals, damit er sie huckepack nehmen konnte. „Alles klar dort oben?“, es kam ein Stöhnen zur Antwort. „Seekrank?“ Ein Brummen. „Ich sag dir bescheid, wenn s anfängt zu regnen…“ „Dann ist ja gut.“ Sie spürte sein Grinsen selbst durch den Hinterkopf. Er zog ihre Beine noch ein Stück an, dann ging er los. „Lehn dich ruhig an.“, hörte sie seine Stimme, welche sehr sanft klang. Und das tat sie. Dieses Mal aber AUF seiner Schulter. Eigentlich hätte sie schon längst im Boden versinken müssen. Er rettete sie, trug sie auf den Armen und jetzt auf seinen Rücken… Man konnte wirklich sagen, dass sie sich trotz aller Beschwerden gerade wohl fühlte. Und groß über die Bedeutung einiger Gesten nachdenken fiel ihr momentan ziemlich schwer, was auch sehr angenehm war. Sie wollte jetzt nicht auch noch sich den Kopf zerbrechen müssen. „JAN!!! RIKE!!!“ Müde zwang sie sich die Augen zu öffnen. Jan war stehen geblieben. „Ruft da jemand?“, fragte sie benommen. „Die andern.“, gab er kurz zur Antwort, ehe er zurück rief: „ HIER SIND WIR!!! BEWEGT EURE ÄRSCHE IN DIESE RICHTUNG!!!“ „Das ist Jan!“, und DAS war Celinas Stimme. Keine Sekunde später war das Getrampel mehrerer Schuhsolen zu hören. „JAN! IST RIKE BEI DIR?“, rief Dirks besorgte Stimme. Sie standen am Rande des Parks, in dem die restlichen vier anscheinend nach ihnen gesucht hatten. „JA! BEEILT EUCH!“ Jan ging zum Eingang und Dirk, Rodrigo, Celina und Michaela erschienen keuchend. Dirk wollte schon zu einer Standpauke ansetzen, als Rod ihm bei dem Anblick die Worte aus dem Mund nahm. „Scheiße…“ Kurz gelähmt vom Schock und atemlos vom vielen Gerenne konnte keiner so schnell reagieren. Dann kam es Schlag auf Schlag: Mischa keuchte erschrocken, Celina stürmte mit einem RIKE!!! zu besagter Person und Dirk, inklusive Rod sahen sich kurz an und spurteten dann ebenfalls zu ihrem Bandkollegen. „FUCK!!!“ „Was ist passiert?“, fragte Mischa, die sich doch recht schnell wieder eingekriegt hatte. Der belagerte Jan musste sich erst einmal Ruhe verschaffen, da ihn im Stimmenwirrwarr keiner verstanden hätte. Als er die hatte, gab er die Antwort: „Sie wurde zusammen geschlagen…von Nazis die sie bedrängt haben. Wenn ich nicht noch rechtzeitig da gewesen wäre, dann…“ Celinas bestürzter Blick brachte ihn zum Schweigen. Außerdem sagte Henrikes zerrissene Kleidung alles. „Es wäre aber besser, wir bringen sie in ein Krankenhaus.“, fügte er noch hinzu. „Ja sofort… natürlich…“, stotterte Dirk und kramte nach seinem Handy. Celina strich Rike durchs schmutzige Haar und Rodrigo wandte sich an Jan: „Soll ich sie vielleicht erstmal tragen?“ Er schien bemerkt zu haben, dass auch Jan stark mitgenommen war und nahm das Angebot auch nicht auf Mischas schiefen Blick hin zurück. Jan hatte nichts dagegen und sprach zu der Patientin: „Ist das OK für dich Rike?“ Sie gab keine Antwort von sich. „Henrike?“ Wieder nichts, sie blieb stumm. Jan verrenkte sich den Kopf um nach ihr zu sehen. Plötzlich hing sie vollkommen schlaff an ihm. „Rike, was ist mit…“, fragte Celina noch, bevor ihr Satz mit einem erschrockenen Aufschrei endete. Jans Augen waren vor Entsetzten geweitet, als sie langsam seinem Griff entglitt und ein großer roter Fleck auf ihrem weißen Hemd sichtbar wurde. Kapitel 18: Du weißt nicht was das für ein Schock war ----------------------------------------------------- Du weißt nicht was das für ein Schock war „RIKE!!!“ Jan konnte sie gerade noch auf fangen. Ohnmächtig und kraftlos war sie bereits Richtung Boden gestürzt. In Panik riss er das Hemd von ihr endgültig auf. Ein erschrockenes Keuchen ging durch die Gruppe, als eine klaffende Wunde sichtbar wurde. Fassungslos und wie erstarrt sah Jan auf sie hinab. Aber wie? Wann war das passiert? Er dachte wild und ungeordnet nach, doch er kam zu keinem Schluss. Plötzlich jedoch wusste er es. Als der Nazi mit dem Messer auf ihn zugestürmt war, hatte er Henrike angerempelt. Die Wunde war jedoch so blutig, dass man ihre Größe nicht genau ausmachen konnte und er immer weniger verstand, warum sie selbst nichts gemerkt hatte. Notgedrungen legten er und Celina sie auf dem Boden ab, wobei die dunkelhäutige den Kopf auf ihren Schoß bettete. „BEEIL DICH VERDAMMT!!!“, brüllte Jan den Drummer an, der in seinem Schock den Anruf vergessen hatte. Dieser zuckte kurz zusammen und legte dann auch einen Zahn zu. Unruhig blickte Jan sich um und sah, dass Michaela noch immer stand. Diese fummelte an sich rum. Gerade wollte er sie ebenfalls anblasen, doch da fiel sie vor Henrike auf die Knie und drückte ihren Schal auf die Wunde. „Wir müssen die Blutung stoppen…“ Murmelte sie kurz und Jan war ihr unendlich dankbar. Ein leises Schluchzen brachte seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Celina hatte sich vor Entsetzten die Hand auf dem Mund gelegt und hatte diesen Laut nicht unterdrücken können. Zuerst glaubte Jan sie weinte, aber Celina war wesentlich gefasster. Außer, dass eindeutig Schockierung in ihrem Gesicht stand… Der Kopf der rothaarigen lag noch immer auf ihrem Schoß und sie streichelte ihrer Freundin vorsichtig über die Wange. Rike selbst lag fast vollkommen reglos da, nicht einmal zu atmen schien sie. Nur wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte. Rodrigo, auf den Jan bisher kaum geachtet hatte, war neben Mischa in die Hocke gegangen und untersuchte Henrike so gut er konnte. Tatsächlich verfügte der Chilene über leichte medizinische Kenntnisse, die er in seinem Bekanntenkreis einst erlernt hatte. Gerade hob er Rikes Körper an, damit Mischa ihr den Schal besser um die Taille binden konnte. „Sie kommen gleich…“, keuchte Dirk und trat näher an die Gruppe heran, bei denen inzwischen jeder, bis auf der Graf, neben Rike hockte oder kniete. Ungefähr 8 Minuten später hielt der Krankenwagen am Straßenrand. Alles blieb jedoch bei der Rothaarigen, es reichte dass Dirk auf sie zu lief und den Ärzten kurz die Lage erläuterte. Wenig später waren die (richtigen) Ärzte bei der jungen Patientin angelangt. Michaela hatte Celina hoch geholfen, da diese noch leicht unter Schock stand. Als es ans hoch hieven und auf die Trage verfrachten ging, beugte Jan sich sogleich, wie selbst verständlich, runter. Er wurde jedoch zurückgehalten und leicht beiseite geschoben. Der blonde Mann sah leicht irritiert zu, wie Rodrigo die junge Frau hoch hob und sie auf der Trage ablegte. „Guck dich doch an, du bist selbst mehr als fertig.“, gab der schwarzhaarige Bassist zur Antwort, ehe Jan etwas sagen konnte. Rodrigos Vermutung, dass es sich bei Jans Äußerung um Protest gehandelt hätte, war nur zu wahr. So sah dieser nur stumm zu, wie der Chilene sachte Rikes Kopf zu Recht rückte. Jan konnte sich einen schiefen Blick Richtung Kollege nicht verkneifen, aber er schob es schnell wieder beiseite. Stattdessen trat er näher an das Gestell heran, dort wo ihr Gesicht, in seine Richtung zur Seite gefallen, lag. Bange kroch in ihm hoch. Er hätte es merken können. Nein! Er hätte es merken müssen!!! Verdammt noch mal, warum hatte er nichts gemerkt!!!!!!! Er registrierte selbst, dass seine Hand zitterte, als er ihr vorsichtig einige Strähnen aus dem Gesicht strich. „JAN?!“ Der angesprochene zuckte zusammen. Dirk stand auf der anderen Seite der Trage und seinem Gesichtsausdruck zu urteilen hatte er schon länger versucht seinen Freund zu erreichen. „Wo durch hat sie die Verletzung erhalten, weißt du das?“ „Ich…“, verfluchte Scheiße, warum konnte er nicht mehr vernünftig denken??? „ Es… ein Messer. Es war ein Taschenmesser! Ein ziemlich großes…“ Der Graf leitete es gleich an die Doktoren weiter. Danach wandte er sich wieder seinem Freund zu. Der größte in der Band spürte die Besorgnis in dem Blick nur zu deutlich aber. Aber gleichzeitig lag etwas anderes in Dirks Augen. Eine Frage, aber zugleich schien es eine Feststellung zu sein. Jan gefiel dieser Ausdruck nicht, daher wich er ihm aus und ging mit zur Krankenwagentür. „Wir können nur eine weitere Person mitnehmen.“, sprach einer der Pfleger, als gleich alle versuchten sich in den Wagen zu verpflanzen. Jeder sah sich um. Keiner wagte es so recht diesen Platz nur für sich zu beanspruchen. „Celina geht!“ Michaela hatte besagter Frau die Hände auf die Schultern gelegt und schob sie zur Tür. Celina wirkte leicht überrumpelt, ging aber die paar Schritte vorwärts. Direkt vor den Stufen drehte sie sich jedoch wieder um. „Ist das OK für euch?“ Wenn jemand unbedingt mit ihr tauschen wollte, verbarg dieser es sehr gut. „Geh schon! Wir rennen schnell zum Hotel, schnappen uns das nächste Auto und kommen nach.“, sagte Rodrigo und drückte sie mit einem beruhigenden Lächeln in den Wagen. Das war echt typisch Rodrigo. Egal was los war, ob alle Gitarrensaiten vor einem Auftritt rissen, er seit drei Tagen nix gegessen hatte oder auch einfach nur die Welt unter ging; Er blieb immer am ruhigsten. In diesem Augenblick beneidete Jan ihn tatsächlich darum, als er noch einen letzten Blick auf die noch immer ohnmächtige Henrike warf, hatte er das Gefühl wahnsinnig zu werden… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es kam ihnen vor wie Stunden. Schon seit Ewigkeiten schienen sie bereits zu warten und es tat sich einfach nichts. Und das war das schlimmste! Zig Befürchtungen nahmen immer mehr Gestalt an. Der Chilene hatte nicht zu viel versprochen. Gleich nachdem sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte, waren sie los gestürmt, hatten sich den nächst besten Wagen an den sie ran kamen gekrallt und sogleich zum Krankenhaus gerast. Nun standen sie schon ewig vor dem Operationssaal. Niemand wusste wie viel Zeit tatsächlich vergangen war, aber es machte sich auch keiner die Mühe nach zu sehen. Jeder stand oder lag in einer anderen Pose herum und starrte Löcher in die Luft. Mischa lehnte sich an die Wand, neben der Tür, Rodrigo schritt auf und ab und Dirk sah ihm dabei zu. Der schwarzhaarige Drummer selbst saß neben Jan auf einer Bank. Celina hatten sie nach ihrem Erscheinen gleich hier angetroffen. Sie saß noch immer neben der stehenden Mischa und zwirbelte sich ihre Locken noch lockiger. Da dass anglotzen von Quotenchilenen mit der Zeit langweilig wurde, blickte Dirk wieder mehr nach rechts. Der Gitarist hatte jetzt schon seit sie den Tatort verlassen hatten keinen Ton mehr von sich gegeben. Auch in diesem Moment blieb er stumm, die Arme vor der Brust verschränkt und mit dem rechten Fuß auf und ab tippend. Der älteste der Truppe macht sich so langsam über das Verhalten seines größeren Freundes. Er überlegte, vielleicht sollte er ihn einfach drauf ansprechen. Doch da blickte Jan ihm genau ins Gesicht und dieser Gedanken verzog sich ganz schnell in eine finstere Ecke. Die Augen sagten nur eins: Wehe die sprichst mich jetzt an!!! „Schon gut…“, murmelte der Drummer seinem Freund zu und nahm stattdessen den ablehnenden Blick als indirekte Antwort auf seine ungestellte Frage. „Sorry…“ Verwundert blinzelnd sah Dirk zu Jan, der seufzend in sich zusammen sackte. Anstatt nach zu haken, was ihm grad sehr schwer fiel, legte er ihm die Hand auf die Schulter. „Sie kommt schon wieder hoch. Unsere Kleine lässt sich nicht so leicht unter buttern.“ Ein Schock ging durch die Gruppe. Schuld daran war ein eigentlich eher leises Geräusch. Nämlich die sich öffnenden Automatiktüren des OP-Saals. Wie bei der Army standen alle kerzengerade da und überfielen sofort den Arzt, der als erstes aus der Tür getreten war. „Wie geht es ihr?“, Celina war diejenige, die diese Frage für alle aussprach. Der Rest schien noch nicht einmal zu atmen und starrte nur den alten Dr. zu Tode. Dieser runzelte kurz die Stirn und hob ein Klemmbrett an. „Die Wunde sah schlimmer aus als sie es ist. Aber sie hat nicht gerade wenig Blut verloren. Wegen all ihrer Schmerzen wurde sie schon halb betäubt, wodurch sie die Schnittwunde kaum wahrgenommen hat.“ Der Arzt rückte die Brille zurecht und besah sich seine Unterlagen noch mal. „Zwei gebrochene Rippen…Blutungen…Prellungen…“ Er zählte es so gelassen ab, dass die anderen nur schwer einen Kommentar dazu unterdrücken konnten. Den Männern gelang es besser ihr Entsetzten zu verbergen, Mischa und Celina hingegen fiel dies schon wesentlich schwerer. „Wir haben den Einschnitt genäht und die weitren Wunden behandelt. Sie befindet sich noch unter Narkose und wird eine Zeit lang schlafen. Aber ich denke ich kann ihnen versichern, dass sie bald wieder gesund sein wird.“ Ein überdeutliches erleichtertes Aufseufzen ging durch die Gruppe. „Wann kann sie wieder raus?“ Mischa wurde nicht nur vom DR. schief angesehen, als sie diese Frage stellte. „Ich mein das ja nicht böswillig, aber die Tour…“ Imaginär klatschten die drei Herren der besten Band der Welt sich die Hände an die Stirn. Das hatten sie ganz vergessen! „Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Wir müssen erst abwarten wie ihr Zustand ist wenn sie aufwacht. Darf ich fragen was Sie beruflich betreiben?“ „Ähm, wir sind Musiker. Wir alle, auch Rike, und sind gerade zusammen auf Tournee.“ Der ältere Mann, den sie alle auf ungefähr Anfang 60 schätzten, runzelte erneut seine Stirn. „Die müssen sie dann wohl verschieben…Ich erteile ihr mindestens 2 Wochen Auftrittsverbot, ansonsten kann ich für nichts garantieren!“ Zwei Wochen… Das würde echt einige Strapazen bringen. War nur die Frage was sie genau machen sollten? Sie könnten solang einen Ersatz für Rike einstellen. Ersatz… Keiner fühlte sich so wohl bei dem Gedanken. Aber wahrscheinlich kam man da nicht herum. „Und… könnten sie vielleicht schätzen wann sie wieder… ähm einsatzbereit ist?“, schaltete sich nun Rodrigo ein. „Ich kann es wirklich noch nicht fest sagen. Wir sehen weiter wenn die junge Dame erwacht ist. Ich muss jetzt weiter. Legen sie sich am besten auch hin, nach so einer Aufregung tut Ruhe gut. Trotz allen einen angenehmen Abend noch.“ Mit einem milden Lächeln verschwand der Arzt, hielt aber nach ein paar Schritten wieder an. Offenbar war ihm noch etwas eingefallen. „Ach ja, wenn sie noch Fragen haben wenden sie sich bitte an die Schwester.“ Er deutete nach links. Eine etwas pummelige Frau, so um die dreißig, kam lächelnd auf sie zu. „Guten Abend. Kann ich Ihnen helfen?“, sie blickte freundlich und verständnisvoll in die Runde. „Könnte ich... oder wir... zu ihr? Ginge das?“ Die Schwester schien kurz nach zu denken. „Es ginge schon. Nur kann ich Ihnen nur höchstens zu zweit Zutritt erlauben und ich weiß nicht ob ich Ihnen dazu raten würde. Zum einen schläft sie noch und zum anderen glaube auch ich, dass sie sich erst einmal etwas Ruhe gönnen sollten…“ Als die Frau Celinas betroffenen Blick bemerkte legte sie ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich könnte es so einrichten, dass sie heute hier übernachten können. Wäre Ihnen das recht?“ Augenblicklich leuchtete Celinas Gesicht auf. „Ja bitte!!!“ Damit war es beschlossen. Celina würde die Nacht über bleiben und in einem Klappbett neben Rike pennen. Sie wollten es kurz und schmerzlos machen, daher beeilten die andern sich weg zu gehen. „Bei den Ramones…“, keuchte Dirk und wischte sich über die Stirn. Erst jetzt kam das Geschehene richtig oben an. Niemand sagte etwas. Alle schwiegen und gingen, fast wie bei einem Trauermarsch den Gang hinunter. Mischa hielt nur einmal kurz an, um ihren Schal, den ihr die Ärzte wieder gegeben hatten, in eine Mülltonne zu stopfen. Rodrigo legte ihr danach einen Arm um die Schultern, da sie leicht zitterte. Und Jan schlich ihnen völlig stumm nach. Auch in ihm gärte das ganze Dilemma. Es ihm ansehen war aber schwierig, seine Gesichtzüge schienen vollkommen Gefühlskalt und steinern. Innerlich war er wesentlich aufgewühlter. Er hatte zwar endlich auf gehört sich selbst Vorwürfe zu machen, aber es waren andere Dinge die nun in ihm tobten und ihm einfach keine Ruhe ließen. „Fährst du?“ Jan sah auf und bemerkte so, dass die Frage nicht an ihn sondern an Dirk gerichtet war. Dieser nahm dem Chilenen nun den Autoschlüssel ab. Der blonde Riese stand unschlüssig da. Die Hände in den Hosentaschen und immer noch in sich selbst versunken starrte er gerade an dem schwarzen Wagen vorbei. Hinüber auf die andere Straßenseite, wo ein Park begann… „Was ist, kommst du?“ Rodrigo war schon halb im Auto verschwunden und blickte fragend zu seinem Freund auf. Jan blinzelte, setzte einen Schritt vorwärts und blieb dann wieder versteinert stehen. „Was hast du?“, der Chilene klang besorgt und Jan registrierte, dass er im Begriff war wieder aus zu steigen. „Ich hab was vergessen!“ Nun lehnte sich auch Dirk aus dem Fenster. Nur Mischa blieb in der Dunkelheit von dem Platz neben Rod verborgen. „Et…Etwas worauf die Ärzte besser acht geben sollten. Ich geh noch mal zurück, fahrt ruhig. Ich lauf dann zurück.“ Rod und Dirk tauschten kurz bedeutungsvolle Blicke miteinander aus, ehe sie wieder auf sahen. „Und wir sollen nicht noch warten?“, harkte der Graf nach. „Nein… Ich komm zu Recht. Außerdem brauch ich etwas Ruhe…“ Das glaubten ihm seine beiden Freunde sofort. „Na dann… Lass dich aber nicht von fremden Leuten ansprechen mein Kleiner.“, tadelte Dirk noch grinsend und lachte kurz darauf, als Jan mit „Ja Mutti!“ antwortete. Er wartete noch einen Augenblick, bis das Auto um die Ecke bog, dann ging er ins Krankenhaus zurück. Erst langsam, doch als er den Eingang durchquert hatte packte ihn etwas. Er hatte keine Ahnung was es war, aber ein Energieaufschwung kam in ihm auf und er rannte los. Rannte einfach die Stufen und Gänge entlang, bis er keuchend zu stehen kam. Das hatte gut getan. Endlich hatte er diese überschüssige Kraft, die durch die Emotionen entstanden war, entladen können. Er sah auf. Ja, es war der richtige Gang. Und da vorn war die Tür. Kaum setzte er den Gang fort, stand er auch schon vor ihr. Wieder unschlüssig und stumm. Was wollte er eigentlich hier? Er konnte doch gar nichts mehr machen… Seine Hand, die sich auf Höhe der Klinke bewegt hatte, erschlaffte und baumelte kurz an seiner Seite umher. Er kam sich doch etwas idiotisch vor, aber innerlich wollte er einfach nicht weg von hier. Sein Blick schweifte über den Gang. Alles weiß, wie in Krankenhäusern so üblich. Und noch immer befanden sich zwei Stuhle gegenüber der Tür. Mit einem Seufzen ging er los und ließ sich auf einen nieder. Sofort, als hätte sie nur auf diesen Moment gelauert, fiel die Müdigkeit über ihn her. Ohne es verhindern zu können klappten ihm immer öfter die Augen zu. Es gab aber auch wirklich spannenderes als eine weiße Tür stundenlang anzuglotzen. Selbst sich selbst in den Nacken zu zwicken half nicht. Jan sah allmählich nur noch rote Schafe mit Irons um ihn herum hampeln… Kapitel 19: Manchmal haben Frauen... ------------------------------------ Manchmal haben Frauen... „He…“ Jan brummte. „Heeeee…“ Wieder brummte er und drehte seinen Kopf weg. Während er noch murrte spürte er plötzlich wie sich etwas weiches auf seine Nasenspitze drückte. Momentchen… Waren das Lippen? Völlig übermüdet öffnete er in Zeitlupe die Augen. Keine Sekunde später waren sie sperrangelweit offen. Henrike stand vor ihm und lächelte auf ihn hinab. Jan schoss hoch und stand kerzengerade vor ihr. Er wusste gar nicht was er sagen sollte, er war einfach nur überglücklich. „Guten morgen Besserwisserboy.“ Sie sah selbst ziemlich müde aus, lächelte ihm aber dennoch zu. Aber…Sekunde…? „Moment mal… Was hast du hier bitte verloren?“ „Hä?“ war ihre verständnislose Antwort. „Du solltest doch im Bett liegen!“ Und ohne noch etwas hinzu zufügen drehte er sie auf der Stelle um und schob sie in ihr Zimmer zurück. „Heee, nicht so schnell. Autsch!“ Sofort hielt er an. „Alles in Ordnung?“ Henrike hatte sich eine Hand auf ihre Taille gelegt. „Es… geht schon. Ich sollte mich nur nicht so schnell bewegen.“ „Tut mir leid…, betroffen blickte er an ihr hinunter. Sie lächelte, wie so oft, nur. „Is schon in Ordnung. Mir wird sowieso wieder schwindelig…“, mit den Worten und einer Hand am Kopf schlürfte zurück ins Zimmer und Richtung Bett. Das Zimmer war durch die weißen Vorhänge abgedunkelt und wurde so nur schwach erhellt. Vor ihnen und neben Henrikes Krankenbett stand das Klappbett, in welchem Celina friedlich schlummerte. Jan blickte kurz auf sie hinab und musste lächeln als er sah, dass sie sich, beinahe wie eine Katze, in die Decke eingerollt hatte. Dann ging seine Aufmerksamkeit wieder Henrike über, welche sich gerade bemühte sich zwischen den Betten hindurch zu schlängeln ohne zu stolpern. Erst jetzt registrierte Jan, dass es wahrscheinlich schon lange Morgen war und er, seit er Gestern auf dem Stuhl einpennt war, bis zu dem Moment wo Rike ihn… weckte, durchgeschlafen hatte. Das machte sich vor allem durch seine Nackenschmerzen bemerkbar. Knurrend rieb er sich mit der Hand die schmerzende Stelle. „Ähm. Soll ich gehen?“ Verwundert blinzelte Rike zu ihm. Sie lag wieder halb in ihrem Bett und Jan war sich unsicher darüber, was nun besser war. Sie in Ruhe lassen oder ihr etwas Gesellschaft zu leisten. „Nein… bleib… bitte…“ So schüchtern hatte er sie schon lang nicht mehr erlebt. Langsam ging er auf sie zu und ließ sich neben ihr auf das Bett nieder. All das natürlich leise, damit Celina nicht geweckt wurde. „Wie geht es dir?“, fragte der blonde nach einem kurzen Augenblick Stille. „Soweit, glaube ich, gut… mir tun noch ein bisschen die Stellen weh und ich fühl mich ganz schön ausgelaugt. Ich glaube fast, eben auf dem Flur hab ich halb Schlafgewandelt.“ Verlegen grinste sie, was er trotz der schwachen Lichtverhältnisse erkennen konnte. Jan besah sie sich näher. Sie trug ein weißes Nachthemd, dass ihr viel zu groß war. Die Träger hingen schlabberig an ihren Schultern und verbargen so mehr schlecht als recht die Verbände. Sie hatte einen an ihrer Schulter und mehrere Pflaster, davon zwei allein in ihrem Gesicht, die ihre blasse Haut, mehr oder minder, zierten. „Und… deine Wunde…“ Henrike blinzelte mehrmals durch ihre halb glasigen Augen. Offensichtlich war sie noch immer halb betäubt und konnte nicht so schnell reagieren. Langsam kamen seine Worte jedoch an und sie legte sie sich eine Hand auf ihren Bauch. „Ich…“ Sie sah leicht irritiert drein und tastet um ihre Taille herum. Jan runzelte die Stirn. Er hatte ein wenig das Gefühl, dass sie geistig etwas abdriftete. Ehe er jedoch etwas sagen konnte vielen ihm stattdessen die Augen fast aus dem Kopf, als sie sich vor ihm die Träger runter streifte und er direkte Sicht auf ihre entblößten Brüste hatte. „Oh…äh…oooohhhh…“, stotterte er und drehte schnell seinen Kopf demonstrativ in eine andere Richtung. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Henrike offenbar erst jetzt den Verband richtig bemerkte. Er erkannte es daran, dass sie diesen recht erstaunt musterte. „Was hast du denn? Sie stellte diese Frage so unschuldig wie ein kleines Kind, dass noch nicht viel von der Welt wusste. Jan nicht wirklich einen Plan, was er machen sollte, daher räusperte er sich kurz und deutete auf ihre Brust. Henrike sah halb verschlafen hinunter, blickte wieder hoch zu ihm, dann wieder auf ihre nackte Brust und dann wieder zu ihm. „Ups…“ Er sah halb, wie sie sich zügig die Träger wieder überzog. Die Ärzte mussten ihr den BH aufgrund der OP entfernt haben, was Henrike natürlich als letzte mit bekommen hatte. „Sorry, dass ich dir das zugemutet hab.“, sagte sie. „Och, dafür nicht.“ Er grinste so breit wie zehn Sonnen auf einmal, so dass Henrike sich ein lautes Lachen nicht verkneifen konnte. „Spanner ey!“, sie kuffte ihm kurz in den Arm. Jan hatte sich ihr wieder zugewandt und lachte mit. So konnte er sehen, dass die Rothaarige beinahe die Röte ihres Haares angenommen hatte. „Ach, dich haben sie also auch verarztet?“, fragte sie lächelnd und berührte ihn an der Stirn. Was? Er hob ebenfalls seine Hand an. Dort wo ihre Finger ruhten war ein recht großes Pflaster. Ok… nicht nur dass ihm die Ärzte offenbar erlaubt hatten hier zu nächtigen, sie hatten ihn sich auch noch heimlich vor geknöpft. „Joa. Ein Versuchskaninchen für Anfängerärzte brauchen se… immer…“ Er stockte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie nah er ihr war. Zu erst war er irritiert, er konnte sich nicht daran erinnern, sich ihr so sehr angenährt zu haben. Henrike schien es ähnlich zu gehen. Sie errötete wieder und sah schüchtern zur Seite. Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine, was sie aufblicken ließ. Die rothaarige spürte ihr Herz rasen als sie sich zaghaft näherten… „…uuuuuuuaaaaaaaaaaaaahhhhhhhh. Rike?“ Sie zuckte zusammen. Ihre Blicke schossen zur Seite und sie erblickten eine sich die Augen reibende Celina, die völlig verschlafen hoch blinzelte. Dann öffneten sich die Augen und wuchsen auf Tellergröße an. „RIIIIIKEEEEEE!!!“ Kreischend stürzte die Afro Trägerin auf ihre Freundin und Henrike konnte sie in der letzten Sekunde davon abhalten, die berüchtigte Todesumarmung zu vollziehen. „WAAAAH, Celli!!! Mein Verband… Verletzt… Ich!... Gnade!“, stammelte die Hamburgerin und wedelte mit den Händen herum so gut sie konnte. Celina erstarrte für zwei Sekunden, dann fiel sie der kleineren lachend und so sachte sie konnte um den Hals. „Oh man Sis… Ich hab echt Schiss gehabt um dich!!“ Henrike guckte nicht schlecht, als Celina plötzlich so extrem kuschel freudig war, aber es störte sie nicht. „Klar… Hab noch viel zu viel aufm Zettel, um jetzt schon ins Gras zu beißen.“ Da spürte sie, wie das Bett leicht wippte, als es an Belast verlor. „Jan… wo willst du hin?“ Der blonde Berliner stand schon an der Tür, als ihre Stimme ihn zurück hielt. Er drehte sich allerdings nicht zu ihr um. „Ich will den andern bescheid sagen, dass du wach bist. Bin gleich zurück…“ Irgendwie glaubte sie ihm nicht so recht. Doch ihre Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als Celina ein leichtes Schluchzen von sich gab. „OH.. Sorry Sweetie. Bin nur echt erleichtert.“ „Ist schon gut...“ Mit einem Seufzer trat Jan aus der Tür. Gut, er hatte ein wenig geflunkert. Er würde als erstes etwas frische Luft schnappen gehen, dann würde er die anderen zusammen trommeln. „Na, gut geschlafen?“ „Hmm?“ Die freundliche Krankenschwester von Gestern kam auf ihn zu und lächelte ihn wissend an. In dem Moment ging in Jan ein Licht auf und er fasste sich reflexartig an die Stirn. „Ja, auch das war ich!“, lachte sie und blieb bei ihm stehen. Offensichtlich musste sie noch wohin, sie hielt einen Stapel frischer Wäsche in den Armen. „Eigentlich hätte ich Ihnen das nicht erlauben dürfen. Also schweigen Sie bitte.“ Die Frau legte sich bedeutungsvoll den Zeigefinger an die Lippen und verabschiedete sich auch schon wieder von Jan, nachdem dieser sie dankbar angelächelt hatte. „Ach ja, ganz vergessen. Ich werde nix sagen wenn sie freundlich wären und mir ein Autogramm für meine Tochter hinterlassen.“ Jan Staunte nicht schlecht, als sie ihm das so ganz neben bei noch sagte. Dann grinste er breit. „Kein Problem.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Naaa was sag ich; Unsere Kleine lässt sich nicht unter buttern.“ Dirk zerwuschelte Rike neckisch die Haare und blickte sie stolz an. Henrike selbst lag wieder, da sie die Erschöpfung wieder etwas eingeholt hatte. Doch durch die Lehne des Bettes saß sie fast und konnte so gut mit den anderen reden, ohne sich den Hals zu verrenken. „Mehr oder weniger…“, nuschelte sie schief lächelnd. Jetzt, drei stunden ach ihrem Erwachen ließ auch die Narkose langsam nach und immer mehr Schmerzen traten hervor. All erstes war ihr jedoch aufgefallen, dass ihr Hals schmerzte. Musste an dem Schlauch liegen, der ihr während der OP zur Beatmung im Hals gesteckt wurde. Danach hatte sich ihre Schnittwunde wieder bemerkbar gemacht, inklusive der angeknacksten Rippen. Direkt nach dem Erwachen hatte sie sich wesentlich besser gefühlt. Na ja, da war sie aber auch irgendwie doch nicht richtig wach gewesen… Aber dass die anderen jetzt um sie herum saßen und versuchten sie aufzumuntern tat ihr sehr gut und rette ihre Laune, die mit den ansteigenden Schmerzen immer mehr bergab gegangen war. Irgendwann meldeten sich das pochende Stechen doch wieder so stark zu Wort, dass sie Celina drum bat die Schwester zu rufen. Damit diese ihr ein Schmerzmittel verabreichte. „Wo ist Jan?“, fragte sie, nachdem sie das Mittel geschluckt hatte. „Sie meinen den Herrn Urlaub? Seit Ich ihn hab aus dem Haus gehen sehen ist er mir nicht wieder über den weg gelaufen.“ Henrike senkte etwas enttäuscht den Blick. „Danke… Leute? Ich glaub ich möchte mich etwas hinlegen. Ich kann die Augen auch kaum noch offen halten.“ Das war nicht gelogen. So oft wir ihr die Lider schon zu gefallen waren, hatte es sich nur noch um eine Frage der Zeit gehandelt, bis ihr Körper der Erschöpfung nachgab. Am Abend ging Celina wieder in das Krankenzimmer. Als sie ihre kleine noch immer schlafend vor fand, musste sie erst lächeln, ehe sie sich wieder umdrehte. `Brauchst mich heute wohl nicht als Nachtwache. Bis morgen Sweetie.` Damit ging sie und ließ den rothaarigen Teufel allein zurück. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „AAAH!!!“ Henrike zuckte heftig zusammen und fuhr aus dem Schlaf. Sie brauchte einige Sekunden um zu begreifen, dass sie sich noch immer in ein und demselben Bett befand. Rike keuchte und als sie sich übers Gesicht wischte stellte sie fest, dass sie stark schwitzte. Eine Tür fiel ins Schloss. Wieder zuckte sie in sich zusammen und suchte hektisch nach dem Schalter der Nachttischlampe. Als sie endlich etwas sehen konnte fiel ihr zu erst auf, dass sie ganz allein in dem Zimmer war. „Celina…?“, hauchte sie schwach, obwohl sie doch nun sah, dass ihre Freundin nicht hier war. Ängstlich blickte sie sich um. Niemand war da… `Scheiße…` Leicht schluchzend kniff sie die Augen zu und zog sich die Decke über dem Kopf, um irgendwie wieder einschlafen zu können. Dass auf dem Nachttisch ein Zettel lag, hatte sie komplett übersehen. Wir kommen Morgen wieder so schnell es geht. LG Celina ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Wo warst du denn Gestern?“, Dirk stichelte schon eine ganze Weile an dem blonden Wahlhamburger herum, doch blieb standhaft. „Ich war spazieren gegangen und hab dabei total die Zeit vergessen. Als ich Gestern noch mal nach ihr gesehen habe hat sie tief und fest geschlafen.“ Halb Wahrheiten. Spaziergang. Stimmt! Noch mal nach Rike gesehn. Geflunkert. Eigentlich hatte er durchaus vor gehabt noch einmal nach ihr zu gucken. Aber… Celina versuchte offenbar in seinen Kopf zu gucken, so intensiv starrte sie ihn schon seit längerem von der Seite an. Rod und Mischa trotteten hinter dem Dreiergespann her. „Oha, der guckt aber böse.“, sagte der Chilene plötzlich und die komplette Aufmerksamkeit ging nach vorn. Dort, vor Rikes Zimmertür, stand ihr behandelnder Arzt. Mit leicht verärgerter Miene Schritt der ältere Mann auf sie zu. „Haben Sie ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt?“ „Wie? Wer? Was fürn Floh???“, Dirk war sichtlich verwundert. „Die ganze Zeit labert ihre Kollegin nur davon, dass sie raus will. Versuchen Sie sie etwa zu manipulieren?“ „Nein!“, Mischa wirkte empört. „Wie auch immer… Ich weiß nicht was die Frau vorhat, aber sie muss sich unbedingt schonen. Noch ist die Wunde nicht verheilt und sie kann bei großer körperlicher Aktivitäten leicht wieder aufplatzen…“ „Ich kann aber gut verstehen, dass sie hier weg will.“ Alles schaute zu Michaela, die mehr als kampfbereit da stand. „Und bei allem Respekt für ihre Arbeit; Ich glaube das es eine gute Idee ist sie mit zunehmen. Dann ist sie bei uns…“ „Ich weiß nicht ob Sie mir richtig zugehört haben Madame: Ihre Kollegin…“ „UNSERE „Kollegin“ ist 1. unsere Freundin 2. haben sie so ein paar notgeile Wichser fast an ihr Vergangen!!!“ Der Arzt keuchte bei Mischa Wortwahl etwas empört auf. Bevor die blonde Frau jedoch wieder etwas sagen konnte, schob Dirk sich ihr und dem Arzt. So verhinderte er möglicherweise ein Gemetzel der Extra-Klasse. „Wir wollen sie nicht auf die Bühne hetzen, aber glauben sie uns; wir haben einen Arzt der uns auf der Tour begleitet, unsere nächsten Station in höchstens immer eine Nacht Fahrt entfernt und wir würden alle drauf achten dass sie sich schont.“ „Und sobald wir die nächste Stadt erreichen könnten wir sie dort wieder zur Behandlung schicken. Also ins Krankenhaus...“ Celina guckte leicht beschämt zur Seite. Ihre Wortwahl kam ihr ziemlich blöd vor. „Im Prinzip könnten Sie es einfach als umtransport ansehen. Es geht wirklich nicht darum sie gleich wieder auf die Bühne zu zerren, aber wir sind uns alle sicher, dass es ihr gut tun wird.“, sprach Jan mit ernster Miene zu dem Arzt. Dieser schien nun ernsthaft zu überlegen. Schließlich ergab er sich seufzend. „Wenn sie mir schwören, dass sie am nächsten Morgen sofort und stante pede ins Krankenhaus gehen, bin ich einverstanden. Sie wird schon nicht sterben, aber trotzdem müssen sie sehr vorsichtig sein. Die junge Frau ist schwer verletzt und…“ Er stockte kurz und sänftigte seinen Ton. „Wie Sie eben so dezent angedeutet haben (Michaela grummelte bei seinem Blick) wurde sie fast Vergewaltigt. So etwas verdaut man nicht einfach, dass kann schwere psychische Schäden hinterlassen. Seien sie also immer da, wenn sie Sie braucht!“ So wie er vor ihnen stand, hatte man das Gefühl, er würde sie alle ansprechen. Nur Jan selbst bemerkte, dass der Arzt ihm beim letzten Satz direkt in die Augen blickte. „Ich geh dann Mal die Papiere vorbereiten.“ Damit verschwand er und ließ die Gruppe stehen. „Haben… Wir das richtige getan?“, fragte Celina unsicher. „Ist ne gute Frage…“, Rodrigo kratzte sich am Kinn: „ Aber wenn du mich fragst: Ja!“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike hätte am liebsten einen drei-Meter-in-die-Höhe-Sprung vollzogen. Endlich weg hier! „Danke Leute“, sagte sie jetzt schon zum 34.660 Mal, als sie mit Mischa als Stützte den Tourbus betrat. „Jaaaaaaaa, wir habens begriffen. Werd einfach schnell wieder gesund kleene.“ Michaela tätschelte ihr leicht lächelnd den Kopf. Bela-Farin-Rod hatten alles nötige in die Wege geleitet. Der Tourarzt würde auf einem der Sitze, die sich durch die Lehne schon fast zu einem kleinen Bett umfunktionieren ließen, pennen, damit er immer zur Stelle war. Der noch recht junge Mann, der auf den Namen „Spritze“ getauft war, hatte absolut nix dagegen. Er hatte sogar noch mal betont, dass er sich sonst immer komplett unterfordert fühle auf der Tour. Mit einem breiten Grinsen unterstrich dies der braunhaarige, der ungefähr Dirks Größe hatte und schnell war klar, dass er gut in die „Ärzte-Tour-Familie“ reinpasste. Die nächste Station, welche die Ärzte bespielen würden, war wirklich nicht weit von hier. Es musste allerdings noch geregelt werden, wie es mit Rike weiter lief. Sie konnte nun wirklich nicht auftreten, da mussten sie sich noch etwas überlegen. Henrike selbst hatte irgendwann gespürt, wie viel Arbeit sie ihnen machte. Sie entschuldigte sich dafür und überließ es den Ärzten frei, ob sie sich eine neue Sängerin suchen würde. Und um ehrlich zu sein war dies eine Möglichkeit, welche die drei ernsthaft in betracht ziehen mussten… Erst am späten Abend kehrte Ruhe ein und die Männer schlichen auf langsam in ihre Kojen. Alle lagen in den Federn und der Bus ratterte fröhlich vor sich hin. Kleine Veränderung allerdings: Rike und Celina hatten die Betten fürs erste getauscht. Damit sie besser aufstehen konnte und nicht Gefahr lief, sich unnötig weh zu tun. Bis eben noch war fast jeder bei ihr gewesen und hatte sie bestimmt (pro Person) 20-zig Mal gefragt, ob sie noch irgendetwas brauchte. Aber eben nur fast. Jan war gar nicht bei ihr gewesen. Obwohl sie sich nichts hatte anmerken lassen, sie war darüber doch etwas enttäuscht. Jetzt lag sie hier, auf Celinas, eigentlich sehr bequemen, Bett, schlief nicht ein und zerbrach sich den Kopf ausgerechnet darüber. Das musste doch nicht sein! War aber so… Seufzend schlug sie ihre Lider auf. Ihre Augen lagen als erstes auf den Vorhang, durch den schwach Licht schimmerte. Leicht verwundert runzelte sie die Stirn. Da konnte wohl noch jemand nicht schlafen. Was es wohl bei ihm oder ihr war, das sie wach hielt? Bei ihr warens die fürchterlichen Grübeleien. Und die Erinnerungen, an das grauenhafte Ereignis. Immer und immer wieder kamen Bilder in ihr hoch, die zusammen zucken ließen. Genauso wie in der letzten Nacht, die sie im Krankenhaus verbracht hatte Wie ein kleines Kind, wenn auch nicht ganz so dramatisch, bekam sie Angst davor ein zu schlafen. Auf keinen Fall wollte sie das ganze in einem ihrer Träume noch einmal erleben! Rike krümmte sich und kniff die Augen zusammen. Sie hatte allen versichert, es würde ihr gut gehen, aber jetzt war dies nicht der Fall. Das ganze nagte und brannte an und in ihr wie Säure. Da schien das Licht durch ihre Lider und sie bekam einen fast panischen Drang, denjenigen, der da draußen war, und es war ihr egal wer es war, zu sich zu holen. Ehe sie handeln konnte, drängte sich ein Bild auf die innere Leinwand ihrer Lider und ein Geräusch ließ brauchte erneut zum zusammen zucken. Ihre Augen flogen auf und sie starrte verängstigt nach vorn. Schweigen. Das war die erste Reaktion, als sie ihn so plötzlich anglotzte. Er hatte den Vorhang vorsichtig zur Seite gezogen, wohl sicher in dem Glauben, sie würde schlafen. Dass zwei grüne Augen auf ihn ruhten, hatte ihn anscheinend so überrascht, dass er quasi in der Bewegung gefroren war. Schließlich richtete sie sich auf. „Jan…“, sagte sie schwach, aber dennoch mit Verwunderung. „Hey.“, antwortete er und lächelte leicht. „Wollte mal nach dir sehen….Dachte mir, dass es dir nicht so leicht fällt jetzt zu schlafen.“ Jan war als einziger dabei gewesen. Vielleicht war er deswegen erst jetzt gekommen. Seine Anwesenheit machte sie wirklich froh. „Oder störe ich?“, schob Jan vorsichtshalber hinterher, als sie stumm blieb. „Nein!!!“ Beinahe hätte sie es ausgerufen. Verlegen senkte sie den Blick. „Ich... kann wirklich nicht sonderlich gut… schlafen…“ Ihre Stimme erstarb. Er dürfte nicht gehen, aber sie schaffte es irgendwie nicht ihn drum zu bitten. Schon wieder war es still. Und diese Stille, die immer länger wurde, war ihnen beiden sehr unangenehm. „Alsooo… Ich geh dann mal.“, Jan erhob sich und war im Begriff zu gehen. Doch da schaltete sich Henrikes Denken endgültig aus. Sie griff nach ihm und erwischte eine Hosenfalte, diese Geste brachte ihn tatsächlich dazu stehen zu bleiben. „Kannst du dich vielleicht noch… etwas zu mir… legen…“ Ihre Stimme war immer leiser geworden. Schweigen. Schon wieder. Doch dieses Mal konnte sie noch nicht einmal sein Gesicht sehen. Das machte sie nervös, wie hatte er ihre Bitte aufgenommen? Ohne ihr die ersehnte Antwort zu geben zog er die Stoffalte aus ihrem Griff und ging weg. Einfach so. Fassungslos aber auch etwas betreten sackte sie in sich zusammen und ihr Arm schwang taub nach unten, bis ihn die Bettkante stoppte. Sie wollte sich nach vorne beugen, um nach ihm zu sehen, aber… sie traute sich nicht. Als sie sich dann doch überwunden hatte, ging das Licht im Flur aus. `Na danke…` Sie musste fast schluchzen bei dem Gedanken, nun allein hier liegen zu müssen. Das würde sie nicht ertragen. Rike wischte sich mit dem Handrücken die Nase und überlegte, ob sie vielleicht zu Celina gehen sollte. Ihr kam das ganz schön kindisch vor aber man entkam ja nicht jeden Tag nur knapp einer Vergewaltigung. Da wurde das kleine Stück, wo der Vorhang noch zur Seite gezogen war, noch dunkler. Noch bevor sie eine Theorie hatte, hockte Jan vor ihr. Und das sah sie sogar in der Dunkelheit. Seine Hand schob sich in die Kabine, um das Licht an zu knipsen. Und sie fühlte sich so glücklich wie schon lange nicht mehr, als sie ihn erkennen konnte. Er hatte seine Jeans ausgezogen, war unten rum nun in Boxershorts, hatte sich ein weites Shirt über gezogen und lächelte sie leicht an. „Dann mach mal Platz.“, sagte er und sie rückte sofort ein Stück nach hinten. Kurz darauf lag er vor ihr, mit dem Rücken zum, nun geschlossenen, Vorhang. Fürsorglich zog er ihr die Decke ans Kinn und sie errötete glücklich. „Danke…“, schluchzte sie und konnte die sich schon ewig stauenden Tränen nicht mehr aufhalten. Sofort war ihre Sicht verschwommen, doch sie spürte, wie er seine Arme um sie legte. „Ich… diese Kerle… und…fast…“, stammelte sie und Jan verstand was sie meinte. Er drückte sie näher an sich und flüsterte ihr beruhigend zu. „Lass es raus, das ist keine Schande…“ Und wieder lag er richtig! Ihr war es unangenehm, vor anderen so unkontrolliert los zu heulen. Nein, sie sah weinen nicht als Schande an, im Gegenteil, aber sie hatte dann immer das Gefühl, den anderen eine Last zu sein. Diese Angst nahm er ihr gerade. Er war so wunderbar warm und seine Anwesenheit und alles tat ihr so unglaublich gut! Seine Hand fuhr sanft durch ihr Haar. „Schlaf ruhig ein.“, sagte er nun und sie lächelte. Ob er wohl ihre drückende Müdigkeit gespürt oder bemerkt hatte? Jedoch fiel diese nun so plötzlich über sie her, dass sie nicht anders konnte, als sich dieser zu ergeben. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es war dunkel. Stockfinster. Mehr wusste sie nicht. Noch nicht einmal, ob sie wach war, oder schlief. Sie fühlte sich wir kurz nach der Operation, wo sie wach war, aber doch noch halb schlief, und das im stehen! Rike spürte nur, dass sie in einer Umarmung lag. Plötzlich zurrten sich die Arme noch mehr um sie und drückten sie unglaublich fest an sich. Etwas presste sich auf ihren Mund. Lippen? Die Arme hielten sie noch immer fest, aber gleichzeitig auch so sachte, als hätte dieser jemand Angst sie könne zerbrechen. So viele Bilder drängten sich mit einem mal vor ihr Auge. Sie sah Dirk, Jan, Rodrigo, dann Michaela zusammen mit Celina. Alles, was sie bisher zusammen erlebt hatten, die Proben, die Albereien, die Auftritte… All die Momente die sie glücklich gemacht hatten. Seltsamer weise tat ihr nichts mehr weh, im Gegenteil. Und immer wieder spürte sie diese Gesten, die sie in ihrer Zärtlichkeit fast erdrückten. Die Hand, daran Finger sich mit ihrem langen Haar am Hinterkopf verflochten und sie ihre Lippen näher zu sich drückte. Ok. Wenn das ein Traum war konnte er ruhig bis in alle Ewigkeit so weiter gehen. Dieses herrliche Raue… Mehr konnte sie nicht denken als alles noch dunkler wurde. Kapitel 20: Sommer, Palmen, Sonnenschein... ------------------------------------------- Sommer, Palmen, Sonnenschein… Jautsch. Das war das erste was Rike dachte, als sie mit einem gehörig brummenden Schädel am nächsten Morgen erwachte. Sie hatte keine Ahnung, woher diese überdimensionalen Kopfschmerzen kamen. Aber eben diese waren Schuld daran, dass sie nicht mehr weiter schlafen konnte. Murrend schlug sie die Augen auf. Das einzige was sie sah, war der Vorhang, durch den Sachte Licht schimmerte. Ob die anderen schon wach waren? Henrike lauschte und vernahm tatsächlich Geräusche, als ob jemand in einer Tasche wühlen wurde. Und von irgendwo vernahm sie auch leise Stimmen. Die Rothaarige gähnte lang und ausgiebig, dann stützte sie sich langsam auf. „Arrgh.“ Sie stöhnte, als sich mal wieder ihre zahlreichen Verletzungen zu Wort meldeten. Ihre erste Aktion würde sie wohl oder übel zu Spritzte führen, und eventuell auch einen kleinen Kumpel namens Schmerzmittel. Als sie mit der Hand nach dem Ende der Bettdecke tastete fiel ihr auf, dass sie ziemlich weit hinten lag. Nach ungefähr fünf Sekunden erreichte sie die Erinnerung an die letzte Nacht. Sofort ging ihr Kopf zur Seite, was eigentlich sinnlos war. Wäre er noch da gewesen, hätte sie es doch schon längst gemerkt. Traurig oder enttäuscht war sie aber nicht darüber. Es wäre zwar schön gewesen, aber sie war ihm viel zu dankbar dafür, dass er wohl wirklich die Nacht neben ihr verbracht hatte. Das merkte sie an der Tatsache, dass sie so weit hinten lag. Wenn ihr schon, nachdem sie eingeschlafen war, gegangen wäre, dann hätte sie sich längst auf der gesamten Matratze ausgebreitet. Aber so sah es stark danach aus, als wenn er erst vor kurzem gegangen war. `Dann schäl dich mal raus…` Todesmutig schwang sie ihre Füße aus dem Bett, nachdem sie den Vorhang noch weg gezogen hatte. `Okeeeee… Das klappt doch! ´ Ohne zu zögern trat sie auf und stand. Aber für wie lange… „Och neeeee…“ Ihr wurde wieder schwindelig und wie. Reflexartig hatten sie ihre Hände an der nächst besten Möglichkeit vergriffen. So war sie der Gefahr zu stürzen schon mal entkommen, aber vielleicht sollte sie sich doch einen Gehhilfen zu legen. Henrike schüttelte über sich selbst den Kopf, da ihr bewusst wurde, dass sie sich, nachdem sie die Nacht nach der OP durchgeschlafen hatte, besser bewegen konnte als jetzt. Jedoch, im Gegensatz zu jetzt, hatte sie sich damals total high gefühlt, lag wahrscheinlich zu einem großen Teil daran. „Also… Ab ins Bett aber dalli!!!“ Rike drehte sich benommen um. Hinter ihr stand Spritze, mit den Fäusten an der Hüfte gund ermahnend guckend. „Will nich…“, nuschelte sie nur und sah ihn mit hochgezogener Unterlippe an. „Brauchst es gar nicht erst versuchen. Ich bin Arzt und lass mich nicht erweichen!“ „Und ich bin der Kaiser von Peking.“ So bekam der ahnungslose Tourarzt von einem breit grinsenden Farin U., dessen Hände auf seine Schultern knallten, Gesellschaft. „Mit den richtigen Mittelchen würdest du doch auch locker nachgeben.“ Jan trat nach vorn, so dass der braunhaarige Doc ihn ansehen konnte. Dieser seufzte. „Halts Maul, oder ich zeig dir ne richtige Spritze!“ „Echt ne echte oder deine eigene?“ Überalbern stocherte der blonde „Mann“ herum, und wandte sich recht plötzlich Rike zu. „Aber er hat Recht, zurück in die Federn!“ Damit griff er Henrike an die Schultern und drückte sie sachte zurück auf das Bett. „Ach nööööööööööööööööööööööööööö...!“, Rike maulte, doch Jan zeigte keine Gnade. „Du musst dich wirklich schonen und im Bett bleiben.“ Spritze sagte es dieses Mal besorgt und sanft, während er sich zu ihr hinunter beugte. Zeit für die Untersuchung. Er schob das Nachthemd runter und legte somit ihre Haut komplett frei. „Jaja, ich weiß…“ Jan drehte seinen Kopf demonstrativ in eine andere Richtung. Henrike musste grinsen. Lieb, dass er so höflich war, aber… sie musste sich ehrlich eingestehen dass sie es nicht gestört hätte, wenn er gucken würde. Da fiel ihr etwas ein. „Hab diese Nacht recht gut geschlafen. Hatte auch sehr angenehme Träume…“ Bei den letzten Worten schielte sie zu Jan. Lauerte genau darauf, ob er eine Reaktion zeigen würde. Doch er schien nicht einmal mit der Wimper zu zucken. Irritiert wandte sie den Blick von ihm ab. Hatte sie Gestern etwa doch halluziniert? Es war ihr gar nicht so vorgekommen… „Das ist doch gut. Also bei dir ist alles, wie man es nimmt, in Ordnung. Wunden gut verschlossen, Verband sitzt gut… „ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Und so verging die Zeit. „Wie im Flug“ war kein Ausdruck dafür. Es ging zwar schnell, aber doch langsam genug, dass man die Momente auch genießen konnte. Gut, es dauerte ewig bis Henrikes Wunden endlich komplett verheilt waren und ja, die Entscheidung sie mitzunehmen hatte im nach hinein so einige Strapazen mit sich gebracht. Aber dennoch hatte keiner es bereut. Spritze war derjenige der sich hauptsächlich um die Rothaarige kümmerte, mindestens einmal pro Stadt musste sie jedoch für einen Sicherheitscheck ins Krankenhaus. Wegen dieser Prozedur und noch ein paar anderen Problemen hatten sich nicht gerade wenige Tour-Termine verschoben. Teilweise hatten sie nun sehr große Lücken in dem Plan, also Freizeit Tage, die sie alle unterschiedlich nutzten. Jan brachte es bei einer Woche Pause tatsächlich fertig kurz nach Italien zu entschwinden. Dirk fuhr so lang nach Berlin, um die Zeit mit seiner Sarah zu verbringen. Rod verfolgte für zwei Tage dasselbe Ziel und kümmerte sich in Berlin um etwas Papierkram seines Plattenlabels. Nur die beiden Mädels, Michaela und Celina, waren da geblieben und passten auf Klein Rike auf. Na gut… um ehrlich zu sein waren sie nun vier Frauen. Es war leider nicht anders möglich gewesen, aber die Auftritte wären für Rike eindeutig zu viel gewesen. Daher sprang eine alte Bekannte ein: Vanessa. Ja, genau die Vanessa, genannt Vanja, die schon seit Jahrtausenden mit Celina befreundet und ebenfalls festes Mitglied im FURT war. Celina hatte sich mit ihr in Verbindung gesetzt und einen Tag danach war sie auch schon da. Im FURT war Vanessa oft die Vertretung für Celina gewesen, wenn diese bei anderen zu tun hatte. Henrike war ihr vorher noch nie persönlich begegnet. Die aus Afrika stammende Berlinerin mit dem blonden Lockenschopf war ihr auch bis zu letzt eher fremd geblieben. Michaela hatte sich augenblicklich prächtig mit ihr verstanden, wohl weil sie beide absolute Modefans waren. Henrike konnte mit diesem Thema noch nie etwas anfangen, daher blieb sie immer ein wenig außen vor, wenn die drei sich in einem Gespräch darüber verloren. Aber wenn sie nur deutlich genug schmollte (oder tatsächlich die Frechheit hatte, du-weißt-schon-welchen-Namen auszusprechen…) wandte sich die gute Celina ihr wieder zu. Rike besaß nun wirklich keine Abneigung gegen Vanja, aber sie interessierten sich einfach nicht wirklich für einander. So blieb das Verhältnis freundlich distanziert. Das störte keinen, es klappte wunderbar so. Außerdem war Vanessa eh nur selten lange da, sie hatte noch immer in der Nähe andere Termine und war so ständig unterwegs. Allerdings kam der rothaarige Teufel nicht um die Neugierde herum, wie sich ihr Ersatz denn so schlug. Oft löcherte sie die Jungs, meist scherzhaft, nach den schmutzigen Details. Leider hatten sie selten was zu meckern. Aber eines Abends. „Sie hält sich gut, sehr gut sogar. Aber ich bekomme allmählich das Gefühl, die vermissen dich. Also das Publikum.“ „Echt??!!“ Henrike blinzelte erstaunt, als Dirk ihr davon berichtete. „Ja. Gestern, bei dem Geheimkonzert wo wir noch Autogramme gegeben haben, da haben mich zwei gefragt wo du denn steckst.“ „Ach, du wurdest auch gefragt?“ Jan guckte zu seinen Kollegen, der bestätigend nickte. „Stimmt des? Oder verarscht ihr mich jetzt??“, fragte sie noch mal vorsichtshalber, da sie dem nicht so recht traute. „Kann ich nicht sagen. Aber ich kann dir schwören, dass ich mir die Fragen auch anhören musste.“, das kam vom einzig wahren, und grade grinsenden, Rodrigo Gonzales. Wenn man den aktuellen Tag hinzu zählte waren seit dem Überfall nun ein Monat eine Woche vergangen. Nach all der Zeit war das Wunder endlich geschehen: Keine scheiß Verbände mehr, keine juckenden Stellen, an die man nicht heran kommen konnte (oder nicht dürfte…), endlich waren keine Schmerzmittel mehr nötig und das beste: Endlich, aber wirklich absolut endlich, waren die Fäden gezogen worden!!! Ihre Schnittwunder war sehr gut verheilt. Die schnelle Hilfe damals und das ewige herum liegen hatten also endlich Früchte getragen, und zwar welche die besser mundeten als jede Droge. Sogar das gesamte Sextett war an diesem Tag mit ins Krankenhaus gekommen, um ihr imaginär das Händchen zu halten. Danach musste sie sich nur noch ein kleines bisschen schonen, wegen der kleinen Öffnungen, die aufgrund der Fäden noch verahnden waren. Aber irgendwann kam doch der heilige Tag, an dem Spritzte die Stelle ein letztes Mal untersuchte und ihr das Gütesiegel „Geheilt“ verpasste. Rikes erste Aktion war euphorisches herum hüpfen einmal quer durch den Tourbus. Die andern hatten ihr lächelnd dabei zu gesehen. Und letztendlich hatte das ganze irgendwie in einer Polonaise der besonderen Art geendet. „Und heute Abend mach ich wieder mit, ja!!!“ Überhibbelig hopste Rike um die drei Herren herum und ließ erst Gnade walten, als sie ihre Antwort bekam. „Sekündchen ja?“, lachte der Chilene schließlich: „Wir müssen das noch mit Vanessa klären. Es wäre immerhin ziemlich fies sei einfach abzuschieben.“ Wie es der Zufall aber so wollte war Vanja gerade heute verhindert und so stand den diabolischen Taten der Rike nichts mehr im Wege… …dachte sie zumindest. „Pass aber auf!“ „Sag bescheid wenn dir was weh tut.“ „Vielleicht solltest du dich für einen Tag noch hinlegen.“ Henrike glaubte es kaum, wie schnell man sich doch wieder wie 12 fühlen konnte… Aber sie nörgelte nicht. Dafür war sie diesen fünf Mit-Gehirnamputierten viel zu dankbar. Was sie sich alles auferlegt hatten, nur damit sie bei ihnen bleiben konnte, dass es ihr gut ging, man Rücksicht auf ihren Zustand war und so weiter… Sie brachte sich gar nicht lange fragen; wie viele so etwas ebenfalls für sie getan hatten. Von so großen Tieren wie die Ärzte es waren wohl keine Sau. Auch hatte sich das Verhältnis zu ein paar Personen etwas geändert. Für Dirk und Michaela schien sie inzwischen so etwas wie eine kleine Schwester zu sein. Tatsächlich hatte die Beziehung Mischa-Rike nun so einen Stellenwert erhalten, aber diese Bezeichnung passte echt perfekt. Bei Geschwistern ist es bis heute ja mehr als üblich, dass man sich gelegentlich zankt. Und dass kam zwischen den beiden recht oft vor, aber bisher hatte es, zum Glück, nie die Ausmaßen des legendären Zickenkrieges erreicht. Celina und sie waren super Freundinnen wie immer. Der Quotenchilene hatte eindeutig die Position des Shoulin Meisters angenommen. Wobei auch immer, er stand ihr immer mit seinem kompletten Wissen zur Verfügung und half sogar etwas dabei, Gitarren- so wie Spanisch-Kenntnisse auf zu bessern. Aber am deutlichsten schien ihr die Veränderung im Verhältnis zu Jan. Es war sehr viel herzlicher geworden. Er schien den Kontakt zu ihr nicht mehr zu meiden und sie verbrachten oft Zeit miteinander. Eigentlich war alles absolut in bester Ordnung. Aber etwas anderes war von dem Überfall noch über geblieben, bis auf die Narben. Angst. Henrike versuchte sie tapfer zu bekämpfen, aber sie kam immer wieder auf, wenn sie sich allzu lang im Dunklen befand. Ausnahme war, wenn sie im Bett lag. Hier fühlte sie sich, unter den anderen, viel zu geborgen, als dass sie in allzu große Panik verfallen konnte. Es passierte dann, wenn sie allein unterwegs und es dabei ziemlich düster war. Einmal wollte noch kurz aus dem Tourbus, der an einer Tanke gehalten hatte, zum Kiosk. Kurz bevor sie einen Schritt nach draußen setzten konnte, packte sie die Angst direkt im Nacken und sie kam einfach nicht mehr vorwärts. In solchen Augenblicken drängten sich die verfluchten Bilder nur allzu deutlich vor ihr inneres Auge. Der Weg über den Parkplatz war gar nicht sooo lang, aber so furchtbar dunkel… „He.“ Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter und sah keine Sekunde später zu Rod hoch, der sie verständnisvoll anlächelte. „Ich komm mit. Wollte mit eh noch Kippen holn.“ Auch hier hatten ihr die anderen viel geholfen. Manchmal fühlte Rike sich richtig mies. Wie konnte sie ihnen das denn je zurückzahlen? Insgeheim schwor sie sich, es irgendwann zu tun. Bestimmt würde es mal einen Moment geben, wo man sie genauso brachte, wie Rike gerade die anderen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Hey, Roddy!“ Der Bassist zuckte verärgert zusammen und sah einen strahlenden Jan Vetter auf sich zu marschieren. „Könnt ihr endlich mal aufhören mich so zu nennen?“ Er schüttelte sich. Dieser „Spitzname“ war ihm mehr als unangenehm. Schon allein weil ihm die BRAVO diesen einst verpasst hatte. „Ja, vielleicht irgendwann mal. Jetzt schau mal her.“ Damit breitete ein ziemlich großes Stück Papier vor Rodrigos Nase aus. „Und?“ „Hast wieder verlernt zu lesen? Guck mal, diese Linie…“ „Jaaaaaaa, das hab ich kapiert. Aber was willst du genau? „Einen kleinen diabolischen Plan aushecken.“ Der blonde Riese zog eine Augenbraue in die Höhe, wie nur er es konnte. „Aber schau mal…“ Zwei Minuten später hatte Jan Rod alles genau eingetrichtert und wartete nun auf dessen Reaktion. „Warum nicht? Klingt doch gut!“ Dem Chilenen gefiel das Vorhaben wikrlich. Prima. Einen Segen hatte Jan schon mal. „Super. OK, jetzt muss ich nur noch zu Dirk, bis nach her!“ Jan knüllte alles und jeden kurz zusammen und flitzte damit um die Ecke des stehenden Tourbusses. Rodrigo grinste. Typisch Herr Urlaub. Kaum hatte dieser eine Idee, musste er dass auch ganz ganz schnell haben. Aber das war genau der Jan denn sie alle kannten und auch manchmal (aber nur manchmal!) liebten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Auf steh´n Schnarchsack! Die Sonne grinst schon vom Himmel und wartet nur noch auf deine Anwesenheit!“ Die vor Euphorie überschäumende Celina hatte es sich an diesen Morgen offenbar zur Aufgabe gemacht alle Schlafmützen solange zu foltern, bis diese sich, wohl bereits dem Wahnsinn nahe, aus dem Bett bequemen würden. Dies war nicht nur eine Theorie von Henrike, es entsprach bedauerlicherweise auch der Wirklichkeit. Die, wie immer am Morgen, noch vollkommen übermüdete Rike drehte sich auf die andere Seite und wollte in der Atempause, welche die liebe Celli wohl gerade einlegte, noch ein paar Minütchen schlafen. Doch das wurde ihr dadurch unmöglich gemacht, dass Celina ihre Vorhänge auf riss und ihr das pralle Sonnenlicht entgegen knallte. Mit einem gequälten Laut riss die jüngere die Hände vors Gesicht und zählte mental bis 20, um ihre Freundin nicht auf der Stelle zu erwürgen. Nur langsam klärte sich ihre Sicht und sie sah noch, wie Celina von einem Bett zum anderen hüpfte und auch dort die Vorhänge gaaaaaaaanz sanft bei Seite sog, um entweder einen erneuten gequälten Aufstöhner, oder einen bitter bösen Blick zu erleben. Henrike war wohl nicht die einzige, die gerne noch etwas geschlafen hätte. Sie rieb sich ein Auge und sah erst jetzt, dass die Dachluke auf war und deshalb das böse Sonnenlicht direkt auf sie knallte. Zerknirscht wandte sie sich an Celina. „Geh dich erst mal waschen, dann reden wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 99 vielleicht darüber.“ Ihre Freundin schien dies schon vorgehabt zu haben, denn sie drehte sich kurz im schmalen Gang und schlenderte Richtung „Badezimmer“, wenn man es so nennen mochte. Henrike ließ sich schon wieder ins Kissen zurück sinken doch da: (Aus dem Toilettenraum) „Hallo liebes Spiegelbild! Ich kenne dich zwar nicht, aber ich schmink dich trotzdem!“ Eine Schweigeminute trat ein. Dann lies sie sich in die Kissen fallen und flehte laut: „Wo ist das Maschinengewehr womit ich diese Wahnsinnige abknallen kann?!“ Neben ihr hörte sie es kichern. Anscheinend war Dirk der gleichen Meinung wie sie. Keiner von ihnen kam in diesem moment auf die Idee, dass das alles Teil von Celinas Aufweck-Terror-Strategie war. Nach kurzem Kopfkratzen drehte Rike dem Sonnenlicht den Rücken zu und hatte bereits wieder die Augen geschlossen, doch da… „Haaaaaaaallalleluaaahjajajajajajk,lhahahahaaaaaaaaaaaaaaaaa…“ Nach dem ersten Schrecken drehte sie sie um und sah Jan, der eine kleine Plastik Mosche auf einen mini Tisch stellte, welche dieses grauenvolle Gejaule von sich gab. Jan saß ganz ruhig daneben und versuchte anscheinend ein Grinsen zu unterdrücken. Ob Rockstar, ein Drittel vom Gott oder genialer Songwriter, dat war echt zu viel! Und so war das erste was der Herr Urlaub an diesem Tag von seiner Backgroundsängerin zu sehen bekam ein gerade ausgestreckter Mittelfinger, der eindeutig an ihn gerichtet war. Nun konnte nichts mehr das breite Urlaub Grinsen verhindern. „Was soll der Scheiß? Ich penn gleich wieder ein…“ Demonstrativ gähnend hing Rike neben Celina auf dem Sofa und schaffte es kaum die Augen offen zu halten. „Wirst du sehn Sweetie. Ich weiß jetzt schon, dass dus geil finden wirst!“ „Eigentlich sollte aber keine von euch davon wissen.“, gähnte Dirk, der ebenfalls fast auf der Tischplatte lag und schnarchte. Celina zuckte mit den Schultern: „Wenn ihr darüber redet während ihr neben meinem Bett steht kann ich doch nichts dafür.“ Jan und Michaela, die das seltene Talent hatte morgen sofort aufstehen zu können, waren eigentlich die einzigen, die wach waren. Selbst Rod, der anscheinend schon länger wach war, schnarchte alle paar Sekunden wieder ein. „….Willn…Kaafffffefeffffe… Kaffee…“ Jan grinste nur, als er dem armen ausgebeuteten Bassisten auf die Schulter klopfte. „Glaub mir mein lieber, du wirst keinen brauchen.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………….Nee oder?“ Henrike konnte nicht anders als mit offenem Maul auf das Bild vor ihr zu starren. Vor ihnen lag ein See und was für einer!!! Im ersten Augenblick hatte das Gefühl, nie im Leben so ein schönes Gewässer gesehen zu haben. „Ein kleiner Badesee, den wir aufgrund der Uhrzeit nun ganz für uns alleine haben.“ Stolz präsentierte Jan den anderen seine Überraschung. Rike und Mischa waren vollkommen geplättet, die anderen waren ja schon eingeweiht und beistaunten stattdessen nur Schönheit dieser Landschaft. Alles sah so friedlich aus. Dabei war dies ein offizieller Badesee. Irgendwo im Norden, kurz vor Hamburg. „Also Mädels: Aus ziehn und ab in die Badeklamotten!!!“ Der Graf rieb sich die Hände. Henrike sah sich hinunter. Würde nicht lange dauern, sie hatte ja nur ihr Nachthemd an. Tatsächlich war es wunderbar warm und lud nur dazu ein sich in die Fluten zu stürzen. Die Sonne lugte auch hinter den Baumkronen hervor und bestärkte dieses Verlangen nur noch. „Fertig.“ Vollkommen lässig gelassen schlenderte der Chilene an allen vorbei, in einer Badeshorts und schritt mit ein paar Handtüchern näher zum Wasser heran. Ohne zu zögern stürmte Rike, zusammen mit Mischa und Celina in den Bus und hatten sich in Rekord Zeit umgezogen. „Erste!!“, verkündete Celina, die in einem dunkel blauen Bikini aus dem Bus sprang. Danach kam Michaela, etwas eleganter, in einem Bikini, der sich in den Farben immer mit schwarz und weiß abwechselte. Die letzte war, wie so oft, Rike. Sie war die einzige, die sich ein Handtuch umgelegt hatte. Sonst hätten die anderen gesehn, dass ihr Bikini schwarz, mit einer weißen Umrandung war, war. „Na endlich!“ Dies war Dirks Kommentar zu ihrem Erscheinen. Henrike blickte zur Seite, wo die beiden Rest Ärzte in Badeshorts standen und auf die Ankunft der Damen gewartet hatten. Rike kann nicht drum herum, die Herren etwas näher zu betrachten. „Nich schlecht Jungs…“, sie pfiff anerkennend. Jan hatte eine recht schlanke Statur, faserartige leichte Muskulatur und etwas gebräunte Haut. Dirk stach besonders durch seine ganzen Tatoos ins Auge, er hatte sehr kräftige Arme und… „HA! Wusste doch dass du nen Bierbauch hast!!!“ Henrike zeigte im „HAHA“ Manier auf das Bäuchlein und Dirk bekam große Augen. „Du. Traust. Dich. Echt. Was.“ mit angedeutetem Ärmel hochziehen stürzte er sich auf den dreisten Teufel und verfolgte die panisch flüchtende mindestens vier Mal um den Bus, bis er sie zu fassen bekam und ihr das Handtuch entriss. „Hey!“ Sie versuchte vergeblich es sich wieder zu holen. „Ach, was solls…“ „Meine Güte. Bist ja echt überall so blass.“ Sagte der Graf, als er sie näher gemustert hatte. Henrike zuckte mit den Schultern. „War schon immer so.“ Sie drehte sich um und sah hatten die anderen Aussicht auf ihren flachen Bauch. Nicht nur Celina schluckte, als die rötliche Narbe an ihrer Taille sichtbar wurde. Und die anderen stellen, die durch ihre extrem blasse Haut noch mehr auffielen. Henrike bemerkte die betretenen Blicke. „Wenn das so weiter geht, kann ich demnächst als Berserkerin auf den Karneval marschieren. Hab hier auch schon ne Narbe.“ Sie hob ihr Knie an. „Ist aber schon älter. „Kannst ja meinem Club beitreten.“, sprach Dirk zwinkernd und deutete auf die Narben an seinem Arm. Die er einst durch einen schweren Autounfall erhalten hatte. „Ich auch?“, fragte die Grinsebacke namens Farin U. und tippte mit dem Zeigefinger sein Kinn. „Roddy kann auch hinzukommen. Der hat ja diese schöne am Kinn…“ Sagte Dirk und Henrike unterbrach ich lachend. „OK, wir können jetzt aufhören mit unsern Trophäen anzugeben. …. … … Wer zu erst drin ist!“ Sie tickte noch schnell alle Personen an die in ihrer nähe standen und raste dann los. „Ich bin schneller!“ Jan hatte sie fast eingeholt, doch so schnell gab Rike sich nicht geschlagen. Durch den schrägen Abhang bekamen sie ein ganz schönes Tempo sausten so mit Vollgas in den See. „Waaahhhhh….“, Rike tauchte kurz nach Jan wieder auf. Ganz schön kühl, aber herrlich erfrischend. „Na besten Dank.“ Außer ihr an Jan war kein andere ins Wasser gesprungen. Stattdessen standen sie am Rand und lachten sich kaputt. Über einen pitschnassen und grummelnden Rodrigo, der anscheinend am Ufer gelegen und sich gesonnt hatte. „War keine Absicht!“, lachte Rike. „Ja klar…“, kommentierte rod und schubste ohne mit der Wimper zu zucken die restlichen Leute ins Wasser. Und er sprang gleich mit einem Tarzanschrei nach. So war die Wasserschlacht im vollen Gange. Jeder gegen jeden. (Ein Kampf ums nackte Überleben!!! *dodom*) Henrike entfernte sich schließlich leicht aus der Puste von dem Gerangel und beobachtete die anderen. Celina attackierte Dirk von hinten, der sich bisher als Einzelkämpfer durchschlagen musste und Rod inklusive Mischa hatten sich offenbar zu einem Duo zusammen geschlossen. Aber, Sekunde… Wo war Jan? „AAAAAAHHH!“ Etwas steckte sich von hinten zwischen ihre Beine und als sie erschrak hob man sie hoch. „Uff, scheiße. Hätt nicht gedacht, dass du so schwer bist. Keuchte der blonde Riese, als sie sich auf seinen Schultern wieder fand. Henrike brauchte erst ein paar Sekunden, um das zu realisieren. Dann musste sie lachen. „Selbst Schuld.“ Ohne groß zu grübeln begann sie seinen kopf zu kraulen. Er hielt sie an den Oberschenkeln fast und ihm schien es zu gefallen. „Hey, Mädels! Schnappt euch einen der Kerle und dann wird gekloppt!!“ „Au ja!“ Rod sah leicht alarmiert zu Mischa hinüber als sie sich über die Idee freute. „Still halten.“ „Nein.“ „Doch!“ Für den armen Quotenchilenen gab es kein entkommen mehr. Michaela kletterte tatsächlich an ihm hoch und saß schließlich auf seinen Schultern. „Aargh. Ach was solls. Attacke!!!“ Damit stürmte er vorwärts und sie ließen die beiden Weiber gegeneinander antreten. „Nett dass ihr so was zu unserm Vergnügen macht.“, sagte Dirk, der zusammen mit Celina zu guckte. „Und der Teufel verpasst Blondie eine Wasserwelle von der Seite. Auch das noch ein erst klasse Bodycheck von Blondie…“ Celina hatte sich einen herum treibenden Ast geschnappt und benutze ihn als Mikro um wie ein Stadionkommentator los zu labern. „…Was ist das? Der Teufel wird doch nicht? Doch, ein Bodyslam bahnt sich an!!“ Mehr oder weniger. „Jan! Halt mich fast!“ „Geht nicht mehr! WAAAAHH!“ Er hatte die Blance verloren, so dass sie beide vorneweg, direkt auf Michaela und rod kippten und dieser in einem gigantischen Bauchklatscher unter sich begruben. Mehr als ein „Waaaahhh!“ brachten die beiden auch nicht heraus. „Ist euch auch so heiß?“ Einstimmiges Brummen kam zur Antwort. Nach ihrer ausgiebigen Wasserschlacht, hatten sie sich ein kleines Lager aufgebaut und faulenzten in diesem nun ungestört. Dirk hatte nach einiger Zeit auch noch sämtliche Crewmitglieder ins Wasser geschubst, wodurch der See nun ziemlich voll war. Das Sextett lag nun aber in der sonne und ließ sich durchbraten. Herrlich. Auch wenn Henrike es nicht mochte wenn die Sonne so stark knallte, hier nun auf den Handtüchern im Gras zu liegen war herrlich. Kurz zuvor hatte sie auch noch mal Rods Oberkörper gemustert. Er war eindeutig derjenige mit den meisten Haaren auf der Brust. Henrike: „He, sieht ja fast aus wie ne Landkarte.“ Jan: *lacht* „Stimmt. Ich kann sogar genau Hamburg ausmachen.“ Henrike: „Und hier ist Asien.“ Dirk: „Aber ich kann Chile nicht finden…“ Rod: *seeehr gelassen* „Wenn ich die Hose ausziehen würde schon.“ Michaela: „…“ Celina: „…“ Jan: *grübelt* Dirk: *grübelt auch* Henrike *spricht es aus* „Mach mal!“ (Ob sich dieses traumatische Erlebnis tatsächlich zu getragen hat, wird aus Jugendschutzgründen nicht verraten.) „Hey.“ Sie wurde sachte angestupst und öffnete widerwillig die Augen. Jan hatte sie über sie gebeugt und hielt etwas in der Hand. „du kriegst noch Sonnenbrand. Sol ich dich schnell einkremen?“ Verschmitzt grinsend hielt er eine Flasche mit eben dieser Creme in der rechten Hand hoch. „Kann ich dir denn vertrauen?“, sie grinste nicht weniger verschmitzt hoch. „Nicht wirklich. Aber ich dulde keine Widerrede.“ Damit packte er sie, drehte sie auf den Bauch und setzte sich auf ihre Beine. „Hey!“, das war auch der einzige Protest den Rike machte, denn als er damit begann, fiel ihr Kopf mit einem Seufzer zurück auf das Handtuch. „Wolltest du noch etwas sagen?“ Sie wusste, dass er grinste und brummte nur verneinend zur Antwort. Er war wirklich gut darin, dass musste sie ihm lassen. Seine Finger schienen jeden noch so kleinen Punkt ausgiebig zu massieren. Von oben bis unten. Schultern, Beine, Arme, alles einmal durch. Kam ihr das nur so vor oder ließ er sich extra viel Zeit? Auf jeden Fall brachten ihr seine Hände eine wunderbar wärme, die in ihrem Bauch begann und sich bald auf den ganzen Körper verteilt hatte. Plötzlich zuckte sie zusammen und schreckte hoch. „Huch, alles klar? Bist ja knallrot im Gesicht…“ Sie hörte noch wie er Sonnenbrand laberte, doch sie war noch immer bei dem, was sich eben so genüsslich in ihrer Fantasie ausgebreitet hatte… „Ich bin dran.“, sagte sie knapp und nahm ihm die Flasche weg. Schnell tapste se um ihn herum und kniete sich an seinem Rücken hin. Dort musste sie ein übelstes Grinsen und Lachattacke krampfhaft unterdrücken. Oh man, wenn Jan wüsste, was er eben noch für eine rolle in ihren Gedanken gespielt hatte. „Was lachst du denn so? Hast du heimlich was geschluckt???“ „Dafür brauch ich nix schlucken.“ Grinste sie und fing an die kühle Creme auf seinem Rücken zu verteilen. Da er saß kam sie an seine Beine nicht heran, aber sehr wohl auch an seine Schultern und Arme. Langsam fuhr sie diese nach und verteilte nach und nach alles auf seiner Haut. Sie bemerkte, dass er sehr warm war. Fast heiß. Auch ihre Wangen glühten… „FUCK!“ Sie schrak aus ihren Gedanken, als sie ihn fluchen hörte. „Alles in Ordnung?“ Rike suchte seine blick, doch er wich ihr aus. Stattdessen sprang er schnell auf die Beine. „Sorry.. ich… Sonnebrand!“, stammelte er und raste Richtung, wo er ohne zu Zögern rein sprang. Henrike sah ihm perplex nach. Was war DAS dann??? Sie überlegte eine Weile und… Röte stieg ihr ins Gesicht als sie zu ahnen begann, was er plötzlich hatte. „Shit!“ Er war an einen Platz geflüchtet, der sehr dicht mit Schilf bewachsen und durch hängende Äste bedeckt war. Ausgerechnet jetzt musste das passieren. Oh man…! Aber anscheinend kam er nicht drum herum sich nun Erleichterung verschaffen zu müssen… Er schon wesentlich besseren Timing erlebt aber was sollte er machen. Wenigstens hatte er verhindern können, dass man ihn so gesehen hatte. „Jan?“ Er hatte gerade mit einem Seufzer von sich abgelassen, als er ihre Stimme hörte. Sehr schüchtern und zaghaft. Jan drehte sich um und sah sie auf sich zu kommen. Ihr Blick verriet, dass sie wohl sehr sicher wusste, was los war. Aber wie er vermied sie es, es anzusprechen. „Wie viel Zeit haben wir eigentlich noch.“ „Nun…ich würde sagen eine Stunde.“ Rike nickte und lehnte sich an einen Ast, der bis ins Wasser verlief. „Ist ja ein richtig gutes Versteck hier.“ Da hatte sie nicht Unrecht. Die anderen konnten sie vom Ufer aus gar nicht mehr sehen. Danach trat Schweigen ein. Henrike sah durch die Äste auf den Teich hinaus. Jan konnte nicht verhindern, sie näher zu betrachten. Das blutrote Haar klebte in Strähnen an ihrem nassen Körper. Sie hatte eine so makellos weiße Haut, dass es fast weh tat sie anzusehen. Und noch mehr schmerzte es auf dieser blassen Haut die Narben zu sehen, die gerade dadurch sich so deutlich hervorhoben. Dann erwischte er sich plötzlich dabei, wie er in ihr Dekolleté lugte. „Sorry.“, sagte er, als sie ihn anguckte. „Bin auch nur ein Kerl.“, er grinste und sie erwiderte es leicht erröten. ´Oh man…`, Verlegen wandte er ihr den rücken zu. Jetzt benahm e sich aber echt komisch… „Jan.“ Plötzlich spürte er sie. Wie sich an seinen Rücken schmiegte und sanft eine Lippen auf seine Schulter drückte. Ihre Hände lagen fast schüchtern auf seiner Taille. Er konnte nicht anders als seine Augen zu schließen. Das bisschen Haut was er von ihr spürte, fühlte sich schon wunderbar gut an… „Danke…“ Seine Lider gingen wieder auf. Verwunderung lag auf seinem Gesicht. „Wofür?“, fragte er ohne sie anzusehen. Es wurde still, er war schon beinahe der Meinung, sie wolle einer Antwort durch schweigen entgehen. „Für alles.“ Kapitel 21: Wollt ihr die Wahrheit hörn? ---------------------------------------- Wollt ihr die Wahrheit hörn? Es war soweit. Nun befanden sie sich in Hamburg. Der Heimatstadt von Rike und die Wahlheimat von Dirk und (zum Teil) Jan. Für die Hälfte vom Sextett Heimspiel also. Jedoch war Rike die einzige unter ihnen, die deswegen nervös wurde. „Wehe meine Eltern kommen zum Konzert. Dann mach ich auf krank!“, flüsterte die rothaarige Celina zu, die kichern musste. „Bei einem Ärzte-Konzert würde ich mir das auch noch ma überlegen, dat muss mein Daddy nicht unbedingt zu Gesicht bekommen.“ „Bei mir kommt sowieso keiner von denen, ich hab das Problem nicht.“, grinste Mischa: „Aber haben sich nicht ein paar Freunde von dir angekündet, Riki???“ Überneckisch stieß die Blonde ihr in die Rippen und Henrike stöhnte. „Hör bloß auf… wenn ich auch nur einen Ton schief singe, reiben die mir das alle mindestens 10 Jahre täglich unter die Nase.“ „Na ja…“, Michaela hatte sich wieder eingekriegt und sah stattdessen aus dem Fenster. „Du hast ja nochn paar Tage Zeit um dich zu beruhigen.“ Nur zu wahr. Dadurch, dass sich der Tourplan, wegen Henrikes Verletzung(en), verschoben hatte, waren es bis zum ersten Hamburger Konzert noch fünf Tage hin. Das dürfte ja wohl ausreichen. Es würde aber nicht mal annährend so lange dauern und sie wären bei ihrem aktuellen Hotel angekommen. Die Männer waren schon dabei, ihr Zeug zu packen und Celina inklusive Michaela bequemten sich auch allmählich. Da Henrike eh nichts Besseres zu tun hatte, machte sie sich ebenfalls daran fertig zu werden. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Schick, schick…“, kommentierte die blonde Schönheit das Gebäude vor ihnen. Vielleicht nicht das komfortabelste Hotel bisher, aber es machte einen sehr gemütlichen Eindruck. Auf jeden Fall hatte keiner hier irgendwelche Einwände und so bezogen alle ihre Einrichtungen. Diese befanden sich alle im selben Stockwerk, aber nicht in einer durchgehenden Reihe. Ansonsten war nichts Auffälliges vorhanden. Die Zimmer waren schön sauber, die Betten gemütlich… Es gab absolut nix zu meckern. Den ersten Tag verbrachte jeder anders. Henrike ging ihren kleinen Bruder besuchen, der inzwischen in einem Heim für Menschen mit Behinderung lebte. Unterwegs hatte sie ihm ein kleines Geschenk besorgt, welches sie ihm feierlich überreichte. Nach einigen Albereien mit ihm, musste sie schließlich noch weiter. Ihre Eltern hatten nämlich von dem Überfall erfahren und Henrike wollte ihnen versichern, dass sie gesund und munter war. Von den anderen sah sie an dem Tag nicht viel. Jan schien zu sich nach Haus gefahren zu sein, damit er sich um ein paar neue Songs kümmern konnte. Eine ungewöhnliche Konstellation hatte sich mit Celina, die zusammen mit Dirk und Rodrigo durch die Stadt zog, ergeben. Doch was die drei angestellt hatten, konnte Rike einfach nicht in Erfahrung bringen, was sie mehr als ärgerte. Abgelenkt wurde sie am Abend, an welchen sie auch wieder ins Hotel gekommen war, von Michaela. Diese lud Rike ein mit ihr zusammen, im Zimmer der Blonden, einen Film zu gucken. Sister Act. Lief wohl schon zum millionsten Male im TV, aber das störte die beiden nicht. Ohne es zu merken verloren sie sich in hemmungslosen Nach-Sing-Aktionen. „OH YES! Ich liebe den Film!“, lachte Mischa. Wie bereits erwähnt, ihr Verhältnis war sehr schwesterlich geworden. Nachdem Whoopi die Mafiaganoven „zur Hölle“ befördert hatte, ging Rike zurück auf ihr Zimmer. Sie hatte keine Erklärung dafür, aber sie fühlte sich unendlich müde. Daher schlüpfte sie nur noch schnell ins Nachthemd und pennte ausnahmsweise mal schnell ein. Zu schnell. Irgendetwas hatte doch faul sein müssen… Es widersprach schon fast der Natur, dass Henrike einmal zügig einschlief. Daher war es für die Hamburgerin keine Überraschung, als sie mitten in der Nacht erwachte. Ein paar Sekunden starrte sie Löcher in die Finsternis, dann knipste sie mit einem Seufzer die Nachttischlampe an. In ihrem Kopf ratterte es mal wieder zu viel. Was sollte sie machen? Ihre Emotionen spielten halt in letzter Zeit verrückt. Da sollte sie dann auch noch ruhig schlafen können??? Je länger dieser Zustand nun schon anhielt, desto mehr verwirrte er sie. Eigentlich war die Lösung so einfach. So einfach, und doch so schwer… „Fuck ey…“ Rike wusste absolut keinen Rat. Sie wollte nur noch schlafen, um das Chaos wenigstens für eine kurze Zeit vergessen zu können. So schaltete sie stur das Licht aus, zog sich die Decke ans Kinn und glotzte so lang auf die schwach leuchtenden Gardinen, bis sie endlich einschlief. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „RIIIIIIIIIIIIIKEEEEEEEEEEEEEE!!!“ Es klopfte immer und immer wieder. Rike war schon längst dadurch erwacht, hatte bis eben aber noch es zu ignorieren versucht. Allmählich bekam der kleine rothaarige Teufel echt Aggressionen… Schließlich knurrte sie auf, warf die Decke zurück und stampfte zur Zimmertür. Dort riss sie an der Klinke herum, bis sie schnallte, dass sie abgeschlossen hatte. Mehr als gereizt drehte sie den steckenden Schlüssel und riss mit einem mächtigen Schwenker die Tür fast aus den Angeln. Celina blieb zur Salzsäule erstarrt und geschockt stehen. „Ich. Muss. Wohl. Nicht. Extra. Erwähnen. Das. Ich. In. Exelenter. Tötungslaune. Stecke. !. !. !.“ „……Neeeeeee, nicht wirklich… Wollte dich nur zum Mittagessen holen.“ „Mittag?“, gähnte Rike und vergaß für eine Sekunde giftig zu gucken. „Öh ja. Es ist bereits 14 Uhr.“ „Viel zu früh…“, fauchte der Teufel und wollte die Tür, nebenbei im Gang zurück zum Bett, zu knallen, doch Celina kam ihr zu vor. „Na schön. Wenn du keine Pizza willst…“ … … … „Hau ab, ich komm nach…“ „Wusst ich doch, dass du dir dein Leibgericht nicht entgehen lässt.“ Fresssack Rike hatte gleich, da ihr das Frühstück gefehlt hatte, zwei Pizzen auf einmal verdrückt, was selbst den Jungs erstauntes Glotzten entlockt hatte. „Ich hab dir aber trotzdem noch nicht verziehen!“, knurrte die rothaarige in Richtung Freundin. Typisch Gruppenzwang, jetzt trabte sie mal wieder ziellos ihren Kolleginnen hinterher. Aber sie wusste eh nicht wohin, also… „Was ist? Warum bleibst du stehn Sweetie?“ Die beiden älteren Damen wandten sich zu Rike um, die nur in eine Richtung glotzte. „Rike?, fragte nun Mischa. Doch ehe eine der beiden auf sie zu gehen konnte, reagierte Henrike. „Ich geh noch spazieren. Versteht mich nicht falsch, aber ich will ein bisschen allein sein.“ Celina wirkte etwas perplex. Auch wenn der kleine Teufel eher bescheidene Laune hatte, dass kam doch plötzlich. „Ist in Ordnung.“, das hatte Mischa gesagt. „Ok, bis nachher.“ Damit verschwand Henrike aus dem Hotel. Das Trio hatte sich in der Eingangshalle befunden, direkt an den Glastüren. Celina blickte verwundert zu Michaela hoch. „Lass sie.“, sprach die Blonde. „Ich glaub sie braucht das wirklich mal…“ Celina ahnte nicht einmal im Geringsten, dass Michaela etwas gesehn hatte, was ihr entgangen war. Henrike schritt im diesen Moment recht zielstrebig darauf zu. Auch wenn es nun in den Park, der sich sehr nah am Hotel befand, ging. Allerdings stockte sie doch für ein paar Sekunden. Parks in der Nähe von Hotels. Das weckte unfreiwillige Erinnerungen… Jedoch schüttelte sie den Kopf und setzte ihren Gang fort. Wenn sie sich nicht spurtete würde sie die Fährte verlieren. Groß anstrengen musste sie sich aber wirklich nicht. Jedoch war es nicht ihre Absicht gewesen, dass er sie so schnell entdeckte. Wahrscheinlich hatte sie ihre Schritte verraten, denn sie war das letzte kleine Stück gelaufen. Mit einer ruckartigen Bewegung war er herum gefahren und sah sie nun einfach an. Irgendwie bekam sie das Gefühl, er fühlte sich ertappt. „… Rike… Was machst du hier?“ Tatsächlich wirkte er recht benommen. Henrike schluckte unterbewusst, dann ging sie das letzte kleine Stück zu ihm hinüber. „Ich hab dich gesehn, vom Hotel aus…“ „Ach so.“ Er wandte sich von ihr ab. Nein, sie hatte sich nicht geirrt. Irgendetwas war da… Ihn umgab wieder diese unendlich traurige und zugleich unnahbare Aura, die sie zuletzt vor einigen Monaten so intensiv vernommen hatte. Sein Blick ging stur in eine Richtung. Sie folgte diesem. So sah sie den trüben See, an dem sie beide standen. Zwar spiegelte sich der Himmel in einem erfrischendem blau auf dem Wasser, aber diese idyllische Farbe wurde durch mehrere graue Wolken unterbrochen. Rike hielt nix von Esoterik, aber sie war trotzdem überzeugt, dass dieses chaotische Wetter, mitten im warmen Juli, stark Jans Innenleben wieder spiegelte. „Ich… hab noch nicht wirklich die Gelegenheit gehabt mich richtig zu bedanken.“ „Das hast du doch neulich?“ Verwundert sah er zu ihr hinüber. „Ja schon… Aber… Das reicht einfach nicht. Einfach danke sagen und fertig... das geht einfach nicht. Dafür hast du schon zu viel für mich getan…“ Plötzlich war sie ihm gegenüber wieder schüchtern. Rike hatte keine Ahnung weshalb, aber es ließ sich nicht verhindern. Aber es stimmte nun mal. Er war es, der ihr schon lange, bevor sie ihn persönlich kannte, wieder Lebensmut gegeben hatte und nun verdankte sie ihm erneut ihr Leben. Henrike wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm wenigstens etwas zurückgeben zu können. Aber… „Brauchst du nicht. Ich muss weg.“ Plötzlich setzte er sich wieder in Bewegung und zwar in die Richtung, die aus dem Park führte. Henrike wurde dadurch überrumpelt. `Nicht schon wieder!` Etwas in ihr schrie und so konnte sie ihre nächste Aktion nicht verhindern. „Renn jetzt nicht wieder vor mir weg!“ Ihre Hand schnellte hervor und ergriff seine Schulter. Total überrascht von ihr blieb er stehen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie plötzlich so aus sich heraus schoss. Als er sich ihr zuwandte senkte sie den Blick gerade leicht beschämt. Dann jedoch schüttelte sie sich und sah zu ihm auf, fest und entschlossen. „Du verbirgst etwas und das nicht nur vor mir. Und ich… ich weiß nicht was es ist, aber du weichst mir aus. Das hast du so lang nicht mehr gemacht und jetzt auf einmal wieder. Was…“, sie biss sich auf die Unterlippe, entschied sich aber doch fort zu fahren. „Hab ich dir was getan? Oder… geh ich dir auf den Zeiger…“ „Nein… nein ich…“ Verfluchte Scheiße er konnte ihr nicht mehr ausweichen. Das hatte er schon viel zu oft getan, wer wusste, ob sie ihm das ein weiteres Mal verzeihen würde. Er sah wieder ihren Blick, ihre ehrlichen grünen Augen. Innerlich haderte er mal wieder mit sich. Vielleicht sollte er… „Es liegt wirklich nicht an dir…“ Er seufzte. Was hatte er denn eigentlich zu verlieren? Genau genommen eine ihm sehr wichtige Person, wenn er nicht aufpassen würde. „Jan.“ Ebenso sanft wie sie sprach griff sie nach seiner rechten Hand. Kurz wartete sie, ob er diese Berührung zulassen würde, dann umschlossen ihre Finger sie ganz. „Ich... möchte dir helfen. Ich meine mitbekommen zu haben, dass du darüber noch nicht einmal mit Dirk oder Rodrigo geredet hast. Vielleicht fällt es dir vor jemandem den du noch nicht ganz so lang kennst ja leichter und…“ Er entzog sich ihrer Hand. `Scheiße, ich war zu forsch! ´, schallte sie sich in Gedanken und erwartete nicht, dass er freundlich reagieren würde. Doch er sagte nichts. Stattdessen ging er weg von ihr. Immer weiter… …bis er sich auf einer nicht weit entfernten Bank niederließ. Henrike blinzelte und realisierte das Bild vor ihr endlich. Anscheinend sollte sie sich zu ihm setzten. Nach kurzem Zögern ging sie zu ihm. Er deutete noch einmal mit einer Geste an, dass sie sich nicht irrte, dann ließ sie sich neben ihm nieder. Jetzt war es ruhig. Eine Totenstille machte sich um sie breit, auch das war nichts neues, aber es hatte noch nie so etwas Bedrückendes dabei im „Raum“ gelegen. Sie konnte schwören, dass er in Gedanken leicht abdriftete. Woran er dachte, erriet sie jedoch nicht… Woher auch? Schließlich hatte sie das meiste von den Streitereien gar nicht mit bekommen. Tatsächlich war es eine, von Dirk heut Morgen unabsichtlich los gestoßene, Diskussion gewesen, die Jan wieder in seine Lethargie versetzet hatte. Sowieso hatte Jan in letzter Zeit sehr viel nachgedacht. Über so vieles was in der letzten Zeit geschehen war. Und ein länger vergangener Streit zwischen ihm und Rodrigo war in seinem Kopf wieder auf getaucht. Genau genommen ein Satz, der ihn damals zu Weißglut getrieben hatte. ~ „Wenn ich meine Gefühle auch so in mich hinein kotzen würde, wär ich auch ständig angefressen! Wenn du so weiter machst verlierst du garantiert irgendwann etwas, dass dir mehr bedeutet, als du zugibst…“ ~ Als der Chilene ihm das vor Monaten, kurz bevor die Mädels zum Interview eingetroffen waren, gesagt hatte, hätte er seinem Freund am liebsten die Fresse poliert. Aber nu beneidete er ihn erneut. Nicht nur, dass er mit allem cooler umging, er schaffte es auch seine Emotionen unter Kontrolle zu halten und dann auch noch solche Sätze los zu lassen… „Ich…“, begann er, brach jedoch ab. Henrike zuckte fast zusammen, als er so plötzlich sprach. Dennoch blieb sie stumm und wartete geduldig ab, bis er weiter reden würde. Jan seufzte noch einmal. Nein, er würde nicht mehr weglaufen. Sie würde es hier und jetzt erfahren und war damit die erste. Und vielleicht war es auch tatsächlich das Beste so, aber das würde sich erst danach heraus stellen… „Bis zum Ende des letzten Jahres…hab ich noch eine Freundin gehabt.“ Henrike musste unwillkürlich schlucken. „Eigentlich lief alles gut. Wir haben uns gut vertragen und kriegten unsere Beziehung auch gut auf die Reihen, was bei mir und meinen… Leidenschaften ja nicht so leicht ist, die langen Reisen, ständig auf Tournee... Nun mal nicht die leichtesten Bedingungen. Doch… nun…“ Er schloss die Augen und seine Stimme wurde leiser. „Sie ist schwanger geworden.“ Rikes Kopf schoss in seine Richtung. `Von dir???`, diese beiden Worte brannten geradezu auf ihrer Zunge, doch sie unterdrückte es knapp. DAS zu sagen wäre nun wirklich blöd gewesen. „Ich wusste zuerst gar nicht was ich sagen… oder fühlen soll. Ich war mir eigentlich immer sicher, dass ich keine Kinder möchte. Aber…“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augen wurden sehr sanft. „Ich meine… das… in ihrem Bauch… war immerhin MEIN Kind! Mit der Zeit habe ich mich dann doch sehr mit den Gedanken angefreundet. Ich meine, ich bin wirklich nicht mehr der jüngste, ist schon ein ziemlich später Zeitpunkt um Vater zu werden. Wenn überhaupt… Aber dann…“ Seine Gesichtszüge wurden wieder härter. Verbitterung schwang in seiner Stimme mit. „Was ist passiert?“, fragte Rike vorsichtig nach, als er längere Zeit ruhig war. Jan schloss kurz die Augen und entließ den nächsten Satz in einem Seufzer. „Sie hat das Kind verloren.“ Mit diesem Satz schien sämtlich Leben um sie herum augenblicklich ab zu sterben. Henrike konnte nichts tun, außer ohne Fassung zu ihm zu starren. Sie hatte echt so einiges vermutet, sich die wildesten Geschichten ausgemalt, was ihm passiert war. Aber die Wahrheit war wie immer bescheidener und vielleicht gerade dadurch um einiges härter als erwartet. Sie wollte irgendetwas Tröstliches sagen, aber er kam ihr zuvor. „Ich habe nie genau erfahren, wie es passiert ist. Ich glaube sie ist gestürzt… Jedenfalls war sie danach nicht mehr dieselbe. Ich kam nicht mehr zu ihr durch und wir haben uns immer mehr von einander entfernt. Mit dem Endergebnis, dass sie mit einem meiner besten Freunde durchgebrannt ist…“ Damit verstummte er. Auch Henrike schwieg. Ihre Kehle erschein ihr wie zu geknotet und er tat ihr einfach nur leid. Kein Wunder, dass er sich so verschlossen hatte. Sie wusste zwar noch immer nicht, weshalb er gerade ihr so sehr ausgewichen war, aber sie wollte jetzt auch nicht nachfragen. Aber was sollte sie nur tun? Wie konnte sie ihn unterstützten, oder ihm die Last leichter machen? Sie zweifelte daran, dass sie ihm überhaupt helfen konnte. Als er sie anblickte, konnte sie jedoch nicht mehr zögern. Seine Augen verbargen nicht im Geringsten seinen Schmerz über das Geschehene. Ohne noch länger nach zu denken schlang sie ihm ihre Arme um den Hals und drückte ihn an sich. Es dauerte. Aber nach einiger Zeit konnte sie seine Hand spüren, die er sanft auf ihren Hinterkopf legte. Sachte fuhr er ihr durch das Haar. „Es tut mir leid…“ „Was?“, fragte sie irritiert. „Dass ich dich immer so ablehnend behandelt habe. Es lag... daran, dass du immer so nervös warst. Es war mir zu diesem Zeitpunkt sehr unangenehm, weil ich so leicht reizbar war. Aber… du hast mir schon relativ schnell gezeigt, dass du das nicht verdient hattest. Nach dem ganzen Dilemma wollte ich einfach nur noch mit Dirk und Rodrigo auf Tour, weg von allem…“ Er verstummte. Sie spürte daran, wie ehrlich es ihm Leid tat, dass er sie erst so oberflächlich betrachtet hatte. „Ich…“, setzet er an, verstummte aber. „……… Ist schon OK… Ich kann es dir nicht verübeln…“ Sie war froh darüber, dass er ihr so sehr vertraute, aber dennoch war ihr Blick traurig und trübe. Ja, sie war eine Freundin für ihn. Das zeigte sich nun mehr als deutlich. Und so wie es aussah würde sie auch nicht so schnell etwas anderes für ihn sein… Kapitel 22: Dusche ------------------ Dusche Minuten vergingen. Gefühlt aber schon eher Stunden. Die gefüllt waren mit gemischten Gefühlen. Sie lag ihm noch immer um den Hals und verbarg ihr Gesicht vor ihm. Er sollte sie jetzt nicht ansehn, das wollte sie nicht… Jedoch, irgendwann mussten sie sich ja wieder von einander lösen und so konnte sie seinem Blick nicht ganz entkommen. Schnell setzte sie ein schiefes Lächeln auf. Sie wollte ihn nicht mit ihrem eigenen Kummer belasten. Seinem Schmerz gab die den Vorrang. Schmerz… Da fiel ihr etwas ein. „Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich fühlst.“ Es kam ihr einfach über die Lippen, ohne, dass sie es groß lenken konnte. „Nun... es ist schon ein bisschen länger her, dass es passiert ist. Aber ich knabber auch noch an einer Trennung.“ Rike spürte Jans Blick. Sie war sich unschlüssig darüber, welcher Ausdruck in seinen Augen lag. Jedenfalls war sie sich sicher, dass sie seine Aufmerksamkeit hatte und das war erst einmal das wichtigste. Celina war die einzige in dem Ärzte Team, der sie von ihrer Beziehung erzählt hatte. „Kenai hieß er. Und wie man dem Namen schon entnehmen kann; er war Afrikaner und schwarz. Er hatte wirklich einen sehr dunklen Haut Ton. War schon eine recht interessante Kombination bei meiner Hautfarbe.“ Sie grinste. Jan tat es ihr gleich, obwohl sie ihn gar nicht ansah. „Und er war… nein kann man nicht sagen. Hopper… Man könnte ihn als solchen bezeichnen, aber diese Reduzierung hat er nicht verdient. Aber er lag bei seinem Musikgeschmack in der Richtung und konnte nicht so viel mit meinen Rock Sachen was anfangen. Hat uns aber trotzdem nicht dran gehindert zusammen zu kommen.“ Henrike blickte gelegentlich doch zu ihm hoch, um sich zu versichern, dass er ihr auch weiterhin zu hörte. Jan zeigte nicht sonderlich viel Emotion dabei, doch er hörte ihr zu. Sie erlaubte es sich noch mal kurz zu zögern, dann erzählte sie weiter. „Allerdings… Ich mein… du glaubst echt nicht, wie intolerant die Welt heutzutage noch sein kann, bei einer schwarz-weiß Beziehung.“ „Doch… Ich merke das wirklich immer wieder, dass unsere schnöde Welt noch längst nicht so tolerant ist, wies einem die Medien gern vorgaukeln. Das überrascht mich nicht. Leider…“ Er seufzte. Sie glaubte ihm das sofort, immerhin hatte er die halbe Welt gesehen und konnte es gut beurteilen. „Wir haben ganz schön kämpfen müssen.“, fuhr sie fort: „Einmal wurden wir fast von ner Gruppe Faschos verprügelt, aber bei diesem Mal hatten diese Arschlöcher nur geblufft und ließen uns in Ruhe… Irgendwie haben wir uns doch durch alles durchgedrückt. Gegen die ganzen Vorurteile und dummen Kommentare. Jedoch…“ Man merkte mehr als deutlich die Traurigkeit in ihrer Stimme. „Er ist nach Berlin gezogen. Wegen seinem Job. Er macht auch Musik, weißt du. Zwar in einer völlig anderen Liga, aber er ist wie ich Vollblutmusiker. Allerdings wollte und konnte ich hier nicht weg und er konnte es sich nicht leisten diese Chance zu versäumen. Und er hatte mich drum gebeten, ihm etwas Ruhe zu gönnen. Etwas widerwillig hab ich da auch zugestimmt. Als wir uns dann das nächste Mal trafen sagte er mir, dass er die Beziehung beenden möchte. Er meinte es hätte keinen Sinn, auf diese Entfernung und dann seien wir sehr unterschiedlich… Ich war mehr als frustriert… Ich war richtig wütend!!! Ich mein… Wir haben so arg dafür gekämpft beisammen sein zu können und dann macht er wegen so ner verfickten Distanz Schluss!“ Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten und krallten sich in den Stoff ihres Rockes. Nach kurzer Zeit aber entspannte sie sich wieder und wirkte nun vollkommen anders. So, als ob sie sich unglaublich schuldig empfinden würde. „Er hat es mir nicht direkt gesagt, ich glaube weil er mich schonen wollte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass einer seiner Gründe auch war, dass ich mich zu sehr an ihn geklammert hab…“ Das passte zu ihr. Jan konnte nicht verhindern, das zu denken. „Und… im nach hinein kann ich ihn auch nicht allzu sehr verfluchen. Er hat sich echt bemüht es mir schonend bei zu bringen und… ich hätte auch nicht gewollt, dass er weiter unter mir… leidet…“ Jans Augen weiteten sich etwas erschrocken. „Sag so einen Scheiß nicht!!!“ Henrike zuckte hoch. Jan starrte sie fest an. „Du frisst so viel in dich hinein. Und mir ist auch aufgefallen, dass du dazu neigst dich selbst fertig zu machen. Ich…“ Er stockte und beschwichtigte seinen Ton etwas: „Ich kenn das zwar nicht so sehr aber… selbst ich kann dir sagen, dass dich das kaputt macht.“ „SCHEIßE MAN! Das weiß ich doch…“, fuhr sie ihn gereizt an. Keine Sekunde später blickte sie leicht beschämt zur Seite. Jan musste schmunzeln. Ihre Überreaktion hatte ihm nichts ausgemacht, im Gegenteil. Aber sie hatte sich schnell wieder gefasst. „Ich hab den Spruch einfach schon so oft gehört, langsam krieg ich wirklich Brechreiz davon…“ Henrike sah wieder zu Jan auf. „Ich weiß es ja, ich weiß das alles… Leichter ist es dadurch trotzdem nicht wirklich. Aber ich bemühe mich und es ist schon sehr viel besser geworden. Ach wenn ich noch wie vor übersensibel bin.“ Rike grinste zu ihm hoch. Er lächelte und strich ihr mit den Fingern durchs Haar und verfolgte mit ihnen eine Strähne, die in ihrem Nacken endete. „Du weckst schon nen gewissen Beschützerinstinkt. Nicht nur bei mir.“ Sein Grinsen wurde breiter. Ihres jedoch drohte ab zu sterben und nur knapp rettete sie es. Schnell sah sie wieder in Richtung Boden. Nein, diese Stellung wollte sie in seinem Leben nicht haben. Das liebe Mädchen, vom Typ her kleine Schwester, das jeder beschützten wollte. „Echt? Dann ist der Niedlichkeits-Effekt also bei mir doch noch nicht ganz defekt.“ OK, jetzt musste Jan doch lachen. Nur kurz, aber immerhin. Eigentlich ging es ihm eben noch zum kotzen, aber sie schaffte wes mal wieder. „Das lieb ich an dir!“, sagte er und konnte es sich nicht verkneifen ihr das Haar mal wieder zu zerwuscheln. Sofern das überhaupt noch mehr ging. Auch Rike lachte und knuffte ihm in die Seite. Nun war die trübselige Stimmung endgültig verschwunden und die beiden wussten wieder ganz genau, warum sie immer so gern Zeit mit einander verbrachten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Mit leicht gerötetem Kopf ging sie mit ihm das letzte Stück hinaus aus dem Park. Letzten Endes fühlte sich doch geschmeichelt, dass er ihr solch intime Dinge anvertraut hatte. Sogar so intim, dass sie noch nicht einmal Dirk und Rodrigo wussten. „Hat… hab ich dir helfen können?“, fragte sie etwas schüchtern und blickte zu ihm hoch. Jan sah zurück und lächelte ihr leicht zu. „Ja, Frau Seelenklempnerin.“ Die rothaarige grinste. Sie war glücklich darüber, dass sie ihm wenigstens etwas helfen konnte und es ihm nun, zumindest etwas, besser ging. Aber gleichzeitig breitete sich in ihr noch ein anderes Gefühl aus, eines, welches sich sogar noch besser anfühlte. Gut, selbst wenn sie nur eine Freundin war, sie würde es trotzdem einfach genießen, bei ihm sein zu dürfen… Hatte sie ja auch vorher gut hinbekommen, da konnte es doch weiterhin gar nicht sooo schwer sein. Plötzlich fing es über ihnen an zu donnern. Jan blieb stehen, um seinen Kopf in Richtung Himmel zu recken. „So wies aussieht nieselt´s gleich.“ Und kaum hatte er den Satz beendet, fing es schon an und schwere Regentropfen prasselten auf sie beide hinab. „Also wenn deine Rockstar Karriere mal ein jähes Ende nehmen sollte, als Wetterfrosch wärst du anscheinend auch recht gut geeignet.“, sagte Henrike sarkastisch, da sie schon nach den ersten Sekunden in denen es begonnen hatte, durchnässt war bis auf die Knochen. Mit so einem heftigen Schauer hatten beide nicht gerechnet, weshalb sie auch dementsprechend unvorbereitet waren, was ihre Kleidung betraf. „Nee, lieber nich.“ Er klopfte ihr auf die Schulter und forderte sie so auf, mit ihm das letzte Stück zum Hotel zu sprinten. Dank Jan, der nun wirklich wesentlich bessere Laune zu haben schien wurde der Sprint kurzerhand zu einem Wettrennen umfunktioniert, welchen Henrike haushoch verlor. Breit von einem Ohr zum anderen grinsend stand Jan vor dem Hotel und jubelte: „I am the champion…“ Ohne Zweifel spielte er damit auf Rikes Verehrung für Freddy Mercury und QUEEN an. Als Henrike auch endlich das Ziel erreicht hatte, und Jans Siegesgesang mitbekam, streckte sie ihm als Antwort die Zunge entgegen. „Oller Nachmacher…“, keuchte sie und obwohl sie sein Gesicht gerade nicht sah (sie hatte die Hände auf ihre Knie abgestützt und versuchte erstmal an Sauerstoff zu kommen) konnte sie sein Lächeln förmlich spüren. Sie war noch nie sehr ausdauernd gewesen was laufen anging, obwohl es sich ein wenig bessert hatte, nachdem sie angefangen hatte zu joggen. „Haaaaatschiii!!!“, so sah der nächste Kommentar aus den Henrike von sich gab. Jan unterbrach seine Jubelei und bedachte sie mit einem leicht besorgten Blick. „´Tschuldigung.“, kam es erneut sniefend von ihr, was er mit einem: „Dafür nicht.“, kommentierte. In diesem Moment musste er sich erneut eingestehen, dass sie wirklich hübsch war. Ihre Haut war so unglaublich blass und sah doch wunderschön an ihr aus. Und auch wenn ihre roten Haare sie sogar noch blasser machten, so harmonierte gerade dieses rot wunderbar mit ihren grünen Augen. Ohne dass sie es merkte glitt sein Blick zu ihrer Taille und zu ihrer Brust. Sie hatte schon Recht, ihre Figur war nicht Model tauglich, aber ihm gefiel sie. Sein Blick fuhr wieder nach oben zu ihrer markanten Nase, die sich aber dennoch nicht unangenehm auf ihrem Gesicht machte. Und genau jetzt bemerkte Henrike, dass der Gitarrist sie von oben bis unten interessiert musterte. Henrike glaubte dass ihre Wangen von rot bis feuerrot anliefen, als sich ihre Blicke, kurz nach ihrer Erkenntnis, trafen. Auch Jans Augen schnellten verlegen zur Seite und er beschäftigte sich schnell damit, sein T-Shirt auszuwringen. Er musste wieder daran denken, wie nah er ihr bereits gekommen war und wie gut es sich angefühlt hatte. `Nein! Falsche Richtung! Janz falsche Richtung. ´, ermahnte er sich mental und wandte sich wieder an sie. „Lass uns schnell reingehen, wär nicht so schön, wenn du dich erkältest.“ Er ging bereits voraus und Henrike wurde erst jetzt wieder einigermaßen wach. „Moment.“ Sie wrang sich noch schnell ihr eigenes T-Shirt aus, dann folgte sie ihm. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Im Hotel beeilten sie sich, in ihre Zimmer zu gelangen und nahmen den Fahrstuhl, der angenehmerweise lehr war. Während der Fahrt, die beiden endlos erschien, warf Henrike immer wieder verstohlene Blicke zu Jan. Dieser unterlag beinahe der Versuchung es ihr gleich zu tun. So kam das Öffnen der Tür praktisch wie eine Erlösung. „Wer zuerst da ist!“, rief der blonde Gitarist und war schon aus dem Fahrstuhl gestürmt Sie stürmte ihm hinterher. Dieses Mal würde sie nicht verlieren. Und tatsächlich! Kurz vor dem Ziel überholte sie ihn und schlug als erstes ihre Hand gegen die Tür. „YEAH!!! I am the real champion“, trällerte sie triumphierend. Doch im nächsten Moment nahm ihr Gesang ein jähes Ende, als sie sich auf der Türklinke abstützte und durch die plötzlich aufschwingende Tür in das Zimmer stolperte. Mehr als ein erschrockenes Quieken konnte sie nicht mehr von sich geben. Jan unterdrückte nur noch knapp ein auflachen, das sah einfach zu ulkig aus, und half ihr wieder auf die Beine. „Boah, da bin ich einmal in etwas die Erste und dann so was…“ Als sie wieder auf den Beinen stand bedankte sie sich erstmal bei Jan, der direkt danach die Tür hinter ihnen Schloss. Henrike blickte sich um und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich in seinem Zimmer befanden „Ach das ist ja dein Zimmer.“, grinste sie. Sie hatte sich so sehr darauf konzentriert das private Wettrennen zu gewinnen, dass ihr das gar nicht aufgefallen war. Sie sah sich um. Das Zimmer war größtenteils ordentlich, bis auf mehrere Kleidungstücke, die unordentlich auf dem Bett lagen. In diesem Moment bemerkte sie, wie sehr sie triefte und sich auf dem Teppich schon eine nicht unbedingt kleine Pfütze gebildet hatte. „Mist! Ich glaub ich geh lieber schnell und überflute mein eigenes Zimmer. Ne Dusche wär auch nicht schlecht.“ Sie wandte sich bereits zum gehen. Doch irgendetwas schlug in Jan Alarm, bei dem Gedanken sie gehen zu lassen und so hielt er sie zurück. „Du kannst doch auch hier schnell duschen.“ Verwundert sah sie ihn an. Jan war selbst über sich irritiert, aber eines wusste er: Er würde die Stille und Einsamkeit jetzt nicht ertragen können! „Könnte ich machen…“, sagte sie schließlich: „Ich hab nichts anderes zum anziehen hier.“ „Das ist kein Problem! Du gehst schon mal unter die Dusche und ich hol dir schnell was zum anziehen.“ Sie sah ihn nochmals mit einem undefinierbaren Blick, der irgendwo zwischen Skepsis und Belustigung lag, an. „Aber wehe du spannst!“, sie holte ihren Schlüssel hervor. „Würde ich dir sowieso nicht empfehlen, da dich der Anblick höchstwahrscheinlich blind machen würde.“ Er nahm ihr grinsend den Schlüssel ab. „Jetzt hast du mich erst recht neugierig gemacht.“ Mit diesen Worten schlüpfte er durch die Tür und war weg. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Dann machte sie schleunigst, dass sie ins Bad kam, da er halbe Teppich (laut ihrer Schätzung) wohl schon nass war. Im Badezimmer angekommen lies sie sich keine Zeit zum umsehen und zog sich zügig aus. Von ihren nassen Klamotten befreit (was gar nicht so einfach war, da sie stark klebten) Griff sie sich ein paar Seifensachen von Jan (unter anderem eine Spülung, die gefärbten Haaren länger ihre Farbe(n) behalten lies) und huschte unter die Dusche. Das warme Wasser war gerade zu himmlisch und hatte ihren kalten Körper schnell wieder aufgewärmt. Bei dem Gedanken, dass dies hier (mehr oder weniger) Farins dusche war, musste sie plötzlich lachen. Gut gelaunt begann sie zu singen: Und ich schlafe in der Dusche, weil die Dusche zu mir hält. Sie ist der einzige Freund, den ich noch habe auf der Welt… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Kurze zeit später war Jan zurück, mit einem Bündel Klamotten in den Händen. Er hatte ihr ein schwarzes Shirt, mit einer Comic Fledermaus auf der Vorder- und Rückseite, und eine einfache Jeans mitgebracht. Als er das Rauschen des Duschwassers hörte lächelte er, schloss die Tür und lies sich auf sein Bett fallen. Ihre Klamotten, inklusive den beiden Schlüsseln, legte er auf dem Bett Ende ab. Jetzt war es raus. Der Grund, warum es ihm so lange beschissen ging, er hatte es endlich jemanden erzählt! Er fühlte sich unglaublich erleichtert, auch wenn es ihn etwas irritierte, dass er es aus gerechnet ihr gebeichtet hatte. Ihr, die er doch gerade mal ein halbes Jahr lang kannte, hatte er so etwas Intimes offenbart. Trotz der Erleichterung fühlte er mit einem mal eine schwere Müdigkeit in hm aufsteigen. Ächzend erhob er sich und watschelte in Richtung Bad. Kurz zögerte er, als er die Hand nach der Klinke ausstreckte. Er kam aber zu dem Schluss, dass es wohl nicht stören würde, sich einmal schnell mit kalten Wasser die Augen zu befeuchten. Leise drückte er die Klinke nach unten und betrat lautlos das Badezimmer. Sie schien ihn nicht gehört zu haben. Einem Moment lang stand er unschlüssig da, wandte sich dann jedoch dem Waschbecken zu. Das eisige Wasser tat gut und machte ihm auch wirklich munterer. Als er das Wasser wieder abgestellt hatte, fiel sein Blick plötzlich in den beschlagenen Spiegel. Er konnte sich kaum drin erkennen und dennoch starrte er gebannt auf die Scheibe. Wie in Trance bewegte sich seine Hand vor und legte sich auf die glatte Fläche. Im Zeitlupen-Tempo glitt sie hinab und zog einen klaren Streifen durch den Dampf. Er sah sich. Deutlicher als die ganzen letzten Monate davor. Seine vorher nur leichten Augenränder waren nun tief und dunkel. Er sah einfach total fertig und erschöpft aus. Erst jetzt bemerkte er, wie sehr die ganze Sache an ihm genagt hatte. Und plötzlich fühlte er, ohne es verhindern zu können, den Schmerz wieder aufflammen. Das Gefühl durchflutete ihn unangenehm schmerzhaft. Sein Körper sackte zusammen und er hielt sich krampfhaft am Waschbeckenrand fest. `Hört dieser scheiß denn nie auf…` Ein leichter Anschwall von Verzweiflung überkam ihm und seine Hand fuhr zittrig über sein Gesicht. Henrike zuckte zusammen. Sie war sich nicht sicher, konnte aber schwören einen wehklagenden Laut gehört zu haben. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen zog sie leicht den Duschvorhang zur Seite. Als sie hinter diesem hervor lugte, sah sie ihn. Vollkommen in Gedanken versunken, aber ebenso offensichtlich war seine nun deutliche Verzweiflung. Henrike schluckte hart. Sie hatte immer zu Farin aufgesehen, hatte ihn führ unzählige Sachen bewundert. Ihn jetzt so niedergeschlagen zu sehen, gab der Farin Projektion einen Riss und ihr einen unfreiwilligen Stich in die Seele. Jedoch… Hatte sie inzwischen den Menschen Jan gut kennen gelernt und mehr war er in diesem Moment auch nicht. Nicht mehr oder weniger als Jan. Und dass er ihr, ohne es zu beabsichtigen, „Schwäche“ zeigte, änderte nichts daran, dass sie ihn unsagbar gern hatte. Und so trat sie sich mental in den Arsch und bewegte sich auf ihn zu. „Jan…“, sagte sie und er schreckte hoch. Die Dusche lief noch immer und dichter Dampf füllte den Raum. Doch dass war jetzt für sie Nebensache. Auch die Tatsache, dass sie ihm völlig nackt gegenüber stand. Mitleidig hob sie ihre Hände und berührte ihn im Gesicht. Er blieb starr stehen und schien unfähig zu einer Reaktion. Die Hitze stieg ihm in den Kopf. Sie stand nackt vor ihm. Unter anderen Umständen hätte er sich jetzt einen Scherz erlaubt aber…. Irgendwie… Ihre Hände streichelten ihn an den Wangen. „Das überstehst du schon. Der Schmerz hört sicher bald auf.“ Langsam gingen ihre Arme ein Stück höher. „Ist es OK, wenn ich dich umarme?“, fragte sie. Liebevoll lächelte sie ihm zu und strich ihm durchs Haar. „Danach wärst wieder nass, aber…“ Weiter kam sie nicht. Jan hatte seine Arme um sie geschlungen und presste sie so fest er konnte an sich. Einen Augenblick glaubte sie fast, er würde sie locker zerdrücken können. Dann überrollte sie die Erkenntnis wie eine Dampfwalze: Jan umarmte sie. Sämtliches Blut schoss ihr in die Wangen und sie fühlte sich wie im Rausch. Sie konnte deutlich die Konturen seines festen Körpers spüren und sein klopfendes Herz an seiner warmen Brust. Ihr Gesicht lag an seinem Hals und so sog sie seinen Duft tief ein. Zwar konnte sie diesen Duft nicht zuordnen, aber trotzdem gefiel er ihr unendlich gut. Nur eine leichte Spur von After Shave erkante sie. Sein heißer Atem wehte an ihrem Hals und sie hörte allmählich das Blut rauschen. Dann, ganz langsam, legte sie ihre nassen Arme um seinen Rücken. Genießerisch schloss sie die Augen und gab sich ganz dem wohligen Gefühl, welches ihm half und sie glücklich machte, hin. Die Minuten verstrichen und das Duschwasser prasselte munter vor sich hin. Schließlich lies er sie nach einiger Zeit (obwohl es ihr viel zu kurz vorkam) wieder los. „Danke.“, murmelte er. Sie blickte zu ihm auf und lächelte ihn an. Etwas erwidern konnte sie allerdings nicht. Als sie ihm in die Augen sah (deren Farbe irgendwo zwischen grün, blau und braun lag) bemerkte sie erst, wie nah sich ihre Gesichter wahren. Das Lächeln verschwand und Unruhe beherrschte sie stattdessen. Er schien sich ähnlich zu fühlen, denn auch er blieb stumm. Seine Pupillen fixierten ihre grünen und ließen sie nicht mehr los. Allmählich wurde Henrike doch nervös und ihr Blick huschte in Richtung Boden. Wie aus Reflex heraus hob Jan die Hand, um ihr Gesicht wieder ihm zu zuwenden. Doch sie sah seine Hand und wich ihr aus, was jedoch den Effekt hatte, den Jan beabsichtigt hatte. (und mehr…) Ihre Nase streifte seine Lippen und hinterließen bei hm ein leichtes Kribbeln, welches auch sie auf ihrer Nasenspitze spürte. Sie errötete (wie sie selbst (und Jan übrigens auch) schätzte) endgültig auf die Röte einer Tomate. Sie fühlte sich plötzlich so hilflos und beschloss irgendetwas zu sagen. Doch als sie den Mund öffnete kam er ihr näher. Ihr Herz klopfte nun bis zum Hals und darüber hinaus. Und schließlich blieb ihr Atem schlagartig stehen. Er stand weiterhin da, wie schon die ganze letzte Zeit, doch er hatte seinen Kopf zu ihr hinuntergebeugt. Und hatte seine Lippen auf ihre gelegt… Henrike begann zu zittern. `Oh Gott, das glaub ich nicht! ` Augenblicklich tanzten ihre Endorphine Limbo. Seine Hände lagen auf ihren Schultern und fuhren mit sanftem Streicheln hinauf zu ihrem Gesicht. Nun regte er sich und fuhr mit seiner Zunge sanft über ihre Lippen. Völlig außerstande mit dem Verstand zu handeln schloss sie die Augen und öffnete ihm bereitwillig den Mund. Das nahm er sofort an und glitt mit seiner Zunge hinein. Hitze durch fuhr ihren Köper. Sachte stupste seine Zunge ihre an und sie begann sie zu bewegen und fuhr über seine entlang. Ein wohliges Brummen kam von ihm und er vertiefte den Kuss. Seine Zunge glitt mit mehr Druck aber dennoch sachte zwischen ihre Lippen hindurch und fing an mit ihrer zu ringen. Nun wurde auch sie endlich mutiger und schob sich mehr in seinen Mund. Sie zog den Kopf leicht zurück, lies dabei seine Zunge zwischen ihre vollen Lippen gleiten und schmeckte ihn pur. Genießend seufzte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er biss ihr leicht in ihre Unterlippe, saugte kurz an ihr und gab sie wieder frei. Seine Hände streichelten ihren Rücken. Fuhren sanft hinab, bis er ihre Gesäßbacken erreicht hatte. Dort kniff er ihr frech in die linke. „Hey!“, protestierte sie belustigt, konnte sein Gesicht aber nicht genau sehen. Sie war sich aber ziemlich sicher, dass er in sich hinein grinste. Immer wieder umschloss sein Mund den ihren und er konnte einen wohligen Brummer nach dem anderen nicht unterdrücken. Ihre Lippen waren so herrlich weich, genauso, wie er sie noch von der Nacht damals in Erinnerung hatte… Die rothaarige lag mittlerweile wie betäubt in seinen Armen. Er hatte sie einfach überrumpelt und so fiel es ihr fast schwer, seine immer stärker werdenden Liebkosungen zu verdauen. Jan schien immer mehr Hemmungen zu verlieren und berührte sie an immer mehr Stellen ihres Körpers. Kurz verweilte seine Hand auf ihrer Hüfte, sachte auf ihrer Narbe. Seine Finger fuhren sie zärtlich nach, so dass sie Gänsehaut bekam. Ein wenig verunsichert glitt sie mit der Hand unter sein Hemd. Sie wollte seine Haut erfühlen und am liebsten komplett nackt an ihrer spüren. Mit seiner nächsten Aktion hatte sie allerdings nicht gerechnet. Plötzlich presste er sich wieder an sie. Und sie konnte nur keuchen. Vor allem, da sie einverräterisches Anzeichen deutlich an ihrem Bauch vernahm… Jan blickte sich leicht hektisch um. Nirgends war ein freies Stückchen Wand. Bis auf… Kurz entschlossen hob er sie an und stieg mit ihr in die breite Badewanne. Dort presste er sie, ohne groß zu fragen, an die freie Fläche. Und sich gleich an sie. Henrike keuchte Luft lehr. Benebelt blinzelte sie. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie den Grund für ihre schlechte Sicht. Jan war gegen den Duschkopf gestoßen und dieser ergoss sein warmes Wasser nun auf sie beide. Seine Kleidung war bereits komplett durchnässt, klebte an ihm und machte ihr so seine Umrisse noch deutlicher erkennbar. Automatisch bewegten sich ihre Hände vorwärts, glitten unter den klebrigen Stoff. Dort fuhr sie seine Konturen immer wieder massierend nach und versuchte jede noch so unwichtige Kleinigkeit zu erfühlen. Bis sie plötzlich leicht abrutschte und ihre Hände reflexartig nach oben gingen. Halt suchend hielt sie sich an ihm fest, sie wurde fast nur noch durch seinen Körper, der ihren fest an die Wand drückte, gehalten. Sie spürte wie er ihren Kopf zu sich drehte und fühlte sofort mehr als deutlich seine, nun heißen, Lippen auf ihren. Oh man, alles pochte in ihr, ihr wurde schon richtig schwindelig davon. Seine Zunge grub sich in ihren Mund und erstickte so ihr Stöhnen. Rikes Verstand blieb komplett auf der Strecke, aber das war ihr in dem Augenblick auch scheißegal. Plötzlich spürte sie seine Faust an ihrem Bauch. Irritiert öffnete sie die Lider. Und sie sah, wie er heftig an seinem Gürtel herum zerrte. Trotz des stetigen Wasserniederfalls weiteten sich ihre Augen ein Stück. Was er vorhatte war ja mehr als offensichtlich. Rike wurde nervös. Sie wollte es, und wie! Aber seine zügellose Art brachte in ihr auch eine leise Furcht auf. Sie kannte ihn in diesem Gebiet ja noch nicht so wirklich und wusste daher nicht, was er mit ihr anstellen würde. Aber…war ihr das nicht sogar egal? Dennoch, er überrumpelte sie. „Jan…“, sie löste sich von seinen Lippen und versuchte ihn zu erreichen. „Jan, ich… AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHH!!!!!!!“ Ihr Aufschrei hallte an die Wände das Raumes und schien sich selbst durch das Rauschen der Dusche auf sie zurück zu werfen. Wimmernd klammerte sie sich an ihn… +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ …er war in sie eingedrungen und das verdammt hart und heftig. Zitternd vergrub sie ihre Nägel in seinen Rücken. Sie fühlte sich so verflucht hilflos und aufgespießt von ihm. Aber nicht nur das. Eine fast unmenschliche Lust schwoll plötzlich in ihr an und sie bekam das Gefühl wahnsinnig zu werden. Unsicher horchte sie nach ihm. Er regte sich nicht, verweilte still in ihr. Rike hörte nur, wie er an ihrem Ohr keuchte. Anscheinend ließ er ihr Zeit zum gewöhnen. Als Henrike das begriff bemühte sie sich noch mehr an Luft zu kommen, jedoch konnte ihr kein Sauerstoff das Ertragen dieser Erregung leichter machen. Seine Hände regten sich. Er griff nach ihren Oberschenkeln und mit einem Ruck hob er sie an, in eine für sie beide vorteilhaftere Position. „Jan!“, stöhnte sie. Er bewegte sich in ihr. Nicht lange und diese Bewegungen flossen in den kräftigen Rhythmus seiner Stöße zusammen. Henrike erwürgte ihn fast, als sie ihm ihre Arme um den Hals schlang, aber es ging nicht anders, sie brauchte Halt! Gott, er war so verflucht und gleichzeitig wunderbar hart!!! Diese Hitze, alle Empfindungen bündelten sich in dieser fantastischen Unerträglichkeit, welche ihr momentan fast den Verstand raubte. Mitten in diesem Strudel versuchte sie ihn auszumachen. Seine starken Arme hielten sie schon die ganze Zeit fest. Als er noch heftiger wurde konnte sie nicht anders. Ohne es verhindern zu können vergrub sie ihre Zähne in seiner rechten Schulter, inklusive ihre Fingernägel in seinen Rücken. Jan schrie auf. Zum ersten Mal hatte sie ihn deutlich gehört. Das gab ihr Sicherheit. Fast blind tastete sie sich mit den Lippen vorwärts, fand endlich seine und ließ ihn auch nicht so schnell wieder entkommen. Mehr als deutlich spürte sie ihn in ihrem Mund stöhnen. Sie genoss es sehr. Allerdings wurde der Spieß schnell wieder umgedreht, als er quasi zum Endspurt ansetzte. „Jan!“ sie wimmerte. Sie sehnte sich nach der Erlösung, hielt es schon gar nicht mehr aus und gleichzeitig wünschte sie sich, dieses Gefühl würde sie nie mehr verlassen. Rike drückte ihr Gesicht an seinen Hals und ließ ihn machen. Ließ ihn es zu Ende führen und er konnte gern so heftig und hemmungslos sein, wie er wollte. Und schließlich, nach einigen harten Stößen von ihm, kam sie und wie! Henrike konnte es nicht beschreiben. Einen solchen Orgasmus hatte sie echt noch nie erlebt. Sie spürte gar nichts mehr. Nur noch dieses unendliche Glühen, das nun sein Ziel erreicht hatte. „JAN!“ Seinen Namen konnte wirklich niemand verstehen, denn sie schrie ihn heraus. Keine Sekunde später spürte sie wie er zuckte und nun selbst heftig stöhnte. Henrike zitterte, am ganzen Körper, sämtliche Kraft verließ sie. Ihre Arme konnten sie nicht mehr halten, daher rutschte sie langsam nach unten. Jan trennte unglaublich sachte die Verbindung zwischen ihnen und ließ sie ganz los. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Rike glitt herunter und fand sich an den Badewannenrand gelehnt wieder. Ihr Herz raste so extrem, dass sie schon fest glaubte, es könne jede Sekunde aus ihrer Brust platzten. Absolut alles pochte in ihr. Das hatte sie noch nie erlebt. Gleich nach einem Mal war sie noch nie so ausgelaugt gewesen. Nun gut, sie hatte auch nicht sooo viel Erfahrung was Sex betraf, aber das hier… Er schien ihr, als wäre es ein komplett neues Erlebnis für sie. Vielleicht lag es daran, dass sie es bisher noch nie so heftig erlebt hatte. Oder dass sie für ihren letzten, zugleich einzigen sexual Partner den sie bisher gehabt hatte, Freund nicht so empfunden hatte wie für ihn. Es kam ihr fast wie eine Explosion vor. Der Sprengstoff war schon ewig ausgelegt und jetzt war er mit einem Knall gezündet worden. Plötzlich spürte sie einen dumpfen Aufschlag in ihrer Nähe. Mühsam öffnete sie die Augen. Verschwommen erkannte sie Jan, der vor ihr saß. Auch er schien seinen Atem noch nicht ganz unter Kontrolle zu haben. Er hatte sich die Hose mehr schlecht als Recht über gestreift. Henrike sah erstaunt zu ihm rüber, als sie deutlich Röte in seinem Gesicht bemerkte. Schüchtern näherte sie sich ihm. Das Duschwasser prasselte noch immer munter vor sich hin, aber das war grad Nebensache. Vorsichtig legte sie ihm die Rückseite ihrer Finger ans Kinn. Er reagierte nicht. Dessen war sie sich schon hundertprozentig sicher, da nahm er ihre Finger sachte in seine Hand hauchte ihr einen Kuss auf diese. Rikes Mund verzog sich zu einem Lächeln. „UH!“ Ihr erschrockener Laut hallte durch den Raum. Jan war zusammen gezuckt, sehr plötzlich und nicht vorhersehbar. Verwirrt sah sie ihn an, wich aber nicht weg von ihm. „Was hast du?“, fragte sie sanft. Dass er sie, auf Grund des Duschwassers, nicht gut hören konnte übersah sie. Vielleicht lag es auch daran, dass sie, und wahrscheinlich auch er, noch immer leicht benebelt war. Er hatte sich aufgerichtet und sah ihr nun in die Augen. Ihre Nervosität nahm zu, da sie es nicht schaffte seinen Blick zu deuten. „Was hast du?“, besorgt wiederholte sie ihre Frage. Er gab ihr keine Antwort. In ihr breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. „Ich…“ Er stotterte. Als er sie ansah wirkte er aufs höchste irritiert. Als ob ihm jetzt erst auffiel, dass sie nackt vor ihm saß. Henrike bekam allmählich so etwas Ähnliches wie Angst. Sie erhob ihre Hand erneut, doch plötzlich stemmte er sich auf die Beine. „Ich… es tut mir leid!“ Was um Himmels… oder Satans Willen war jetzt nur los? Sie sah ihn an und bemerkte nun auch in seinen Augen Angst. Seine Hand ging mit ihm hinunter und er umfasste ihren Nacken. Doch kaum berührte er sie, zuckte er zurück. „Es... es tut mir leid…“ Er wirkte so furchtbar durcheinander. Sie versuchte noch seine Hand zu ergreifen, da stieg er endgültig aus der Wanne und verschwand aus dem Zimmer. Rike sank in sich zusammen. Eigentlich wollte sie ihm nach rennen. Ihm hinterher stürmen und sofort in Erfahrung bringen, was er hatte. Aber sie blieb wie gelähmt an der Wand liegen. Eine Befürchtung kroch in ihr hoch und die Angst, vor der Realität dieser, machte es ihr unmöglich ihm zu folgen… Kapitel 23: Dusche (zensiert) ----------------------------- Dusche Minuten vergingen. Gefühlt aber schon eher Stunden. Die gefüllt waren mit gemischten Gefühlen. Sie lag ihm noch immer um den Hals und verbarg ihr Gesicht vor ihm. Er sollte sie jetzt nicht ansehn, das wollte sie nicht… Jedoch, irgendwann mussten sie sich ja wieder von einander lösen und so konnte sie seinem Blick nicht ganz entkommen. Schnell setzte sie ein schiefes Lächeln auf. Sie wollte ihn nicht mit ihrem eigenen Kummer belasten. Seinem Schmerz gab die den Vorrang. Schmerz… Da fiel ihr etwas ein. „Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich fühlst.“ Es kam ihr einfach über die Lippen, ohne, dass sie es groß lenken konnte. „Nun... es ist schon ein bisschen länger her, dass es passiert ist. Aber ich knabber auch noch an einer Trennung.“ Rike spürte Jans Blick. Sie war sich unschlüssig darüber, welcher Ausdruck in seinen Augen lag. Jedenfalls war sie sich sicher, dass sie seine Aufmerksamkeit hatte und das war erst einmal das wichtigste. Celina war die einzige in dem Ärzte Team, der sie von ihrer Beziehung erzählt hatte. „Kenai hieß er. Und wie man dem Namen schon entnehmen kann; er war Afrikaner und schwarz. Er hatte wirklich einen sehr dunklen Haut Ton. War schon eine recht interessante Kombination bei meiner Hautfarbe.“ Sie grinste. Jan tat es ihr gleich, obwohl sie ihn gar nicht ansah. „Und er war… nein kann man nicht sagen. Hopper… Man könnte ihn als solchen bezeichnen, aber diese Reduzierung hat er nicht verdient. Aber er lag bei seinem Musikgeschmack in der Richtung und konnte nicht so viel mit meinen Rock Sachen was anfangen. Hat uns aber trotzdem nicht dran gehindert zusammen zu kommen.“ Henrike blickte gelegentlich doch zu ihm hoch, um sich zu versichern, dass er ihr auch weiterhin zu hörte. Jan zeigte nicht sonderlich viel Emotion dabei, doch er hörte ihr zu. Sie erlaubte es sich noch mal kurz zu zögern, dann erzählte sie weiter. „Allerdings… Ich mein… du glaubst echt nicht, wie intolerant die Welt heutzutage noch sein kann, bei einer schwarz-weiß Beziehung.“ „Doch… Ich merke das wirklich immer wieder, dass unsere schnöde Welt noch längst nicht so tolerant ist, wies einem die Medien gern vorgaukeln. Das überrascht mich nicht. Leider…“ Er seufzte. Sie glaubte ihm das sofort, immerhin hatte er die halbe Welt gesehen und konnte es gut beurteilen. „Wir haben ganz schön kämpfen müssen.“, fuhr sie fort: „Einmal wurden wir fast von ner Gruppe Faschos verprügelt, aber bei diesem Mal hatten diese Arschlöcher nur geblufft und ließen uns in Ruhe… Irgendwie haben wir uns doch durch alles durchgedrückt. Gegen die ganzen Vorurteile und dummen Kommentare. Jedoch…“ Man merkte mehr als deutlich die Traurigkeit in ihrer Stimme. „Er ist nach Berlin gezogen. Wegen seinem Job. Er macht auch Musik, weißt du. Zwar in einer völlig anderen Liga, aber er ist wie ich Vollblutmusiker. Allerdings wollte und konnte ich hier nicht weg und er konnte es sich nicht leisten diese Chance zu versäumen. Und er hatte mich drum gebeten, ihm etwas Ruhe zu gönnen. Etwas widerwillig hab ich da auch zugestimmt. Als wir uns dann das nächste Mal trafen sagte er mir, dass er die Beziehung beenden möchte. Er meinte es hätte keinen Sinn, auf diese Entfernung und dann seien wir sehr unterschiedlich… Ich war mehr als frustriert… Ich war richtig wütend!!! Ich mein… Wir haben so arg dafür gekämpft beisammen sein zu können und dann macht er wegen so ner verfickten Distanz Schluss!“ Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten und krallten sich in den Stoff ihres Rockes. Nach kurzer Zeit aber entspannte sie sich wieder und wirkte nun vollkommen anders. So, als ob sie sich unglaublich schuldig empfinden würde. „Er hat es mir nicht direkt gesagt, ich glaube weil er mich schonen wollte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass einer seiner Gründe auch war, dass ich mich zu sehr an ihn geklammert hab…“ Das passte zu ihr. Jan konnte nicht verhindern, das zu denken. „Und… im nach hinein kann ich ihn auch nicht allzu sehr verfluchen. Er hat sich echt bemüht es mir schonend bei zu bringen und… ich hätte auch nicht gewollt, dass er weiter unter mir… leidet…“ Jans Augen weiteten sich etwas erschrocken. „Sag so einen Scheiß nicht!!!“ Henrike zuckte hoch. Jan starrte sie fest an. „Du frisst so viel in dich hinein. Und mir ist auch aufgefallen, dass du dazu neigst dich selbst fertig zu machen. Ich…“ Er stockte und beschwichtigte seinen Ton etwas: „Ich kenn das zwar nicht so sehr aber… selbst ich kann dir sagen, dass dich das kaputt macht.“ „SCHEIßE MAN! Das weiß ich doch…“, fuhr sie ihn gereizt an. Keine Sekunde später blickte sie leicht beschämt zur Seite. Jan musste schmunzeln. Ihre Überreaktion hatte ihm nichts ausgemacht, im Gegenteil. Aber sie hatte sich schnell wieder gefasst. „Ich hab den Spruch einfach schon so oft gehört, langsam krieg ich wirklich Brechreiz davon…“ Henrike sah wieder zu Jan auf. „Ich weiß es ja, ich weiß das alles… Leichter ist es dadurch trotzdem nicht wirklich. Aber ich bemühe mich und es ist schon sehr viel besser geworden. Ach wenn ich noch wie vor übersensibel bin.“ Rike grinste zu ihm hoch. Er lächelte und strich ihr mit den Fingern durchs Haar und verfolgte mit ihnen eine Strähne, die in ihrem Nacken endete. „Du weckst schon nen gewissen Beschützerinstinkt. Nicht nur bei mir.“ Sein Grinsen wurde breiter. Ihres jedoch drohte ab zu sterben und nur knapp rettete sie es. Schnell sah sie wieder in Richtung Boden. Nein, diese Stellung wollte sie in seinem Leben nicht haben. Das liebe Mädchen, vom Typ her kleine Schwester, das jeder beschützten wollte. „Echt? Dann ist der Niedlichkeits-Effekt also bei mir doch noch nicht ganz defekt.“ OK, jetzt musste Jan doch lachen. Nur kurz, aber immerhin. Eigentlich ging es ihm eben noch zum kotzen, aber sie schaffte wes mal wieder. „Das lieb ich an dir!“, sagte er und konnte es sich nicht verkneifen ihr das Haar mal wieder zu zerwuscheln. Sofern das überhaupt noch mehr ging. Auch Rike lachte und knuffte ihm in die Seite. Nun war die trübselige Stimmung endgültig verschwunden und die beiden wussten wieder ganz genau, warum sie immer so gern Zeit mit einander verbrachten. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Mit leicht gerötetem Kopf ging sie mit ihm das letzte Stück hinaus aus dem Park. Letzten Endes fühlte sich doch geschmeichelt, dass er ihr solch intime Dinge anvertraut hatte. Sogar so intim, dass sie noch nicht einmal Dirk und Rodrigo wussten. „Hat… hab ich dir helfen können?“, fragte sie etwas schüchtern und blickte zu ihm hoch. Jan sah zurück und lächelte ihr leicht zu. „Ja, Frau Seelenklempnerin.“ Die rothaarige grinste. Sie war glücklich darüber, dass sie ihm wenigstens etwas helfen konnte und es ihm nun, zumindest etwas, besser ging. Aber gleichzeitig breitete sich in ihr noch ein anderes Gefühl aus, eines, welches sich sogar noch besser anfühlte. Gut, selbst wenn sie nur eine Freundin war, sie würde es trotzdem einfach genießen, bei ihm sein zu dürfen… Hatte sie ja auch vorher gut hinbekommen, da konnte es doch weiterhin gar nicht sooo schwer sein. Plötzlich fing es über ihnen an zu donnern. Jan blieb stehen, um seinen Kopf in Richtung Himmel zu recken. „So wies aussieht nieselt´s gleich.“ Und kaum hatte er den Satz beendet, fing es schon an und schwere Regentropfen prasselten auf sie beide hinab. „Also wenn deine Rockstar Karriere mal ein jähes Ende nehmen sollte, als Wetterfrosch wärst du anscheinend auch recht gut geeignet.“, sagte Henrike sarkastisch, da sie schon nach den ersten Sekunden in denen es begonnen hatte, durchnässt war bis auf die Knochen. Mit so einem heftigen Schauer hatten beide nicht gerechnet, weshalb sie auch dementsprechend unvorbereitet waren, was ihre Kleidung betraf. „Nee, lieber nich.“ Er klopfte ihr auf die Schulter und forderte sie so auf, mit ihm das letzte Stück zum Hotel zu sprinten. Dank Jan, der nun wirklich wesentlich bessere Laune zu haben schien wurde der Sprint kurzerhand zu einem Wettrennen umfunktioniert, welchen Henrike haushoch verlor. Breit von einem Ohr zum anderen grinsend stand Jan vor dem Hotel und jubelte: „I am the champion…“ Ohne Zweifel spielte er damit auf Rikes Verehrung für Freddy Mercury und QUEEN an. Als Henrike auch endlich das Ziel erreicht hatte, und Jans Siegesgesang mitbekam, streckte sie ihm als Antwort die Zunge entgegen. „Oller Nachmacher…“, keuchte sie und obwohl sie sein Gesicht gerade nicht sah (sie hatte die Hände auf ihre Knie abgestützt und versuchte erstmal an Sauerstoff zu kommen) konnte sie sein Lächeln förmlich spüren. Sie war noch nie sehr ausdauernd gewesen was laufen anging, obwohl es sich ein wenig bessert hatte, nachdem sie angefangen hatte zu joggen. „Haaaaatschiii!!!“, so sah der nächste Kommentar aus den Henrike von sich gab. Jan unterbrach seine Jubelei und bedachte sie mit einem leicht besorgten Blick. „´Tschuldigung.“, kam es erneut sniefend von ihr, was er mit einem: „Dafür nicht.“, kommentierte. In diesem Moment musste er sich erneut eingestehen, dass sie wirklich hübsch war. Ihre Haut war so unglaublich blass und sah doch wunderschön an ihr aus. Und auch wenn ihre roten Haare sie sogar noch blasser machten, so harmonierte gerade dieses rot wunderbar mit ihren grünen Augen. Ohne dass sie es merkte glitt sein Blick zu ihrer Taille und zu ihrer Brust. Sie hatte schon Recht, ihre Figur war nicht Model tauglich, aber ihm gefiel sie. Sein Blick fuhr wieder nach oben zu ihrer markanten Nase, die sich aber dennoch nicht unangenehm auf ihrem Gesicht machte. Und genau jetzt bemerkte Henrike, dass der Gitarrist sie von oben bis unten interessiert musterte. Henrike glaubte dass ihre Wangen von rot bis feuerrot anliefen, als sich ihre Blicke, kurz nach ihrer Erkenntnis, trafen. Auch Jans Augen schnellten verlegen zur Seite und er beschäftigte sich schnell damit, sein T-Shirt auszuwringen. Er musste wieder daran denken, wie nah er ihr bereits gekommen war und wie gut es sich angefühlt hatte. `Nein! Falsche Richtung! Janz falsche Richtung. ´, ermahnte er sich mental und wandte sich wieder an sie. „Lass uns schnell reingehen, wär nicht so schön, wenn du dich erkältest.“ Er ging bereits voraus und Henrike wurde erst jetzt wieder einigermaßen wach. „Moment.“ Sie wrang sich noch schnell ihr eigenes T-Shirt aus, dann folgte sie ihm. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Im Hotel beeilten sie sich, in ihre Zimmer zu gelangen und nahmen den Fahrstuhl, der angenehmerweise lehr war. Während der Fahrt, die beiden endlos erschien, warf Henrike immer wieder verstohlene Blicke zu Jan. Dieser unterlag beinahe der Versuchung es ihr gleich zu tun. So kam das Öffnen der Tür praktisch wie eine Erlösung. „Wer zuerst da ist!“, rief der blonde Gitarist und war schon aus dem Fahrstuhl gestürmt Sie stürmte ihm hinterher. Dieses Mal würde sie nicht verlieren. Und tatsächlich! Kurz vor dem Ziel überholte sie ihn und schlug als erstes ihre Hand gegen die Tür. „YEAH!!! I am the real champion“, trällerte sie triumphierend. Doch im nächsten Moment nahm ihr Gesang ein jähes Ende, als sie sich auf der Türklinke abstützte und durch die plötzlich aufschwingende Tür in das Zimmer stolperte. Mehr als ein erschrockenes Quieken konnte sie nicht mehr von sich geben. Jan unterdrückte nur noch knapp ein auflachen, das sah einfach zu ulkig aus, und half ihr wieder auf die Beine. „Boah, da bin ich einmal in etwas die Erste und dann so was…“ Als sie wieder auf den Beinen stand bedankte sie sich erstmal bei Jan, der direkt danach die Tür hinter ihnen Schloss. Henrike blickte sich um und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich in seinem Zimmer befanden „Ach das ist ja dein Zimmer.“, grinste sie. Sie hatte sich so sehr darauf konzentriert das private Wettrennen zu gewinnen, dass ihr das gar nicht aufgefallen war. Sie sah sich um. Das Zimmer war größtenteils ordentlich, bis auf mehrere Kleidungstücke, die unordentlich auf dem Bett lagen. In diesem Moment bemerkte sie, wie sehr sie triefte und sich auf dem Teppich schon eine nicht unbedingt kleine Pfütze gebildet hatte. „Mist! Ich glaub ich geh lieber schnell und überflute mein eigenes Zimmer. Ne Dusche wär auch nicht schlecht.“ Sie wandte sich bereits zum gehen. Doch irgendetwas schlug in Jan Alarm, bei dem Gedanken sie gehen zu lassen und so hielt er sie zurück. „Du kannst doch auch hier schnell duschen.“ Verwundert sah sie ihn an. Jan war selbst über sich irritiert, aber eines wusste er: Er würde die Stille und Einsamkeit jetzt nicht ertragen können! „Könnte ich machen…“, sagte sie schließlich: „Ich hab nichts anderes zum anziehen hier.“ „Das ist kein Problem! Du gehst schon mal unter die Dusche und ich hol dir schnell was zum anziehen.“ Sie sah ihn nochmals mit einem undefinierbaren Blick, der irgendwo zwischen Skepsis und Belustigung lag, an. „Aber wehe du spannst!“, sie holte ihren Schlüssel hervor. „Würde ich dir sowieso nicht empfehlen, da dich der Anblick höchstwahrscheinlich blind machen würde.“ Er nahm ihr grinsend den Schlüssel ab. „Jetzt hast du mich erst recht neugierig gemacht.“ Mit diesen Worten schlüpfte er durch die Tür und war weg. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Dann machte sie schleunigst, dass sie ins Bad kam, da er halbe Teppich (laut ihrer Schätzung) wohl schon nass war. Im Badezimmer angekommen lies sie sich keine Zeit zum umsehen und zog sich zügig aus. Von ihren nassen Klamotten befreit (was gar nicht so einfach war, da sie stark klebten) Griff sie sich ein paar Seifensachen von Jan (unter anderem eine Spülung, die gefärbten Haaren länger ihre Farbe(n) behalten lies) und huschte unter die Dusche. Das warme Wasser war gerade zu himmlisch und hatte ihren kalten Körper schnell wieder aufgewärmt. Bei dem Gedanken, dass dies hier (mehr oder weniger) Farins dusche war, musste sie plötzlich lachen. Gut gelaunt begann sie zu singen: Und ich schlafe in der Dusche, weil die Dusche zu mir hält. Sie ist der einzige Freund, den ich noch habe auf der Welt… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Kurze zeit später war Jan zurück, mit einem Bündel Klamotten in den Händen. Er hatte ihr ein schwarzes Shirt, mit einer Comic Fledermaus auf der Vorder- und Rückseite, und eine einfache Jeans mitgebracht. Als er das Rauschen des Duschwassers hörte lächelte er, schloss die Tür und lies sich auf sein Bett fallen. Ihre Klamotten, inklusive den beiden Schlüsseln, legte er auf dem Bett Ende ab. Jetzt war es raus. Der Grund, warum es ihm so lange beschissen ging, er hatte es endlich jemanden erzählt! Er fühlte sich unglaublich erleichtert, auch wenn es ihn etwas irritierte, dass er es aus gerechnet ihr gebeichtet hatte. Ihr, die er doch gerade mal ein halbes Jahr lang kannte, hatte er so etwas Intimes offenbart. Trotz der Erleichterung fühlte er mit einem mal eine schwere Müdigkeit in hm aufsteigen. Ächzend erhob er sich und watschelte in Richtung Bad. Kurz zögerte er, als er die Hand nach der Klinke ausstreckte. Er kam aber zu dem Schluss, dass es wohl nicht stören würde, sich einmal schnell mit kalten Wasser die Augen zu befeuchten. Leise drückte er die Klinke nach unten und betrat lautlos das Badezimmer. Sie schien ihn nicht gehört zu haben. Einem Moment lang stand er unschlüssig da, wandte sich dann jedoch dem Waschbecken zu. Das eisige Wasser tat gut und machte ihm auch wirklich munterer. Als er das Wasser wieder abgestellt hatte, fiel sein Blick plötzlich in den beschlagenen Spiegel. Er konnte sich kaum drin erkennen und dennoch starrte er gebannt auf die Scheibe. Wie in Trance bewegte sich seine Hand vor und legte sich auf die glatte Fläche. Im Zeitlupen-Tempo glitt sie hinab und zog einen klaren Streifen durch den Dampf. Er sah sich. Deutlicher als die ganzen letzten Monate davor. Seine vorher nur leichten Augenränder waren nun tief und dunkel. Er sah einfach total fertig und erschöpft aus. Erst jetzt bemerkte er, wie sehr die ganze Sache an ihm genagt hatte. Und plötzlich fühlte er, ohne es verhindern zu können, den Schmerz wieder aufflammen. Das Gefühl durchflutete ihn unangenehm schmerzhaft. Sein Körper sackte zusammen und er hielt sich krampfhaft am Waschbeckenrand fest. `Hört dieser scheiß denn nie auf…` Ein leichter Anschwall von Verzweiflung überkam ihm und seine Hand fuhr zittrig über sein Gesicht. Henrike zuckte zusammen. Sie war sich nicht sicher, konnte aber schwören einen wehklagenden Laut gehört zu haben. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen zog sie leicht den Duschvorhang zur Seite. Als sie hinter diesem hervor lugte, sah sie ihn. Vollkommen in Gedanken versunken, aber ebenso offensichtlich war seine nun deutliche Verzweiflung. Henrike schluckte hart. Sie hatte immer zu Farin aufgesehen, hatte ihn führ unzählige Sachen bewundert. Ihn jetzt so niedergeschlagen zu sehen, gab der Farin Projektion einen Riss und ihr einen unfreiwilligen Stich in die Seele. Jedoch… Hatte sie inzwischen den Menschen Jan gut kennen gelernt und mehr war er in diesem Moment auch nicht. Nicht mehr oder weniger als Jan. Und dass er ihr, ohne es zu beabsichtigen, „Schwäche“ zeigte, änderte nichts daran, dass sie ihn unsagbar gern hatte. Und so trat sie sich mental in den Arsch und bewegte sich auf ihn zu. „Jan…“, sagte sie und er schreckte hoch. Die Dusche lief noch immer und dichter Dampf füllte den Raum. Doch dass war jetzt für sie Nebensache. Auch die Tatsache, dass sie ihm völlig nackt gegenüber stand. Mitleidig hob sie ihre Hände und berührte ihn im Gesicht. Er blieb starr stehen und schien unfähig zu einer Reaktion. Die Hitze stieg ihm in den Kopf. Sie stand nackt vor ihm. Unter anderen Umständen hätte er sich jetzt einen Scherz erlaubt aber…. Irgendwie… Ihre Hände streichelten ihn an den Wangen. „Das überstehst du schon. Der Schmerz hört sicher bald auf.“ Langsam gingen ihre Arme ein Stück höher. „Ist es OK, wenn ich dich umarme?“, fragte sie. Liebevoll lächelte sie ihm zu und strich ihm durchs Haar. „Danach wärst wieder nass, aber…“ Weiter kam sie nicht. Jan hatte seine Arme um sie geschlungen und presste sie so fest er konnte an sich. Einen Augenblick glaubte sie fast, er würde sie locker zerdrücken können. Dann überrollte sie die Erkenntnis wie eine Dampfwalze: Jan umarmte sie. Sämtliches Blut schoss ihr in die Wangen und sie fühlte sich wie im Rausch. Sie konnte deutlich die Konturen seines festen Körpers spüren und sein klopfendes Herz an seiner warmen Brust. Ihr Gesicht lag an seinem Hals und so sog sie seinen Duft tief ein. Zwar konnte sie diesen Duft nicht zuordnen, aber trotzdem gefiel er ihr unendlich gut. Nur eine leichte Spur von After Shave erkante sie. Sein heißer Atem wehte an ihrem Hals und sie hörte allmählich das Blut rauschen. Dann, ganz langsam, legte sie ihre nassen Arme um seinen Rücken. Genießerisch schloss sie die Augen und gab sich ganz dem wohligen Gefühl, welches ihm half und sie glücklich machte, hin. Die Minuten verstrichen und das Duschwasser prasselte munter vor sich hin. Schließlich lies er sie nach einiger Zeit (obwohl es ihr viel zu kurz vorkam) wieder los. „Danke.“, murmelte er. Sie blickte zu ihm auf und lächelte ihn an. Etwas erwidern konnte sie allerdings nicht. Als sie ihm in die Augen sah (deren Farbe irgendwo zwischen grün, blau und braun lag) bemerkte sie erst, wie nah sich ihre Gesichter wahren. Das Lächeln verschwand und Unruhe beherrschte sie stattdessen. Er schien sich ähnlich zu fühlen, denn auch er blieb stumm. Seine Pupillen fixierten ihre grünen und ließen sie nicht mehr los. Allmählich wurde Henrike doch nervös und ihr Blick huschte in Richtung Boden. Wie aus Reflex heraus hob Jan die Hand, um ihr Gesicht wieder ihm zu zuwenden. Doch sie sah seine Hand und wich ihr aus, was jedoch den Effekt hatte, den Jan beabsichtigt hatte. (und mehr…) Ihre Nase streifte seine Lippen und hinterließen bei hm ein leichtes Kribbeln, welches auch sie auf ihrer Nasenspitze spürte. Sie errötete (wie sie selbst (und Jan übrigens auch) schätzte) endgültig auf die Röte einer Tomate. Sie fühlte sich plötzlich so hilflos und beschloss irgendetwas zu sagen. Doch als sie den Mund öffnete kam er ihr näher. Ihr Herz klopfte nun bis zum Hals und darüber hinaus. Und schließlich blieb ihr Atem schlagartig stehen. Er stand weiterhin da, wie schon die ganze letzte Zeit, doch er hatte seinen Kopf zu ihr hinuntergebeugt. Und hatte seine Lippen auf ihre gelegt… Henrike begann zu zittern. `Oh Gott, das glaub ich nicht! ` Augenblicklich tanzten ihre Endorphine Limbo. Seine Hände lagen auf ihren Schultern und fuhren mit sanftem Streicheln hinauf zu ihrem Gesicht. Nun regte er sich und fuhr mit seiner Zunge sanft über ihre Lippen. Völlig außerstande mit dem Verstand zu handeln schloss sie die Augen und öffnete ihm bereitwillig den Mund. Das nahm er sofort an und glitt mit seiner Zunge hinein. Hitze durch fuhr ihren Köper. Sachte stupste seine Zunge ihre an und sie begann sie zu bewegen und fuhr über seine entlang. Ein wohliges Brummen kam von ihm und er vertiefte den Kuss. Seine Zunge glitt mit mehr Druck aber dennoch sachte zwischen ihre Lippen hindurch und fing an mit ihrer zu ringen. Nun wurde auch sie endlich mutiger und schob sich mehr in seinen Mund. Sie zog den Kopf leicht zurück, lies dabei seine Zunge zwischen ihre vollen Lippen gleiten und schmeckte ihn pur. Genießend seufzte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er biss ihr leicht in ihre Unterlippe, saugte kurz an ihr und gab sie wieder frei. Seine Hände streichelten ihren Rücken. Fuhren sanft hinab, bis er ihre Gesäßbacken erreicht hatte. Dort kniff er ihr frech in die linke. „Hey!“, protestierte sie belustigt, konnte sein Gesicht aber nicht genau sehen. Sie war sich aber ziemlich sicher, dass er in sich hinein grinste. Immer wieder umschloss sein Mund den ihren und er konnte einen wohligen Brummer nach dem anderen nicht unterdrücken. Ihre Lippen waren so herrlich weich, genauso, wie er sie noch von der Nacht damals in Erinnerung hatte… Die rothaarige lag mittlerweile wie betäubt in seinen Armen. Er hatte sie einfach überrumpelt und so fiel es ihr fast schwer, seine immer stärker werdenden Liebkosungen zu verdauen. Jan schien immer mehr Hemmungen zu verlieren und berührte sie an immer mehr Stellen ihres Körpers. Kurz verweilte seine Hand auf ihrer Hüfte, sachte auf ihrer Narbe. Seine Finger fuhren sie zärtlich nach, so dass sie Gänsehaut bekam. Ein wenig verunsichert glitt sie mit der Hand unter sein Hemd. Sie wollte seine Haut erfühlen und am liebsten komplett nackt an ihrer spüren. Mit seiner nächsten Aktion hatte sie allerdings nicht gerechnet. Plötzlich presste er sich wieder an sie. Und sie konnte nur keuchen. Vor allem, da sie einverräterisches Anzeichen deutlich an ihrem Bauch vernahm… Jan blickte sich leicht hektisch um. Nirgends war ein freies Stückchen Wand. Bis auf… Kurz entschlossen hob er sie an und stieg mit ihr in die breite Badewanne. Dort presste er sie, ohne groß zu fragen, an die freie Fläche. Und sich gleich an sie. Henrike keuchte Luft lehr. Benebelt blinzelte sie. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie den Grund für ihre schlechte Sicht. Jan war gegen den Duschkopf gestoßen und dieser ergoss sein warmes Wasser nun auf sie beide. Seine Kleidung war bereits komplett durchnässt, klebte an ihm und machte ihr so seine Umrisse noch deutlicher erkennbar. Automatisch bewegten sich ihre Hände vorwärts, glitten unter den klebrigen Stoff. Dort fuhr sie seine Konturen immer wieder massierend nach und versuchte jede noch so unwichtige Kleinigkeit zu erfühlen. Bis sie plötzlich leicht abrutschte und ihre Hände reflexartig nach oben gingen. Halt suchend hielt sie sich an ihm fest, sie wurde fast nur noch durch seinen Körper, der ihren fest an die Wand drückte, gehalten. Sie spürte wie er ihren Kopf zu sich drehte und fühlte sofort mehr als deutlich seine, nun heißen, Lippen auf ihren. Oh man, alles pochte in ihr, ihr wurde schon richtig schwindelig davon. Seine Zunge grub sich in ihren Mund und erstickte so ihr Stöhnen. Rikes Verstand blieb komplett auf der Strecke, aber das war ihr in dem Augenblick auch scheißegal. Plötzlich spürte sie seine Faust an ihrem Bauch. Irritiert öffnete sie die Lider. Und sie sah, wie er heftig an seinem Gürtel herum zerrte. Trotz des stetigen Wasserniederfalls weiteten sich ihre Augen ein Stück. Was er vorhatte war ja mehr als offensichtlich. Rike wurde nervös. Sie wollte es, und wie! Aber seine zügellose Art brachte in ihr auch eine leise Furcht auf. Sie kannte ihn in diesem Gebiet ja noch nicht so wirklich und wusste daher nicht, was er mit ihr anstellen würde. Aber…war ihr das nicht sogar egal? Dennoch, er überrumpelte sie. „Jan…“, sie löste sich von seinen Lippen und versuchte ihn zu erreichen. „Jan, ich… AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHH!!!!!!!“ Ihr Aufschrei hallte an die Wände das Raumes und schien sich selbst durch das Rauschen der Dusche auf sie zurück zu werfen. Wimmernd klammerte sie sich an ihn… +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Hier wäre der Lemon gewesen. Lasst eurer Fantasie einfach freien lauf. ; ) +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Rike glitt herunter und fand sich an den Badewannenrand gelehnt wieder. Ihr Herz raste so extrem, dass sie schon fest glaubte, es könne jede Sekunde aus ihrer Brust platzten. Absolut alles pochte in ihr. Das hatte sie noch nie erlebt. Gleich nach einem Mal war sie noch nie so ausgelaugt gewesen. Nun gut, sie hatte auch nicht sooo viel Erfahrung was Sex betraf, aber das hier… Er schien ihr, als wäre es ein komplett neues Erlebnis für sie. Vielleicht lag es daran, dass sie es bisher noch nie so heftig erlebt hatte. Oder dass sie für ihren letzten, zugleich einzigen sexual Partner den sie bisher gehabt hatte, Freund nicht so empfunden hatte wie für ihn. Es kam ihr fast wie eine Explosion vor. Der Sprengstoff war schon ewig ausgelegt und jetzt war er mit einem Knall gezündet worden. Plötzlich spürte sie einen dumpfen Aufschlag in ihrer Nähe. Mühsam öffnete sie die Augen. Verschwommen erkannte sie Jan, der vor ihr saß. Auch er schien seinen Atem noch nicht ganz unter Kontrolle zu haben. Er hatte sich die Hose mehr schlecht als Recht über gestreift. Henrike sah erstaunt zu ihm rüber, als sie deutlich Röte in seinem Gesicht bemerkte. Schüchtern näherte sie sich ihm. Das Duschwasser prasselte noch immer munter vor sich hin, aber das war grad Nebensache. Vorsichtig legte sie ihm die Rückseite ihrer Finger ans Kinn. Er reagierte nicht. Dessen war sie sich schon hundertprozentig sicher, da nahm er ihre Finger sachte in seine Hand hauchte ihr einen Kuss auf diese. Rikes Mund verzog sich zu einem Lächeln. „UH!“ Ihr erschrockener Laut hallte durch den Raum. Jan war zusammen gezuckt, sehr plötzlich und nicht vorhersehbar. Verwirrt sah sie ihn an, wich aber nicht weg von ihm. „Was hast du?“, fragte sie sanft. Dass er sie, auf Grund des Duschwassers, nicht gut hören konnte übersah sie. Vielleicht lag es auch daran, dass sie, und wahrscheinlich auch er, noch immer leicht benebelt war. Er hatte sich aufgerichtet und sah ihr nun in die Augen. Ihre Nervosität nahm zu, da sie es nicht schaffte seinen Blick zu deuten. „Was hast du?“, besorgt wiederholte sie ihre Frage. Er gab ihr keine Antwort. In ihr breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. „Ich…“ Er stotterte. Als er sie ansah wirkte er aufs höchste irritiert. Als ob ihm jetzt erst auffiel, dass sie nackt vor ihm saß. Henrike bekam allmählich so etwas Ähnliches wie Angst. Sie erhob ihre Hand erneut, doch plötzlich stemmte er sich auf die Beine. „Ich… es tut mir leid!“ Was um Himmels… oder Satans Willen war jetzt nur los? Sie sah ihn an und bemerkte nun auch in seinen Augen Angst. Seine Hand ging mit ihm hinunter und er umfasste ihren Nacken. Doch kaum berührte er sie, zuckte er zurück. „Es... es tut mir leid…“ Er wirkte so furchtbar durcheinander. Sie versuchte noch seine Hand zu ergreifen, da stieg er endgültig aus der Wanne und verschwand aus dem Zimmer. Rike sank in sich zusammen. Eigentlich wollte sie ihm nach rennen. Ihm hinterher stürmen und sofort in Erfahrung bringen, was er hatte. Aber sie blieb wie gelähmt an der Wand liegen. Eine Befürchtung kroch in ihr hoch und die Angst, vor der Realität dieser, machte es ihr unmöglich ihm zu folgen… Kapitel 24: Warum, warum… ------------------------- Warum, warum… Taumelnd stieß er gegen den Schrank und blieb an diesen gelehnt stehen. Noch immer benebelt, erfüllt und ebenso verwirrt. Über sich. Sein Herz raste und die Luft stieß vollkommen hektisch aus seinen Lungen. Obwohl er tropf nass war glühte sein Körper. Seine Hände fuhren immer wieder und zitterig über das Gesicht. Langsam kam er wieder zu Bewusstsein und sah sich um. Er war in dem Zimmer. In seinem Hotelzimmer. Allmählich beruhigte sich sein Atem und er ließ die Hände sinken. Jans Kopf fiel in den Nacken und machte so Bekanntschaft, mit der Holztür des Schrankes. Nicht schmerzhaft, aber doch fest. Nach Stunden, so kam es ihm vor, konnte wieder geordnet denken. Nur mühevoll hielt er sich auf den Beinen und starrte noch immer fassungslos in den lehren Raum. `Rike.` Und plötzlich war alles wieder da. Das war er getan hatte, der schon fast verklungene Rausch und sämtliche Erinnerungen. „Oh Fuck!!!“ Scheiße. Scheiße, Scheiße, SCHEIßE!!! Verdammt was war nur in ihm vorgegangen? Sofort schickte sein Innerstes ihm Bilder zu, wie sie vollkommen nackt vor ihm stand und ihn wunderte gar nix mehr. Aber… Seine Augen folgten dem Teppich und glitten zu der Badezimmertür hinüber. Ihm wurde übel, kotzt übel um genau zu sein. Er musste zu ihr, aber er konnte nicht. Er konnte sie, von seiner Position vor dem Schrank aus, nicht sehen und hatte auch Angst davor. Wie würde sie reagieren? Hasste sie ihn dafür? Oder… ? Wie in Trance bewegte er sich auf die Klinke zu. Seine Finger hielten sie bereits um griffen, doch da ließ ihn ein Geräusch zusammen zucken. Sie hatte das Duschwasser abgestellt. Und danach folgte Stille. Das Schweigen eines Friedhofs war gar nichts dagegen. Nein... Nein, er konnte jetzt nicht zu ihr. Was hatte er ihr nur angetan…? Plötzlich prasselte das Wasser wieder los und er fuhr innerlich zusammen. Die Hand sank vom Griff herunter. Auf der Stelle machte er kehrt und ging auf das Bett zu. Erst jetzt bemerkte er, dass er noch immer das perfekte Ebenbild eines begossenen Pudels war. Ohne weiter nach zu denken riss er sich sämtliche Klamotten vom Leib, schleuderte diese in die Ecke hinter dem Bett, ging nackt wie er war los, riss an der Tür und trat auf den Balkon. Augenblicklich umfasste ihn eine nicht unbedingt sanfte, aber doch sehr angenehme Windböe. Er schloss die Augen und genoss es. Nach einiger Zeit hatte der Wind es sogar fertig gebracht, seine Haut trocken zu wehen. Jan hatte Glück, sein Balkon befand sich in einem Winkel, von dem man ihn nicht sonderlich gut, von außen, beobachten konnte. Das hätte ihm nun echt noch zu seinem Glück gefehlt… Er öffnete die Augen. Es dämmerte. Die Temperatur wurde kühler, das störte ihn aber nicht weiter. Trüb blickte er auf die „Landschaft“ vor ihm. Nun wäre er wirklich gern auf eine seiner Reisen. Abgeschieden von allen, allein in der Wildnis. Wo er sich in Ruhe überlegen könnte, welche Worte die richtigen waren… Letztendlich setzte er sich auf den Stuhl, der hier parat stand und auf dem ein Handtuch von ihm getrocknet hatte. Daher war der Untergrund auch recht gemütlich. Er zog die Terrassentür ran und lehnte sich zurück. Jan hatte wirklich geglaubt, noch schlimmer hätte es nicht kommen können, aber das nun herrschende Chaos übertraf echt alles. Er musste sich erst einmal über alles klar werden, anders konnte er nicht zurück in das Zimmer gehen. Was war nur in ihm vorgegangen, dass er so plötzlich die Kontrolle über sich verloren hatte? Wie konnte er ihr je wieder gegenüber treten? Neben den Berg an Schuldgefühlen kam noch etwas anderes in ihm hoch. Die Erkenntnis, dass er es genossen hatte. Geschockt über sich selbst verkrampfte er sich augenblicklich. Das alles machte ihn wahnsinnig. Was war es denn nun? Hatte er absolut Scheiße gebaut, oder nur das getan, wonach sie sich beide gesehnt hatten. Gesehnt… Sein Verstand sträubte sich. `Nein, das kann nicht…` Aber ja länger er es leugnete, desto sinnloser wurde eben dies. Seine Hand rutschte vom Kopf, als er es endlich realisierte: Er hatte sich nach ihr gesehnt und er hatte es verdammt noch mal gewollt!!! `…und hast dabei nicht auf ihre Gefühle geachtet…` Endgültig fertig sank er in sich zusammen. Am liebsten wollte er hinein stürmen, sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass es nicht das war, wofür sie es sicherlich hielt. Aber etwas hinderte ihn daran und kettete ihn schon beinahe an dem Stuhl fest: Angst. Er hatte Angst davor, wie sie auf ihn reagieren würde. Verfluchte Scheiße, die Frau wurde vor nicht allzu langer Zeit fast vergewaltigt und dann kam er und… Fürchtete sie sich womöglich vor ihm? Oder hasste sie ihn, zu Recht wie er momentan empfand, dafür? Er rechnete mit allem, nur nicht, dass sie… Jan schreckte fast hoch. Er hatte ein Geräusch aus dem Zimmer gehört. Ohne Zweifel war es Rike und sie schien gerade an zu kleiden. Wie gelähmt saß er da. Schließlich, nachdem es wieder längere Zeit still blieb, beschloss er zu warten. Wann er jetzt nackt ins Zimmer rennen würde, kam er wohl gar nicht weiter, daher wartete er lieber etwas. Plötzlich hörte er einen Knall. „Was?!“ Sofort begriff er, dass sie gegangen war. Von seinem Bauchgefühl gelenkt sprang er auf und wollte ihr nach rennen. So verhedderte er sich gleich in den Vorhängen. Während er noch fluchend mit dem bösen Stoff rang kam ihm ein Gedanke. Die Vorhänge. Vielleicht war sie gegangen, weil sie ihn nicht gesehen hatte und daher dachte, er wäre einfach verschwunden. „Scheiße!“ Mit einem Ruck befreite er sich (das er eine der Vorhänge halb abriss übersah er völlig) und rannte zur Tür. In der allerletzten Sekunde fiel ihm ein, dass er ja nackt war. „SCHEIßE!!!“ Er warf fast alles, was auf dem Bett lag von diesem runter, schnappte sich die ersten Kleidungsstücke, dir er zu fassen bekam, zerrte sie sich über und stürmte dann endlich hinterher. Aber in welche Richtung war sie gelaufen? Hektisch blickte er sich um. Er entschied sich für die Treppe… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Gut, jetzt hatte er alles im Hotel abgerannt, wo sie sein konnte. Nach draußen zu rennen würde nicht helfen, da konnte er genauso gut die Welt nach einem Floh mit rotem Iro absuchen. Jan hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, er war jedenfalls fertig. Vielleicht konnte er sie ja auf ihrem Handy erreichen? Der Gedanke schwebte ihm als nächstes durch den Kopf. Aber wie groß war die Chance, dass sie auch ran gehen würde? Außerdem empfand er es als feige, so etwas per SMS zu klären. Doch plötzlich fiel ihm etwas ein. Es wirkte tatsächlich wie eine letzte Hoffnung. Darauf hätte er schon eher kommen können! Er machte kehrt und rannte statt zu seinem Zimmer auf ein anderes Apartment zu. Es war nur eine Möglichkeit, aber da sich sein Denken eh grad in Grenzen hielt, handelte er ohne groß zu zögern. Das anfänglich zaghafte Klopfen wurde hämmernder und schließlich konnte er seine Klappe auch nicht mehr halten. „Celina. CELINA MACH AUF!!!“ Und tatsächlich, oder endlich, wurde die Tür nach innen auf gerissen und ein extrem giftig blickende Celina trat in den Rahmen. „Was?“, war ihre knappe Frage. Sie wirkte wahrhaftig, als könne sie ihren Gegenüber auf der Stelle und auf die absolut qualvollste Art meucheln. Plötzlich jedoch blinzelte sie und schien stark verwundert. „Jan??? Oh ähm… was machst du hier? Schon mal auf die Uhr gesehn?“, stammelte sie. Jan irritierte ihre Reaktion. Gut, dass es sie überraschte war klar, aber dass sie gleich so die Fassung verlor? „Ich…“, begann er, brach jedoch ab, der ihr kurz den Faden verloren hatte. „Tut mir Leid wegen dem Terror. Ich suche Rike, Hast du sie gesehn?“ Jetzt war Celina vollkommen munter und sah mit wachen Augen zu ihm hoch. „…… Nein. Ist etwas passiert?“, fragte sie zaghaft. Erst jetzt fiel der Berlinerin die äußere Erscheinung des Rockstars auf. Zerknitterte Kleidung, unordentliche Haare und die Blässe in seinem Gesicht. Für sie war es so gut wie eindeutig, dass etwas geschehen war. Jan blickte fast desinteressiert an ihr vorbei. Immer wieder jagte der panische Gedanke in seinem Kopf herum, wo Henrike nur war und ob es ihr gut ging. Im Zimmer der Backgroundsängerin war es stockduster. Er konnte nicht anders als in diese Finsternis zu starren. Plötzlich blinzelte er. „Jan?“ Celina wedelte mit der Hand vor seinen Augen herum. Er schüttelte den Kopf und sah wieder zu ihr. „Was?“ „Hö? Du hast doch meine Tür fast zerdeppert?“, sie war zwar laut, aber man konnte die Besorgnis nicht überhören. Ihr Ton wurde beim nächsten Satz sanfter. „Was ist pass…“ „Wir haben uns gestritten!“, er kam ihr zufuhr und das so plötzlich, dass sie fast zusammen zuckte. „Und ich habe etwas… gesagt, was ich wohl nicht hätte tun sollen…“ Er versuchte gefasster zu sein, aber er konnte, seine Stimmung nicht sehr gut verbergen. Celina sah ihm deutlich an, wie die Schuldgefühle in ihm nagten. Auf einmal zuckte sie jedoch leicht nach hinten, was ihn dazu brachte sie wieder anzusehen. „Ähm, ist´s Okay wenn wir das Morgen weiter besprechen? Mir geht es nicht gut und ich brauch dringend schlaf.“ Jan sah sie fast ungläubig an, dann nickte er kaum merklich. Celina streichelte ihm kurz über die Schulter, dann verschloss sie die Tür. Kopf schüttelnd drehte die braunhaarige sich zurück zum abgedunkelten Zimmer. „Oh man Rike…“, seufzte sie und ging auf ihr Bett zu… Jan blinzelte mehrmals, erst dann setzte er sich in Bewegung. „Okay…“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es hatte keinen Sinn. Er würde sie jetzt nicht antreffen können Ihm blieb eigentlich nichts anderes über, als wieder in sein Zimmer zurück zu gehen. Und zu hoffen, dass er sie bei dem Soundcheck Morgen vorfinden würde. Wie in Trance drückte er die Klinke nach unten. Schwerfällig sprang das Schloss auf und er gab der Tür einen leichten Stoß. Langsam ging sie nach innen auf. Und das erste, was er sah war Leere. Kein Leben, nur ein verlassener Raum, den eine drückende Stille füllte. Er sah sich um. Ihre Kleidung war von seinem Bett verschwunden, erst jetzt fiel ihm das auf. Die Badezimmertür stand offen. Alles so, wie sie es zurück gelassen hatte… Und das Chaos, wie er es verursacht hatte… Mühselig setzte er einen Schritt vor den anderen, schloss die Tür und erreichte, nach einer Ewigkeit, wie es ihm schien, die Mitte des Raumes. Er fühlte sich einfach furchtbar. Unendlich müde blickte er auf das eher schlecht als recht hergerichtete Bett und schleppte sich schwerfällig dort hin. Kurz davor blieb er jedoch stehen. Konnte er denn jetzt überhaupt schlafen? Sein Blick ging wieder zur Tür. Er stand für ein paar Minuten da und überlegte, bis er sich schließlich entschied und in die gewählte Richtung ging… Kapitel 25: Vermissen Baby -------------------------- Vermissen Baby Ein Schritt vor den anderen. Und keinen Schimmer, wo es eigentlich hin ging. Schon seit Stunden schien er umher zu gehen, ohne Ziel und Zeitgefühl. Noch immer dachte er an sie. Sie und das ganze Drama, was er angerichtet hatte. Er sollte im Bett liegen und sich erholen, doch das konnte er einfach nicht. Dazu nagte das ganze zu sehr an ihm. Gott, die Frau wurde vor kurzem fast vergewaltigt und dann tat er so einen Scheiß!!! Ein spitzer Schrei zerschnitt den Gedankengang und brachte ihn zurück in die Gegenwart. Sein Herz raste, als er sich erschrocken umdrehte. Dieser Schrei kam ihm (so) furchtbar bekannt vor. Mit immer schlimmer werdenden Befürchtungen sah er sich hektisch um. Er befand sich in einer finsteren Gasse, wie er dort hingekommen war, wusste er nicht mehr. Eine Totenstille erfüllte die Gegend. Gerade als er den Mund öffnete, um etwas auszurufen, vernahm er einen dumpfen Aufprall. Hinter ihm. Durch die starke Anspannung raste er herum und blieb versteinert stehen. Sein Herz blieb praktisch stehen. Vor ihm lag Henrike. Mit halb zerrissenem Hemd. Und in einer Blutlache, die immer größer wurde. Ihre Wunde, die doch so gut verheilt gewesen war, war aufgeplatzt und ein zerfleischtes Loch breitete sich bis zu ihrem Bauch aus. Jan stand mehrere Sekunden gelähmt da. Das konnte doch nicht sein? Ihre Augen waren halb geöffnet und er spürte ihren Blick auf sich ruhen. Nein! Als er vor ihr auf die Knie fiel wurde ihr Blick glasig und der Kopf sank zur Seite. „NEIN!!!!!!!!“ Sein Schrei hallte an die Wände und warf sich auf ihn zurück. Er war noch immer auf den Knien, nur stützte er sich keuchend mit den Händen über dem Boden ab. Schlagartig hörte er zu atmen auf. Er blickte wild um sich, doch da war nichts. Nur drückende Dunkelheit. Doch langsam gewöhnten sich die Puppillen an die Finsternis und er erblickte einen Gegenstand, der ihm merkwürdig bekannt vorkam. Beinahe instinktiv beugte er sich vor und streckte die Hand danach aus. Keine Sekunde später ging das Licht in seinem Hotelzimmer an. Stöhnend hob er die Hand vors Gesicht. Das Licht tat in seinen Augen weh. Er drehte den bösen Strahlen den Rücken zu und wischte sich immer und immer wieder über sein Gesicht. Sehr langsam wurde ihm bewusst was geschehen war. Ächzend zog er sich auf sein Bett. Oben angekommen sah er sich erneut um. Ja, das war eindeutig SEIN Hotelzimmer. Und als er die Decke auf dem Boden sah wusste er, dass das ganze nur ein Alptraum gewesen war. Wenn auch furchtbar real. Er spürte sein Herz noch immer rasen und seine Stirn war bedeckt mit Schweiß. Tief Luft holend knöpfte er sein Hemd auf. Das eben war echt absoluter Psychoterror gewesen. Wie sie dort lag. Hilflos, verwundet und halb tot. Er fragte sich ob wohl der Schock ihn hatte wach werden lassen, oder der Sturz auf den Boden. `Das gibt blaue Flecken…` Der Drang sie endlich zu finden stieg wieder ins unermessliche. Aber es war sinnlos, wegen der Uhrzeit und weil er sie dort, wo er sie vermutete sicher nicht erreichen konnte. Ihm blieb also keine Wahl als sich hinzulegen und, wenigstens auf etwas, Schlaf zu hoffen… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es war ein schweres und Nerv tötendes Klopfen, welches Jan am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss. Wenn man der vergangenen Nacht überhaupt Schlaf zusprechen konnte… Die ganze Zeit hatte er da gelegen und an die Decke gestarrt. Gelegentlich hatte ihn die Müdigkeit doch eingeholt und ihm waren im unregelmäßigen Takt, ihm kam es wie Minuten vor, die Augen zu gefallen. Schlecht gelaunt nahm er den Lärm von der Tür aus wahr. Das Bett ächzte leicht, als er sich langsam aufrichtete. Nichts war besser. Alles war offenbar so geblieben wie es war. Aber was hatte er denn auch erwartet? An der Tür hielt es die Person offenbar endlich mal für angebracht sich auszuweisen. „Hey Jan. Pennst du noch?“ „Jetzt nicht mehr.“, grummelte dieser seinen Freund an. „Na dann… Guten Morgen. Kommst du mit zum Frühstück? Ich glaub Rod braucht noch ein wenig.“ Auf einmal kochte in Jan eine Wut über. Er sprang auf und hätte den Drummer wohl angeschrieen, wäre dieser nicht hinter der Tür gestanden. Er hatte echt andere Sorgen und da kam Dirk einfach an und…und… Machte eigentlich nichts falsch. Außer gut gelaunt zu sein… Seufzend ließ er sich wieder auf das Bett nieder. Jetzt auch noch Amok zu laufen würde ihm wohl am wenigsten bringen. „Ich… bin gleich soweit.“ Er ging noch schnell ins Bad, wusch sich ein wenig, durchkämmte sich mit den Fingern sein Haar und ging dann in Richtung Hotelzimmertür. Er hatte die Hand schon auf der Klinke, da fiel ihm noch etwas ein. „…Schlüssel…“, brummte er und drehte sich auf der Stelle um. Aber wo war das verfickte Teil? „……………scheiß drauf.“ Kurz entschlossen beendete er die Suche ohne sie begonnen zu haben und öffnete die Tür, vor der Dirk noch immer brav wartete. „Schöööönen guten Mor…………….“ „…“ „…“ „…“ „…nimms mir nicht übel, aber du siehst verdammt scheiße aus mein Freund.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Unten am Frühstückstisch war sie nicht. Hätte ihn auch gewundert, so leicht würde sie es ihm bestimmt nicht machen. Angenehmerweise war es fast lehr in der Raucherecke, wo sie Dank Dirk Platz nahmen, und so hatten sie ihre Ruhe. Der Schlagzeuger haute ordentlich rein, Jan hatte sich lediglich eine Tasse Tee geholt, die nun trübselig vor sich hin kühlte. Um Dirk aber nicht ein neues Gesprächthema anzubieten nahm er immer ein paar kleinere Schlücke. Der Graf beobachtete ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und schob seinem Freund nach einiger Zeit Stille seine Kaffee Tasse zu. Jan blickte auf das schwarze Gebräu herab. Er trank so gut wie nie Kaffee. Genau das wusste auch Dirk. Jedoch zuckte der blonde mit den Schultern und griff nach der warmen Tasse. In einem Zug hatte er alles ausgelehrt. Dirk blinzelte etwas überrascht, als sein Kollege ihm die, nun lehre, Tasse in die Hand drückte. „Also ich hab keinen Schimmer was Gestern Nacht los war… aber das sieht mir ziemlich übel aus.“ „Konnte nicht schlafen. Hatte Alpträume.“, antwortete der Angesprochene und gähnte in exakt diesem Moment. „Ach, warst du der, der geschrieen hat?“ Jan war überrascht, empfand es aber nicht unpassend und nickte. „Meine Fresse… Hat dich der liebe Hannibal bei lebendigem Leibe abgeknabbert oder gab es keine Länder mehr, die du bereisen kannst?“ „War ich so laut?“ Dirk runzelte die Stirn ehe er antwortete. „Das auch… aber mehr… weiß nicht… als ob du total verzweifelt wärst. Daher dachte ich schon dir hätte jemand mitgeteilt, du hättest für den Rest deines Lebens absolutes Reiseverbot.“ Verdammt, es ging nicht anders. Jan musste leicht lachen. Auch wenn es sehr müde und erschöpft klang. Auch sein Kumpel grinste und stieß ihm in die Rippen. In diesem Moment überlegte Jan ernsthaft, ob er Dirk nicht von dem Dilemma erzählen sollte. Immerhin hatten sie sich schon oft gegenseitig helfen können… „Sag mal… ich hab ja so ein bisschen die Vermutung, dass unser lieber Quotenchilene mit einer unserer Backgroundsängerinnen rum balzt….“ Jan stockte augenblicklich bei seinem Unternehmen. „Wie…kommst du da drauf?“ Der Drummer zuckte mit den Schultern. „Seit einiger Zeit braucht er „seeeeeeltsamer weise“ immer viel länger mit dem Aufstehen. Wer weiß, vielleicht hatte er ja grad heute Nacht, ein wunderbares Erlebnis mit unserem Nesthäkchen…“ Es war mehr als eindeutig, dass der Drummer mehr scherzte, als ernsthafte Ermittlungen an zu stellen, dennoch verkrampfte sich Jan „Weder `er` noch `wunderbar`…“, brummte er und zwar so leise, dass Dirk keine Chance hatte es zu verstehen. Dirk sah durch die Augenwinkel wieder zu Jan. Er schätzte dessen Stimmung auf denselben grad, als er noch ein der Trennung von seiner Freundin geknabbert hatte. Aber was war denn jetzt bloß mit ihm los? Lag es an derselben Sache oder war es etwas komplett anderes? Und… Sollte er ihn jetzt darauf ansprechen??? Das letzte Mal hatte es eine Oper in drei Akten mit sich gezogen. Dirk war immerhin auch erschöpft von den ganzen Dramen, die bereits auf dieser einen Tour geschehen waren und vielleicht war es ja auch nichts ernstes. Eventuell war er von der letzten Nacht noch so kaputt, dass seine Laune gleich mit am Arsch war. Allerdings, wie er auch dachte, sein Bauch rief in eine Richtung und das war handeln. „Wir müssen los!“ Plötzlich sprang Jan auf. „Was…?“, perplex stolperte Dirk ebenfalls hoch. Sein blonder Freund deutete kurz mit dem Finger auf die, die über dem Eingang des Frühstücksraumes hang und alles verstand sich von selbst. „Fuck ey, wenn ich dich nicht hätte mein lieber!“, witzelte der Wahlhamburger. Jan warf schnell ein Lächeln zurück und ging dann weiter. „Jan.“ Besagte Person blieb stehen. DAS ging ja wieder in eine ihm sehr bekannte Richtung, auf die er im Moment, wie die letzten Male auch, absolut null Bock hatte. „Die Sonne knallt heute ziemlich.“ Überrascht drehte er sich um und sah die Hand seines Freundes, welche ihm eine Sonnenbrille hinhielt. „Öhm…“, er blickte auf und sah Dirk in die Augen. Diese schienen ihm quasi telepathisch erreichen zu wollen, zumindest wollte er ihm so etwas sagen. Was Jan auch verstand. „Danke.“, sagte der blonde schließlich nachdem er die Augen geschlossen hatte und nahm die Brille an. „BAOH…scheiße man!!!“ „Siehst du.“ Jan fühlte sich augenblicklich als würde er erblinden, als er nach draußen trat. Sofort haute er sich die Sonnenbrille nachträglich auf die Nase, grummelte etwas Richtung Freund und marschierte weiter. Dirk konnte es sich nehmen über seinen Kumpel zu grinsen. `Wenn du willst kannste immer zu mir kommen. Ich leih dir gerne ein Ohr, oder zwei…`, dachte er noch und ging dann hinterher. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Wer ist außer uns schon da?“, erkundigte sich Dirk, kurz nachdem sie beide eingetroffen waren. Axel, die Managerin der Band, überlegte kurz. „Wenn ich mich nicht irre ist Celina vor ein paar Minuten eingetroffen.“, sagte er. „Sie wird wahrscheinlich grad beim einsingen sein… Geht schon ma vor, wo ihr hin müsst wisst ihr ja. Siehst ja recht heut beschissen aus Jani.“ Der Angesprochene brummte und gab ein Geräusch von sich, das verdächtig nach „Halts Maul oder ich hau dir in die Fresse!“ klang. Axel verkrümelte sich daraufhin lieber und flüsterte noch ein „Bis nachher“ an Dirk gerichtet, zu. „Sollte Rod nicht auch langsam mal da sein?“, knurrte Jan, bevor der Schlagzeuger die Chance hatte, etwas zu sagen. „Öhm, wir habens grade mal so pünktlich geschafft. Scheint so, als würde er mal zu spät kommen… Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?!“ Der blonde Mann hielt nicht nach mal extra ran, sondern warf seine Antwort kurz über die Schulter zurück. „Muss pinkeln.“ Dirk glaubte ihm nicht, aber im selben Moment kamen drei Leute gleichzeitig auf ihn zu, die etwas von ihm wollten. Für einige Sekunden überfordert, vergaß er kurz Jan, der in der knappen Zeit schon verschwunden war. `Mist…` Besagter Problem-Boy war gerade um die nächste Ecke gebogen. Kaum bestand für Dirk keine Möglichkeit mehr ihn zu sehen, rannte er los. Celina war sicher im Backstage Bereich, in dem Raum, der dort für die Mädels reserviert war. Vielleicht war Henrike bei ihr. Aber auch wenn nicht… „CELINA!!!“ Nicht nur Jan fühlt sich einem Deja Vü nahe, als er schon wieder gegen ihre Tür hämmerte. Ein paar Sekunden später sprang die lästige hölzerne Barrikade endlich auf und eine recht hektische Celina trat ihm entgegen. „Man ey Jan. Das wird bei dir hat echt zur Gewohnheit!“, nörgelte sie und zupfte sich ihr Haare zurecht. Sie wirkte auf ihn überrumpelt. „Sorry…Ist Rike bei dir?“ Sie sah ihn ein klein wenig gekränkt an, da er so hetzte ohne groß auf sie zu achten, schob es aber schnell beiseite. „Nein. Und ich weiß auch nicht wann sie kommt.“ Jan Gesicht wirkte völlig emotionslos, als sie ihm das sagte. Und plötzlich ohne Verwarnung schob er sie nicht gerade sanft beiseite und betrat den Raum. „HEY!!!“ Ihren Protest hörte er gar nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt fest zu stellen, dass sie auch hier nicht war. „WAS SOLL DER SCHEIß???“, Celina schob sich vor ihn und blickte sichtlich verärgert zu ihm hoch. „Oh… Ich…“, Jan schluckte seine letzen Worte, die er schon länger vor Celina verbarg, runter und gab anderen den Vorrang. „Tut mir Leid. Mit mir sind wohl die Pferde durch gegangen.“ „Wohl ne ganze Herde…“, Celina runzelte die Stirn. So ein Verhaltung war sie von ihm echt nicht gewohnt. „Und du gehst jetzt gefälligst raus du Spanner!“ „Hä, wieso Spanner?“, fragte er perplex und sah erst jetzt, dass seine Backgroundsängerin unter rum nur einen Slip an hatte. „Ups.“, konnte er nur noch sagen, dann schob sie ihn aus dem Zimmer. „Rike ist sicher gleich da.“, sagte sie noch in einem etwas sanfteren Ton und hatte ihre Tür schon halb vor ihm geschlossen. Sie guckte nur noch durch einen spalt hindurch. „Jan… Ich kann dir auch nicht viel sagen…“ „HEEEEEEEE, ich will auch noch rein!“ Und so gesellte sich eine weitere Blondine dem Treiben hinzu. „Morgen ihr beiden“, keuchte Mischa und hielt mit einer Vollbremsung nur ganz knapp vor Jan. Keiner der beiden antwortete ihr und inmitten ihrer Luftholphase über sah sie das völlig. „Wir müssen uns beeilen, es geht gleich los.“, sagte sie noch und hüpfte und ruhig um Jan herum, der noch immer direkt vor der Tür stand. „Sind wir denn überhaupt jetzt vollzählig?“ Das kam von Jan und Mischa hielt inne um zu überlegen. „Meinst du Rod? Der ist grad angekommen.“ „Seit ihr zusammen gekommen?“, fragte Celina neckisch und man konnte eine gewisse zweideutige Betonung nicht überhören. Michaela antwortete nicht und schlängelte sich schließlich zwischen Jan und der Tür hindurch. „Dirk braucht dich Jan, geh lieber schnell runter.“ „Mischa!“ „Ja?“ So wurde Celina schon wieder daran gehindert, die Tür endlich zu schließen. „Hast du Henrike gesehen?“ „Du meinst heute? Nein, noch gar nicht.“ Jan überlegte noch kurz, on er ihr noch mehr Fragen stellen sollte, aber als er sah, das ihre Augen eine gewisse Neugierde angenommen hatten, beschloss er lieber zu flüchten.“ „Arbeit.“, sagte er knapp, zeigte dabei nach links und verwand aus der Reichweite der Frauen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Obwohl Mischa ihm gesagt hatte, dass er unten gebraucht wurde ging er nicht zurück. Stattdessen schritt er im Schnecken-Tempo durch die oberen Etagen der Arena und kam schließlich auf eine Art Terrasse. Nach immer knallte die Sonne und schien sich an seinem Leiden zu ergötzten. Augenblicklich musste er ein seinen eigenen Song denken. Sonne. Eine Sache überraschte ihn sowieso immer wieder, dass ihn Texte, die er vollkommen unpersönlich geschreiben hatte, plötzlich doch auf sein Leben passte wie die Faust aufs Auge… Der Morgen graut, ich bin schon wach. Ich lieg im Bett und denke nach. Mein Herz ist voll, doch jemand fehlt. Ich hätt' dir gern noch so viel erzählt. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das ist ja grad die Schweinerei, die Sonne scheint, als wäre nichts dabei. Es wird schon hell, ich fühl mich leer. (alles ist anders als bisher) Ich wünsche mir, dass es nicht so wär. (alles ist anders als bisher) Du stehst nie mehr vor meiner Tür. (alles ist anders als bisher) Die Sonne scheint. Ich hasse sie dafür. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das macht den Schmerz ja so brutal, die Sonne scheint, als wär's ihr egal. Und ob man schwitzt und ob man friert, und ob man den Verstand verliert, ob man allein im Dreck krepiert. Die Sonne scheint, als wäre nichts passiert. Es ist nicht wie im Film, da stirbt der Held zum Schluss, damit man nicht zu lange, ohne ihn auskommen muss. Es ist nicht wie im Film, man kann nicht einfach gehen, man kann auch nicht zurückspulen, um das Ende nicht zu sehen. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das ist ja grad die Schweinerei, die Sonne scheint, als wäre nichts dabei. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, und auch, wenn das jetzt kitschig klingt: Ich hab heut Nacht um dich geweint. Ich wünsch dir, dass die Sonne für dich scheint. Jan schwieg lange Zeit, nachdem das Lied, welches sich in seinem Kopf abgespult hatte verklungen war. Er fühlte sich verarscht. Von der Sonne, die einfach fröhlich weiter schien, von Dirk und Rodrigo, die ihm mit ihren Fragereien eh nur auf den Sack gingen, von Celina, die offensichtlich mehr wusste als sie zu gab und ganz besonders von Henrike. Ja, von eben der Henrike, von der schon die ganze Zeit die Rede ist. Warum tat sie ihm das an? Verfluchte Scheiße ihm tat es doch so furchtbar Leid, wieso ließ sie ihm nicht endlich die Chance sich zu entschuldigen??? Seine Fäuste ballten fast sämtliches Blut aus den Händen. Schließlich konnte er sich nicht mehr halten Alle Wut, allen Frust, alle Trauer, entließ er in einem fast unmenschlichen Schrei. Als er wieder zu sich kam er bemerkte er, dass er seine Hände an die Steinwand neben der Tür gedonnert hatte. Sein Atem ging hektisch und keuchte fast verzweifelt nach Luft. „Rike…“ Seine Beine zitterten. Sie drohten nach zu geben, doch mühselig heilt er sich aufrecht. „Verdammt… Es tut mir doch Leid…“ Selbst Minuten nach seinem Ausbruch schien der Schrei noch in der Gegend zu verhallen. Langsam richtete er sich und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Mit einem Mal schnitt ein Geräusch wie man es bei den Aufrufen aus dem Supermarkt kennt, durch die Stille. „Jan Vetter. Hier Managerin. Arsch bewegen. Zur Bühne. Sofort. Over.“ Ein Glück für Axel, dass er sich momentan außer Reichweite befand… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Aaaaaaaahhh, unsere Diva bequemt sich also auch endlich mal!“ Das War Rodrigos erster, neckisch gemeinter, Kommentar an seinen Bandkollegen. „Das sagt der richtige…“, kam es zurück. Jan schnappte sich einfach nur seine Gitarre und ging auf seinen Posten. „Er ist schlecht gelaunt.“, rief Dirk ganz unauffällig zu dem Bassisten herüber. „Wär ich auch so drauf gekommen…“, antwortete dieser. „Jan! Neben dir auf der Box liegt die Setlist, wir fangen mit dem ersten Stück an.“ Ohne groß auf den Chilenen zu hören machte Jan sich für „Himmelblau“ bereit. „Äh Jan?“, Rod unterbrach ihn nach den ersten paar Tönen. Dieser sagte nichts sondern unterbrach sein spiel genervt. Davon ließ sich Rod, zum Glück, nicht beirren. „Es hilft wenn mal nen Blick auf die Liste wirft- „Himmelblau“ ist zwar das erste, aber wir fangen heute mit ein paar anderen Stücken an. Bei denen wir mit der Akustik mehr Probleme haben könnten.“ So krallte sich Jan doch den Fetzten Papier und sah so. „Wie am ersten Tag“ hieß das erste Stück. OK, jetzt wollte ihn das Schicksal endgültig verarschen. Was solls. Immerhin passte das Lied grad nicht schlecht zu ihm. Ohne setzte er also den Song ein und schmetterte ihn, wie selten in seinem Leben. Hey du, bleib stehn, ich weiß, wohin du gehst Du brauchst nicht so zu tun, als ob du nicht verstehst Du bist auf dem Weg zu ihr, sie gehörte mal zu mir Gestern hab ich sie erkannt, sie ging mit dir Hand in Hand Für mich hat sie heut keine Zeit mehr, es ist Schluss Gib ihr zum Abschied von mir einen letzten Kuss Dass ich geweint hab, sag ihr nicht Auch nicht, dass mein Herz zerbricht Sag nicht, dass ichs nicht ertrag Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Dirk und Rodrigo konnten sich ein paar schiefe Blick zueinander nicht verkneifen. So hatten sie den Song echt noch nie von Jan gehört. So… emotional. Besonders auf dem Refrain las eine gewisse Betonung. Vor einem Jahr war ich allein, da traf ich sie Ich hab getanzt mit ihr und hatte weiche Knie Wir tanzten bis spät in die Nacht Dann hab ich sie nach Haus gebracht Und dann vor ihrer Tür bekam ich einen Kuss dafür Wir warn verliebt, doch alles das ist jetzt vorbei Denn sie liebt dich und darum gebe ich sie frei Dass ich geweint hab, sag ihr nicht Auch nicht, dass mein Herz zerbricht Sag nicht, dass ichs nicht ertrag Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Beinahe hätte er dass weiter singen verpasst. Mitten im Refrain hatte er plötzlich die Frauenstimmen gehört. Das Backing. Und so wie er es beurteilte war es dreistimmig. Aber ich sah schnell zu, dass er weiter machte. Schließlich war er sich nicht sicher und wollte nicht überstürzt handeln. Ich geh nach Hause und da schließe ich mich ein Ich weiß, nie wieder werde ich derselbe sein Doch ich bitte dich, wenn sie mal nach mir fragt: Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Sag ihr nur, dass ich sie mag Genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Wie von der Tarantel gestochen fuhr er herum sobald die letzten Klänge verklungen waren. Und da stand sie. Seine Rike… Doch sie sah weg. Sie wich ihm, dessen war er sich sicher. „WEITER JAN! Nich gleich wieder einpennen.“ Dirk warf ihm doch allen ernstes einen Stick an den Kopf. „AUTSCH, was…?“ Rike starrte ihn an. Direkt und schonungslos, fast als wolle sie ihn einschüchtern. Doch er erkannte deutlich ihre Hilflosigkeit dahinter. Somit drehte er sich wieder um. Dann würde er eben noch ein paar Minuten warten, darauf kam es jetzt nicht mehr an. Zwar juckte alles in ihm, endlich zu ihr zu gehen, aber er riss sich zusammen. Schließlich wollte er Rücksicht af sie nehmen. Da fiel ihm etwas ein. „JUNGS! Können wir Lied 13 nehmen?“ Er schwenkte den Zettel herum und hoffte inständig, dass seine beiden Freunde nichts dagegen hatten. Diese sahen sich kurz an und Rodrigo zuckte mit den Schultern. Das nahm er als ja auf. Es sollte kein direkter Versuch sein, ihr so Entschuldigung zu sagen, aber er konnte sich bei diesem Lied aus singen und es passte. Zu der Situation. Mal wieder bemerkte er innerlich zynisch, wie hinterhältig seine Songs doch waren… Eins war immer für mich klar: dass wir zusammengehörn Ich war sicher, nichts kann unsere Beziehung zerstörn Vielleicht wollte ich einfach nur zu viel Denn jetzt steht plötzlich alles auf dem Spiel Ich weiß nicht genau, was los ist, ich hab so ein Gefühl Irgendetwas schmeckt schal und irgendetwas läuft schief Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas ist fatal, irgendwie bin ich gehemmt Und im Gegensatz zum letzten Mal bist du mir fremd Du siehst mir nicht mehr in die Augen Jetzt liegst du neben mir im Bett, aber ich fühl mich allein Und wer weiß? Vielleicht bild ich mir das auch alles nur ein Ich suche noch nach Worten, doch zu spät Denn du hast dich schon von mir weggedreht Ich will nicht, dass es so beschissen zu Ende geht Irgendetwas schmeckt schal und irgendetwas läuft schief Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas ist fatal, irgendwie bin ich gehemmt Und im Gegensatz zum letzten Mal bist du mir fremd Bitte sieh mir in die Augen Ich weiß, du denkst, ich wär verrückt, ich will, dass es wie früher ist Ich dreh die Zeit ein Stück zurück, ich will, dass es… wie früher ist Vielleicht ist es ganz normal, vielleicht bin ich zu naiv Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas schmeckt schal, irgendetwas läuft schief War das tatsächlich das letzte Mal, dass ich mit dir schlief? Du hast Tränen in den Augen Ich weiß, du denkst, ich wär verrückt, ich will, dass es wie früher ist Ich dreh die Zeit ein Stück zurück, ich will, dass es wie früher ist Weil ich dich heute schon vermiss – ich will, dass es wie früher ist Ich halt kaum aus, wie schön du bist – ich will, dass es wie früher ist Nachdem ihn die letzten Worte verlassen hatten schloss er die Augen und wartete kurz. Wie hatte sie DAS jetzt auf genommen? Oder fühlte sie sich gar nicht angesprochen? Schließlich wandte er sich doch um. So sah er zu wie sie zu Dirk hinüber ging. Dieser beugte sich von seinem Podest zu ihr hinunter um ihr besser zuhören zu können. Nach kurzer Diskussion nickte er und klopfte ihr noch einmal auf die Schulter. Und sie ging. Nicht etwa zurück auf ihren Posten, sondern von der Bühne in Richtung Arena-Ausgang. Rodrigo sah kurz irritiert zu Jan, dann ging er mit dem Bass in der Hand zu dem Drummer. „Was ist los? Was hat sie gesagt?“ „Dass ihr schlecht sei und sie sich hinlegen möchte. Ehrlich gesagt sah sie auch ziemlich blass um die Nasenspitze aus…Also ich mein noch mehr als sonst!“ Der Chilene sah seinen Kollegen ein paar Sekunden skeptisch an, zuckte schließlich die Schultern und verschwand wieder zu seinem Platz. Die verbleibenden Backgroundsängerinnen waren dort geblieben wo sie waren. Offensichtlich hatte Henrike ihnen schon bescheid gegeben. Jan kam einfach nicht mehr von seinen Gedanken los. Noch immer starrte er zu dem Punkt, an dem Rike eben verschwunden war. „HEY, HERR URLAUB!!! Träumen kannste später, wir sind ja bald fertig!“ Dirk brüllte hinter seinem Schlagzeug zu ihm rüber und fuchtelte mit seinen Sticks herum nach dem Motto: „Beweg deinen Arsch oder deine zwei hinteren Backen müssen sich einer Behandlung meiner Drummsticks unter ziehen!“ Diese speziellen Morsezeichen gab es auch nur im Bandkreis, sonst wären sie sicherlich schon längst auf dem Index gelandet… „Was soll DIE Scheiße denn??!!“ Fast fassungslos glotzte der blonde Riese nach vorn, wo einer der Mitarbeiter einen Textmonitor aufstellte. „Tja… Da du in letzter Zeit sehr schwach im Text bist, haben ich und Roddy uns eine Hilfestellung für dich überlegt.“ Jan blickte mit einem überdeutlichen „Wollt ihr mich verarschen???“ Blick zu seinen „Freunden“. Dirk wühlte gerade „zufällig“ auf dem Tisch hinter dem Schlagzeug herum und Rodrigo guckte Löcher in die Luft und pfiff dabei, als sei er die Unschuld selbst. Der blonde Wahlhamburger setzte ein verschmitztes Grinsen auf seine Lippen und reckte seinen Kollegen (mit den freundlichsten Grüßen) beide Mittelfinger entgegen. Mein Güte, er dachte halt in letzter Zeit über vieles nach, da konnte das doch Mal vorkommen! Resigniert seufzend hob er seine Gitarre an und wandte sich dem Monitor zu. Er stockte. „So OK, ich zähl ein. Eins, zwei, eins, zwei, drei, vier!“ Dirk schlug die Sticks aneinander und wartete danach vergebens auf Jans Einsatz. Die Gitarre würde das Stück beginnen, aber es kam nix. „Na gut, noch mal. Eins…“ Jan hörte gar nicht zu. Er starrte nur auf den Monitor, auf dem der Songtext ablief. Viel zu schnell, um ihn während eines Auftritts zu lesen, aber das war nun eher ein Vorteil für ihn. Jede einzelne Zeile schien von seinen Augen aufgesaugt zu werden. Diese plötzliche Wirkung überraschte ihn doch etwas, denn immerhin hatte er den Song doch selbst geschrieben. Wieso überfielen also gerade ihn diese Worte nun so? `Nicht ohne Grund…` „Äh Jan. HEEEEEEEEEEY!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen legte Jan die Gitarre ab, drückte sie seinem Roadie in die Hand und rannte Richtung Ausgang. „WAS SOLL DER SCHEIß!!“ Der Graf sprang von seinem Podest herunter und starrte, wie die anderen, dem blonden Mann, nur fassungslos nach. „Mir ist auch schlecht. Ich leg mich hin, ciao!“ Mehr bekamen sie nicht von ihm, damit war er schon entschwunden. Stumm glotzte die übergebliebene Truppe auf das Stäubwölkchen, das als einziges über war. … … … Dirk: „Ich wette 5€, dass die was miteinander haben.“ Celina: „Was?“ Rod: „ Ich setz 10€.“ Mischa: „Und ich mein Monatsgehalt.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike ließ es überhaupt nicht zu auch nur ein bisschen zu trödeln. Ausnahmsweise Mal… Sie wollte weg und das so schnell wie möglich. Und es war ihr gelungen. Alles Wichtige hatte sie doch eh in den Rocktaschen (Celina hatte ihr einen ihrer Röcke geliehen, ganz schön praktisch!) gehabt, den Rest konnte sie erstmal in der Umkleide lassen. Henrike kam sich so feige vor, aber hatte es einfach nicht mehr ausgehalten. In seiner Gegenwart zu sein… Endlich stand sie vor ihrer Hotelzimmertür. Dort würde sie fürs erste in Sicherheit sein. Nur noch doch Schloss aufmachen. Automatisch holte sie das Klimpernde Ding hervor und stockte es in den Schlitz. Zumindest wollte sie das… Sie versuchte es immer und immer wieder, aber der Schlüssel wollte einfach nicht passen. Schließlich war sie so genervt, dass sie diesen fast auf den Boden gedonnert hätte. Da ihr dies nicht viel bringen würde, entschied sie sich ihn näher zu betrachten. Und was sie sah ließ sie laut fluchen. Es war nicht der Schlüssel für ihr Zimmer, sondern der von Jan. Augenblicklich begriff sie. Die beiden Schlüssel hatten auf dem Bett gelegen und sie hatte sich ohne groß zu überlegen einen gekrallt und war abgehauen. Direkt danach hatte sie bei Celina Unterschlupf gesucht und war auch an diesem Tag noch gar nicht in ihrem eigenen Zimmer gewesen. „Scheiße, Scheiße, SCHEIßE!!!“, das letzte Wort hatte sie geschrieen. Warum musste das Pech bei ihr immer so ein gnadenloses Timing parat haben? Entnervt strich sie sich mit beiden Händen übers Gesicht und lief dann auf Jans Zimmer zu. Sie würde den scheiß Schlüssel schnell in sein Zimmer bringen und dann wars gut. Dieses Mal passte das blöde Ding auch und das Schloss ging klickend auf. Gerade, sie hatte schon die Hand an die Tür gelegt und wollte diese nach innen schieben, wandte sie sich um, da plötzlich jemand vor ihr stand. Und dieser Jemand war Jan. Drei Sekunden lang starrte sie ihn an, dann reagierte sie ruckartig. Sie stürmte in das halb offene Zimmer und wollte die Tür zu knallen, doch Jan, der um einiges kräftiger war als sie, drückte sich gegen diese. „Verdammt Rike, das ist mein eigenes Zimmer!“ „Mir egal!!!“, bekam er zur Antwort und noch stärkeren Widerstand ihrerseits. Er schob sich weiter in den weiten Spalt. „Jetzt hör mir doch zu!!!“ Dieses Mal erwiderte sie nichts, sondern stieß gegen ihn und zog die Tür zurück. Schwung holend zog sie diese kurz zu sich und schoss sie dann in den Türrahmen. Keuchend lehnte sie an der nun geschlossenen Tür. Sie zitterte und fuhr sich mit bebenden Fingern durchs Haar. Ihre Augen kniffen zusammen, als sie schon das erste Schluchzen in sich aufsteigen spürte. So zuckte sie heftig zusammen, als sich eine Hand sanft auf ihre Schulter legte. Henrike fuhr herum und starrte geschockt, auf die Person vor ihr. Kapitel 26: Mach die Augen zu.... --------------------------------- Mach die Augen zu… „Henrike…“ Ruckartig drehte sie den Kopf zur Seite. Sie wollte ihm auf keinen Fall in die Augen sehen. „Sieh mich an! Bitte!“ Das Flehen in seiner Stimme ließ sie fast schwach werden. Dennoch, sie blieb hart. „Ich sehe dich an wenn und wann ich es will! Wenn dir das nicht passt hast du Pech gehabt.“ Sie hatte bemerkt, dass er gerade einen Schritt auf sie zu machen wollte. Ihr letzter Satz ließ ihn jedoch stocken. „Ich kann dir auch prima zu hören ohne dich anzuglotzen! Also was ist?!“ Henrike wollte ihrer Stimme einen kalten und arroganten Ton geben, doch man konnte ein leichtes Zittern nicht überhören. Jan hatte es bemerkt und gerade dies schien ihm seltsamer weise Mut zu geben. „Ich… wollte dir sagen… dass es mir Leid tut… furchtbar Leid…“ „Sonst noch was?“ Sie war froh das zu hören. Sehr sogar. Aber auch gleichzeitig enttäuscht. War das etwa alles? „Nein.“ Das überraschte sie doch und beinahe hätte sie sich zu ihm umgedreht. Aber sie beherrschte sich Krampfhaft und beließ es damit die Augenbrauen nach oben zu ziehen. „So?...“ „Dann zähl ich mal auf: Ich war rücksichtslos, egoistisch und…“ „…ein Arschloch! Machst du das eigentlich mit allen Frauen so? Einmal kurz durchficken und dann abzischen??? Du wider…“ Im selben Moment verfluchte sie sich selbst dafür. Würde ihr dieses Gezeter überhaupt helfen? Aber genau genommen war es ihr auch egal. Er hatte sie verletzt und sollte jetzt gefälligst dafür büßen… „Jap! Das wäre der nächste Punkt gewesen.“ Ihre Augen schweiften kurz zu ihm und sie sah, dass er lächelte. Nicht sein Markenzeichen-Grinsen. Es war sanft und ehrlich. Nun war sie sogar bereit ihm glauben zu schenken. Aber das war nicht das Problem… Jan holte tief Luft. „Ich weiß, dass du mich wohl für das größte und notgeilste Arschloch des letzten Millenniums halten musst. Ich will dir auch keine großen Predigen halten und mich irgendwie heraus reden, was ich getan hab, war absolut arschig und… Ach verdammt!!! Was ich dir sagen will ist…!“ Henrike warf allen Stolz und alle Bedenken auf einmal von sich und starrte ihm direkt in die Augen. Er stockte. Auf einmal schien ihm irgendetwas Großes und Lästiges im Halse zu stecken. „Sag es! Was willst du mir sagen? Was?!“ Nun war sie es, die ihn flehend anstarrte. .............................................................................................................. .............................................................................................................. .............................................................................................................. „Bleib bei mir…“ .............................................................................................................. .............................................................................................................. .............................................................................................................. Sie glaubte auf der Stelle sich verhört zu haben. Seine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen gewesen. Doch als sie ihm fest in die Augen sah, wusste sie, dass es stimmte. Mit einem Mal wurden ihre Knie total wackelig und es fiel ihr schwer, sich noch auf den Beinen zu halten. Darauf fiel ihr nun kein schnippischer Kommentar mehr ein. Zu sehr hatte sie sich gesehnt, etwas in der Richtung zu hören... Jan lächelte ihr schief zu. Er sah ihren zweifelnden Blick und ihm ging es nicht besser. Auch er war voller Zweifel, ob er hier gerade das richtige tat. Dennoch… Wollte er jetzt nicht mehr darüber nachdenken. Vorsichtig setzte er einen Schritt auf sie zu. Sie regte sich nicht und sagte auch nichts dagegen, dass er sich ihr näherte. Also ging er die letzten paar Schritte auf sie zu und stand nun direkt vor ihr. Abermals lächelte er ihr zu und strich mit seiner Hand zögernd über ihre Wange. „Mach die Augen zu…“, flüsterte er und ihre schweren Lider klappten hinunter. Sofort beugte er sich zu ihr und küsste sie sanft auf die Lippen. Immer wieder tat er es und immer blieb er dabei sehr zurückhaltend. Er wollte nicht denselben Fehler noch einmal begehen. Nur sehr langsam legte sich seine Zurückhaltung, bis er schließlich leidenschaftlicher wurde und immer mehr Gefühl in seine zärtliche Liebkosung legte. Als er sie erneut küsste schmeckte er jedoch plötzlich eine salzige Flüssigkeit. Er öffnete die Augen und sah leicht erschrocken, dass sie weinte. Verflucht, sie wollte nicht schon wieder heulen! Zu oft hatte sie schon wegen dem kleinsten Scheiß sehr schnell begonnen zu weinen. Aber ihre Seele war nun mal leider so rissig und verletzt, so dass es meist wirklich nicht viel brauchte. Sie war so sensibel, und das wusste er. Er hatte schon immer ein gewisses Gespür dafür, was in anderen Menschen vorging. Ihre Verletzlichkeit war ihm schon sehr früh aufgefallen und er bewunderte an ihr, dass sie trotz dieser sehr stark war. Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und hob es ein Stück an und begann, mit einem Lächeln, ihr die Tränen weg zu küssen. War vielleicht verdammt kitschig, aber er merkte deutlich, dass es ihr gut tat. Als er sich von ihr löste blickte sie nur kurz zu ihm hoch. Und noch bevor er groß etwas tun konnte, schlang sie ihm wild die Arme um den Hals und küsste ihn vollkommen unbeherrscht und verlangend. Nein, sie konnte seine Zärtlichkeiten einfach nicht mehr ertragen. Noch nie hatten die Berührungen eines Mannes sie je so glücklich gemacht. Sie wollte sich nicht mehr mit diesen kleinen Streicheleinheiten zufrieden geben. Sie wollte endlich richtig geliebt werden! Als Antwort schlang er seine Arme um ihre Hüfte und hob sie hoch. Während sie sich küssten steuerte er auf das Bett zu und fand dieses auch. Allerdings stolperte er, da er mit den Knien gegen die Bettkante stieß, schaffte es aber noch auf der Matratze zu landen. Sein Gesichtsausdruck, als er plötzlich nach vorne fiel, war zum wegschmeißen. Jedoch ging ihr Grinsen unter, als sie sich in seinem Blick verlor. Langsam beugte sie sich nach vorn, um ihm erneut einen Kuss zu stehlen. Sie wagte erst sich wieder zu regen, als sie seine Zunge in ihrem Mund spürte. Jetzt war sie sicher: Sie war wach! „Jan…“, hauchte sie kaum hörbar und schälte ihm langsam sein Hemd vom Körper. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Jan war da etwas schneller und zog ihr, ihr eigenes Hemd über den Kopf. Auch ihr BH brauchte nicht lange, um sich von seiner Besitzerin zu trennen. Schamlos starrte er auf ihre nackte Brust. Zwar hatte er sie dort schon einmal unbedeckt gesehen, doch dieses Mal war es etwas vollkommen anderes. Sie hatte wirklich schöne Brüste und ihre geschlossenen Augen ließen darauf hindeuten, dass sie seine Blicke genoss. Er beugte sich hinunter um sie zu küssen und fuhr mit einer Hand über ihren nackten Oberkörper. Seine übrig gebliebene Hand nestelte an ihrem Rock herum, um ihr diesen zu entwenden. Sie keuchte bei seinen Berührungen auf und liebkoste, wie schon damals, seine, diesmal nackte, Brust. Ihre Hände brachten seine Haare durch einander und sie hob ihre Hüfte an, damit er ihr den Rock besser aus ziehen konnte. Immer verlangender küsste sie ihn und ihre gewagten Berührungen an einigen Stellen verlangten nach eben diesen auf ihrem Körper. Und als hätte er ihre Gedanken gelesen, fing er an ihre Brüste zu küssen, nahm letztlich eine Brustwarze in den Mund und saugte genüsslich daran. Ein heftiges wohliges Stöhnen brach aus ihr heraus. Sie fühlte sich so schrecklich ausgehungert und lechzte geradezu nach mehr. Seine raue Zunge fuhr über die weiche Haut und ihr heißes Stöhnen spornte ihn an. Er war schon jetzt süchtig nach ihrer Nähe und wollte um nichts in der Welt jetzt fort von ihr. Langsam aber sicher rückte sein Verstand beträchtlich in den Hintergrund. Seine Hose wurde immer störender, da sie ihn immer schmerzhafter ein engte. ´Irgendwie komisch… Ich kenne sie erst seit ein paar Monaten und doch…´ Sein Gedankengang wurde grob durch eine gewitzte Hand unterbrochen, sich in seine Hose schob und sein steifes Glied massierte. Keuchend drückte er sich ihrer Hand entgegen und sie intensivierte ihre Bewegungen. Sie zerrte ungeduldig an seiner Hose und hatte ihn schließlich aus dieser befreit. Mit einem überraschenden Schwung hatte sie den Größeren auf den Rücken befördert und legte sich auf ihn. Eigentlich wusste sie gar nicht, was sie hier tat. Vor ein paar Minuten war sie sich noch sicher gewesen ihn zu hassen, dafür, dass er sie so verletzt hatte. Sie war sich so ausgenutzt vorgekommen, wie eine Hure. Doch insgeheim war sie ihm schon lange nicht mehr böse gewesen. Sie konnte nie lang nachtragend sein und gerade dies hatte ihr auch oft Probleme bereitet. Doch hier quälte sie nur eines: Diese fürchterlichen Zweifel! Er zog sie hinunter um sie erneut zu küssen. Ihre Zungen rangen miteinander, allerdings war keiner bereit freiwillig aufzugeben. ´Scheiße, vergiss es einfach! ´ Mit aller Macht verbannte sie diese verfluchte Stimme aus ihrem Kopf. Sie wollte sich nicht andauernd fragen, was richtig und was falsch sei. Einmal nur das Risiko eingehen. Außerdem brauchte sie ihn doch so sehr… Seine Zuwendung schien alle seelischen Schmerzen und Verletzungen endlich heilen zu können, die durch ihr ständiges in sich hinein Fressen entstanden waren. Damit war es beschlossen und sie warf alle Gedanken fort, die sie jetzt nicht gebrauchen konnte. Sie wollte sich ganz auf ihn, auf das hier und jetzt konzentrieren und nicht mehr auf den Schmerz der Vergangenheit. Für ein paar Sekunden sah sie ihn nur an. Betrachtete den Körper, der unter ihr lag. Dann hielt sie nichts mehr zurück und sie stürzte sich mit ihren Lippen auf ihn. Küssend und leckend arbeitete sie sich vorwärts, erhaschte jeden Winkel seiner glatten Brust, umkreiste seinen Bauchnabel, saugte an seiner Haut. Jeder einzelne Zentimeter war zu köstlich, um ihn auszulassen. Jan stöhnte. Er drückte sich ihren Lippen entgegen. Ihre Hände begannen seine Arme mit sanften Bewegungen zu massieren und er vergrub seine Hand in ihrer roten Haar Mähne. „Rike…“, stöhnte er und versuchte so viel Haut zu erfühlen, wie er heran kam. Sie verlor sie ganz darin seinen Körper zu liebkosen und er verging praktisch unter ihrem Mund. Rike hätte nie geglaubt, dass sie so etwas in ihm auslösen konnte. Es nun zu sehen und dadurch festzustellen, jagte weitere Schauer durch ihren, schon vor Erregung zitternden Körper. Wieder legte sie sich auf ihn, als ihren Lippen wieder höher gingen, zuckten allerdings kurz zurück. Wenn auch nur für einen winzigen Augenblick hatte sie seine Erregung an ihrem Bauch gefühlt, was ihr ein Gefühl wie… welches sich wie unbändiger Hunger anfühlte, durch ihren ganzen Körper jagte. Ihre Augen huschten zu ihm hoch. Er sah sie an und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Sorry. Das passiert nun mal wenn du… mich so verwöhnst…“, seine Stimme war leiser geworden, während er sprach. Seine Hand wanderte auf ihre Wange zu, doch sie stoppte seine Bewegung. Sanft mit ihrer eigenen Hand. Ihr Gesicht verschwand unter dem roten Vorhang und hing nun wieder über seiner Brust. Ihre Hand schob sich ganz sachte in zwischen seiner Haut und dem Hosenbund hindurch. Sie spürte, wie er den Atem anhielt. Es war deutlich, dass er ihre Berührung dort spüren wollte und sie hatte auch absolut nichts dagegen. Dennoch machte ihre Hand einen Rückzieher. Stattdessen ließ sie sich provokant mit gespreizten Beinen auf seinem Intimbereich nieder, der nur noch von einer Boxershorts verborgen wurde, und rieb sich an ihn. „FUCK!“, er brüllte es fast. Die Erregung war nicht mehr aus zu halten und dann folterte sie ihn so! Kurz entschlossen drehte er sie auf den Rücken und entledigte sich schnell seiner Boxershorts. Sie sah ihn erwartungsvoll an und öffnete ihm denn einladend die Beine. Normalerweise war dies eher untypisch für sie. Sie hatte in ihrem Leben, für ihr Alter, wirklich noch nicht sonderlich viel Sex gehabt, aber bisher war sie nie so ungeduldig und fordernd gewesen. Sonst wollte sie viel mehr Streicheleinheiten von ihrem Partner, hier jedoch wollte sie nicht mehr warten. Gewartet hatte sie eh schon viel zu lang und das hatte spuren hinterlassen. Sie hielt nun echt gar nichts mehr davon ab, ihn endlich auch auf diese Art zu spüren. Und sie wollte es in vollen Zügen genießen… Doch Jan lächelte unheilvoll (was ihr jedoch entging). `So schnell nicht meine Süße.´ Nun war er an der Reihe. Er beugte seinen Kopf hinunter zwischen ihre Schenkel und fing an ihren schwächsten Punkt mit Lippen und Zunge zu liebkosen. Henrike bäumte sich auf und stöhnte Luft leer, als er seine Zunge tief in sie hinein schob. Mental verfluchte sie den blonden Sänger dafür, dass er es hinaus zögerte. Dennoch konnte sie nicht leugnen, dass es ihr gefiel. Sie legte ihre Beine auf seine Schultern und gab sich räkelnd ganz seiner bewussten Folter hin. Schließlich hatte er doch noch Gnade mit ihr und erhob sich aus seiner Position. Er legte sich halb auf sie und stützte sich mit seinen Armen über ihr ab. Langsam verlagerte er sein Gewicht nach vorn und drang endlich in sie ein. Henrike verzog das Gesicht und Jan stockte erschrocken als er es sah. „Alles in Ordnung?!“, fragte er besorgt. Ihre Mimik glättete sich wieder und sie grinste ihn verschmitzt an. „Du bist nicht gerade schlecht bestückt…“ Jan grinste erleichtert. „Ich weiß!“, antwortete er gespielt angeberisch. Kurz legte er sich komplett auf sie und verweilte so wie er war in ihr. Dann glitt er ein Stück heraus und stieß zu. Erst leicht, denn immer stärker. Henrike hatte ihr Arme um seine Brust geschlungen und genoss es, mit geschlossenen Augen. Nun war er sich endgültig sicher keinen Fehler zu begehen, sie sehnte sich genauso danach wie er. Allmählich fielen immer mehr Hemmungen von ihm ab und seine Bewegungen flossen in einem Rhythmus zusammen, den sie augenblicklich unterstützte. Seine Stöße wurden immer kräftiger. Wieder küssten sie sich und erstickten sich gegenseitig das Stöhnen des Anderen in ihren Mündern. ´Mach die Augen zu…´ Sie erinnerte sich an seine Worte und konnte auch nicht anders als diese lächelnd zu befolgen. Fest heilt sie diese geschlossen und ihrer beider Ekstase immer mehr ansteigen. Es tat so unheimlich gut und sie flehte innerlich darum, dass dieses Gefühl, diese unendliche Hitze nie enden möge. Seine nackte Haut auf ihrer bereite in ihr ein Gefühl, wo sie schon aufgegeben hatte zu hoffen, es je spüren zu dürfen. Und mit der Zunahme dieser Intensität wurde es ihr immer bewusster. Sie konnte es nicht verhindern und so krallte sie sich einfach dort fest, wo sich ihre Hände grad befanden. Sie brauchte einfach Halt, denn das immer mächtiger werdende Gefühl, dass ihren anrasenden Orgasmus bekundete, ließ sie fast endgültig irrewerden. Ihre Fingernägel, die sich in das Fleisch seiner Schultern bohrten, schmerzten, doch dieser wurde von einer gewaltigen Hitzewelle überschwemmt. Er stieß immer heftiger zu und sein Körper schrie nach Erlösung. Auch er selbst hielt es nicht länger aus. Alles in seinem Kopf war dicht vernebelt und dröhnte von der Überflutung dieser Empfindungen. Schließlich presste er sein Becken fest gegen das ihre und ergoss sich mit einem heftigen Stöhnen in ihr. Als er kam ereichte auch sie ihren Höhepunkt und hatte nun vollkommen das Gefühl zu verglühen. Sie bäumte sich stöhnend auf und krallte mit aller Gewalt ihre Hände in das Laken. Ihre eine Hand hatte sie von seiner Schulter zurückgezogen, da sie doch tatsächlich kurz vor dieser lustvollen Explosion noch befürchtet hatte, ihm weh zu tun. Und diese Aktion zu bewerten vergaß sie dann auch vollkommen. Keuchend und mit rasendem Herzen streichelte sie sachte Jan über den Rücken. Sie glitt mit ihren Armen um ihn und gab ihm einen Kuss. Jan erwiderte ihren Kuss. Er spürte deutlich ihr Herz, wie es hektisch gegen ihre Brust hämmerte. Auch sein Atem ging unregelmäßig und schnell, beruhigte sich aber langsam. Die Ruhe danach hatte er schon immer als sehr angenehm empfunden. Er genoss ihr sanftes Streicheln und schloss seine Augen, den Kopf an ihre heiße Brust geschmiegt. Plötzlich regte sie sich wieder und zog ihr Beine nach oben. Leicht verwirrt sah er sie an. Ihr Blick aber gab ihm sehr schnell zu verstehen, dass sie noch mehr wollte. Seinem Grinsen gesellte sich eine hoch gezogene Augenbraue hinzu. ´Das kann nich wahr sein, selbst beim Sex hat der noch sein Grinsen drauf. ´ Ihr Lächeln/Grinsen war nicht weniger verschmitzt als seines. Tatsächlich hatte er genau verstanden, was sie angedeutet hatte und platzierte ihre Beine auf seinen Schultern. So hatte sie es bisher noch nicht ausprobiert, aber einige ihrer Freundinnen hatten ihr erzählt, dass man in dieser Stellung alles noch intensiver vernahm. Offen gestanden, ein wenig überrascht hatte er sie damit schon. Gerade nach all den Befürchtungen, den Ängsten, was er ihr angetan haben könnte oder hatte, als er so heftig mit ihr geschlafen hatte war sie es, die mehr forderte. Sein Grinsen ging zu einem sanften Lächeln über. Ganz sachte glitten seine Fingerspitzen über ihre Oberschenkel und er erfühlte deutlich die Gänsehaut, die er dadurch verursachte. Er konnte gar nicht anders. All seinen Kummer hatte sie gelindert und ihn diesen manchmal sogar komplett vergessen lassen. Allein deshalb wollte er sie liebkosen, bis sie daran zu ersticken drohte. Selbstlos konnte er sich allerdings nicht bezeichnen. Zu sehr genoss er es, ihre Tiefe zu spüren... Sie hatte sich nicht geirrt und ein paar Sekunden bereute sie es, nicht noch ein bisschen länger eingeatmet zu haben. Denn Luft schien ihr momentan rar. Nie hätte sie geglaubt diese Empfindungen noch steigern zu können und alles doppelt so intensiv zu vernehmen. Seine Stöße waren nicht nur heftig, sie waren hart! Auf seinem Körper glänzten schon kleine Schweißperlen, doch er konnte nicht auf hören. Immer wieder stieß er zu und steigerte so sein und ihr Wohlbefinden erheblich. Das Gefühl war wie eine Sucht: Je mehr er bekam, desto mehr wollte er auch! Henrike wusste nicht wohin mit ihrer Lust und so entlud sie es, indem sie heftig stöhnte. Jan war auch nicht gerade still, aber er konnte sich einfach besser beherrschen. ´Wundert mich nicht. ´, dachte die rothaarige Frau und lächelte. Schneller und heftiger als vorhin spürte den nahenden Höhepunkt. Als er sie, so stark wie nie, erreichte rammte sie ihre Nägel in seine Schultern und entlud die Anspannung in einem starken, lustvollen Schrei. Jan kniff die Augen zusammen und legte den Kopf in seinen Nacken, als er das erlösende Zittern spürte. Ihre Fingernägel zogen tiefe rote Spur durch sein Fleisch und bereiteten ihm einen geradezu bittersüßen Schmerz. Vor Erregung zitternd und nach Luft keuchend entfernte er ihre Beine von seinen Schultern und fiel direkt danach auf sie. Mit vibrierendem Atem nahm er wieder ihren warmen Körper wahr, der unter seinem glühte. Neben seinem Kopf, der an ihrer Schulter lag, hörte er sie wohlig seufzen. Minuten vergingen, in denen sie einfach aneinander geschmiegt da lagen und das Hämmern der Herzen ausklingen ließen. Langsam blickte er auf und sah ihr gerötetes Gesicht, ihre geschlossenen Augen und ihre weichen, pochenden, angeschwollenen Lippen. Ihre Lider öffneten sich leicht und er beugte sein Gesicht über das ihre. Als sich ihr Busen gegen seine Brust drückte, spürte er deutlich ihr, noch immer, stark pochendes Herz. Ihr ganzer Anblick, wie sie keuchend unter ihm lag, ihre weiche Haut und die wunderbare Enge, die ihn immer noch umfing, alles erregte ihn noch mehr und ließ eine gnadenlose Hitzewelle durch seinen Körper rasen. Nun öffnete sie die Augen und lächelte ihn schwach und doch strahlend an. Ihm blieb die Luft weg. In diesem Moment glaubte er die schönste Frau der Welt unter sich zu haben. Natürlich wusste er, dass solche Behauptungen totaler Unfug waren, aber sie sah nun mal in diesem Augenblick wunderschön aus… Ihre Hand legte sich auf seine Wange und streichelte ihn sanft. „Die andern können sagen was sie wollen; für mich bist du auch der Hübsche von den Ärzten.“, sagte sie verschmitzt grinsend, bevor sie verlegen zur Seite blickte. „Tut mir leid. Für das Gesülze ist es wohl noch etwas früh…“ Weiter kam sie nicht, denn er legte seine Lippen auf ihre und küsste sie mit einer Sanftheit, die sie vollkommen aus der Bahn warf. Eben war er noch so hemmungslos gewesen und jetzt war er so sanft, dass es schon fast wieder wehtat. Sie konnte immer noch nicht glauben, was hier grade vor sich ging. Wie oft hatte sie davon geträumt ihm so nah zu sein, ihn küssen zu können, ihn zu umarmen, ihm einfach nahe zu sein und so etwas fantastischen mit ihm zu fühlen. Von ihr aus konnte die Welt augenblicklich unter gehen. Sie war glücklich bis zum es geht nicht mehr… Er hob den Kopf leicht an und bewegte sich wieder in ihr. Ganz sachte, lies er die Wellen des letzten Höhepunktes noch einmal leicht auf schwappen. Sein Puls pochte in den Ohren. Er konnte sich in diesem Moment nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so wohl gefühlt hatte. Zwar war er immer noch der Meinung, dass Auf-der-Bühne-stehen besser als Sex war, aber trotzdem. Er mochte die Einsamkeit und die Selbstständigkeit an kaum etwas gebunden zu sein und dennoch, hatte er das Gefühl etwas Wichtiges gefunden zu haben. Doch ehe seine Gedanken zu einem, vielleicht entscheidenden, Schluss kamen, wurde er grob aus ihnen gerissen. Er wurde hoch gedrückt, herum geschleudert und ehe er sich versah, lag er auf dem Rücken und spürte ihr Gewicht auf seinem Bauch. Henrike grinste triumphierend. Jetzt war er unten und sie hatte die Kontrolle über den weiteren Verlauf. Zufrieden aber auch nervös, blickte sie auf sein zuerst verdattertes Gesicht. Sie war, für ihr Alter, noch so verdammt unerfahren und wollte ihm dennoch zeigen, dass sie die Führung übernehmen konnte. Außerdem hatte es sie eh schon gereizt. Nun verschwand Jans verwirrter Blick und das Welt bekannte Farin Grinsen übernahm stattdessen die Oberhand über sein Gesicht. Sie umfasste seine Hände und führte sie zu ihrer Hüfte. Er verstand und dirigierte sie langsam nach unten, als sie sich auf ihn nieder ließ. Beide zogen sie erst einmal tief Luft ein, als sie wieder verbunden waren. Jan glitt mit seinen Händen nach oben und umfing ihre weichen Brüste. Mal sanft mal mit mehr Druck massierte er diese und sie legte genießend den Kopf in den Nacken. Er spürte, wie sie sich auf seinen Oberschenkeln abstützte. Kurz darauf bewegte sie sich leicht. Vor und zurück. Seine Hände verweilten an ihrer Brust und immer entspannter hielt er die Augen geschlossen. Bis er plötzlich heftig aufstöhnte. Sie hatte sich um ihn verengt und lächelte verschmitzt als er darauf reagierte. Ein Effekt war ebenfalls, dass der Druck seiner Hände stärker wurde. Das gefiel ihr. Sie begann das Tempo zu steigern und fing nun selbst an zu stöhnen. Ihr Rhythmus wurde immer härter und das Ergebnis fühlte sich verdammt gut an. Plötzlich spürte sie seine Hände fest an ihren Rücken und sie wollte schon verwundert die Augen öffnen. Doch ihr entglitt stattdessen ein heftiges Stöhnen. Jan hatte sich an ihr hoch gezogen und seine Lippen um die linke Brustwarze geschlossen. Grinsend und hoch zufrieden nahm er ihr stöhnen war und saugte noch stärker dran. Ihr Puls hämmerte an seinem Mund, hektisch und schnell, wie ihr aufgeregtes Herz. Womit er nicht rechnete, war nächste Aktion, als sie sich gegen ihn drückte und mit einem Ruck zurück auf die Matratze beförderte. Keuchend stützte sie sich mit den Armen auf seiner Brust ab und nahm den Rhythmus wieder auf, schnell und hart. Wieder klammerten seine Hände an ihrer Hüfte, aber dieses mal, um sie zu unterstützten. Mit ihren Armen verhinderte sie, dass er sich wieder aufrichtete. Der Druck seiner Finger war schon fast schmerzhaft, doch das war ihr egal. Es gefiel ihr sogar eher. Doch mit einem Mal rutschte sie von seiner glatten Brust, auf der sich Schweiß gebildet hatte, ab und fiel auf ihn. Dabei stieß sie gegen den Nachttisch und die darauf stehende Lampe wackelte und fiel schließlich klirrend zu Boden. ´Verdammt! `, dachte sie und wollte sich auf richten. Aber sie konnte nicht, weil er sie festhielt. Sie bäumte sich wild gegen seine Arme und verstand nicht, weshalb er sie zurück hielt. Erst als sie seine Hand am Hinterkopf spürte, fiel ihr Blick auf seine Augen. Eine tiefe Ruhe kehrte in sie, als seine Pupillen zwar vernebelt, aber trotzdem sanft auf ihr ruhten. Sie sollte nicht ständig Angst haben, irgendwas falsch zu machen. So wie das alles hier geschah, war es mehr als in Ordnung. Er wollte, dass sie das verstand, bevor sie weiter machten. Und mehr als ein paar Blicke hatte es auch nicht gebraucht. Henrike war erstaunt. Nur ein paar kleine Gesten reichten und sie verstanden sich schon. Und die Angst fiel tatsächlich von ihr ab und hinterließ ein wunderbares Wohlbefinden. Seine Hände fuhren an ihr hinunter und legten sich auf ihre Gesäßbacken. Ohne zu Zögern nahm sie den Rhythmus wieder auf, während sie ihn küsste. Kurz darauf ereichten sie ihren gemeinsamen Höhepunkt, indem sie sich in seinem festen Griff auf bäumte. Jans Arme verloren an Kraft und lagen schließlich nur noch schlaff auf ihren Rücken. Henrike hatte sich an ihn geschmiegt und genoss sein klopfendes Herz. In diesem ruhigen Moment versuchte er das ganze irgendwie zu verarbeiten. Gestern hatte er noch geglaubt, sie verloren zu haben; und zwar für immer! Und jetzt… Lagen sie sich in den Armen. Während er noch vor sich hin dachte, löste sie die Verbindung und rutschte neben ihm auf die Matratze. Jan blinzelte. Der Rausch klang nur langsam ab uns daher nahm er seine Umgebung nach nicht so klar wahr. Nach ein paar kleinen Minuten, in deinen sich seine Brust wieder normal hab und senkte, konnte er sie wieder gut erkennen. Ihr rotes Haar, sowie die schneeweiße Haut… Sie lag mit dem Rücken zu ihm und er konnte ihr klopfendes Herz schon fast hören. Er war sich unsicher, was genau in ihr vorging. Dennoch bewegte er sich auf sie zu und schlang seine Arme von hinten um sie. Als sie seine Arme realisierte, blieb ihr Atem für Sekunden stehen. Dann klammerten sich ihre Hände an diese. Kräftig schlug sein Herz an ihren Rücken. Er war so wunderbar warm… Plötzlich musste sie fast lachen. Sie hatte keine Ahnung wie er ihm erging, aber sie war von dieser kleinen Geste bereits wieder mehr als bereit. Ihre Augen huschten zu ihm und trafen seinen Blick, da er sich gerade leicht über sie beugte. In dem Augenblick wusste sie, dass er genauso fühlte. „Nur noch einmal…“ Mehr wurde nicht gesagt. Seine Hand presste ihr Becken fest gegen seines und sie stöhnte wohlig, als sie ihn wieder in sich spürte. Sie musste einfach noch mal sein, dass sie süchtig nach ihm war lies sich sowieso nicht mehr bestreiten. Allerdings spürte sie dieses Mal eine gewisse Zurückhaltung, die er eigentlich nach einiger Zeit verloren hatte. Sanft berührte ihre linke Hand seine Seite, eine stumme Aufforderung. Er hielt inne, der Druck seiner Arme nahm für Sekunden zu. Langsam setzte er seinen Rhythmus fort, dann begann er wirklich, mehr zu geben. Henrike überkam ein leichtes wimmern. Dass er so hemmungslos wurde, hätte sie nicht erwartet, aber gleichzeitig war es so verdammt gut. Seine Stöße waren inzwischen ziemlich hart und ihr Stöhnen glich beinahe Schreien. Plötzlich stockte er. Ihr letztes lustvolles Aufschreien hallte durch den Raum. Augenblicklich sah er sich in der Situation von Gestern Abend. Sie lag wimmernd in seinen Armen und er rammte sich brutal in sie. Schockiert sah er auf sie. Nein! Nicht noch einmal!!! Er drückte sich hoch und wollte sich aus ihr entfernen, doch da schnellten ihr Hand nach hinten und krallte in seine Hüfte. „Nein…“, keuchte sie. „Aber…“, stammelte er verunsichert und noch immer benebelt von der Leidenschaft: „Ich…will dir nicht noch einmal…“ „Bitte, Jan!“, flehte sie und hatte weiterhin die Augen nur einen Spalt geöffnet. „Sei ruhig hart zu mir. Schlag mich wenn du willst, aber lass mich nicht allein!!! BITTE!!!“ Wortlos sah er auf sie und spürte ihre Fingernägel, die sich verzweifelt in sein Fleisch krallten. „Nein…nein, schlagen auf keinen Fall…“, hauchte er und drang mit einer flüssigen Bewegung wieder in sie. Er schlang die Arme ganz fest um sie und drückte sie an sich. Wieder hörte er ihr wohliges Wimmern. „Jan…“ Sie drehte ihm den Kopf leicht zu und sah ihn, mit ihren geröteten Wangen und nur halb offenen Augen, aus denen nun tief grüne Pupillen strahlten, in seine. Ohne groß zu zögern küsste er sei auf ihre angeschwollenen vollen Lippen und bewegte sich wieder in ihr. Er hielt ihren Rücken dicht an seine Brust gedrückt und stieß immer stärker in sie. Und sie „antwortete“ ihm, in dem sie laut stöhnte. Ihr Kopf fiel zurück auf die Seitenlage und er küsste ihren Bereich zwischen Schulter und Hals ausgiebig. Seine heftigen Bewegungen, die diese wunderbare Unerträglichkeit erzeugten, waren einfach nur atemberaubend. Jan konnte aus ihrem Stöhnen vereinzelt Wortfetzen vernehmen, dass schließlich von ihr deutlich in einem Satz kam: „Das…ist so verdammt gut!!!“ Wäre er noch ein bisschen klar bei Verstand gewesen, hätte er wohl gegrinst. Aber dass konnte er nicht. Nicht jetzt! Er hörte sich selbst heftig stöhnen, als sie ihren Höhepunkt erreichte und sich um ihn zusammen zog. Sie selbst schrie. Lustvoll und erlösend. Kurz nach ihr, kam er das vierte Mal an diesem Abend und sank nun endgültig erschöpft zusammen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Ihr beider Atem war tief, flach und verdammt hektisch. Doch das einzige, was beide hörten, war der hämmernde Herzschlag des anderen. Einige lange Minuten blieben sie so liegen. Dann stemmte er sich leicht, mit zitternden Armen, auf und glitt sanft aus ihr. Keuchend fiel er auf die Matratze und versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu kriegen. Da spürte er, wie sich eine Hand sanft auf seine bebende Brust legte. Kurz danach war sie nah bei ihm und legte sich halb auf ihn, mit den Kopf zwischen Schulter und Brust. Langsam hob er seinen rechten Arm und umarmte sie. Jetzt, genau in diesem Augenblick, war er absolut zufrieden und glücklich. Endlose Sekunden lagen sie da, genossen die Stille und das beisammen. Er wollte ihr etwas Nettes sagen, aber ihm fehlten, und das war eine absolute Seltenheit, schlicht und ergreifend die Worte. Und er wollte und konnte es auch gar nicht groß beschreiben. Mit einem leichten seligen Lächeln ergab er sich der drückenden Müdigkeit. Seine Augen fielen zu und nach kurzer Zeit, in der er sanft ihren Arm streichelte, war er in einen tiefen erholsamen Schlaf gefallen. Kapitel 27: Wegen dir --------------------- Wegen dir Es war Morgen. Wie am gestrigen Tag schien die Sonne unermüdlich auf Hamburg hinab. Aber dieses Mal, wirkte sie dabei nicht mehr schadenfroh und grausam. Inzwischen war es wahrscheinlich Mittag und so gut wie jeder aus der Ärzte Family lag noch im Bett und ratzte in seinen Träumen sämtliche Wälder nieder. Wovon Jan jedoch geträumt hatte, konnte er sich nicht mehr erinnern Leise stahl sich das Sonnenlicht heimlich durch die Gardinen in das Zimmer und eine leichte Brise kitzelte Jan auf der nackten Haut. Langsam erwachte er aus seinem tiefen Schlaf und vernahm die angenehme Wärme der Sonnenstrahlen auf seinem Bauch. Er schlug die Augen auf und blickte zu dem offenen Fenster. Kurz war er irritiert, dann war er sich sicher, wer es geöffnet hatte. Er fühlte sich komplett anders, als in der ganzen Zeit davor. So… Erfüllt… Allmählich kehrte in ihm auch die Erinnerung der letzten Nacht zurück. ´Stimmt ja…´ Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, welches von seinem Wohlbefinden berichtete. Noch halb verschlafen tastete er mit seiner Hand nach ihr, doch er fand sie nicht. Egal wie weit er ging um ein Stück ihres Körpers zu erwischen, da war nichts. Müde blickte er zur Seite und musste feststellen, dass der Platz neben ihm lehr war. Mit einem mal putzt munter richtete er sich auf. Das hätte er echt nicht erwartet! War sie etwa einfach gegangen? Doch kaum hatte er sich aufgesetzt setzte etwas ein, was ihn augenblicklich wieder zum hinlegen zwang. Muskelkater… Und was für einer! Ächzend legte er sich in Zeitlupe zurück auf die weiche Matratze und rieb sich die schmerzenden Stellen. Als sich noch ein wenig mehr vom Geschehenen in seinen Schädel einblendete, wunderte ihn gar nichts mehr. Aber auch schon wieder alles. Anscheinend hatte er ja Gestern ein recht gutes durchhalte Vermögen bewiesen… Er schob die Gedanken schnell beiseite und überlegte stattdessen, was mit Henrike sein konnte und weshalb sie verschwunden war. Er kam zu dem Schluss, dass es nicht zu ihr passte und grade deshalb, kam es ihm noch seltsamer vor. Die Augen reibend drückte er seinen Kopf noch einmal zurück ins Kissen, richtete sich aber sofort wieder auf. Er wollte gucken wo sie abgeblieben war. Vielleicht hatte sie ja noch ein Problem…. Natürlich konnte sie auch einfach nur gegangen sein, aber er wollte lieber sicher gehen. Immerhin war auch Gestern, insbesondere die letzte Nacht, so einiges passiert… Auf den Knien las er geduldig seine Klamotten auf, die ja überall im Raum verteilt waren, und zog sich an. Das Waschen und Kämmen ließ er erst einmal aus, es war ihm viel wichtiger zuerst Henrike zu finden. Nachdem er seinen Gürtel umgeschnallt hatte schlürfte er zur Tür und als er sie öffnete stand Celina vor ihm. Abrupt blieb er stehen, fast wäre er in sie hinein gerannt. „Oh… Morgen.“ Jan begrüßte sie, doch er bekam keine Antwort. Nur eine ihn anglotzende Celina, die wohl, innerlich, ziemlich mit sich herum druckste. Abwartend zog er eine Augenbraue nach oben und in seiner Magengegend machte sich ein ungutes Gefühl breit. Irgendetwas stimmte nicht… „Du könntest mich erst einmal begrüßen oder du sagst mir gleich, was los ist.“, sagte er sarkastisch und lehnte sich an den Türrahmen. Das kam ihm ziemlich Ungelegen, er wollte doch nach Rike suchen. „Nun sag schon!“, drängte er ungeduldig aber freundlich. „Jan…“ Endlich brach sie das Schweigen und er atmete erleichtert aus, doch dann: „Wir haben ein Problem… ein großes Problem…“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Mehr hatte sie ihm nicht gesagt, nur dass Dirk und Rodrigo sie geschickt hatten ihn zu holen. Eilig liefen die beiden den Flur entlang, bis er einen ungewöhnlich unruhigen Rodrigo erblickte, der gegen eine Tür hämmerte, welche sich wohl partout weigerte auf zu gehen. Er wurde gerade von Dirk abgelöst, der irgendwas von ´Tür eintreten´ laberte. Jan sah dem Schauspiel halb verwirrt, halb belustigt zu, bis ihm eine Kleinigkeit auffiel: ´Moment mal; Das ist doch Rikes Zimmer! ´ Sein Gang beschleunigte sich. „Was ist denn mit euch los?! Ihr habt gleich das gesamte Hotel wach gekriegt!“ Seine Bandkollegen unterbrachen augenblicklich ihre Tätigkeit und sahen zu ihm auf. Beide wirkten gestresst und waren, ganz offensichtlich, sehr beunruhigt. „Jan, wir haben echt ein Problem.“ „Das ist nicht zu übersehen. Aber kann mir mal bitte einer sagen WAS los ist?“ Keiner sagte etwas. Nach kurzem Schweigen regt Rodrigo sich hielt ihm einen Zettel hin. Mit einem fragenden Gesichtsausdruck nahm Jan diesen entgegen. „Ließ!“, forderte der schwarzhaarige Chilene. Jan faltete das kleine Stückchen Papier aus einander und las stumm. Sein Gesicht war zu Anfang eher entspannt, doch nach und nach nahmen seine Gesichtszüge einen Ausdruck von totaler Fassungslosigkeit an. „Das ist nicht euer Ernst…?“ Er sah von dem Zettel auf. „Das ist nicht ihr Ernst!!!“ „Scheinbar doch!“, seufzte Rodrigo, dem der Zettel durch seine Zimmertür durch gesteckt worden war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Das passte gar nicht zu ihr. Normalerweise schlief sie immer bis in den Nachmittag, wenn sie die Möglichkeit hatte. Doch plötzlich war sie aus ihrem unendlich tiefen Schlaf erwacht und konnte danach kein Auge mehr zu tun. Jetzt stand sie hier, quasi zwischen Tür und Angel. Vor einer halben Stunde hatte sie noch am Fenster gesessen. Mit einer der beiden Decken aus dem Doppelbett um den Schultern und hatte sich den Wind um die Ohren wehen lassen. Was bei dem Schweißfilm auf ihrem Körper unglaublich gut getan hatte. Das konnte noch an ihm liegen, aber größtenteils an dieser Hitze, die um und in ihr noch herrschte. Kurz davor hatte sie lange (waren es Stunden?) im Bett gelegen. Hatte seinen Körper, der in die Matratze gepresst vor sich hin schlummerte, betrachtet, ihn sanft gestreichelt und auch einfach nur beobachtet. Sein Atem ging regelmäßig und erschien ihr unglaublich tief. Dazu noch der feste Rhythmus seines Herzens. Was für ein geiles und wunderbares Gefühl sich mit dem Gesicht auf seine Brust zu legen und diesem Schlag Stunden lang zu lauschen. Selbst diese Kleinigkeit war Genuss pur. Sie hatte sich nie wieder von ihm lösen wollen, doch nun stand sie hier. Sie hatte eine Menge nachgedacht… …Sein Arm hatte noch recht lange um sie gelegen, auch lange nachdem sie wieder erwacht war… Wieder musste sie an die ganzen Gesten denken. Nachdem sie sich angezogen und ihren Schlüssel unter den kleinen Chaosbergen hervor gebuddelt hatte, saß sie eine ganze Weile auf dem Bett. Doch nun stand sie. Bereit und fertig. Zumindest hoffte sie das. Sie zögerte. Sollte sie nicht vielleicht noch einmal zu ihm gehen…? … … … Nein, lieber nicht. Das würde es ihr kein bisschen leichter machen. Aber… ARGH, schon wieder dieses scheiß Aber!!! Manchmal hasste sie es regelrecht. Aber hier gewann, mal wieder, ihr Bauchgefühl. Nach wenigen Schritten war sie wieder bei ihm. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, beugte sich hinunter. Ihre Hand verkrampfte sich kurz zu einer Faust, wodurch der Zettel in ihr zerknüllt wurde. Sie stützte sich auf dem Bett ab und schloss noch einmal die Augen. „Jan… du Arsch…“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Rod, ich steige aus. Ich habe lange mit mir gehadert, bin mir in meiner Entscheidung aber nun vollkommen sicher. Ich werde das letzte Konzert hier, das am 25 Juli, noch mit machen, danach könnt ihr mich hier in Hamburg zurück lassen. Ich bin nicht unersetzbar und wenn ihr wollt schlage ich euch noch ein paar andere Sängerinnen vor, die sich bestimmt über die Stelle freuen würden. Es hat sich bei mir ein Problem ergeben, über das ich nicht sprechen will und ehe das in einer totalen Katastrophe endet, gehe ich lieber. Ich hoffe euch nicht zu sehr in Schwierigkeiten zu bringen. Es tut mir Leid. Henrike Kapitel 28: FaFaFa... --------------------- FaFaFa… „Jetzt mach diese scheiß Tür endlich auf!“ Jan brüllte fast das gesamte Hotel zusammen, als er auf die, ja eigentlich unschuldige, Tür einhämmerte. Er konnte einfach nicht glauben, was da auf dem Zettel stand. Und er wollte es auch nicht… Minuten lang hatte er nur da gestanden. Den Blick, auf den Boden gerichtet. Die anderen hatten sich wieder der Tür zugewandt und versuchten mit Henrike zu kommunizieren. Erfolglos… Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Wodurch ihr Zettel völlig zerknüllt wurde. Dann ließ er ihn einfach auf den Boden fallen, wo er unbemerkt liegen blieb. Er ging los und bahnte sich unsanft einen Weg zu Tür, wo er ohne zu zögern seine Faust gegen donnerte. „Jan…“ Dirk wollte seinen Freund beruhigen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Doch Jan stieß sie weg und schlug weiterhin gegen die Tür. Dirk wich zurück. Er konnte sich nicht daran erinnern den Gitaristen jemals so in Rage gesehen zu haben. Mehrere Vermutungen schossen ihm durch den Kopf, als er dem Gebrüll seines Freundes lauschte. Im selben Moment kam Michaela auf die Gruppe zu. Dass sie bisher gefehlt hatte, war der Aufmerksamkeit des blonden Mannes vollkommen entgangen. Aus dem Augenwinkel sah er kurz ihren blonden Haarschopf, aber es interessierte ihn nicht „Und?“, fragte Rod die eben eingetroffene Sängerin. Mischa schüttelte den Kopf. „Ich habs bestimmt 10 Minuten lang klingeln lassen, aber sie geht einfach nicht ran…“ Rodrigo seufzte und fuhr sich gestresst mit der Hand durchs Haar. `Gerade wo ´s bei uns wieder besser läuft muss natürlich so etwas passieren…´ „Jan…“ Verwundert sah der Chilene auf. Hatte er sich das gerade eingebildet? „Jan…“ Die bisher vollkommen stumme Celina hatte schüchtern ihre Hand gehoben und versuchte Jan zu erreichen. Jedoch war dieser immer noch so aufgewühlt, dass er sie wohl nicht bemerkte. Oder ignorierte er sie absichtlich? Er sah zu Dirk und dieser gab ihm mit seinem Blick zu verstehen, dass er es natürlich auch bemerkt hatte. „Jan!“ Celina wurde lauter, doch sie blieb weiterhin erfolglos. Entschlossen packte Dirk den rechten Arm seines Freundes und hinderte ihn so an einem weiteren Schlag gen Tür. So schnell lies Jan dies jedoch nicht zu und er wehrte sich gegen den festen Griff des Drummers. „Max!“ Das wirkte! Als Dirk ihn, mit fester Stimme, bei seinem dritten Vornamen nannte, stockte er augenblicklich in seinem Widerstand. Zu selten sprach man ihn so an. Wenn es doch dazu kam, war die Situation meist sehr ernst. Jan blinzelte. Er sah seine geballten Fäuste, die fest gegen die verschlossene Tür gepresst waren und musste schlucken. Dirk ließ ihn wieder los und seine Arme glitten von der Tür und hingen nun schlaff an beiden Seiten hinunter. Jedoch blieben seine Hände weiterhin geballt. Keiner sagte etwas, bis Rodrigo sich räusperte. „Ich glaube Celina wollte etwas sagen.“ Alle Augen richteten sich automatisch auf die besagte Person. Diese war sichtlich erleichtert, dass sie nun die Aufmerksamkeit von Jan hatte. „Also…Ich glaube nicht, dass Henrike noch in ihrem Zimmer ist.“ „Und wieso bist du dir da so sicher?“, fragte Mischa ungläubig. Celina wandte sich ihr zu. „Ich kenn sie einfach schon viel zu lange, sie hätte uns die Tür wahrscheinlich schon längst aufgemacht. Ich vermute eher, dass sie irgendwohin geflohen ist… „Ach?“ Alles drehte sich um. Das verächtliche Schnauben kam ziemlich überraschend. „Red nicht so einen Bullshit! Was ist, Hast du sie wieder bei dir versteckt?“ „Äh, wie?“, Celina wich etwas erschrocken zurück, als er plötzlich seinen, vor Wut brennenden, Blick auf sie richtete. „HALTET IHR MICH FÜR VÖLLIG BESCHEURT??? Denkst du, ich hab nicht kapiert, dass sie in der Nacht schon sich in deinem Zimmer ver… krochen hat!!!“, seine Stimme bebte, er musste alles an Beherrschung aufbringen, um nicht schon wieder zu brüllen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kopf schüttelnd drehte die Braunhaarige sich zurück zum abgedunkelten Zimmer. „Oh man Rike…“, seufzte sie und ging auf ihr Bett zu… …in dem Henrike lag und sich zusammen gerollt hatte. Ratlos sah Celina auf ihre Freundin hinab. Es war gerade mal 5 Minuten her, dass sie bei ihr geklopft und schon fast verzweifelt drum gebeten hatte, in ihr Zimmer zu dürfen. Celina hatte zuerst befürchtet, dass Henrike wieder sexuell bedrängt worden war, oder zumindest Angst vor etwas ähnlichem hatte. Wahrscheinlich war die Braunhaarige deshalb so biestig gewesen, als es an der Tür geklopft hatte. Aber nie im Leben hätte sie vermutet wer da stand. Gut… eigentlich hätte sie schon merken müssen, dass die Person sie kannte, da diese ihren Namen rief. Aber trotzdem. Schweigend setzte sie sich neben ihrer Freundin auf das Bett. „Was ist denn passiert?“, fraget sie besorgt und wollte ihr durch das Haar streichen. Rike zuckte kurz zurück, ließ es dann aber zu. So bemerkte Celina, dass sie nasse Haare hatte. „Was…?“ Die Berlinerin war sehr irritiert, bemühte sich aber, nicht hektisch zu werden. „Hey…“, sprach sie nochmals sanft und nahm die Rothaarige, so gut es ging, in den Arm. Sie sollte merken, dass jemand für sie da war. Henrike lag einfach nur da, und schien gar nicht mehr zu reagieren. „Wir haben uns gestritten…“ Celina schlug ihre Augen wieder auf. „Worüber?“, harkte sie sanft nach. Rike blieb stumm. „Ka… kann ich dir noch nicht sagen…“, ihre Stimme klang seltsam angehackt. „Aber… er hat etwas get… gesagt… und ich…“, ihre Stimme versiegte endgültig in der Stille. Celina blieb still und zog die Rothaarige näher zu sich heran. Vorsichtig streichelte sie die kleinere und hoffte, es würde ihr helfen. Schließlich regte Rike sich wieder. Sie stand auf. „Danke… Celli… Ich muss mal ins Bad.“ Da! Celina war sich zu 100% sicher, ein leises Schniefen gehört zu haben. Die Braunhaarige empfand es in diesem Moment absolut als zu dunkel und schaltete das Licht der Nachttischlampe an. Henrike stand mit dem Rücken zu ihr. „Mensch Sweetie, warst du bei dem Wetter noch draußen?“ Der Stoff der Jeans klebte teils an den Beinen der Hamburgerin. Celina konnte ja nicht wissen, dass Henrike dadurch so nass war, weil sie sich ohne groß abzutrocknen die Klamotten über gezogen hatte. Wahrscheinlich vermutete sie, Henrike käme gerade von draußen. Rike ließ ihre Freundin in dem Glauben. „Ist dein Kulturbeutel im Badezimmer?“ Es schien, als hätte die Rothaarige gar nicht zu gehört. „Ja…Warum?“ „Hab meine Tage.“, diese Antwort kam Celina einen Tick zu schnell, sie sagte aber nichts dazu. Ohne ein weiteres Wort ging Henrike los und schloss sich in dem Badezimmer ein. Celina bemühte sich beim Warten krampfhaft darum wach zu bleiben. Es viel ihr sehr schwer. Zum einen war Rike wirklich seeehr lang in dem Bad, zum anderen war sie eh schon Hundemüde gewesen und, hätte Henrike sie nicht daran gehindert, wäre sie auch schlafen gegangen. Als der kleinen Teufel endlich wieder zum Vorschein kam, rüttelte sie dies wieder etwas wach. „Menno man… also wenn du mal lang im Badezimmer bleibst, heißt das ja eh nix gutes.“ Henrike sah sie kurz an. Celina musste schlucken, ihre Kleine sah einfach nur elendig müde aus. „Du willst heute nicht mehr reden, oder? Mit diesem Satz stellte sie es eher fest, als es zu hinterfragen. Rike sah sie eine Weile an und nickte. „Dann komm!“, Celina lächelte schief und schwang sich aus dem Bett: „ Ich leih dir einen meiner Pyjamas!“ „Danke.“, hauchte Rike schwach und schlürfte zum Bett. Sie hatten nicht mehr miteinander geredet. Henrike zog sich nur die Bettdecke bis zum Kinn und war ab dem Punkt endgültig nicht mehr ansprechbar. Am nächsten Morgen war Celina allein im Bett aufgewacht. Nur ein kleiner Zettel lag auf dem Nachttisch. In diesem erfuhr sie, dass ihre Freundin schon gegangen war und sich ein paar Anziehsachen von Celina geliehen hatte. Außerdem, dass sie pünktlich zum Soundcheck da sein würde. Celina hatte natürlich noch versucht sie auf dem Handy zu erreichen, aber es brachte nichts. Der gewünschte Teilnehmer ist zur Zeit nicht… BLA BLA BLA… Zum kotzten, doch was sollte sie machen? Letztendlich, nachdem sie ein wenig nach Rike gesucht hatte, beschloss sie, noch bis zur vereinbarten Zeit zu warten. Sie konnte nur noch hoffen, dass ihre kleine keinen Scheiß anstellen würde… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Ja.. Ja, sie war in meinem Zimmer!“, stotterte sie, immer noch überrumpelt. „Aber jetzt ist sie das nicht, ich schwöre es, bei Stevie Wonder!!!“ Jan starrte weiterhin auf sie und machte nicht auch nur ansatzweise ein Zeichen dafür, dass er es ihr glaubte. Aha, was hielt sie denn noch vor ihm geheim??? Jan riss seinen Mund erneut auf, als Dirk sich schnell einwarf. „Nacht? Versteckt??? Kann uns vielleicht endlich einer aufklären?“ Jan sagte nichts dazu, ignorierte seinen Freund komplett. Celina war weiterhin von dem Blick des blonden gefangen und löste sich mit einem Ruck davon. „Das ist jetzt Nebensache. Es hilft uns auch nicht weiter…“ Ratlos sahen alle in die Runde. Nur Jan nicht. Die Neugierde nagte wohl in jeden von ihnen. Aber ebenso wussten alle, dass die Situation hier viel zu ernst war… Der Grund, weshalb jeder seine Fragen zu dem erwähnten Nachtdrama erst einmal für sich beheilt. „Aber…“, Rodrigo kratzte sich am Kinn und fuhr fort: „Ich verstehe trotzdem nicht, warum unsere Backgroundsängerin einfach abhaut und, so ganz nebenbei, auch noch kündigt, ohne uns einen triftigen Grund zu nennen.“ „Ich auch nicht.“ Sofort vielen alle Blicke zu Jan, der sich nun offenbar beruhigt hatte. Doch dem war nicht so. Innerlich war er noch immer unglaublich aufgewühlt. Alles in ihm weigerte sie partout zu begreifen, was geschehen war. In seinem Kopf spielte sich immer wieder das letzte Bild von ihr ab. Wie sie glücklich und verschwitzt, auf seiner Brust, an ihn geschmiegt, bei ihm lag. Noch immer heiß von dem wunderbaren Erlebnis davor… Aber warum verdammt noch mal tat sie das jetzt nur! „Eins ist auf jeden Fall klar: Wir haben den ganzen Kram mit ihr erarbeitet. Wenn sie jetzt geht…gut, Vanja könnte fest einsteigen. Aber… Rike gehört dazu! Es würde eindeutig etwas fehlen.“, sprach Dirk zu den anderen. „Die Alternative wäre, dass wir das mit dem Backing streichen und normal auftreten.“ Wären die anderen sich dessen nicht schon bewusst gewesen, hätten alle Rodrigo wohl entsetzt an geglotzt. Allerdings war das wirklich die absolute Notfall Lösung! Dessen war Rod sich vollkommen bewusst und das miese Gefühl in seiner Magengegend meldete sich wieder. „Wir müssen sie finden.“, sagte Jan entschlossen: „Ich lasse sie nicht gehen, ehe ich nicht einen einigermaßen vernünftigen Grund höre.“ Dirk lächelte schief und war unendlich froh, seinen Freund wieder in einer stabileren Verfassung zu sehen. „Kein schlechter Vorschlag Sherlock. Aber wo? Hamburg ist groß!“, erwiderte er jedoch. „Aaaaach, weiß ich doch! Aber irgendwo muss sie doch ganz gern sein? Wo habt ihr sie denn damals getroffen?“ „Im Plattenladen! Aber… meinst du echt sie könnte da sein?“ Jan sah Dirk direkt in die Augen. „Es ist immerhin etwas.“, drängte er. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Etwas später verließ jeder das Hotel in einer anderen Richtung. Dirk sollte in den Plattenladen gehen, Rodrigo würde einen gewissen Teil der Elbe absuchen, wo sie sich gern aufhielt. Mischa sollte im Hotel bleiben, als Wachposten, falls Rike zurückkommen sollte. Celina nahm sich vor zu dem Orten zu gehen, bei denen sie mit Henrike zusammen gewesen war. Und Jan? Wusste nicht so recht wohin. Er beschloss sich von seinem Gefühl treiben zu lassen… Vielleicht würde ihm das ja weiterhelfen. Als er eine Straße endlang kam, spielte irgendein bedeppertes Lokal doch tatsächlich YESTERDAY. Es war kein Geheimnis, dass die BEATLES seine Lieblingsband waren. Aber der Song half ihm grad keinesfalls weiter. Er machte ihn nur noch melancholischer… Kapitel 29: Komm zurück ----------------------- Komm zurück! Nichts. Nicht, nichts und wieder nichts. So sah die Ausbeute aus, als alle gegen Abend wieder ins Hotel schlürften. Nicht eine Spur von der Rothaarigen, nicht ein, Anhaltspunkt, wo sie hätte sein können. Auch bei Mischa gab es nix Neues. Wie abgemacht hatte sie die ganze Zeit über am Eingang verbracht, aber es war niemand vorbei gekommen, der ihr auch nur ansatzweise ähnelte. Keiner wusste nun so recht, wie zu Handeln war. So überraschte es auch nicht, dass ein gewisser blonder Riese sich Problemlos selbstständig machen konnte… Jan lag den Rest des Tages stumm auf seinem Bett und starrte an die Decke. Er hatte sich eine seiner Lieblings CDs, von Johnny Cash, eingelegt, doch die Musik nahm er schon längst nicht mehr wahr. Wie lag er jetzt schon hier? Drei, vier Stunden? Er wusste es nicht und es war ihm auch egal… Er hatte öfter überlegt mal die Augen zu schließen, aber das mit dem Schlafen wollte auch nicht klappen. Dazu ratterte es in seinem Kopf viel zu laut. Gerade vernahm er wieder das leise Klopfen an seiner Zimmertür. Völlig desinteressiert blieb er einfach liegen. `…wer ists diesmal? ´ Schweigen. Er tippte auf Rodrigo. „Mensch Jan…“ Überrascht hob er eine Augenbraue. „Red doch mal endlich mit uns! Ist irgendetwas zwischen dir und Rike vorgefallen?“ Der angesprochene gab keine Antwort auf die Frage. Müde drehte er der Tür den Rücken zu. „Scheiße man, so kenn ich dich gar nicht! Jetzt komm endlich raus aus deinem verfickten Schneckenhaus!!!“ Die Stimme wurde lauter, wohl mehr, als die Person es beabsichtigt hatte. Jan schloss die Augen. `Hau ab Dirk. Du kannst mir auch nicht helfen…` Der Drummer klopfte erneut, dieses Mal kräftiger. Die CD hatte gerade geendet und eine erdrückende Stille legte sich schwer auf Jan. Eine Weile geschah gar nichts, dann vernahm er ein Seufzen von der anderen Seite der Tür aus. Er hörte Schritte. Dirk war endlich gegangen. Doch als sich die Stille erneut auf ihn nieder ließ wünschte er sich für einen kurzen Moment doch, dass sein bester Freund geblieben wäre. „Wenn du mit einem von uns reden willst kannst du immer kommen“ Der Standartspruch, dieses Mal blieb er ungesagt. Langsam rollte er wieder auf den Rücken. Er war so unsagbar müde und konnte trotzdem einfach nicht schlafen. Seine Augen taten weh und der Magen knurrte aufgrund des gärenden Hungers. Wieder schweigen. „Wo ist sie nur?“ Fragte er in die Stille hinein. Den Satz, der ihm die ganze Zeit im Kopf umher schwirrte Seine Lider fielen zu und er sah sie wieder. Wie sie lachte…lächelte… Er dachte an ihre gemeinsame Nacht zurück. Wie sie sich beide verschwitzt in den Armen gelegen hatten und die Wärme des anderen genossen… An nichts anderes denkend, nur an den Augenblick. Er öffnete die Augen wieder und gab einen gequälten Laut von sich. Ich bin allein, du bist nicht hier. Ich bin allein und die Zeit steht still. Langsam richtete er sich auf und setzte sich an den Bettrand. Warum bist du nicht bei mir? Er wischte sich mit den Händen über das Gesicht. Mit einem Mal quollen die Gefühle wieder auf. Du weißt, dass ich nichts anderes will Ich bin allein und du rufst nicht an Ein Seufzen drang durch sein verborgenes Gesicht hervor. Du bist weit weg und suchst dein Glück Obwohl du mich nicht hören kannst, Sag ich dir: „Bitte… „Komm zurück…“ Natürlich, jetzt kams wieder! Einer seiner Songs der sich ihm auf drückten, weil er plötzlich doch einen persönlichen Bezug erhielt. Allmählich bekam er regelrecht Brechreiz davon. Aber es stimmte, leider… Du kannst nicht wissen wie das ist Vielleicht wirst du es nie verstehen Wie sollte es denn jetzt bitte weiter gehen? Langsam erhob er sich und ging zum Fenster. Er wollte weg von hier. Irgendwohin in eine schöne einsame Pampa die er noch nicht kannte, die er bis zum erbrechen erkunden konnte und in der er alles vergessen konnte, was ihn hier so belastete. Aber… Angenommen er hätte die Möglichkeit komplett ab zu hauen. Wollte er das denn wirklich? Ich will nur, dass du bei mir bist Ich will dich endlich wieder sehen Ein ironisches Lachen hallte kurz durch den Raum. Er war quasi in dieser verfickten Falle gefangen und je mehr er zappelte, desto tiefer geriet er hinein. Ihm wurde klar: Er würde nie mehr weg können, ehe er nicht wusste wo sie war. Ich sitze hier und ich bin allein Und langsam werde ich verrückt Seine Hände bebten erneut. Verfluchte Scheiße… Ich kann nicht mehr alleine sein Oh bitte, bitte, komm zurück! Ehe er wusste, was er tat, wer schon aus dem Zimmer gestürmt. Er rannte und stand kurz darauf vor dem Hotel. Er rang nach Luft, er fühlte sich, als wäre er in dem Zimmer fast erstickt. Seine Lungen fühlten sich mit der reinen Nachtluft, die trotz des heißen Sommers um einiges kühler als am Tage war. Das tat gut. Seine Gedanken waren eigentlich recht klar, wurden jedoch von all den Emotionen gnadenlos überschattet. Ihm war wieder danach zu schreien, aber er entschied sich, leicht krampfhaft, es dieses Mal zu lassen. Er musste auch endlich seine Wut in den Griff bekommen, die anderen hatten diese schon viel zu oft ab bekommen. In seinem mund breitete sich ein bitterer Geschmack aus. Er wollte verdammt noch mal zu ihr, aber gleichzeitig baute sich eine furchtbare Wut gegen sie auf. Die Situation kam ihm so lächerlich bekannt vor, nur das er das letzte Mal der Auslöser dafür gewesen war. Allmählich bekam er wirklich das Gefühl wahnsinnig zu werden… Ich bin allein. Was soll ich hier? Bitte, komm zurück zu mir! Ich liege wach bis nachts um vier Bitte, komm zurück, zurück zu mir Es war weit nach vier Uhr, dass wusste er. Kein Schwein würde ihn hören, es würde niemanden stören und keiner würde ihn blöd anglotzen. Dies schoss ihm noch durch den Kopf, ehe doch ein Aufschrei aus ihm aus brach: „Verdammt, KOMM ZURÜCK!!!“ Er schnaubte. Es war gut gewesen, so hatte sich wenigstens etwas von dem Aufgestauten verraucht. Jan beheilt seine Augen und hörte innerlich noch seinen eigenen Aufschrei verhallen. Bis ein Geräusch ihn aufweckte. Was...? Es klang, als wäre etwas zu Boden gefallen. Etwas Metallisches… Seien Lider flogen auf und er blickte in die Richtung, aus der dieser Laut gekommen war. Augenblicklich fiel sein Atmungssystem aus. Eine, weg geworfene und auf dem Boden liegende, Dose war durch einen Fuß bewegt worden. Unbeabsichtigt, da sich die Person erschrocken hatte. Anscheinend hatte Henrike kein Stück vermutet, jetzt noch auf Jan zu stoßen… Kapitel 30: OK -------------- OK Henrike erstarrte. Nein, damit hatte sie nicht gerechnet. Irgendein Gefühl hatte sie Nachts hierher getrieben, da sie in dem Glauben war um diese Zeit niemanden hier an zu treffen. Doch was passierte? Nicht nur dass sie jemandem begegnete, es war auch noch ausgerechnet Er. Verfluchte Scheiße… Da stand sie! Unfähig sich zu bewegen nur ein paar Meter von ihm entfernt. Er sah sie endlich wieder... Nach den unzähligen Stunden, in denen kaum Ruhe bekommen, geschweige denn etwas gegessen hatte. „Wo warst du?“ Fragte er sie tonlos, auch wenn er unendlich erleichtert war zu wissen, dass sie unversehrt war. Was wäre gewesen, wenn man sie wieder überfallen hätte und er nicht da gewesen wäre um sie zu beschützten. „Nirgendwo…“ Gab sie auch nicht grad melodiös zurück. Sie drehte sich von ihm weg. „Es ist alles OK.“ „ABSOLUT NICHTS IST OK!!!“ Sie zuckte zusammen, aber das war ihm egal. Die Sorge um sie hatte ihn fast wahnsinnig werden lassen und dann stand sie einfach nur da und sagte es wäre „OK“! Absolut nichts ist in Ordnung. Absolut nichts ist OK. Henrike starrte ihn kalt an. Ja, darin war sie inzwischen echt gut geworden: Eiskalt und arrogant zu sein, um so die anderen daran hindern, sie zu erreichen. In ihrem Verstand war eine feste Stimme, die sie streng mahnte: Verkneif dir jegliches Mitleid Und spar die jedes Klischee. „Jetzt rede gefälligst mit mir, oder willst du wieder einfach weg rennen? Ich hatte eigentlich gedacht du wärst nicht so feige!!“ Ja, es geht mir beschissen. Ja, es ist wegen dir. Doch davon willst du nichts wissen, sonst wärst du sicherlich hier, bei mir. Noch nicht einmal mit der Wimper schien sie zu zucken und es machte ihn rasend. Ich hasse dich. Ich hasse dich. Ich hasse dich. „Was kümmert dich das überhaupt? Ich kann auf mich selber aufpassen.“ Sie blieb weiterhin kalt. Äußerlich zumindest. Er durfte auf keinen Fall sehen, was jetzt in ihr tobte. Denn dass würde alles nur noch schlimmer machen… Absolut nichts ist mehr heilig Absolut nichts steht noch fest „WAS ES MICH KÜMMERT??? Du hast echt Nerven!!! Hast du nur zum Zeitvertreib mit mir gevögelt oder was?!“ Was sollte die Kacke??? Wieso zog sie plötzlich so eine Show ab, er verstand die Welt nicht mehr... Ich hätte niemals erwartet, Dass du mich einfach verlässt `Wenn du nur wüsstest…` Sie fühlte sich furchtbar, was machte sie hier eigentlich? Sie hatte es beenden wollen und nun stand sie hier. Und wieder kam sie sich so elendig hilflos vor… Ich hasse meine Gefühle Und meine Hilflosigkeit Nein! Sie dürfte jetzt auf keinen Fall schwach werden. Immer, überall, jederzeit, nur nicht hier und jetzt. Aber ich bin mir ganz sicher Das geht vorbei mit der Zeit Mit der Zeit „Ich hasse dich.“ Ihm blieb die Luft weg, als sie diese Worte sagte. Ohne auch nur den Hauch von Zweifeln oder Unsicherheit in ihrer Stimme. Er glaubte an eine Verarschung, aber warum zum Teufel sollte sie das tun? „Du lügst.“ Es sollte wesentlich gefasster klingen, aber er konnte einen leichten Klang von Fassungslosigkeit nicht unterdrücken. Da! Er war sich nicht sicher, konnte aber schwören, dass sie kurz und kaum merklich gezuckt hatte. Das gab ihm Sicherheit. „Du lügst.“ Er sagte es noch einmal, weil er sich dessen immer sicherer wurde. Zumindest hoffte er inständig, dass sie ihm gerade nicht die Wahrheit sagte. Aber ihm fiel absolut nichts ein, weshalb er sich diese extreme Abscheu zu gezogen haben könnte. „Du lügst!“ „Nein!“ Sie rief es fast aus und das so zitterig, dass er endgültig den Glauben an ihre Worte verlor. „Rike…“ Er ging langsam auf sie zu. Sie wich ruckartig vor ihm zurück, was ihn wieder zum stehen brachte. Jan hob beschwichtigend die Arme und versuchet es erneut. „Bitte… Sag mir doch, was los ist!“ „Nein...“, sie schüttelte den Kopf, fast als wolle sie sich selbst beruhigen, und wich noch mehr zurück. Ihr Gesicht ging Richtung Boden, als hätte sie einen Kampf verloren. Jan glaubte, er könne sich ihr nun nähern und setzte seinen Gang fort. „Es ist besser so!“ Und als hätte irgendetwas eingeschlagen, raste sie wie von der Tarantel gestochen weg. So plötzlich, dass Jan erst völlig perplex stehen blieb. Als ihre Aktion oben angelangt war, rannte er ihr augenblicklich nach. Doch durch den Überraschungseffekt hatte sie einen starken Vorsprung für sich eingeheimst. Sie stürmte einfach weg, in den Park, in dem sie bereits mit ihm gewesen war und raste in den wildesten Haken um die Abzweigungen. Sie wusste nicht, wie nah Jan ihr auf den Fersen lag und sie blickte sich auch nicht nach ihm um. Sie hörte noch seine Stimme, wie er versuchte sie zum stehen bleiben zu bewegen. Henrikes Herz begann zu bluten, als sie es schmerzlich ignorierte. Schließlich schlug sie einen letzten scharfen Haken und warf sich hinter ein dichtes Gebüsch. Dort verkroch sie sich in der finstersten Ecke und wartete ab. Gut, diese Aktion grenzte schon am total kindischen, aber sie kannte ihr Können als Läuferin nur zu gut. Lang und ausdauernd war sie noch nie gewesen, was Laufen betraf, und dadurch hätte er sie sicherlich bald eingeholt. So oder so hätte sie versucht sich zu verstecken und im Wald lag ein Busch nun mal am nächsten. Keine zwanzig Sekunden später tauchte er auch tatsächlich auf. Keuchend stoppte er und sah sich um. Ohne es zu wissen stand er gerade mal knapp einen Meter neben ihr. Henrike presste sich die Hand auf den Mund und hielt praktisch den Atem an, da ihr selbst dieser im Moment dröhnend laut und verräterisch vorkam. Jan blickte sich hektisch um. Offensichtlich hatte er ihre Spur verloren und stand nun vor einer mehr gleisigen Abzweigung. „Scheiße…FUCK!!!“ Brüllte er einmal und schlug nach einem Baum, den er knapp verfehlte und so ins taumeln geriet. Durch die Schritte die er rückwärts tapste kam er ihr unfreiwillig näher. Henrike zog sich zusammen, schloss die Augen und hoffte, dass er schnell verschwinden würde. „Soll es wirklich so enden?“ … … … ´Nein…` Rikes Herz erlitt einen Stillstand und jegliches Gefühl entfloh ihrem zitternden Körper. Seine, durch Traurigkeit gezeichneten und von ihm gehauchten Worte hallten immer und immer wieder durch ihren Kopf. Diese Worte und dieses kalte Denken, welches sie wieder streng ermahnte. Am morgen geht die sonne auf Und ich hasse dich Die Welt nimmt weiter ihren lauf Und ich hasse dich Menschen gehn von A nach B Und ich hasse dich Im Winter fällt ein bisschen Schnee Ihre Lider klappten hoch und so flüchteten die eingesperrten Tränen nach draußen, über ihre Wangen herunter. `Nein…` Er ging. Langsam, als hätte auch ihn sämtliche Kraft verlassen. `Nein…` Ihre Hände wandten sich von den Lippen ab und gaben so ihren Mund wieder frei. Krampfhaft riss sie sich zusammen. Groß rum zu heulen würde niemanden hier helfen. Aber sie fühlte sich, als würde jemand ihr pochendes Herz durch einen Fleischwolf drehen. „Nein. So wollte ich das nicht…“ Doch es war zu spät. Jan war weg. Sie wischte sich übers Gesicht und rieb sich so etwas Erde vom Boden ins Gesicht. Mühevoll richtete sie sich auf. Jetzt gab es nur noch ihren Verstand, an den sie sich klammern konnte… Jan selbst schritt innerlich wie ein wandelnder Toter zurück. Kurz vor dem Ziel beschleunigte sich sein Gang und schließlich schmetterte er seine Hotelzimmertür ins Schloss. Schön. Wenn sie es unbedingt so brauchte! Bitte, WARUM AUCH NICHT??? Konnte ihm doch egal sein, was mit dieser Schlampe vor sich ging!!! Noch im selben Augenblick spürte er, dass ihm diese Gedanken rein gar nichts nützten, da er doch eh die Wahrheit kannte. Eben war ihm noch danach etwas auf der Stelle in Trümmern zu zerlegen. Aber jetzt… Ein Kloß in seinem Hals schnürte ihm sie Kehle zu. Und ehe er noch etwas tun konnte sackte er auf seinem Bett zusammen und ließ seinen Gefühlen endlich freien Lauf. Als sein Bewusstsein sich wieder einschaltete hatte er nicht den leisesten Schimmer, dass Sie gerade genauso dachte wie er. Manchmal wünsch ich mir, ich wäre tot Keine Gefühle - kein Problem Das klingt nach nem verlockenden Angebot Aber ich werds überleben Und mit Glück Bleibt nur eine Narbe zurück Kapitel 31: Red mit mir ----------------------- Red mit mir Noch eine Stufe. Noch eine Stufe. Und noch eine Stufe. Celina kam es wie die letzte Schulstunde eines sieben Stunden Tages vor, so sehr zog sich das Treppen - Gesteige in die Länge. Innerlich legte sie sich immer wieder Worte zurecht. Sie war sich total unsicher, was sie Henrike sagen sollte. Immerhin wusste sie auch gar nicht so genau was vorgefallen war. Es war der nächste Tag, der, welcher nach dem ganzen Rumgerenne gefolgt war. Celina hatte jedoch völlig bewusst einen Platz ausgelassen, auf ihrer, ansonsten lückenlosen Suchabfolge der Orte. Nämlich Henrikes Wohnung. Die junge Berlinerin war sich schon Gestern ziemlich sicher gewesen, dass ihre Freundin sich hierhin verkrochen hatte. Aber… Irgendwie… Hatte sie sich nicht so recht getraut diesen Ort auf zu suchen. Dass Jan sie so zusammen gebrüllte hatte sie ganz schön hart getroffen, vielleicht war ihr deshalb nicht danach gewesen, dass sie Henrike hätte helfen können. Doch heute kam es ihr s vor, als hätte sie keine andere Wahl. Immerhin war das Konzert bereits Übermorgen… Ob Celina wollte oder nicht, das hier musste sie nun durchziehen, wenn sie ihren Freunden helfen wollte. Und eventuell ließ sich die Sache doch noch in Ordnung bringen. Die Afroträgerin unterbrach recht plötzlich ihren Gedankengang und machte vor einer Tür halt. Vor der hinter welcher die freundliche alte Dame lebte. Celina zögerte. Sicherlich war Henrike auch zu ihr gegangen, immerhin wusste Frau Schlundt immer einen Rat. Vielleicht sollte sie klingeln und sich ein paar Ratschläge holen. Gebrauchen konnte sie diese auf alle Fälle! Doch plötzlich ging die Tür auf. Celina trat schnell einen Schritt zur Seite, da sie sonst getroffen worden wäre. Sie rechnete fest damit, der freundlichen Nachbarin gegenüber zu treten. Doch was sie sah, schockierte sie zutiefst. „Henrike?“ Zaghaft und zögernd klopfte Klein-Celli an die Tür. „Bitte mach auf Sweetie. Ich weiß, dass du da bist.“ Wieder nichts, doch Celina wusste nun ganz sicher, dass sich Henrike im Moment in dieser Wohnung auf hielt. Das hatte ihr der Sohn von Frau Schlundt mitgeteilt. Celina ließ es noch ein paar Sekunden ruhen, dann schlag sie fester gegen die hölzerne Barrikade. „Ich hab das mit Frau Schlundt mit bekommen… Es tut mir auch furchtbar leid um sie.“ Da! Celina war sich absolut sicher, dass jemand gerade etwas umgeworfen hatte. Jetzt oder nie. „Rike jetzt mach endlich auf! Ich bin ganz alleine hier und ich schwör jetzt und hier zwei Sachen. !. ich werde den anderen nichts sagen, wenn du es nicht willst und 2. Ich bleibe solang hier stehen und mache Terror bis du die Tür aufmachst! Notfalls besorg ich mir ne Axt und schlag sie ein, aber glaub nicht…“ Sie brach den Satz abrupt ob. Die Tür hatte von innen einen Schups bekommen und glitt mit einem deutlichen Klacken leise auf. Celina stand da und zögerte einen Augenblick. Einmal noch holte sie tief Luft, dann zog sie die Tür auf und trat ein. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „So kann es nicht weiter gehen!“ Entschlossen erhob sich Dirk und ging Richtung Tür. „Was hast du vor?“, rief Rodrigo und sprang ebenfalls auf, um dem Drummer schnell hinterher zu eilen. „Wenn Jan so weiter macht, hat er noch die nächste Trennung der Ärzte zu verantworten. Und dieses Mal lasse ich mich nicht zu einer Reunion überreden!“ Dirk stampfte aus Rods Zimmer und steuerte auf Jans zu. „Hey, ich versteh dich ja, aber meinst du nicht du übertreibst etwas?!“ Der Drummer blieb stehen und sah Rodrigo an. „Ich will zumindest wissen was los ist. Und wenn ich dafür die Tür eintreten muss!“ Rod hätte lieber eine andere Lösung vor gezogen, allerdings schien das wirklich die einzige zu sein, die zur Auswahl stand. Kaum war Dirk bei der Tür angekommen fing er auch schon mit dem Geklopfe an. „Jan, mach jetzt endlich die Tür auf, sonst tret…“ „Nicht nötig!“, beeilte sich der Chilene zu sagen. Der Wahlhamburger starrte ihn verdutzt an, da sich die Tür immer noch nicht regte, doch Rodrigo war aufgefallen, dass die Tür nur angelehnt und gar nicht richtig zu war. „Wir kommen jetzt rein!“, rief Rodrigo und öffnete die Tür. Doch es schien niemand da zu sein. „Jan!“ Wieder bekam Dirk keine Antwort. Rod schloss die Tür und tippte seinem Freund auf die Schulter, um ihm deutlich zu machen, dass Jans Kleidung auf dem Bett lag. Und wie auf Kommando schwang die Tür zum Badezimmer auf und Herr Urlaub höchst persönlich stand im Rahmen. Tropf nass, mit nichts weiter als einem Handtuch um die Hüfte. Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen war seine Laune wohl ziemlich auf dem Tiefpunkt. „Was ist?“, brummte er und ging an seinen Bandkollegen vorbei. „Jan, lass uns endlich reden… Du bist ja eiskalt!!!“ Rodrigo hatte ihm beim sprechen eine Hand auf die Schulter gelegt und war weg gezuckt, als er die Kälte vernahm. Dirk sah Jan ernst an. (Eis-) Kalt duschen tat er immer dann, wenn es ihm wirklich beschissen ging. „Sag uns endlich was los ist.“ Grob unterbrach Dirk die Stille, die sich wieder drohte auf den Raum zu legen. „Ich wüsste nicht worüber ich hier groß reden soll.“, sagte Jan jedoch stur und würdigte ihn keines Blickes. „Vielleicht über dein Benehmen, das in letzter Zeit immer arschiger wird?“ Die einzige Antwort die er erhielt war eine hochgezogene Augenbraue. Der blonde Mann wandte dem Drummer den Rücken zu und riss als nächstes das Handtuch von seiner Hüfte. Ohne seine Freunde groß zu beachten ging er nackt wie er war zu seinem Schrank. Dort griff nach zwei geeigneten Hosen und zog sich diese an. „Jetzt tu nich so, als ob nichts wäre!“, sagte der Drummer verärgert und griff nach Jans Schulter. Jan entzog sich jedoch mit Leichtigkeit seinem Griff. Ok, so langsam wurde Dirk echt sauer. „Das etwas passiert ist, ist ja wohl mehr als eindeutig. Und dass du dich ziemlich vergnügt hast verrät dein Rücken mehr oder weniger freiwillig…“ Sie waren nicht zu übersehen. Die Kratzspuren, die an seiner Schulter anfingen und bis in seinen Rücken verliefen. Jan hielt inne. Stimmt ja. Teilweise hatte sie sich ganz schon in seinem rücken fest gekrallt, erst jetzt fiel ihm das wieder auf. „Tja. Neidisch?“ Nur diese dreiste Antwort gabs zu hören. „Kommt drauf an? Soll wir jetzt raten, mit wem du gevögelt hast, oder was?“ Mittlerweile war Jan fast komplett bekleidet, nur oben rum war er noch nackt. „Wenn echt spaß macht.“ „Und vielleicht kannst du uns mal erklären, warum eine unserer Backgroundsängerinnen Hals über Kopf die Band verlässt? Und versuch nicht uns mit einer ich-weiß-von-nix Aktion abzuspeisen!“ „Und wenn ich keinen Bock habe zu reden.“ OK, jetzt war es so weit. Dirks Sicherung erlitt einen kleinen aber doch entscheidenden Kurzschluss.Ohne weiter nach zu denken packte er seinen Kollegen an den Schultern und zerrte ihn vor seine Augen. „SAG MAL HAT DIR JEMAND INS HIRN GESCHISSEN??? WER GLAUBST EIGENTLICH, WER DU BIST, DAS DU SO MIT MIR, ROD, DEN ANDEREN UND BAND UMSPRINGST!!!“ Dirk hielt sich kein Stück mehr zurück, dazu war er inzwischen viel zu wütend. Sofort stürmte Rodrigo herbei und versuchte ihn zu beruhigen. Wer konnte das schließlich besser, als der Quotenchilene. Jan, der zu erst vollkommen erschrocken über Dirks Aktion war, kam wieder zu sich. Grob warf er die Arme seines Freundes von sich. „Das alles ist mir nicht egal, aber langsam und doch sicher was mit dieser rothaarige Schlampe vor…“ Kein Knall schien durch das Zimmer zu hallen. Durch das gesamte Hotel Durch ganz Hamburg. Fassungslos starrte Jan auf den Chilenen, der trotz seinem vor Wut glühenden Augen ruhig vor ihm stand. Auch Dirk war wie gelähmt. Eben war der Bassist noch so ruhig gewesen, niemand hatte wohl damit gerechnet, dass er es wäre, der Jan eine in die Fresse geben würde. „Was hast du mit ihr gemacht?“ Gefährlich ruhig stellte der Chilene diese Frage. Jan, der durch den Schlag zurück geworfen an der Wand lehnte, rieb sich noch immer das schmerzende Kinn. Nach ein paar perplexen Sekunden, blinzelte mehrmals und sein Blick wurde Tod ernst. „Ich wüsste nicht, was mich dazu verpflichtet dir zu antworten.“ Damit ging er direkt an den beiden vorbei, um sich das Hemd vom Bett zu nehmen. „Es.. .es stimmt also?“ Es war ganz klar eine Feststellung, auch wenn es als Frage formuliert war. Jans jetzige Reaktion erschien den beiden als eindeutige Antwort. Und eine andere Erklärung gab es absolut nicht, oder wieso benahm sich ausgerechnet die zwei so komisch. In Rodrigo schein etwas zu brennen. Als Jan sich das Shirt über gezogen hatte und es so die Kratzspuren verdeckte heilt er es nicht mehr aus. Er packte Jan am Stoff und zerrte ihn zu sich. „HAST DU MIT IHR GEVÖGELT???“, schrie nun Rod. Jetzt hatte der Gitarist endgültig die Schnauze voll und auch seine Sicherung, die solche Worte eigentlich verhindern sollte, ging flöten. „JA ICH HAB MIT IHR GEFICKT! UND BEVOR IHR FRAGT; ES WAR MEHR ALS EINMAL. ZUFRIEDEN???“ Schlagartig ließ Rodrigo von ihm ab. Keuchend und komplett fassungslos stand er vor dem Größeren. Auch Dirkbewegte sich keinen Millimeter und starrte auf seinen Bandkollegen. Nur wirkte er nicht so geschockt wie der Chilene. „…hats Spaß gemacht?“, ein verächtlicher Unterton lag in der Stimme des Bassisten. „Hat sie ihren Zweck für dich erfüllt? Du…“ Ehe auch nur noch ein winziger minimaler Laut hervor dringen konnte packte Jan mit aller Gewalt die Schultern seines Kollegen und donnerte ihn mit aller Wucht gegen die Wand: „ES GING NICHT BLOß UM SEX, DA WAR MEHR!!! KAPIERT DU ARSCH??!!“ … Stille. Jan wirkte bis ins Mark erschrocken, als der Druck seiner Hände nach ließ und er in Zeitlupe von dem Bassisten abließ. Fast wie betäubt taumelte er rückwärts und stieß gegen die dritte Person in diesem Raum. Dirk stützte ihn. „Ich… Rod… es…“ Er wandte sie von dem Drummer ab und schleppte sich zum Bett. Dort verlor sein Körper wohl komplett an Kraft und er sackte nach unten auf die Matratze. „Tut mir Leid… ich… ich… wollte nicht… so ausrasten…“ Weinte er?! Sie waren sich nicht sicher. Nur, dass er sie jetzt brauchte. Dirk bewegte sich als erster, setzte sich neben seinem Freund und legte ihm den Arm um die Schultern. Rodrigo blieb jedoch stehn. Nach immer schockiert und gelähmt von den letzten Worten, die in diesem Raum gefallen waren. Aber er musste sich zusammen reißen. Dessen war er sich sogar jetzt bewusst. Und so ging auch er zu seinem Bandkollegen rüber und legte ihm noch einigen stillen Minuten eine Hand auf die Schulter Jan sah nicht zu seinen Freunden auf. Offensichtlich schämte er sich. Ohne weiter zu zögern nahm Dirk seinen Freund in den Arm. Als Jan die Unterstützung seiner beiden Freunde spürte, konnte er einen lauten Schluchzer nicht verhindern. Immer, wenn einem der dreien zum Heulen zumute war, konnte man sich auf den Halt des Andern verlassen und dass sie darüber schweigen würden, wenn es demjenigen unangenehm war. Endlich. Endlich hatte Jan aufgegeben und ließ es zu, dass die anderen seinen Schmerz sahen. Nicht nur der Drummer dieser ungewöhnlichen Truppe war darüber froh. Die Minuten verstrichen, bis Dirk ihn schließlich los ließ. Rodrigo behielt noch kurz seine Hand auf dessen Schulter. Jan zog tief die Luft ein und wischte sich kurz über das Gesicht, bevor er wieder aufsah. „Danke.“, sagte er schwach, man spürte an seiner Stimme aber deutlich, dass es ihm Kraft gegeben hatte. Dirk lächelte schief. „Immer doch.“ Rod schüttelte seine Schulter, um ihre Unterstützung zu festigen. Jan sah beide dankbar an. Alle beide heilten noch immer zu ihm. Und das nachdem er sich so widerlich verhalten hatte. Er war seinen Freunden einfach zu dankbar dafür, als dass sie noch länger von sich stoßen konnte. „So mein kleiner. Und jetzt erzählst du Mami und Papi erst einmal schön in Ruhe was so alles passiert ist. Da scheint doch etwas mehr gelaufen zu sein als gepoppe.“ „Das wir-Eltern-wollen-nur-das-Beste hättest dir sparen können…“, knurrte der blonde Riese den Drummer an, räusperte sich aber sofort danach. Den Kommentar hätte er sich wirklich verkneifen können. Aber nun… WIE sollte er ihnen das alles denn erklären??? „Ja, ich hab Rike sozusagen halb vergewaltigt und Gestern nommal mit ihr geschlafen. Und zwar im Marathon. Ich hab zwar keine Ahnung, warum sie weg is, aber ich könnt der Grund dafür sein.“ …. Das würde gar nicht so leicht werden. Stunden, wie es ihm schien, und so einige, von Rodrigo gerauchte, Zigaretten später war alles erzählt. Jetzt wussten die beiden absolut alles. Von dem verlorenem Kind, dem Ereignis unter der Dusche, so einigen Kleinigkeiten, die zwischen ihnen beiden passiert waren, ihre letzte gemeinsame Nacht und wie sie zuletzt auseinander gegangen waren. Danach herrschte erst einmal Stille. Kein Wunder, schließlich war das ganze durchaus harte Tobak. Zumindest Dirk hatte quasi tausend Fragen im Kopf. Während Rodrigo nur stumm rauchte. Jan, der gelegentlich zu beiden aufblickte, bemerkte im selben Moment, dass rod ihn, seit dem heftigen Zusammenprall kein einziges mal mehr direkt angesehen hatte. Und eigentlich hätte er in seinem Zimmer ganz bestimmt nicht qualmen dürfen. Aber jetzt war Jan noch zu beschämt, um es ihm zu verbieten. „Und…“ Dirk war der erste, der wieder sprach. „Und, jetzt ernst haft: Du bist echt 4 Mal gekommen an dem Abend?“ Rod braucht in ein unkontrolliertes Gehuste aus und Jan fielen fast die Augen aus dem Kopf. „… … … DAS hast du dazu zu sagen???“, brachte er mehr als bedeppert hervor. Der Drummer zuckte unschuldig grinsend mit den schultern. „Bin halt neugierig. Haste etwa Viagra genommen, oder?“ Quasi as Wunder von Bern passierte. Rodrigo gab irgendein geprustetes Geräusch von sich, an dem man nciht so wirklich aus machen konnte, ob es positiv oder negativ gemeint war. „…Äh, ich weiß nicht, ich glaube nur... hab nicht mit gezählt... ähhhh???“, mehr brauchte Jan nicht zustande. Es dauerte noch exakt 5 Sekunden, dann brachen sie alle in schallendes Gelächter aus. Oh man, nach dem ganzen Geflenne und Gebrülle tat es so unendlich gut wieder aus voller Kehle lachen zu können. Schließlich erreichte Dirk, mit Tränen in den Augen, zuerst seine Fassung zurück. „Jan der Marathon Bummser… Vielleicht sollten wir das GUINESS BUCH anrufen, des ist doch sicher nen Rekord!“, brachte er keuchend hervor. Jan zog sich mühevoll wieder auf das von, von welchen er gekullert war. „Maaaaaan… mein Herz tut so weh und du machst so was, mit einem alten Mann wie mir. Du bist doof!“ Es dauerte mindestens eine halbe Stunde, bis sie sich wieder beruhigt hatten. Bzw. mussten. Jetzt wussten die beiden zwar bescheid was vorgefallen war, eine Lösung hatten sie aber immer noch nicht. „Und sie hat gesagt, sie würde dich hassen?“, fragte Dirk noch einmal nach. „Ja… Ich kann mir auch keinen Reim darauf machen…“ Egal wie sie es auch drehten, sie kamen zu keiner Lösung. „Was… willst du jetzt tun?“, fragte Rod schließlich und zerdrückte seine letzte Zigarette in der lehren Schachtel. „…Wenn ich das wüsste, war ich ja wohl nicht so ausgerastet.“ „Ich glaub, die Kleine hat einfach Angst, kann das sein?“ Keiner gab darauf eine Antwort. „Leute... könnt ihr mich jetzt etwas allein lassen?“ Niemand erhob auf diese Bitte Widerspruch. Nach dem ganzen Gezeter brauchte wohl jeder von ihnen Ruhe für sich. „Das wird nicht das Problem sein, aber was sollen wir machen?“ Jan schwieg. Sein Blick wirkte wieder verschleiert und traurig. Dirk stand auf. So schnell würde ihnen wohl keine gute Idee kommen… „Wenn du willst, bleib hier und wir machen den Soundcheck heute Abend ohne dich.“ Jan schloss kurz die Augen. „Ja bitte… das wäre nett…“, hauchte er. „Und…“, fuhr Dirk fort und ging schon langsam mit Rodrigo zur Tür. „Denk genau drüber nach, was die Kleine dir bedeutet. Wenn du es genau weißt, weißt du auch bestimmt, was du tun musst.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Zur selben Zeit trat Celina aus der Wohnung ihrer Freundin. Völlig fertig. Sie hatte sich vieles in ihren Gedanken aus gemalt, aber mit so einem Dilemma hatte sie echt nicht gerechnet. Sie fühlte mitleid in sich, beidem Hauptpersonen dieses Dramas gegenüber. Jetzt wusste sie über alles bescheid, wusste wohl mehr, als ihr zu Anfang lieb gewesen wäre. Langsam begann sie ihren Weg aus dem Gebäude hinaus. Am schlimmsten war die Hilflosigkeit, die sie spürte. Sie wusste was los war, aber sie konnte auf keinen Fall an Rikes Stelle zu Jan gehen. Wenn sie jetzt als Botin herhalten würde, würde es kein Stück besser machen. Die Beiden müssten sich schon selbst gegenüber treten, aber… doch die letzten Ereignisse schein sich eine ganze Schlucht zwischen ihnen aufgetan zu haben. Mit einem traurigen Seufzer schritt Celina an der Wohnung der alten Dame vorbei. Natürlich, ausgerechnet jetzt, wo sich alle Dramen türmten, war es passiert. Frau Schlundt hatte einen Herzinfarkt erlitten und lag im Krankenhaus. Mit einem mehr als ungewissen Ausgang. Gestern hatte Henrike den ganzen Tag bei der Frau im Krankernhaus verbracht, daher hätte es auch rein gar nichts gebracht, sie in ihrer Wohnung zu suchen. Müde und immer noch bedrückt trat Celina aus der Eingangstür. Doch so stockte recht plötzlich. „Oh was… was machst du denn hier?“ Damit hatte sie nun nicht gerechnet. Mit dieser Person sogar am wenigsten. „Hi.“, sagte Michaela mit einem milden Lächeln zu Celina. „Du warst also schneller als ich. Und bevor du fragst, sie hatte mir ihre Adresse gegeben, daher weiß ich wo sie wohnt.“ Celina war dennoch total überrascht, obwohl das ganze absolut Sinn machte. Wahrscheinlich war sie so überrascht, da sie noch immer die anfängliche Beziehung zu den beiden im Kopf hatte. „Wie geht es ihr?“ „Nun…“ Celina schwieg. Was sollte sie denn jetzt sagen? Sie hatte Rike versprochen ihr Maul zu halten. „Du sollst nix sagen, gell?“ Ein wenig erstaunt blickte die Berlinerin auf und nickte. Wieder lächelte Mischa schief. „Also ich würde sagen: Recht beschissen. Musst mir nicht sagen ob ich recht hab… … … … Aber ich mach mir auch Sorgen um unsere Kleine…“ Nun standen die zwei Frauen da und schwiegen sich an. Keine von ihnen hatte auch nur einen Schimmer, wie und ob man überhaupt helfen konnte. Und wenn sie es beide nicht gewollt hätten, ständen sie immerhin auch nicht hier. „Kommst du mit zum Hotel zurück?“, seufzte Celina schließlich. „Bald fängt der Soundcheck an…“ Kapitel 32: Zu spät ------------------- Zu spät? Zu viert zu proben war nicht das sinnvollste, aber eine andere Wahl hatten sie eh nicht. Es musste ja schließlich noch die Song Auswahl und Reihenfolge geklärt werden. Auf die Frage hin, was Jan habe, hatte Rod erzählt, dass es ihm ziemlich beschissen ginge, was ja auch der Wahrheit entsprach, und dass er sich dringend erholen müsse. Sie hatten sich alle in der Color Line Arena getroffen und saßen nun nochmals über der Titelliste. Zum Glück hatte das Gebäude auch kleinere Proberäume, in denen man wirklich ausgezeichnet üben konnte. „Was meinte Jan denn? Er will doch sicher auch, dass „Himmelblau“ vorne bleibt?“, fragte Mischa an die beiden Männer gewand. Dirk kramte einen kleinen Zettel hervor, auf dem Jan seine Vorschläge notiert hatte. Er legte diesen auf den Tisch und glättete ihn kurz. „Jo...“, antwortete er und setzte den Song ganz oben auf die Liste. Eine Sekunde später schwang die Tür auf und Celina trat mit mehreren Kaffeebechern an den Tisch, um ihre Ladung dort abzulegen. Rodrigo, der als einziger stand, schloss die Tür hinter der Berlinerin wieder. „Und?“, fragte die eben Angekommene, während sie das Koffeinhaltige Getränk verteilte. „Das Orakel hat entschieden: „Himmelblau“ bleibt die Anfangsnummer!“ Dirk versuchte vergeblich die Stimmung etwas zu lockern, welche schon den ganzen Tag auf einen ziemlich niedrigen Punkt umher dümpelte. Eine Reaktion, geschweige denn ein kleines Lächeln, blieb aber aus. Rod sah seufzend in die Runde. „Pause?“, fragte er schließlich. „Pause.“, kam wie aus einem Mund zur Antwort. Wieder trat Stille ein. Nur ab und zu schlürfte jemand an seinem Kaffee. Michaela nahm noch mal beide Listen und machte sich ein paar Gedanken dazu, um wenigstens etwas zu tun. „Ich geh rauchen.“ Mit diesem Satz war der Chilene auch schon verschwunden. Schnellen Schrittes ging er zur Stage Door und zündete sich zügig eine Zigarette an. Er hatte es jetzt schon eine ganze Weile geschafft nicht mehr so viel zu rauchen, doch jetzt, wo wieder dieser ganze Stress aufkam fiel er zurück. In ihm tat sich ein schmerzliches Gefühl im Magen auf, wenn er an das Drama und die Wahrheit dahinter dachte. Und leider half ihm auch das Nikotin nicht richtig dabei, dieses Ziehen im bauch zu dämmen. Auch wenn keiner der sechs alles darüber wusste, so hatten sie doch eines gemeinsam: Sie fühlte sich so entsetzlich hilflos. Erneut zog er den Rauch ein und diesmal so hastig, dass er heftig zu husten begann. Eine Hand, die aus dem nichts auftauchte, klopfte ihm auf den Rücken und drosselte so das Geröchel. „Danke…“, keuchte er und sah sich nach seinem Retter um, der, wie sich nun zeigte, Dirk war. „No Problem.“ Als Antwort hielt dieser seinem Freund seine eigene Zigarette unter die Nase. Eine stumme Aufforderung ihm Feuer zu geben. Was der Bassist auch rasch tat. „Thanks.“, laberte Dirk erneut auf Englisch und nahm einige tiefe Züge von dem qualmenden Stängel. Danach trat Ruhe ein. Beide waren sich ziemlich sicher, dass der andere über dasselbe Thema grübelte, jedoch hielten beide ihre Schnauze. Das ganze mussten sie ja schließlich auch erst verdauen. Jan hatte tatsächlich was mit dem Nesthäkchen der Truppe. Gut, Dirk hatte schon vorher so seine Vermutungen gehabt und dennoch war er überrascht gewesen. Die beiden passten durchaus gut zusammen. Sie hatten vieles gemeinsam. Schon so viel, dass es fast unheimlich wurde, verstanden sich blind und… Jan hatte ihr von seiner Tragödie erzählt, welches er noch nicht einmal ihnen gebeichtet hatte. Das allein war für ihn schon eindeutig und dann noch diese Worte… „Das mit dem toten Kind war ganz schön heftig, nicht wahr?“ Mit diesen Worten und einem fragenden Blick zu dem übercoolen Chilenen, der schon den ganzen Rest des Tages noch ruhiger und stiller war als sonst, brach er das Schweigen. „Hmm.“, ein bejahendes Brummen. Danach zog dieser nur weiter sein Nikotin in die Lungen. Was diese Sache anging konnten beide es sehr gut nachvollziehen, dass Jan mit ihnen nicht darüber reden wollte. Schließlich besaßen sie auf diesem Gebiet wirklich null Erfahrung. „Was meinst du?“ Erstaunt sah Dirk wieder auf. Rodrigo hielt keinen Blickkontakt, aber dennoch behielt der Drummer ihn nun wieder im Auge. „Wie wird das jetzt enden?“ Ok, diese Frage war wirklich DIE Frage aller Fragen. Dirk wollte den beiden so gern helfen, aber er konnte praktisch gar nichts machen. Selbst wenn er Henrike finden würde, für Jan zu reden wäre der falsche Weg. Die beiden mussten sich schon selber gegenüber stehen und aussprechen. Allerdings war die Schlucht zwischen ihnen so unendlich weit aufgerissen… „Kommst du?“ Überrascht blinzelnd starrte Dirk seinem Kollegen nach, der zurück in das Gebäude ging. „Ist das alles? Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“, empörte sich der schwarzhaarige Drummer. Rodrigo blieb angewurzelt stehen, drehte sich aber nicht noch einmal um. „Ich hasse es genauso wie du nur rum zu stehen und nichts machen zu können, wenn jemand Hilfe braucht. Aber wenn wir uns auch noch rein zwängen, machen wir dieses scheiß Dilemma nur noch schlimmer.“ Damit hatte er nicht Unrecht. Auch wenn so ziemlich alles in Dirk sich weigerte diese Worte zu akzeptieren. Ohne es zu merken wandte Rod sein Gesicht leicht zur Seite, in seine Richtung. „Wenn der Soundcheck vorbei ist, sehen wir weiter. Vielleicht hat einer dann nen Rat für Jan.“ Damit zertrat der seine Zigarette auf dem Boden und ging voran. Dirk stand noch einen kleinen Moment lang da, dann seufzte er, wandelte den glühenden Nikotinstängel ebenfalls zu einer Kippe um und folgte dem Bassisten. Er wollte nicht aufgeben, aber für den Moment blieb ihm keine andere Wahl… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Kaum später befanden sich die beiden Rockstars wieder vor dem Proberaum. „Was ist eigentlich mit den restlichen zwei Mädels? Wollen wir sie in die Sache einweihen?“ Dirk schwieg. Ein Recht hatten die beiden schon darauf, immerhin waren sie schon fast eine richtige Band. Allerdings… „Nein… Jan will es nicht, also warten wir damit lieber noch.“ Rodrigo sah ihn schweigend an, dann nickte er bestätigend und öffnete die Tür. Die beiden Frauen hatten mitten in einer Diskussion gesteckt, die sie augenblicklich unterbrachen, als die Männer wieder kamen. Michaela knirschte mit den Zähnen und wandte sich noch einmal flüsternd zu Celina. „Sag mir doch einfach was sie hat. Zwei Frauen können besser helfen als eine!“ Celina gab darauf keine Antwort und ging stattdessen direkt zu Dirk. „Du… ich hab ne Zeit lang nach gedacht. Ich glaub, ich habe dir nachher etwas zu sagen.“ Dirk wirkte etwas überrascht, zögerte aber nicht zu antworten. „Ähm ja… Doch klar, gern.“ Er besaß keinen Schimmer davon, was sie wollte. Aber er war wohl zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu müde, um sich noch groß heraus zu reden. Zwar wollte er später sicher noch mal zu Jan, doch ein Gespräch mit Celina würde ja keine Ewigkeit in Anspruch nehmen, oder? In wenigen Minuten stand jeder lässig oder kerzengerade auf seinem Posten und wartete nur noch auf seinen Einsatz. Dirk ließ seinen Blick ein letztes Mal durch den Raum schweifen. Der Raum wirkte lehr, obwohl sich vier Personen drin aufhielten. Die klaffende Lücke im Sextett machte sich hier mal wieder deutlich bemerkbar. Gerade bei den Proben hatten Rike und Jan viel herum gealbert. Dirk wurde für Sekunden wieder nachdenklich, als er den Schluss zog, dass die beiden sich wohl schon hier, in diesen Stunden, um einiges näher gekommen waren… Er schüttelte den kopf, als das ganze wieder Richtung Tragödie abdriftete. Gut. Wenigstens in der Zeit, wo sie nun die Songs spielten, wollte er alles vergessen. Und sich nur noch auf den Augenblick konzentrieren… „Also gut.“ Er hob seine Drummsticks, um den Takt an zu schlagen. „1 2… 1 2 3 4…“ Alles war bereit. Jeder holte noch einmal tief Luft und konzentrierte sich vollkommen auf den ersten Song des Tages. Absolut keiner war darauf vorbereitet, als die Tür aufschwang und mit vollem Karacho gegen die Wand gedonnert wurde. „ICH WEIß JETZT WIE ES GEHT!!!“ Rod und Dirk inklusive Mischa und Celina fuhren zusammen und der werte Graf fiel in seinem Schrecken rücklings vom Hocker. Nachdem alle Luft geholt hatten, drehte sich einer nach dem anderen zur Tür um. „Jan…“, keuchte Dirk, der sich mühselig wieder auf den Sitz zog. „Sag mal… haste endgültig deine Sicherungen schmoren lassen??“ Doch der Blonde reagierte nicht darauf und schritt in den Raum. Ein vollkommen anderes Bild präsentierte sich hier Dirk und Rodrigo. Jan strahlte förmlich vor Energie und schien jeden Moment aus sich heraus zu platzen. „Momentchen…“, bat Rod der wie immer der ruhigste war. „Was. Ist. Los?“ Auch Michaela und Celina sprangen auf und starrten mit großen, erwartungsvollen Augen zu Jan. Was er allerdings genau meinte wusste keine von ihnen so genau, aber da ging es den beiden Herren neben ihnen ja auch nicht sonderlich besser. „Rod, Dirk… ich weiß jetzt, was ich tun will… aber ich brauche eure Hilfe dafür!“ Kapitel 33: Wie es geht ----------------------- Wie es geht „Jan… du Arsch… … ...was machst du nur mit mir…?“ Langsam schlich ihre Hand zu seiner. Sie liebte seine Haut. Überall, aber an seinen Händen, deren Fläche zu einem großen Teil mit Hornhaut besetzt war, verging sie völlig, wenn er sie berührte. So herrlich rau… Auch seine Zunge besaß etwas raues, nur viel weicher als bei seinen Händen. Der Rest an seinem Körper war für sie ebenfalls... wie sollte sie das bloß beschreiben, ohne das es ekelhaft kitschig Klang? Sie wusste es doch und fühlte wie es war, da musste sie doch nicht extra einen Aufsatz dazu verfassen, oder? Vorsichtig, um ihn nich zu wecken, schmiegte sie ihre Hand in seine offene Handfläche. „Jan…“, seufzte sie, wie schon so oft. Sie richtete sich wieder auf. Sollte sie? Ihr Gefühl trieb sie jedenfalls voran. So beugte sie sich vor, zögerlich und langsam, hinunter auf seine Lippen. Plötzlich stockte sie. Nur wenige Zentimeter vor ihm. `Nein…` Ein letztes Zögern noch, dann erhob sie sich wieder, ohne ihn berührt zu haben. Sie musste jetzt gehen. Kurz vor der Tür warf sie einen letzten sehnsüchtigen Blick auf ihn. Sie überprüfte noch einmal das Geschrieben auf ihrem Zettel. Es wäre bestimmt besser ihn Rodrigo oder Dirk zu geben. Da sie ein noch längeres Zögern wohl wirklich dazu gebracht hätte wieder um zu drehen, ging sie endlich los. Es wäre ja kein Abschied für immer, sagte sie sich. Und betete innerlich, dass sie gerade keinen Fehler begangen hatte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Mit trübem Blick starrte Henrike zum Fenster hinaus. Es war so weit. Heute war der Tag, an dem alles zu Ende gehen würde. Nun tat ihr nichts mehr weh. Kaum noch. Lag wohl an der Betäubung, die nun ihren Körper beherrschte. Zu viel hatte sie in der letzten Zeit geheult und kam sich dabei so widerlich jämmerlich vor. Und dann hatte Celina sie auch noch in dieser Verfassung gesehn… Aber es half alles nichts. Sie hatte ihr Versprechen gegeben, wenigstens noch zu diesem einen Konzert zu gehen. Das war sie den anderen auch mindestens schuldig. Nur… Wie sollte sie es ertragen, wieder in seiner Nähe zu sein…? Jetzt stand sie hier, vollkommen fertig und zögerte wieder herum. Doch dieses Mal ließ sich es nicht zu, wieder in ihre Trauer zu verfallen. „Reiß dich zusammen“, ermahnte sie sich ein letztes Mal, dann trat sie endgültig über die Türschwelle, hinaus, in die böse Welt. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Nicht mehr lange und das Konzert würde beginnen. Alles war schon auf seinem Posten, Techniker, Instrumente, jubelnde Fans, 3/3 der Ärzte und 2/3 ihrer Backgroundsängerinnen. Alle fünf saßen in der Garderobe und warteten. Keiner rechnete so recht damit, dass Henrike direkt zu ihnen kommen würde, also saßen sie die Zeit hier ab. Eine bedrückende Stille war eingetreten, die, nach einiger Zeit des Ausharrens, jeder auf seine Weise versuchte zu bekämpfen. Dirk trommelte mit ein paar Drummsticks auf allem und jedem herum, Rodrigo stimmte noch mal seinen Bass und die beiden Frauen überprüften noch mal ihre Outfits. Allein Jan saß stumm da. Wie in Trance fuhr seine Hand leicht über die Saiten seiner Gitarre und schlug ein paar Akkorde an. Allerdings so sachte, dass sie schnell wieder verklangen. Er war total in Gedanken versunken. Einzig Rodrigo beobachtete ihn in seiner Starre. Er konnte in diesem Moment sehr mit ihm mitfühlen. Alles kam jetzt auf diesen einen Versuch an. Was da für eine Spannung auf den Gitaristen liegen musste… Rodrigo überlegte. Sollte er jetzt etwas sagen? In diesem Augenblick sah Jan zu ihm. Wohl unbeabsichtigt. Und ohne groß zu grübeln, warf der Chilene ihm ein mitleidiges Lächeln zu, was Jan erwiderte. „Ähm Leute?“ Die Tür ging auf und ein gewisser Axel guckte rein. „Rike ist da. Sie steht schon neben der Bühne und wir sollten jetzt auch mal anfangen.“ Kurze Stille, kurzes Zögern. Dann ging es los. Jan blieb noch für ein paar Sekunden sitzen, dann trat er als letzter aus dem Raum heraus. „Ach ja, Celina! Du wolltest mir doch Gestern noch was sagen?“, fragte Dirk auf dem Weg zur Bühne. Doch Celina grinste nur. „Das hat sich erledigt, wenn Aktion heute klappen sollte.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Michaela war nicht die einzige, die nach Henrike Ausschau hielt. Jedoch war sie die einzige, die sie in ihrem Versteck entdeckte, an einer dunklen Ecke am Bühnenrand. Mischa war erst drauf und dran zu ihr zu gehen. Doch in dem Moment bemerkte sie den sehnsuchtsvollen Blick, mit dem sie eine gewisse Person auf der Bühne betrachtete... Die blonde Frau zögerte. Dann ging sie ein Stück zurück und wartete auf Celina. Nun war auch Mischa der Meinung, der Sache erst einmal ihren Lauf zu lassen. Die Show lief insgesamt gut. Alle Abläufe funktionierten reibungslos und Rike tat ihr bestes, sich ihre Stimmung nicht anmerken zu lassen. Was ihr auch recht gut gelang. Sogar als die Duett-Konstellation Jan&Henrike kam, blieb diese cool und mied einfach komplett den Blickkontakt mit ihm. Ob er versuchte ihren Blick zu fangen, bemerkte sie nicht. Song folgte auf Song, nur Dialoge mit den Backgroundsängerinnen gab es heute kaum. Henrike fiel dies am Rande auf, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Schließlich neigte sich das Konzert dem Ende zu und Rod trat ans Mikrofon. Alle auf der Bühne hielten gespannt den Atem an. Rike war sich sicher, dass er jetzt ihren Ausstieg verkünden würde und schloss bereits die Augen. „Wie geht’s euch? Könnt ihr noch?“ „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhh!!!“, grölte das Publikum. Eine vollkommen eindeutige Antwort. „Das wollen wir auch hoffen, denn heute haben wir was zu feiern!“ `Äh, bitte?!´, Henrike sah auf. Meinte er das jetzt ernst? Dirk fuhr fort: „Jawohl Roddy. Denn heute hat unsere liebe Henrike, die nette Dame rechts von mir, immer an den roten Haaren zu erkennen, Geburtstag!“ Entsetzt sah sie zu Dirk. `Woher weiß der das???´ Eine Sekunde Überlegung und schon war ihr die Antwort klar: Celina. Fassungslos starrte sie zu ihrer Freundin, die ihr unschuldig dreinblickend zu lächelte. „Na toll…“, stöhnte sie, bei dem Krach konnte es eh keiner hören. Schnell bemühte sie sich wieder ihre Fassade zu errichten. Wie praktisch eine Leidenschaft für die Schauspielerei doch manchmal war… Schief lächelnd und nichts Gutes ahnend sah sie von Rodrigo zu Dirk, doch keiner der beiden sprach weiter. „Und das wollen wir feiern!“ Hmm?! Jans Stimme… „Wie einige von euch vielleicht wissen ist unsere Rike einer der wohl größten Ärzte Fans überhaupt. Und daher möchte ich ihr heute diesen Song widmen. Also macht euch bereit Leute!“ Was für ein Song? Als nächstes wäre eigentlich der „Schunder Song“ dran gewesen. Aber das wollte er ihr doch nicht allen ernstes widmen?! „Und ich bitte dich Henrike: Hör genau zu, ich sing ihn nämlich nur einmal!“ Obwohl sie es eigentlich komplett vermeiden wollte musste sie ihn nun ansehen. Sie konnte seinen Blick nicht deuten, aber es lag ein sehr starkes Gefühl in diesen. Hoffnung? Fast erschlagen von seinen Augen wendete sie sich schnell wieder ab. Plötzlich stemmten sich vier Hände von hinten an ihren Rücken und schoben sie ein Stückchen nach vorne, so dass sie und Jan sich besser sehen konnten. Eindeutig Celina und Michaela. Rike wollte sich wehren, doch um dagegen anzukommen hätte einen regelrechten Aufstand machen müssen. Und so eine Peinlichkeit wollte sie hier auf der Bühne keinem antun. Dirk schlug seine Drummsticks aneinander und gab so den Rhythmus vor. Und dann begann Jan zu spielen. Henrike wurde augenblicklich kreidebleich. `Nein, bitte nicht…´ Natürlich hatte sie es sofort erkannt. Sie liebte dieses Stück. Rod und Dirk setzten ein und Celina unterstützte zusammen mit Mischa die Instrumente durch das Backing. Als Jan dann begann zu singen, zitterte sie am ganzen Köper. Ich schau Dich an, und Du bist unbeschreiblich schön. Ich könnte ewig hier sitzen, und Dich einfach nur ansehen. Doch plötzlich stehst Du auf, und Du willst gehen. Bitte, geh noch nicht. Ich weiß, es ist schon spät. Ich will Dir noch was sagen. Ich weiß nur nicht wie es geht. Bleib noch ein bisschen hier, und schau mich nicht so an, weil ich sonst ganz bestimmt, überhaupt gar nichts sagen kann. Ich weiß selber nicht, was los ist, meine Knie werden weich. Im Film sieht es so einfach aus. Jetzt bin ich kreidebleich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, mein Gott, jetzt gehst Du gleich. Bitte, geh noch nicht. Bleib noch ein bisschen hier. Ich muss Dir noch was sagen, nur die Worte fehlen mir. Bitte, geh noch nicht. Ich weiß, es ist schon spät Ich will Dir noch was sagen. Ich weiß nur nicht wie es geht. Wie es geht, wie es geht, wie es geht, wie es geht, wie es geht Ich dachte immer, dass es leicht wär. Ich dachte immer, das ist doch kein Problem. Jetzt sitz' ich hier wie ein Kaninchen vor der Schlange, und ich fühl' mich wie gelähmt. Ich muss es sagen, ich weiß nur noch nicht wie. Ich muss es Dir sagen, jetzt oder nie. Bitte, geh noch nicht. Am besten, gehst Du nie. Ich hab's Dir schon so oft gesagt, in meiner Phantasie. Bleib noch ein bisschen hier. Bitte, geh noch nicht. Was ich versuche, Dir zu sagen, ist "Ich liebe Dich". Er hatte sie die ganze Zeit über angesehen und mit so viel Gefühl gesungen, wie selten in seinem Leben. Als er es aussprach, dass, was sie sich doch so sehr ersehnt hatte zu hören, geriet sie ins schwanken und wäre wohl nach hinten gestürzt, wenn Celina und Mischa sie nicht noch rechtzeitig und unauffällig gestützt hätten. Ich weiß nicht, wie es geht, wie es geht, wie es geht. Jan verstummte noch vor den letzten beiden Zeilen. Nur die beiden Background Damen, sangen diese noch mit. Er sah sie noch immer an, wartete auf ihre Reaktion, doch sie war zu nichts mehr fähig. Sie konnte auch gar nicht glauben, was jetzt hier passiert war. Doch dann sah sie ihm in die Augen und sie wusste, dass es genauso und nicht anders gemeint war. Tränen traten ihr in beide Augen und nur krampfhaft konnte sie diese hinunter schlucken. Das war echt zu viel, für ihr sensibles Gemüt. Das Publikum applaudierte fleißig, dennoch schien die bedrückte Stimmung es etwas zu beunruhigen. Und plötzlich regte Rike sich und schritt geradewegs auf Jans Mikrofon zu. Die verwirrten Blicke ignorierend schnappte sie es sich und brüllte: „Kaum hat man als Frau Geburtstag, kommt gleich so was vom werten FU. Aber Schleimerei hin oder her: DAS WAR DAS BESTE GESCHENK DER WELT!!!“ Daraufhin tobte das Publikum und stimmte ihr auf diese Weise zu. Lächelnd gab sie das Mikro wieder in Jans Obhut, der strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Uuuund jetzt… folgt das bei den Ärzten übliche Ritual, wenn jemand seinen Jahrestag feiert!“ Das Lachen war futsch. Henrike versuchte noch verzweifelt weg zu rennen, doch da hatte Dirk ihr schon eine Torte ins Gesicht gepfeffert. Sich verteidigend schmiss sie lachend mit der Tortenpampe nach den Ärzten und erwischte Rod mit einem Volltreffer im Gesicht. „Ey, ich hab hier nicht Geburtstag!“, protestierte dieser grinsend, als er Rike endlich wieder lachen sah. Dirk stellte sich an den Bühnen Rand und hob wie ein Dirigent die Drummsticks. Und im nächsten Moment hörte Henrike ein an sie gewidmetes Happy Birthday von tausenden Menschen. Nun fiel Celina über sie her und beglückwünschte sie in einer stürmischen Umarmung. Auch Michaela kam an und knuddelte sie einmal wild durch. Gerade als sich beide von ihr gelöst hatten, kam Jan auf sie zu. Sie standen sich gegenüber und Stille, die nur sie beide umgab, trat ein. Bis sie ihm schließlich zu lächelte und er unterdrückte nur gerade mal so noch den Drang, sie auf der Stelle in den Arm zu nehmen und vor allen Leuten seine Beherrschung zu verlieren. Stattdessen legte er einen Arm um ihre Schultern und sang lauthals das Happy Birthday mit. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Remember: I love you Hamburg! “ Mit Rods üblichem Wort zum Abschied ging das Konzert schließlich doch noch zu Ende und Die Ärzte samt Backgroundsängerinnen watschelten von der Bühne. Allerdings dachte die aufgeheizte Menge nicht im Geringsten daran, den Abschied still hinzunehmen. Es war keine Sinnestäuschung, als alle Mitglieder des Sextetts noch eine Viertelstunde später das Gejubel der Menge in ihren Ohren hörten. Natürlich musste erst einmal jeder ankommen und Henrike durch drücken. Rike freute sich unglaublich darüber, auch wenn fast alle aus der Crew eben gerade von der Bühne her von ihrem Geburtstag erfahren hatten. Allerdings wurde die Garderobe mit der Zeit ziemlich eng. „OK, Leute. Das Geburtstagskind braucht jetzt Ruhe für sich!“, schalte es von Dirk her. „Helft mir mal Mädels! Wo steckt Rod? Fuck ey, ist das eng hier…“ Und so schoben der Graf und die beiden Bachground Damen alles was mindestens zwei Beine hatte und sich bewegen konnte aus dem Raum. Gut, alle bis auf Henrike. Und einem gewissen 1,94 großen blonden Kerl… Totenstille trat ein. Zwar standen sie sich beide gegenüber, aber keiner gab auch nur ansatzweise einen Ton von sich. Bis vor kurzem hatte keiner von ihnen geglaubt, dem anderen je wieder so nahe sein zu dürfen. Jan war nicht der einzige, der an die vergangenen Tage denken musste… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Tür schwang nach innen und zog mit dem schleichenden Tempo ebenso das Quietschen in die Länge. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen betrat die Dunkelhäutige die Wohnung. Was sie sah erschreckte sie etwas, wunderte sie aber nicht sonderlich. Überall lagen Gegenstände herum und es herrschte das für Henrike eigentlich übliche Chaos. Nur das es dieses Mal doch zu viel war und somit wieder untypsich für die Hamburgerin. Und mitten in diesem Chaos stand Henrike, mit dem Rücken zu Celina. Gerade als der blick der Berlinerin auf sie viel, schleuderte die rothaarige desinteressiert etwas zu Boden, was dadurch auch zu Bruch ging. Ach du schei… Anscheinend hatte Rike diesen Saustall in voller Absicht in ihren Frust selber verursacht…. „Was willst du jetzt von mir hören?“, giftete die Jüngere plötzlich. „Was eigentlich los ist wär schon mal nicht schlecht.“ Sie hörte ein verächtliches Schnauben. „Und warum interessiert dich das?“ Was sollte das denn jetzt? „Warum??? Du bist meine Freundin, falls du es vergessen hast!“ „Es geht dich trotzdem nichts an.“ Noch immer sah sie von ihr nur den Rücken. Henrike räumte hier und da herum und tat offensichtlich so, als hätte sie etwas Besseres zu tun. „Rike… Was hast du bloß? Es kann doch nicht sein, dass du alles weg wirfst.“ „Ist aber so.“ Langsam machte Celina diese Sturheit doch wütend. „OK, dann rate ich eben. Hältst du den Druck nicht aus? Hast du keinen Bock mehr, was ich für recht unwahrscheinlich halte!? Oder…“ Die nächste Möglichkeit die ihr einfiel war wie eine Ohrfeige. Ein Schlag, der sie wach rüttelte. „…jetzt sag bloß du bist immer noch in Jan verknallt?!“ Henrike erstarrte in der Bewegung. „Oh man… siehs bitte ein, das wird nichts. Du musst dich endlich mal davon lösen. Tut mir leid, aber ich glaube nicht das Jan…und du…“ „Ach ja Frau Schlaumeier??? Wenn du es so genau wissen willst: WIR HABEN MIT EINANDER GEVÖGELT!!!!! SO UNATRAKTIV SCHEINT ER MICH JA DOCH NICHT ZU FINDEN!!!!????“ Celina starrte sie sprachlos an. Ihre Lippen gingen auf und zu, doch ihr fiel nichts ein, dass sie sagen konnte. Jan und…Henrike… Als die Botschaft endlich oben angelangt war, bemerkte die Ältere der beiden die äußere Erscheinung ihrer Freundin. Die Augen waren durch fast glühend rotes, ungeschwollenes Fleisch umrahmt, ihre Lippen trocken und spröde. Sie sah aus, als hätte sie nur geweint. Eben hatte sie vor Wut gekocht, doch jetzt senkte sich ihr Blick langsam. „Jetzt weißt dus…“, sagte sie mit brüchiger Stimme und lies sich auf das Sofa sinken. Ihr Blick ging ausdruckslos gerade aus. Celina stand regungslos da und war einfach überrumpelt. Jan und Henrike hatten was mit einander. Also hatte sie die ganzen Blicke von ihm doch richtig gedeutet. Sie lächelte schief. `Anscheinend kenne ich dich immer noch nicht ganz, Jan…´ Ein unschön klingendes Schlürfen holte sie aus den Gedanken. Ihre Freundin saß immer noch da und hatte versucht durch ihre verstopfte Nase tief ein zu atmen. Obwohl sie die ganze Zeit vorher abgelehnt worden war wusste sie genau, dass Rike sie jetzt brauchte. Vorsichtig ging sie zum Sofa und setze sich langsam. „Hey, Sweetie…“ Sie griff nach ihrer Hand und hielt sie fest, als Henrike sie wegziehen wollte. „Aber was ist dann um Himmels… oder Satanswillen passiert, dass du jetzt so unglücklich bist? War er etwa soooo schlecht?“ Sie versuchte sie damit etwas auf zu muntern und sah tatsächlich, wie die Mundwinkel der jüngeren leicht zuckten. Doch dann war sie sofort wieder ernst. „Damit wir das Thema abschließen können: Er hat gebumst wie ein Weltmeister.“ DAS machte es Celina wirklich nicht einfacher. Sie dachte aber fest an das Drama was gerade im Gange war und fuhr fort. „Aber bist du DESHALB etwa abgehauen? Anscheinend war das doch echt gut.“ „Dieser Augenblick war es absolut, ja…“ Henrike drehte ihr Gesicht weg, als sie wieder anfing öfter als nötig zu blinzeln. „Wovor hast du Angst?“ BINGO! Diese Frage war genau der richtige Knopf. Erst nach einer weiteren Schweigeminute kam eine Antwort. „Praktisch vor allem…“ Sie schluchzte und versuchte vergebens, sich zu beherrschen. Celina war ruhig, hielt ihre Freundin in einer halben Umarmung und wartete geduldig ab. „…schließlich…weiß ich noch nicht einmal was... ihm das alles bedeutet hat…“ Ihre Stimme war fast erstorben, las sie die nächsten Worte sprach: „…was ich ihm bedeute…“ Das war es also. Sie hatte Angst sich an eine Illusion verloren zu haben. Die Unsicherheit, ob das ganze auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Die Berlinerin überlegte fieberhaft. Was sollte sie jetzt bloß sagen? „Ich...“, begann sie und brach gleich wieder ab. Unsicher blickte sie weg, doch als sie erneut ein leises Schluchzen hörte, musste sie etwas sagen. „Aber… hast du ihn denn gefragt?“ Der angesetzte Schluchzer schwang in ein erneutes verächtliches Schnauben um, dass aber durch den Schwenker mehr nach einem Grunzen klang. „Wie denn??? Hallo Jan. Ach ja, bevor ich es vergesse, liebst du mich eigentlich??“ „Ja, ich weiß dass das blöd klingt, aber hast du nicht sonst irgendwie versucht es heraus zu finden?“ Sie schwieg. „Genau genommen…hab ich mich nie getraut. Hab zu viel Schiss gehabt, dass könnte den Augenblick zerstören…“ Celina holte tief Luft. Der Schuss war eindeutig nach hinten gegangen. Ihr schwebte ein Gedanke im Kopf herum, nur bis eben hatte sie es für falsch gehalten ihn aus zu sprechen. Aber es konnte ja nicht sehr viel schlimmer werden, also? „Ich… weiß auch nicht genau wie es mit seinen Gefühlen für dich aussieht. Aber du hättest ihn mal sehen sollen. Als du plötzlich weg warst war er furchtbar auf gewühlt. Ich hab ihn wirklich noch nie so unruhig… ja fast panisch erlebt. Außer wo du zusammen gebrochen bist…“ Henrike schwieg. „Ist er… hat er… hat ihn das so getroffen?“ Sie wirkte erstaunt, unsicher… aber zugleich hoffnungsvoll. Als könnte sie auch nicht so recht glauben, dass er für sie so stark fühlen würde. „Baby… Ich hab richtig Schiss gehabt, als ich neben ihm stand.“ Unbemerkt von Celina weiteten sich Rikes Augen. Plötzlich sprang sie auf. „Arrrrhh!!! Verflucht, es ist doch eh schon zu spät! Ich… Ich hab… IchhabsoneverdammteScheißegebaut!!!“, jaulte sie und presste sich eine Hand auf die Augen, um die Tränenflut irgendwie zu dämmen. Celina sah sie irritiert an, dann sprang sie auf. Jetzt glaubte sie auf dem richtigen Weg zu sein. „Was denn? So schlimm kann das doch nicht sein.“, sie wollte die kleinere in ihre Arme nehmen, doch Henrike wich aus und taumelte zurück. „Nein… Ich… Ich dachte es wäre so besser für ihn. Nachdem was er durchgemacht hat und… und ich kann so verflucht anstrengend sein und…“ Ihre Hände fuhren immer wieder über ihren Kopf, ihr Körper zuckte bei einigen Schluchzern stark zusammen. Dann blieb sie stehn, die Hände wie zu einer Stopp-Warnung erhoben und bemüht darum, wieder in einen geordneten Atemrhythmus hinein zu kommen. Celina musste erneut Schlucken. Mit so heftiger Verzweiflung hatte sie nicht so wirklich gerechnet. Aber zum Glück war Henrike stark genug, sich selbst am Riemen zu reißen, wo Celina auch stolz auf sie war. Nach ein paar Minuten ging Rikes Atem wieder ruhiger. Auch wenn ihre äußere Erscheinung keinesfalls für Ruhe sprach. Die Ärmste war nun endgültig klatschnass, ihre Haut glühte quasi feuerrot und Celina konnte schwören, ihr Herz selbst auf diese Entfernung pochen zu hören. „Celina…“ Sie eilte sofort herbei und nahm vorsichtig die Hände in ihre. „Ich bin da Sweetie.“, versicherte sie noch einmal und hob eine Hand an die Wange der jüngeren. Doch Rike nahm diese und schob sie runter. Der Druck der Finger um Celinas Hand wurde stärker. Da begriff die Berlinerin, dass Rike ihr etwas sagen wollte. Sie blickte auf. Und sah in Henrikes Augen, die nun ehrlich und klar in ihrem grün schimmerten. „Ich…“ Henrike schloss die Augen noch einmal, stieß so die letzten salzigen Tropfen weg, ehe sie wieder aufblickte und diesen einen Satz, fast völlig ohne zittern entließ. „Ich… Ich liebe ihn Celina…“ Jetzt begann sie wieder stärker zu zittern, als hätte dieser Satz ihr eine Menge Kraft gekostet „Ja verdammt, ich… und das jetzt schon so lange… Dass er das jetzt tatsächlich erwidern sollte… erscheint mir so trügerisch… so unwirklich…“ Celina stützte ihre Freundin und setzte sich mit ihr auf den Fußboden. „Ich wollte eigentlich nur in Ruhe darüber nachdenken. Ob ich dem jetzt trauen kann und so. Deshalb… deshalb wollte ich aus der Band raus, weil… wenn ich geblieben wäre, wär ich ihm ständig über den Weg gelaufen… Das hätte mir gar nichts erleichtert…“, ein sarkastisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. Henrike schaute schon eine ganze Weile nach links, als wäre da irgendetwas Interessantes zu beglotzten. Celina war es gewohnt, bei ernsten Gesprächen sah Rike einem so gut wie nie in die Augen. „Und…“, sie schluckte, zwang sich aber weiter zu machen. „Ich hatte mir eine Menge Gedanken gemacht. Gestern Nacht wollte ich zurück ins Hotel, um 4 Uhr Morgens…. Ich dachte da würde keiner von euch mich erwischen, doch…“ Henrike verfiel wieder kurz ins Schweigen, dann erzählte sie weiter. Celina erstaunte dieses zufällige Zusammentreffen, auch wenn sie es gut verbarg. Stumm hörte sie sich alles an und musste bei sie einigen Stellen schlucken. „…und ich feige Sau bin einfach weg gerannt.“, sie gab ein verächtliches Schnaufen von sich. „Ich… ich wollte ihm das nicht antun… und mir auch nicht… in so einem Zustand tu ich doch echt niemandem einen Gefallen… Ich will ihn nicht zwingen, mit mir eine Beziehung ein zu gehen… Er hat eine Menge durch gemacht, das kann ich dir aber nicht verraten, ich hab versprochen mein Maul zu halten…“ Nun war Celina diejenige die Schwieg. Rike lehnte an ihrer Schulter und wurde noch immer gestreichelt. „Ich war ne mega blöde Arschkuh, oder?“, fragte die rothaarige nun. „Ich…weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich ja oder nein sagen soll.“, sagte Celina ehrlich mit einem schiefen Lächeln. Henrike lachte kurz und fast tonlos. „Egal, es ist jetzt eh zu spät.“ Damit richtete sie sich wieder auf und zog Celina mit hoch. „Wie…?......... Du willst gar nichts tun??“ „Ich KANN nichts tun. Das ist der Unterschied. Oder fällt dir etwa was ein?“ Celina wollte so gern helfen. Aber sie wusste auch nicht, wie das gehen sollte. Damit sich die beiden aussprechen konnten, musste man sie wohl erst auf eine einsame Insel verschleppen. „Aber.. .Nein, verdammt! Wir müssen doch etwas machen!!!“, sie packte die rothaarige bei der Hand und wollte sie aus der Wohnung schleifen. Allerdings wehrte Henrike sich mit aller Kraft. „LASS MICH LOS! ICH WILL DAS NICHT!!!“ „ICH… ICH HAB IHM DOCH SCHON GENUG ANGETAN! BITTE, LASS MICH NICHT DAS GANZE NOCH SCHMLIMMER MACHEN… Dazu haben wir beide doch keine Kraft mehr…“ Celina sah ihre Freundin fast emotionslos ins Gesicht. Als wolle sie verhindern, dass sie schwach werden würde. „Celina… du weißt nicht was er durch gemacht hat…“, bat Rike erneut, wieder ohne dabei ins jammern zu geraten. Aber es liefen ihr wieder Tränen über die Wangen… Celina sah sie noch immer an und verfluchte sie tausendfach innerlich, als sie die Hand ihrer Freundin wieder los ließ. Henrike redete so lange auf die Berlinerin ein, bis diese sich entschloss doch dem Wunsch ihrer Freundin nach zu gehen und die Wohnung zu hinterlassen. „Bitte lass mich jetzt allein. Da hast getan was du konntest.“, Henrike zwang sich zu einem schiefen Lächeln, als sie Celina zur Tür hinaus schob. „Verdammt Rike… Irgendwas müssen wir doch tun.“ Nun war die Berlinerin ebenfalls den Tränen nahe, als sie sich noch einmal umdrehte. „Nicht wir... ich…“, seufzte Henrike leise. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Keiner wusste was er sagen sollte, somit war ein Anfang schwierig. Beide waren unsicher und teilweise auch beschämt, aber dieses ganze Drama. Nach Ewigkeiten fasste Rike sich schließlich und sah zu ihm auf. Und Jan schaute direkt zurück. Und Rike schmolz. Wie in einem widerlichen Kitschroman, einfach nur vor Glück. Ihre Beine bebten und nichts konnte mehr verhindern, dass sie sich nach vorne kippen ließ. Und wie erhofft, umschlangen sie seine festen Arme und pressten sie an ihn. So verharrten beide in dem Augenblick und dachten nur daran, den anderen so schnell nicht mehr loslassen zu wollen. Kapitel 34: Augenblick ---------------------- Augenblick Klickend fiel die Tür ins Schloss. Jetzt waren sie endgültig allein. Gemeinsam, in Jans Hotelzimmer. Sie noch immer in dem kurzen schwarzen Kleid, er immer noch in seinem Bühnenoutfit (sprich: schwarze Hose, schwarze Schuhe und ein schwarzes Shirt mit weißen Rändern) Vorhin waren sie noch gemeinsam auf dem Weg ins Hotel gewesen, in Tarnkleidung versteht sich. Nicht gleich in Kutten, aber so, dass man zumindest Jan nicht auf dem ersten Blick erkennen würde. Beide verhielten sich recht schüchtern gegenüber, aber irgendwann streifte Jans Hand versehentlich die ihre. Henrike fasste sich daraufhin und um griff seine Hand vorsichtig. Jan wehrte sich nicht dagegen und lächelte einfach sanft. Durch ihre Sonnenbrillen erkannten sie die Umrisse der Augen kaum, dennoch, waren sie sich sicher, welchen Ausdruck sie hatten. Schweigend bummelten sie neben einander her. Jedoch kam von irgendwoher plötzlich „Hand in Hand“ von den BEATSTEAKS, wobei beide, unterbewusst, erst einmal begannen mit zu summen. Nach kurzer Zeit und einem kurzen Blick auf ihre Hände hinunter, mussten sie erst lachen, dann sangen sie teilweise noch mit, ehe sie außer Hörweite waren. Aber nun, nach diesem doch heiterem kleinen Erlebnis, war wieder dieses Schweigen zwischen ihnen. Na ja, auch nicht ohne Grund. Schließlich stand noch so einiges lehr im Raum. „Öhm…“, begann sie schüchtern, nachdem sie ihre Brille abgestreift hatte. „Wolln… wir uns setzten?“ Sie nickte kurz mit dem Kopf Richtung Bett. Für Sekunden meinte sie den Ansatz eines zweideutigen Lächelns bei ihm erkannt zu haben. Aber er blieb stumm und nickte zur Antwort. Gut, jetzt saßen sie schon mal. Aber wie sollte sie anfangen? Sie wusste es nicht so wirklich. Nicht gut. „Soll… ich einfach los legen?“, fragte sie schließlich und sah zu ihm auf. Jan sah zurück und gab keine Antwort. Dann nickte er. So erzähle Henrike ihm, was sie belastet und dazu gebracht hatte, so zu handeln, wie sie es dann auch geschehen war. Mit der Zeit legten sie beide immer mehr zurück und lagen irgendwann mit dem Rücken auf der Matratze. Henrike stellte einmal komplett ihr Herz aufm Kopf und rüttelte solang an dem nervigen Teil rum, bis sie meinte, alles wichtige erzählt zu haben. „…und… ich hab nur noch geglaubt, dass ich dir eh nur auf den Zeiger gehen würde. Das… ich mir nur einbilde das könnte ernsthaft etwas werden und die Wahrheit sähe ganz anders aus…“, sie stockte und rollte sich ein wenig zusammen. Jan rückte das kleine Stück zu ihr hoch, so dass sie ihm genau in die Augen sehen konnte. Da er seine Brille abgenommen hatte, fiel dies nun auch nicht mehr schwer. „…Nein! Bevor du etwas sagst, dass hat nicht... na ja mehr oder weniger mit dir zu tun. Das eine hab ich ja eben schon gesagt, aber zum anderen… Ich war immer ziemlich allein, und das hatte noch nicht einmal einen triftigen Grund. Und nach der Beziehung mit Kenai traue ich dem auch nicht so schnell, wenn… mir jemand Zuneigung entgegen bringt…“ „War das so schlimm damals?“ Seine Hand legte sich zwischen ihrer Wange und ihrem Hals, wo er sie begann zu streicheln. Henrike konnte zuerst nicht anders als die Augen zu schließen und diese zärtliche Geste zu genießen. „Ich… Ach komm, reden wir nicht jetzt über diesen Scheiß!“ Damit drängte sie sich an seine warme Brust und wie erhofft, umarmte er sie. „Das würde mir auch vieles an dir erklären…“, sagte er leise und spürte, wie sie sich enger an ihn schmiegte. „Ich erzähl dir ein andern mal alles, aber nicht heute. Versprochen…“ Ungefähr nach zehn Minuten, in denen sie seine Nähe ausgiebig aufgesogen hatte, schob sie sich von ihm weg, damit sie vernünftig weiter reden konnten. „Hey… mir fällt grad auf, dass du ganz schon viele Sommersprossen bekommen hast.“, grinste er plötzlich und tippte fast neckisch auf ihre Nase. Henrike errötete leicht und lachte. „Ja! Und das obwohl ich kaum in die Sonne gehe. Aber ich hab mir sagen lassen, dass hätte nen hohen Niedlichkeitsfaktor.“ Sie zwinkerte und streckte dabei die Zunge raus. „Boah, bist ja mal wieder kack dreist heute!“, lachte er und konnte es sich nicht nehmen lassen, ihr durch das Haar zu streichen. Auch wenn es ziemlich verfettet und sogar noch feucht, durch den Schweiß vom Konzert und der Sommerhitze ,war. Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Hast dich ja anscheinend auch sehr intensiv der Körperpflege hin gegeben.“, stellte er ironisch fest. „Betonung liegt auf „auch“.“, antwortete sie ihm. Denn ebenso wie sie, war Jan mehr als ungepflegt, hatte Gruben tiefe Augenringe und die Haare… nun gut, er hatte sich wohl einfach ne Dose Gel drüber gekippt und es passte wieder. „Aber dann sind wir ja im Partnerlook!“, grinste sie. „Nur noch das passend Parfüm dazu. PENNER. For a man and a woman. By Calvin Cline.“ Jan lachte los und sein Grinsen blendete sie fast bis zur Erblindung. „Das fehlt noch…“, gab er Luft holend von sich. Er behielt seine Hand auf ihrer Wange und streichelte sie weiter. Rike schloss glücklich die Augen. „Ich glaub du musst mir echt mal eine knalln.“ Jan stockte und sah sie recht perplex an. Bevor er aber etwas sagen konnte sprach sie weiter. „Jetzt lieg ich direkt neben dir und… kann immer noch nicht glauben, dass das jetzt wahr ist…“ Jan blieb ruhig. Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Henrike sagte auch nichts weiter sondern legte ihre Arme um seinen Hals. Sie schluckte kurz, wirkte wieder schüchtern. Doch dann beugte sie sich hoch und küsste ihn. Lange weilte sie aber nicht an seinen Lippen, denn Jan löste sich aus dem Kuss. „Rike… Ich glaub ganz unschuldig war ich wohl auch nicht dran. Immerhin hab ich dich ja mehr als einmal zurück gewiesen…“ Nach dem Satz schwieg Jan für einen Moment, sortierte noch ein bisschen die Worte in seinem Schädel. „Also ehrlich gesagt… etwas in der Richtung angebahnt hatte sich schon ewig.“ Ohne es zu wollen weiteten sich Rikes Augen und ihr Herz begann augenblicklich bis zum Hals zu hämmern. `Krieg dich ein Henrike! Werd jetzt nicht zu so nem nervigen pubertierendem Mädchen…` Nützte aber nichts. So dröhnte ihr fast der gesamte Kopf, als sein Satz dort wieder hallte. „Aber ich hab die ganzen Kleinigkeiten komplett geleugnet. Ich hatte nach dem ganzen Scheiß überhaupt keine Lust auf…“, er hielt kurz den Atem an und sprach dann weiter: „Hab mir immer gesagt, du wärst wie eine kleine Schwester für mich, bei der ich gerne bin und die man beschützten will, wann immer sie Hilfe braucht. Irgendwann hab ich das sogar selber geglaubt und hätte es wohl auch weiterhin… Wenn nicht diese Sache mit diesen Arschlöchern passiert wär.“ Nicht nur Henrike schluckte, als sie an die Beinahe-Vergewaltigung durch die Nazis zurück dachte. „Danach… ich… ich hab einfach eine Wahnsinns Angst gehabt, du würdest dabei drauf gehen. Und bei dem Gedanken, dass diese… notgeilen Wichser sich auch nur Ansatzweise an dir vergriffen haben…“, seine Hand verkrampfte an ihrer Hüfte und eine bebende Wut schwoll in der Stimme an. Henrike bekam fast Angst vor ihm, riss sich aber am Riemen. „Das war... ein ziemlicher Schock. Nicht „nur“ das, was mit dir passiert ist. Plötzlich hat sich mir die Wahrheit, was ich für dich… empfinde… einfach so vor die Füße geklatscht. Es war so verdammt offensichtlich, aber ich hab nur gedacht „Nein! Nein, so schnell halte ich das nicht noch mal aus…“ und hab es wieder so gut verdrängt. Nachdem ich dich heimlich…“ Er brach ab. Doch Rike wurde hellhörig. „Was? Heimlich?!“, sie richtete sich leicht auf, doch er zog sie sanft wieder nach unten. „Entspann dich, ich hab nichts schlimmes mit dir angestellt.“, lächelte er, wenn auch etwas verlegen. „Nein nein, wollte ich dir auch nicht unterstellen. Aber was hast du gemacht?“ Fordernd blickte sie ihn an. „Öhm… nach dem Krankenhaus… als ich bei dir geschlafen hab…“, er hoffte sie würde verstehen was er meinte. Doch sie zuckte nicht mal mit einer einzigen Wimper. „Genauer!?“ Ok. Entweder er halluzinierte, oder sie hatte einen gaaanz leichten verschmitzten Unterton in der Stimme gehabt. „Na du weißt schon!“ „Nee.“ „Doch.“ „Nein.“ „Verarschen? „Nö. Sags mir do…“ Ohne ein weiteres Wort drückte er ihr einfach seinen Mund auf die Lippen. Nach einem mehr als wunderbaren Kuss löste er sich und Henrike lachte ihm entgegen. „Ach soooooo! Sag das doch gleich!“ „Ja ja… du wirst mir hier echt noch zu frech.“ Damit klatschte seine Hand auf ihr Hinterteil, was sie mit einem überraschten Quietschen quittierte. „Und du willst mir Vorträge halten! Pass lieber auf!“ „Sonst?“, grinste er und zuckte herausfordernd mit einer Augenbraue. Henrike blickte ihn ernst an und zog ebenfalls, nur beide, Augenbrauen in die Höhe. Und ohne auch nur ein winziges Anzeichen von Scham packte sie ihm in den Schritt. Jan hielt schlagartig die Luft an und glotzte überrumpelt auf ihre Hand im unteren Bereich. Sein kleiner rothaariger Teufel beugte sich nur vor und hauchte ihm zuckersüß ein „Das.“ ins Ohr. „Oh man…“, lachte er. „Ich sag mal Gleichstand und spar mir erst mal ne Antwort. Sonst komm ich gar nicht mehr weiter hier…“ Mit einem kleinen Schmollmund entferne sie ihre Hand, sagte aber nichts. Sie wollte schließlich, dass er ihr alles erzählte. „Ok, ähm… scheiße, wo war ich jetzt!“, er kratzte sich am Kopf und grübelte. „Ach ja!“, die Erleuchtung! Er fuhr fort, indem er noch kurz den Zusammenhang wiederholte. „Aber was hat mir dieses hinein pressen der Gefühle gebracht? Kaum hab ich dich einmal nackt gesehen und du bringst mir in dem Moment nur ein bisschen körperliche Nähe entgegen, fall ich über dich her und…“ Sie wussten beide was geschehen war, daher sparte er es sich, noch näher darauf ein zu gehen. „…und selbst danach war ich erst zu stur um endlich zu sehen, dass es längst zu spät war. Allerdings… die Jungs hatten mir ja zu dem Soundcheck den Monitor aufgestellt. Und… als dort der Text zu „Wie es geht“ ablief, hat es in diesem Moment doch bei mir Klick gemacht. Wenigstens begriff ich da, dass ich dich nicht verlieren wollte. Tut mir leid dass ich jetzt so scheiß kitschig klinge!“ Doch sie lachte nur. „Hey… ich bin ne Frau. Gegen Schleimsubstanzen jeglicher Art hab ich nen fetten Pelz!“ „Ach ja. Wie konnte ich das vergessen!“, er lachte aus voller Kehle mit. Doch recht plötzlich blieb ihm das Lachen stecken. Ihm war etwas wichtiges wieder eingefallen, was er bei den ganzen Dramen schon fast vergessen hatte. "Ähm, Rike? Ist jetzt ziemlich taktlos, ich weiß. Aber... Nun... als wir miteinander geschlafen haben. Hast du zu diesem Zeitpunkt die Pille genommen?" Er wirkte sehr beunruhigt. Auch wenn Henrike vollkommen verstand weshalb, war sie doch ein wenig eingeschnappt, da die schöne Stimmung so gleich wieder auf einen ziemlich niedrigen Grad sank. "Nun... nein...", sagte sie ehrlich. "Ach du..." Jan setzte sich ruckartig auf und fuhr sich mit Hand über das Gesicht. "Jan." Henrike schwang sich ebenfalls hoch. "Du musst mal bis zum Ende zuhören, du Depp!" "Aber wenn du... was?" Der Satz kam erst jetzt richtig an. "Tut mit leid... Ich hatte wohl sowas ähnliches wie ein Deja Vu.", sagte er sarkastisch. Henrike lehnte sich an seine Schulter. "Erstens: Steht gar nciht fast ob ich schwanger bin oder nicht. Zweitens: Ich hab mir anders beholfen." Bevor er etwas sagen konnte fuhr sie fort. "Es gibt auch die Pille Danach... Nach der Sache mit der Dusche bin ich zu Celina gegenagen und hab mich bei ihr im Zimmer verkrochen (das Jan bereits wusste hatte ihr ja keiner gesagt) und da hab ich mich bei ihren Vorräten bedient. Ich glaub, davon hat sie bis jetzt noch nichts gemerkt..." Sie spürte deutlich wie Jan sich entspannte. "Ich war auch ganz schön erleichtert. Hab auch nciht danach geschrien, dass es gleich so weit kommt." "Rike? Falls du jetzt glaubst ich hätte dich sitzten gelassen wenn du schwanger wärst..." Sie sah ihn mit großen Augen an. "Nein! Ich hab mich zwar teilweise wie ein absoluter Oberarsch verhalten, aber dass hätte ich nciht gemacht." Er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie zu sich ran. "Ich glaub dir das ja. Du bsit ja auch geblieben, als es dir das erstmal passiert ist. Vorausgesetzt du hast mir die Wahrheit erzählt." "Iiiiiiich lüge niiiiieeeee!", schwor er feierlich und Rike musste wieder grinsen. "Das hätte mir auch noch gefehlt...", seufzte sie. "Na ja. Zukunft stützten wir usn am besten auf die guten alten Gummihandschuhe!" Sie glotzte ihm auf die Schulter. Er saß nur da mit einem theatralischen Gesichtausdruck, nach dem Motto "Och neeeee...". Die rothaarige musste wieder lachen, dass war auch zu herrlich. "Du bist Pop(p)star, da musst mit gutem Beispiel voran gehen!", sagte sie neckisch und betonte die Silbe POP(P) noch mal besonders. "So so... ich soll also öffentlich rum vögeln oder was?", er zog eine augenbraue in die höhe wie nur er es konnte. Rike warf sich grinsend in die Kissen. "Muss ja nicht.. kannst ja auch ganz prominent handeln, dich beim ficken filmen lassen und das ganze dann ins Internet stellen!" Jan ließ sich mit einem verschmitzten Grinsen ebenfalls in die Kissen fallen. "Ach, und mit dir als Drehbuchautorin und diejenige, die den Text mit mir einstudiert?" "Jaaaaa! "Herr Vetter, an dieser Stelle dann OH bitte etwas masculiner. Und dass zweite AH erste Seite link ganz unten darf gerne etwas entspannter klingen. Sie lesen sich das noch mal durch und ich mach schon mal ihre Hose auf."..." Die beiden kugelten sich bis zum es geht ncith mehr einmal quer durch das Bett. Erst nach zehn minuten war es ruhig und keienr der beiden schob noch einen zweideutigen Satz nach (was auch die Länge von zehn Minuten erklärt...). Sowohl Rike als auch Jan genossen die Schwiegeminuten, in dene sie nur still neben einander lagen. Schließlich war Rike es, die weiter sprach. „Aber…“, ok, jetzt war sie wieder total schüchtern, was er schmunzelnd bemerkte. „Ich... nun… wieso… ähm hast du dich in mich verliebt? … … … TUT MIR LEID! SorrySorry, blöde Frage…!!!“, knallrot wandte sie schnell den Blick von ihm ab. Da prustete Jan los, rollte sich auf den Rücken und kam aus dem Lachen nicht mehr raus. „Oh man, du bist echt süß! Und außerdem platzt du, wenn du noch mal so rot anläufst!“ Henrike wusste für Sekunden erst nicht, ob sie eingeschnappt sein oder sich geschmeichelt fühlen sollte. Aber da der alte Sack schon mal auf dem Rücken lag… „Sag es!“ Mit einem Satz schwang sie sich auf seinem Bauch, was er mit einem starken Keuchen beantwortete. Sie griff sich schnell seine Arme und legte sich ganz auf ihn. „Oha, jetzt wird’s aber heiß hier…“, Stichelattacke seitens Farin Urlaub. „Muss ich etwa noch mal beweisen, dass ich keine Hemmungen kenne?“ „Nein!…Obwohl?! Dooooooooch!!!“ „Arrrrrgh!!! Jetzt sag schon!“ „Ja ja… lass aber meine armen Ärmchen los, ja?“ Henrike überlegte kurz und theatralisch, dann ließ sie ihn los. Gleich im Anschluss legte er seine Hände zwischen Hüfte und Gesäßbacken ab. „Jaja…“, sagte sie, doch Jan grinste nur. „Sorry, ging nicht anders.“ Henrike grinste nur schelmisch zurück, dann legte sie sich auf seine Brust und war nur ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. „…so…deine quirlige und alberne Art. Wenn du so fröhlich durch die Gegend springst… du bist stark, aber auch gleichzeitig so zerbrechlich… und wenn du weinst… dann geht immer dieser scheiß Beschützerinstinkt in mir durch!“, lachte er. Ok, Henrikes Herz war sofort wieder dabei, nachdem er dies ausgesprochen hatte, den eigenen Limbo Rekord zu brechen. Sie sagte nichts mehr, und schmiegte sich nur noch mit dem Kopf an seine Brust. Rike hasste es inzwischen fast, aber dennoch, konnte sie ein paar kleine Tränen nicht verhindern. Sie war so unbeschreiblich glücklich in diesem Moment… Es wurde still um sie beide. Jan streichelte ihre verschwitzte Haut und sie küsste ihn immer wieder sanft auf die Wange. „Jan?“ „Hmm?“ „Glaubst… wir schaffen das?“ Er antwortete nicht sofort, überlegte noch kurz, dann zog er ihr Gesicht in seinen Blickwinkel. „Ehrlich gesag... hab ich keine Ahnung!“, er grinste und fing an, ihr den Nacken zu kraulen. „Nun… ich schätzte wir müssen es erst einmal versuchen, um es heraus zu finden.“ Henrike lächelte, als sie seine Worte hörte. „Und ich mein… dann sind wir beide ja auch… ungefähr zwanzig Jahre auseinander.“ Jan schaute da erstmal etwas perplex, da er es nie mitgezählt hatte. „Stört dich das?“, fragte er. „Nein nein!! Ich glaube nur dass… na ja, ob so ein Altersunterschied schwierig ist kann ich ja nicht beurteilen... Aber wahrscheinlich werden wir uns ganz schön was anhören müssen, Vorurteile hat die Menscheit ja genug zu verteilen.“ „Wahrscheinlich ja… Obwohl das in dieser Position, Mann; alter Sack, Frau; junges Reh, doch recht normal ist. Anders herum muss man sich mehr anhörn…“ „Stimmt.“ … „Es tut mir leid.“ „Was?“ Henrike sah ihn ernst und bedauernd in die Augen. „Du hast keine Probleme es zu wagen. Und ich feige Kuh bin einfach weg gerannt und hab euch so viele Probleme gemacht.“ „Da hattest Angst, das ist nur verständlich. Und… Ohne scheiß! Hättest du es nicht getan, wäre ich sicher stattdessen weg gelaufen.“ Henrike beugte sich leicht auf und sah ihm prüfend in die Augen. „Ich war ja genauso wie du bis zum Rand mit Zweifeln voll…“ Sie glaubte ihm und drückte sich wieder an ihn. Jetzt hatte sie keine Angst mehr… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „He… bist ja auch so müde.“ Rike blinzelte mehrmals. Was war denn los? Da spürte sie, wie jemand sie auf etwas weichem ablegte. Sekunde? War sie etwa eingeschlafen??? „Oh!“, schlagartig schlug sie die Lider hoch und sah Jan direkt ins Gesicht. Er lag genau neben ihr und gähnte gerade ausgiebig. „Passt mir gut. Mir fallen nämlich auch ständig die Augen zu.“ Müde grinste er ihr noch einmal zu. Henrike lächelte warm zurück. „Dann penn mal schön.“, sagte sie und küsste ihn auf den Mund. „Nacht…“, nuschelte er und war gleich darauf weg. Rike konnte nicht anders und streichelte ihm noch eine Weile durch das kurze Haar. Anscheinend war er währned des dritten Weltkrieges auch nicht zu Schlaf gekommen, wie sie… „Nacht…“, hauchte sie selber kurz darauf, als auch ihre Lider sich endgültig weigerten, noch länger offen zu bleiben… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike fühlte sich, als wäre sie in einer Sauna eingepennt. Ihr klatschnasser Körper sprach dafür. Ein Blick zur Uhr. Es war gerade mal vier Uhr Morgens und sie schwitzte sich in diesem %&§$ Hotelzimmer zu Tode. Sie sah zu Jan. Er war ihr wohl zuvor gekommen, denn bis auf seine Boxershorts hatte er nichts weiter an. Der Rest seiner Klamotten lag zur Seite geschmissen auf dem Boden. Henrike schwang sich schnell aus dem Bett, ignorierte das Schwindelgefühl und stellte die Terrassentür auf Kippe. Wieder im Bett sah sie natürlich (was auch sonst...) wieder zu Jan, der friedlich ratzte. Schulter zuckend machte sie es ihm nach und streifte sich alles, sogar die Unterwäsche von der Haut. Das schwarze Kleid war schon fast zu einer zweiten Haut geworden und das musste beim schlafen doch echt nicht sein… Als der BH (der einmal quer durch den Raum flog) und auf dem Boden gelandet war, betrachtete Rike vollkommen still den Körper von dem Mann neben ihr. Jans Brust hob und senkte sich seelenruhig auf und ab. Er hatte wirklich einen tollen Körper und das nicht nur für sein Alter. Lächelnd leckte sie ihm eine Schweißperle von der Brust, die im schwachen Licht des Morgens, welches durch den Vorhang sachte durch schien, geglitzert hatte. Danach setzte sie sich auf die Kante an dem anderem Ende des Bettes. Schlafen konnte sie so schnell nicht wieder, dazu spielte sich zu viel in ihren Gedanken ab. Sie konnte es immer noch nicht glauben. Dass sie tatsächlich einem so wunderbaren Menschen begegnet war... Leider konnte sie es nicht besser ausdrücken. Oder...? Da fiel ihr ein, sie hatte doch noch etwas nach zu holen. Sie grinste. Er würde es jetzt nicht mitbekommen aber… „Jan, ich liebe dich!“ …sagte sie sicher und drehte sich zu ihm um. Und fast zuckte sie in sich zusammen, als er zurück blickte. Er war wach. Und hatte es gehört. Errötet, sauste ihr Kopf Richtung Teppich, wo ihr Blick eben noch gelegen hatte. Nach ein paar Sekunden musste sie aber lachen, wenn auch leicht verlegen. „Musste ich noch nach holen! So ein bomben Geständnis wie du werd ich aber nicht hinbekommen, sorry…" Es kam keine Antwort. Das war nicht weiter schlimm, sie hatte ursprünglich eh keine erwartet... So warf sie ihre Haare zurück und wusste nicht, was sie damit auslöste. Erst spät bemerkte sie, dass sich die Matratze regte. Doch eine Frage kam gar nicht zustande… Erkam ihr zuvor. Sie spürte seine Finger, die sachte von dem Rücken zu ihrem Bauch krochen. Genießerisch schloss sie die Augen. Seine Brust klebte durch den Schweiß an ihrem Rücken und sie räkelte sich ihm entgegen. „Ja…“, hauchte sie. Kurz darauf zog er sie zurück und legte ihren Kopf auf seinem Bauch ab. Seine Beine öffnete er, damit sie mehr Platz hatte. Lächelnd ließ sie sich auf ihn nieder. Seine Boxershorts hatte er auch nicht mehr an, war nicht schwierig das zu bemerken. Jan fuhr mit seiner Hand mehrmals durch ihre Haar und sie kraulte die linke Bauchhälfte von ihm. Schon völlig entspannt spürte Henrike doch ziemlich plötzlich wie sich etwas kerzengerade gegen ihren Nacken stemmte. „Ups, öhm…“, stammelte er verlegen und halb grinsend. Henrike lachte belustigt. Ihre Reaktion erleichterte Jan. Er stützte sich ein Stück hoch, um mit seiner Hand ihren Körper tiefer hinab zu gleiten. Stumm und ohne was zu sagen richtete sie sich auf. Jan wurde unsicher. `Shit, das war zu schnell…!`, schalte er sich in Gedanken. „Rike?“, fragte er besorgt, als sie ihm noch immer nur den Rücken zu sehen gab. Ohne eine Antwort wandte sie sich ihm zu, mit einem undefinierbaren Blick. Jan stemmte sich ganz hoch und setzte sich auf seine Knie. „Rike, ich…“ Doch plötzlich sprang sie auf und warf sich mit einem Ruck rittlings auf seinen Schoß. Jan keuchte überrascht auf und griff reflexartig nach ihrer Hüfte, da er fast nach hinten gekippt wäre. Doch er hielt sich aufrecht und musste grinsen, als er ihren frechen Gesichtsausdruck bemerkte. Henrike ließ ihm jedoch nicht mal Zeit zum durchatmen, sondern schlang ihre Lippen gleich um seinen Mund und schob sich ohne zu warten mit ihrer Zunge hinein. Jan vergriff sich an ihrem Gesäß und erwiderte die Leidenschaft keuchend. Doch er kam nicht umhin, sie mit einem Ruck von sich weg zu ziehen. Keuchend und errötet sahen sie sich an. Wieder bildete sich ein verschmitztes Lächeln auf ihrem Mund. Er gab ihr zu verstehen, dass sie sich ein Stück aufstützten sollte, damit er sie besser unterstützten konnte. Seine Hände dirigierten sie an der harten Länge vorsichtig nach unten. Wohlig stöhnend ließ sie sich mit gebreiteten Beinen auf ihn hinab sinken. Auch sie genoss es, das Stöhnen des Partners zu hören. Lächelnd legte sie die Hände in seinen Nacken und drückte ihn an ihre Brust, welche er sogleich küsste. Kurz darauf umschloss er die linke Spitzte mit seinem Mund und massierte die anderen mit seiner Hand. Henrike gab ihm nicht unbedingt leise zu verstehen, wie sehr es ihr gefiel. Und sie war es auch, die mit dem Rhythmus begann. „…aaah… und da denk ich noch, ich sei zu voreilig.“, stöhnte er und ein Grinsen erschien auf dem erröteten Gesicht seiner Freundin. „Eher zu lahm, Opa!“, erwiderte sie frech. „Na warte!“, das ließ er nicht auf sich sitzen (Wort wörtlich…). ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ So einiger Schweiß und verbale Lust später waren beide vollkommen fertig. Jan hatte sich an Rikes Brust geschmiegt und genoss das Kraulen in seinem Nacken. „Wusste gar nicht… das Rockstars so verschmust sind…“ „N büschn pussy ist doch jeder…“, kams genuschelt hervor. Beide holte allmählich wieder die Müdigkeit ein, schließlich hatten sie wegen dieser brüllenden Hitze nur kurz geschlafen. Und jetzt? Jetzt bekamen sie fast einen Hitzekollaps. Aber da waren sie auch selber Schuld dran. „Du?“ „Hmm?“ „Wann müssen wir Morgen raus? „Könnnn aus schlafennn…“ „Du?“ „Hmmmmm?“ „Könnten wir Plätze tauschen? Du bist mir glaub ich doch etwas zu schwer…“ „…nnnnnnöööööö…“ „Hö? Wieso?“ „Damit duu nnich wieder abhauusst…“ Danach war er weg, und Henrike war zu müde, um noch weiter rum zu nörgeln. Darum rollte sie sich, nach ein bischen sanftem Gedrücke, mit ihm auf die Seite. Das schaffte sie sogar, ohne ihn dabei zu wecken. Für ein paar Minuten beobachtete sie Jan noch eine Weile. Dann war auch sie endgültig zu müde. Sie rückte sich ihr Kissen noch einmal zurecht, schmuste sich näher an ihn und schlief friedlich und ausnahmsweise mal ohne große Probleme ein… Epilog: Epilog -------------- Epilog „He…“ Irgendjemand rüttelte sanft an ihrer Schulter. „Aaaauuuuuufwachen…“ Sie murrte und kuschelte sich noch tiefer in das weiche Chaos aus Decken und Kissen. Danach war es ruhig. Bis mehrere Finger schmetterlingsleicht ihren Rücken auf und ab glitten. Nicht nur ihre Mundwinkel zuckten. „Das kitzelt…“ „Ich kann auch nen Waschlappen holen, wenn dir das lieber ist.“ „Wehe!!!“ Sie schlug die Augen auf und drehte sich der Stimme zu. Im ersten Moment war sie total überrascht darüber, wen sie vor sich hatte. Doch nach zwei Sekunden waren wieder alle Erinnerungen beisammen. Henrike blinzelte verschlafen und blickte ihn selig lächelnd an. „Du bist ein Frühaufsteher… ich Nachtschwärmer. Kann DAS gut gehen?“ „Och…“ Er schielte unschuldig an die Decke. „Wenn ich dich früh genug ins Bett krieg…äh bringe…“ Sie lachte, allein schon wegen seinem „unschuldigen“ Grinsen. Sie warf die Decke weg, die diese eh nur an ihr klebte und drehte sich ihm zu. „Wie spät?“ „Gleich hab drei.“ „… Was? Ach du scheiße, wir haben doch heute noch…“ Ehe sich Henrike weiter aufrichten konnte lag Jan halb auf ihr und hinderte sie daran. Henrike war erst ein wenig überrumpelt, dann beugte sie sich, trotz ca. 80 kg Rockstar, ein Stück hoch. „Morgen…“, sagte sie und leckte ihm verschmitzt über die Wange. Jan grinste nur sein berühmtes Grinsen und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, als sein Zeigefinger ihre linke Brustwarze zärtlich umkreiste. Ihr Herz schlug schneller, natürlich gefiel es ihr! Jedoch war es Jan, der nach einem Blick zur Uhr aufhörte. Ansonsten wäre es sicherlich dorthin gegangen, wo sie auch sie auch in der letzten Nacht gelandet waren. Schade eigentlich... Aber vielleicht ja auch, weil der Opa noch etwas zu tun hatte… Er stand auf und ging, nackt wie er war, quer durch den Raum zum Schrank. Henrike, die sich aufgesetzt hatte, musterte ihn von oben bis unten. Erst in diesem Moment fiel ihr auf, dass er doch recht gut gebaut war. Bisher hatte es immer derbst geknallt, sobald sie sich nackt gesehen hatten, aber nun wo er im hellen herum schlenderte, kamen viele Details an seinem Körper zum Vorschein, welche ihr erst entgangen waren. Schlanke Statur, leicht und faserartig hoben sich Muskeln hervor und sein Ar… Sie hörte erst auf ihn anzuglotzen, als er sie, ziemlich eindeutig, plötzlich ansah. War eigentlich ein Wunder, dass sie nicht begonnen hatte zu sabbern. Aber was sollte sie denn machen??? Bisher hatte sie nicht viel Gelegenheit gehabt, ihn ausgiebig zu betrachten. Sie grinste ihn verschmitzt an und stand nun selbst auf. Da sie sich in Jans Zimmer befanden, hatte sie keine frischen Klamotten da und musste nur ein paar Schritte gehen, um zu ihrem Kleiderhaufen zu gelangen. Völlig zerstreut und zerknittert lag das ganze vor ihr. Henrike zuckte kurz mit den Schultern, da es sie eh nicht sonderlich störte, und beugte sich dann nach unten. Als sie sich ihre Unterwäsche heraus gefischt hatte, spürte sie plötzlich zwei Hände an ihrer Hüfte. Reflexartig sauste sie nach oben und wäre fast in ihn hinein gefallen, wenn er sie nicht noch gestützt hätte. „Hey, nicht so hektisch!“, er lachte. „Sorry.“, sagte sie etwas verlegen. Jetzt standen sie hier, noch immer nackt. Er hatte seine Arme um ihre Taille gelegt und seinen Kopf an ihren gelehnt. Nach kurzer Zeit gesellten sich ihre Hände auf seine, welche auf ihrem flachen Bauch ruhten. Wieder bemerkte sie, wie wunderbar warm sein Körper doch war. Ihr fiel in diesen Moment auf, dass es das erste Mal war, das sie sich nackt berührten ohne gleich wie die Tiere übereinander her zu fallen. Die Gier in ihr nach diesem blonden Riesen-Kasper hatte es ihr, auch echt nicht leicht gemacht... Aber hier und jetzt gerade ging es wirklich wirklich (ausnahmsweise) mal nicht um Sex, sondern nur, dem anderen ganz nahe zu sein. Ihre Lider fielen zu und sie lehnte sich ihm noch mehr entgegen. „So! Jetzt wird sich aber angezogen.“ Verdattert sah sie ihm nach, als er sich so plötzlich von ihr löste. `Was war DAS denn…? ` Sie beschloss nicht weiter darauf einzugehen, auch wenn sie es doch komisch fand. Jedoch, als er bereits unten rum in Jeans und Socken war, und ihm nur noch das T Shirt fehlte, konnte sie sich nicht zurückhalten. „Warum hast du es denn so eilig mit dem Anziehen?“ „Darum.“ Nanu? Daaaaa stimmte doch was nicht. Auf den Zehenspitzen schlich sie sich hinten an und fragte so lieb sie konnte: „Genauer Schatz.“ Bevor er antworten konnte traktierte sie ihn schon mit einem Kissen. „Spucks aus, oder du glaubst dran!“ Überrumpelt ergriff er die Flucht, nur um sich selbst mit einem Kissen zu bewaffnen. Sie rangen solang mit einander, dass sie gar nicht mehr genau bemerkten, wie sie auf den Boden gekommen waren. Momentan lag Jan in Führung, aber das wechselte ständig. „Jetzt-sag-schon.-Was-hast-du-vor?“ Die Kissen lagen irgendwo im Raum, kitzeln war viiiiiiieeeel wirkungsvoller. Es machte echt Spaß, so zu toben. Die beiden waren die ganze Zeit am Lachen, doch der Herr Urlaub blieb ganz schön standhaft. Vor allem wenn man bedachte, dass er sehr empfindlich auf die Fingermassage reagierte. Gerade als sie auf seinem Bauch saß („SPRICH ODER STIRB!!!“) ging plötzlich die Tür auf. „Überraschu…“ Binnen drei Sekunden waren alle Personen im Raum tief gefroren. Jan lag noch immer auf dem Teppich, in Abwehrhaltung, seine Liebste auf seinem Bauch, mit einem, gerade ergatterten, Kissen in Angriffsstellung. Außerdem halbnackt. Und die vier Herrschaften an der Tür: Dirk, Rodrigo, Michaela und Celina. Dirk sah am lustigsten aus, da er Tellergroße Augen hatte und gleichzeitig nur knapp ein Lachen zügelte. Rod starrte demonstrativ in eine andere Richtung, Celina grinste und Michaela stand da, als würde ihr gleich das Kinn auf den Boden sacken. Sekundenlang schienen sie so zu verharren, bis Dirk schließlich doch was sagte: „Ööööhm… sollen wir euch vielleicht doch noch ein wenig allein lassen? Außer natürlich du willst Unterstützung Rike.“ Jetzt grinste er breit. Henrike wollte bereits etwas antworten, doch da wurde sie herum geworfen und auf den Boden gedrückt. „Joa… ich glaube die braucht sie jetzt wirklich.“, sprach Mischa nüchtern. Jedoch war Jan zu schnell und so schubste e die rothaarige auf das Bett. „So! Hier habt ihr eure Beute.“, sagte er und ging wieder los zu seinem, au dem Boden gammelnden Shirt. Aber mitten in der Bewegung stoppte er. Er warf einen Blick zum still stehenden Begrüßungskommité und dann noch mal zu seiner kleinen rothaarigen, die halbnackt auf dem Bett hockte. Ohne ein Wort marschierte zurück und wickelte sie in Rekordzeit in eine der Decken ein. „He, die gucken mir schon nichts weg!“, sagte Rike belustigt. „Sicher ist sicher!“ Damit war er bei seinem Schrank um sich endlich ein Shirt über zu ziehen. Beim gehen nickte er der Besuchertruppe noch einmal zu, die sich dann zu der mumifizierten Henrike aufs Bett schmiss. „Ich machs kurz: Alles gute, unser aller liebster kleiner Teufel.“, sprach Dirk feierlich und ehe Henrike antworten konnte, zog er ein Geschenk hinter dem Rücken hervor. „Überraschung!!!“, trällerten Mischa und Celina, als sie auch ihre Geschenke präsentierten. Henrike starrte erst überrumpelt von einem zum anderen, ehe sie (mal wieder) rot anlief. „Oh scheiße… Danke Leute!“ Man, sie war echt gerührt. Sie hatte sie viel Bullshit gebaut und trotzdem standen sie jetzt alle hier parat zu ihrem Geburtstag. Na ja, einen Tag nach ihrem Geburtstag, wenn man penibel war… „Sekunde mal… Wart ihr etwa deswegen solang in der Stadt?“, Rike ging ein Licht auf. „Jo.“ Die Antwort fiel knapp aus, würde aber durch eine andere Geste von Rodrigo überschattet. Dieser legte ihr nämlich allen ernstes eine nagelneue Gitarre auf den Schoß. Henrike glotzte nur perplex, erst auf das Instrument, dann auf Rod, dann wieder auf das Instrument, dann noch mal zu Rod. „DANKEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!!!“ Der Bassist konnte nicht einmal mehr keuchen. Henrike warf sich vor Freude brüllend auf ihn und schmiss ihn so der Länge nach auf die Matratze. Eine Gitarre, eine richtig gute Gitarre! Endlich!!! Damit hatte der Chilene ihr echt einen Herzenswunsch erfüllt. Es dauerte nicht lang und die anderen begannen zu lachen. Dirk hielt in einer actionreichen Pose die Gitarre fest, die er noch schnell von Rikes Schoß weg gezogen hatte. Rodrigo sah sie überrumpelt an und tatsächlich sah Henrike zum zweiten Mal in ihrem Leben, dass er errötete. Als Henrike ihm noch einen Kuss auf die Wange drückte, fing auch er an zu lachen. „Also ich glaubs ja nich. Schon geht du fremd!!!“ Der jemand, der sie von Rod weg zog war Jan, der sie gespielt mahnend anblickte. Da fiel Rike fiel wieder auf, dass sie ja halb nackt vor ihren Freunden hockte. „Dann gib mir doch endlich wat zum anziehen statt rum zu nörgeln!“, konterte sie. Jan sah sich kurz um und warf ihr sein Bühnen Shirt zu, das in seiner Nähe rum gelegen hatte. Henrike zögerte nicht lang rum und schlüpfte schnell hinein. „Seht mich an: Das original Farin Urlaub Bühnenoutfit! Und von heut an ist es meins!!! (diabolisches Lachen)“ Bevor alle in einen Lachkrampf ausbrechen konnten, schob Michaela schnell ihr Geschenk rüber. „Ich wusste echt nicht was ich dir schenken soll… Daher musste ich improvisieren.“ Rike öffnete die kleine schwarze Schachtel und zwei Nägel grinsen ihr entgegen. Erst beim zweiten Blinzeln kam so drauf, dass es sich dabei um Ohrringe handelte. „Nein wie geil… Danke Mischa!“ Ausnahmsweise würde eine Blondine mal (freiwillig) von einer Punkette geherzt. Dirk nahm es sich zur Aufgabe, ihre Metal Sammlung zu erweitern, und das mit einem, an den schiefen Turm von Pisa erinnernden, Stapel CDs. Natürlich befand SLAYER sich ganz oben. Dann war Celina an der Reihe. „So Sweetie... Und hier ist mein Geschenk!“ Schwungvoll zog sie zwei flatternde Papierstücke hinter ihrem Rücken hervor. Henrike fing sie ab und schaute genauer drauf. „Neee… Du willst echt mit mir zu SYSTEM OF A DOWN gehen???“ Sagte die rothaarige, während sie die Tickets auf ihre Echtheit untersuchte. „Öh ich?“, stammelte Celina unsicher. So so… „Ja ja… ich krieg dich schon noch dazu Celli!“ Todesblick und Ellebogenstoß seitens der Berlinerin. Aber innerlich war sie tatsächlich beinahe froh, ihren verhassten Spitznamen zu hören. Schließlich nannte Rike sie nur so, wenn es ihr gut ging. „Mensch Leute… danke. Das sind alles super tolle Geschenke. Und dass nachdem… ich euch so einen Ärger gemacht habe… Nicht nur mit meiner Abhau-Aktion…“ Inzwischen saß Jan neben ihr. Einen Arm hinter ihrem Rücken auf gestützt. Dirk lächelte: „ He… was ist denn schließlich bitte ne Lovestory ohne ein großes dramatisches Finale!“ Da stimmten ihm die andren zu. Henrike sah in die Runde. Dann kurz zu Jan, der noch immer neben ihr hockte. „Stimmt! Hast vollkommen recht.“, damit legte sie ihren Kopf auf Jans Schulter ab und lächelte wieder auf ihre typisch freche Art. Es kam noch immer einer Fata Morgana gleich, dass sie sich alle so gut verstanden, und dass alle so sehr hinter ihnen gestanden hatten, war für sie auch mehr als unglaublich. Henrike hatte hier mehr als nur einen (aber immer am Besondersten!) Menschen kennen gelernt. Dafür würde sie am liebsten jeden Abend auf die Knie fallen und einen nicht vorhandenen Gott anbeten, aber das hielt sie für Zeitverschwendung. „Ich würde euch echt so gerne sagen, wie dankbar ich euch bin. Aber dass krieg ich nicht hin. Und keine Bange; ich werd euch auch kein MERCI in den Arsch schieben.“ „Merci, dass es dich giiiiiibt…“, trällerte Mischa theatralisch und das große Lachen war endgültig wieder im Gange. „Aber wisst ihr was noch fehlt? Was ist ne Geburtstagsparty ohne Tanzen!“, Celina sprang freudig auf. „Tanzen?!“ Das kam aus allen drei Herren Mündern, mit einem leichten panischen Unterton. „Ach kommt schon Jungs. Wir könnten heute Abend doch noch mal ordentlich feiern gehen.“ Celina gab nicht klein bei. „Vergiss es Celli… Jan kann eh nicht tanzen.“, Rike zuckte mit Schultern. Jan starrte augenblicklich zu ihr. „Wer behauptet das?“ „Du selber, in zahlreichen Interviews.“ „Ach, DAS ist doch nur Tarnung!“ „Garantiert nicht! Ätsch!!!“ Jan sah drei Sekunden auf seine Kleene hinab dann fiel er sie an. Ohne große Anstrengungen schwang er sie auf seine Arme. „Liegt daran, dass ich nur meine eigenen Tanzstile perfekt beherrsche. Zum Beispiel den schönen Ob-sie-will-oder-nicht Tanz! Da da da da da daaaa dam dam dam dam…“ Mit einem angestimmten Walzer drehte er sich mit ihr umher und sie konnte nicht anders als vergnügt zu quietschen. Nicht nur Jan bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht raus. „So ihr Turteltauben!!! Wir müssen weiter beeilt euch!“ Das kam von Rodrigo, der aus der Tür schlenderte. Beeilung? Ach du scheiße, die Vorbereitungen für das nächste Konzert standen an! So packte Michaela sich den glotzten Grafen am Kragen und schleifte ihn, unter Protest seinerseits, raus. Celina stand auch schon in der Tür, da drehte sie sich noch mal um. Zu den beiden. Gerade setzte Jan Rike mit einem Schwung wieder auf dem Boden ab. Gut, dass sich alles noch gerichtet hatte. Celina war schon ernsthaft in dem Vorhaben gewesen, Dirk zumindest ein paar winzige Infos über die Lage zu geben. Nicht alles, du Celli ja den Schwur abgelegt hatte zu Schweigen, aber vielleicht hätte es auch mit nicht direkten Antworten funktioniert. Aber letzten Endes war der Geburtstag das einzige gewesen, was sie gebeichtet hatte. Die Berlinerin grinste den beiden noch ein letztes Mal zu, dann drehte sich um und ließ die beiden gerne noch ein wenig allein zurück. Als auch Celina verschwunden war drückte Jan Rike noch einen Kuss auf den Mund. „Alles Gute auch von mir noch mal. Ich hab nur leider kein Geschenk für dich…“ Gab er zu und wusste nicht, was sie sagen würde. „Oooooch… und ich hab noch dem Geburtstagsständchen von Gestern doch sooo seeeehr geglaubt, du hättest mir noch nen Sack Diamanten besorgt.“, gab sie mit einem breiten Grinsen sarkastisch von sich. Jan wirkte erleichtert. Er schlang seine Arme um sie und zog sie dichter ran. „Aber Diamanten sind ja eh nix für dich. Wie wärs mit einer Jacke, an der ich die Buttons alle selber ran gemacht habe?“ Die erfrischende Albernheit quoll ihm mal wieder aus allen Poren. Henrike aber blieb stumm. Und legte ihm ihre Arme um den Hals. „Ich sags jetzt mal ganz widerlich kitschig, weils mir nicht besser einfällt. Jan, für diesen Geburtstag bist du mir echt Geschenk genug.“ Jan schwieg nachdem sie dies geseufzt hatte. Die rothaarige lehnte wieder ihren Kopf an seine Schulter. „Ich bin momentan glücklich ohne Ende, da brauch ich nicht noch irgendetwas extra…“ Das war für sie die Hauptsache. Sie war endlich bei ihm und ließ sich von der Wärme seiner Arme mal wieder zerschmelzen. Nun war ihre Angst endgültig weg. Auch ihnen beide eines vollkommen klar war: Es gab kein dümmeres Versrechen, als sich zu schören, ewig zusammen zu sein. Ewige Liebe… bla bla bla… Irgendetwas kann immer passieren, dass eine Beziehung oder Liebe in die Brüche geht. Aber sie hofften beide, dass sie eine Lange und schöne Zeit miteinander haben würden. Und dass sie an dasselbe dachten wussten sie schon, als sie sich wieder ansahen. Henrike zog sich noch schnell fertig an und hüpfte wieder zu Jan, der an der Tür auf sie wartete. „Rike?“ „Ja?“ „…Ich auch. Völlig ohne Scheiß, ich auch.“ ~~ Ende ~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)