Augenblick von Whoopi ("Es war so ein Moment, den man sonst aus dem Kino kennt...") ================================================================================ Kapitel 32: Zu spät ------------------- Zu spät? Zu viert zu proben war nicht das sinnvollste, aber eine andere Wahl hatten sie eh nicht. Es musste ja schließlich noch die Song Auswahl und Reihenfolge geklärt werden. Auf die Frage hin, was Jan habe, hatte Rod erzählt, dass es ihm ziemlich beschissen ginge, was ja auch der Wahrheit entsprach, und dass er sich dringend erholen müsse. Sie hatten sich alle in der Color Line Arena getroffen und saßen nun nochmals über der Titelliste. Zum Glück hatte das Gebäude auch kleinere Proberäume, in denen man wirklich ausgezeichnet üben konnte. „Was meinte Jan denn? Er will doch sicher auch, dass „Himmelblau“ vorne bleibt?“, fragte Mischa an die beiden Männer gewand. Dirk kramte einen kleinen Zettel hervor, auf dem Jan seine Vorschläge notiert hatte. Er legte diesen auf den Tisch und glättete ihn kurz. „Jo...“, antwortete er und setzte den Song ganz oben auf die Liste. Eine Sekunde später schwang die Tür auf und Celina trat mit mehreren Kaffeebechern an den Tisch, um ihre Ladung dort abzulegen. Rodrigo, der als einziger stand, schloss die Tür hinter der Berlinerin wieder. „Und?“, fragte die eben Angekommene, während sie das Koffeinhaltige Getränk verteilte. „Das Orakel hat entschieden: „Himmelblau“ bleibt die Anfangsnummer!“ Dirk versuchte vergeblich die Stimmung etwas zu lockern, welche schon den ganzen Tag auf einen ziemlich niedrigen Punkt umher dümpelte. Eine Reaktion, geschweige denn ein kleines Lächeln, blieb aber aus. Rod sah seufzend in die Runde. „Pause?“, fragte er schließlich. „Pause.“, kam wie aus einem Mund zur Antwort. Wieder trat Stille ein. Nur ab und zu schlürfte jemand an seinem Kaffee. Michaela nahm noch mal beide Listen und machte sich ein paar Gedanken dazu, um wenigstens etwas zu tun. „Ich geh rauchen.“ Mit diesem Satz war der Chilene auch schon verschwunden. Schnellen Schrittes ging er zur Stage Door und zündete sich zügig eine Zigarette an. Er hatte es jetzt schon eine ganze Weile geschafft nicht mehr so viel zu rauchen, doch jetzt, wo wieder dieser ganze Stress aufkam fiel er zurück. In ihm tat sich ein schmerzliches Gefühl im Magen auf, wenn er an das Drama und die Wahrheit dahinter dachte. Und leider half ihm auch das Nikotin nicht richtig dabei, dieses Ziehen im bauch zu dämmen. Auch wenn keiner der sechs alles darüber wusste, so hatten sie doch eines gemeinsam: Sie fühlte sich so entsetzlich hilflos. Erneut zog er den Rauch ein und diesmal so hastig, dass er heftig zu husten begann. Eine Hand, die aus dem nichts auftauchte, klopfte ihm auf den Rücken und drosselte so das Geröchel. „Danke…“, keuchte er und sah sich nach seinem Retter um, der, wie sich nun zeigte, Dirk war. „No Problem.“ Als Antwort hielt dieser seinem Freund seine eigene Zigarette unter die Nase. Eine stumme Aufforderung ihm Feuer zu geben. Was der Bassist auch rasch tat. „Thanks.“, laberte Dirk erneut auf Englisch und nahm einige tiefe Züge von dem qualmenden Stängel. Danach trat Ruhe ein. Beide waren sich ziemlich sicher, dass der andere über dasselbe Thema grübelte, jedoch hielten beide ihre Schnauze. Das ganze mussten sie ja schließlich auch erst verdauen. Jan hatte tatsächlich was mit dem Nesthäkchen der Truppe. Gut, Dirk hatte schon vorher so seine Vermutungen gehabt und dennoch war er überrascht gewesen. Die beiden passten durchaus gut zusammen. Sie hatten vieles gemeinsam. Schon so viel, dass es fast unheimlich wurde, verstanden sich blind und… Jan hatte ihr von seiner Tragödie erzählt, welches er noch nicht einmal ihnen gebeichtet hatte. Das allein war für ihn schon eindeutig und dann noch diese Worte… „Das mit dem toten Kind war ganz schön heftig, nicht wahr?“ Mit diesen Worten und einem fragenden Blick zu dem übercoolen Chilenen, der schon den ganzen Rest des Tages noch ruhiger und stiller war als sonst, brach er das Schweigen. „Hmm.“, ein bejahendes Brummen. Danach zog dieser nur weiter sein Nikotin in die Lungen. Was diese Sache anging konnten beide es sehr gut nachvollziehen, dass Jan mit ihnen nicht darüber reden wollte. Schließlich besaßen sie auf diesem Gebiet wirklich null Erfahrung. „Was meinst du?“ Erstaunt sah Dirk wieder auf. Rodrigo hielt keinen Blickkontakt, aber dennoch behielt der Drummer ihn nun wieder im Auge. „Wie wird das jetzt enden?“ Ok, diese Frage war wirklich DIE Frage aller Fragen. Dirk wollte den beiden so gern helfen, aber er konnte praktisch gar nichts machen. Selbst wenn er Henrike finden würde, für Jan zu reden wäre der falsche Weg. Die beiden mussten sich schon selber gegenüber stehen und aussprechen. Allerdings war die Schlucht zwischen ihnen so unendlich weit aufgerissen… „Kommst du?“ Überrascht blinzelnd starrte Dirk seinem Kollegen nach, der zurück in das Gebäude ging. „Ist das alles? Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“, empörte sich der schwarzhaarige Drummer. Rodrigo blieb angewurzelt stehen, drehte sich aber nicht noch einmal um. „Ich hasse es genauso wie du nur rum zu stehen und nichts machen zu können, wenn jemand Hilfe braucht. Aber wenn wir uns auch noch rein zwängen, machen wir dieses scheiß Dilemma nur noch schlimmer.“ Damit hatte er nicht Unrecht. Auch wenn so ziemlich alles in Dirk sich weigerte diese Worte zu akzeptieren. Ohne es zu merken wandte Rod sein Gesicht leicht zur Seite, in seine Richtung. „Wenn der Soundcheck vorbei ist, sehen wir weiter. Vielleicht hat einer dann nen Rat für Jan.“ Damit zertrat der seine Zigarette auf dem Boden und ging voran. Dirk stand noch einen kleinen Moment lang da, dann seufzte er, wandelte den glühenden Nikotinstängel ebenfalls zu einer Kippe um und folgte dem Bassisten. Er wollte nicht aufgeben, aber für den Moment blieb ihm keine andere Wahl… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Kaum später befanden sich die beiden Rockstars wieder vor dem Proberaum. „Was ist eigentlich mit den restlichen zwei Mädels? Wollen wir sie in die Sache einweihen?“ Dirk schwieg. Ein Recht hatten die beiden schon darauf, immerhin waren sie schon fast eine richtige Band. Allerdings… „Nein… Jan will es nicht, also warten wir damit lieber noch.“ Rodrigo sah ihn schweigend an, dann nickte er bestätigend und öffnete die Tür. Die beiden Frauen hatten mitten in einer Diskussion gesteckt, die sie augenblicklich unterbrachen, als die Männer wieder kamen. Michaela knirschte mit den Zähnen und wandte sich noch einmal flüsternd zu Celina. „Sag mir doch einfach was sie hat. Zwei Frauen können besser helfen als eine!“ Celina gab darauf keine Antwort und ging stattdessen direkt zu Dirk. „Du… ich hab ne Zeit lang nach gedacht. Ich glaub, ich habe dir nachher etwas zu sagen.“ Dirk wirkte etwas überrascht, zögerte aber nicht zu antworten. „Ähm ja… Doch klar, gern.“ Er besaß keinen Schimmer davon, was sie wollte. Aber er war wohl zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu müde, um sich noch groß heraus zu reden. Zwar wollte er später sicher noch mal zu Jan, doch ein Gespräch mit Celina würde ja keine Ewigkeit in Anspruch nehmen, oder? In wenigen Minuten stand jeder lässig oder kerzengerade auf seinem Posten und wartete nur noch auf seinen Einsatz. Dirk ließ seinen Blick ein letztes Mal durch den Raum schweifen. Der Raum wirkte lehr, obwohl sich vier Personen drin aufhielten. Die klaffende Lücke im Sextett machte sich hier mal wieder deutlich bemerkbar. Gerade bei den Proben hatten Rike und Jan viel herum gealbert. Dirk wurde für Sekunden wieder nachdenklich, als er den Schluss zog, dass die beiden sich wohl schon hier, in diesen Stunden, um einiges näher gekommen waren… Er schüttelte den kopf, als das ganze wieder Richtung Tragödie abdriftete. Gut. Wenigstens in der Zeit, wo sie nun die Songs spielten, wollte er alles vergessen. Und sich nur noch auf den Augenblick konzentrieren… „Also gut.“ Er hob seine Drummsticks, um den Takt an zu schlagen. „1 2… 1 2 3 4…“ Alles war bereit. Jeder holte noch einmal tief Luft und konzentrierte sich vollkommen auf den ersten Song des Tages. Absolut keiner war darauf vorbereitet, als die Tür aufschwang und mit vollem Karacho gegen die Wand gedonnert wurde. „ICH WEIß JETZT WIE ES GEHT!!!“ Rod und Dirk inklusive Mischa und Celina fuhren zusammen und der werte Graf fiel in seinem Schrecken rücklings vom Hocker. Nachdem alle Luft geholt hatten, drehte sich einer nach dem anderen zur Tür um. „Jan…“, keuchte Dirk, der sich mühselig wieder auf den Sitz zog. „Sag mal… haste endgültig deine Sicherungen schmoren lassen??“ Doch der Blonde reagierte nicht darauf und schritt in den Raum. Ein vollkommen anderes Bild präsentierte sich hier Dirk und Rodrigo. Jan strahlte förmlich vor Energie und schien jeden Moment aus sich heraus zu platzen. „Momentchen…“, bat Rod der wie immer der ruhigste war. „Was. Ist. Los?“ Auch Michaela und Celina sprangen auf und starrten mit großen, erwartungsvollen Augen zu Jan. Was er allerdings genau meinte wusste keine von ihnen so genau, aber da ging es den beiden Herren neben ihnen ja auch nicht sonderlich besser. „Rod, Dirk… ich weiß jetzt, was ich tun will… aber ich brauche eure Hilfe dafür!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)