Augenblick von Whoopi ("Es war so ein Moment, den man sonst aus dem Kino kennt...") ================================================================================ Kapitel 25: Vermissen Baby -------------------------- Vermissen Baby Ein Schritt vor den anderen. Und keinen Schimmer, wo es eigentlich hin ging. Schon seit Stunden schien er umher zu gehen, ohne Ziel und Zeitgefühl. Noch immer dachte er an sie. Sie und das ganze Drama, was er angerichtet hatte. Er sollte im Bett liegen und sich erholen, doch das konnte er einfach nicht. Dazu nagte das ganze zu sehr an ihm. Gott, die Frau wurde vor kurzem fast vergewaltigt und dann tat er so einen Scheiß!!! Ein spitzer Schrei zerschnitt den Gedankengang und brachte ihn zurück in die Gegenwart. Sein Herz raste, als er sich erschrocken umdrehte. Dieser Schrei kam ihm (so) furchtbar bekannt vor. Mit immer schlimmer werdenden Befürchtungen sah er sich hektisch um. Er befand sich in einer finsteren Gasse, wie er dort hingekommen war, wusste er nicht mehr. Eine Totenstille erfüllte die Gegend. Gerade als er den Mund öffnete, um etwas auszurufen, vernahm er einen dumpfen Aufprall. Hinter ihm. Durch die starke Anspannung raste er herum und blieb versteinert stehen. Sein Herz blieb praktisch stehen. Vor ihm lag Henrike. Mit halb zerrissenem Hemd. Und in einer Blutlache, die immer größer wurde. Ihre Wunde, die doch so gut verheilt gewesen war, war aufgeplatzt und ein zerfleischtes Loch breitete sich bis zu ihrem Bauch aus. Jan stand mehrere Sekunden gelähmt da. Das konnte doch nicht sein? Ihre Augen waren halb geöffnet und er spürte ihren Blick auf sich ruhen. Nein! Als er vor ihr auf die Knie fiel wurde ihr Blick glasig und der Kopf sank zur Seite. „NEIN!!!!!!!!“ Sein Schrei hallte an die Wände und warf sich auf ihn zurück. Er war noch immer auf den Knien, nur stützte er sich keuchend mit den Händen über dem Boden ab. Schlagartig hörte er zu atmen auf. Er blickte wild um sich, doch da war nichts. Nur drückende Dunkelheit. Doch langsam gewöhnten sich die Puppillen an die Finsternis und er erblickte einen Gegenstand, der ihm merkwürdig bekannt vorkam. Beinahe instinktiv beugte er sich vor und streckte die Hand danach aus. Keine Sekunde später ging das Licht in seinem Hotelzimmer an. Stöhnend hob er die Hand vors Gesicht. Das Licht tat in seinen Augen weh. Er drehte den bösen Strahlen den Rücken zu und wischte sich immer und immer wieder über sein Gesicht. Sehr langsam wurde ihm bewusst was geschehen war. Ächzend zog er sich auf sein Bett. Oben angekommen sah er sich erneut um. Ja, das war eindeutig SEIN Hotelzimmer. Und als er die Decke auf dem Boden sah wusste er, dass das ganze nur ein Alptraum gewesen war. Wenn auch furchtbar real. Er spürte sein Herz noch immer rasen und seine Stirn war bedeckt mit Schweiß. Tief Luft holend knöpfte er sein Hemd auf. Das eben war echt absoluter Psychoterror gewesen. Wie sie dort lag. Hilflos, verwundet und halb tot. Er fragte sich ob wohl der Schock ihn hatte wach werden lassen, oder der Sturz auf den Boden. `Das gibt blaue Flecken…` Der Drang sie endlich zu finden stieg wieder ins unermessliche. Aber es war sinnlos, wegen der Uhrzeit und weil er sie dort, wo er sie vermutete sicher nicht erreichen konnte. Ihm blieb also keine Wahl als sich hinzulegen und, wenigstens auf etwas, Schlaf zu hoffen… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es war ein schweres und Nerv tötendes Klopfen, welches Jan am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss. Wenn man der vergangenen Nacht überhaupt Schlaf zusprechen konnte… Die ganze Zeit hatte er da gelegen und an die Decke gestarrt. Gelegentlich hatte ihn die Müdigkeit doch eingeholt und ihm waren im unregelmäßigen Takt, ihm kam es wie Minuten vor, die Augen zu gefallen. Schlecht gelaunt nahm er den Lärm von der Tür aus wahr. Das Bett ächzte leicht, als er sich langsam aufrichtete. Nichts war besser. Alles war offenbar so geblieben wie es war. Aber was hatte er denn auch erwartet? An der Tür hielt es die Person offenbar endlich mal für angebracht sich auszuweisen. „Hey Jan. Pennst du noch?“ „Jetzt nicht mehr.“, grummelte dieser seinen Freund an. „Na dann… Guten Morgen. Kommst du mit zum Frühstück? Ich glaub Rod braucht noch ein wenig.“ Auf einmal kochte in Jan eine Wut über. Er sprang auf und hätte den Drummer wohl angeschrieen, wäre dieser nicht hinter der Tür gestanden. Er hatte echt andere Sorgen und da kam Dirk einfach an und…und… Machte eigentlich nichts falsch. Außer gut gelaunt zu sein… Seufzend ließ er sich wieder auf das Bett nieder. Jetzt auch noch Amok zu laufen würde ihm wohl am wenigsten bringen. „Ich… bin gleich soweit.“ Er ging noch schnell ins Bad, wusch sich ein wenig, durchkämmte sich mit den Fingern sein Haar und ging dann in Richtung Hotelzimmertür. Er hatte die Hand schon auf der Klinke, da fiel ihm noch etwas ein. „…Schlüssel…“, brummte er und drehte sich auf der Stelle um. Aber wo war das verfickte Teil? „……………scheiß drauf.“ Kurz entschlossen beendete er die Suche ohne sie begonnen zu haben und öffnete die Tür, vor der Dirk noch immer brav wartete. „Schöööönen guten Mor…………….“ „…“ „…“ „…“ „…nimms mir nicht übel, aber du siehst verdammt scheiße aus mein Freund.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Unten am Frühstückstisch war sie nicht. Hätte ihn auch gewundert, so leicht würde sie es ihm bestimmt nicht machen. Angenehmerweise war es fast lehr in der Raucherecke, wo sie Dank Dirk Platz nahmen, und so hatten sie ihre Ruhe. Der Schlagzeuger haute ordentlich rein, Jan hatte sich lediglich eine Tasse Tee geholt, die nun trübselig vor sich hin kühlte. Um Dirk aber nicht ein neues Gesprächthema anzubieten nahm er immer ein paar kleinere Schlücke. Der Graf beobachtete ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und schob seinem Freund nach einiger Zeit Stille seine Kaffee Tasse zu. Jan blickte auf das schwarze Gebräu herab. Er trank so gut wie nie Kaffee. Genau das wusste auch Dirk. Jedoch zuckte der blonde mit den Schultern und griff nach der warmen Tasse. In einem Zug hatte er alles ausgelehrt. Dirk blinzelte etwas überrascht, als sein Kollege ihm die, nun lehre, Tasse in die Hand drückte. „Also ich hab keinen Schimmer was Gestern Nacht los war… aber das sieht mir ziemlich übel aus.“ „Konnte nicht schlafen. Hatte Alpträume.“, antwortete der Angesprochene und gähnte in exakt diesem Moment. „Ach, warst du der, der geschrieen hat?“ Jan war überrascht, empfand es aber nicht unpassend und nickte. „Meine Fresse… Hat dich der liebe Hannibal bei lebendigem Leibe abgeknabbert oder gab es keine Länder mehr, die du bereisen kannst?“ „War ich so laut?“ Dirk runzelte die Stirn ehe er antwortete. „Das auch… aber mehr… weiß nicht… als ob du total verzweifelt wärst. Daher dachte ich schon dir hätte jemand mitgeteilt, du hättest für den Rest deines Lebens absolutes Reiseverbot.“ Verdammt, es ging nicht anders. Jan musste leicht lachen. Auch wenn es sehr müde und erschöpft klang. Auch sein Kumpel grinste und stieß ihm in die Rippen. In diesem Moment überlegte Jan ernsthaft, ob er Dirk nicht von dem Dilemma erzählen sollte. Immerhin hatten sie sich schon oft gegenseitig helfen können… „Sag mal… ich hab ja so ein bisschen die Vermutung, dass unser lieber Quotenchilene mit einer unserer Backgroundsängerinnen rum balzt….“ Jan stockte augenblicklich bei seinem Unternehmen. „Wie…kommst du da drauf?“ Der Drummer zuckte mit den Schultern. „Seit einiger Zeit braucht er „seeeeeeltsamer weise“ immer viel länger mit dem Aufstehen. Wer weiß, vielleicht hatte er ja grad heute Nacht, ein wunderbares Erlebnis mit unserem Nesthäkchen…“ Es war mehr als eindeutig, dass der Drummer mehr scherzte, als ernsthafte Ermittlungen an zu stellen, dennoch verkrampfte sich Jan „Weder `er` noch `wunderbar`…“, brummte er und zwar so leise, dass Dirk keine Chance hatte es zu verstehen. Dirk sah durch die Augenwinkel wieder zu Jan. Er schätzte dessen Stimmung auf denselben grad, als er noch ein der Trennung von seiner Freundin geknabbert hatte. Aber was war denn jetzt bloß mit ihm los? Lag es an derselben Sache oder war es etwas komplett anderes? Und… Sollte er ihn jetzt darauf ansprechen??? Das letzte Mal hatte es eine Oper in drei Akten mit sich gezogen. Dirk war immerhin auch erschöpft von den ganzen Dramen, die bereits auf dieser einen Tour geschehen waren und vielleicht war es ja auch nichts ernstes. Eventuell war er von der letzten Nacht noch so kaputt, dass seine Laune gleich mit am Arsch war. Allerdings, wie er auch dachte, sein Bauch rief in eine Richtung und das war handeln. „Wir müssen los!“ Plötzlich sprang Jan auf. „Was…?“, perplex stolperte Dirk ebenfalls hoch. Sein blonder Freund deutete kurz mit dem Finger auf die, die über dem Eingang des Frühstücksraumes hang und alles verstand sich von selbst. „Fuck ey, wenn ich dich nicht hätte mein lieber!“, witzelte der Wahlhamburger. Jan warf schnell ein Lächeln zurück und ging dann weiter. „Jan.“ Besagte Person blieb stehen. DAS ging ja wieder in eine ihm sehr bekannte Richtung, auf die er im Moment, wie die letzten Male auch, absolut null Bock hatte. „Die Sonne knallt heute ziemlich.“ Überrascht drehte er sich um und sah die Hand seines Freundes, welche ihm eine Sonnenbrille hinhielt. „Öhm…“, er blickte auf und sah Dirk in die Augen. Diese schienen ihm quasi telepathisch erreichen zu wollen, zumindest wollte er ihm so etwas sagen. Was Jan auch verstand. „Danke.“, sagte der blonde schließlich nachdem er die Augen geschlossen hatte und nahm die Brille an. „BAOH…scheiße man!!!“ „Siehst du.“ Jan fühlte sich augenblicklich als würde er erblinden, als er nach draußen trat. Sofort haute er sich die Sonnenbrille nachträglich auf die Nase, grummelte etwas Richtung Freund und marschierte weiter. Dirk konnte es sich nehmen über seinen Kumpel zu grinsen. `Wenn du willst kannste immer zu mir kommen. Ich leih dir gerne ein Ohr, oder zwei…`, dachte er noch und ging dann hinterher. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Wer ist außer uns schon da?“, erkundigte sich Dirk, kurz nachdem sie beide eingetroffen waren. Axel, die Managerin der Band, überlegte kurz. „Wenn ich mich nicht irre ist Celina vor ein paar Minuten eingetroffen.“, sagte er. „Sie wird wahrscheinlich grad beim einsingen sein… Geht schon ma vor, wo ihr hin müsst wisst ihr ja. Siehst ja recht heut beschissen aus Jani.“ Der Angesprochene brummte und gab ein Geräusch von sich, das verdächtig nach „Halts Maul oder ich hau dir in die Fresse!“ klang. Axel verkrümelte sich daraufhin lieber und flüsterte noch ein „Bis nachher“ an Dirk gerichtet, zu. „Sollte Rod nicht auch langsam mal da sein?“, knurrte Jan, bevor der Schlagzeuger die Chance hatte, etwas zu sagen. „Öhm, wir habens grade mal so pünktlich geschafft. Scheint so, als würde er mal zu spät kommen… Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?!“ Der blonde Mann hielt nicht nach mal extra ran, sondern warf seine Antwort kurz über die Schulter zurück. „Muss pinkeln.“ Dirk glaubte ihm nicht, aber im selben Moment kamen drei Leute gleichzeitig auf ihn zu, die etwas von ihm wollten. Für einige Sekunden überfordert, vergaß er kurz Jan, der in der knappen Zeit schon verschwunden war. `Mist…` Besagter Problem-Boy war gerade um die nächste Ecke gebogen. Kaum bestand für Dirk keine Möglichkeit mehr ihn zu sehen, rannte er los. Celina war sicher im Backstage Bereich, in dem Raum, der dort für die Mädels reserviert war. Vielleicht war Henrike bei ihr. Aber auch wenn nicht… „CELINA!!!“ Nicht nur Jan fühlt sich einem Deja Vü nahe, als er schon wieder gegen ihre Tür hämmerte. Ein paar Sekunden später sprang die lästige hölzerne Barrikade endlich auf und eine recht hektische Celina trat ihm entgegen. „Man ey Jan. Das wird bei dir hat echt zur Gewohnheit!“, nörgelte sie und zupfte sich ihr Haare zurecht. Sie wirkte auf ihn überrumpelt. „Sorry…Ist Rike bei dir?“ Sie sah ihn ein klein wenig gekränkt an, da er so hetzte ohne groß auf sie zu achten, schob es aber schnell beiseite. „Nein. Und ich weiß auch nicht wann sie kommt.“ Jan Gesicht wirkte völlig emotionslos, als sie ihm das sagte. Und plötzlich ohne Verwarnung schob er sie nicht gerade sanft beiseite und betrat den Raum. „HEY!!!“ Ihren Protest hörte er gar nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt fest zu stellen, dass sie auch hier nicht war. „WAS SOLL DER SCHEIß???“, Celina schob sich vor ihn und blickte sichtlich verärgert zu ihm hoch. „Oh… Ich…“, Jan schluckte seine letzen Worte, die er schon länger vor Celina verbarg, runter und gab anderen den Vorrang. „Tut mir Leid. Mit mir sind wohl die Pferde durch gegangen.“ „Wohl ne ganze Herde…“, Celina runzelte die Stirn. So ein Verhaltung war sie von ihm echt nicht gewohnt. „Und du gehst jetzt gefälligst raus du Spanner!“ „Hä, wieso Spanner?“, fragte er perplex und sah erst jetzt, dass seine Backgroundsängerin unter rum nur einen Slip an hatte. „Ups.“, konnte er nur noch sagen, dann schob sie ihn aus dem Zimmer. „Rike ist sicher gleich da.“, sagte sie noch in einem etwas sanfteren Ton und hatte ihre Tür schon halb vor ihm geschlossen. Sie guckte nur noch durch einen spalt hindurch. „Jan… Ich kann dir auch nicht viel sagen…“ „HEEEEEEEE, ich will auch noch rein!“ Und so gesellte sich eine weitere Blondine dem Treiben hinzu. „Morgen ihr beiden“, keuchte Mischa und hielt mit einer Vollbremsung nur ganz knapp vor Jan. Keiner der beiden antwortete ihr und inmitten ihrer Luftholphase über sah sie das völlig. „Wir müssen uns beeilen, es geht gleich los.“, sagte sie noch und hüpfte und ruhig um Jan herum, der noch immer direkt vor der Tür stand. „Sind wir denn überhaupt jetzt vollzählig?“ Das kam von Jan und Mischa hielt inne um zu überlegen. „Meinst du Rod? Der ist grad angekommen.“ „Seit ihr zusammen gekommen?“, fragte Celina neckisch und man konnte eine gewisse zweideutige Betonung nicht überhören. Michaela antwortete nicht und schlängelte sich schließlich zwischen Jan und der Tür hindurch. „Dirk braucht dich Jan, geh lieber schnell runter.“ „Mischa!“ „Ja?“ So wurde Celina schon wieder daran gehindert, die Tür endlich zu schließen. „Hast du Henrike gesehen?“ „Du meinst heute? Nein, noch gar nicht.“ Jan überlegte noch kurz, on er ihr noch mehr Fragen stellen sollte, aber als er sah, das ihre Augen eine gewisse Neugierde angenommen hatten, beschloss er lieber zu flüchten.“ „Arbeit.“, sagte er knapp, zeigte dabei nach links und verwand aus der Reichweite der Frauen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Obwohl Mischa ihm gesagt hatte, dass er unten gebraucht wurde ging er nicht zurück. Stattdessen schritt er im Schnecken-Tempo durch die oberen Etagen der Arena und kam schließlich auf eine Art Terrasse. Nach immer knallte die Sonne und schien sich an seinem Leiden zu ergötzten. Augenblicklich musste er ein seinen eigenen Song denken. Sonne. Eine Sache überraschte ihn sowieso immer wieder, dass ihn Texte, die er vollkommen unpersönlich geschreiben hatte, plötzlich doch auf sein Leben passte wie die Faust aufs Auge… Der Morgen graut, ich bin schon wach. Ich lieg im Bett und denke nach. Mein Herz ist voll, doch jemand fehlt. Ich hätt' dir gern noch so viel erzählt. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das ist ja grad die Schweinerei, die Sonne scheint, als wäre nichts dabei. Es wird schon hell, ich fühl mich leer. (alles ist anders als bisher) Ich wünsche mir, dass es nicht so wär. (alles ist anders als bisher) Du stehst nie mehr vor meiner Tür. (alles ist anders als bisher) Die Sonne scheint. Ich hasse sie dafür. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das macht den Schmerz ja so brutal, die Sonne scheint, als wär's ihr egal. Und ob man schwitzt und ob man friert, und ob man den Verstand verliert, ob man allein im Dreck krepiert. Die Sonne scheint, als wäre nichts passiert. Es ist nicht wie im Film, da stirbt der Held zum Schluss, damit man nicht zu lange, ohne ihn auskommen muss. Es ist nicht wie im Film, man kann nicht einfach gehen, man kann auch nicht zurückspulen, um das Ende nicht zu sehen. Traurig sein hat keinen Sinn. Die Sonne scheint auch weiterhin. Das ist ja grad die Schweinerei, die Sonne scheint, als wäre nichts dabei. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, und auch, wenn das jetzt kitschig klingt: Ich hab heut Nacht um dich geweint. Ich wünsch dir, dass die Sonne für dich scheint. Jan schwieg lange Zeit, nachdem das Lied, welches sich in seinem Kopf abgespult hatte verklungen war. Er fühlte sich verarscht. Von der Sonne, die einfach fröhlich weiter schien, von Dirk und Rodrigo, die ihm mit ihren Fragereien eh nur auf den Sack gingen, von Celina, die offensichtlich mehr wusste als sie zu gab und ganz besonders von Henrike. Ja, von eben der Henrike, von der schon die ganze Zeit die Rede ist. Warum tat sie ihm das an? Verfluchte Scheiße ihm tat es doch so furchtbar Leid, wieso ließ sie ihm nicht endlich die Chance sich zu entschuldigen??? Seine Fäuste ballten fast sämtliches Blut aus den Händen. Schließlich konnte er sich nicht mehr halten Alle Wut, allen Frust, alle Trauer, entließ er in einem fast unmenschlichen Schrei. Als er wieder zu sich kam er bemerkte er, dass er seine Hände an die Steinwand neben der Tür gedonnert hatte. Sein Atem ging hektisch und keuchte fast verzweifelt nach Luft. „Rike…“ Seine Beine zitterten. Sie drohten nach zu geben, doch mühselig heilt er sich aufrecht. „Verdammt… Es tut mir doch Leid…“ Selbst Minuten nach seinem Ausbruch schien der Schrei noch in der Gegend zu verhallen. Langsam richtete er sich und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Mit einem Mal schnitt ein Geräusch wie man es bei den Aufrufen aus dem Supermarkt kennt, durch die Stille. „Jan Vetter. Hier Managerin. Arsch bewegen. Zur Bühne. Sofort. Over.“ Ein Glück für Axel, dass er sich momentan außer Reichweite befand… ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Aaaaaaaahhh, unsere Diva bequemt sich also auch endlich mal!“ Das War Rodrigos erster, neckisch gemeinter, Kommentar an seinen Bandkollegen. „Das sagt der richtige…“, kam es zurück. Jan schnappte sich einfach nur seine Gitarre und ging auf seinen Posten. „Er ist schlecht gelaunt.“, rief Dirk ganz unauffällig zu dem Bassisten herüber. „Wär ich auch so drauf gekommen…“, antwortete dieser. „Jan! Neben dir auf der Box liegt die Setlist, wir fangen mit dem ersten Stück an.“ Ohne groß auf den Chilenen zu hören machte Jan sich für „Himmelblau“ bereit. „Äh Jan?“, Rod unterbrach ihn nach den ersten paar Tönen. Dieser sagte nichts sondern unterbrach sein spiel genervt. Davon ließ sich Rod, zum Glück, nicht beirren. „Es hilft wenn mal nen Blick auf die Liste wirft- „Himmelblau“ ist zwar das erste, aber wir fangen heute mit ein paar anderen Stücken an. Bei denen wir mit der Akustik mehr Probleme haben könnten.“ So krallte sich Jan doch den Fetzten Papier und sah so. „Wie am ersten Tag“ hieß das erste Stück. OK, jetzt wollte ihn das Schicksal endgültig verarschen. Was solls. Immerhin passte das Lied grad nicht schlecht zu ihm. Ohne setzte er also den Song ein und schmetterte ihn, wie selten in seinem Leben. Hey du, bleib stehn, ich weiß, wohin du gehst Du brauchst nicht so zu tun, als ob du nicht verstehst Du bist auf dem Weg zu ihr, sie gehörte mal zu mir Gestern hab ich sie erkannt, sie ging mit dir Hand in Hand Für mich hat sie heut keine Zeit mehr, es ist Schluss Gib ihr zum Abschied von mir einen letzten Kuss Dass ich geweint hab, sag ihr nicht Auch nicht, dass mein Herz zerbricht Sag nicht, dass ichs nicht ertrag Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Dirk und Rodrigo konnten sich ein paar schiefe Blick zueinander nicht verkneifen. So hatten sie den Song echt noch nie von Jan gehört. So… emotional. Besonders auf dem Refrain las eine gewisse Betonung. Vor einem Jahr war ich allein, da traf ich sie Ich hab getanzt mit ihr und hatte weiche Knie Wir tanzten bis spät in die Nacht Dann hab ich sie nach Haus gebracht Und dann vor ihrer Tür bekam ich einen Kuss dafür Wir warn verliebt, doch alles das ist jetzt vorbei Denn sie liebt dich und darum gebe ich sie frei Dass ich geweint hab, sag ihr nicht Auch nicht, dass mein Herz zerbricht Sag nicht, dass ichs nicht ertrag Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Beinahe hätte er dass weiter singen verpasst. Mitten im Refrain hatte er plötzlich die Frauenstimmen gehört. Das Backing. Und so wie er es beurteilte war es dreistimmig. Aber ich sah schnell zu, dass er weiter machte. Schließlich war er sich nicht sicher und wollte nicht überstürzt handeln. Ich geh nach Hause und da schließe ich mich ein Ich weiß, nie wieder werde ich derselbe sein Doch ich bitte dich, wenn sie mal nach mir fragt: Sag ihr nur, dass ich sie mag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Sag ihr nur, dass ich sie mag Genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Ich mag sie noch genauso wie am ersten Tag Wie von der Tarantel gestochen fuhr er herum sobald die letzten Klänge verklungen waren. Und da stand sie. Seine Rike… Doch sie sah weg. Sie wich ihm, dessen war er sich sicher. „WEITER JAN! Nich gleich wieder einpennen.“ Dirk warf ihm doch allen ernstes einen Stick an den Kopf. „AUTSCH, was…?“ Rike starrte ihn an. Direkt und schonungslos, fast als wolle sie ihn einschüchtern. Doch er erkannte deutlich ihre Hilflosigkeit dahinter. Somit drehte er sich wieder um. Dann würde er eben noch ein paar Minuten warten, darauf kam es jetzt nicht mehr an. Zwar juckte alles in ihm, endlich zu ihr zu gehen, aber er riss sich zusammen. Schließlich wollte er Rücksicht af sie nehmen. Da fiel ihm etwas ein. „JUNGS! Können wir Lied 13 nehmen?“ Er schwenkte den Zettel herum und hoffte inständig, dass seine beiden Freunde nichts dagegen hatten. Diese sahen sich kurz an und Rodrigo zuckte mit den Schultern. Das nahm er als ja auf. Es sollte kein direkter Versuch sein, ihr so Entschuldigung zu sagen, aber er konnte sich bei diesem Lied aus singen und es passte. Zu der Situation. Mal wieder bemerkte er innerlich zynisch, wie hinterhältig seine Songs doch waren… Eins war immer für mich klar: dass wir zusammengehörn Ich war sicher, nichts kann unsere Beziehung zerstörn Vielleicht wollte ich einfach nur zu viel Denn jetzt steht plötzlich alles auf dem Spiel Ich weiß nicht genau, was los ist, ich hab so ein Gefühl Irgendetwas schmeckt schal und irgendetwas läuft schief Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas ist fatal, irgendwie bin ich gehemmt Und im Gegensatz zum letzten Mal bist du mir fremd Du siehst mir nicht mehr in die Augen Jetzt liegst du neben mir im Bett, aber ich fühl mich allein Und wer weiß? Vielleicht bild ich mir das auch alles nur ein Ich suche noch nach Worten, doch zu spät Denn du hast dich schon von mir weggedreht Ich will nicht, dass es so beschissen zu Ende geht Irgendetwas schmeckt schal und irgendetwas läuft schief Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas ist fatal, irgendwie bin ich gehemmt Und im Gegensatz zum letzten Mal bist du mir fremd Bitte sieh mir in die Augen Ich weiß, du denkst, ich wär verrückt, ich will, dass es wie früher ist Ich dreh die Zeit ein Stück zurück, ich will, dass es… wie früher ist Vielleicht ist es ganz normal, vielleicht bin ich zu naiv Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal, dass ich mit dir schlief Irgendetwas schmeckt schal, irgendetwas läuft schief War das tatsächlich das letzte Mal, dass ich mit dir schlief? Du hast Tränen in den Augen Ich weiß, du denkst, ich wär verrückt, ich will, dass es wie früher ist Ich dreh die Zeit ein Stück zurück, ich will, dass es wie früher ist Weil ich dich heute schon vermiss – ich will, dass es wie früher ist Ich halt kaum aus, wie schön du bist – ich will, dass es wie früher ist Nachdem ihn die letzten Worte verlassen hatten schloss er die Augen und wartete kurz. Wie hatte sie DAS jetzt auf genommen? Oder fühlte sie sich gar nicht angesprochen? Schließlich wandte er sich doch um. So sah er zu wie sie zu Dirk hinüber ging. Dieser beugte sich von seinem Podest zu ihr hinunter um ihr besser zuhören zu können. Nach kurzer Diskussion nickte er und klopfte ihr noch einmal auf die Schulter. Und sie ging. Nicht etwa zurück auf ihren Posten, sondern von der Bühne in Richtung Arena-Ausgang. Rodrigo sah kurz irritiert zu Jan, dann ging er mit dem Bass in der Hand zu dem Drummer. „Was ist los? Was hat sie gesagt?“ „Dass ihr schlecht sei und sie sich hinlegen möchte. Ehrlich gesagt sah sie auch ziemlich blass um die Nasenspitze aus…Also ich mein noch mehr als sonst!“ Der Chilene sah seinen Kollegen ein paar Sekunden skeptisch an, zuckte schließlich die Schultern und verschwand wieder zu seinem Platz. Die verbleibenden Backgroundsängerinnen waren dort geblieben wo sie waren. Offensichtlich hatte Henrike ihnen schon bescheid gegeben. Jan kam einfach nicht mehr von seinen Gedanken los. Noch immer starrte er zu dem Punkt, an dem Rike eben verschwunden war. „HEY, HERR URLAUB!!! Träumen kannste später, wir sind ja bald fertig!“ Dirk brüllte hinter seinem Schlagzeug zu ihm rüber und fuchtelte mit seinen Sticks herum nach dem Motto: „Beweg deinen Arsch oder deine zwei hinteren Backen müssen sich einer Behandlung meiner Drummsticks unter ziehen!“ Diese speziellen Morsezeichen gab es auch nur im Bandkreis, sonst wären sie sicherlich schon längst auf dem Index gelandet… „Was soll DIE Scheiße denn??!!“ Fast fassungslos glotzte der blonde Riese nach vorn, wo einer der Mitarbeiter einen Textmonitor aufstellte. „Tja… Da du in letzter Zeit sehr schwach im Text bist, haben ich und Roddy uns eine Hilfestellung für dich überlegt.“ Jan blickte mit einem überdeutlichen „Wollt ihr mich verarschen???“ Blick zu seinen „Freunden“. Dirk wühlte gerade „zufällig“ auf dem Tisch hinter dem Schlagzeug herum und Rodrigo guckte Löcher in die Luft und pfiff dabei, als sei er die Unschuld selbst. Der blonde Wahlhamburger setzte ein verschmitztes Grinsen auf seine Lippen und reckte seinen Kollegen (mit den freundlichsten Grüßen) beide Mittelfinger entgegen. Mein Güte, er dachte halt in letzter Zeit über vieles nach, da konnte das doch Mal vorkommen! Resigniert seufzend hob er seine Gitarre an und wandte sich dem Monitor zu. Er stockte. „So OK, ich zähl ein. Eins, zwei, eins, zwei, drei, vier!“ Dirk schlug die Sticks aneinander und wartete danach vergebens auf Jans Einsatz. Die Gitarre würde das Stück beginnen, aber es kam nix. „Na gut, noch mal. Eins…“ Jan hörte gar nicht zu. Er starrte nur auf den Monitor, auf dem der Songtext ablief. Viel zu schnell, um ihn während eines Auftritts zu lesen, aber das war nun eher ein Vorteil für ihn. Jede einzelne Zeile schien von seinen Augen aufgesaugt zu werden. Diese plötzliche Wirkung überraschte ihn doch etwas, denn immerhin hatte er den Song doch selbst geschrieben. Wieso überfielen also gerade ihn diese Worte nun so? `Nicht ohne Grund…` „Äh Jan. HEEEEEEEEEEY!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen legte Jan die Gitarre ab, drückte sie seinem Roadie in die Hand und rannte Richtung Ausgang. „WAS SOLL DER SCHEIß!!“ Der Graf sprang von seinem Podest herunter und starrte, wie die anderen, dem blonden Mann, nur fassungslos nach. „Mir ist auch schlecht. Ich leg mich hin, ciao!“ Mehr bekamen sie nicht von ihm, damit war er schon entschwunden. Stumm glotzte die übergebliebene Truppe auf das Stäubwölkchen, das als einziges über war. … … … Dirk: „Ich wette 5€, dass die was miteinander haben.“ Celina: „Was?“ Rod: „ Ich setz 10€.“ Mischa: „Und ich mein Monatsgehalt.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Henrike ließ es überhaupt nicht zu auch nur ein bisschen zu trödeln. Ausnahmsweise Mal… Sie wollte weg und das so schnell wie möglich. Und es war ihr gelungen. Alles Wichtige hatte sie doch eh in den Rocktaschen (Celina hatte ihr einen ihrer Röcke geliehen, ganz schön praktisch!) gehabt, den Rest konnte sie erstmal in der Umkleide lassen. Henrike kam sich so feige vor, aber hatte es einfach nicht mehr ausgehalten. In seiner Gegenwart zu sein… Endlich stand sie vor ihrer Hotelzimmertür. Dort würde sie fürs erste in Sicherheit sein. Nur noch doch Schloss aufmachen. Automatisch holte sie das Klimpernde Ding hervor und stockte es in den Schlitz. Zumindest wollte sie das… Sie versuchte es immer und immer wieder, aber der Schlüssel wollte einfach nicht passen. Schließlich war sie so genervt, dass sie diesen fast auf den Boden gedonnert hätte. Da ihr dies nicht viel bringen würde, entschied sie sich ihn näher zu betrachten. Und was sie sah ließ sie laut fluchen. Es war nicht der Schlüssel für ihr Zimmer, sondern der von Jan. Augenblicklich begriff sie. Die beiden Schlüssel hatten auf dem Bett gelegen und sie hatte sich ohne groß zu überlegen einen gekrallt und war abgehauen. Direkt danach hatte sie bei Celina Unterschlupf gesucht und war auch an diesem Tag noch gar nicht in ihrem eigenen Zimmer gewesen. „Scheiße, Scheiße, SCHEIßE!!!“, das letzte Wort hatte sie geschrieen. Warum musste das Pech bei ihr immer so ein gnadenloses Timing parat haben? Entnervt strich sie sich mit beiden Händen übers Gesicht und lief dann auf Jans Zimmer zu. Sie würde den scheiß Schlüssel schnell in sein Zimmer bringen und dann wars gut. Dieses Mal passte das blöde Ding auch und das Schloss ging klickend auf. Gerade, sie hatte schon die Hand an die Tür gelegt und wollte diese nach innen schieben, wandte sie sich um, da plötzlich jemand vor ihr stand. Und dieser Jemand war Jan. Drei Sekunden lang starrte sie ihn an, dann reagierte sie ruckartig. Sie stürmte in das halb offene Zimmer und wollte die Tür zu knallen, doch Jan, der um einiges kräftiger war als sie, drückte sich gegen diese. „Verdammt Rike, das ist mein eigenes Zimmer!“ „Mir egal!!!“, bekam er zur Antwort und noch stärkeren Widerstand ihrerseits. Er schob sich weiter in den weiten Spalt. „Jetzt hör mir doch zu!!!“ Dieses Mal erwiderte sie nichts, sondern stieß gegen ihn und zog die Tür zurück. Schwung holend zog sie diese kurz zu sich und schoss sie dann in den Türrahmen. Keuchend lehnte sie an der nun geschlossenen Tür. Sie zitterte und fuhr sich mit bebenden Fingern durchs Haar. Ihre Augen kniffen zusammen, als sie schon das erste Schluchzen in sich aufsteigen spürte. So zuckte sie heftig zusammen, als sich eine Hand sanft auf ihre Schulter legte. Henrike fuhr herum und starrte geschockt, auf die Person vor ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)