Alte Liebe von Nyn (Zehn Jahre sind vergangen seit Sanji und Zoro sich das letzte Mal gesehen haben.) ================================================================================ Kapitel 5: Abreise ------------------ „Nö.“ Bevor Sanji überhaupt mitbekam, daß Zoro sich bewegte, hatte der ihn schon am Kragen gepackt und über den Tisch zu sich hinübergezogen. Am Rande hörte Sanji eine leere Bierflasche vom Tisch kullern und mit einem dumpfen Ton auf dem Holzboden aufkommen, doch der Großteil seiner Aufmerksamkeit wurde von dem plötzlich viel zu nahen Gesicht Roronoa Zoros in Anspruch genommen. Warmer Atem strich über seine Wangen und Sanji hatte das unangenehme Gefühl, schielen zu müssen, wenn er Zoros Gesicht richtig sehen wollte. Selbst jetzt zeigte der Scheißkerl keine Regung! Aber der Blick aus den schwarzen Augen bohrte sich in seinen Schädel und Zoros Stimme, leise, tief und nah, ließ seine Kopfhaut kribbeln: „Hör mir gut zu, Sanji. Du hast jetzt genau zwei Möglichkeiten: Erstens, Du befolgst den Befehl Deines Captains, in dessen Namen ich Deine Beurlaubung von vor zehn Jahren hier und jetzt aufhebe. Du hast eine Stunde Zeit, Deinen Kram zu erledigen und Proviant für zwei Wochen für uns beide einzupacken. In diesem Fall wirst Du Dein Restaurant auf Deinen eigenen zwei Beinen verlassen und bei Deinem Betthäschen einen guten Eindruck hinterlassen können.“ Sanji wollte protestieren, aber Zoro sprach unbeeindruckt weiter: „Solltest Du Dich weigern, dem Befehl Deines Captains Folge zu leisten, werde ich Dich hier rausschaffen. Dann gibt es keinen Abschiedskuß und zwei Wochen lang nichts zu essen außer Fisch. Überleg es Dir, aber überleg es Dir schnell. Es ist allein Deine Entscheidung.“ Und so überraschend Zoro ihn gepackt hatte, ließ er ihn auch wieder los. Sanji rückte seine Krawatte zurecht und versuchte vergeblich, Ruhe zu bewahren. Das gute Gefühl von soeben war wie weggeblasen. Jetzt tat es nur noch weh. Sanji wußte, was nun folgen würde und resigniert ließ er sich in die Wut sinken. Zwischen zusammengebissenen Zähnen preßte er hervor: „Was fällt Dir eigentlich ein? Du kommst hier reingewalzt nach zehn beschissenen Jahren und glaubst, ich lasse alles stehen und liegen, nur weil Du es so willst?“ „Nicht ich. Luffy.“ Zoro war immer noch ruhig, aber nun lag ein gefährlicher Unterton in seiner Stimme. Aber Sanji interessierte das nicht mehr. Scheiße, er hätte es wissen müssen. Zoro war nicht aus freien Stücken hier, sondern weil Luffy ihn geschickt hatte. Luffy! Oh, es war bitter, daß sich für Sanji alles geändert hatte, während für Zoro alles beim alten war. Der hatte ja immer noch seinen geliebten Captain! Die Wut explodierte und Sanji merkte kaum noch, daß er aufgestanden war. Beide Hände hatte er zu Fäusten geballt, so fest daß seine Arme vor Anstrengung zitterten. „Weißt Du, wie scheißegal mir das ist?“ brüllte er. Seine Stimme überschlug sich fast und sein Atem raste, doch als ihm die Tränen in die Augen traten, war es einfach zuviel. Ohne nachzudenken schnellte er seinen Fuß er gegen den Tisch. Er wollte ihn verletzen, diesen Scheißkerl, der einfach aus dem Nichts aufgetaucht war und alte Wunden aufriß als wäre nichts dabei. Er wollte, daß es Zoro genauso wehtat ihn wiederzusehen wie ihm. Und er wollte endlich eine Reaktion sehen auf diesem beschissenen Marmorgesicht. Eine Reaktion auf ihn! Das Rauschen seines eigenen Blutes ließ Sanji das metallische Singen wie durch Watte hören. Dann war da nur noch - Zoros Augen waren schwarzes Eis als er auf den regungslosen Blonden heruntersah. „Falsche Entscheidung, Sanji.“ Er ließ Wado-Ichi-Monji zurück in die Scheide gleiten und betastete vorsichtig seinen Brustkorb. Er hatte dem Tisch nicht mehr ganz ausweichen können, Sanji’s plötzlicher Ausbruch hatte ihn tatsächlich überrascht. Seine Rippen schmerzten zwar höllisch und er durfte sich wohl auf einen heftigen Bluterguß freuen, aber gebrochen schien nichts. Die Schmerzen ignorierend bückte er sich und schwang den überraschend leichten Sanji über seine Schulter. Idiot. Er wußte ja, daß Sanji störrisch war, aber daß er so bescheuert war, sich dem Befehl seines Captains zu widersetzen! Er mußte doch wissen, daß Zoro das nicht dulden würde. Verdammt, Sanji! Mit leisem Bedauern sah er, daß der letzte Rest seines Bieres sich über den Fußboden verteilt hatte. Wunderbar. Wegen diesem meuternden Idioten würde es in den nächsten Wochen wieder nur Wasser und Fisch geben. Unsaft rückte er den leblosen Körper in eine etwas bequemere Position und wandte sich der Eingangstür zu. „Halt!“ Das Betthäschen. Zoro ging weiter. Schnelle Schritte näherten sich und dann stand der Rothaarige vor ihm, ein langes und sehr scharfes Küchenmesser in der Hand. Mut hatte der Kleine, das mußte man ihm lassen. „Laß Sanji los!“ „Nein.“ Sichtlich mit den Nerven ringend schob Betthäschen das Kinn vor und hob sein Messer mit zittrigen Händen. „Du willst um ihn kämpfen?“ fragte Zoro ruhig. Wenn Betthäschen Todessehnsucht hatte, würde er ihm nicht im Wege stehen. Die Hände des Rothaarigen zitterten etwas heftiger, aber er nickte entschlossen. „Also schön.“ Sorgsam darauf bedacht, daß Sanji nicht mit dem Kopf auf den Boden knallte, ließ Zoro ihn von seiner Schulter gleiten und wandte sich dann seinem Gegner zu. „Was?“ knurrte er, als dieser ihn mit großen Augen anstarrte. Aber Betthäschen schüttelte nur den Kopf. Warum er auf einmal so traurig aussah, war Zoro egal, er wollte diese Farce nur endlich hinter sich bringen. Wenn Sanji aufwachte bevor sie von dem Restaurantschiff runter waren, würde das die Dinge nur unnötig verkomplizieren. Als hätte sein Gegenüber Zoros Gedanken gelesen, umklammerte er den Griff seines Messers fester und rannte auf ihn los. Wieder erklang das metallische Singen und Betthäschen sackte vor Zoros Füßen zusammen. Zoro hob Sanji wieder auf seine Schulter und ging in einem Bogen um den Rothaarigen herum. Die Türklinke in der Hand blieb er noch einmal stehen. „Kümmert Euch um den Jungen. Er hat das Zeug, seine Träume zu verwirklichen.“ Und damit verließ der mysteriöse Schwertkämpfer das Baratie und die sich in der Küchentür zusammendrängenden Köche fragten sich, ob sie ihren Chef jemals wiedersehen würden. Draußen sprang Zoro mit einem Satz auf das Schiff, das er am Geländer des Restaurantschiffs vertäut hatte. Franky hatte es gebaut, gerade klein genug, daß es von nur einer Person bedient werden konnte. Das dreieckige Segel ragte über einen Aufbau am Heck, in dem sich die Kajüte befand. Sie war klein und spartanisch eingerichtet, aber mit zwei Kojen und einer Kochnische völlig ausreichend. Die winzige Vorratskammer war bis auf die von Chopper gepackte Verbandskiste leer. Wasser zum Waschen und Trinken sammelte sich in einem Regenfaß, das an der Außenwand der Kajüte angebracht war. Die Küche war bisher noch unbenutzt, denn Zoro verstand vom Kochen etwa soviel wie Luffy vom Schwimmen, aber Franky hatte Sanji wohl eine Freude machen wollen. Ebenso wie Nami, die ihm eine Stange Zigaretten für den Smutje mitgegeben hatte. Natürlich nicht, ohne sie Zoro in Rechnung zu stellen. Vielleicht könnten wir die verdammten Dinger ja essen, wenn uns der Fisch ausgeht. Behutsam legte er den immer noch bewußtlosen Sanji in eine der Kojen und betrachtete ihn einen langen Moment. Schließlich schüttelte er unwirsch den Kopf, verließ die Kajüte und löste das Tau. Schon bald blähte der Wind das Segel auf. Zoro fischte den Kompaß aus seinem Haramaki und setzte den Kurs. Namis Instruktionen waren einfach gewesen: Er sollte sich Richtung Süden halten und dann dem Calm Belt folgen, bis er den Reverse Mountain erreichte. Zoro war sich zwar über seinen Hang zur Orientierungslosigkeit im Klaren, aber er fand es trotzdem übertrieben, daß Nami das S auf seinem Kompaß rot eingekreist hatte. Blöde Ziege. Der Plan sah vor, daß er mit Sanji über den Reverse Mountain auf die Grand Line zurückkehrte, wo dann Luffy und die anderen auf sie warten würden. Die anderen, das waren Nami, Usopp, Chopper, Robin und Franky. Den Rest der inzwischen über fünfzig Mann starken Crew hatte Luffy auf seiner Piratenkönig-Feste zurückgelassen. Das hier war eine persönliche Sache. Eine Sache zwischen Nakama. Zoro wußte was Luffy vorhatte, auch wenn er nicht ganz verstand, warum es ausgerechnet jetzt sein mußte. Warum es überhaupt noch sein mußte, nach zehn langen Jahren in denen Sanji schon nicht mehr ihr Smutje gewesen war. Aber Luffy hatte schon oft sein erstaunliches Gespür für den richtigen Zeitpunkt bewiesen, warum sollte es jetzt anders sein? Zoro hoffte nur, daß Sanji das auch zu schätzen wußte. Wahrscheinlich nicht. Zoro warf einen Blick durch die offene Tür. Sanji lag immer noch so da, wie er ihn vorhin abgelegt hatte. Selbst im Schlaf sah er verbittert aus, dürr und blaß. Wo hatte er nur die Kraft für den letzten Tritt hergenommen? Gedankenverloren rieb Zoro über seine schmerzenden Rippen. Er entknotete das Tuch von seinem Oberarm und tunkte es in die Regentonne. Dann setzte er sich neben der Tür an die Wand und zog sein Hemd aus dem Haramaki. Seine linke Seite zierte ein Abdruck, der verdächtig nach einer Tischkante aussah und sich langsam blau färbte. Er drückte den feuchtkühlen Stoff auf die Schwellung und beobachtete die länger werdenden Schatten während er darauf wartete, daß Sanji aufwachte. Er hatte das dumpfe Gefühl, daß ihm zwei sehr lange Wochen bevorstanden. Hosted by Animexx e.V. 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