Forsaken von HaiFraeulein (Taiora) ================================================================================ Kapitel 1: Love --------------- Tick… Tack… Tick… Tack… Tick… Tack… Die Uhr hämmerte in meinem Kopf, nur sie schien mir als einziges Mittel, um zu bestimmen wie viel Zeit wirklich vergangen war. Ich selber war nicht mehr in der Lage zu spüren, wann es wie spät sein könnte. Tag und Nacht, alles erschien mir gleich: Trostlos, ermüdend, routinemäßig… Doch was bedeutete Zeit eigentlich? Mal vergeht sie schneller als einem lieb ist und im nächsten Augenblick, scheint dir jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde wie ein endloser Moment der einfach nicht vergehen wollte. Eigentlich bin ich doch damit klar gekommen, ich konnte sowieso nichts mehr daran ändern. Also wieso holten mich diese Gefühle ein, die mich nun seit einigen Wochen quälten? Einsamkeit, Hilflosigkeit, Verzweiflung… ich habe doch das Wappen des Mutes, verdammt! Also wieso saß ich nun hier, mit meiner Flasche Moscato in der Hand und schaute das alte Foto von ihr und mir an!? Sie und er waren bereits seit 3 Jahren zusammen. Ich war stolze 17 Jahre alt und auf dem Gymnasium. Nicht zu vergessen hatte ich tolle Freunde die zu mir hielten, egal was passierte. Warum also soff ich mir gerade die Birne zu…? „Tai! Izzy ist da! Und verschließ deine Tür nicht ständig…, was machst du da eigentlich immer?!“ „Nichts, ich will nur meine Ruhe! Lass ihn rein!“ Ich versuchte möglichst normal zu reden, die 5 leeren Flaschen Moscato die ich bereits hinter mir hatte verstaute ich im Schrank. Zwar wusste Izzy, dass ich ab und zu mal was trank, doch trotzdem war es mir etwas peinlich und er musste nicht unbedingt wissen, dass ich wieder einen Tief hatte. Nur widerwillig stolperte ich zur Tür und öffnete diese. Nach dem Izzy herein kam, schloss ich sie schnell wieder. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass mein bester Freund sich die Nase rümpfte und mit seinen Augen den Raum durchsuchte. Schließlich blieb sein Blick bei mir haften, er hatte diesen enttäuschten, besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht den er immer hatte, wenn ich wieder zu viel Alkohol getrunken habee. „Wo hast du die Flaschen dieses Mal versteckt?“ „Ich weiß nicht was du meinst…“ „Mach mir nichts vor! Ich rieche doch den Gestank vom Alkohol im ganzen Zimmer… Du solltest dich auch mal riechen, deine Fahne kommt einen schon von weitem entgegen. Und hast du dich schon einmal im Spiegel angeschaut? Du bist völlig am Ende, Tai! Denkst du etwa, dass du deine Probleme immer so lösen kannst?“ Ich fühlte mich ertappt. Jedoch nur in dem Sinne, dass mir klar wurde, dass ich mir wirklich langsam ein Raumspray zulegen sollte. Dann würde der Geruch nicht mehr so auffallen, ich selber brauchte nur ein Kaugummi in Mund nehmen und fertig wäre die Angelegenheit. Mein rothaariger Kumpel steuerte zu meiner Couch und setzte sich auf diese. Sein Blick wanderte wieder direkt zu mir und wieder konnte ich die Sorge in seinen Augen lesen. „So kann das nicht weitergehen Tai… Seit Wochen bist du immer betrunken, wenn ich zu dir komme. Was ist nur los mit dir? Ist es wegen ihr?“ Ich antwortete nicht. Er konnte es sich doch eigentlich denken, oder nicht? Ebenfalls hielt ich es nicht für nötig mich vor einem jüngeren zu rechtfertigen. Stattdessen trank ich lieber den letzten Schluck von meinem Getränk aus und setzte mich auf mein Bett. Wäre ich stehen geblieben, würde ich im nächsten Moment wohlmöglich auf dem Boden liegen, da ich schon merkte wie sehr mir der Alkohol zu Kopf stieg. Das Izzy plötzlich meinen Namen rief und erschrocken aufstand, bekam ich nur halb mit. Denn schon im nächsten Moment fiel ich vorne über, um mich kräftig zu übergeben. Ich hatte es mal wieder übertrieben… „Ich bin enttäuscht von dir, Tai… das hätte ich nicht von dir gedacht…“ Meiner Mutter standen Tränen in den Augen, seit der Aktion von vorhin sind 2 Stunden vergangen. Natürlich hatte sie alles mitbekommen, man konnte es schließlich schlecht überhören. Netterweise hatte mein Kumpel Izzy ihr auch die Tür geöffnet und dieser musste danach gehen, damit meine Eltern in Ruhe mit mir reden konnten. Man bedenke in welchem Zustand ich mich befand… Mein Vater saß nur auf der Couch vor dem Fernseher und sagte nichts, ich wusste jedoch, dass er schwer enttäuscht von mir war. Sonst waren ja meine Eltern nie da, wenn ich mich abgeschossen hatte…, und nun fühlte ich mich elend. Nicht nur, dass ich mit Sora alles versaut habe, nein, nun habe ich meine Eltern verletzt und enttäuscht. Ich musste wie ein Wrack aussehen mit meinen zerzausten Haaren, die keine Form mehr hatten und mit der Fahne, die meine Eltern still erduldeten. Nach diesem Gespräch musste ich unbedingt duschen gehen… „Das war nur ein Ausrutscher, das passiert nie wieder, Mum… Ich schwöre dir, das war das erste Mal das ich-“ –„Lüg mich nicht an Tai!“ Ich stockte. Sie schien mich mit ihrem Blick regelrecht zu durchbohren. “Denkst du wir sind so dumm, und haben nicht gewusst das du trinkst!? Wir haben deine Flaschen schon öfters gesehen, nur dachten wir, dass du die nur mit Freunden öffnest und nicht soviel auf einmal säufst und noch dazu am Tag! Willst du etwa ein Alkoholiker werden oder was?! Passt dir diese Familie nicht mehr?!“ – „Nein, es ist-“ – „Verschone mich mit deinen Ausreden, Tai! Ich bin erstmal fertig mit dir!“ Ohne ein weiteres Wort ließ sie mich einfach sitzen. Was sollte das?! Das war ungerecht! Ich hatte nicht mal die Chance, mein Verhalten zu erklären! Als ob ich nicht schon genug Probleme hätte… Genervt ging ich ins Badezimmer und schloss die Tür ab. Wütend und enttäuscht über mich selbst, zog ich langsam meine Sachen aus. Klar, es war nicht richtig Alkohol zu benutzen um Probleme zu vergessen. Aber jeder konnte es doch in irgendeiner Hinsicht verstehen, oder? Aus dem Schrank holte ich ein großes, rotes Handtuch, welches ich neben die Duschkabine hang und öffnete die Tür dieser und stieg ein. Mit einer kleiner Drehung betätigte ich den Schwenkhahn und schon spürte ich das kalte Wasser auf mich hinab prasseln. Nach und nach wurde dieses wärmer und ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus. Genau das habe ich gebraucht, eine Dusche war doch echt das Beste auf der Welt! Während ich in der Dusche stand und die warme Flüssigkeit genoss, die meinen Körper hinab lief, wanderten meine Gedanken wieder zu einer Person. Zu der Person, wegen der ich so aufgewühlt und verletzt war. Sora. Ich kannte sie nun eine halbe Ewigkeit, eigentlich mein halbes Leben lang. Als ich sie kennengelernt habe, hätte ich nie gedacht irgendwann so für sie zu empfinden. Wir haben zusammen Fußball gespielt, wie normale Kumpels. Wir waren zusammen in der Digiwelt, und ich habe sie beschützt, als ob sie meine eigene Schwester wäre. Doch irgendwann kam ein Punkt, wo ich mehr für sie fühlte. Ich kann noch immer nicht sagen wann es angefangen hat, vielleicht hat es schon in der Digiwelt begonnen und habe es nur nicht realisiert. Ich weiß es nicht. Als sie mir ihre Liebe damals gestand, konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Nie, und damit meine ich wirklich nie, hätte ich damit gerechnet, dass sie genauso fühlt. Immer dachte ich, dass sie sich für Matt interessierte. Liebe peinigt dich. Liebe zerreist dich. Liebe verändert dich. Liebe lässt dich bluten. Obwohl man von überall hörte, dass die Liebe dich nur unglücklich macht, bin ich mit ihr eine Beziehung eingegangen. Mir war egal, was die Anderen sagten. Es war mir ebenfalls egal, dass sie der Meinung waren wir wären zu jung um zu wissen, was das wirklich bedeutet. Wenn ich weiß was ich fühle, dann spielt das Alter und die Erfahrung keine Rolle. Damals wusste ich genau was ich fühle. Ich habe sie geliebt. Aus tiefstem Herzen. Und das tat ich noch immer. In unserer Beziehung waren wir glücklich, sehr glücklich. Fast jede freie Minute die wir hatten, verbrachten wir miteinander. Ich konnte mich noch sehr gut an den Unsinn erinnern, den wir so oft veranstaltet und anschließend Arm in Arm den Abend verbracht haben. Ich konnte mich an ihren Duft erinnern, der besser war als irgendein Parfüm, das man in einer teuren Boutique kaufen konnte. An ihr Haar, das so sanft und seidig war, das ich Angst hatte es zu beschädigen, wenn ich die Strähnen mit meinen Fingern berührte. An ihre Augen, die nur mich ansahen und mir ein unbeschreibliches Gefühl von Glück gaben. Denn sie strahlten die Liebe aus, die ich mir so sehr von ihr ersehnte. Doch irgendwann hat jedes Glück ein Ende. Ihre Blicke wurden abweisender, unsicherer, ängstlicher… und zu guter letzt war jedes Fünkchen Liebe von ihnen gewichen. Egal was ich tat, ich konnte die Beziehung nicht retten. Erst viel zu spät merkte ich, dass ich von Anfang an auf verlorenem Posten stand. Denn erst viel zu spät merkte ich, dass ich für etwas Verlorenes kämpfte, dass ich nie besaß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)