Der Wolf im Schatten der Natur von Akkasuka (Teil 1: Die Katastrophenzeit) ================================================================================ Kapitel 4: Arcons Welt ---------------------- Fast den ganzen Tag lang sprach meine Familie über den Tsunami, dem sie so knapp entronnen war. Meistens saß ich schweigend dabei oder wechselte das Zimmer. Als wir in unserem Apartment einen Deutschen Nachrichtenkanal fanden (mein Vater kann zwar italienisch und meine Mutter ein paar Brocken, doch der Wortschatz meiner Schwester und mir reichte grade mal für eine kurze Begrüßung und Essensbestellung), wurde das Ereignis erwähnt, jedoch wusste man noch keine genaueren Informationen. Zudem gab es an einigen Flüssen schwache bis sehr starke Uferübersteigungen und somit Hochwasser in Städten und Dörfern über die Welt verteilt. Von einem weiteren Tsunami kam nichts. Arcon lies sich den ganzen Tag über nicht blicken. Immer wieder hatte ich seinen reinen, ernsten und unerschrockenen Blick vor meinen Augen, mit denen er mich ansah. Was geschehen war, war seltsam und ich machte mir viele Gedanken um die sogenannte Katastrophenzeit, von der Arcon sprach, obgleich ich noch nicht wusste, dass ich sehr bald viele Antworten auf all meine Fragen kriegen würde. Am Tag nach dem Tsunami hatte sich die Stimmung wieder ein wenig gebessert und die Theorien meiner Eltern und Alex, wie die Flutwelle wohl verschwunden sein könnte, verblassten, weil sie sich keinen Reim darauf machen konnten. In der Nacht konnte ich nicht schlafen, meine Sorgen um Arcon und meine Gedanken über die Geschehnisse waren zu groß. Es war bis jetzt auch kein Wort mehr über den Strand selbst gefallen. Ich lehnte an der Wand des Schlafzimmers von Alex und mir. Mein Kopf ruhte im Nacken und meine Augen waren sanft geschlossen. Alles, was ich dachte war, dass Arcon hoffentlich bald wieder kommt. Doch er kam nicht. Letztendlich war ich zu müde um weiterhin zu warte, vergrub mich schlaff unter der Decke und schlief einen unruhigen Schlaf. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen, als meine Mutter mit meiner Schwester am Esstisch Backgammon spielte und mein Vater auf dem Sofa lag und ein Buch las, lehnte ich mit geschlossenen Augen in Gedanken versunken an der Zimmerwand „Arcon“, hauchte ich der Lampe an der Zimmerdecke entgegen, „Arcon, wo bist du?“ Daraufhin lauschte ich. Wenige Augenblicke später vernahm ich seine weiche Stimme: „Hier bin ich, Tia. Geht es dir gut?“ Ich riss meine Augen auf, sah neben mich und fiel Arcon um den Hals. „Oh, Arcon, da bist du ja!“ Seine Ohren kraulend setzte ich mich wieder aufrecht hin und meinte glücklich: „Mir geht gut, etwas Schock, aber sonst gut. Wichtiger ist, wie es dir geht!“ Arcon blickte mich etwas erstaunt an, dann lächelte er. „Du bist wirklich anders als die Menschen von denen mein Vater erzählt hat. Mir geht es gut, hab’ mich gut erholt... Was anderes, hat dich jemand gefragt, ob du etwas über den Tsunami weißt?“ „Ja“, antwortete ich, „meine Eltern, hab ihnen gesagt, dass ich nichts weis“ „Gut“, meinte Arcon erleichtert, „es ist von höchster Priorität, dass niemand, der keinen Schutzgeist hat, etwas von uns erfährt“ „Warum denn?“, hakte ich nach. Arcon schwieg. Da klopfte es an unserer Tür. „Ja, ja, ich mach schon auf!“, trällerte meine Mutter aus der Küche. „Es gibt Gesetze bei uns Schutzgeistern, genau wie bei euch. Menschen ohne Schutzgeist, dürfen nichts von der Existenz meiner Rasse wissen. Denn nur Menschen, die eine besondere Zuneigung zu einem bestimmten Tier entwickeln können, sind in der Lage die Schutzgeister zu verstehen und das Geheimnis zu bewahren. Deine Schwester ist nicht dazu im Stande, wir Schutzgeister können das in den Augen der Menschen sehen“ Ich starrte ihn stumm an. „Aber meine Schwester kann schweigen wie ein Grab...“, entgegnete ich flüsternd, aus Furcht, meine Mutter könne mich hören. „Vielleicht kann sie das“, meinte Arcon, „Jedoch nur, wenn sie daran glaubt, sie würde nicht zögern und erzählen, dass du dir Sachen einbildest.“ Ich sah ihn fassungslos an. „Das ist bei jedem Menschen so, der keinen Schutzgeist hat. Das liegt nicht an der Persönlichkeit deiner Schwester oder deiner Mutter.“ „Hm...“, seufzte ich, „Du Arcon, es kam in den Nachrichten einiges über Hochwasser und so aber von weiteren Flutwellen war keine Rede.“ „Soviel ich weiß, können in der Katastrophenzeit nur an wenigen Stellen so viele Dans des gleichen Elements aktiv werden, um so derartig starke Katastrophen zu verursachen. Und glaub mir, wenn ich dir Sache, dass diese ... Tsunami keines natürlichen Ursprungs war. Boa, hier stinkt's!“, warf er leise ein. „Was?“, fragte ich lachend. „Dieser Geruch gefällt mir nicht, nimm dich in Acht!“ Er lächelte mir zu, nickte Richtung Zimmertüre, neben der ich saß und verblich rasch, bis er verschwand. Ein weiteres Klopfen an unserer Apartmenttür ertönte. Meine Mutter machte auf und ich lugte um die Zimmerecke, um zu sehen wer an der Tür war. Eine Frau, die einen halben Kopf größer war als meine Mutter, mit langen grellblonden Haaren und pinken Nagellack trat hochnäsig ein und stellte sich auf deutsch mit einem leicht italienischen Akzent vor: „Hallo, ich bin Seniorita Benette, ich bin Reporterin, und das ist mein Kollege und Kameramann Senior Kuschluck.“ Sie zeigte beiläufig winkend auf einen Mann hinter ihr, der einen Kopf größer war als sie selbst, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Er hatte lange braune Haare mit blonden Spitzen, er nickte um uns zu begrüßen. „Wir sind vom Sender RAI 2“, fing Seniorita Benette an, „und haben gehört, dass sie gestern unmittelbar vor dem Tsunami standen, ist das richtig?“ Sie sah meinen Kopf, lief an meiner Mutter vorbei und streckte mir die Hand entgegen: „Hallo und du musst einer der glücklichen Menschen sein, die wirklich nur ein paar Meter vor dem Tsunami standen und dennoch allem Übel entrinnen konnten, oder?“ Ich nickte ein wenig schüchtern, als ich ihr meine Hand zur Begrüßung reichen wollte. Da zog sie ihre Hand schon wieder zurück und schritt mit kurzen raschen Schritten zurück, als plötzlich meine Mutter völlig entrüstet rief: „Was fällt ihnen eigentlich ein, einfach hier rein zu platzen? Sie hätten wenigstens fragen können!“ Mittlerweile war auch der Rest meiner Familie in den Flur gekommen. „Oh, bitte entschuldigen sie, dürfen wir ihnen und besonders ihrer Tochter ein paar Fragen stellen?“, fragte die Reporterin unschuldig. „Und woher wissen sie eigentlich, dass genau unsere Tia dort stand? Und wo wir hier wohnen?“, erwiderte mein Vater gereizt. „Wir haben eben unsere Informationsquellen“, quiekte die Reporterin zickig ohne zu realisieren von wem die Gegenfrage kam, „Das Publikum will junge Zeugen haben, die alles hautnah erleben!“ „Damit sie am Ende noch ein Schock-Trauma haben?“, hackte meine Schwester nach und fügte nur für mich hörbar hinzu, „Wegen diesem widerlichen Parfüm…“ Ich nahm mich zusammen, um nicht zu lachen und merkte, dass diese Frau meiner Familie genauso unsympathisch war wie mir. „Ist ja gut, es sind nur ein paar gaaanz kleine Fragen!“, quiekte Seniorita Benette während sie ungeduldig ihre grell-blonden Haare um ihren Zeigefinger wickelte und verdrehte dabei ihre stechend blauen Augen wie ein pubertierendes Mädchen. Meine Mutter blickte mich an, als ob sie mich fragen würde, ob ich damit einverstanden sei. Ich zuckte mit den Achseln und noch bevor ich eine Antwort geben konnte, rief Seniorita Benette künstlich erfreut: „Wusste ich’s doch, perfekt, vielen Dank! Das ist ja prima, ähm… wie ist dein Name?“ „Tia...“, begann ich genervt, während ich aufstand doch wurde sofort wieder unterbrochen: „Ah, ok, Tia, ein wunderschöner Name!“, sie zückte ihr Mikrofon. Anscheinend bemerkte Seniorita Benette erst jetzt meinen Vater. Sie nickte ihm kurz zu, als Begrüßung, wandte sich jedoch gleich wieder mir zu. „Gut, lasst uns anfangen!“, kläffte sie dominant. Senior Kuschluck kam näher, Seniorita Benette stellte sich vor die Kamera, sagte mit ihrer hohen schrecklichen Stimme: „Das ist nicht live, also keine Aufregung!“ Arcon stand wieder neben mir, ich flüsterte ihm zu: „Kannst du nicht die Kamera kaputt machen? Ich hab darauf keine Lust!“ Arcon meinte: „Würd ich gerne machen, aber ich darf nicht, tut mir Leid, da musst du jetzt durch.“ „Bereit?“, fragte Senior Kuschluck. Ich zupfte meinen langen Pony und meinen Seitenscheitel zurecht und nickte dann gleichgültig. In diesem Moment wollte ich die Sache nur schnell hinter mich bringen. Mein >nicht nein sagen können< nervte mich wieder, es zwang mich immer wieder zu Dingen, die ich eigentlich gar nicht wollte. „Ich bin viel zu gutmütig für diese Welt“, stieß ich in einem leisen Seufzen aus. „And Action!“, sagte der Kameramann. „Ich bin hier im Haus von Tia, dem Mädchen, das dem Tsunami von gestern am nächsten war“ Kuschluck schwenkte die Kamera zu mir, ich grinste und winkte verlegen. „Was ist gestern genau passiert, Tia?“, fragte mich die Reporterin. „Du hattest sicherlich schreckliche...“, begann sie abermals ohne auf meine Antwort zu warten. „Darf ich wenigstens mal antworten?“, entgegnete ich und unterdrückte ein gereiztes Knurren. Seniorita Benette warf mir einen giftigen Blick zu und bejahte meine Gegenfrage zickig. „Ich bin aufs Meer zu gelaufen, als dieser Tsunami auftauchte“, erklärte ich knapp. „Warum bist du nicht weggelaufen?“ „Ich konnte nicht, ich war... wie ... gelähmt...“ Ich konnte es nicht unterlassen, meiner Familie einen kurzen, genervten Blick zu zuwerfen. „Oh, mein Gott!“, rief Seniorita Benette schrill, „Kannst du dir erklären, warum der Tsunami so plötzlich wieder zurück ins Meer geflossen ist?“ Sie verfiel sogleich wieder in ihre normale, ebenso grausame Tonlage, die mir in den Ohren stach. „Nein, wie könnte ich auch? Ich bin doch erst 15 Jahre, fragen sie doch einen Naturwissenschaftler!“, meinte ich achsenzuckend und um schnell wieder meine Ruhe zu haben fügte ich mit gebrochener Stimme noch hinzu, „Und jetzt muss ich mich noch von dem Tsunami-Schock erholen, denn wegen ihnen habe ich wieder diese grausamen Erinnerungen!“ Ich schniefte und wischte mir mit meinem Finger die nicht vorhandenen Tränen aus den Augen. Anschließend schniefte ich noch mal, drehte mich weg und rannte ins Zimmer. Dort schluchzte ich noch ein paar Mal künstlich, als ich endlich die Stimme meiner Mutter hörte: „Sehen sie, was sie gemacht haben? Meine arme Tochter! Nun hat sie wieder ein Trauma, dabei ist sie doch gerade dabei gewesen sich prächtig zu erholen!“ „Gehen sie aus dieser Wohnung!“, rief mein Vater. „Das arme Mädchen, ich denke es ist besser sie nun in Ruhe zu lassen, Auf Wiedersehen!“, hörte ich die Stimme von Seniorita Benette, künstlich besorgt. Kurz darauf hörte ich die Türe, wie sie zu ging und dann fingen wir alle an zu lachen. „Danke, dass ihr mitgespielt habt!“, sagte ich glücklich zu meiner Familie. Ich hatte absolut keine Lust noch weiter mit zu machen. Zum einen verabscheute ich den Mittelpunkt, zum anderen wollte ich nicht mit anderen, schon gar nicht mit Fremden, über Dinge reden, die nur mich und Arcon was angingen. „Wir haben gemerkt, dass du nicht willst“, lachte meine Schwester. Auch Arcon saß neben mir und konnte sich ein behagliches Lächeln nicht verkneifen. „Du hättest mal Banettes Miene, oder wie die Typin heißt, sehen sollen, als du heulend weggegangen bist“ „Wie war’s denn?“, fragte ich vor Lachen keuchend. „Unbeschreiblich“, grinste meine Schwester. „So“, holte meine Mutter aus, „wir machen mal weiter das Essen, okay?“ Alex und ich nickten zeitgleich. „Ach, Mädels, heute Abend gehen wir mal ins Kasino, okay?“ „Super Idee“, freute ich mich. „Klasse“, stimmte Alex zu. Ich unterhielt mich noch ein wenig mit Alex über alles Mögliche, was wir in den Ferien noch so machen und anderes, doch eigentlich wollte ich mit Arcon reden. Er lag friedlich neben mir und schlief. Ich konnte ich nicht mal streicheln, ohne, dass Alex mich fragte, was ich da tat. Dennoch startete ich einen Versuch. Während ich mit Alex über unsere Lehrer und deren Macken unterhielt setzte sich mich unauffällig so hin, dass eine Hand hinter meinem Rücken bei Arcon war und Alex diese nicht sehen konnte. Ich lehnte mich ein wenig nach vorne, hob die Hand bei Arcon kurz hoch und begann, Arcon an seinem Bauch zu kraulen. „Ich muss ja dann auch noch meine Facharbeit fertig schreiben und... was machst du da, Tia?“, meinte Alex verwundert und nickte an mir vorbei. „Ach, mich juckt's am Hinterteil“, log ich beschämt. „Ah ja“, grinste Alex, „Dich juckts aber schon ziemlich lange...“ „Also was ist mit deiner Facharbeit?“, lenkte ich von Thema ab. „Wenn wir wieder nach Hause kommen ruf ich da am Falkenhof mal an und frag wegen ‘nem Praktikum...“ „Kommt ihr essen?“, hallte die Stimme meiner Mutter durch das Hotelapartment. „Ja!“, riefen wir Geschwister gleichzeitig. Während ich aufstand ließ ich meine Hand noch mal geschickt unauffällig über Arcons Rücken gleiten. Erst nach dem Essen gab es eine Gelegenheit für mich, mit ihm zu reden. Während mein Vater mit meiner Mutter im kleinen, mit der Küche verbundenen Wohnzimmers fernsah und meine Schwester im Pool des Hotels schwamm fragte ich Arcon: „Warum konntest du die Kamera nicht kaputt machen?“ „Gesetz“, sagte er kurz, „Ich darf keine menschlichen Gegenstände willentlich beschädigen oder zerstören...“ „Was passiert, wenn ihr ein Gesetz brecht?“ „Dann kommt der Herr der Schutzgeister, der kurz Hedshyn genannt wird, so wie bei euch Menschen ein Chef, Boss, Direktor, oder was auch immer, und trennt uns persönlich von unserem Schützling“ Ich sah ihn stumm an und streichte zart über seinen weichen Rücken. „Wenn die Katastrophenzeit so gefährlich ist, warum schließt du nicht mich nicht auch in diese Zeitspanne ein? ... Also, versteh das jetzt nicht falsch, ich will dir natürlich helfen, es ist nur...“ „Das verbraucht viel Energie, eine Zeitspanne um die ganze Gegend, um die ganze Welt, ist schon anstrengend genug, aber um den eigenen Schützling ist sie noch viel anstrengender. Der Schutzgeist ist wie ein Seelenverwandter zu seinem Schützling und zwischen uns ist diese Seelenfusion durch unsere enge Bindung noch ausgeprägter, soll heißen, wenn wir uns hassen würden hätte ich kein Problem dich mit einzuschließen“ „Soll das heißen, es ist besser wenn sich Schutzgeist und Schützling hassen?“, fragte ich bestürzt. „Nein, natürlich nicht, denn andererseits gibt eine besondere Zuwendung, also... wie eine starke Freundschaft, und Seelenbindung mehr Kraft. Man muss sich überlegen, ob man seinen Schützling hinter einem Schutzschild verbarrikadieren möchte und dann möglicherweise zu schwach ist, um einen Feind zu besiegen, wobei man dann selbst draufgehen würde, der Schutzschild würde gebrochen und der Feind würde nicht nur den Schützling, sondern auch die gesamte Umgebung ins Jenseits befördern. Die andere Möglichkeit ist, dass man sich die Energie spart und seinen Schützling nicht in die Zeitspanne einbezieht, dafür hat man zwar mehr Power um den Gegner zu bekämpfen, gleichzeitig muss man auch darauf achten, dass der Schützling unverletzt bleibt. Es ist keine leichte Entscheidung, doch es motiviert stark, wenn man weiß, dass der Schützling einem vertraut. Außerdem habe ich nicht die vollständige Kraft eines wahrhaftigen Schutzgeistes, da ich meine Ausbildung nicht ganz abgeschlossen habe“ „Verstehe... und was sind jetzt genau diese Wasserdans?“ „Wie schon gesagt sind Dans Dämonen, die von den Elementen geführt werden. Sie können nur durch die Katastrophenzeit wieder aktiv werden, was bedeutet, dass sie wahrhaftig wieder begonnen hat. Sie sind blutrünstig, haben keine Seele und werden blind durch Macht der Naturgewalten, eher durch deren- oder auch anderen- verdorbene Seelen, gesteuert“ „Aber sie haben anscheinend nur mich angegriffen“ „Sie greifen Menschen und deren Schutzgeister an, weil nur sie die Macht haben Naturgewalten aufzuhalten“ „Aber es müssen doch sicher noch andere auf dem Strand Schutzgeister gehabt haben, oder?“ „Auf diesem Teil des Strands sicher nicht. Irgendwo anders auf dem Strand bestimmt, aber nicht in unserer Nähe. Zwar hätte ich dessen Schützling in eine Zeitspanne einbinden können, doch der Schutzgeist selbst hätte bei solch einer Gefahr den Schützling wieder befreit um dessen Energie gegen den Feind bannen zu können. Wir hätten sie also erkennen müssen. Wenn irgendwo anders ein fremder Schützling in meine Zeitspanne geraten würde, wenn er nicht in Gefahr schwebt, würde dessen Schutzgeist ihn nicht befreien“ Ich starrte ihn fragend an: „Kannst du das noch mal für die Dummen sagen?“ „Na ja“, begann er nachdenklich, „Angenommen auf dem Strand wäre ein fremder Schutzgeist. Ich hätte dessen Schützling ohne Probleme in meine Zeitspanne eingeschlossen. Doch da der Schützling, genau wie du, auch in Gefahr schwebt würde der fremde Schutzgeist meine Zeitspanne von seinem Schützling nehmen, vorausgesetzt sie haben eine starke Bindung, und dann diese Energie ebenfalls gegen den Gegner verwenden. Oder der fremde Schützling hätte früher als ich eine Zeitspanne eingesetzt und dich miteinbezogen. Dann hätte ich dich davon befreit, weil du mir Energie von dir gibst, von der du gar nichts weißt, sie kommt tief aus deinem Innersten. Man kann sie nicht sehen aber ich spüre sie und sie wird immer stärker, weil unsere Bindung immer stärker wird“ Arcon setzte sich auf und legte seine Vorderpfoten sanft auf meinen Brustkorb. „Ah, jetzt verstehe ich“, meinte ich. „Doch so etwas ist eher unwahrscheinlich“ „Warum?“ „Weil es - im Vergleich zur Masse - recht wenige Menschen gibt, die einen Schutzgeist besitzen. Sich einzubilden, man habe ein ‚Lieblingstier’ und es mit Leib und Seele zu entdecken und in sich zu tragen, das ist ein großer Unterschied. Du hattest sicher schon viele ‚Lieblingstiere’, nicht wahr?“ „Ja: Katzen, Tiger, Mäuse, Hunde“, zählte ich auf. „Siehst du? Aber nur der Wolf lebt in deinem Herzen. Welche Tiere mag deine Schwester, Tia?“ Ich überlegte. „Sie mag Greifvögel, Tiger, Löwen und so“ „Merkst du? Sie hat ihr Seelentier noch nicht erkannt, sie muss ihres noch entdecken, erst dann kann sie einen Schutzgeist bekommen. Jeder Mensch trägt ein Tier in seiner Seele, doch lange nicht Allen gelingt es, es zu finden und mit ganzen Herzen zu erkennen“ „Kannst du die Tiere, die in dem Herzen der Menschen leben sehen?“ „Ja, ihr erkenne ihre Konturen, wenn der Mensch noch keinen Schutzgeist hat. Doch wenn er einen bei sich hat, sehe ich ihn komplett und kann auch dessen Aura und das Element spüren“ „Könnte ich Alex’ Schutzgeist sehen?“, fragte ich, wohl wissend, dass ich die gleiche Frage nur anders formuliert schon einmal gefragt hatte. Ein starrer, durchdringender Blick Arcons stach mir in die Augen. Ich zuckte zusammen. „Nein, Tia, kannst du nicht“, knurrte er hart und verschwand auf seine gewöhnliche Art. „Irgendetwas hat er gegen diese Frage...“, bemerkte ich kühl. Am Abend gingen wir, wie abgemacht, in ein Kasino und kamen erst spät wieder in unserem Hotelapartment an. Wenn wir die darauf folgenden Tage ans Meer gingen, genossen wir das Meer mit Vorsicht, es waren sichtlich weniger Leute am Strand seit die Flutwelle so bedrohlich nahe gekommen war. Was Arcon anging war er recht verschwiegen. Etwas bedrückte ihn, daher reagierte er etwas energisch auf nähere Fragen zu Schutzgeistern. Deswegen sprach ich ihn darauf nicht an, ich wollte, dass er sich erst wieder beruhigt. Die nächsten Tage vergingen sehr schnell, das Meer besuchten wir nicht allzu häufig und Seniorita Benette mit ihrem seltsamen Kameramann tauchten auch nicht mehr auf. In den Nachrichten wurde viel über das seltsame Verschwinden des Tsunami berichtet, wobei viele Wissenschaftler sich eingestehen mussten, dass sie dafür keine natürliche Erklärung haben. Auch als wir wieder zu Hause waren war die Flutwelle ein großes Sprachthema. Es wurden Kameraaufnahmen von Passanten gezeigt. Darauf sah man jedoch nur, wie die Flutwelle in ihrer gigantischen Größe den Strand bedrohte und im nächsten Augenblick war das Meer wieder relativ ruhig. Die Reporter befragten viele aufgebrachte Einwohner und Touristen, doch keiner konnte Aussagen machen, was genau passiert war. Wissenschaftler und Professoren gingen davon aus, dass die Kameras aus irgendwelchen Gründen den ‚Mittelteil’, der zeigen würde, wie die Flutwelle zurückging, nicht aufgenommen hatten und stellten wilde Theorien über das mysteriöse Verschwinden des Tsunami auf. „Du kannst von Glück reden, dass sie nur die Welle gefilmt hatten“, meinte Arcon. „Ja, ich weiß, ansonsten würden nur noch mehr Film-Leute kommen um uns zu befragen...“ Arcon lag neben mir auf dem Sofa, während ich ihn an den Ohren kraulte. „Du sag mal, Arcon, wärs nicht möglich, dass ein Wissenschaftler einen Schutzgeist hat?“ „Ja mit Sicherheit“, seufzte Arcon und genoss meine Handbewegungen in seinem Fell, „aber die könnten auch nicht daher kommen und sagen, dass ein Schutzgeist das ganze versursacht hat und werden sich da raus halten oder die Menschheit mit einer anderen, glaubwürdigeren Theorie in die Irre führen...“ Doch auch diversoe Hochwasservorfälle an Nord- und Ostsse in Norddeutschland, als auch anderwertige Flutwellenwarnungen in verschiedenen Teilen der Welt waren in den vergangen Tagen gemeldet worden, wovom wir in Italien nicht besonders viel mitbekamen. Der Sommer in Deutschland war fast so warm wie in Italien. Geregnet hatte es offensichtlich auch nicht viel, während wir im Urlaub waren. Der Boden war fast ausgetrocknet und kaum Wolken waren am Himmel, was wohl bedeutete, dass es noch länger dauern könnte, bis es mal wieder regnet. Nun waren wir schon wieder 5 Tage zu Hause, aber geregnet hat es trotzdem nicht, das Gras verdorrte bereits. In den vergangen Tagen wurde ich größtenteils von meiner Freundin Hana besucht, welche knapp 5 Fahrradminuten von mir weg wohnte. Ich hatte erst Sorgen wegen der Katastrophenzeit, doch Arcon meinte, das ginge in Ordnung, schließlich haben wir auch noch die Zeitspanne. Wir „kloppten“ und bei „Mario Smash Bros.“ auf der Konsole, bzw. wir gegen die Computer und redeten über alles Mögliche. Nun war Samstag und Hana musste zu einem Taekwondo-Wettkampf. Unseren Schildkröten schien es zu gefallen, in ihrem Freigehege im Schatten der Bäume zu liegen. Doch mir war er draußen eindeutig zu warm, lieber saß ich in meinem kühlen Zimmer. „Tia?“, fragte Arcon. „Hm?” „Ich habe mir die Menschenwelt bei näherer Betrachtung ein wenig anders vorgestellt“, beichtete er. „Wie meinst du das?“, fragte ich erstaunt. Neben mir sprang Kira, meine graue Katze, welche die Tochter von Nala war und ein typisches Kartäuser-grau hatte, auf mein Sofa. Sie maunzte sanft und ich lies meinen rechten Arm über ihren Kopf streichen. „Na ja, uns erzählt man, dass es in der Welt der Menschen viel Gift gibt und es nur wenige Menschen gibt, die wirklich gut mit der Erde umgehen“, erklärte Arcon, „aber hier ist es wirklich schön“ Der weiße Wolf legte seinen Kopf auf meine Beine und genoss es, von mir gestreichelt zu werden. Auch Kira tapste zufrieden neben mir auf dem Sofa umher. „So ganz falsch ist es nicht“, schloss ich nach einer Weile, „Wir wohnen in einem Dorf auf dem Land, in den Städten ist die Umweltverschmutzung größer, was jetzt nicht heißen soll, dass man in der Stadt krank wird oder so! Die Fabriken produzieren natürlich viele gefährliche Gase und es ist fast so, als würden die Menschen nicht ohne Autos auskommen. Dabei gäbe es genügend Möglichkeiten zum Umweltschutz, aber dafür sind die Menschen zu bequem und außerdem würden die Firmen das nicht zulassen“ „Warum nicht?“, fragte Arcon fassungslos. Es war das erste mal, dass er mir eine Frage stellte, dessen Antwort er wirklich nicht wusste. „Geld, Arcon, Geld. Ohne Geld ist man in unserer Gesellschaft nichts. Es gibt Leute, die haben Unmengen davon und werfen es für unnütze Sachen raus, andere haben Mangel daran, doch diese müssen selbst sehen wo sie bleiben, sofern sie dennoch arbeiten. Selbst die, die Arbeiten sind im Ungleichgewicht mit denen, die aus verschiedenen Gründen keine Arbeit haben.“ „Was für ein Ungleichgewicht?“ „Hmm... Es gibt Arbeitslose, die unterm Strich mehr Geld zur verfügung haben als Menschen, die z.B. 8 Stunden in einem Kaufhaus arbeiten. Natürlich gibt es auch Arbeitslose, die fast zu wenig zum Leben bekommen. Man kann es kaum jedem Recht machen, jeder fühlt sich in irgendeiner Weise benachteiligt. Die Arbeitslosen hacken auf den Arbeitern rum und andersrum...“ Arcon schwieg, während die dunkelgraue Katze abwesend schnurrte. Es herrschte eine angespannte Stille, als Alex meine Zimmertüre aufmachte und fragte, ob wir ins Freibad gehen wollen. „Ja, können wir machen“, meinte ich und schob Kiras Pfoten von meinem Oberschenkel. Arcon stand seufzend auf, als er merkte, dass ich ihn nicht mehr kraulte. Rasch cremte ich mich mit Sonnenmilch ein, zog einen Bikini unter meine Kleidung und packte ein Handtuch sowie Duschgel in einen Rucksack. Das Freibad, in das wir gingen war knappe 8 Minuten Fußmarsch von unserem Haus entfernt und war ein Naturfreibad, ohne Chlor oder ähnlichem. Alex und ich waren lange im Wasser, als wir erschöpft vom Toben aus dem Wasser stiegen und uns in unsere, von der Sonne gewärmten, Handtücher kuschelten. Arcon nutze die Gelegenheit, um mit mir zu reden, als Alex auf die Toilette ging. „Seid ihr oft hier?“ „Ja, eigentlich schon“, meinte ich, „Das Freibad ist etwas klein und richtige Sprungtürme, geschweige denn gute Rutschen gibt es auch nicht, aber es ist trotzdem witzig einfach nur ins kühle Nass zu hüpfen und mit Alex Wasser-Fights zu machen.“ Von unserem sonnigen Platz auf der Wiese schaute ich den Hügel hinab auf das Becken und auf die Rutsche, die für Kinder gedacht war. „Warum geht ihr nicht woanders hin?“, fragte Arcon. „Na ja, das Hallenbad ist teurer und auch nicht gerade besser, bis auf die größeren Becken. Und die Seen bei uns in der Gegend, sind zwar kühl und errischend, jedoch mehr als eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt und sind deren Strände ziemlich voll…“ Seufzend hielt ich nach Alex Ausschau. „Wenn sie wieder kommt schleif ich sie ins Wasser“, murmelte ich und hob mein Handtuch gen Sonne, um wenigstens ein wenig Schatten abzubekommen. Kurz darauf sah ich meine Schwester, ließ mein Handtuch auf den Boden fallen und lief den Hügel Richtung Wasser hinab. „Komm gleich ins Wasser, Alex, bitte, ich schwitz mich sonst zu Tode“, flehte ich. „Ja ich komme ja, ich bring nur mein Handtuch zurück“, grummelte Alex und marschierte den grasbewachsenen Hügel hinauf. Währenddessen sprang ich ins Wasser, fast zeitgleich folgte mir Arcon. „Können andere das Wasser spritzen sehen, dass du spritzen lässt?“, flüsterte ich ihm halb unter Wasser zu. „Ja, eigentlich schon. Aber, weißt du, in deiner Welt sind die Atome und Moleküle anders als bei uns. Mein Körper unterscheidet sich anatomisch nicht von dem eines Wolfs aus deiner Welt, jedoch erlaubt es mir der unterschiedliche Atombau unserer Welten mich zu materialisieren, so kann ich z.b. Immer ‚unsichtbar werden’ wie ihr das nennt. Das kann ich in unserer Welt nicht. Genau kann ich dir das auch nicht sagen, wenn mein Vater mir das erklären wollte bin ich immer eingeschlafen. Sie her!“ Er schloss seine Augen konzentriert und verharrte so einige Sekunden. Als er sie wieder aufmachte schob er sein Pfote aus dem Wasser heraus und ließ sie schwungvoll wieder eintauchen. Kein Wasser spritzte. Erstaunt starrte ich auf das ruhige Wasser. „Für diesen Zustand brauche ich keine allzu große Konzentration, meine Atome und Moleküle üben momentan keinen so großen Druck auf die in deiner Welt aus. Würde ich den Druck noch ein wenig senken, würde ich untergehen und ertrinken, wenn ich den Druck nicht wieder normal machen würde. Je geringer ich den Druck mache, desto mehr Konzentration benötige ich. Momentan reicht es dafür, dass mich die Menschen sicher nicht an Hand des spritzenden Wassers bemerken!“ Er planschte verspielt umher und meinte dann: „Es ist wirklich erfrischend einfach im kühlen Wasser zu liegen“ Daraufhin legte er sich auf den Rücken und ließ sich treiben. In diesem Moment landete Alex mit einer großen Wasserbombe neben mir im Wasser. „Hey spinnst du?“, fragte ich sie lachend. So begannen wir wieder mit unserem Wasser-Catchen. Keuchend und lachend krochen Alex und ich nach fast einer Stunde aus dem Wasser uns setzten uns an den Beckenrand, die Füße im Wasser ruhend. „Diesmal hast du gewonnen“, meinte ich grinsend, „aber das nächstes mal bist du dran“ „Das waren wir ja sehen“, meinte Alex und wir lachten. Mit Alex konnte ich immer viel Spaß haben, auch wenn manchmal eine zickige Atmosphäre zwischen uns herrschte. „Gehen wir nach Hause?“, fragte Alex. „Jetzt schon?“, grummelte ich. „Mir ist kalt“, gestand Alex und ich bemerkte die Gänsehaut an ihren Armen. „Ja, okay“, seufzte ich und fragte mich innerlich, wie es einem bei 38° im Schatten kalt sein könne. Also duschten wir, trockneten uns ab, zogen unsere alltäglichen Sachen wieder an und packten Handtuch und Badesachen ein. Als wir das Freibad verließen, kauften wir uns noch je eine große Kugel Eis. Arcon trottete neben mir her und fand es lustig nach einer Biene zu schnappen, die um seinen Kopf schwirrte. Alex gestand sich schließlich, als wir zu Hause waren, ein, dass ihr doch nicht kalt war. Letztendlich war es so heiß, dass wir gar keine Lust hatten noch weiter draußen zu bleiben. Wir hingen unsere feuchten Bikinis an einem Kleiderständer neben der Terrasse auf und gingen in unsere Zimmer. „Was lernt man eigentlich in eurer Schule?“, fragte ich Arcon. „Vorher solltest du wissen, dass das Zeitverhältnis zwischen unseren Welten anders ist“ „Wie meinst du das?“ „Na ja, ein Tag bei euch bedeutet 2 Tage bei uns. Eine Woche bei euch entspricht 2 Wochen bei uns. Also läuft unsere Uhr doppelt so schnell wie eure“ „Wie alt bist du demnach?“ „Nach eurer Zeitrechnung 133, nach unserer 266 Jahre“ „Und ihr geht 50 Jahre zur Schule?“ „Ja, nach eurer Zeitrechnung... wobei richtig ‚Schule’ wie bei euch ist das nicht. Es ist ein Lernverstehen, dass auf rein mündlicher Basis ist und meistens abends stattfindet. Davon habe ich 45 Jahre geschafft. Also, wir beginnen mit 84 Jahren und zu Beginn unsere ‚Schulzeit’...“ „Entschuldige die Unterbrechung“, warf ich ein, „aber ich hab mal noch kurz ne andere Frage!“ „Ja?“ „Was wäre wenn du jetzt einen anderen Schützling hättest. Ich mein, mit dem Sprachverstehen. Ihr lernt wohl kaum alle Weltsprachen, um jeden Schützling verstehen zu können... oder?“ Arcon lächelte, „Du hast Recht, wir brauchen nicht alle Sprachen zu lernen. Menschen und Schutzgeister verstehen sich instinktiv. Was ich sage klingt für dich ‚normal‘. Doch eigentlich spreche ich eine andere Sprache, die kann ich dir nicht mal vorführen, weil du meine Worte instinktiv verstehst. Andersherum verstehe ich auch, was du sagst. Das ist ein uralter Instinkt, der in jedem Menschen ist, er wird sofort ausgelöst und aktiviert, wenn du einmal die Stimme eines Schutzgeistes gehört hast. Du musst wissen, dass vor vielen tausend Jahren Menschen und Schutzgeister Seite an Seite gelebt haben. Auf einer Ebene. In einer Welt. Diese Zeit weiß kein Mensch mehr, da sie uns alle mit der Zeit vergessen haben“ „Aber warum beschützt ihr die Menschen überhaupt heute noch?“ „Weil die Menschen im Grunde stark sind, doch seit ein Mensch vor vielen Tausenden von Jahren, geglaubt hat, dass wir Schutzgeister eines Tages die Welt für uns haben wollen und die Menschen ausrotten, tat er sich mit Menschen des gleichen Glaubens zusammen und sie verbannten uns in unsere Welt. Wir wehrten uns nicht, da wir wussten, dass die Menschen ihr Unheil selbst damit besiegelten. Denn die Schutzgeister bewahrten die Menschen schon immer davor, die Natur zu zerstören. Doch… die Menschen haben uns vergessen. Uns ist es wichtig, dass der Einklang mit der Natur wieder hergestellt wird. Darum wählen wir Menschen reines Herzens dazu aus, unsere Existenz wieder zu erfahren. Denn nur diese können ihren Schutzgeist entdecken so wie du mich entdeckt hast. Und Menschen mit einem Schutzgeist sehen die Welt mit der Zeit anders, unbewusst, und erziehen ihre Kinder demnach. Und je reiner die Herzen sind, desto leichter fällt es, dass Tier in seiner Seele zu erkennen und einen Schutzgeist zu bekommen. Irgendwann wird die große Revolution der Menschen kommen und alles verändern oder die Welt wird noch davor zerstört“ Es war erdrückend. Schweigend starrte ich an Arcons Gesicht vorbei auf den Boden vor dem Sofa. Ich dachte oft genug daran, wie die Welt aussehen wird. Ich hatte schon immer eher negative Gedanken zum Handeln des Menschen. Klimawandel, ein sehr umstrittenes Thema, auf der ganzen Welt. Unberechenbar. Unaufhaltsam. Aber man könnte ihn verlangsamen. Viele Spekulationen: Mensch schuldig? Mensch unschuldig? „Tia?“, fragte Arcon vorsichtig. „Meinst du, die Welt stirbt?“, flüsterte ich abwesend. „Irgendwann sicher… doch ob in einigen Millionen Jahren ist oder in Tausend, das kann ich beim besten Willen nicht sagen…“ „Ja, das weiß ich auch, ich meine, dass die Menschen aussterben werden“ „Ich hoffe es nicht“ Verwundert starrte ich Arcon an. „Wie meinst du das?“ „Natürlich, der Mensch verhält sich gegenüber anderen Lebewesen oft schlecht, doch er ist der einzige, der Technologien so weiterentwickeln könnte, dass es der Natur hilft. Er hat den perfekten Körper dazu“ Schweigend dachte ich über die Worte des Wolfs nach. „Zurück zum eigentlichen Thema“, meinte Arcon rasch, „Also, wir lernen innerhalb von 30 Jahren Alle Grundlagen. Wie zum Beispiel die menschlichen Schriften zu lesen und anderes, was für das spätere Leben und für die Welt der Menschen die Grundlagen darstellt“ „Du meinst, wie unsere Grundschule?“ Arcon dachte kurz nach. „Ja, ich glaub schon“, meinte er schließlich und seufzte, „Die Welt der Menschen ist kompliziert“ „Findest du?“, fragte ich ungläubig. „Ja, wir lernen auch die Denkweiße der Menschen zu verstehen, weil ihr einfach anders denk“ „Ts“, grinste ich ironisch, „Das ist ja so, wie wir das Jagdverhalten von Tieren lernen“ „Ja, so in etwa“, meinte Arcon. Ich gab ihm eine leichte, spielerische Kopfnuss und er begann zu lachen, wie ich. „Was lernt ihr noch?“, fragte ich neugierig. „Also nach 5 Jahren Menschenlehre lernen wir das erste Mal die Zeitspanne, Bewegen von Dingen und den Einfluss der Elemente. Doch auch wenn wir anfangen neue Themen zu lernen, lassen wir die alten nicht zurück, es kommt nur immer nach und nach etwas neues hinzu. Unsere Zeiteinteilung ist viel größer als eure, schließlich leben wir wesentlich länger als ihr, mind. 1200 Jahre nach eurer Zeitrechnung“ „Wow, also ca. 2400 Jahre nach eurer?“, fragte ich. „Ja, so in etwa, einige leben auch 3000 Jahre bei uns, aber 2000 bis 2500 ist eigentlich so der Durchschnitt“ „Bei den Menschen liegt der Durchschnitt bei etwa 80 Jahren, glaub ich“, versuchte ich mich an die Biologiestunden des letzten Schuljahres zu erinnern. „Na ja, wenn wir soweit sind, dass wir die Zeitspanne beherrschen, lernen wir unsere Körper mit den Elementen zu vereinen und uns dadurch in unsere Elementarformen zu verwandeln. Von mir kennst du die Wasserform und die Erdform hast du auch schon kurz gesehen. Doch die Erdform auf dem Sandstrand sit anders als die auf normalem Boden“ „Wie sehen denn deine anderen Formen aus?“ „Du wirst die sicher bald sehen“, meinte er beunruhigt. Ich schaute ihn fragend an. „Jede Elementarform bietet uns einen speziellen Vorteil gegen Naturereignisse. Mit der Wasserform kann ich mich im Wasser schneller bewegen und länger untertauchen. Durch sie Sand- oder Erdform kann ich mich mit der Erde vereinen und kann nicht so leicht verletzt werden. Die Windform gebietet mir besseren Widerstand gegen starke Orkane oder gar Tornados, ich kann die Windrichtung von schwachen Böen verändern oder abschwächen. Und in der Feuerform kann ich unglaubliche Wärme aushalten und Flammen größer bzw. kleiner machen. Aber jede Verwandlung braucht viel Energie, dir jetzt einfach mal so schnell alle zu zeigen wäre zu anstrengend, du musst bedenken, dass jederzeit die Katastrophenzeit zuschlagen kann“ „Was soll hier schon passieren?“, fragte ich verwundert. „Unterschätze die Situation nicht, Tia“, warnte Arcon mit strengem Blick, „das gleiche hast du auch bei dem Tsunami gesagt“ „Ja“, seufzte ich, „da hast du auch wieder Recht. Was lernt ihr dann?“ „Sobald wir die verschiedenen Elementarformen beherrschen haben wir erst einmal Ferien, wie ihr das nennt, ein witziges Wort“, meinte Arcon, genüsslich grinsend, „und danach wird uns der Umgang mit den Naturkatastrophen beigebracht, sowie jegliche Theorie zu den Dans, den willenlosen Dämonen der Elemente. Sie tauchen in der Katastrophenzeit auf, aber auch sonst könnten sie immer kommen, allerdings, da sie willenlos sind, brauchen sie einen Herrscher, der ihnen seinen Willen aufzwingt. Und dieser könnte nur ein Schutzgeist sein. Selbst wenn es so wäre, könnte dieser Schutzgeist nur die Dans seines eigenen Elements beherrschen, zum anderen bräuchte er einen äußerst böse Willen. Und es gibt nur zwei Schutzgeister, die alle Elemente beherrschen...“ Arcon starrte abwesend an mir vorbei. Ich strich mit meiner Hand sanft über seinen Kopf und seinen Rücken, setzte wieder am Kopf an und kraulte sein Ohr. Arcon legte seinen Kopf genüsslich auf meine Beine, schwänzelte leicht und gab ein paar Geräusche von sich, die mir klar machten, dass er sich wohl fühlte. „Und die wären...?“, hakte ich nach. Arcon schwieg. „Der eine ist Hedshyn, über den Anderen will ich nicht reden“ „Okay... dann eine andere Fra...“ Arcon riss geschockt seine Augen auf und erhob sich ruckartig. „Was ist denn? Ich meine doch eine ganz andere Fra...“ „Ruhe!“, zischte Arcon. Arcon starrte mit steil aufgerichteten Ohren und Schweif auf meine Balkontür. „Da kommt etwas auf euch zu“, sagte er, „Nimm deine Schwester und geht ihn den Keller“ „Aber...“, stammelte ich. Arcon drehte sich zu mir und starrte mich mit blutroten Augen und aufgestelltem Nackenhaar an, „JETZT!“ Ich nickte eingeschüchtert, ging rasch ins Zimmer meiner Schwester, öffnete ihre Türe und meinte sofort: „Komm mit Alex, in den Keller!“ „Warum denn?“, fragte sie genervt. Wenn sie Fernsah durfte sie nicht gestört werden. „Komm einfach mit, bitte, schnell!“ „Ist dein Arconviech zu einem Monster mutiert?“, fragte sie spöttisch. „Alex!“, schrie ich sie an, „Bitte hör einmal auf deine kleine Schwester, bitte nur einmal!“ „Oh man, ich hab aber keine Lust“ „Ich lade dich ins Kino ein, aber bitte komm mit!“ „Na gut“ meinte sie seufzend und erhob sich mühsam, „Aber wehe das ist ein Scherz“, drohte sie und folgte mir die zwei Treppen nach unten in den Keller. Während sich meine Schwester zu meinen Eltern gesellte, die im Keller in der Praxis waren und eine Katze operierten. Währenddessen saß ich auf der Treppe und flüsterte besorgt: „Arcon, wo bist du?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)