Say the Truth von Anfang (Sasuke/Naruto) ================================================================================ Kapitel 3: Pride ---------------- Er fand sich nach dem Verschwinden der ANBU´s allein und in der Sicherheit, sie seien noch irgendwo in der Nähe auf dem Eingangspodest seines Hauses wieder. Momente, in denen sich seine Muskeln vor Anspannung fast zum Zerreisen versteiften verharrte er, ehe er die Hand auf die Klinke legte, deren Metall sich kalt und abweisend an seine Finger schmiegte. Er schauderte. Er hielt beim Aufstoßen der Tür unwillkürlich die Luft an, wollte sich nicht gleich von dem süßlich ekelerregenden Geruch nach Blut übermannen lassen, der in seiner Nase brannte, wenn immer er das Haus betrat. Blut, das schon lange nicht mehr da war. Blut, das schon lang getrocknet und weggewischt worden war, ohne jemals wirklich aus Sasukes Augen verschwunden zu sein. Er meinte auf den ersten Blick den Staub auf dem Blut kleben zu sehen, den Glanz verdeckend, der Sasuke jedes Mal geradezu spöttisch entgegenblitzte, es zu spüren, zu fühlen wie es provozierend in seiner Nase kitzelte. Aber sah doch weder Blut noch Staub. Das Haus war gesäubert worden, wurde ein weiteres Mal von Blut befreit ohne wirklich gereinigt zu worden zu sein. Noch immer sah Sasuke die dunklen Tropfen stechend genau auf dem Holzboden, brannten sich tiefer in seine Netzhaut, waren schon so lange da und gingen nicht mehr fort. Nie mehr ... Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, klang laut im großen Flur, hallte durch das ganze Haus und ließ Sasuke zusammenfahren. Einbildung! Alles nur Einbildung! Und es war eben nicht nur Einbildung! Jeder Tropfen Blut, jedes Detail, alles war real. Vergangen zwar, aber dennoch real. Es war, als würde er wieder einmal von dem Sog aus Blut und Erinnerung gefangen werden, eingezogen, sich nicht wehren könnend gegen den Strudel. In Trance versetzt durch den sich windenden, gierenden Schlund. Er spürte, etwas war nicht in Ordnung, etwas war anders. Der Drang, fort zu laufen war da, doch es siegte die ängstliche Neugier, die ihn die Treppe hinauf trieb. Er folgte den dunklen Spritzern auf dem glänzenden Holz, ließ sich führen, war sich sicher, die immer größer werdenden Pfützen aus Blut zu sehen, sie unter seinen baren Füßen zu spüren, als er aus versehen hinein trat und das Blut klebrig und widerlich an seinen Fußsohlen hängen blieb. Noch war es warm, noch roch es süßlich nach köstlichem Leben, noch roch es nach Verrat und Mord. Das Keuchen, das in Sasukes Kehle wuchs wurde nie ausgestoßen, konnte nie Bahn brechen, denn zu entsetzt war er, als er wahrlich begriff, dass es Blut war, das ihm an den Gliedern klebte. Beklommenheit, fressende, maßlose Angst erfasste ihn und er krallte die klamm gewordenen Finger hilflos und Halt suchend in den ungekannt weichen Stoff seiner Hose. Mit jedem winzigen Schritt den er tat, mit jeder Stufe die er auf der Treppe erklomm, fühlte er sich kleiner, jünger, hilfloser, als sei sein 16 jähriger Geist zurück in den schwachen Körper des Neunjährigen gebannt worden, als sei der Geist nicht in der Lage, den Schrei auszustoßen, der in seiner Kehle brannte, zusammen mit bitteren Tränen der Furcht. Wie Säure ätzte sich der Gestank in seine Schleimhäute, zersetzte sein Denken, nahm ihm die Reaktionsfähigkeit und machte ihn noch kleiner, noch schwächer. Noch anfälliger gegen die erdrückende Angst. Da war kein Blut mehr. Da war schon so lange kein Blut mehr. Und doch sah er es auf dem Wänden, sah, wie es sich langsam, quälend hindurch fraß, seine Existenz fraß, Stützbalken verschlang, vor Kälte schützende Wände fortätzte und bald, bald würde alles über ihm zusammenbrechen wie ein Kartenhaus im Wind. Er zwang seine vor klammernder Furcht steifen Beine sich in Bewegung zu setzten und konnte den kurzen Aufschrei diesmal nicht unterdrücken, als seine baren Füße in eine erschreckend große Blutlache tapsten und er ausrutschte. Blut tränkte den Stoff seiner Hose, als er mit letzter Kraft darin kniete, das Blut dickflüssig zwischen seinen Fingern spürend. Es stank. Es stank so erbärmlich, das er meinte er könnte den salzig metallischen Saft schon schmecken. Dicke, stumm fließende Tränen tropften von seiner Nasenspitze in die Lache unter ihm. Ein kleines, unscheinbares Rinnsal aus roter Flüssigkeit lief stetig, vergrößerte den Pfütze nur noch und langsam, stockend, mit einer schrecklichen, Angst vor Erkenntnis hob Sasuke den Kopf. Haltloses Zittern erfasste seinen ausgelaugten Leib, als er die vertrauten Körper vor sich sah. Ausdruckslose Gesichter, emotionsleere Augen. Leblose Glieder, fein säuberlich über einander geschichtete Leiber jener, die er als Familie erkannte. Bevor er die Augen ein letztes Mal Schloss sah er jemanden vor sich treten ... „Ni-san ...“ Plötzlich, als wäre er aus einem Traum erwacht, schreckte er zusammen, als sich eine eisigkalte Türklinke unter seine Finger schlich, meinte, sein Geist sei mit einem Ruck zurück in seinen eigenen, gegenwärtigen Körper geschubst worden. Das Herz stolperte schwer in seiner Brust, pochte hart gegen seine Rippen. Er atmete schwer, wusste nicht was geschehen war und wusste einen Moment nicht, vor welcher Tür er stand. Als habe er sich verbrannt riss er die Hand fort, stolperte einen Schritt zurück, als sich in sein Gehirn brannte vor wessen Tür er stand. „Ni-san ...“ Der Strudel aus Blut und Angst hatte es geschafft, ihn in seinen Bann zu ziehen, ihn zu fressen mit Haut und Haaren ... mit Leib und Seele ... Noch immer meinte er das Blut an seinen Händen kleben zu sehen und hielt sie sich vor Augen. Er hatte nicht auf dem Boden gekniet. Er hatte nicht geweint. „Alles nur Einbildung …” flüsterte sich selbst zu, wusste, dass er sich mit einer Lüge beruhigte, dass er sich Dinge einredete, die nicht stimmten. Wusste aber auch, dass er sein Rache suchendes Verlangen nicht anders unter Kontrolle bringen konnte. Immer noch pumpte sein schmerzhaft schlagendes Herz stechende Überdosen Adrenalin durch seine Venen, die mit zu pulsieren schienen. Als habe er einen Albtraum hinter sich gebracht ... Er war kein kleines Kind mehr, das sich schwach vor den toten Eltern niederkniete. Kein Kind mehr, das seinen Bruder aus großen Augen anstarrte und um Hilfe anflehte. Sasuke schüttelte den Kopf, schüttelte auch den kleinen Sasuke von sich, der sich wieder in ihn hineinfressen wollte, sich kraftvoll in seine Waden biss ... Auf dem Absatz kehrte er sich herum, rannte mit klatschenden, schnellen Schritten ins Bad, riss dir Tür auf um sich selbst wie geschubst hindurchzuscheuchen und sie wieder zu knallen zu lassen ... keuchend gegen die Tür lehnend und dann den Schlüssel im Schloss herum drehend. Kein Blut ... Er entkleidete sich hastig, riss sich den getränkten Stoff beinahe vom Leib und war erleichtert, als die weiße Sterilität sich an seinen immer noch bebenden Körper schmiegte, ihm das Gefühl gab, die Krusten aus Blut auf seiner Haut würden langsam bröckeln. Fahrig und ungeduldig drehte er den Hahn des warmen Wassers auf und keuchte, als sich der erste Strahl Wasser beinahe siedend heiß auf seinen Rücken ergoss. Er sah hinab in den Strudel des Abflusses, und es war, als blitzte das Bild von Blut wieder vor seinem inneren Auge auf. Auch wenn das Wasser frisch, sauber und kristallin von ihm hinab perlte, meinte er zu sehen, wie es sich dunkel rot färbte, fast schwarz vor Schmutz und Blut, das er von sich wusch. Es verlor sich im gierenden Schlund des Abflusses wie seine Gedanken. „Willkommen zuhause, Sasuke ...“, murmelte er zu sich selbst. Und doch hatte er nie hierher zurückkehren wollen. Hatte beinahe gewusst, was es bedeuten würde, sich wieder dem Blut und der Angst hinzugeben, die ihm seinen Charakter stahl, die ihn immer wieder, egal wie oft es nötig war, zeigte, wie schwach er wirklich war. Wie unfähig er gewesen war. Nichts, rein gar nichts hatte sich verändert, seitdem er fort gegangen war. Das Blut war immer noch da, wollte sich nicht entfernen lassen, als hätte es einen Willen, aufgebürdet von jemandem, der ihm seine Schwäche wieder und wieder vor Augen führen wollte. Er wusste, er hätte dankbar sein sollen, wusste, er sollte dankbar dafür sein, dass das Wasser, was ihn von Blut befreite immer noch floss und doch zitterte er, geschüttelt von der Wut, das immer noch alles so war wie damals. Er hatte fliehen wollen. Hatte sich stark fühlen wollen. Nie hatte er dem Blut fremder Beachtung geschenkt, welches nach einem Kampf - nach einem Mord an seinen Händen klebte. Er konnte es fort waschen, vergessen, es mit dem Gefühl der Reue in Wasser ertränken und musste die Schreie jener, denen er das Leben gestohlen hatte nicht hören, wenn er nur nicht an sie dachte. Das triumphierende Lachen des Wahnsinnigen, der ihm die Macht gab, die er brauchte ließ keinen Platz für die schwache Stimme der Vernunft, tötete den summenden Anflug von Gewissen mit einem Klatschen der Peitsche, unter der Sasukes Geist jeden Tag litt. Es war eben doch nicht die Welle der Dankbarkeit gewesen, die an der Klippe seines Fühlens brach, sondern die Flut aus Angst, allein wieder hier her zurück kehren zu müssen, die ihn dazu brachte, Naruto mit dieser zerzweifelt unterdrückten Suche nach Nähe zu sich einzuladen. Und er hatte abgelehnt. Weil sein vermaledeiter Stolz es ihm verbot. „Stolz, ist das einzige, was einem bleibt ...“ ~*~ Das Treiben im Dorf hatte schon längst an Geschäftigkeit und Hektik abgenommen, war ruhiger und entspannt geworden. Würzige Gerüche der Restaurants und Ramenbuden erfüllten die schwüle Luft. Noch hatte der offizielle Abend nicht begonnen, aber man spürte beim Durchschreiten der Straßen schon die glückliche Vorfreude auf den Feierabend. Aus den Abendlokalen schimmerten schon die ersten Lichter, wogegen in anderen Geschäften Stände und Waren zurück in den Laden gebrachten wurden. Naruto schritt jeden Tag um diese Zeit durch das Dorf, war meist ausgelaugt und erschöpft, dazu noch verschwitzt und froh, nach einem anstrengenden, aber erfolgreichen Training nach Hause zu kommen und sich dort eine ausgiebige Dusche zu gönnen. Jeden Abend war auch seine kleine Wohnung von dem herrlich verführerischen Duft nach Ramen erfüllt gewesen und eine Nase hatte mit Vorfreude danach geschnuppert, während ungeduldige Hände das letzte Hindernis zwischen Warten und Genuss hinfort rissen. Es waren immer nur drei Minuten gewesen und doch kamen sie ihm meist vor wie die Ewigkeit. Selbst dann, wenn er meinte, die dreiminütige Ewigkeit sei überstanden, waren die Nudeln meist noch etwas zu hart. Er schüttelte sich die nassen Haare aus dem Gesicht, bevor er sich über sein Leibgericht hermachte, ignorierend, dass die Nudeln noch nicht die gewünschte Konsistenz hatten. In solchen Momenten war er glücklich. Freute sich über solch unwichtige Kleinigkeiten die für ihn so groß und wichtig waren, wie die Welt. Der Leinenbeutel wippte leicht auf seiner Schulter, während Naruto die Straßen durchkämmte, Kinder beobachtete, die sich von ihren Eltern an der Hand nach Hause bringen ließen. Mit der Wehmut kam die Eifersucht und noch nie war sie so groß, wie in den Moment, in dem wirklich begriff, was das Wort Zuhause für eine weitreichende Bedeutung hatte. Erst, als der würzige Geruch wirklich in seiner Nase kitzelte, sah er vom Boden auf und fand sich neben seinem Lieblingslokal Ichirakus wieder. Eher aus Gewohnheit fuhr er sich während des Stehenbleibens über die Erhebung des Portmonees in seiner Hosentasche, seufzte dann, als er die Blenden zur Seite schob und das offen, freudige Lächeln des Besitzers nur müde und schwach erwiderte. Er nickte nur, als ihm seine verlockend riechende Schüssel unter die Nase geschoben wurde. Es roch gut, verlockend, erfüllend wie immer und trotzdem drang es nicht bis zu seinem Gehirn durch. Dort war es wie leer gefegt, abgestumpft gegen jegliches Gefühl. Er warf das Geld auf den Tresen und begann fast abwesend die Suppe in sich hinein zu schlürfen. Es war eben nicht das Gleiche. Da war kein Sofa auf das er sich werfen konnte. Kein Fernseher, den er für den Rest des Abends in Beschlag nehmen konnte um zu verdrängen, wie sich der Kater mit pulsierenden Pfoten in seine Muskeln schlich. Es war ihm wirklich schleierhaft, wo die letzten zwei Tage geblieben waren. Es war als sehe er Sasukes Rettung, den Rückweg und seinen Ausraster bei Tsunade durch einen dichten Schleier, so dicht wie der Dunst den seine Suppe immer noch aussandte. Seinen Gedanken nachhängend schlürfte er die Suppe weiter. Er war stur gewesen. Er war stolz gewesen. Und es würde seinem Stolz das Genick brechen, wenn er jetzt doch noch zu Sasuke gehen würde um Entschuldigung zu bitten. Es war nicht seine Art. Ebenso wie der Tag war auch die Suppe verschwunden und Naruto stand auf, winkte mit einen gekünstelten Lächeln zum Abschied und ging. Die Szenerie draußen hatte sich ein wenig verwandelt. So zeigte der Horizont sein stolzes Farbenspiel und auch die Menschenzahl auf den Straßen hatte sich verringert. Es war still. Irgendwie friedlich und doch tobte in Narutos Gedanken die Fragen um einen Schlafplatz. Nach seinem genehmigten Ramen war er pleite. Kurzzeitig fragte er sich auch, wieso er der Hokage so egal war, dass diese es nicht für nötig hielt, sich auch nur ein wenig um ihn zu kümmern, dieser Gedanke wurde eingeholt von altbekanntem Selbstmitleid. Wer würde sich für jemanden wie ihn interessieren? Niedergeschlagen und mit dem Klumpen Gefühl im Magen, er wurde sich das erste Mal in seinem Leben nicht allein zurechtzufinden, ließ er sich auf eine Bank fallen. „Naruto?“ Sein Kopf ruckte hoch, als er eine altbekannte Stimme hörte. „Komm mit!“ Was sollte der bestimmende Ton? Kalt wie eine Eisklinge und eben so scharf schnitt sie durch die warme Abendluft. „Warum?“ er war zu verdutzt um noch mehr zu sagen. „Willst du dir hier lieber den Arsch abfrieren?“ Und der Trotz kam. Die Wut stieg und die Empörung eröffnete sich, als er mit geballten Fäusten und verzerrtem Gesicht von der Bank sprang. „Du bist grade mal ein paar Stunden zurück und meinst, du könntest gleich wieder einen auf Obermotz machen. Aber das machst du nicht mit mir!“ „Schön. Wenn du eingesehen hast, das ich nicht ‚Obermotz’ spiele, sondern ‚Obermotz’ bin dann komm endlich.“ Und ohne ein weiteres Wort drehte er sich davon, ließ einen verdutzten Naruto zurück, der sichtlich nicht wusste, was er davon halten sollte. Fast wie die versteckte Aussage, er dürfte kommen wann immer er wollte, er wäre willkommen wann immer ihm danach war, klangen die Worte in seinem Ohr und er verfluchte Sasuke dafür. Was dachte er sich dabei, so anherrschend freundlich zu sein? So verdammt überzeugend zu sein? ~*~ Er wusste es! Er ließ einen verdutzt blickenden Naruto hinter sich. In der Sicherheit, er hatte erreicht, was er wollte. Darum kam es ihm auch nicht so furchterregend vor, alleine nach Hause zurück zu kehren. Um diese Zeit was das Haus noch düsterer als zuvor. Trotzdem brannte nur eine kleine Lampe, spendete wenig Licht und setzte den Rest des Raumes in verzerrtes Licht. Vor ihm lag ein altes Buch, zerknittert und vereinzelt verschmutzt von kleinen Tröpfchen Blut. Sie waren da. Materiell aber für jeden durch ihre Winzigkeit unsichtbar. Irgendwie musste er sich die Zeit vertreiben, immerhin würden noch einige Minuten vergehen. Und doch wusste er es. Ein Naruto Uzumaki war zwar stur, doch nicht besonders beharrlich. Erst schüchternes, dann energischeres Klopfen ließ in von seinem Buch aufsehen. Er erhob sich von seinem Stuhl, schritt geradezu gelassen durch den dunklen Flur zur Tür und öffnete sie. Eine Faust schnellte auf ihn zu, blieb Sekunden vor seinem Gesicht hängen und ein Gewicht presste schlagartig die Luft aus seinen Lungen, drückte ihn gen Boden, ließ ihn unfreiwillig keuchen. Und doch konnte er das Grinsen, welches seine Lippen kräuselte nicht unterdrücken. „Wärst du so freundlich, wieder von mir runter zu gehen?“ „Das ist kein Trick Sasuke. Keine Verarsche?! Wenn ich irgendwas Derartiges rausfinde, bist du dran!“ „Wie du meinst. Und jetzt geh von mir runter!“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ *In die Runde strahl* MiharuEndoh Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)