Novemberlied von Bienchen1709 ================================================================================ Kapitel 1: Gelb vor Neid ------------------------ Ein letztes Mal überprüfte Kagome Higurashi ihr Aussehen in dem kleinen Spiegel, der an der Sonnenblende des Beifahrersitzes angebracht war, dann klappte sie diese seufzend wieder zurück und rieb ihre vor Aufregung feuchten Hände aneinander. „Du weißt, dass sie dich wählen werden, Liebling.“ Kagome ließ ihren Blick zu ihrer Mutter schweifen, die sie heute zur Schule gefahren hatte und seitdem immer wieder denselben Satz gesagt hatte. „Ich habe deinen letzten Artikel gelesen, er war großartig.“ Nun war noch ein Satz dazu gekommen, aber auch wenn ihre Mutter krampfhaft versuchte Kagome ihre Nervosität zu nehmen, indem sie ihr immer wieder dasselbe sagte, glaubte sie ihre Eingeweide würden explodieren. Schon allein der Gedanke, dass sie es wieder nicht geschafft haben könnte, ließ sie leise aufwimmern und ihre Mutter versuchte es noch einmal mit dem Satz, den sie nun fünf Minuten hinunter geredet hatte, in der Hoffnung Kagome würde aufhören im Sitz hin und her zu rutschen und zu wimmern. „Sie werden dich wählen, Kagome.“ „Mom…“, seufzte sie und presste ihre Lippen aufeinander, um nicht etwas zu sagen, dass ihre Mutter verletzen könnte, denn im Moment zweifelte sie nicht daran einen Gefühlsausbruch zu bekommen und Dinge zu sagen, die sie gar nicht sagen wollte. Aber es war nun Mal etwas anderes in einem Verlag für Sachbücher zu arbeiten, wie es ihre Mutter seit zehn Jahren tat, oder einen Zeitungsartikel zu schreiben, beziehungsweise zu beurteilen. Sie hatte sich seit ihrem ersten Schuljahr um einen Job bei der Schülerzeitung bemüht, denn die Zeitung ihrer Schule war nicht nur eine der bekanntesten und besten Schülerzeitungen Japans, sie war auch dafür bekannt, dass sie sehr kritisch war, was die Journalistenwahl anging. Dies lag daran, dass es außer der Schülerschaft noch Unmengen von anderen Menschen gab, die diese Zeitung lasen, sowie ihr Vater der sie an der Schule angemeldet hatte, damit sie dort einen Job bekommen würde. Seit einem Jahr durfte sie gelegentlich Artikel für die Zeitung schreiben, aber heute wurden die Ergebnisse der letzten Wahl bekannt gegeben und Kagome hatte sich für den Kulturteil als Chefredakteurin beworben. Sie wusste, dass sie keine Chance hatte, Chefredakteurin der gesamten Zeitung zu werden, aber wenn sie es wenigstens für den Kulturteil schaffen würde… „Ich hole dich dann in einer Stunde wieder ab.“ Kagome nickte abwesend und stieg aus dem Auto ohne ihrer Mutter, wie gewöhnlich, einen Kuss auf die Wange zu geben oder eine Abschiedsfloskel zu hinterlassen. Es war ihre letzte Chance diesen Job zu bekommen, die letzte Wahl, die sie miterleben würde, bevor sie die Schule verlassen würde und ihr Vater würde so enttäuscht sein, wenn sie es nicht wenigstens zur Chefredakteurin des Kulturteiles schaffen könnte. Sie wimmerte ein weiteres Mal bei diesem Gedanken, während sie den Schulhof überquerte und Richtung Aula schritt. Oh Gott, oh Gott, oh Gott, war das Einzige, was ihr vernebeltes Gehirn noch zu denken imstande war und sie spürte heute deutlicher als jemals zuvor, ihre Beine, die sich schwer anfühlten und von denen sie glaubte sie würden nachgeben, wenn sie sich nicht komplett auf das Gehen konzentrieren würde. Sie setzte sich auf einen Stuhl in einer der mittleren Reihen und schloss für wenige Sekunden die Augen um sich ein wenig selber zu beruhigen, während sie versuchte ihren aufgeregten Atem unter Kontrolle zu halten. Sie kannte ihre Konkurrenten und wusste, dass sie innerhalb dieser Gruppe nicht die schlechtesten Chancen hatte, wäre da nicht Inu Yasha Taisho gewesen. Der Junge, von dem sie glaubte, er würde die meisten Chancen besitzen, sie in dieser Wahl zu schlagen. Er hatte schon länger Artikel für die Zeitung geschrieben, sie kannte die meisten und wusste deswegen nur zu genau, wie schwer es für sie werden würde, ihn in dieser Wahl auszustechen. Der Noch-Chefredakteur der Zeitung betrat die Bühne, auf der ein Podest aufgebaut wurde, an dem er jetzt die Wahlergebnisse vorlesen würde. Unter den Wählern waren die Chefredakteure der einzelnen Rubriken, sowie der Chefredakteur persönlich, die damit ihre Ämter an den ihnen am geeignetsten erscheinenden Schüler übergeben würden. Kagome blickte sich rasch um, um ihre Konkurrenten auszumachen und nachdem sie die meisten von ihnen gefunden hatte, erblickte sie in der letzten Reihe ihren gefürchtetsten Gegner, Inu Yasha. Dieser Junge war einfach zu perfekt, dachte sie einen Augenblick lang, als er sie bemerkte und ihr fröhlich zu zwinkerte als würde er nicht im geringsten Nervosität verspüren. Sie zwang sich zu einem leichten Lächeln und wandte sich dann schnell von ihm ab, während der groß gewachsene, braunhaarige Chefredakteur die übliche Begrüßung runterbrabbelte. Sie kannte Inu Yasha seit ihrem ersten Schuljahr und sie konnte nicht wirklich sagen, ob sie ihn mochte, denn sie hatten kaum ein Wort miteinander geredet in den letzten Jahren, auch wenn sie manchmal während Gruppenarbeiten dazu gezwungen waren. Es hatte sich sonst einfach nicht ergeben, was seltsam war, weil Sango, ihre beste Freundin, mit Inu Yashas bestem Freund befreundet war. Inu Yasha war nicht nur außergewöhnlich intelligent, sportlich und in fast allen anderen Dingen begabt, jedes Mädchen, dieser Schule musste zugeben, dass er ein atemraubendes Aussehen besaß und dazu einen Charme und eine Redegewandtheit die man bei einem so jungen Mann, wie ihm, kaum erwarten würde. Wem das dann noch nicht genügte um Inu Yasha zu bewundern, oder an zu himmeln, wie es die meisten Mädchen taten, tat es spätestens, wenn er erfuhr, wer sein Vater war und wie verdammt reich er damit sein musste. Ja, Inu Yasha war einfach perfekt, aber trotzdem nicht Kagomes Hauptaugenmerk, wenn es um Jungs ging, denn sie war schon seit Ewigkeiten in Hojo verliebt, mit dem sie sich in letzter Zeit immer häufiger traf und der sie sicherlich heute Abend anrufen würde, um sie zu fragen, wie die Wahl ausgegangen war. „Für den Sportteil…“ Kagome wurde sofort aus ihren Gedanken gerissen, von denen sie nicht begreifen konnte, wie sie in einem Moment wie diesen entstanden waren, als sie bemerkte, dass die Ergebnisse verkündet wurden. „Kommen wir nun zum Kulturteil”, verkündete, der noch Chefredakteur, als der Applaus für den gewählten Redakteur, des Sportteiles abgestorben war. Kagome rutschte ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her und biss sich auf die Unterlippe, um nicht wieder leise zu wimmern. „In dieser Rubrik ist uns die Wahl besonders schwer gefallen, da wir zwei sehr talentierte Anwärter zur Auswahl hatten.“ Nun wimmerte sie leise. „Doch natürlich mussten wir uns entscheiden und unsere Wahl ist dieses Jahr positiv für…“ Ihr Herz drohte zu explodieren. „Inu Yasha Taisho ausgegangen.“ Sie hörte Applaus und spürte, wie dieser Applaus ihr Herz in Fetzen riss. Sie wollte die Aula verlassen, sich in die dunkelste Ecke der Schule verkriechen, als der Redner seine Hand hob und der Applaus abstarb. „Wie gesagt die Wahl ist knapp ausgegangen und zum ersten Mal seit Existenz der Zeitung haben wir uns dazu entschieden, einen Vizeredakteur für eine einzelne Rubrik zu wählen. Dieser wird dem Chefredakteur assistieren und für ihn einspringen, falls es nötig sein müsste. Zu begründen ist diese Entscheidung dadurch, dass Kagome Higurashi einen ebenbürtigen Artikel zur Wahl an uns gereicht hat, der sich nur durch eine Kleinigkeit, und zwar einen Grammatikfehler…“ Kagome spürte, wie ihre Wangen anfingen, vor Scham zu glühen. „Von dem von Inu Yasha Taisho in dem Gehalt unterschieden hatte. Damit darf ich das Amt der Vizeredakteurin des Kulturteiles an Kagome Higurashi vergeben.“ Sie hörte Applaus, ihren Applaus, aber sie war weder stolz noch froh über ihr Amt. Sie hatte es wieder nicht geschafft und ihr Vater, oh ihr Vater, sie wusste wie enttäuscht er sein würde, wenn er erfahren würde, dass seine Tochter wegen eines Grammatikfehlers nur Vizeredakteurin geworden war. Nein, dachte sie traurig, nicht nur enttäuscht, sondern wütend und frustriert. Sie verließ die Aula noch, während der Noch-Chefredakteur die weiteren Ämter vergab. Gott, wie sehr fürchtete sie sich vor dem Anruf heute Abend, den Anruf mit dem sie ihren Vater alle Hoffnungen nahm, dass seine Tochter es noch zu etwas bringen würde. Ihre Mutter würde erst in einer halben Stunde wieder an der Schule sein und somit überlegte sich Kagome an einen Ort zu gehen, an dem sie heute niemand der gleich aus der Aula kam stören würde. Sie wollte keine Lobesreden hören, die hatte sie nicht verdient nicht im Geringsten. Sie machte sich auf den Weg zum Schulhof der Unterstufe, der separat vom Oberstufenschulhof lag, und setzte sich auf eine der Schaukeln, die abseits des Schulhofes, auf einem sandigen Untergrund standen. Kraftlos ließ sie ihre Beine hängen und faltete ihre Hände im Schoss, stierte sie wenige Minuten an, was Kagome wie eine Ewigkeit vorkam und versuchte Tränen zu unterdrücken. Wann könnte sie endlich die Anerkennung von ihrem Vater erhalt… „Hey Higurashi!“, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen und sie erkannte diese tiefe, volle Stimme sofort. Der Junge der Mitschuld an ihrem Unglück trug stand direkt vor ihr und sie blickte auf seine schwarzen Sneaker, ihren Kopf immer noch gesenkt, obwohl es, wie sie recht wohl wusste, unhöflich war ihn nicht zu beachten. Er streckte seine Hand in ihre Richtung aus und Kagome musste unausweichlich ihren Blick anheben, als sie seine Hand annahm und sein „Auf gute Zusammenarbeit!“, mit einem Kopfnicken annahm. Sie hoffte, dass er danach verschwinden würde und sie mit ihrer Angst, ihrer Wut und ihrer Trauer allein lassen würde, und senkte ihren Kopf wieder, um ihm unmissverständlich klar zu machen, dass sie kein Interesse an einer Unterhaltung hatte. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte er schließlich verwirrt über ihr reserviertes Verhalten, denn er kannte dieses Mädchen eigentlich nur, als aufbrausendes, fröhliches Mädchen, das sprach, bevor es dachte… das eigentlich immer sprach. Er hatte beinahe über seinen eigenen Gedanken gelacht, als sie ihren Kopf schüttelte und bevor er weiter nachfragen konnte, sprach: „Würdest du mich bitte alleine lassen?!“ Einen Moment tat er nichts, als auf ihren gesenkten Kopf zu starren, dann hatte er das starke Bedürfnis ihr ein wenig Trost zu schenken, warum auch immer sie so niedergeschlagen war und streckte seine Hand ein weiteres Mal in ihre Richtung aus, diesmal mit dem Ziel ihre Schulter in einer, wie er hoffte, tröstenden Geste zu berühren. Als sie sein Vorhaben bemerkte, hob sie augenblicklich ihren Kopf an und schreckte zurück. „Fass mich nicht an!“, zischte sie, und als sie seine vor Verwunderung aufgerissenen Augen erblickte, wusste sie, dass ihre Worte falsch rübergekommen waren. „’Tschuldige”, nuschelte sie beschämt und biss sich auf die Unterlippe. „Ich…“, weiter konnte sie nicht sprechen, denn wie sollte sie ihm denn erklären, dass sie kurz davor war, in Tränen auszubrechen und das Trost die Sache nicht verbessern würde, wahrscheinlich nur ihre Tränen zum Laufen bringen würde. Sie wusste es nur zu gut, denn sobald ihre Mutter sie in ihre Arme nahm, wenn sie traurig war, konnte sie nichts anderes als all ihrer Trauer freien Lauf zulassen, zu weinen, zu schluchzen und zu schreien und das wollte sie wirklich nicht in seiner Gegenwart tun. Sie senkte ihren Kopf schnell wieder und versuchte den Klos in ihrem Hals hinunterzuschlucken. „Du unterdrückst Tränen”, stellte er trocken fest und Kagome seufzte leise. Sie hatte erwartet, dass er, ein Hundedämon, mit außergewöhnlichen Sinnesorganen (seine Hundeohren bewiesen das), es bemerken würde, aber sie hatte gehofft, dass er sie nicht darauf ansprechen würde. „Willst du irgendetwas Bestimmtes von mir, Inu Yasha? Denn wenn nicht wäre es wirklich toll, wenn du mich alleine lassen könntest.“ „Bist du enttäuscht, weil du nicht zum Redakteur gewählt wurdest?“, fragte er schließlich und Kagome hob ihren Kopf ein weiteres Mal, um ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn in diesem Moment für den Kommentar verachtete. „Fahr zur Hölle!“, fauchte sie und drückte ihre Hände in die kalten Ketten der Schaukel, damit er nicht bemerken konnte, wie sehr sie zitterten. „Aber, aber… Higurashi deine Ausdrucksweise”, sagte er belustigt und Kagome drehte wütend ihren Kopf zur Seite. Er konnte es spüren ihre Trauer, er roch nur zu deutlich das Salz ihrer Tränen, gemischt mit dem Salz des Angstschweißes, was nicht bedeutete, dass er ihren Geruch unangenehm fand; sie war schon immer eines der Mädchen gewesen, dessen Geruch ihm gefallen hatte, manchmal sogar angezogen hatte. „Komm schon Higurashi, sprich mit mir”, bettelte er, als sie minutenlang zur Seite gestarrt hatte, als würde sie ihn abgrundtief hassen für das, was er gesagt hatte. „Worüber?“, zischte sie schließlich ohne ihn anzublicken. „Über das was dich bedrückt”, erwiderte er schnell und ging einen Schritt auf sie zu. Wenn sie sich weiterhin so stur anstellen würde, dann müsste er sie halt berühren, um sie aus der Reserve zu locken. „Wieso willst du das wissen?“ Ihre Stimme war ruhiger und er glaubte, dass sie nun ein wenig umgänglicher werden würde, solange er keinen falschen Schritt machen würde. „Ich mag es nicht, wenn Mädchen Tränen unterdrücken und schon gar nicht, wenn hübsche Mädchen Tränen unterdrücken”, sagte er sanft und freute sich über den hübschen Rotstich, den ihren Wangen mit seinen Worten verpasst hatte. „Oh bitte Inu Yasha, schleim woanders rum”, sagte sie, obwohl sie wusste, dass ihr Blut sie mal wieder betrog und in ihr Gesicht geschossen war. Man, dachte er und verdrehte die Augen, dieses Mädchen war echt anstrengend. Nun ließ er ungeachtet ihrer Warnung vor wenigen Minuten seine Hand auf ihre Schulter sinken, und obwohl sie zusammenzuckte, schreckte sie diesmal nicht zurück. „Lass das bitte…“, flehte sie ihn an und nun war ihre Stimme brüchig und der Geruch ihrer Tränen so präsent, dass er glaubte, sie würden jede Sekunde über ihre Wange laufen. „Kagome…“, sprach er sanft und es war das erste Mal, dass sie ihn ihren Namen sprechen gehört hatte und in diesem Moment spürte sie wie die ersten Tränen ihren Weg nach draußen gefunden hatten und über ihre Wange glitten. „Bitte, Inu Yasha, bitte nimm deine Hand von mir.“ Sie wischte sich mit diesen Worten schnell die Tränen aus dem Gesicht, aber es war im Angesicht der Tatsache, dass immer mehr Tränen einen Weg nach draußen fanden, eine simple Sisyphusarbeit gewesen. „Kagome…“ Ihr Name hörte sich so wundervoll an, wenn er von seinen Lippen kam, so voll und hell; sie glaubte nicht, dass jemals jemand so ihren Namen ausgesprochen hatte und wenn doch, dann nie in ihrer Gegenwart. Er legte seine andere Hand auch auf ihre freie Schulter, und während ihre Tränen liefen, sah er sie nur an schüttelte mit dem Kopf, jedes Mal, wenn sie ihre Hand hob, um sie von ihren Wangen zu wischen. Zusätzlich zu der Tatsache, dass ihre Tränen mit der Zeit versiegten verfestigte sich der Gedanke, dass kein Mensch sie jemals zuvor auf diese seltsame Art und Weise getröstet hatte und dass diese Art von Trost, so merkwürdig sie auch war, wirklich half, wirklich half, ihre Angst wenigstens für den Moment zu überwinden. Als keine Tränen mehr kamen, nahm er seine Hände von ihren Schultern und trat wieder einen Schritt zurück ohne seine Augen von ihren zu nehmen. Sie sprachen nicht miteinander bis Kagome die Stimme ihrer Mutter hörte und erschrocken versuchte, alle Tränenspuren mit ihren Händen zu verwischen. „Warte”, sagte er schlicht und nahm ihre Hand in seine, fuhr mit seiner freien Hand über ihre Wangen und lächelte, als sie wieder rot anlief unter seinen Berührungen. „So, besser. Keiner wird bemerken, dass du geweint hast.“ Sie wusste nicht wirklich, was sie darauf erwidern sollte, aber sie musste zugeben, dass seine warmen, rauen Hände keineswegs unangenehm auf ihrer, von dem Wind, der ihre Tränen getrocknet hatte, kühlen Haut gewesen waren. „Danke”, brachte sie schließlich raus, stand auf und ging an ihm vorbei, bevor er noch etwas anderes tun, oder sagen konnte. Er blickte ihr stumm hinterher und er brauchte sich gar nicht erst die Frage stellen, weshalb er sie getröstet hatte, die Antwort darauf kannte er schon länger, als es irgendjemand erwarten würde. Als Kagome am nächsten Morgen erwachte, fiel ihr erster Blick auf ihr schurloses Telefon auf ihrem Nachttisch. Ihr Vater war wie erwartet außer sich gewesen, als sie ihm notgedrungen beichten musste, dass sie es wieder nicht zur Redakteurin geschafft hatte und obwohl sie bei seinen Worten wieder den Tränen nah war, hatte sie keine mehr vergossen. Schließlich hatte sie sich von ihm verabschiedet und Hojo angerufen in der Hoffnung er würde sie ein wenig aufbauen, doch Hojo hatte ihre Enttäuschung überhaupt nicht verstanden, und nachdem er meinte, der Job einer Vizeredakteurin, wäre doch mehr als sie hätte erwarten können ließ sie das Thema fallen und sprach die restliche Zeit nur mehr über sein heutiges Fußballtraining und ließ ihre Gedanken zu der Person schweifen, die sie wirklich getröstet hatte. Inu Yasha… Es war seltsam, sie hatte sich zuvor keinerlei Gedanken über ihn gemacht und sie war auch nie sonderlich interessiert an ihm oder einem Gespräch mit ihm gewesen, doch jetzt konnte sie nicht vergessen, wie sich ihr Name aus seinem Mund angehört hatte und sie errötete bei dem Gedanken daran, was seine Lippen wohl sonst noch besser tun könnten, als zum Beispiel die von Hojo, der ihr gerade erzählte, wie er ein unglaubliches Tor geschossen hatte. Sie schüttelte unwillkürlich den Kopf, als sich der Gedanke verfestigte, und hätte beinahe leise aufgeseufzt. Sie wusste sie musste sich keinerlei Chancen bei jemandem wie Inu Yasha ausrechnen und schon allein der Gedanke daran, dass er sie küssen würde, war zu bizarr, als dass sie sich weiter darüber den Kopf zerbrechen sollte. Abgesehen davon war sie schon seit Jahren in Hojo verliebt und jetzt wo sie die Möglichkeit hatte, ihm näher zu kommen, konnte sie das nicht kaputtmachen, in dem sie sich falsche Hoffnungen bei einem Jungen machte, den sie erstens kaum kannte, der zweitens weit außerhalb ihrer Liga war und der drittens wahrscheinlich schon lange vergeben war. Doch auch als Hojo schon lange aufgelegt und sie sich schlafen gelegt hatte war es nicht Hojo, sondern Inu Yasha gewesen an den sich dachte, der Junge der ihr gestörtes Herz für wenigstens einige Minuten geheilt hatte, als hätte er es feinsäuberlich zusammengenäht, damit der nächste Anruf mit ihrem Vater es nicht wieder so schnell zerreißen konnte. Es war Wochenende, aber das bedeutete für Kagome keineswegs, dass sie sich entspannen, oder ausruhen konnte. Um zehn Uhr machte sie sich auf den Weg zu ihrem Nebenjob in der Bibliothek, und als sie um 15 Uhr Feierabend hatte, ging sie wieder nach Hause und fuhr mit dem Auto in den Nachbarort, um ihren kleinen Bruder von seinem Fußballtraining abzuholen. Ihre Laune war seit dem gestrigen Tag so schlecht, dass Sota es zunächst nicht einmal wagte, seine Schwester anzusprechen, während sie nach Hause fuhren und Kagome bemerkte das ziemlich schnell. Sie wollte ihre Reizbarkeit nicht an ihrem kleinen Bruder auslassen und um ihn ein wenig aufzumuntern bot sie ihm schließlich an, an einem Supermarkt zu halten und ihm ein Eis zu kaufen. Diese Entscheidung bereute sie aber schnell, als vor ihr an der Kasse der Junge stand, über den sie sich in den letzten Stunden den Kopf zerbrochen hatte und das in der Begleitung eines hübschen Mädchens, das sich aufgeregt mit ihm über einen Film unterhielt, den sie gerne sehen wollte. Im ersten Moment überlegte sie sich, die Kasse einfach zu wechseln, aber da hatte Sota schon sein Nuss Eis auf das Band gelegt und Inu Yasha sie entdeckt. „Higurashi!“, sagte er überrascht und Kagome zwang sich zu einem Lächeln, als er ihr das Mädchen neben ihm vorstellte. „Kikyo das ist Kagome das Mädchen das, das Amt der Vizeredakteurin bekommen hat und mir assistieren wird.“ Kikyo nickte höflich und musterte Kagome einen Augenblick und blickte dann uninteressiert zur Seite. Sie hat sich wohl davon überzeugen müssen, dass ich keine Konkurrenz für sie bin, dachte Kagome entrüstet. „Kagome das ist Kikyo eine gute Freundin von mir”, sprach Inu Yasha, der Kikyos Verhalten vollkommen ignorierte. Einen Moment blickte ihr Kikyo wieder genau in die Augen, dann schien sie sich ein weiteres Mal davon überzeugt zu haben, das Kagome keine Gegnerin in einem Kampf um Inu Yasha sein würde, und blickte wieder zur Seite. Kagome selbst war ein wenig sprachlos, bis Inu Yasha seine Aufmerksamkeit auf die kleine Person lenkte, die neben ihr stand. „Und wer bist du kleiner Mann?“, fragte er schließlich, weil es nicht so aussah, als würde Kagome ihm ihn bald vorstellen. „Das ist mein Bruder Sota”, sprach Kagome, bevor Sota etwas erwidern konnte, aber er nickte eifrig, als Kagome ihn vorgestellt hatte. Inu Yasha ging in die Knie und musterte ihn eine Weile, dann lächelte er und fragte besonnen: „Du spielst Fußball, ja?“ Sota nickte ein weiteres Mal und in diesem Moment fiel Kagome ein, dass Inu Yasha das Fußballteam der Jungs zwischen 6 und 10 Jahren in ihrem Ort trainierte. „Aber im Nachbarort”, beantwortete Kagome seine stumme Frage und Inu Yasha erhob sich wieder und fuhr Sota spielerisch durchs Haar. „Du solltest lieber in mein Team kommen, dann hast du es nicht so weit”, sagte er und nahm seinen Blick von ihrem Bruder und sah sie wieder an. „Wir sollten schon Montag die Arbeit aufnehmen, denkst du nicht Higurashi?“, fragte er während Kikyo die Lebensmittel in einen Rucksack packte, die über das Band liefen. Kagome nickte stumm und versuchte ihre Enttäuschung zu verdrängen, die sich breitmachte, als er sie wieder nur bei ihrem Nachnamen nannte. „Gut, dann treffen wir uns um vier in der Redaktion. Ich habe gehört, dass wir ein eigenes Büro bekommen, wird wahrscheinlich etwas eng zu zweit, aber dafür auch lustiger, nicht?“ Er lächelte fröhlich, und gerade als Kagome etwas erwidern wollte, zog Kikyo an seinem Ärmel um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er bezahlen musste. „Oh Moment”, sagte er zu niemand bestimmten und suchte sein Portemonnaie in seiner hinteren Hosentasche. Kagome beobachtete ihn dabei, wie er der Kassiererin die Kreditkarte überreichte und sie diese gelangweilt durch den Schlitz zog. Inu Yasha hatte sicherlich nie Schwierigkeiten an Geld zu kommen, dachte sie und nickte Inu Yasha noch einmal zu, als er fragte ob vier Uhr dann in Ordnung gehen würde. Sie sah Inu Yasha und seiner Begleitung hinterher, als sie durch die elektrische Schiebetür gingen, und spürte Neid aufkommen, als sie sah, wie Inu Yasha seine Hand sanft auf die Unterseite von Kikyos Rücken legte. Nicht nur, dass diese Kikyo um einiges hübscher und eleganter aussah, als sie selbst, Kagome dachte in diesem Moment daran, dass Hojo sie noch nie so sanft und vorsichtig berührt hatte wie Inu Yasha Kikyo. Fast wären ihre Gedanken wieder vollkommen abgedriftet, doch noch bevor sie sich überhaupt vorstellen konnte wie es sich anfühlen würde an Kikyos Stelle zu sein zog Sota aufgeregt an ihrem Rock und sie stellte beschämt fest, dass die Kassiererin mal wieder darauf wartete, bezahlt zu werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)