Rayos Reise von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Reise in die fremde Welt ----------------------------------- Konnichi wa! Hier ist Tara(wieder mal unter Amys Nick)... In diese FF habe ich alle meine überschüssigen Ideen gesteckt! Ich habe eine kreative Phase! Mir fällt zu viel ein! Also muss ich das irgendwo rauslassen und so ist die FF entstanden! Ich hatte mal Lust eine Shônen-Ai zu schreiben! Also, lasst sie euch schmecken! ^^ "..." Gesprochen >...< Gedacht Rayos Reise Rayo richtete sich etwas auf, um über die gestapelten Kisten, über die er sich geflüchtet hatte, einen Blick auf seine Verfolger zu erhaschen. Er wusste nicht mehr, was er tun sollte. Allein, was in den letzten Stunden geschehen war, brachte ihn beinahe um den Verstand. Vielleicht träumte er ja? Er wusste nur noch, dass er in diesen komischen Schuppen gegangen war, der hinter dem verlassenen Bauernhof lag, der ihm aufgefallen war. Doch etwas war seltsam gewesen und Rayo hatte sich schwindelig gefühlt. In dem Schuppen war eine Kraft gewesen - anders konnte Rayo es sich nicht erklären - die ihn irgendwohin gezogen hatte. Genauer gesagt, hierhin! Als er die Augen geöffnet hatte, sah er Leute, laute Stimmen. Die heiße Sonne hatte auf ihn niedergeschienen, doch die Stimmung um ihn herum schien ausgelassen. Sie registrierten ihn nicht im Mindesten. Er stand wohl eindeutig auf einem Markt. Aber... wie kam ein sechzehnjähriger Schüler auf einen mittelalterlichen Markt? Rayo hatte erst einmal nur den Kopf schütteln können. War er womöglich hingefallen und hatte das Bewusstsein verloren? War das ein Traum? Ein schmerzhafter Rempler von hinten überzeugte ihn vom Gegenteil. Das musste echt sein! "Aus dem Weg, Bursche!" Ein alter bärtiger Mann mit Esel am Halfter drängte sich an ihm vorbei. Seine Stimme war jedoch nicht die Einzige, die man hier hören konnte. Der Lärm war beinahe unerträglich. Zwanzig Händler gleichzeitig priesen ihre Waren an und versuchten sich gegenseitig zu übertönen. Die Kunden riefen den Händlern ihre Wünsche zu und das in einer Lautstärke, die der der Händler in nichts nachstand. Ein richtiger Markt! Und er roch auch so! Fürchterlich. Der Pferdedung schien sich krampfhaft mit Schweiß und alterndem Fisch messen zu wollen. Schlimm.. Rayo wich etwas in den Schatten zurück und ließ sich an einer Wand zu Boden sinken. Was war nur los? Wieso passierte gerade ihm das? Eine Stunde musste er hier ungefähr gesessen haben. Es dunkelte leicht und die meisten verließen den Markt bereits, während die Händler ihre Stände abbauten. Rayo stand auf. Er konnte hier nicht so sitzen bleiben. Er lief in eine Gasse hinein. Immer weiter. Vielleicht würde er hier einen Ausgang finden! Einen Ausgang nach Hause! Dann würde er sich erst einmal ein großes Glas Cola genehmigen... oder gleich zwei! Sein Hals schien wie ausgetrocknet! Es war aber auch heiß! Obwohl es bereits dämmerte. Drei Gestalten versperrten ihm plötzlich den Weg. Ziemlich große Gestalten und sie schienen ihm nicht gerade freundlich gesonnen zu sein! Und so war er schließlich nach einer ganzen Weile zwischen diesen Kisten gelandet. Seine Verfolger suchten ihn vergeblich, schienen aber auch keine große Lust mehr zu haben, ihn weiter zu verfolgen. Und tatsächlich - Sie drehten bald ab und verschwanden wieder im Dunkel der Gassen. Na, toll! Und wohin jetzt? Rayo stand vorsichtig auf. Die drei fiesen Gestalten in der zerschlissenen Kleidung, die er eindeutig als Teil einer Straßenbande identifiziert hatte, mussten ja nicht die einzigen finsteren Leute sein, die hier rumlungerten. Ihm waren solche mittelalterlichen Gassen wirklich nicht geheuer! Aber hier bleiben konnte er auch nicht! Er musste hier weg! Raus aus dieser Stadt! Nur, wenn er aus dieser Stadt geflüchtet war, wohin sollte er dann gehen? Was, wenn es draussen noch viel schlimmer war? Wölfe oder etliche anderen Tiere konnten da im Unterholz lauern! Das wäre gar nicht sein Ding! Oder... Schlangen!!! Wie Rayo es auch drehte und wendete, er fand einfach keine angenehme Lösung, die ihm Zeit gab, bis er einen Weg zurück nach Hause gefunden hatte. Er kam nach einigen Wandern zurück auf den Markt, der inzwischen ziemlich leer war. Zwei Nonnen liefen an ihm vorbei, ohne ihm auch nur einen Blick zu schenken. Dann musste hier in der Nähe also ein Kloster sein! Mitten in der Stadt? Rayo folgte ihnen. Ihm war eine verrückte, riskante und ziemlich dämliche Idee gekommen. Wenn sie aber klappte, würde er etwas Zeit bekommen! Man hatte ihm schon immer nachgesagt, er habe weiblichere Gesichtszüge als andere Jungen und verhöhnt hatte man ihn auch schon oft deswegen. Konnte er als Mädchen verkleidet, beim Kloster um Asyl bitten? Sein längeres Haar musste nur etwas nach vorne geschoben werden. Er hasste es, als niedlich bezeichnet zu werden, aber diesmal konnte ihn sein niedliches Gesicht vielleicht das Leben retten! Seine Stimme verstellen konnte er auch recht gut! Jetzt mussten nur die Klosterfrauen darauf reinfallen! Er angelte sich im Vorbeigehen ein langes Gewand von einer Wäscheleine, die Unvorsichtigerweise ziemlich tief über die Straße hing und schob sich, die Nonnen weiterhin beobachtend, in eine enge Gasse. Er warf sich das Gewand über, das seine Körperproportionen und sein halbes Gesicht verdeckte. Die schwarze Wuschelmähne lugte etwas unter dem über den Kopf gezogenen Gewand hervor und mit einem zufriedenen Blick in eine Wasserpfütze - er hoffte zumindest, dass es Wasser war - trat er aus dem Gang hervor, lief absichtlich mit kleineren und tapsigeren Schritten, um auch wie ein Mädchen zu wirken. Die beiden Nonnen öffneten ein großes Tor und überrascht stellte Rayo fest, dass da die Stadt zu enden schien. Eine offene Fläche breitete sich vor ihm aus. Und in der Ferne ragte ein großes Schloss in den Himmel. Rayo hatte noch nie ein richtiges Schloss gesehen. Der weiße Marmor der Türme wirkte irgendwie rot in der untergehenden Sonne, was Rayo sehr verblüffte. Es leuchtete richtig. Beinahe hätte er die beiden Nonnen vergessen. Die liefen auf ein etwas abseits stehendes, umzäuntes Haus zu. Rayo beeilte sich, ihnen zu folgen und holte sie gerade ein, als sie das Tor erreichten. Schnell ließ er sich vor ihnen auf den Boden fallen und senkte den Kopf, damit sie sein Gesicht nicht allzu deutlich sahen. "Ich... ich bitte um Asyl!", flüsterte er mit verstellter Stimme. Er spürte den musternden Blick der beiden Nonnen auf sich ruhen. Ob sie wohl auf seine Maskerade hereinfielen? "Um Asyl?", fragte die eine Nonne mit rauchiger und kratziger Stimme. "Ja, bitte... ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll!" "Mädchen!", sprach die andere, jüngere Nonne mit sanfter Stimme. "Bist du von zu Hause weggelaufen?" "Nein, ich möchte nur für die Nacht um Asyl bitten, um morgen nach Hause gehen zu können! Die Stadt ist aber zu gefährlich und ich habe kein Geld!" Rayo fühlte sich in der Rolle eines Mädchens sehr unwohl, dennoch schien seine kurze Rede zu überzeugen. "Okay, ich gewähre Ihnen Asyl, Miss..." Die alte Frau stockte erwartend. "Ray... Raya..." "...Miss Raya." Rayo sah auf und blickte in das lächelnde Gesicht der alten Frau. Kein Erschrecken beim Anblick Rayos war in ihren Augen zu erkennen. "Nennen Sie mich Schwester Thera! Ich leite dieses Haus!" "Ich danke Ihnen, Schwester Thera!" Rayo senkte den Blick wieder. Er war etwas beschämt über seinen Auftritt, doch sie schienen nichts bemerkt zu haben. >Was, wenn sie mich bittet, meinen Umhang abzulegen, oder zu baden?< "Ich möchte nur etwas schlafen, ich werde früh wieder gehen!", versicherte er schnell. "Machen Sie sich deshalb mal keine Sorgen, Miss Raya!", lächelte Schwester Thera und öffnete das Tor. Damit war Rayos Tag auch schon so gut wie zu Ende. Man zeigte ihm sein Zimmer und ließ ihn auf seinen Wunsch hin allein. Es war ein bescheiden eingerichteter Raum, aber zum Schlafen reichte er. Und schlafen konnte Rayo gut! Er erwachte erst am späten morgen wieder. Den Umhang hatte er nicht abgelegt. Vorsicht konnte nie schaden. Sollte er nicht doch vielleicht hier bleiben? Vorerst wenigstens? Aber er hatte gestern gesagt, er würde sofort wieder gehen. Jetzt konnte er seine Meinung nicht einfach so ändern! Ein Grollen seines Magens machte ihm deutlich, wie misslich seine Lage wirklich war. Verdammt misslich! Er hatte weder Geld, noch Essen und auch ein Schlafplatz fehlte vollkommen. Er konnte sich nicht jede Nacht in einem Kloster als Mädchen verstecken! Leise stand Rayo auf und öffnete die Tür. Der Flur war leer. Der leise Gesang von Kirchenglocken kam ihm zu Ohren. Wo war bloß der Ausgang gewesen? Gestern war er total übermüdet und panisch den Schwestern hinterhergetappt und konnte sich zu seinem Leidwesen nicht mehr an den Weg erinnern. >Verdammt! Ich weiß nur, dass die Tür links war, also muss ich den rechten Gang nehmen. Aber wohin jetzt?< "Da sind Sie ja, Miss Raya!" Rayo zuckte zusammen. "Oh, Schwester Thera!" Er machte einen leichten Knicks. Zum Glück hatte er diesen Umhang um, sonst würde man deutlich sehen, dass er das nicht konnte. "Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nacht!" "Sie wollen doch nicht schon wieder gehen?" Schwester Thera warf einen Blick auf den Umhang. "Doch, leider kann ich nicht mehr bleiben!" Rayo senkte den Blick. "Dann verpassen Sie aber den königlichen Besuch!" Schwester Thera klang etwas verblüfft. "Der Prinz persönlich wird unser bescheidenes Heim besuchen. Deshalb haben wir gestern noch ein paar letzte Einkäufe getätigt! Ich hatte gedacht, dass Sie deshalb hier um Asyl gebeten hätten und mich schon ein wenig geärgert..." "Nein, bestimmt nicht..." Rayo war verwundert über die Offenheit Schwester Theras. "Ich wollte jetzt eigentlich gehen!" Schwester Thera lachte vergnügt. Sie klatschte einmal in die Hände und griff dann nach seinem Arm. "Jetzt möchte ich, dass Sie bleiben! Das sind wir Ihnen schuldig! Wir haben Sie zu Unrecht verdächtigt!" Sie zog Rayo in eine Art Speisesaal. "Wir haben auch noch etwas zu Essen, also... Sie müssen hungrig sein, Miss Raya!" Rayo spürte seinen Magen knurren. Ja, hungrig war er. Ungewollt hatte er auch schon eine Zustimmung ausgesprochen. >Nein! Jetzt muss ich auch noch warten, bis der Prinz kommt! Und bis er wieder geht!< Thera schien wirklich beschämt zu sein. Sie, eine Nonne, die Leiterin dieses Klosters, hatte ein armes hungriges Mädchen verdächtigt, dem Prinzen nachlaufen zu wollen. Aber der Prinz sah auch wirklich gut aus, das wusste sie, das wusste das ganze Land. Mit einem stillen Lächeln betrachtete sie das verwirrte Gesicht ihrer hübschen Besucherin, die das bescheidene Essen auf ihrem Teller anstarrte, als wäre es ein Festmahl. Sie würde dem Prinzen bestimmt auch gefallen - dieses aussergewöhnliche Gesicht, diese leicht fremden Züge... Nur ihre Hände waren etwas zu groß für die eines Mädchens, das sah man gerade jetzt, als sie zu Essen begann, besonders deutlich. Das arme Ding, da hatte das Schicksal sie gestraft! Doch sie schien nicht viel zu arbeiten, ihre Haut war hell und die Hände nicht abgearbeitet... waren ihre Eltern wohlhabend? >Mann, wenn die wüsste, dass ich ein Junge bin... die würde mich mit einem Tritt vor die Tür setzen! Oder schlimmer...< Rayo vertilgte das karge Mahl absichtlich langsam, damit er nicht reden musste. Doch Schwester Thera schien auch nicht darauf aus zu sein, ihn mit Fragen zu durchbohren. Vielleicht spürte sie, dass er nicht reden wollte. Als er fertig war, wurde das Schweigen langsam unangenehm. Er wollte gerade etwas sagen, als die Tür aufgestoßen wurde und eine aufgeregte Nonne in das Zimmer gestürmt kam. "Er ist da! Der Prinz ist da!" Sie lachte etwas dümmlich und hüpfte auf der Stelle herum. Schwester Thera ließ sie mit einem strengen Blick verstummen und stillstehen. "Verzeiht, Schwester Thera, aber ich glaube, Ihr solltet jetzt zu ihm gehen, er wartet im Empfangssaal!" "Kommen Sie, Miss Raya!" Thera stand auf und schritt zur Tür. Rayo folgte ihr. Aus dem Augenwinkel sah er, wie die andere Nonne ihnen ebenfalls folgte, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. >Was mache ich jetzt... Wieso muss auch gerade heute ausgerechnet der Prinz in diesem Kloster auftauchen und mich in eine so blöde Lage versetzen! Blöd ist ja noch kein Ausdruck... Nun, aber wenigstens habe ich was zu Essen bekommen!< Sie betraten den Empfangssaal. Rayo hielt den Blick gesenkt, damit nicht jeder in dem Raum sein Gesicht sehen konnte. Gedämpfte Stimmen sprachen. Es schien jeder in dem Kloster Lebender in diesen Raum gekommen zu sein. Nur, weil der Prinz vorbeikam? "Setzen Sie sich dorthin, Miss Raya..." Schwester Thera deutete auf einen Stuhl und setzte sich auf den daneben. "Die Mutter spricht gerade mit dem Prinzen.", flüsterte sie dann. "Sie ist dem Tode nahe und es war ihr letzter Wunsch, noch einmal mit ihm zu reden. Ich weiß nicht warum, dabei kannten sie sich gar nicht. Oder... der König kannte sie aus Kindertagen, vielleicht wollte sie seinen Sohn einfach noch einmal kennenlernen, bevor sie von uns geht... der König hat ihr den Wunsch erfüllt und seinen Sohn hierher geschickt!" >Wen interessiert das schon...< Trotzdem nickte Rayo höflich. Er hob nun endlich den Kopf, um sich umzusehen. Ein Bett stand in dem Raum und die murmelnde Stimme kam vom Bett. Dort lag die Mutter... sie hielt die Hände des Prinzen umfasst, doch der Griff schien nicht fest. Hatte sie keine Kraft mehr? Noch nie hatte Rayo jemanden gesehen, der so kurz vor dem Sterben lag. Ihr ergrautes Haar war offen und der ganze Körper erschlafft. Doch noch immer redete die Todgeweihte. Und der Prinz... Rayo riss sich vom Anblick der sterbenden Frau los und musterte den Prinzen. Er sah wirklich gut aus, kein Wunder, dass man ihn verdächtigt hatte. Dem mussten ja alle Mädchen nachlaufen! Wildes, pechschwarzes Haar umrahmte das schöne Gesicht des Prinzen. Er wirkte irgendwie kalt. Der Anblick der sterbenden Mutter schien ihn nicht zu berühren. Doch irgend etwas hatte er an sich, das Rayo erröten ließ. Er spielte die Rolle eines Mädchens und nun errötete er auch noch wie eines! Peinlich! Und gerade in diesem Augenblick wandte der Prinz den Kopf um und sah ihn direkt an - mit diesen stechend klaren grauen Augen. Hatte er seinen Blick gespürt? Rayo stellte entsetzt fest, dass er der einzige hier war, der den Prinzen ansah, die anderen blickten züchtig zu Boden, oder zur Seite. Auch er senkte den Blick wieder. Doch der Anblick von eben ließ ihn nicht mehr los. Was hatte er in den grauen Augen gesehen? Verwirrung? Ärger? Nein, nicht wirklich Ärger, eher Unbehagen. Er war es wohl nicht gewohnt, so angestarrt zu werden. Erst recht nicht in einem Kloster! "Sie sind ja ganz rot, Kind!", lächelte Schwester Thera neben ihm. "Ich wusste, er würde Ihnen gefallen! Sie haben ihn wirklich noch nie gesehen?" "Woher wissen Sie...?" Rayo wagte es nicht, ihr zu widersprechen und zu sagen, er würde ihm nicht gefallen... denn welchem Mädchen gefiel dieser Junge nicht? "...dass Sie ihn noch nie gesehen haben?" Schwester Thera lachte leise. Noch immer unterhielten sie sich im Flüsterton. "Jedes Mädchen hätte mich angebettelt, hierbleiben zu dürfen, aber Sie nicht und deshalb wollte ich auch so unbedingt, dass Sie ihn sehen! Ich liebe es, junge Mädchen dabei zu beobachten, wenn sie den Prinzen zum ersten Mal sehen! Sie sind alle gleich!" >Oh, Mann! Gut, dass ich rot geworden bin< Die alte Frau stand plötzlich auf. "Wir verlassen den Raum jetzt, die Mutter braucht Ruhe!" Alle anderen waren schon dabei, das Zimmer zu verlassen. Warum besuchten sie die Mutter im Empfangssaal? Seltsam, aber er kannte sich hier eben nicht aus. "Schwester Thera?" "Oh, Prinz Daron!" Die Schwester lachte wie immer. "Sie sind wirklich ein hübscher Bursche, so wie man es sich überall erzählt!" >Sie nimmt sich wirklich kein Blatt vor den Mund< Rayo entfernte sich ein Stück und beobachtete misstrauisch das Gespräch der beiden. Der Prinz schien ein wenig verärgert über die Offenheit der Schwester, redete aber eindringlich auf sie ein. Plötzlich bemerkte er, dass sie zu ihm herübersahen. Warum denn das? >Beschwert der blöde Prinz sich jetzt etwa über mich, weil ich ihn eine Sekunde zu lange angesehen habe? Doofer Typ!< "Miss Raya? Kommen Sie mal herüber?" Widerwillig folgte er der Aufforderung, spürte der durchdringenden Blick des Prinzen. Er warf ihm einen bösen Blick zu, der mit höchster Verwunderung registriert wurde. >Tja, Alter! Das hast du nicht erwartet, was? Dass dir ein Mädchen mal einen Killerblick schickt!< "Ich möchte Ihnen Prinz Daron Troya vorstellen. Prinz, das ist Miss Raya. Sie hat um Asyl gebeten und hatte vor am heutigen Tage wieder abzureisen." "Ganz genau!", stimmte Rayo bissig zu. Es fiel ihm schwer, bei seiner Wut noch die Stimme zu verstellen. "Und ich habe es furchtbar eilig! Ich muss noch vor Anbruch der Nacht daheim sein! Also muss ich mich wohl schon wieder verabschieden! Schwester! Prinz Daron Troya!" Er machte einen Knicks, dessen Misslingen wieder nur der weite Umhang verbergen konnte. Der Griff des Prinzen um seinen Arm hielt ihn auf, als er sich gerade umgedreht hatte und gehen wollte. Die Stelle, die er berührte, prickelte leicht, als züngelte eine warme Flamme über seine Haut. Rayo hielt den Atem an. Langsam drehte er sich wieder zu dem Prinzen um. Er war sauer. Was maßte dieser Blödmann in der schicken Rüstung sich da eigentlich an? Er war doch bloß ein Prinz! Und nicht der König. "Prinz Daron wollte Sie bitten, ihn auf sein Schloss zu begleiten...", erklärte Schwester Thera leicht verwirrt, aufgrund Miss Rayas kühlen Blickes, als diese sich jetzt wieder zu Prinz Daron umdrehte. >Nicht zu fassen, diese Anmaßung! Als ob ich nichts besseres zu tun hätte!< "Tut mir aufrichtig leid, werter Prinz!" Sein Blick schoss giftige Pfeile, doch die Stimme blieb entschuldigend. "Meine Eltern erwarten mich, ich hätte schon längst zu Hause sein müssen, aber leider bin ich wohl zu lange bei meinen Verwandten geblieben und habe es nicht geschafft, rechtzeitig mein Heim zu erreichen. Es wird langsam Mittag, ich muss also los..." "Ich schicke jemanden zu dir, der deinen Eltern die Lage erklärt und sie beruhigt!" Die samtweiche, aber feste Stimme ließ Rayo bis ins Innerste erbeben, dennoch schoss er weiterhin Blicke, die ihn auf der Stelle getötet hätten, würde das gehen. "Nein, nicht nötig, ich ziehe es vor nach Hause zu gehen! Mein Verlobter ist bestimmt ausser sich vor Sorge!" Die Augen des Prinzen zogen sich zu Schlitzen zusammen. "Das ist aber schade für ihn!" >Mistkerl!< "Aber Prinz Daron!", keuchte Schwester Thera entrüstet. "Das könnt Ihr nicht machen." "Ach, kann ich nicht?" Die grauen Augen ließen Rayo nicht los, es war, als wollte er ihn festnageln. >Mich kannst du nicht einschüchtern!< Rayo blieb standhaft, funkelte den Prinzen zornig an und riss dann mit einem Ruck seinen Arm los. Daron war viel zu verblüfft, um ihn festzuhalten. Wer leistete dem Prinzen schon Widerstand? >Ich!< Er wirbelte herum und stürmte zur Tür hinaus. Dort, der lange Gang... Zur Tür hinaus... Ja, draussen! Rayo sprang ins Gebüsch, riss sich den Umhang herunter und kletterte auf einen Baum. Da er auf einem Bauernhof aufgewachsen war, hatte er logischerweise als Kind auch gelernt, auf Bäume zu klettern. Doch seit sie in die Stadt gezogen waren, musste er etwas aus der Übung gekommen sein, Mit Mühe erreichte er einen höheren Ast und versteckte sich halb hinter dem Grün der Bäume. Da lief auch schon der Prinz zum Tor hinaus. >Blödmann!< Er suchte hektisch die Gegend ab, doch da würde er lange suchen dürfen - Miss Raya gab es nämlich nicht! Die etwas langsamere Schwester Thera kam ebenfalls zur Tür hinaus und Betrachtete den jungen Prinzen, der kaum älter als Rayo selbst sein konnte, beim Absuchen der Büsche und der näheren Umgebung. "Was tun Sie denn da?", fragte sie leicht säuerlich. "Sie ist verlobt, da haben Sie nicht das Recht, die junge Miss Raya mitzunehmen! Ach, wenn ich das vorher gewusst hätte..." "Klappe! Ich mache, was ich will!" Der Prinz rief einem Jungen, der ein paar Schritte entfernt wartete zu, er solle ihm sein Pferd holen. Rayo lachte leise in sich hinein. Daron stieg auf und ritt nun langsam in seine Richtung. Rayo musste sein Lachen unterdrücken, doch dann rutschte er fast ab. Mit knapper Not konnte er sich in den Zweigen halten, hing aber nun kopfüber vom Baum herunter. Und obwohl die Welt Kopf stand, erkannte er wie Daron zu ihm hochsah und sein Pferd, einen kräftigen schwarzen Hengst, stoppte. "Hey, du da oben!", rief er. Rayo zog sich schnell hoch und kroch hinter die Zweige zurück, so, dass man ihn nicht mehr genau sehen konnte. "Ja?" Seine normale Stimme zu hören war etwas seltsam, nachdem er die ganz Zeit so mädchenhaft geredet hatte. "Hast du ein junges Mädchen mit Umhang hier vorbeilaufen sehen?" "Eins auf einem Pferd?", fragte Rayo und musste sich beherrschen, um nicht dabei zu lachen. "Kann sein... hast du denn jetzt, oder nicht?" Der Prinz klang verärgert. Wieso maßten sich hier alle Leute so ein Verhalten ihm, dem Prinzen, gegenüber an? "Ja, schwarzes Haar... goldbraune Augen, hübsches Ding! Sie ritt auf einem Schimmel die Lichtung herunter, hatte es wohl ziemlich eilig!" "Ach, ja?" Der Prinz machte Anstalten, loszureiten, blieb dann jedoch noch einmal stehen. "Komm da runter!" >Scheiße!< Rayo sprang vom Baum und senkte den Blick, damit man seine Augenfarbe nicht erkennen konnte. Gleichzeitig biss er die Zähne zusammen, damit seine Züge härter erschienen. "Nimm das!" Rayo fiel ein kleiner Beutel mit einem Klimpern in die Hände. "Als Dank für deine wertvolle Hilfe!" Und damit verschwand er. Verwirrt über die plötzlich so nette Geste starrte Rayo ihm nach. Das schwarze Pferd raste, einem Pfeil gleich, die Lichtung herab. Hätte er auch ein noch so gutes Pferd gehabt, als Miss Raya wäre er sicherlich nicht entkommen! Der Hengst übertraf einfach alles Dagewesene. >Und was soll ich jetzt machen? Na, ja! Wenigstens wurde ich nicht vom Prinzen abgeschleppt! Ich bin jetzt zum Glück auch noch satt und es ist früh! Also kann ich mich auf die Suche nach einem Rückweg machen!< To be Continued... So, das war's! Der nächste Teil kommt demnächst auf jeden Fall! Ich mag Rayos Selbstgespräche! Wie findet ihr die FF? Wäre dankbar über Kommentare! Bye Tara(wieder mal unter Amys Nick) Kapitel 2: Seltsame Entführung ------------------------------ Konnichi wa Hier ist Tara(wieder mal unter Amys Nick) Also, hier nicht viel zu sagen: Der zweite Teil ist da! Danke für die lieben Komentare und viel Spaß beim Lesen! "..." Gesprochen >...< Gedacht >...< Rayos innere Stimme (wer auch immer das sein mag...) Rayo ging in die Büsche zurück und hob den dort liegengelassenen Umhang auf. Vielleicht konnte er sich von dem Geld ein Pferd kaufen. Das wäre eine Möglichkeit. In der Stadt würde er das Tor zurück bestimmt nicht finden. Er brauchte jemanden, der sich mit diesen Dingen auskannte. Also... zurück in die Stadt und ein Pferd kaufen! >Wenn das Geld reicht...< >Ach, halt die Klappe! Es wird schon reichen!< >Und wenn nicht?< >Dann wird es schon irgendwie anders gehen!< Rayo brach sein stummes Selbstgespräch ab und machte sich auf den Weg. Es waren nur hundert Meter bis zum Tor in die Gassen zurück. Und von da aus war es auch nicht weit zum Markt. Da herrschte natürlich wieder reger Betrieb. Rayo mischte sich unter die Leute und suchte den Markt ab. Es gab viele Händler. Und tatsächlich. Neben Händlern für Fleisch, Fisch, Tuch, Gewürzen und allen anderen häuslichen Kram, gab es auch einen Pferdestall, der am eigenen Hof gezüchtete junge Pferde vermietete und verkaufte. "Verzeihung?", fragte Rayo einen älteren Mann mit lauerndem Blick und schmierigen Gehabe, der wohl eindeutig der Verkäufer war. "Hm?", knurrte der nur desinteressiert. "Ich möchte gerne ein Pferd kaufen..." "Oh, ach, ja, natürlich!" Der Mann war wie ausgewechselt, doch jedes Kind hätte diese Fassade durchschaut. "Kommen Sie mit, wir haben hier eine Auswahl von fünf Pferden! Sehen Sie sich jedes ruhig an! Sie sind gut ernährt und versorgt! Züchtung erster Klasse! Sehen Sie sich dieses an! Kräftige Beine! Stämmige Statur! Es wird ihnen gute Dienste leisten!" Rayo hörte gar nicht zu, sondern musterte jedes der Pferde genau. Er war mit Pferden aufgewachsen und stellte überrascht fest, dass diese sogar wirklich gut versorgt waren und der Händler nicht versuchte, ihn über den Tisch zu ziehen. Oder würde das erst bei Preis kommen? >Nicht mit mir!< Er blieb an einem Haflinger stehen. Er war nicht sehr groß, dafür kräftig. Er würde eine gute Ausdauer beweisen können. Das Pferd warf ihm einen Blick zu, der sagte, ,Hol mich bitte mal von dem weg!'. Rayo beendete seine Musterung und sah zu dem Händler. "Den Haflinger bitte. Wie viel wollen Sie?" >Ich lass mich nicht über den Tisch ziehen.< "Der kostet 13 Goldstücke und 20 Silberlinge!", erklärte der Händler mit einem tückischen Funkeln in den Augen. "Was?!", fauchte Rayo entsetzt. "Sind Sie verrückt..." >Goldstücke? Silberlinge? Was ist das? Bin ich doch nicht in der Vergangenheit? Aber wo dann?< "Ich... ich hab mich versprochen, ich meinte natürlich 5 Goldstücke und 20 Silberlinge..." >Ach, dachte der Händler, ich meinte den Preis?< Rayo schüttelte verwirrt den Kopf. "Hey, das ist jetzt aber der richtige Preis!", meckerte der Händler, der das Kopfschütteln auf sich bezogen hatte. "Aber natürlich..." Rayo zog den Beutel aus seiner Tasche und zählte fünf von den goldenen Münzen ab. Schließlich nahm er noch eine Silbermünze, auf der eine zwanzig stand. "Danke..." Der Händler wirkte geknickt. Wieder hatte er seinen Kunden nicht betrügen können. Rayo seufzte, band den Haflinger los und führte ihn zur Tür. "Mister, ich könnte Ihnen auch einen Sattel verkaufen..." Der Händler deutete in eine Ecke des Stalls, wo Reitutensilien gestapelt waren. Rayo verneinte den Vorschlag. Das Zaumzeug reichte ihm. Er war schon als Kind immer ohne Sattel geritten. Und der Haflinger wirkte ruhig und ausgeglichen. "Auf Wiedersehen!", verabschiedete er sich und verließ endgültig den Stall. Der Haflinger schnaubte leise, als sie den überfüllten Marktplatz betraten. Rayo wählte die einzige Richtung, die er kannte. Er verließ die Stadt durch das Tor, durch das er sie eben betreten hatte. Er saß auf und warf einen Blick zum Kloster. Niemand war dort, es schien wie ausgestorben. Es war aber auch Mittagszeit. Vielleicht ruhten sie jetzt, oder was auch immer... "Du bist doch dieser verlogene Bengel von vorhin, oder?" Rayo fuhr vor Schreck zusammen. Diese eisige stimme kannte er doch... oder? Er drehte sich halb im Sattel herum und erblickte den Prinzen, der auf seinem schwarzen Hengst saß. Er kochte vor Wut, doch das war Rayo egal. Sollte er doch kochen! Am besten verkochte er gleich! Dann war er ihn los! Er musste gerade erst zurückgekommen sein, denn der schwarze Hengst war ausser Atem. Na, um so bessere Chance für ihn, mit dem Haflinger zu entkommen. Denn der war topfit! "Ja, der bin ich!" Rayo drehte ihm wieder den Rücken zu, damit er sein Gesicht nicht sehen konnte. "Aber wie kommst du auf ,verlogen'?" "Das Mädchen, das ich suche, konnte nie und nimmer in diese Richtung geflohen sein, es sei denn sie hat sich in den Tod gestürzt! Wie du weißt, ist dort ein Abgrund! Sieh mich gefälligst an!" "Vielleicht hat sie vorher die Richtung geändert, was weiß ich! Was geht mich das an! Aber warum sollte ich dich ansehen?" Er sprach absichtlich unhöflich mit ihm Siezte ihn nicht einmal mehr. >Blödmann! Du kannst mich mal!< "Jetzt dreh dich endlich um!" Daron klang richtig sauer, was Rayo durchaus verstehen konnte. Doch seine Miss Raya war verlobt! Mit dem Scheinverlobten von Niemandsland! Widerwillig drehte er sich jetzt doch um. Daron war näher gekommen, als er gedacht hatte. Würde er ihn erkennen? "Warte mal... deine Augen... diese Haare..." >Nein! Nein! Nein!< "Bist du mit Miss Raya verwandt?", fragte Prinz Daron prüfend. "Äh... Ja!" Die Erleichterung war übergroß. "Ich bin ihr Bruder..." "Und dann hast du mich also doch angelogen?" Der Prinz wurde wieder wütend, funkelte ihn mit seinen grauen Augen eisig an. "Und wo ist deine Schwester?" "Ich muss meine Schwester vor dir schützen! Sie ist glücklich verlobt! Ich kann es nicht zulassen, dass du sie entführst!" Die Wut musste Rayo nicht einmal spielen. Die kam schon von allein. Diese Prinz war einfach furchtbar arrogant! "Dann..." Ein triumphierendes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Prinzen aus. "...werde ich eben dich mitnehmen! Wenn sie dich retten will, wird sie kommen!" >Es gibt sie aber nicht!< Rayo stieß dem Haflinger die Hacken in die Seiten. Der wieherte überrascht auf und preschte los, die Lichtung hinab. Daron rief noch etwas warnendes, doch Rayo hörte nicht hin. Er trieb den Haflinger nur weiter, wollte alles, nur nicht vom Prinzen verschleppt werden. Sonst würde er niemals mehr nach Hause zurückfinden. Keine sehr verlockende Vorstellung, für immer im Kerker des Schlosses zu hocken, weil Miss Raya nicht vorbeikommen will - oder kann. Der Haflinger erreichte das Ende der Lichtung und tauchte ins Unterholz ein. Doch nicht lange ritten sie durch den Wald. Irgendwann hörte er abrupt auf. Rayo hörte den Haflinger aufschreien. Ein kläglicher Laut voller Panik. Er blieb stehen, rammte die Hufe in den Boden und rollte erschrocken mit den Augen. Die Vorderhufe hoben vom Boden ab, Rayo hatte seine liebe Mühe, sich im Sattel zu halten, schaffte es jedoch nicht. Und als er fiel, erkannte er auch den Grund für das Erschrecken seines Pferdes. Der eben erwähnte Abgrund! Er versuchte, nach irgend etwas zu greifen und sich festzuhalten, doch seine Hände fanden keinen Halt. Rayo öffnete die Augen. Er erinnerte sich noch schwach an einen Traum, der mit dem Prinzen zu tun gehabt haben musste. Jetzt erst bemerkte er, wo er sich befand. Erschrocken richtete er sich auf, doch ein heftiger Schmerz im Kopf, ließ ihn zurücksinken. Er saß im Sattel. >Im Sattel? Ich habe doch keinen Sattel gehabt...< Das Pferd unter ihm lief nur im Schritt und hinter ihm... seine Stütze? Das konnte ja nur einer sein... Wieder richtete er sich kerzengerade auf, um dieser Berührung zu entkommen. Daron drückte ihn verärgert zurück. "Hör auf zu zappeln!", schimpfte er. "So kann ich die Zügel doch gar nicht halten!" Rayo bemerkte, dass Daron die Arme an beiden Seiten von ihm vorbeigelegt hatte, und so die Zügel und ihn gleichzeitig im Sattel hielt. Seufzend musste Rayo sich seinem Schicksal ergeben und sich zurücklehnen. Es war ja keineswegs unangenehm, sich an den warmen Körper zu schmiegen. >Was denke ich nur für nen Müll? Ich will nach Hause!< "Deinen Haflinger habe ich hinten angebunden! Du bist ja auch blöd! Reitest genau auf die Schlucht zu! Vielleicht ist deine Schwester ja genauso kopflos und jetzt wirklich unten in der Schlucht! Du hattest echt Glück! Du bist nicht tief gefallen, nur auf so einem Vorsprung gelandet." Er schien wirklich verärgert darüber zu sein. >Ach, was! Er ist immer verärgert!< >Und wenn er sich nun wirklich Sorgen um dich macht?< >Bist du blöd? Bei dem kalten Blick? Und wieso sollte er?< >Du bist der Bruder seiner Angebeteten!< >Ja! Sähe schlecht für ihn aus, wenn er an meinem Tod schuld wäre! Miss Raya wäre das dann jedenfalls egal!< >Kannst du nichts ernst nehmen?< >Nein!< Somit unterbrach Rayo wie heute schon einmal sein stummes Zwiegespräch mit sich selbst. "Du bist deiner Schwester sehr ähnlich!", begann Daron plötzlich zu reden. "Ja, und? Wir sind Geschwister, da kommt das schon mal vor!" "Ich meine, auch Charakterlich!", knurrte Daron. "Hast du sie denn schon besser kennengelernt?", gab Rayo abwehrend zurück. "Ja!" Daron klang etwas missmutig. "Sie ist genau wie du! Verlogen, leicht reizbar und hat gar keinen Respekt!" "Ich lüge... nicht... und meine Schwester erst recht nicht!" Rayo frustrierte dieses Gespräch so langsam. Dieser Hohlkopf hätte ihn doch einfach da liegen lassen können, wo er hingefallen war. "Und warum hat deine Schwester erzählt, sie würde hier irgendwo wohnen? Mit einem Verlobten?" "Hä?" Verzweifelt rutschte Rayo hin und her. Daron ließ das Pferd halten und legte die Arme langsam um seinen Brustkorb. Sein Kinn stützte er auf Rayos Schulter. >Will er mir damit Angst machen, oder was?< "Hier im Umkreis liegen insgesamt fünf Gestüte! Keiner auf diesen Gestüten kennt Miss Raya, ihre Familie oder den Verlobten.", flüsterte Daron in sein Ohr. "Wer seid ihr also? Und vor allem: Wo kommt ihr her? Und wo willst du jetzt hin?" Rayos Herz klopfte unnatürlich heftig und schnell. Es war, als wollte es zerspringen. Hatte er etwa Angst? Vor dem Prinzen? Aber das, was er fühlte, konnte keine Angst sein. Es war etwas anderes, unbestimmtes. Seine Nähe war anders als die jedes anderen. Sie war viel intensiver, etwas in ihm sog dieses Gefühl auf, hielt es fest. Rayo konnte sich nicht bewegen. Er war wie erstarrt in der Trance. "Wenn du meine Schwester suchst... sie wirst du nicht finden!", schaffte er es trotzdem zu antworten. "Und sie wird auch nicht kommen, um mich zu befreien! Egal, wie lange du mich festhältst!" "Deine Schwester interessiert mich im Moment recht wenig... jetzt will ich nur wissen, wer du bist!" "Ich..." >Geht den das was an? Soll ich ihm etwa noch mehr Karten in die Hand spielen?< "Ich verrate es dir nicht!" Rayo brachte ein Kopfschütteln zustande. "Dann sag mir, wohin du willst!", verlangte Daron im Flüsterton, nahe seinem Ohr. Seine Hände strichen sanft über Rayos Brust. Der sog scharf die Luft ein. >Meine Kopfverletzung ist doch schlimmer, als ich dachte!< "Ich will nach Hause!" Diesmal war er ehrlich. Ja, er wollte nach Hause! Und diesmal würde es nicht bei zwei Gläsern Cola bleiben. Er brauchte dringend Fast Food. >Nen fetten Hamburger... mit Pommes und ner großen Cola!< "Nach Hause!", wisperte Daron. "Und wo liegt das?" Das betäubende Gefühl in ihm breitete sich bis in jede Haarspitze aus. Seine Nackenhärchen hatten sich kribbelnd aufgestellt, jede Bewegung der Finger auf seiner Brust wurde registriert. Die warmen Schauer, die durch seinen Körper jagten ließen ihn leise seufzen. "Weiß nicht!" Die Antwort kam verspätet, aber Daron hatte scheinbar nicht vergessen, worum es ging. "Dann kann ich dich nicht einfach gehen lassen!" Rayo durchbrach die Sperre in seinem Körper. Er richtete sich mit einem Ruck auf. Daron nahm sofort seine Hände weg und griff wieder nach den Zügeln. "Ich werde gehen!" Rayo machte Anstalten, vom Pferd zu springen, doch ein leichtes Schwindelgefühl und Darons Arm hielten ihn zurück. "Du bist verletzt!" Daron zog ihn wieder zurück in den Sattel. "Wir reiten zum Schloss! Befehl des Prinzen Troya!" "Du bist nicht mein Prinz!" Doch Rayo ließ es geschehen, dass Daron sein Pferd zu einem leichten Trab antrieb und weiter ritt. >So ein Mist! Der will mich doch tatsächlich mitnehmen!< >Du bist ja auch so blöd und lässt dir das gefallen!< >Was?! Denkst du etwa, ich mache das hier mit Absicht?< >Nicht?< >Bist du verrückt?!< >Dafür, dass du das hier alles unfreiwillig machst, wehrst du dich aber recht wenig!< >Unverschämtheit! Wie soll ich mich bitte wehren?< >Wie wäre es mit Absteigen? Oder dafür sorgen, dass sein Pferd durchgeht?< Nachdenklich rieb Rayo sich den schmerzenden Kopf. Daron seufzte genervt und zog seinen Arm wieder runter. "Ich kann gar nichts mehr sehen, wenn du dauernd deine Flossen im Weg hast!", meckerte er. Rayo musste unwillkürlich grinsen. Das war's doch! Er drehte sich im Sattel um und hielt dem Prinzen die Hände über die Augen. Der fluchte laut und ließ die Zügel fallen, um sich zu befreien. >Dich Chance muss ich nutzen!< Rayo ließ von seinem Opfer ab, wirbelte herum und riss die Zügel an sich. Der Hengst bemerkte natürlich, dass irgend etwas vor ging und tänzelte nervös, als Rayo ihn stoppte. "Gib mir sofort die Zügel zurück!", schrie Daron und versuchte ihm sie irgendwie zu entwinden. "Das hättest du wohl gerne, du Möchtergernprinz! Wir reiten zurück!" "Du kannst das Pferd sowieso nicht reiten!", schimpfte Daron weiter. "Das endet nur in einer Katastrophe!" "Wieso sollte ich es nicht reiten können!" Rayo gab dem Hengst seine Hacken zu spüren. Der schien dabei zu sein, total auszurasten, da ihn das Treiben der beiden Streithähne auf seinem Rücken verängstigte und rührte sich keinen Zentimeter. "Jetzt gib mir die Zügel zurück! Ich befehle es dir!" "Nein!" >Da kannst du lange warten! Ich werde abhauen!< Rayo warf die Zügel nach vorne, über den Pferdehals, so dass sie nach unten baumelten und Daron sie nicht mehr erreichen konnte. Dann schwang er ein Bein über den Rücken des Pferdes und sprang zu Boden. Er schmerzhaftes Pochen in seinem Kopf ließ ihn zusammenzucken. >Ich darf jetzt nicht schlappmachen!< "Bleib hier!" Daron schien erkannt zu haben, dass er die Zügel so schnell nicht wiederbekam und folgte ihm mit einem Sprung vom Pferd. Rayo war gerade damit beschäftigt, den Haflinger, dessen Zügel hinten am Sattel des Hengstes befestigt waren, zu befreien, als Daron ihn erreichte. "Du wirst hierbleiben!" Er schubste ihn von dem Pferd weg und stellte sich davor, die Hände gebieterisch in die Hüften gestemmt. Da er ein gutes Stück größer war, als Rayo, kam auch noch dazu, dass er auf ihn herab sah. >Dieser blöde... ich kann ihn nicht leiden!< "Ich werde ganz bestimmt nicht hierbleiben!", fauchte Rayo. "Wie willst du mich denn davon abhalten, abzuhauen?" "Ich könnte dich bewusstlos schlagen! Als du bewusstlos warst, konnte ich dich sehr viel bequemer transportieren!" >Transportieren?! Was bin ich denn? Eine Ware, die man so einfach mal mitnehmen kann, wenn man Lust dazu hat? So... So was Eingebildetes habe ich noch nie gesehen!< "Wie kommst du denn nur darauf, mich einfach mitzunehmen?", fragte Rayo zornig. "Deine Schwester wird ja doch kommen, um dich zu retten! Deshalb!" >Miss Raya ist doch schon da, du Idiot!< "Meine Schwester wird nicht kommen! Sollen wir wetten?" Rayo funkelte ihn entschlossen an. "Nun, worum wetten wir?", ging Daron sofort darauf ein. "Sagen wir... wenn meine Schwester nicht in einer Woche ein Lebenszeichen von sich gegeben hat, lässt du mich gehen!" "Und was habe ich nun davon?", knurrte Daron. "Nun... gut, ich nehme deine Bedingungen an. Mein sind folgende: Sollte sie innerhalb einer Woche auftauchen, wo und wann ist egal, sorgst du dafür, dass sie bei mir bleibt!" "Okay!" >Die Wette hast du jetzt schon verloren!< Zwar würde Rayo dann noch eine Woche länger in diesem Kaff herumhängen müssen, aber er würde wohl nicht darum herumkommen. Er fügte sich also in sein Schicksal und freute sich auf das dumme Gesicht des Prinzen, wenn er die Wette verlor. Es würde für ihn eine reine Freude sein, zu beobachten, wie der Sohn des Königs immer nervöser wurde und die Zeit immer knapper. "Lass uns die Wette besiegeln!" Der Prinz hielt ihm die Hand hin. Rayo griff automatisch danach. Daron schüttelte sie kurz und zog den entsetzt Aufkeuchenden dann mit einem Ruck nah zu sich heran. "Und wehe du hältst dich nicht daran...", wisperte er bedrohlich, drehte sich dann weg und ließ Rayo einfach stehen. Der stand noch immer total perplex da und starrte an die Stelle, an der Daron gerade gestanden hatte. Als er merkte, dass er die Hand noch immer erhoben hatte, ließ er sie erschrocken sinken und sah zu dem Prinzen herüber. "Kann ich jetzt wenigstens auf meinem eigenen Pferd reiten?", fragte er gedehnt und beobachtete Daron dabei wie er die Zügel richtete. "Nein!" "Aber ich halte mein Wort, ich werde jetzt doch nicht mehr weglaufen!", versicherte Rayo ehrlich. "Nein!" "Ach, komm schon!", bat Rayo. "Nein!" "Daron!" Er warf ihm einen bittenden Blick zu. "Denkst du, diese Augen können lügen?" >Jetzt müsste er ja auch nein sagen!< Daron hielt kurz bei seiner Tätigkeit inne und blickte ihm ins Gesicht. "Ja!" Daron schien auch nicht vorzuhaben, in absehbarer Zeit mal weiterzumachen, denn sein Blick hing unverwandt an Rayos Augen, was den sehr verwirrte. >Was will der denn? Ist das wieder so eine Einschüchterungsmethode wie gerade eben?< "Du lügst dauernd! Das scheint bei euch in der Familie zu liegen!" Daron lächelte ernst. Rayo warf ihm einen finsteren Blick zu. "Aber du bist noch viel schlimmer!", behauptete er kleinlaut. "Was ich gemacht habe, war nur eine Notlüge! Ich würde aber nicht auf die Idee kommen, jemanden einfach so zu verschleppen! Machst du das öfter?" "Nein!" Daron zuckte mit den Schultern. "Eigentlich war das nie nötig! Sonst kommen immer alle freiwillig mit! Jeder reißt sich doch darum, einmal ins Schloss zu kommen!" "Du hast echt keine Skrupel! Ich habe halt wichtigere Dinge zu tun, als mir ein Schloss vom Kerker aus anzusehen!" >Das ist ein Verbrechen, werter Prinz!< "Es war eben eine Notentführung!" Dem Prinzen schien das nichts auszumachen. >Bah, widerlich! Notentführung!< "Notentführung?", ächzte Rayo. "Dafür sollte man dich ins Gefängnis stecken! Meine Schwester würde dir genau das gleiche sagen!" "Deine Schwester ist auch genauso wie du!" Darons Augen musterten ihn von oben bis unten. "Ihr seid genau gleich groß, habt die gleichen Augen und Haare, das gleiche Temperament...!" "Wir sind Zwillinge!", lachte Rayo verlegen. >Wieder eine Lüge... Ich befürchte, er hatte recht!< "Dann wird sie erst recht kommen!" Daron fühlte sich sehr bestätigt. "Sie weiß doch gar nicht, wo ich bin!" Rayo fühlte sich zunehmend unwohler, obwohl er schon gedacht hatte, unwohler konnte man sich nicht mehr fühlen. "Ich habe so den Verdacht, du weißt, wo sie ist!", grinste Daron. "Ich werde es wohl aus dir herauskriegen müssen..." >Bitte keine Folter!< "Ach, und wie?", fragte Rayo herausfordernd. "Da können wir ja gleich mal mit anfangen!" Rayo wich erschrocken zurück. Dabei stolperte er und fiel fast zu Boden. >Was hast du vor? Weich von mir, du Parasit!< Mit einem Sprung warf sich Daron gegen ihn und riss ihn so mit sich zu Boden. "Ich werde dich auskitzeln, bis du nicht mehr kannst und alles tust, damit ich bloß aufhöre!" "Ich bin aber nicht kitzelig!", rief Rayo und versuchte sich von dem Gewicht zu befreien, das ihn niederdrückte und am Boden hielt. >Was soll das denn werden? Der hat sie nicht mehr alle! Auskitzeln! Pah!< Plötzlich hielt Daron inne, zog sich ein Stück nach oben und sah ihn direkt in die Augen. "Nicht kitzelig?", fragte er enttäuscht. "Das ist aber schade!" "Wenn ich es doch sage! Geh gefälligst von mir runter!" Das er ihn so barsch angeblafft hatte, tat Rayo jetzt leid, denn er sah ganz deutlich den Trotz auf dem Gesicht des Prinzen. >Oh, nein! Jetzt bleibt er erst recht liegen!< "Du willst einem Prinzen Befehle erteilen? Was bist du? Ein Straßenräuber? Bettler? Oder lebst du in einer winzigen Wohnung in der Stadt?" "Gar nichts von all dem!" Rayo stemmte sich mit den Händen gegen die Brust des über ihm Liegenden. "Meine Familie hat ein eigenes Haus in der Stadt! Sie sind keine Bettler! Oder sehe ich etwa so aus!" Im ersten Moment hatte Rayo von seiner eigenen Stadt gesprochen, doch dann wurde ihm klar, dass Daron die andere meinen musste. "Du fühlst dich nicht gerade hager an, aber das heißt nicht, dass du dein Essen nicht klaust!" "Ich rede von der Kleidung!", regte der Schwarzhaarige sich auf. Daron verschränkte die Arme auf Rayos Brust und legte das Kinn darauf. Prüfend sah er auf den Stoff das Oberteils, betrachtete eine Weile die Nähte. "Seltsame Kleidung!", murmelte er. "Sehr präzise genäht! Die Näherin möchte ich gerne mal kennenlernen! Lebt sie in der Stadt?" "Nein!" Diesmal war Rayo es, der knapp antwortete. "Wie heißt du denn jetzt überhaupt... oder soll ich dich immer mit Trottel, oder Idiot ansprechen? Oder soll ich Schwager sagen?" Rayo hob die Hand und kniff Daron in die Seite. Der sprang erschrocken auf. Die Gelegenheit nutzte Rayo und sprang ebenfalls auf die Füße. "Was sollte das?" Der Prinz rieb sich die Seite. "Das war eine gemeine Tätlichkeit!" "Wenn Entführung hier erlaubt ist, wird es das wohl auch sein, oder?" >Das hat er jedenfalls davon!< "Wirklich?" Die grauen Augen blitzten tückisch auf. "Dann kann ich dich ja foltern... wenn es doch erlaubt ist!" "Ich hatte mich aufs Kneifen bezogen!" >Meint der das jetzt ernst? Ich weiß nicht, was er denkt! Immer versucht er mich einzuschüchtern, damit ich ihm sage, wo Raya ist! Wenn er wüsste... wieso sage ich es ihm nicht einfach? Dann ist die Sache doch vorbei... ...und sein verärgertes Gesicht verpassen, wenn er die Wette verloren hat? Nein!< "Dann darf ich dich also kneifen?" Er schob Rayo auf das große schwarze Pferd zu und deutete ihm, aufzusteigen. "Ich sagte doch, ich reite selbst!", fauchte der Kleinere. "Und ich sagte bereits Nein!" Missmutig stieg Rayo auf den Rücken des Hengstes. Fast im selben Augenblick hockte Daron sich hinter ihm auf das Pferd und ergriff die Zügel. "Festhalten!", rief er. "Nicht mehr lange und wir sind da!" "War ich so lange bewusstlos?", fragte Rayo. Das Schloss musste hinter dem nächsten Hügel wieder zu sehen sein... "Ja!", antwortete Daron auf seine fragen und trieb das Pferd an, das zugleich in einen sagenhaften Galopp fiel. Die Landschaft um sie verwischte, zog wie in Streifen an ihnen vorüber. Der Wind peitschte Rayo ins Gesicht und schmerzte in seinen Augen. Sie erreichten die Hügelkuppe und vor ihnen ragte das Schloss in den Himmel. Sie waren wirklich fast da. Noch den Hügel runter und schon erreichten sie das Tor. Er wurde wohl schon erwartet, denn das Tor wurde auch gleich heruntergelassen. Daron lenkte den Hengst über die Zugbrücke auf den Schlosshof. Sofort kam ein Junge in Stallkleidung herbeigelaufen und nahm dem Prinzen die Zügel ab, als dieser zusammen mit Rayo abstieg. Als Rayo einen Blick auf seinen Haflinger warf, stellte er fest, dass der total ausser Atem war. Er musste erste Probleme gehabt haben, das Tempo mitzuhalten. Er ging auf ihn zu und klopfte beruhigend seinen Hals. "Kümmere dich auch um das Pferd unseres Gastes!", verlangte Daron gebieterisch. >Gast?< >Er wird dich wohl doch nicht wegsperren!< >Na, hoffentlich!< >Hast du denn gar kein Vertrauen in dein Gefühl?" >Wenn du das bist, dann nicht!< >Na, danke!< >Aber gern geschehen!< "Kommst du endlich?" Rayo nickte in Gedanken versunken und folgte Daron. "Ich werde also nicht in den Kerker gesperrt?", fragte Rayo schon halbwegs erleichtert. "Wenn du den vorziehst, lässt sich da bestimmt was machen!" "Nein, lass mal lieber!" >Ich hatte Recht! Er hat sie nicht mehr alle!< "Gut... du wirst dann in das Zimmer neben meinem ziehen! Ich will dich im Auge behalten können!" "In das... neben deinem?" "Wenn ich nicht wüsste, dass du völlig ausrastest, würde ich dich direkt in mein Zimmer sperren!" >Er will mich doch wegsperren!< >Tja, Pech!< >Gut, dass ich dir nicht vertraut habe!< "Du würdest also ernsthaft daran denken, mich in... deinem Zimmer... hast du denn nur eins?" "Nur ein?" Daron lachte laut. "Natürlich nicht! Wo denkst du hin! In eines meiner Zimmer!" Rayo wurde misstrauisch. "Und das neben deinem gehört also nicht dir?", fragte er säuerlich. "Nun... Doch!" "Hab ich es mir doch gleich gedacht!" >Betrüger!< "Was gedacht?" Daron grinste. Jetzt, da er Rayo sicher in seinen vier Wänden hatte, war er wohl äußerst zufrieden. "Da du immer lügst, ist mein Misstrauen dir gegenüber doch berechtigt, oder?" >Was wohl heute im Fernsehen läuft...< "Mir fällt gerade ein, du hast ja keine Sachen...", überlegte Daron kaut. "Egal, ich gebe dir einfach von mir welche!" >Ich verpasse bestimmt alle meine Lieblingsserien!< "Dein Zimmer ist hier hinten!" Sie erreichten das Ende des Ganges. Daron öffnete eine Tür und zeigte ins Zimmer. >Die essen mir zu Hause bestimmt alles weg! Dabei sollte es heute meine Lieblingsspeise geben... Kohlrouladen! Mann, was gäbe ich jetzt dafür, mitessen zu können!< "Du sagst ja gar nichts mehr!" Rayo schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah in Darons überraschtes Gesicht. "Ich habe nachgedacht!", entschuldigte Rayo sich leise. "Ach, und worüber?", fragte Daron. "Daran, was es wohl zu Essen geben könnte...", grinste Rayo, doch irgendwie fühlte er sich nicht wohl. >Ach, ne! Das hätte ich nie gedacht! Wer fühlt sich schon im Hause seines Entführers wohl? Na, ich bestimmt nicht!< "Es gibt das, was ich möchte!", erklärte Daron bestimmt. >Natürlich! Wie hätte es auch anders sein können?!< "Und das wäre?", fragte Rayo trocken. "Ähm... lass mich mal nachdenken!... Sagen wir, dir zu Ehren, kochen wir das, was zu haben willst!" "Wie gnädig!" Auf Darons wütendes Schnauben hin, lächelte Rayo entschuldigend. "Ich möchte Kohlrouladen!", legte er ihm dann seinen Wunsch vor. "Kohl-was?" Daron legte verwirrt den Kopf schief. "Rouladen!" >Kennt der das nicht...?< "Was sind denn Rouladen?" >Wie er es schon ausspricht! Der kennt das tatsächlich nicht!< "Kohlrouladen bestehen aus Kohl, in den Hackfleisch eingewickelt ist! Der Kohl muss vorher gekocht werden, dann nimmt man die größten Blätter zum Einwickeln des in kleine Portionen geteilten Fleisches!" "Du kannst kochen?", fragte der Prinz perplex. "Du bist ein Junge, kein Mädchen!" "Jeder Junge sollte kochen können!", meinte Rayo abwinkend. "Wer nicht kochen kann, der kann nicht für sich selbst sorgen! Stell dir mal vor, ich würde irgendwann alleine leben wollen! Wäre doch blöd, wenn ich nicht kochen könnte!" "Alleine?" Daron schien irgendwie fassungslos. "Aber ein Mann heiratet doch... es reicht, wenn die Frau kocht... man lebt eigentlich nicht alleine..." "Dann eben nicht..." Rayo ging in das Zimmer und sah sich um. >Wo wir jetzt das Thema Kohlrouladen so lang und breit diskutiert haben, habe ich Hunger darauf... Er könnte doch...< "Das Zimmer ist in Ordnung!" Rayo hatte es sich zwar nicht richtig angesehen, es war ihm aber auch eigentlich egal. "Wo ist die Küche?" "Küche?" Daron schien nicht zu begreifen. "Ja... die Küche..." "Den Flur runter, die Treppe, zwei Stockwerke tiefer und dann die dritte Tür links... Wieso?" "Danke!" Rayo hatte sich fest vorgenommen, Kohlrouladen zu machen. Das würde ihn erstens etwas ablenken und zweitens würde ihm das den lästigen Prinzen vom Hals halten. Denn der hatte die Küche wohl noch nie betreten und würde es bestimmt nicht in allzu ferner Zukunft tun. "Warte doch!" Daron war über das Verhalten seines ,Gastes' total verwirrt. Doch der war schon weg und Daron stand alleine in dem Zimmer, das sein zukünftiger Schwager nun bewohnte. Wenigstens würde seine Schwester dann auch kochen können... Rayo betrat die Küche und sah sich um. Ein junger Koch und drei Köchinnen blickten ihm überrascht entgegen. "Guten Tag...", grüßte er verlegen. Wie sollte man denen erklären, dass er kochen wollte? "Ich wollte in ihrer Küche gerne etwas zubereiten, wenn das möglich wäre..." "Etwas zubereiten?", fragte eine Frau mit Kochschürze. "Bist du denn Koch?" "Nicht direkt, aber ich kenne ein neues Gericht und wollte es gerne ausprobieren." "Ein neues Gericht?", Der Koch und die Köchinnen waren sofort neugierig bei der Sache. "Neue Rezepte sind bei uns immer erwünscht!", sagte eine ältere Köchin. "Bist du Lehrling bei jemandem und hier zu Gast?" >Der Lehrling meiner Mutter in Sachen kochen...?< "Ja, so in der Art..." "Um was für ein Gericht handelt es sich denn?", fragte die Köchin weiter. "Kohlrouladen!", erklärte Rayo bereitwillig. Ratlose Gesichter waren die Reaktion. "Kohl...rouladen...", sprach die Köchin mit der Schürze langsam. "Also, ich bin dafür, dass wir es ausprobieren!", rief der enthusiastische junge Mann aus. "Mal sehen, vielleicht schmeckt es seiner Majestät ja!" >Ich wollte eigentlich nicht für den König kochen! Nein! Immer ich! Verdammt!< "Machen wir das!" Und somit fing Rayo an, den vier folgsamen Schülern beizubringen, wie man Kohlrouladen zubereitete... "Fertig!", rief Rayo aus und schnupperte begeistert an der köstlich gewordenen Soße. "Das ist einfach phantastisch.", freute sich die ältere Köchin. "Ich bin noch nie darauf gekommen, dass man Kohl auch braten kann!" "Das kann man auch mit Blumenkohl machen!", erklärte Rayo weiter. "Schmeckt wirklich köstlich, wenn man es gut würzt!" "Wir können das Essen gleich anrichten!", berichtete der junge Koch. "Dya, bringst du die Schüssel mit den Kartoffeln schon mal raus?" Die Frau mit der Schürze nickte, nahm sich die Schüssel und ging zur Tür heraus. "Reicht denn eine Schüssel?", fragte Rayo vorsichtig. "Der König, die Königin und sein Sohn essen immer allein...", erklärte die junge Köchin. "Ach, ja! Ich habe gehört, heute wäre noch jemand da! Der zukünftige Schwager des Prinzen!" "Ich wusste ja gar nicht, dass er vorhat zu heiraten!", freute sich die ältere Köchin. "Ja, schön, nicht! Wird auch Zeit!" >Oh, Gott! Alle Welt verbündet sich gegen mich!< "Da muss er sich aber schwer verliebt haben, wenn er die Entscheidung so plötzlich trifft!", lachte der junge Koch. "Ja, er hat immer gegen eine Heirat protestiert..." >Würg! In mich verliebt! Pah! Der will mich nur in den Wahnsinn treiben! Der ist verrückt!< "Der König und die Königin gehen zu Tisch!", rief Dya, als sie in die Küche kam. "Also muss das Essen jetzt auf den Tisch!" "Und der Prinz ist noch nicht da?", fragte die ältere Köchin verdutzt. "Der ist doch sonst immer so schnell bei Tisch!" >Das sieht ihm ähnlich... es könnte ihm ja jemand was wegessen!< >Wer hat denn gerade darüber gejammert, dass ihm zu Hause jemand was wegessen könnte?!< >Weiß nicht...< >Tu doch nicht so!< >Ich weiß nicht, was du meinst...!< "Ich muss glaube ich noch etwas erwähnen!" Die Köchinnen und der Koch drehten sich verwundert zu ihm um. "Dieser Schwager, den ihr erwähnt habt... das bin ich! Aber ich bin nicht wirklich..." "Oh!", kam ein verwunderter Ausruf aus allen Richtungen. "Dann ist der Schwager also in der Ausbildung zum Koch!", rief Dya freudig aus. "Dann kann er uns ja noch mehr neue Rezepte beibringen!" >Das ich Koch werde, ist mir total neu!< "Wirklich? Der Schwager?" Die ältere Frau lächelte glücklich. "So einen netten Jungen wie dich kann man sich ja nur zum Schwager wünschen!" "Also, ich bin nicht...!" Verzweifelt versuchte Rayo sich die Aufmerksamkeit der Anderen zu erkämpfen. "Meine Schwester... sie ist nicht mit Daron..." "Dann solltest du jetzt schleunigst zu Tisch gehen!", scheuchte ihn der junge Mann. "Das geht ja nicht an, das ein Gast sich hier selbst bekochen muss!" "Halt!" Rayo stand schon im Gang, doch der Koch war wieder in der Küche verschwunden.. "Ich..." >...bin nicht der Schwager des Prinzen... Soweit kommt's noch!< "Da bist du ja, mein lieber Schwager!" Daron nickte dem Koch, der beim Klang seiner Stimme überrascht zur Tür hinaustrat, zu und griff nach Rayos Arm. "Ich habe dich gesucht!" Er zog Rayo die Treppen wieder hoch und über einen Gang. "Was soll das?", fauchte Rayo und versuchte sich loszureißen. "Ich bin doch gar nicht dein Schwager! Du kannst das doch nicht einfach hier überall herumerzählen!" "Kann ich nicht?" Daron blieb stehen und drehte sich zu ihm um. "Und noch was: Du warst also wirklich in der Küche?" "Ich habe dir doch gesagt, ich gehe was kochen..." "Ich habe es dir nicht abgekauft!" Daron sog die Luft durch die Nase ein. "Es riecht lecker! Und das kocht man bei euch zu Hause?" "Ja, das und anderes..." Rayo zerrte noch einmal an dem umklammerten Arm, doch da Daron stärker war als er, gab er dieses sinnlose Unterfangen wieder auf. "Au, ja!" Darons Augen leuchteten plötzlich auf. >Oh, nein! Er hat eine Idee!< "Wenn das Essen so gut schmeckt wie es riecht, stelle ich dich als Koch ein!" >Nein!< "Vergiss es!", knurrte Rayo. "Ich werde nächste Woche wieder gehen! Und du lässt Raya gefälligst in Frieden! Du hast doch gehört, dass sie verlobt ist! Und falls du es nicht begriffen hast: Sie will nichts von dir!" "Wenn du ihren Blick gesehen hättest, als sie mich in dem Kloster ansah, würdest du das verstehen! Sie ist sogar rot geworden!" >Nein! Nein! Nein! Ich hasse dich! Ich hasse dich! Nein! Nein! Nein!< "Ganz eindeutig ist sie in mich verliebt! Sie will es sich nur nicht eingestehen!" >Liebe... Ich und er... Der ist total durchgeknallt...< "Sieht dich nicht jedes Mädchen im ganzen Land so an?", fragte Rayo trocken. "Aber keine ist so wie sie!" Daron ergab sich in Schwärmereien. >Das kann ja heiter werden!< "Ihr Gesicht ist aussergewöhnlich! Diese goldbraunen Augen... das Haar! Ach, einfach alles an ihr ist toll!" "Ach..." >Miss Raya trug einen weiten Umhang... was, wenn sie fett wie eine Tonne wäre... Hehe...< >Oder ein Junge...< >Klappe!< Leider stimmte Zweiteres. Unter dem Mantel verbarg sich ein Junge! Und leider war er dieser Junge und durfte sich jetzt anhören, was an ihm dem Prinzen besonders gut gefiel. "Meine Schwester ist dicker als ich!", erklärte Rayo mit ernster Miene. "Und ihre Hände sind zu groß! Ich glaube, das können sie sich von der Schwester im Kloster bestätigen lassen! Ich habe beide zusammen gesehen!" "Du warst also die ganz Zeit in ihrer Nähe?", fragte Daron. In seine Augen trat ein wachsames Funkeln. >Mist!< "Ein Mädchen darf nicht alleine reisen!", erklärte Rayo. "Jemand muss doch auf sie aufpassen! Ein weiterer Grund, warum ich nicht mit dir auf das Schloss kommen wollte! Meine Schwester ist einfach so losgeritten und nun passt keiner auf sie auf!" "Und ihr Verlobter? Wäre das nicht seine Aufgabe gewesen... wenn es überhaupt einen Verlobten gibt?" "Es gibt einen, aber der hatte einen Reitunfall und sich den Knöchel verrenkt! Er kann nicht laufen! Und wozu gibt es denn Brüder?!" Darons Blick blieb zweifelnd. Rayo wusste, er glaubte ihm kein Wort. Aber waren seine Argumente nicht stichhaltig? >Daron ist einfach zu schlau! Zu blöd auch! Wieso schafft er es, mich zu durchschauen? Ich bin ein guter Schauspieler!< "Wie heißt denn dieser Verlobte?", fragte Daron etwas ärgerlich. "Ähm..." >Gute Frage!< "Denkst du, ich würde dir das jetzt sagen?", lachte er schließlich. "Dann könntest du ihn doch mit Leichtigkeit aufspüren und da er verletzt ist, hätte er keine Chance gegen dich!" "Ach, und wäre er gesund, hätte er eine?" Darons Blick wurde immer düsterer. "Auf jeden Fall!" >Da er unsichtbar ist, mein lieber Feind!< "Das nimmst du zurück!" Daron sah aus, als würde er gleich vor Wut platzen. >Ja! Ja! Platz! Los! In tausend Stücke!< >Schön wär's, was?< >Man wird doch wohl noch träumen dürfen!< "Nimm es zurück!" Darons Griff um seinen Arm begann schmerzhaft zu werden. "Ja, ist gut!", keuchte Rayo wimmernd. "Vielleicht..." Der Griff wurde wieder fester. "Ja, auf jeden Fall würdest du ihn schlagen!", gab er widerwillig zu. "So ist es schon besser! Und jetzt komm! Die anderen warten auf uns!" Und damit zog er ihn einfach weiter. To be continued... Na, wie wars? Würde mich über Feedback freuen! Ciao Tara Kapitel 3: Unfreiwilliger Gast ------------------------------ So... und hier ist wieder Tara(unter Amys Nick) mit dem dritten Teil der FF!!! Rayos Reise wird weitergehen!!! ^^ Mir wurden auch schon einige Vorschläge gemacht wie die Woche so verlaufen könnte! Und: Ja, ich werde diese Ideen verwenden! Das mit dem Gespräch zwischen Daron und Rayo über Schwule und Lesben gefällt mir auch gut, ich werde es wohl im vierten Teil einbauen! Danke!!! Ich widme die Story allen, die dem Verlauf der Story bis jetzt gefolgt sind und denen sie gefallen hat! Das Pairing wird inzwischen klar sein, oder? Ha, ich freue mich auch schon richtig darauf, die beiden zu verkuppeln... meint ihr, ich brauche da jemanden neutrales, der den beiden einen kleinen Anstoß gibt?? Na, ja! Genug gelabert! Viel Spass mit dem dritten Teil! "..." Gesprochen >...< Rayos Gedanken =>...< Rayos innere Stimme (wenigstens führt er seine Selbstgespräche leise...*g*< "Daron!" Die helle Stimme seiner Mutter erklang, als sie den Speisesaal betraten. "Warum hast du so lange gebraucht?" "Ich musste meinen zukünftigen Schwager noch suchen!", erklärte der Sohn unverblümt. "Er ist übrigens für das Essen da verantwortlich!" "Ach?" Die etwas ältere Frau mit dem hübschen Abendkleid schob sich eine lose Locke des ergrauenden blonden Haars hinters Ohr. "Er ist also Koch?" "Nein!", erklärte Daron einfach weiter, ohne Rayo zu Wort kommen zu lassen. "Seine Mutter hat ihm das Kochen beigebracht, weil sie der Meinung war, ein Junge sollte für sich selbst sorgen können!" Der dicke Mann an der Seite der Frau - eindeutig der König, aufgrund des purpurnen Mantels, der über seinen Schultern lag - lachte schallend. Daron kam eher nach ihm, denn er hatte die dunklen Haare seines Vaters. Die grauen Augen jedoch hatte er wohl von seiner Mutter wie Rayo mit einem Blick zu besagter feststellte. "Eine seltsame Einstellung! Reicht es nicht, wenn die Frau das kann?", fragte der König noch immer lachend. Doch man sah ihm seine Neugierde deutlich an. "Das habe ich ihn auch gefragt, aber er ist sehr überzeugt von dieser Meinung!", antwortete wieder einmal Daron. "Wie heißt denn unser neues Familienmitglied überhaupt?", fragte die Königin. "Ich habe es euch doch alles erklärt!", seufzte ihr Sohn. "Ihr wisst doch, dass er sich weigert, seinen Namen zu nennen!" "Es stimmt also wirklich?", fragte der König in Rayos Richtung. Der nickte nur. >Mann, ist das unangenehm! Immerhin ist es der König! Es gibt nicht sehr viele von diesen Leutchen und die sind sehr mächtig...! Ich widersetze mich einem König! Wow! Bin ich blöd!< "Das Essen riecht aber köstlich!", rief die Königin auf einmal aus. Sie schien das Thema wechseln zu wollen. "Wir könnten dich als Koch fest anstellen, wenn du noch mehr solcher Sachen drauf hast!" "Nein... also, das ist ja nett gemeint, aber ich werde nicht hierbleiben! In einer Woche werde ich wieder nach Hause gehen!" >Ganz nach Hause! Zu Fernsehen und Fast Food!< "Oh, aber warum denn? Das Leben hier ist doch viel angenehmer als in der Stadt!" Der König fasste das doch hoffentlich nicht als Beleidigung auf, oder? "Vielleicht!" Daron trat ihm gegen das Schienbein. Rayo zuckte zusammen, verzog aber ansonsten keine Miene. "Ganz sicher ist es hier angenehmer, aber ich habe mich um meine Familie zu kümmern!" Erst jetzt funkelte er den Prinzen böse an und gab ihm seinen Tritt mindestens genauso hart zurück. "Schade!" Die Königin schien nichts von dem Duell der beiden zu bemerken, das sich jetzt in Form von wütenden Hieben und Tritten fortsetzte. Dann kamen zwei Bedienstete, setzten ihnen die gefüllten Teller vor die Nase und verschwanden dann wieder. Augenblicklich war der Konflikt vergessen. "Guten Appetit!", sagte Rayo, während er das Besteck nahm und überglücklich sein Essen betrachtete. "Hä?" Rayo blickte zu Daron auf, der dieses intelligente Wort geäußert hatte. "Was hast du gerade gesagt?" "Guten Appetit!", wiederholte Rayo genervt. "Und was soll das? Was geht es mich an, ob du einen guten Appetit hast?" Daron schien an seinem Verstand zu zweifeln. "Das ist ein Tischwunsch!", erklärte Rayo kurz angebunden. "Das sagt man, um jemanden einen guten Appetit zu wünschen und nicht um jemanden zu sagen, man hätte einen!" "Komische Sitten habt ihr..." >Das musst du gerade sagen! Steht hier Entführung auf dem Tagesplan?< "Mir gefällt diese Sitte!", gab die Königin zu. "Liebling! Lass sie uns doch im ganzen Land einführen, ja?" "Natürlich, mein Schatz! Gute Idee!" >Sind die irre?! Es ist gar nicht gut, dass ich in dieser Welt bin! Ich bringe alles durcheinander! Die lernen wie man Kohlrouladen macht und führen jetzt auch noch das ,Guten Appetit' ein...Gar nicht gut!< Rayo verdrängte seine Zweifel und konzentrierte sich wieder auf sein Essen. >Köstlich! Genial! Ich bin wieder so gut! Lecker!< "Oh, schmeckt das gut!", lächelte die Königin begeistert. "Das machen wir öfter!" "Ey!" Rayo spürte ein Zupfen an seinem Ärmel. Er sah zu Daron herüber, der neben ihm saß. "Was ist das hier?" Der Prinz deutete mit der Gabel auf die braun und leicht grünen Blätter. >Oh, Mann!< "Das ist der gebratene Wirsing!", sagte er lahm und wandte sich wieder seinem Essen zu. "Sieht komisch aus!", jammerte Daron weiter. >Musst es ja nicht essen!< "Riecht aber gut!" Eine kurze Pause entstand, man hörte nur das Klappern des Bestecks. "Lecker!", rief da plötzlich der Prinz aus. Rayo schrak zusammen. "Das ist gut!" >Ich hätte gerade fast einen Herzschlag bekommen! Deshalb mag ich ihn nicht! Immer bringt er mich aus der Bahn!< "Einfach krass! Besser als Dyas Fleischauflauf!", jubelte Daron vor sich hin. Rayo sah zu ihm herüber. Der Schwarzhaarige grinste von einem Ohr zum anderen. >Ich habe ihn noch nie lächeln sehen - nicht so... immer nur so finster, oder hämisch. So sieht er fast aus wie ein normaler Mensch! Würde er öfter so lächeln könnte ich bestimmt besser mit ihm auskommen... sein Lächeln ist wirklich schön!< "Was guckst du so?", fragte Daron und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Rayo merkte erst jetzt, dass er ihn die ganze Zeit angesehen hatte und lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf seinen Teller. Doch der war schon leer. >Hey! War da nicht gerade eben noch eine halbe Kohlroulade übrig gewesen?< Mit einem Ruck wirbelte er zu seinem Tischnachbarn herum. Der steckte sich gerade das letzte Stück der Roulade in den Mund und sah ihn unschuldig und kauend an. >Ich hasse ihn!< "Ist was?", fragte Daron. "Du hast aufgehört zu essen und da dachte ich du wärst satt!" "Meine... meine... Oh, du Schuft! Du wusstest genau, dass ich sie noch essen wollte!" "Wie kommst du denn darauf?" "Ich gehe jetzt!" Rayo stand auf und lief zur Tür. >Wenn ich nicht sofort hier rauskomme, schlage ich ihn K.O.!< >Oder eher er dich!< >Pah!< >Sei froh, dass du ihm entkommen bist!< >Ihm entkommen? ... Na, ja! Andererseits hast du recht!< >Siehst du!< >Bilde dir bloß nichts darauf ein!< "Schwager!" >Nein! Ich wusste, dass du Unrecht hattest!< >Na, hör mal! Konnte ich das wissen?< "Bleib doch mal stehen!" Daron holte ihn ein und verstellte ihm den Weg. "Was denn?", fragte Rayo entnervt. "Bist du jetzt wirklich sauer wegen dieser blöden Rollade? Wir haben noch genug davon!" "Ich bin nicht sauer!", fauchte Rayo. >Jedenfalls nicht aus dem Grund, den du dir denkst! Ich lasse mich halt nicht gerne entführen!< "Und ausserdem..." Er grinste ihn an. "Heißt das nicht Rollade, sonder Roulade!" "Ist doch egal!" Daron griff nach seinem Handgelenk. "Wenn du in dein Zimmer willst, bist du hier übrigens total falsch! Komm!" Er zog Rayo den Gang zurück und hielt erst wieder vor dem Zimmer am Ende des Ganges an, wo er ihn losließ. "Da wären wir." Er öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Rayo folgte ihm. Es war ein großer Raum mit schönen Möbeln und weichen Teppichen. >Sieht ihm ähnlich!< Zwei weitere Türen führten in andere Räume. Rayo öffnete die eine und fand sich in einem Bad wieder. "Das Bad ist toll!", sagte Daron hinter ihm. "Wir haben neulich überall solche einbauen lassen! Es gibt eine Art Rohr, durch das Wasser kommt! Wie das allerdings funktioniert, weiß ich nicht!" "Es gibt hier schon Pumpen? Revolutionär!" "Pumpen?", fragte Daron. "Du weißt, wie das geht?" "Ungefähr!" Rayo drehte den Hahn auf. Ein kleiner Wasserstrahl floß in das Becken. "Das Wasser wird durch Druck in das Rohr gebracht. Das macht die Pumpe!" "Aha! Und sowas habt ihr bei euch auch?", wunderte der Prinz sich. "Dann seid ihr aber sehr reich!" "Nein, natürlich haben wir sowas nicht!", erwiderte der Kleinere hastig. "Wir haben ein Schulprojekt gemacht!" "Schulprojekt?" "Ja!" Rayo nickte panisch. "Daher weiß ich das!" Er verließ das Bad und öffnete die zweite Tür. Die führte in ein anderes Zimmer. "Das ist mein Schlafzimmer!", klärte Daron, der ihm gefolgt war, auf. >Und ich soll nebenan schlafen?< "Ach, wirklich?", fragte Rayo. "Und kann ich die Tür denn wenigstens abschließen?" "Nein, hier gibt es keine Schlösser in den Türen!" >Was?!< "Nicht wirklich, oder?", murmelte der Schwarzhaarige entsetzt. "Ausserdem würde ich dann ja gar nicht aus meinem Zimmer kommen!", überlegte der Prinz laut. "Von meinem Zimmer führt nur eine Tür in das Vorzimmer!" "Vorzimmer?" Rayo kam eine schreckliche Ahnung. "Du willst mir doch nicht im Ernst sagen, ich soll sozusagen vor deiner Tür schlafen?" "Nicht nur sozusagen!" >Waaah!< "Das mache ich nicht mit!", sträubte sich Rayo. "Bleibt dir etwas anderes übrig? Du kannst ja auch bei mir im Schlafzimmer übernachten! Da hast du wenigstens ein Bett!" Rayo ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. >Kein Bett!< "Da schlafe ich lieber auf dem Boden!", versetzte er spitz. "Nie im Leben würde ich mit dir in einem Zimmer schlafen!" "Dann eben nicht!" Daron zuckte die Schultern. "Der Boden ist sicher auch bequem! Aber sei vorsichtig! Das Zimmermädchen beschwert sich schon immer über die fiesen Ratten! Die werden immer dreister!" "Ratten?" >Das mit der Dreistigkeit gucken sie sich bestimmt von dir ab! Das beste Vorbild, das man sich wünschen kann!< "Ja, und das sage ich nicht nur zur Abschreckung!" Daron machte ein ernstes Gesicht. >Lügt er? Er sieht nicht so aus!< "Also sind hier wirklich...?" "Ja!" Rayo warf einen unsicheren Blick auf den Boden. War da nicht der Teppichrand etwas angeknabbert? Und die Spuren unten an den Möbeln? Sahen die nicht wie die Abdrücke von Zähnen aus? "Überredet!" Ein letztes Mal huschten die goldbraunen Augen durch den Raum, dann drehte er sich um und ging in Darons Schlafzimmer. >Ich hasse Ratten!< Darons Zimmer war sehr bequem eingerichtet. Rayo hatte den leisen Verdacht, dass das alles in seiner Abwesenheit in der Küche geplant worden war, denn es standen schon zwei Betten hier drinnen. Warum hatte er sich vorhin bloß nicht genauer umgesehen? Verdammt! Und ob das mit den Ratten wohl stimmte? Er bezweifelte es irgendwie... >Ich hasse es, wenn jemand eine meiner Schwächen ausnutzt!< "Wie ich sehe, hast du dich bereits umgesehen!", stellte Daron fest, der ihm gefolgt war. >Hat der eigentlich nichts besseres zu tun, als mir auf den Wecker zu fallen? Hat der kein Hobby?... Ach, ja! Ich bin ja sein neues Hobby!< "Sei nicht sauer!", sagte der Prinz grinsend. "So schlimm ist es doch auch nicht, oder? Ich will nur dafür sorgen, dass du auch hierbleibst! Wenn du abhaust, finde ich deine Schwester nämlich erst recht nicht mehr!" "Wir hatten doch diese Wette! Wieso sollte ich da weglaufen?" Rayo seufzte etwas gequält und ließ sich auf eines der Betten nieder. "Runter da! Da schlafe ich!" Daron kam auf ihn zu und versuchte ihn mit leichtem Schieben vom Bett zu befördern, doch Rayo hatte nicht vor, das Feld einfach so zu räumen. "Lass mich wenigstens aussuchen, wo ich schlafe, wenn ich schon hier übernachten muss!" Der Prinz ließ sich nun hinter ihm auf das Bett fallen, um ihn mit den Füßen herunterzuschieben. >Nicht mit mir!< Rayo wich ihm zur anderen Bettseite hin aus. Daron lachte triumphierend und warf sich auf ihn. Rayo fiel durch den Schubser nach hinten und landete schmerzhaft auf dem Rücken. Der Aufprall wäre dank des Teppichs nicht so schlimm gewesen, wäre Daron nicht durch die Wucht seines Angriffs mitgerissen worden. So landete sein ganzes Gewicht auf dem armen Jungen. >Ja, arm triffts genau!< "Noch alles heil?", drang die besorgte Stimme des Prinzen an sein Ohr. "Fast... dein Knie hat nur meine Niere getroffen und ein ganz klein wenig gequetscht..." Mit schmerzverzerrtem Gesicht stemmte Rayo sich etwas hoch. Auch Daron richtete sich in eine Sitzposition auf. "Jammerlappen!", kommentierte er gelangweilt. "Soll ich das mal mit dir machen? Und übrigens: Ich bin kein Sitzpolster!", fauchte Rayo, da er es war, auf dem der Prinz da saß. Der machte jedoch keine Anstalten, sich von seinem Schoß zu erheben. "Ist doch bequem!" >Der ist ja vielleicht einer! Total durchgeknallt!< "Ich möchte aber gerne aufstehen! Du bist verdammt schwer!" Rayo wollte ihn von sich herunterschieben, doch Daron hatte wohl wieder vor, ihn in die Ecke zu drängen oder ähnliches, um ihn zum Reden zu bringen. Den Gesichtsausdruck kannte er ja bereits. "Willst du mir nicht endlich sagen, wie du heißt, damit ich dich mit irgendeinem Namen ansprechen kann?" "Nenn mich Münchhausen! Deiner Meinung nach lüge ich ja oft genug!" "Münchhausen?!" Daron machte ein so dummes Gesicht, dass Rayo fast laut losgelacht hätte. Aber er behielt seine Gesichtszüge unter Kontrolle - ganz im Gegensatz zu dem Prinzen... >Was grinst der denn so?< "Münchhausen... Wäre ich du, hätte ich meinen Namen auch verschwiegen!" Daron bekam einen ausgewachsenen Lachanfall und fiel dabei von Rayos Schoß. Sich kringelnd vor Lachen richtete er sich schließlich wieder auf. "Also, Münchhausen..." "Ich heiße nicht Münchhausen!", knurrte Rayo. "Das hast du doch wohl nicht ernst genommen, oder?" "Du heißt also nicht...?" Daron war eindeutig total verwirrt. "Münchhausen ist der Lügenbaron!" Rayo hatte unabsichtlich wieder ein Detail aus seiner eigenen Welt gebraucht, von dem hier niemand eine Ahnung hatte. "Ich sagte das deshalb, weil du immer behauptest, ich würde dich anlügen!" "Tust du es denn nicht?" Prinz Daron stand jetzt auf und ließ sich ganz nebenbei wieder auf dem Bett nieder. "Also: Wie heißt du wirklich?" "Nenn mich Schwager! Jetzt weiß es sowieso jeder, dass du vorhast, meine Schwester zu heiraten!" >Das wird eine Hochzeit! Ich heirate einen Prinzen und bin gleichzeitig der Schwager! Warum nicht auch gleich Pate des Kindes, das ich in die Welt setzen werde... Hey! Ich werde Mama! Wie will der Prinz mit mir einen Thronerben zeugen? Was für eine Vorstellung!< Tatsächlich schlich sich doch das Bild von sich und dem Prinzen in seinen Kopf wie sie sich umarmten... und wieder brachte es ihn dazu, zu erröten... >Warum bloß? Ich bin doch kein Dampfkessel, dass mir dauernd die Hitze ins Gesicht steigt, wenn... ja, wenn ich an diesen Idioten denke... Das liegt bestimmt daran, dass mir das mit Raya immer noch peinlich ist. Ich habe ja auch noch nie jemanden so oft und schlimm belogen!< "Was hast du nur gegen mich?", fragte Daron säuerlich. Rayo war froh, dass er ihm nicht ins Gesicht sah und die verräterische Röte entdeckte. "Ich kann deiner Schwester alles geben!", fuhr er unerschütterlich fort. "Reichtum! Kleider! Schmuck! Kohlrouladen!" "Sie ist verlobt!", fügte Rayo hinzu, dessen Gesichtsfarbe sich wieder normalisiert hatte. >Ein klitzekleine Kleinigkeit, die du aus Versehen vergessen hast, zu erwähnen!< "Glücklich verlobt!" Rayo bedachte ihn mit einem strengen Blick. "Sie liebt ihren Verlobten mehr als alles andere auf der Welt! Und wäre er ein Bettler, würde sie trotzdem nur ihn wählen!" >Ich bin wirklich ein guter Schauspieler! Selbst der Lügenbaron könnte da nicht mithalten!< "Bist du dir da ganz sicher?", fragte Daron und ein Funken Trauer blitzte in seinen grauen Augen auf. "Du hast sie nie zusammen gesehen!", murmelte Rayo. Er wusste, ihn würde die schmerzliche Wahrheit... >Unwahrheit< ... sehr verletzen, doch er musste ihm um jeden Preis diesen Zahn ziehen, seine Schwester heiraten zu wollen. >Wie würde er wohl die richtige Wahrheit aufnehmen?< =>Ganz einfach! Er würde natürlich dich statt ihrer nehmen!< >Mich?! Spinnst du? Ich bin ein Junge, oder hast du das vergessen?< =>Was denkst du? Ob ihm das was ausmacht?< Rayo warf einen prüfenden Blick auf den Prinzen. >Sicher bin ich mir nicht! Er ist zu allem fähig!< =>Sag ich doch!< >Wah! Widerlich!< Er durfte sich nicht von seiner inneren Stimme beeinflussen lassen. Die sagte sowieso immer nur das, was ihm am Wenigsten passte. =>Wenn dir die Wahrheit nicht passt, kann ich doch nichts dafür!< >Ruhe!< Jetzt erst merkte Rayo, dass Daron schon die ganze Zeit schwieg, während er mit sich selbst gekämpft hatte. Ja, er sah richtig nachdenklich aus. >Kann der das überhaupt?< =>Haha! Der war gut!< "Hast du endlich begriffen, dass ihr Herz schon vergeben ist?" Daron schwieg, sah nur auf seine Füße. "Daron..." Rayo rutschte näher an das Bett heran und blickte zu dem Schwarzhaarigen auf. "Es wäre am Besten, du vergisst sie und suchst jemanden, der besser zu dir passt!" "Sei mal still!", fauchte der Prinz plötzlich. "Ich überlege gerade, wie ich ihr Herz für mich erobern kann, also stör mich nicht!" Völlig vor den Kopf gestoßen wich Rayo zurück. >Hat der denn immer noch nicht aufgegeben? Mist! Hätte ich mir ja denken können! Dieser Trotzkopf! Total verzogen! Er weiß einfach nicht, wann genug ist!< Eine Weile schwiegen sie sich an. Rayo träumte von Alltag und Schulstress. >Ja, schön war die Zeit... Damals war alles noch besser...< "Sag mal, Schwager..." Er betonte das Wort Schwager besonders. Es schien ihm noch immer nicht in den Kram zu passen. "Fällt dir nichts ein? Du kennst deine Schwester doch... Worauf steht sie?" >Ja, worauf stehe ich eigentlich? Fußball... Aber... Geht den das was an?< "Sie macht gerne Sport!", sagte Rayo grimmig. "Sport? Jagdsport?" Daron schien verwirrt. "Ein Mädchen, das Sport treibt! Was seid ihr eigentlich für eine Familie? Wann soll sie denn Stricken und Kochen lernen, wenn sie Sport treibt?" "Sie kann nicht jagen!", grummelte Rayo. "Sie mag Ballsport! Sagt dir das irgendwas? Und stricken kann sie schon gar nicht! In der Schule ist das zwar durchgenommen worden, aber ich... äh... wir sind beide Nieten in diesen Dingen!" "Das macht ihr in der Schule?", fragte der Prinz geschockt. "Als Junge lernst du Stricken in der Schule?" "Wir sind in einer Klasse... da kommt man nicht drumherum..." Rayo wurde zusehends nervöser. Irgend etwas schien Daron daran misstrauisch zu machen. >Kennen die keinen Ballsport? Treiben Mädchen hier wirklich kein Sport?< Und musste man als Mädchen wirklich unbedingt stricken können? Und wie sah es mit Jungen aus? Durften die nicht stricken können? "In einer Klasse?" Der Prinz schien nun endgültig überzeugt, dass etwas an seinem zwanghaft hier untergebrachten Gast nicht stimmen konnte. "Jungs und Mädchen gehen nicht in eine Klasse! Hast du keine Jungenschule besucht?" >Gingen nicht in eine...? Mist verdammter!< "Es gibt da eine Ausnahme!" Hastig überlegte er sich eine neue Geschichte. "Wir haben mal ziemlich weit entfernt von hier gewohnt. Da gab es so eine Schule, die Jungen und Mädchen zusammen unterrichtete!" "Nein!" Daron schüttelte beunruhigend langsam den Kopf und musterte ihn noch einmal von oben bis unten. "So eine Schule gibt es nicht!" "Also..." Rayo hatte dieses unangenehme Fettnäpfchen-Gefühl. Er hatte sich da irgendwie verstrickt und kam nun aus seinem selbstgebauten Netz nicht mehr heraus. Je mehr er sich wehrte und zappelte, desto enger zog sich die Schlinge zusammen und umso enger zog sich das Netz um ihn herum. >Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als jetzt zu Hause zu sein... einfach nur zu Hause! Als Einzelkind! Ohne Schwester, die ich vor verliebten Lackaffen verteidigen muss! Aber zu Hause sind die Jungen nicht so blöd und laufen den Mädchen so nach wie Daron!< "Sprachlos?", fragte der Prinz grinsend. "Hat der Lügenbaron keine Ausreden mehr parat?" >Lügenbaron? Der lernt zu schnell für meinen Geschmack! Ich verändere den ganzen zukünftigen Lauf der Geschichte dieses Landes! Fehlt nur noch das Vater Unser!< "Nein... sind mir ausgegangen... Warte! Ich gehe eben neue holen!" Rayo stand vom Boden auf und wollte zur Tür eilen, doch er hatte nicht mit Darons Bein berechnet, das sich zwischen seinen Füßen hindurchschlich und ihn stolpern ließ. Mit einem lauten Poltern landete er wieder dort, wo er gerade gesessen hatte: Auf dem Boden. >Aua...< "Ups... Habe ich dir weh getan?" Daron schien es wirklich leid zu tun, aber Rayo war es satt immer auf die Nase zu fliegen, weil der andere spontane brutale Reaktionen nicht vermeiden konnte. >Am Besten, man widerspricht ihm erst gar nicht!< =>Ja, das wäre mal was... aber nicht für dich!< >Ja! Nicht für mich!< =>Da sind wir uns ja mal einer Meinung!< >Sollte öfter mal vorkommen!< =>Lieber nicht! Du bringst uns sonst noch mit deinen Ideen um!< >Deine Ideen waren bis jetzt auch nicht besser wie du an deinem jetzigen Zustand deutlich sehen kannst!< =>Du hast ja nie auf mich gehört wie sollte deine Situation da besser sein!< "Hey... du?" Rayo entschloss, nun doch endlich zu reagieren und richtete sich mit einem Jammerlaut in die Sitzposition auf. Als er zu Daron herübersah, lachte der allerdings nicht. >Gerade das hätte ich jetzt vermutet!< "Was?", fragte Rayo den Prinzen, der ihn ernst anblickte. Daron winkte ihn heran. Rayo ahnte nichts Gutes, wollte aber nicht auch noch gewaltsam zum Bett geschleppt werden und folgte der Aufforderung. Er setzte sich neben ihn auf die weiche Decke und sah hinunter auf seine Hände. "Wie wäre es zur Abwechslung mal mit der Wahrheit?" Die Frage hatte er kommen sehen. Was antworten? >Nun... ich könnte sagen, ich wäre aus einer anderen - weit fortschrittlicheren - Welt gekommen, hätte keine Geschwister und würde nur wieder nach Hause reisen wollen.< "Mit welcher Wahrheit würdest du dich denn zufrieden geben?", fragte er leise. "Was willst du wissen?" "Wirst du nicht lügen?", stellte Daron eine Gegenfrage. "Schwöre es!" >Hiermit schwöre ich feierlich...< "Ja, ich schwöre, ich werde dich nicht mehr anlügen - im Moment jedenfalls nicht!" "Im Moment?!" Unzufrieden lehnte sich der Prinz zu ihm vor, so dass ihre Nasenspitzen nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren. Rayo schoss das Blut in den Kopf, er spürte wie die Hitze sich erneut in seinen Wangen sammelte. Warum wurde er denn jetzt schon wieder rot? "Ja, im Moment... Sei froh, dass ich dir das zugestehe!" Er wandte das Gesicht ab, damit Daron die Röte in seinem Gesicht nicht bemerkte. >Wie peinlich! Es ist wie im Kloster, nur schlimmer!< =>Haha! Du bist rot geworden!< >Mach dich nicht darüber lustig!< Sowieso rückte Daron ihm seiner Meinung nach ein wenig zu nah! Auf dem Bett war doch Platz genug! Schon wieder eine Einschüchterungsmasche? "Also... " Der Prinz überlegte. "Wie heißt du?" "Rayo..." Er sah zu dem neben ihm Sitzenden herüber, um seine Reaktion zu beobachten. "Rayo?" Daron schaute etwas verblüfft. "Rayo... Raya... Deine Eltern sind wirklich so komisch wie du! Na, ja! Irgendwoher muss das ja kommen! Und ihr seid ja auch Zwillinge! Nicht gerade originell, wenn du mich fragst..." "Ich frage dich aber nicht!" >Mein Name und der meiner Schwester gehen den nichts an! ... Oh... ich hab ja gar keine Schwester...< "Und meine zweite Frage... Wo ist Raya?" Ungeduld zeichnete sich auf dem Gesicht des Jungen ab. "Das ist etwas, das ich dir nicht sagen werde!", weigerte sich Rayo. "Du hast geschworen, die Wahrheit zu sagen!", fauchte der Prinz aufgebracht und stieß ihn leicht an. "Es ist die Wahrheit, dass ich es dir nicht sagen werde!" Rayo stieß nun seinerseits den vor Wut Kochenden in die Seite. "Du kannst nicht erwarten, dass ich dir meine Schwester ausliefere!" "Gemein! Gemein! Gemein! Ich gehe zu meinen Eltern, die werden dich schon zum Reden bringen!" "Wissen sie etwa, dass du eine bereits glücklich verlobt zu heiraten gedenkst?" Rayo warf ihm einen feixenden Blick zu. "Du mieser Betrüger! Ich liebe sie und ich werde sie finden! Verlaß dich darauf!" Er beruhigte sich langsam wieder und starrte auf seine Füße, die monoton über den Teppich schabten und dort dunklere Streifen hinterließen, wenn er die Teppichfransen entgegengesetzt zu der Richtung schob, in die sie zeigten. "Was war das mit der Schule?" Daron hob den Blick. "Es gibt nirgendwo Schulen, die Jungen und Mädchen zusammen besuchen... Und ein Junge lernt nicht Stricken! Bitte erklär mir das mal!" "Tut mir leid... dieses Detail meiner Vergangenheit muss ich auch für mich behalten!" Rayo schüttelte etwas traurig den Kopf. "Warum, Rayo?" Daron schien das wichtiger und persönlicher zu nehmen, als er angenommen hatte. Wieso lag ihm soviel an seinem unfreiwilligen Gast? Oder ging es ihm wirklich nur um Raya? >Ich würde es dir wirklich gerne erzählen... Manchmal wirkst du so verletzlich... es ist seltsam!< To be continued... So, an dieser Stelle breche ich erst einmal ab! Ich bin in einer Sackgasse! Ich muss mir jetzt überlegen, wie ich Rayo da heil wieder raushole! Der Arme! So was passiert auch nur ihm! Er sollte besser mal nachdenken, bevor er redet! Was haltet ihr von seinen Selbstgesprächen? Ich habe sie etwas verändert, um es klarer zu machen, wer redet, da mir aufgefallen ist, dass bei Animexx die Zeilen verschoben werden... vorher habe ich einfach drei Leerzeichen gesetzt, die werden aber da nicht gezeigt... *grummel* Habt ihr noch weitere Ideen, die ich einbauen kann? Wie kann ich Daron und Rayo noch quälen? *g* Sollte wirklich noch eine Person dazukommen, die den beiden klar macht, dass sie füreinander bestimmt sind? Sowas mit Eifersucht? Hehe... wäre doch mal was! Über Kommentare würde ich mich freuen... Die Ideen, die ihr hattet, konnte ich in diesem Teil noch nicht verwenden, da ich ihn vorher fertig hatte! Und nochmals danke allen, die bis jetzt fleißig gelesen haben!!! Ciao Tara(wieder mal unter Amys Nick) Kapitel 4: Kira --------------- Konnichi wa!!! Hier Tara(unter Amys Nick) Endlich komme ich mal dazu, den vierten Teil zu schreiben! Ich habe eine Inspiration! Jipiie!!! Ich möchte euch heute nicht viel aufhalten! Danke für eure Tipps, ich werde sicher für vieles Verwendung finden, ich weiß nur noch nicht, wann! Danke! Danke! Danke!!! Viel Spaß also noch beim Lesen! "..." Gesprochen >...< Rayos Gedanken =>...< Rayos innere Stimme Rayos Reise Part 4 "Ich kann dir sonst nichts mehr erzählen!", stellte Rayo sich quer. "Ich bin müde, ich hatte heute einen sehr wirschen Tag!" Daron seufzte resigniert. "Na, dann!" Er zog sich sein Oberteil über den Kopf und warf es neben das Bett auf den Boden. Überrascht starrte Rayo, der noch immer vor dem Bett saß, zu dem Prinzen hoch, konnte nichts anders, als seinen Blick über den muskulösen Oberkörper des Jungen wandern zu lassen und die samtene gleichmäßig gebräunte Haut zu bewundern. >Dieser verwöhnte Stubenhocker scheint ja doch recht oft an der frischen Luft zu sein...< Die goldenen Augen wanderten über das Schlüsselbein hinauf zu Darons Gesicht. Der erwiderte den Blick mit seinen grauen Augen. Rayo konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Aber er war fesselnd. >Was mache ich hier eigentlich? Und wieso... wieso werde ich schon wieder rot?! Ich merke es genau, ich mutiere noch zur Tomate! Das ist alles seine Schuld!< Rayo wandte sich schnell ab und sprang auf die Füße, um zu seinem Bett zu gehen. Er schlug die Decke zurück und wollte sich gerade in die Federn kuscheln, als Daron hinter ihm räusperte. Obwohl alles in ihm dagegen protestierte, drehte er sich, auf dem Bett sitzend, zu dem Prinzen um. "Willst du in den stinkenden Klamotten schlafen?" "Die stinken nicht!", fauchte Rayo. "Ach? Ist es dir dann etwa peinlich, weil ich viel attraktiver bin, als du?", reizte der Prinz mit fiesem Grinsen. "So wie du mich gerade angestarrt hast..." In seine Augen trat ein Funkeln, das Rayo nicht zuordnen konnte. "Quatsch!", rief Rayo verlegen aus. Rasch zog er sein Oberteil ebenfalls über den Kopf und legte es etwas sorgfältiger als es der Prinz zuvor getan hatte, neben das Bett. Er wagte es nicht, den mitten im Raum stehenden Schwarzhaarigen anzusehen. "Ich sag's ja: Ich bin viel attraktiver!", sagte der plötzlich und kam näher. Rayo sah nun doch auf. Er schämte sich vor einem Jungen, das war doch lächerlich! Und was sagte dieser Blödmann? "Das ist nicht wahr! Ich treibe täglich Sport!" >Da zahlt der Fußball sich halt aus!< =>Ja, bei deinen Beinen! Über die Arme wollen wir lieber nicht reden!< >Hmpf!< "Sieht man dir aber nicht an..." Der Prinz ging vor ihm in die Hocke und musterte ihn eindringlich. >Wieso will der mich so reizen? Was will er überhaupt? Der soll einfach ins Bett verschwinden!< "Überhaupt bist du für einen Jungen viel zu zierlich gebaut! Fast wie ein Mädchen! Du und deine Schwester seid euch wirklich noch ähnlicher, als ich dachte. Wenn ich dich so von nahem betrachte..." Sein Gesicht näherte sich Rayos. Der wusste nicht mehr, was er von dem Prinzen halten sollte. >Was will er? Was will er? Was will er?< Er fühlte sich nicht imstande zurückzuweichen. Sein Atem beschleunigte sich etwas, als hätte er Angst. Daron war ihm so nah, dass er die Wärme, die von ihm ausging, auf seinem nackten Oberkörper spüren konnte. Sein Atem streifte über Rayos Gesicht, löste ein leichtes Prickeln an den Stellen aus, die er berührte. >Verdammt, was soll ich machen?< Er tat gar nichts. Und ausnahmsweise wusste auch seine innere Stimme nichts dazu zu sagen. Die Lippen des Prinzen berührten sanft seine, strichen fordernd über sie und ließen Rayos Verstand nun vollends ausklinken. Er hatte schon geküsst, aber das war einfach anders als alles andere, das er je erlebt hatte. Das warme Gefühl in seinem Bauch glich tatsächlich Tausenden von Schmetterlingen, die durcheinanderwirbelten und deren Flügel über seine Organe kitzelten. Automatisch öffnete er den Mund, völlig vergessend, wen er vor sich hatte. Ein Gewicht legte sich auf seine Beine, Daron hatte sich auf seinen Schoß gesetzt und ließ seine Hände in seinen Nacken gleiten, um dort durch die sich aufstellenden Härchen zu kraulen.. Der Prinz erforschte seine Mundhöhle, berührte Rayos Zunge vorsichtig mit seiner und bat um Erwiderung des innigen Kusses. Dann war es plötzlich vorbei. Darons Lippen lösten sich von Rayos und er blickte mit Schalk in den grauen Augen hinab zu seinem unfreiwilligen Gast, auf dessen Schoß er saß. "Durch und durch ein Mädchen!", lachte er. "Was sollte das?" Rayo traute sich noch immer nicht, sich zu rühren. "Jetzt weiß ich schon einiges mehr über dich!", erklärte Daron. "Hä?" "Küssen kannst du!" Daron grinste, machte keine Anstalten, aufzustehen, oder seine Hände wegzunehmen. "Bist du verheiratet?" "Wie bitte?!", gab Rayo ungläubig von sich. "Ich bin erst sechzehn!" "Erst?", fragte der Prinz. "In deinem Alter solltest du schon längst eine Frau haben!" "Pah! Und du? Du bist doch auch nicht verheiratet!" "Ich kann mir Zeit lassen. Meine Eltern können es sich leisten! Ausserdem werde ich in einer Woche verheiratet sein... Mit deiner bezaubernden Schwester Raya!" "Und was hast du noch so über mich in Erfahrung gebracht?", lenkte Rayo vom Thema ab. "Ahm... Zum Beispiel, dass du ziemlich leicht aus der Fassung zu bringen bist. Du lässt dich einfach so von mir küssen... Oder bist du etwa so seiner...?!" "Ich bin durch und durch hetero!!!" "Was bitte?" Das Grinsen tauschte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck. "Soll heißen: Ich bin nicht schwul! Ich küsse keine anderen Jungs!" "Was willst du damit sagen, du Sittenstrolch?", knurrte Daron. "Du hast dich nicht gewehrt, ich wollte bloß..." "Ja, was wolltest du, du Perversling?" "Ich wollte dich prüfen!", meinte Daron nur selbstsicher. "Immerhin bist du deiner Schwester sehr ähnlich, da wollte ich einfach mal probieren..." "Na, danke!", murmelte Rayo bitter. "Sei nicht angefressen, der Kuss war nicht persönlich gemeint... Sollen wir das noch mal ausprobieren?" "Red keinen Scheiß! Geh lieber runter und in dein eigenes Bett!" "Spielverderber!", griente Daron, stand auf und streckte sich. Rayo starrte verunsichert auf seine Hände. >Blödmann... Will bei mir ausprobieren wie Raya küsst. Das fällt echt nur ihm ein... Wenn ich es mir aber recht überlege, war es eigentlich nicht so schlecht. Wenn er kein Junge wäre... Igitt!< Plötzlich wurde sein Kinn nach oben gedrückt und Daron drückte seine Lippen kurz auf Rayos. Der riss perplex die Augen auf. "Gute Nacht... Wenn deine Schwester auch so köstlich ist wie du, wird es mir ein vergnügen sein, sie zu ehelichen!" >Ich könnte heulen!!! Meine arme Schwester!< "Nacht... Und meine Schwester wirst du nicht kriegen!" Er drehte sich weg, wickelte sich in die Decke und starrte verwirrt und betroffen die Wand an. Das Licht der Kerzen hinter ihm verlosch. Man hörte noch die Decke rascheln und das Bett knarren. Dann wurde es still. Rayo seufzte und griff nach dem Anhänger seiner Mutter, den er immer um den Hals trug. >Verflixt...< Er tastete hektisch, doch seine Hand ergriff kein kühles Metall. >Er ist weg!< Er warf sich herum und wühlte in seinem Oberteil, für den Fall, dass er es beim Ausziehen verloren hatte. Nichts... >Das Kloster! Ich muss ihm beim Schlafen verloren haben! Wieso habe ich das nicht schon früher bemerkt? Ich muss ihn wiederhaben! Gleich morgen reite ich hin! Als Junge kann ich da unmöglich reingehen. Leider ist mein Umhang futsch... Ich muss mir wohl schon wieder was nehmen... Ich werde mir etwas von einem Dienstmädchen leihen. Peinlich! Dummer Prinz!< Mit diesen letzten durcheinanderwirbelnden Gedanken fiel er in einen Erschöpfungsschlaf. Der nächste Morgen brach katastrophal über ihm herein. Er wurde durch eine äußerst unbequeme Kopfnuß des Prinzen aus dem Schlaf gerissen. "Hey... lass mich gefälligst in Ruhe!", murmelte er verschlafen und drehte sich weg. Er war fest entschlossen, weiterzuschlafen. "Rayo, du stehst jetzt auf! Die Sonne geht gleich auf!" "Waaas?!", fuhr Rayo hoch. "Dann ist es ja noch Nacht!" "Gar nicht!", maulte Daron und zerrte ihn auf die Füße. "Ich muss jetzt kurz weg, morgendliches Schwerttraining!" "Und was habe ich damit zu tun...?" "Du hättest dich sonst gefragt, wo ich bin..." Daron strich mit der Fußspitze über den Teppich. "Ich schlafe noch mindestens die nächsten drei Stunden, also geh ruhig..." Der Prinz zuckte nur die Achseln und verließ das Zimmer. Leider war Rayo jetzt wach und würde auf keinen Fall mehr einschlafen können. Was war nur gestern in den Prinzen gefahren? >Bah, widerlich! Ich habe einen Jungen geküsst... Nein, warte mal! Ein Junge hat mich geküsst! Das zählt nicht!< =>Es hätte nicht gezählt, wenn du den Kuss nicht mit Genuß erwidert hättest!" >Ich habe es nicht genossen!!!< =>Nicht? Ich schon...< >Halt die Klappe! Ich bin nicht du!< =>Ich fürchte aber schon< >Nein, nein, nein, nein, nein! Ich - habe - es - nicht - genossen!!!< =>Ist gut, wenn du meinst...< >Ja, meine ich!< Rayo zog sich das Oberteil wieder über und verließ schnell das Zimmer. Er lief den Gang hinab. >Ein Dienstmädchen fragen werde ich sicher nicht! Ich leihe mir einfach so was aus...< Er öffnete eine Tür und fand sich in einem leeren Zimmer wieder. Leider keine Spur von Mädchenklamotten! Er trat zurück auf den Gang und schob die Tür zum nächsten Zimmer auf. Niemand war hier, aber es sah schon eher nach einem Mädchenzimmer aus. Ein Schminktisch mit vielen Parfümflaschen stand in der einen Ecke. Dahinter ein großer Spiegel. Rayo trat an den großen Kleiderschrank und riss willkürlich etwas heraus, das nach Mädchen aussah. Er wollte sich nicht länger hier aufhalten als nötig und verließ den Raum wieder. Die Klamotten schnürte er zu einem Bündel zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. Gut, dass er sich den Weg zum Ausgang gemerkt hatte. So kam er recht rasch zum Stall, begegnete zwischendurch nur wenigen Leuten. Daron war wohl echt ein Frühaufsteher, selbst für die Dienstboten des Schlosses. Er betrat den Stall und ging zu der Box seines Haflingers herüber. Der schnaubte leise und steckte den Kopf durch den Spalt des Tors. Er knabberte leicht an Rayos Ärmel und rieb seine Nase an seiner Hand. "Hey, du...", grüßte er im Flüsterton. "Ich werde wohl jetzt nicht mit dir ausreiten... Darons Pferd ist schneller und ich bin sicher, er wird versuchen, mir zu folgen. Aber ich komme gleich wieder." Er wandte sich von dem Pferd ab und suchte einen Stallburschen. Den fand er schlafend auf einem Holzbalken vor. "Hallo! Entschuldigen Sie!", rief er zu ihm herauf. Der Junge schrak aus dem Schlaf hoch und blickte verwirrt zu ihm herunter. "Oh, Verzeihen Sie, Sir!" Er sprang herab und sah ihn erwartungsvoll an. "Sie wollen ausreiten?" "Ja und zwar mit Prinz Darons schwarzem Hengst. Er hat sich einverstanden erklärt, keine Sorge!" Der Junge schaute kurz misstrauisch und nickte dann. >Lügen kann man wohl doch lernen.< Rayo ließ sich das Pferd satteln. Er hätte es selbst machen können, aber der Stallbursche bestand darauf, es für ihn zu tun. Also bedankte er sich bei dem Jungen und verließ mit dem Pferd am Strick den Stall. "Sagen Sie dem Prinzen, wenn er nach mir fragt, ich komme später wieder!" Er sprang auf den Rücken des schwarzen Hengstes, klopfte ihm kurz beruhigend auf den Hals und nahm dann die Zügel. Er trieb das Pferd an, war trotzdem noch vorsichtig, da er es nicht kannte. Der Hengst erwies sich als sehr temperamentvoll und lauffreudig. Dass er schnell war, wusste Rayo bereits. Doch ein Problem tat sich an dieser Stelle vor ihm auf: Er wusste nicht, wohin er reiten sollte, da er die meiste Zeit ihres Ritts bewusstlos gewesen war. >Mist, und jetzt? So finde ich das Kloster nie! Wenn ich doch wenigstens wüsste, wie die Stadt heißt...< Er traf auf einen Bauernhof und ritt auf das Hauptgebäude zu. Dann musste er eben fragen, was war schon dabei? Plötzlich blitzte es vor ihm auf und ehe er sich versah, drückte jemand ein Messer an seine Kehle. Rayo brach der Angstschweiß aus. >Waaah! Ich werde sterben!!< "Wer bist du?", fragte eine helle Stimme hinter ihm. "Und was willst du hier?" "Ich wollte...", Rayo schluckte panisch. "Ich wollte nur fragen, wo die nächste Stadt liegt..." Eine Hand tastete über seine Hüfte. "Du trägst keine Waffe bei dir...?", fragte die Stimme überrascht. "Was ist in dem Bündel da?" "K-kleidung...", stotterte Rayo zitternd. Das Messer verschwand und endlich konnte er sich herumdrehen und das Mädchen mustern, das auf einer weißen Stute saß und das Messer noch immer misstrauisch auf ihn gerichtet hielt. "Wie konntest du dich mit deinem Pferd so einfach von hinten an mich heranschleichen?!", fragte Rayo zittrig. "Mein Pferd ist leiser als ein Wiesel und schneller als eine Antilope!", prahlte das Mädchen mit finsterem Gesicht. "Aha..." Rayo ging mit dem Hengst etwas auf Abstand und musterte seine Kontrahentin prüfend. "Und kannst du mir sagen wo die nächste Stadt liegt?" "Ich wollte gerade in die Stadt, also kannst du mir ja einfach folgen. Dein Pferd sieht so aus, als könnte es sogar mit meiner Tamira mithalten." Ihr Blick glitt bewundernd über den Leib des schwarzen Prachtexemplars. "Den hast du sicher geklaut, nicht?" "Nein, nur geliehen...", gab Rayo grinsend zurück. "Ist nicht meiner!" Zum ersten Mal, seit er sie gesehen hatte, wurden die Züge des Mädchens etwas lockerer. Ihr Misstrauen schien zu schwinden. Das Messer verschwand in einem Oberschenkelgürtel. "Und du bist?", fragte Rayo. "Kira!", sagte das blonde Mädchen. "Nenn mich einfach Kira, mehr musst du nicht wissen." "Dann sag du einfach Rayo zu mir." "Gut, Rayo. Dann zeig mal, was dein Hengst drauf hat!" Sie preschte ohne Vorwarnung los. Die weiße Stute war schneller, als sie aussah. Bedeutend schneller. Rayo trieb den schwarzen Hengst zu Höchstleistungen an und hatte selbst dann Schwierigkeiten, sie einzuholen. Als er wieder auf einer Höhe mit ihr war, lächelte sie zu ihm herüber. "Gar nicht schlecht! Dafür, dass er nur geliehen ist, kannst du gut mit ihm umgehen!" "Danke! Du bist auch eine echt gute Reiterin!" Die blauen Augen der Blonden leuchteten kurz auf, dann wandte sie sich wieder dem Weg zu. Sie ritten über eine Ebene mit trockenen Sträuchern und Gräsern. Hier brannte die aufgehende Sonne direkt auf sie nieder, keine Bäume spendeten Schatten. "Ist es sehr weit bis zur Stadt?", fragte Rayo, als sie im leichten Trab nebeneinander her ritten. "Und woher weißt du, in welche Richtung wir müssen, wo doch alles gleich aussieht?" "Ja, wir werden noch eine ganze Weile brauchen! Und die Richtung weiß ich durch den Sonnenstand... Hast du eigentlich gar keine Ahnung?" "Hä? Worüber?" >Scheiße, ich fühl mich richtig blöd...< =>War auch ein dummer Kommentar!< >Klappe, du hast doch auch keinen Schimmer...< =>Natür...< Kiras helles Lachen hinderte seine innere Stimme am Weitersprechen. "Du reist mit einem kleinen Bündel Kleidung, ohne Nahrung und jegliches Wissen über deine Umgebung durch das Land? So hast du nicht die geringste Überlebenschance, Kleiner!" "Ich weiß schon, was ich tue!", grummelte Rayo missmutig. "Scheint mir aber nicht so! Du hast keinerlei Orientierung, kein Essen, keine Decke zum Schlafen und nicht einmal eine Waffe, um dich zu verteidigen!" Wieder lachte sie verächtlich. Rayo kochte vor Wut. Er würde ihr gerne seine Meinung sagen, aber von ihrem Standpunkt gesehen, hatte sie nicht ganz unrecht. "Stimmt schon.", gab er also einsichtig zu. "Deshalb brauchst du dich aber nicht über mich lustig zu machen, ich habe schon meine Gründe..." "Ach, Gründe? Weißt du eigentlich wie viele Diebe und Räuber es hier gibt? Dein Pferd ist es denen wert, dich zu töten." Ihr Blick war ernst und kein Spott glänzte mehr in ihren schönen blauen Augen. "Für dich ist es aber auch nicht gerade ungefährlich, alleine in die Stadt zu gehen!" Er deutete auf ihren schlanken Körper. "Du bist es ihnen auch wert, dich zu vergewaltigen!" Sie wurde bis unter die Haarwurzeln rot und verbarg ihr Gesicht in den Händen. "Flegel!", fauchte sie. "Über so etwas redet man nicht in der Anwesenheit einer Dame!" Sie lugte beschämt zwischen den Fingern hindurch. Rayo war verwirrt. >Was ist an diesem Thema jetzt so schlimm?< "Warum?", fragte er also kleinlaut. "Du hast echt gar keine Manieren! Schlechte Kinderstube, was?!" Sie nahm die Hände von ihren Augen und warf ihm einen empörten Blick zu. "Ich habe keine Ahnung von sowas, also lass mich damit in Ruhe! Was in der Ehe passiert, erfährt eine Frau erst, wenn sie heiratet!" "Echt?", keuchte Rayo. "Ist ja dämlich..." >Wieder so eine Sitte...< // Anm. der Autorin: Für alle, die es nicht wissen Früher wussten Frauen wirklich nicht, was im Ehebett gemacht wird. Entsprechend groß war die Angst vorher. Sex vor der Ehe gab es sowieso nicht, zumindest nicht offiziell und in guten Kreisen. Es galt als Verstoß gegen die guten Sitten. Besonders in der feinen Gesellschaft gab man sich nicht mit solchen Leuten ab und wollte auf gar keinen Fall mit jemanden gesehen werden, der einen schlechten Ruf hatte. Eine Frau wusste eigentlich gar nichts über Männer. Auch nicht wie man küsst, oder was ein Mann so in der Hose hat ^^ Die Frauen waren total unerfahren und auch Mütter erzählten ihren Töchtern nichts. Muss schrecklich gewesen sein... Das erklärt jetzt hoffentlich für alle, die es nicht wussten, Kiras Reaktion. Niemand redet über sowas und deshalb ist es ihr peinlich, dass Rayo es tut... Also, weiter im Text \\ "Dämlich? Du redest echt nur Müll! Was bist du bloß für einer?" "Und du darfst echt alleine so weit reiten?", lenkte Rayo verlegen lächelnd ab. "Mein Vater hat mich vom Haus aus beobachtet. Ich darf nicht alleine weg, aber ich habe doch eine Begleitung, oder? Er wird mich nachher noch löchern mit Fragen über dich. Ich hatte mich schon geärgert, weil keiner Zeit für mich hatte..." =>Deshalb hat das Mädchen so schnell klein bei gegeben... Hab ich's doch geahnt!< >Tja, so ist es eben... Wenigstens komm ich jetzt in die Stadt!< => Du sagst es... Eine Hand wäscht die andere!< "Aber ich kann dich nicht beschützen!", erklärte Rayo. "Wie du schon betont hast, ich habe keine Waffe und kräftig bin ich dazu auch noch nicht einmal!" "Du bist ja auch gebaut wie ein Mädchen!", lästerte Kira. >Wie ein Mädchen... Argh!< => Wie sagte Daron nicht gleich? Durch und durch ein Mädchen...< >Nein!!!< "Klappe!", brüllte Rayo. "Wie ich gebaut bin, geht dich nichts an! Dann bin ich eben klein und schmächtig!" "Beruhige dich!", lächelte Kira. "Größer als ich bist du doch sicher..." >Der Prinz verfolgt mich selbst bis hierher! Hat man denn nie seine Ruhe?< In den folgenden Stunden erfuhr Rayo von dem, wie er mitbekommen hatte, ebenfalls sechzehnjährigen Mädchen Kira, einiges über ihr Leben. Ihr Vater war einfacher Bauer, der es liebte, Bücher zu sammeln. Ihre Mutter machte den Haushalt. Sie erzählte ihm von ihrem Stall, der wie sie ihm flüsternd berichtete, klasse Pferde züchtete. Rayo wunderte sich, dass selbst das Thema Pferdezucht zu dem Bereich zählte, der für Frauen Tabu war und über das man in ihrer Anwesenheit nicht sprach. Sie schämte sich eindeutig, darüber geredet zu haben. Was sollte dieser fremde junge Mann jetzt von ihr denken? Rayo hätte sie liebend gern beruhigt, aber er traute sich nicht, noch weiter über diese Sache zu reden. Durfte man hier eigentlich gar nicht frei seine Meinung sagen? Dann endlich waren sie da. Die Reise hierher hatte länger gedauert, als er gedacht hatte, aber es war erst gegen Mittag, da sie ja in aller Herrgottsfrühe losgeritten waren. Sie stiegen am Stadttor von den Pferden. Tatsächlich war Rayo ein kleines Stück größer als Kira. Aber auch nur ein kleines. Und hier würden sich also ihre Wege trennen. "Danke, dass du mir den Weg gezeigt hast!", lächelte Rayo, erleichtert, endlich am Ziel zu sein. Dann fiel ihm spontan etwas ein. Er musst ja noch einen Weg zurück in seine Welt finden! "Gibt es hier eigentlich sowas wie Hexen, Magier, oder Wahrsager?" "Was?!" Entsetzt starrte das Mädchen ihn an. "Hexen?" >Oh, nein... Da war ja was mit Hexenverbrennung, oder...?< "Ich meine, damit ich weiß, ob ich mich vorsehen muss. Ich kenne mich hier doch nicht aus..." "Hexen sind gefährlich und..." Ihr Blick wurde düster. "...werden verbrannt, ich weiß..." "Verbrannt?", fragte Kira überrascht. "Wo gibt es denn sowas? In den Sagen über Hexen wurde noch nie eine verbrannt... soweit ich weiß..." "Sagen?" >Ich glaube, ich habe doch keine Ahnung! War das eine falsche Episode?< "Ja, Sagen..." Sie lachte. "Ach, so!" Rayo kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf. "Die Sagen!" "Du bist total durchgeknallt...", grinste Kira. "Hexen gibt es nicht, Trottelchen! Ich habe dich reingelegt!" Rayo würde sich in Zukunft wohl erkundigen müssen, bevor er redete. "Ich muss jetzt aber weg! Danke noch mal...", murmelte er und verbeugte sich leicht. >Lieber schnell zum Kloster und...< "Du willst eine arme schwache Frau allein in die Stadt gehen lassen? Wo steckt eigentlich der Gentleman in dir?" Wehleidig blickte sie ihn aus flehenden Augen an. "Ich habe aber wirklich keine Zeit..." "Aber ich kann doch nicht..." "Ich kann dir sowieso nicht helfen..." "Ich... ich..." Tränen glänzten in ihren blauen Augen und sie schickte ihm noch einen Rehblick. "Gut, gut!", gab Rayo trotzig nach. "Ich komme ja mit! Ich kann aber für nichts garantieren!" Strahlend hakte sie sich bei ihm ein und zerrte ihn durch das Tor in die Stadt. An ihrer freien Hand führte sie die Stute und Rayo hatte Probleme den Hengst, der die Menschenmassen nicht gewohnt war, ebenfalls mit einer Hand durch das Gedränge zu lotsen. "Frischer Fisch!", rief ein Händler links von ihm. "Kaufen Sie! Heute besonders günstig!" "Oh, Fisch brauche ich!", rief Kira. "Sieh mal, Rayo!" "Der sieht aber gar nicht gut aus..." "Hey, mein Fisch ist frisch!", meckerte der Verkäufer. "Ist er nicht! Ich kenne mich da ein wenig aus!" Rayo ging weiter. Diesmal zog er Kira mit sich. "Du kennst dich da wirklich aus?", fragte Kira verwirrt. "Du bist ein Mann!" "Ja, und?", fauchte Rayo. "Ich bin nicht so wie andere Typen, merk dir das!" Kira quietschte plötzlich vergnügt auf und riss ihn mit sich zu einem anderen Stand. "Guck mal!" Sie deutete auf das silberne Armband auf der Theke des Schmuckhändlers. "Das ist schön!" Wieder schenkte sie ihm einen bettelnden Rehblick. "Kauf es mir... Bitte!" "Nein!", rief Rayo empört aus. "Bist du in die Stadt gegangen, um dich durchzuschnorren?" "Ne, aber ich kann mir das Armband nicht leisten. Ich brauch mein Geld für Essen. Du könntest mir aber doch sicher... Bitte..." "Guck mich nicht so an! Das ist unfair!", wehrte er sich vergeblich. => Du hast ein zu weiches Herz! Sie wird dich bis auf die Knochen auslaugen...< >Du hast recht!< "Och, komm schon..." "Kommt nicht in Frage!" "Hast du nicht genug Geld...? Na, dann lass es!" Rayo nickte und schwieg. Als er weitergehen wollte, hielt sie ihn zurück. "Fühlst du dich in deinem Stolz gar nicht verletzt?", fragte sie grimmig. "Jeder andere Kerl hätte sich beweisen wollen!" "Ich bin nicht jeder andere Kerl, Kira!", murrte Rayo. "Du bist gemein!", jammerte sie weinerlich. =>Achtung, Junge! Sie greift zu ihrer letzten und gefährlichsten Waffe!< >Bitte, keine Tränen!!!< "Ich kaufe es dir!" Rayo holte seufzend Darons Beutel hervor und bezahlte dem grinsenden Händler die fünfzig Silberlinge für das Armband. Der Mann packte das gute Stück in eine Papiertüte und drückte es ihm in die Hand. "Da ist jeder machtlos!", lächelte er verständnisinnig. "Pass gut auf deine kleine Freundin auf!" Rayo grummelte nur ein "Wiedersehen" und ließ sich genervt von Kira zum nächsten Stand ziehen. Zum Glück kaufte sie hier nur Obst und Gemüse. Darauf am folgenden Stand Fleisch und an einem anderen Fisch, bei dem sie Rayo um Rat fragte. "Ist der auch wirklich gut, Rayo?" "Der ist in Ordnung, habe ich doch schon gesagt! Du solltest aber jetzt zurückreiten, sonst wird das Zeug schlecht!" "Oh, gut! Aber vorher gehen wir noch was essen, ja?" "Von mir aus..." "Du lädst mich ja ein, nicht wahr? Danke!" >Diese... ich glaube es nicht!< =>Sie nutzt dich aus!< >Ach, nein! Das habe ich noch gar nicht bemerkt!< Sie banden die Pferde draussen an und traten in eine kleine Gaststube. Dort setzten sich an einen Tisch in einer abgelegeneren Ecke. Kira blickte Rayo, der ihr gegenüber saß, lächelnd an. "Dass du mir das Armband gekauft hast, fand ich wirklich lieb von dir!" Rayo holte die Tüte hervor und öffnete sie. Kira betrachtete mit leuchtenden Augen den schimmernden Gegenstand. "Legst du es mir an?", fragte sie errötend. "Na, klar!" Rayo streifte ihr das Armband über die Hand. "Es steht dir gut!" Kira errötete noch mehr und sah schüchtern zu ihm herüber. "Danke..." "Keine Ursache." Rayo wusste die Währung dieses Landes nicht einzuschätzen, also war ihm der Preis recht egal gewesen. Hauptsache sie hörte auf zu nerven. "Ich weiß, ich habe dich ziemlich ausgenutzt... Das war nicht nett von mir..." Kira senkte den Blick auf das Holz des Tisches und strich die Rillen leicht mit den Fingern nach. "Ich bin echt blöd..." "Bist du nicht...", sagte Rayo leise. "Nur etwas unverschämt!" "Waaas?!", fuhr Kira auf. Einige Leute drehten sich zu ihnen um. "Was fällt dir ein, mich so zu beleidigen!" "Was wollen Sie bestellen?", fragte plötzlich ein Kellner vorsichtig. "Ach, ja!!! Ich möchte bitte einmal das Tagesmenü mit Getränk und eine große Portion Fleischauflauf! Dazu die Nachspeise und..." "...für mich bitte nichts." "Du willst nichts?", fragte Kira verwundert. "Nein, dein Essen reicht sicher für zwei!" "Gemeinheit! Ich esse doch nicht mit dir von einem Teller! Ist ja ekelig!" "Du musst ja nichts essen!" Kira verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. >Frauen sind so schwierig...< Rayo begnügte sich mit dem Schweigen und stützte die sein Kinn auf seine Hände. Wenig später kam das köstliche Mahl. Zuerst weigerte Kira sich strikt, mitzuessen, aber ihr Hunger siegte über ihre Wut und sie schlug herzhaft zu. "Einfach lecker!", kommentierte Rayo. "Das Essen hier ist wirklich nicht schlecht! Fast so gut wie zu Hause!" "Du hast also auch ein Zuhause...", bemerkte Kira ironisch. "Bisher habe nur ich von mir erzählt! Von dir weiß ich nichts!" "Ich möchte auch nichts von mir erzählen. Sonst hätte ich es sicher schon getan." Rayo lächelte geheimnisvoll. "Und da das Essen jetzt vertilgt ist, werde ich mich wieder auf den Weg machen! Allein!" Er bezahlte dem Kellner die verlangten 20 Silberlinge und stand auf. "Ich komme noch mit zum Ausgang der Stadt...", sagte Kira mit neugierigem Blick. "Darf man wenigstens erfahren, wo du jetzt hinwillst?" "Tut mir leid, da muss ich passen!" Die alte Verlegenheit blitzte wieder an die Oberfläche und zeigte sich in einer unsicheren Geste mit der Hand zum Hinterkopf. "Du bist echt ein komischer Typ!" Kiras Blick nahm wieder etwas von ihrer vorherigen Überlegenheit an, da sie durch Rayos Unsicherheit neuen Mut gewann. "Und wie soll ich allein nach Hause kommen?" "Ich bin nicht dein Schutzengel!", beschwerte sich der Schwarzhaarige. Er war wieder eindeutig in der Defensive. "Und wenn mir was passiert?", schniefte Kira. "Dann bist du Schuld, weil du mich nicht beschützt hast!" "Ich muss aber noch was erledigen..." "Was denn?" "Es geht um einen Anhänger meiner Mutter, den ich holen muss... und zwar aus dem Kloster..." =>Bist du blöd?! Warum erzählst du ihr das?!< >Ich kann ihr nichts abschlagen...< =>Du bist doof!< >Schön, das weiß ich auch!< "Aus dem Kloster?", kreischte Kira. "Pssst!", machte Rayo erschrocken und zog das Mädchen schnell von ihrem Platz aus dem Laden. Sie schaffte es gerade noch, ihre Einkäufe mitzunehmen. "Erzähl weiter!", sagte sie aufgeregt, als sie bei den Pferden ankamen und Rayo den schwarzen Hengst losband. "Ganz einfach, ich habe einen Anhänger dort verloren, als ich mich im Kloster als Mädchen versteckt habe. Und den muss ich zurückholen. Als Mädchen!" Kira schüttelte fassungslos und mit glühenden Wangen den Kopf. "In einem Kloster, Rayo!", schimpfte sie. "Wenn ich nicht wüsste, dass du ein guter Mensch bist... also, nein!" "Ich musste mich da nur verstecken!", rechtfertigte Rayo sich. "Weil ich keinen Schlafplatz hatte!" "Ich glaube dir ja!", lachte Kira. "Die Sache ist einfach zu komisch! Deshalb treibst du dich hier also rum! Ich werde dir helfen und mit dir ins Kloster gehen! Das muss ich sehen! Dich als Mädchen!" "Das ist nicht komisch!" Sie verließen die Stadt nun endgültig und ritten in den nahen Wald beim Kloster, mit dem Rayo schon bittere Erfahrungen gemacht hatte. "Pass auf, Rayo!", warnte Kira. "Da ist ein Abgrund, den man erst gar nicht bemerkt, wenn man durch den Wald reitet." "Ich weiß...", knurrte der Junge. >Der Prinz hätte mich wirklich liegenlassen können...< Sie blieben stehen und Rayo stieg vom Pferd. "Verstecken wir hier die Pferde?", fragte das Mädchen. "Unter anderem.", bestätigte Rayo. "Ich geh mich eben dort drüben umziehen. Ich muss ja als Mädchen hin..." "Deshalb das Kleidungsbündel!", rief Kira aus. "Na, dann beeil dich!" Rayo packte sich besagtes Bündel und verschwand zwischen den Bäumen. Dort rollte er es aus und fand ein züchtiges Kleid mit hohem Verschluss. Genau das, was er brauchte! Er zog sich bis auf die Unterwäsche aus und streifte das Kleid über. >Es passt perfekt... Wie peinlich...< Der seidene Stoff legte sich locker um seinen Körper, wäre er ein Mädchen, würde es ihm gefallen. Nur etwas für den Oberkörper brauchte er noch... Ja, da war ein passender Umhang gegen die kühle Luft. Ein empfindliches Fräulein durfte sich ja schließlich nicht erkälten... Rayo trat zurück zu den Pferden und Kira aus den Büschen. Kira bekam einen ausgewachsenen Lachanfall. "Du siehst ja wirklich wie ein Mädchen aus! Genial!" "Hör auf zu lachen!", schrie Rayo. "Ich finde das ätzend." "Ja, ja!", grinste Kira. "Guck nicht so undamenhaft!" "Kira... Mach mich nicht wütend!" "Tut mir leid, aber ich habe noch nie einen Mann in Frauenkleidern gesehen. Du kannst wirklich jeden damit täuschen. Du bist zu feminin." "Das weiß ich selbst!", murrte Rayo vor sich hin. "Ich finde das widerlich!" "Stimmt gar nicht, ich finde das wirklich süß!" "Ich möchte aber nicht >süß< sein!" "Bist du aber!" Kira hakte sich wieder unter und zog den Jungen aus dem kleinen Wald heraus über die Lichtung zum Kloster. "Und dort sollen wir rein?" "Ja..." Er trat nahe an die Tür heran und klopfte kräftig gegen das Holz. "Wie soll ich dich überhaupt nennen, Rayo?" "Sag..." Die Tür öffnete sich einen Spalt und eine Nonne mit tiefen Ringen unter den Augen lugte hervor. "Schwester Thera?", fragte Rayo mit seiner verstellten Stimme und musterte die Frau besorgt. Kiras Lachen hinter ihm überhörte er einfach. "Miss Raya!" Thera öffnete erfreut die Tür, aber ihre Stimme blieb leise. "Die Mutter ist gestern Nacht verstorben, wir haben die ganze Nacht hindurch an ihrem Sterbebett gewacht. Jetzt kommen Sie aber erst einmal herein, Miss. Sie haben Begleitung?" "Ja, das ist eine gute Freundin von mir. Miss Kira!" "Ihre Freunde sind auch unsere Freunde!" Ein gutmütiges Lächeln zierte das Gesicht der alten Frau. Sie betraten das Kloster und folgten Schwester Thera in den Empfangssaal. "Ich weiß schon, weshalb Sie gekommen sind." Sie öffnete ein kleines Kästchen und zog den Anhänger hervor, der Schuld an Rayos Reise war. "Er ist ein schönes Stück! Besonders der Stein, der in ihn hineingearbeitet ist. Je nach dem, wie die Sonne drauffällt, ändert er seine Farbe. Wunderschön!" "Ja, das ist er!", freute Rayo sich. "Der lange Ritt war also nicht umsonst!" "Bitte sehr." Thera gab ihm den Anhänger, den er sich schnell um den Hals band. "Bäh...", flüsterte Kira ihm ins Ohr. "Eine Junge, der Schmuck trägt. Du bist wirklich wie ein Mädchen..." >Warum muss eigentlich immer jeder betonen, dass ich wie ein Mädchen aussehe oder benehme... das macht mich wahnsinnig!< "Nicht sauer sein...", lachte Kira mit unschuldigem Augenaufschlag. "Miss Raya, Miss Kira?" Schwester Thera deutete auf einen Tisch, an dem duftendes Essen stand. "Wollen Sie nicht noch was essen und mir dabei erzählen, was alles so passiert ist, nachdem der Prinz Sie, Miss Raya, verfolgt hat?" "Ne...", begann Rayo. "Aber natürlich!" Kira lächelte das Essen entzückt an und setzte sich sogleich. "Du hast gar keine Manieren.", tadelte Rayo sie. "Und du hast gemeint, ich hätte keine..." "Hast du ja auch nicht, Raya-Schätzchen..." "Du bist hier im Kloster, also benimm dich!" "Miss Raya, Sie haben sich kein bisschen verändert!", lachte Thera und setzte sich zu ihnen an den Tisch. "Essen Sie soviel Sie wollen, Miss Kira!" "Danke!" "Und nun, Miss Raya? Was war mit dem Prinzen und ihrem Verlobten?" Kira hustete und klopfte sich auf die Brust. "Der Prinz hat mich natürlich nicht gefunden und ich konnte heil nach Hause zurückkehren.", log Rayo mit flauem Gefühl im Bauch. Daron anzulügen war etwas anderes, als Thera etwas vorspielen zu müssen. Es stimmte zwar, dass er ihr von Anfang an nicht die Wahrheit gesagt hatte, aber es fiel ihm schwerer als bei dem idiotischen Prinzen. "Er hat Sie nicht gefunden?", staunte Schwester Thera. "Wie sind Sie ihm entkommen, Kindchen?" Kira grinste. Sie konnte sich wohl schon denken, wie. "Er wusste ja nicht, wo ich lebe und das ist sehr weit weg von hier. Soweit ist er wohl nicht geritten." "Er machte einen sehr entschlossenen Eindruck auf mich.", sinnierte Thera. "Er hat Sie also nicht weiter belästigt? Mir kam nämlich zu Ohren, er würde Sie im ganzen Land suchen. Hier im Kloster war ein Bote von ihm und hat sich nach Ihnen erkundigt. Wenn Sie auftauchen, soll ich das sofort melden..." "Schwester?", fragte Rayo erschrocken. "Keine Sorge!", lächelte die Nonne. "Sie sind doch verlobt. Es ist meine heilige Pflicht, die Verlobung zu schützen. Ich werde Sie nicht verraten." "Ich danke Ihnen!" "Du musst mir nicht danken, es ist mir eine Ehre..." "Ich danke Ihnen trotzdem. Allerdings können wir nicht länger bleiben. Die Heimreise steht an und man wartet sicher schon auf uns!" "Gut, Gott möge euch schützen. Ich begleite euch noch zur Tür." Gesagt, getan. Die alte Nonne brachte sie zur Tür und sah den beiden belustigt nach. Miss Raya war wirklich sonderbar mit ihrem fast schulterlangen Haar und den zu großen Händen. Sie würde den kleinen Wildfang wirklich zu gerne unter ihre Fittiche nehmen, aber sie wusste, das Mädchen würde sich nicht für ein Kloster begeistern lassen. Jedenfalls würde sie ihren Schützling weiter beobachten und Raya zur Seite stehen, wenn sie Hilfe brauchte. "Das musst du mir jetzt genauer erklären!" Kaum, dass sie den Wald betreten hatten, verstellte Kira Rayo den Weg und fuchtelte aufgeregt mit den Armen herum. "Du kennst Prinz Daron Troya? Und wieso hat er dich verfolgt? War es das Pferd? Hast du es ihm doch geklaut?" "Quatsch!" Wütend stemmte Rayo die Hände in die Hüften. "Der Prinz wollte meine Schwester heiraten! Dieser verdammte... Dabei ist sie verlobt! Ich werde sie beschützen!" =>Idiot!< "Deine Schwester?", fragte Kira verwirrt. "Raya!", antwortete Rayo aufgebracht, stockte dann jedoch. "M-mich... meine ich..." "Er wollte dich heiraten?!", keuchte Kira. "Aber du bist ein Junge..." "Guck mich doch an! Sehe ich in den Klamotten aus wie ein Junge?" "Also...", überlegte die Blonde. "Wenn du so guckst wie jetzt, dann nicht!" "In dem Moment dachten aber alle, ich wäre ein Mädchen, weil ich mich auch so benehmen musste, um nicht aufzufliegen! Als der Prinz mir dann diesen ätzenden Antrag gemacht hat, habe ich ihm erzählt, ich wäre verlobt. Er sollte mich bloß in Ruhe lassen!" "Und?" Interessiert beugte Kira sich zu ihm vor. "Es war ihm egal!", brauste der Schwarzhaarige auf. Das Mädchen brach in schallendes Gelächter aus und klopfte ihm mitleidig auf die rechte Schulter. "Und dann bist du weggelaufen, nicht wahr?", lachte sie. "Und hast dir dabei seinen schönen Hengst >geliehenAuf Leben und Tod?!< Rayo ließ seinen Blick von dem Muskelprotz zu Daron und wieder zurück gleiten. "Boss!", riefen die beiden anderen Männer ebenfalls entsetzt und unsicher. "Lass das!" Der Angesprochene warf seinen Leuten nur einen bösen Blick zu und wandte sich dann wieder an Daron. Der spuckte nur verächtlich aus. "Es ist deine Sache, wenn du sterben willst!", murmelte der Prinz. "Die Klinge von Baldo hat dein Blut geschmeckt und wartet ungeduldig auf mehr!" Wie zum Beweis hob er das Schwert in seinen Händen, dessen blutige Spitze im Sonnenlicht dumpf leuchtete. Jede seiner Bewegungen zeugte von jahrelangem harten Training. Er wusste genau, was er tat und dieser Angeber würde nicht die geringste Chance gegen ihn haben. Schweren Herzens trat Rayo in die Büsche und zog Kira, die noch zu erschrocken war, um zu protestieren, zu den Pferden, die in der Nähe standen. Schweigend deutete er ihr, die weiße Stute Tamira zu besteigen, riss sich das Kleid herunter und zog seine eigene Kleidung wieder an. Den Rest schnürte er zu einem Bündel und band es an den Sattel des schwarzen Hengstes, der schnaubend den Kopf zu ihm umwandte. Rayo warf ihm einen kurzen Blick zu und schwang sich auf seinen Rücken. "Lass uns von hier verschwinden!", flüsterte er dem blonden Mädchen zu. "Der Prinz schafft das schon!" Kira sah ihn zweifelnd an und trieb ihre Stute an. Im scharfen Galopp verließen sie den Wald und lenkten ihre Pferde in stillem Einverständnis in Richtung des Bauernhofes, den Kira mit ihren Eltern bewohnte. To be continued... So, das war der vierte Teil. Sorry, dass es so lange gedauert hat, aber zwischendurch bin ich auch mit anderen Projekten beschäftigt, die meine Aufmerksamkeit verlangen. Außerdem hatte ich extremen Klausurenstress, was ja jetzt endlich so gut wie vorüber ist! Jetzt werde ich wohl mehr zum Schreiben kommen. Das heißt, wenn mein Vater mich nicht davon abhält mit Sprüchen wie >Lern mal für die Schule!<, oder sowas ähnliches. Das kennt jeder, nicht wahr? Der ewige Konflikt mit den Eltern! Nie sind sie zufrieden mit einem! Na, ja! Was soll's! ^^ Ich hoffe es hat euch gefallen! Daron kam im letzten Teil dieses Parts sehr wenig vor, aber der Anfang reicht sicherlich als Entschädigung, ne?! *ggg* Die Kussszene konnte ich einfach nicht weglassen... Amy sagt, ich könnte es so stehen lassen, weil Daron ja aus dem Motiv heraus Rayo küsst, ihn zu >probieren<, um zu sehen wie Raya küsst. Fadenscheinig, ich weiß, aber ich wollte das unbedingt da reinbringen - vor allem, weil es für Rayo so unerwartet kommt. Der zweite Kuss direkt danach hätte nicht sein müssen. Gutenachkuss ^^. Ich wollte aber ausdrücken, dass Daron seine Finger einfach nicht von dem kleinen Rayo lassen kann, auch, wenn er selbst es wahrscheinlich gar nicht mal merkt! Und hiermit widme ich die FF Mistery! @Mistery: Du schreibst mir immer so liebe Kommentare, dafür muss ich mich mal endlich bedanken. Deine ENS hatte ich bekommen, als ich noch nicht wusste wie man die schreibt... gomen, deshalb konnte ich nicht antworten... Deine Ideen sind prima! Ich würde mich freuen, wenn du mir auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehst... *liebguck* Ich danke auch allen anderen, denen meine Story gefallen hat und besonders denen, die mir das auch sagen! Mag sein, dass dieser Teil nicht so lustig war wie die vorigen, aber die ernstere Episode musste mal sein! Ich wollte den Kuss der beiden nicht veralbern! Ausserdem sollte Kira nicht in ein falsches Licht gerückt werden! Rayos Reise wird weitergehen!!! Ciao Tara Kapitel 5: Die Magierin ----------------------- Konnichi wa! Hier Tara(unter Amys Nick) Hier also der fünfte Part von Rayos Reise! Ich weiß, ich habe jetzt lange gebraucht, aber ich war im Stress und musste den größten Teil des Parts noch einmal völlig verändern! Dafür ist er aber auch länger als alle vorherigen und das ist doch schon mal was, oder? Ich bin jetzt eigentlich recht zufrieden damit, aber so wie er vorher war, konnte ich ihn unmöglich lassen... ^^ Eine Widmung geht an alle, die diese FF lesen, ein ganz besonderer Gruß an Mistery und Marn, die mich immer so lieb unterstützt haben! Danke! Jetzt aber viel Spaß beim weiteren Lesen: --- "Lass uns von hier verschwinden!", flüsterte er dem blonden Mädchen zu. "Der Prinz schafft das schon!" Kira schaute nur zweifelnd und trieb ihre Stute an. Im scharfen Galopp verließen sie den Wald und lenkten ihre Pferde in stillem Einverständnis in Richtung des Bauernhofes, den Kira mit ihren Eltern bewohnte. --- Rayos Reise Part 5 Kaum, dass sie zehn Minuten lang geritten waren, hörten sie lautes Hufgetrappel. Und es waren eindeutig nicht die Geräusche ihrer Pferde. Da war jemand hinter ihnen und er war schnell. "Rayo!", rief Kira warnend. Er hatte es auch gesehen. Ein dunkler Schatten war mit unglaublicher Geschwindigkeit an ihnen vorbeigezogen, obwohl sie selbst schon im schärfsten Galopp ritten. Tamira und Darons Hengst wurden von einem schwarzen Koloss von Pferd in den Schatten gestellt, das jetzt vor ihnen einlenkte und sie dazu zwang, scharf abzubremsen. Das schwarze Pferd hatte einen edel gebogenen Hals, stolze dunkle Augen, die sie wissend musterten, eine graue, nach allen Seiten abstehende Mähne und ein peitschenden grauen Schweif, der den Staub auf dem Boden mit einem Ruck aufwühlte. Und die Person auf seinem Rücken war kein anderer als Prinz Daron Troya, dessen Gesicht und Kleidung mit Blut beschmiert waren. Sein stechender Blick suchte sofort den des Jungen und versprach bittere Konsequenzen für den Vertrauensbruch. "Da-Daron...", stotterte Rayo mit plötzlicher Nervosität. "Würdest du mir das alles bitte mal erklären?", knurrte der Prinz, der Rayo wie ein anderer vorkam, nicht wie der verwöhnte Bursche, den er kennengelernt hatte. "Also... also, ich..." "Keine Lügen!", mahnte Daron finster. "Du hast es versprochen!" "Ich war in der Stadt, Daron...", murmelte Rayo. "Mit Kira..." Kira nickte beflissen und mit gesenktem Blick. Der Prinz wandte sich ihr zu. "Und wer bist du, Kira?", fragte er streng, wobei er ihren Namen spöttisch gedehnt aussprach. "Ich bin die Tochter eines reichen Gutsherren, dem hier ein großer Teil des Landes gehört. Sie kennen meinen Vater sicher, er heißt Solomo Berano. Ich wohne auf dem Fronhof in der Galeiasteppe." //Anm. der Autorin: Zur Gutsherrschaft: Früher haben die Gutsherren ihr Land an sogenannte Grundholden für Abgaben in Form von Naturalien und später Geld verliehen (Landleihe). Für die Verwaltung hatten sie einen Angestellten, den Meier, der Geschäftliches regelte. Die Gutsherren beschützten ihre Grundholden, dafür standen die Grundholden ihrem Gutsherren bei einer Fehde, einer kriegerischen Auseinandersetzung zweier Parteien und ihrer Verbündeten, bei. Ausserdem hatte der Gutsherr Gerichtsbarkeit über seine Grundholden und so auch öffentlich-rechtliche Befugnisse über sie. Kiras Vater ist ein Gutsherr. \\ "Aha.", war Darons Kommentar zu Kiras Ausführungen. Dann wandte er sich wieder an den Jungen. "Was hast du hier mit dem Mädchen verloren?" "Kira hat nichts damit zu tun, Daron!", verteidigte Rayo sie sofort. "Ich kenne sie eigentlich gar nicht richtig! Sie bat mich, sie zur Stadt zu begleiten und da ich ebenfalls in diese Richtung wollte, sagte ich zu... mehr nicht..." Rayo brach ab. Der Blick des Prinzen hatte mit jedem Wort der Verteidigung des Mädchens an Schärfe zugenommen, als würde es ihm nicht passen, dass Rayo versuchte, sie vor ihm zu schützen. "Er hat ein Kleid für seine Schwester gekauft!", mischte sich plötzlich Kira ein und warf Rayo einen verschmitzten Blick zu, der besagte, >Du darfst zwar nicht lügen, aber ich schon!<. Daron entging der kurze Blickkontakt keineswegs. Seine Miene wurde immer düsterer. "Zeig es mir!", brummte er unwirsch. Rayo reichte ihm das Bündel. Daron rollte es aus, betrachtete den guten Stoff kurz und warf ihn dann Kira zu. "Behalt es, Mädchen!", murrte er, wendete das Pferd und pfiff kurz und laut. Die Ohren des schwarzen Hengstes von Daron, auf dem noch immer Rayo saß, zuckten daraufhin und er folgte dem Prinzen mit seiner Last auf dem Rücken. Rayo versuchte, ihn zu stoppen, aber das schwarze Pferd gehorchte ihm nicht mehr. Er wäre gerne abgesprungen, doch erstens brachte ihm das sowieso nichts und zweitens traute er sich nicht, weiteren Widerstand zu leisten. "Und was ist mit mir?", rief Kira panisch und machte Anstalten, ihnen zu folgen. "Ein Diener wird dich zu Solomo zurückbringen!", rief Daron der Blonden gelangweilt zu, ohne sich zu ihr umzudrehen. Das Mädchen wagte es nicht, sich dem Prinzen zu widersetzen. Er war für sie eine Person, der man sich nicht zu widersetzen hatte, der Prinz eben! Dennoch wäre sie gerne mit Rayo gegangen, um ihm beizustehen. Was musste er bloß mit diesem Kerl durchmachen?! Der Prinz war ein echtes Ekelpaket! Unvorstellbar, dass sie einmal zu denen gehört hatte, die bei seinem Anblick vor Entzücken fast in Ohnmacht gefallen waren. Seit Rayo da war... Er war zwar nicht stark und heldenmütig, vielleicht auch etwas dumm und verrückt... aber dafür war er einfühlsam und lieb. Nicht viele Männer waren so. Die meisten betrachteten eine Frau als eine Art Gegenstand, als Besitz, als etwas, was man erobern musste. Nicht so Rayo. Rayo hatte sie von Anfang an als Person angesehen. Kein Versuch, ihr zu nahe zu treten, keine übermäßige Distanziertheit. Er betrachtete sie als gleichgesinnt. Und das gefiel ihr so an ihm... Sie wusste, sie würde ihn wiedersehen... Als sie ein Stück geritten waren, stoppte Daron und sprang zu Boden. "Geh runter von meinem Pferd!", befahl er. "Ich habe dir doch gesagt, du darfst ihn nicht reiten! Was fällt dir ein?" "Ich wollte möglichst schnell wieder am Schloss sein!", antwortete Rayo im Absteigen. "Ich dachte nicht, dass es ein schnelleres Pferd als dieses hier gibt!" "Du kennst Bleihs nicht?", staunte Daron. "Jeder kennt ihn, er ist das schnellste Pferd der Welt! Er gehört meinem Vater! Wegen dir musste ich zu ihm gehen und ihn mir leihen! Er hat getobt!" "Das schnellste Pferd der Welt!", rief Rayo aus. "Wow!" "Mein Vater reißt mir den Kopf ab, wenn ich nicht bald mit Bleihs wieder im sicheren Schloss bin, also steig endlich auf!" Ehrfürchtig trat Rayo an das schwarze Pferd mit der grauen Mähne und dem grauen Schweif heran und schwang sich mit einiger Anstrengung auf das riesige Tier. Daron folgte mit Leichtigkeit und machte es sich hinter ihm bequem. Rayo spürte seine Körperwärme durch sein Oberteil dringen und seinen Rücken wärmen. Unerwartet für ihn, drückte Daron ihn an sich. "Wehe du läufst noch einmal weg!", flüsterte er nahe seinem Ohr mit rauher Stimme. "Es macht mich wahnsinnig, die ganze Zeit befürchten zu müssen, du machst dich aus dem Staub, kaum, dass ich dir den Rücken zudrehe!" >Was erwartet er eigentlich? Er hat mich entführt! Und ich soll da einfach gleichgültig daneben stehen? Ich habe auch noch ein Zuhause!< =>Ob du es wohl jemals wiedersiehst?< >Weiß nicht... Ich hoffe es!< Ein lauter Pfiff durchschnitt die Luft, als sie losritten. Der schwarze Hengst wieherte leise und folgte ihnen. Ohne Last auf dem Rücken, ganz im Gegensatz zu Bleihs, der zwei Personen zu tragen hatte, war er zwar schneller als vorher, aber würde Daron das Pferd seines Vaters nicht etwas zügeln, würde er keinen Stich gegen das Prachttier machen und weit zurückfallen. Rayo gab mit einem Seufzer dem Bedürfnis nach, sich erschöpft an den Prinzen zu lehnen, während die Landschaft in rasender Geschwindigkeit an ihnen vorüberzog und der Wind ihnen um die Ohren pfiff. Er wusste nicht, woran es lag, vielleicht hatte er sich schon daran gewöhnt, aber es machte ihm nichts aus, Darons Oberkörper an seinem Rücken und seine linke Hand Halt gebend auf seinem Bauch zu spüren. Ganz im Gegenteil. Es war eine angenehme Wärme, die von ihm ausging, die ihn selbst den Ekel vor den blutgetränkten Sachen verlieren ließ, die Daron trug. Er nahm den Geruch auf, der auch in gewisser Weise Darons Zimmer erfüllte. Darons Geruch. Er empfand ihn als angenehm und wagte es nicht, genauer darüber nachzudenken. Es war so und er war viel zu erledigt, um innerlich jetzt dagegen zu appellieren. Er war einfach müde... war es nicht gewohnt... so viel auf einmal... Rayo schloss kurz die Augen. Er hatte eindeutig zu wenig geschlafen... Es war schwer, die Lider wieder zu heben, deshalb gab Rayo die Bemühungen auf und lauschte statt dessen den Geräuschen der Hufe, die in gleichmäßigen Takt erklangen, in völligem Einklang mit den Bewegungen des Pferdes waren. Und ehe er sich versah, versank er in einem tiefen traumlosen Schlaf. Rayo spürte eine sanfte Hand über seine Stirn streichen, die ihn aus dem Schlaf holte. Langsam öffnete er die Augen und schielte gegen das Licht der Sonne, die jetzt etwas tiefer am Himmel stand, als er es in Erinnerung hatte. Wie lange hatte er geschlafen? "Na, wach?", hörte er die Stimme Darons, an dessen Schulter er noch immer lehnte. Schnell fuhr er hoch und drehte sich halb zu dem Prinzen um. "Hey, ich bin keine Pest!", schimpfte der leicht beleidigt. "Tut mir leid, ich wollte nicht... also es ist nur so, dass..." >...dass du mich verwirrst und deine Nähe mich unsicher macht...< =>Mich auch!< >Klappe, dich fragt keiner!< "Schon gut!", meinte Daron gnädig. "Wir sind übrigens gleich zu Hause!" >Zu Hause...< Gerade in diesem Moment trabte Bleihs auf die Anhöhe und ließ den Blick auf das prachtvolle Schloß zu, mit seinen ganzen Zinnen und Erkern. Diese Szene kam Rayo furchtbar bekannt vor. Nur, dass er gestern vom Sturz und nicht vom Schlaf benommen gewesen war. Plötzlich hielt Daron das Pferd und stieg ab. "Bleib sitzen!", rief Daron ihm zu. "Wir wechseln nur die Plätze! Jetzt, wo du endlich wach bist, können wir einen tollen Endspurt hinlegen! Vorne kann ich das Pferd besser kontrollieren!" Er wartete gar nicht auf Rayos Erwiderung und setzte sich vor ihn hin. "Halt dich gut an mir fest!", ermahnte er ihn und gab Bleihs die Fersen zu spüren. Erschrocken von dem unerwarteten Ruck, als das Pferd lospreschte, schlang Rayo beide Arme um den Jungen vor sich. Hätte er das nicht gemacht, würde er jetzt vermutlich Staub schmecken. Das Pferd wurde immer schneller. Rayo hatte noch nie ein solch schnelles Tier gesehen, nicht Darons schwarzen Hengst und auch keines seiner Pferde Zuhause konnte da mithalten. Die Landschaft zog in ungeheurem Tempo an ihnen vorüber. Rayo konnte nur zu deutlich den pfeifenden Wind an seinen Haaren und seiner Kleidung reissen spüren. Schon waren sie im Tal und ritten auf das Tor zu. Daron hob kurz die Hand und schon wurde das Schloßtor für sie geöffnet. Scharf bremsend hielten sie am Stall. Ein Junge kam aus dem Gebäude und nahm die Zügel entgegen. "Euer Vater hat sich schon Sorgen um Bleihs gemacht!", sprudelte er hervor. "Er befürchtete unbesonnenes Handeln Eurerseits und beschimpfte sämtliche Dienerschaft. Der König erwartet Euch übrigens... beide!" "Gut, gut!" Daron sprang lässig vom Pferd und streckte Rayo die Hand entgegen. "Ich bin kein Mädchen!", meckerte der und ignorierte die Hilfestellung. "Und ein Kleinkind bin ich auch nicht!" Daron zuckte nur die Schultern, packte seinen Arm und riss ihn von Bleihs Rücken. >So was engstirniges! Lässt der sich denn nichts sagen?< =>Nein, siehst du doch!< Er ließ sich vom Prinzen zum Innenhof führen. Hinter sich hörte er noch Darons schwarzen Hengst durch das Tor galoppieren und einige erschrockene Schreie von Dienstmädchen. "Du blamierst mich total!", beschwerte Rayo sich und versuchte dabei, seinen Arm aus Darons Griff zu befreien. "Nein, du blamierst mich!" Daron zog noch etwas fester. "Niemand stellt sich gegen die Wünsche oder Befehle des Prinzen! Du auch nicht!" Rayo gab schließlich auf und betrat die Halle nach Daron, der ihn wie ein Anhängsel mitschleifte. "Wo ist mein Vater?", fragte Daron sofort einen Türsteher. "Er erwartet euch bereits im Salon!", antwortete der bereitwillig. Der Prinz nickte ihm kurz zu und zerrte Rayo weiter durch eine der Türen. "Siehst du!" Er deutete mit der freien Hand über seine Schulter. "So muss das aussehen! Eine präzise Antwort ohne irgendwelche Mucken!" "Soll ich mich etwa so vor dir benehmen?", ächzte Rayo und leistete ein weiteres Mal Widerstand gegen die unfreiwillige Führung, den der Größere dank seiner überlegenen Körperkräfte sofort zunichte machte. "Na, ja... nein!" "Wie jetzt?", fragte Rayo perplex. "Nicht immer!", gestand der Prinz. "Ich finde es eigentlich richtig niedlich, wenn du dich zu Wehren versuchst!" "Waaas?" "Und ich gewinne ja doch immer!", lachte Daron. "Weil ich stärker bin!" "Von wegen! Nur prahlen kannst du!" "Du bist mir nichts gewachsen! Das kann ich dir auch gleich beweisen!" Daron drückte ihn gegen die Wand und Rayo zuckte erschrocken zusammen. Der Prinz ergriff nun auch sein anderes Handgelenk und betrachtete ihn mit einem unergründlichen Blick. "Siehst du?", murmelte er mit rauher Stimme. "Du kommst nicht gegen mich an!" Wütend wand Rayo sich und versuchte, sich loszureißen, was jedoch ebenfalls scheiterte. "Lächerlich!" Daron grinste überlegen. "Du bist einfach viel zu feminin..." Daron beugte sich vor, die Augen halb geschlossen. Rayo blieb der Protest sprichwörtlich im Halse stecken, als die Lippen des Prinzen sanft über seine strichen, die Zunge spielerisch über sie streifte, wie um sie noch einmal zu kosten, den Geschmack noch einmal zu verspüren. Wieder vergaß Rayo die Welt um sich herum, ließ sich einfach fallen. Sein Verstand protestierte gegen die Schwäche, die von ihm Besitz ergriff, aber sein Körper war wie gelähmt, er gehorchte ebensowenig, wie sein Herz, das unter Darons leichten Berührungen einfach dahinschmolz. Als die Umschmeichlungen des Prinzen fordernder wurden, gab Rayo seinem Drängen widerstandslos nach und öffnete leicht seinen Mund, gewährte ihm Einlass und empfing ihn sehnsüchtig. Er umspielte seine Zunge, verwöhnte sie mit Streicheleien, kappte nun endgültig die letzte Verbindung zu seinem Verstand, der eindeutig gegen sein Tun war und ihm sagte, er sollte aufhören, bevor es zu spät war. Wieder war es Daron, der den Kuss löste und sich zu seinem Ohr vorbeugte. "Wie gesagt, du bist mir in keinerlei Hinsicht gewachsen!", flüsterte er, hauchte einen letzten flüchtigen Kuss auf Rayos Lippen und gab ihm mit einem Wink zu verstehen, dass er ihm folgen sollte, während er sich vollends von ihm losmachte und den Gang hinablief. Rayo blieb an der Wand gelehnt stehen und starrte gegenüber auf ein Portrait eines alten Mannes, neben dem zwei Wolfshunde standen und ergeben zu ihm aufschauten. Es war nicht möglich, dass das gerade passiert war. Nein, das hatte er nicht zugelassen, er hatte es doch sicher nicht! Oder? =>Du hast es zugelassen! Belüg' dich nicht erst selbst!< >Ich habe nicht...!!!< Seine rechte Hand wanderte an seine Lippen. Er strich vorsichtig mit den Fingern über sie, als wären sie verletzt, oder als gälte es, etwas auf ihnen zu bewahren, das durch kleinste Berührung zerstört werden konnte. Wieso hatte er es zugelassen? Wieso hatte der Prinz das getan? Er musste hier weg! Das gefiel ihm ganz und gar nicht! Es machte ihm Angst! >Ich muss hier raus! Bloß raus hier! Ich will doch einfach nur nach Hause!< Plötzlich stand der Prinz direkt vor ihm. Er schien verwirrt und seine grauen Augen musterten ihn fragend. "Kommst du?", murmelte er mit seiner üblichen Lässigkeit. Doch Rayo sah, dass sie diesmal nur gespielt war. "Mein Vater erwartet uns!" "Ja, ich komme..." Rayo stieß sich leicht von der Wand ab, warf einen letzten Blick auf den alten Mann mit den Hunden und folgte Daron schließlich, der voranging. >Ich komme hier schon noch raus!< Der König sah ihnen finster entgegen, als sie den Raum betraten. "Daron, du hast aber ganz schön lange gebraucht!", schalt er seinen Sohn. Rayo hatte ihn bis jetzt nur einmal gesehen. Beim Essen nämlich und da war er ihm als gütiger, sogar recht müßiger älterer Herr erschienen. Aber wie so oft trog der Schein. Das faltenreiche Gesicht zeigte väterliche Wut und er beherrschte die Mimik eines erzürnten Gottes perfekt. Sogar Daron senkte beschämt den Blick, was Rayo ja so gar nicht von ihm gewohnt war. Aber schließlich wäre der Mann sonst nicht König, wenn er nicht auch eine gewisse Strenge an den Tag legen konnte, die von seinen Untertanen höchsten Respekt und unbedingten Gehorsam forderte. Als Daron ihm vorhin erzählt hatte, sein Vater hätte getobt, hatte er es für weit übertrieben gehalten. Der schwarzhaarige Prinz schien doch nicht so verwöhnt zu werden, wie er es sich bisher ausgemalt hatte. Er war immerhin auch Kämpfer in der königlichen Garde und wurde bestimmt von seinem Vater bereits in seine Regierungsgeschäfte eingeweiht. Nichts da, Müßiggang. Rayos Respekt wuchs um ein paar Stufen. "Also, Vater...", versuchte der Prinz zu erklären. "Ich musste Rayo doch zurückholen, also ich... also... er hat Palo aus dem Stall genommen und hier gibt es sonst kein schnelleres Pferd als Bleihs! Was hätte ich denn anderes tun sollen?" "Schweig!", befahl der König, dann entspannten sich seine Gesichtszüge jedoch merklich. "Das weiß ich alles schon. Aber warum lässt du den Jungen nicht gehen, wenn er es möchte?" "Es geht doch eigentlich nicht um ihn! Ich will seine Zwillingsschwester finden! Ich habe mich auf den ersten Blick in sie verliebt!" "Aber wer gibt dir die Berechtigung, ihn zu entführen, um seine Schwester hierher zu locken?", fragte sein Vater sanft, aber mit wachsamen Blick. "Ich... ich...", stotterte Daron. "Ich weiß einfach nicht, wo sie ist!" "Wie wäre es, wenn du den Jungen gehen lässt!" Der König hob die Hand, um Daron am Sprechen zu hindern. "Statt dessen will ich versuchen, seine Schwester zu unserem Ball morgen einzuladen!" >Oh, mein Gott!< Rayo wäre am liebsten im Erdboden versunken. Das passierte jetzt alles nicht wirklich, oder?! "Aber ich habe keine Ahnung, wo sie lebt!", jammerte Daron. "Rayo wollte es mir nicht sagen!" "Er scheint ein sehr schüchterner junger Mann zu sein.", überlegte der König und warf an seinem Sohn vorbei einen Blick auf den stummen Gast. "Ich hoffe, du hast ihn nicht allzusehr unter Druck gesetzt?" "Nein!" "Nun... gut." Seine Augen funkelten zweifelnd. "Ich kann es jedenfalls nicht zulassen, dass hier jemand gegen seinen Willen festgehalten wird! Wenn ich das früher gewusst hätte... was sollen denn die Leute über uns denken?" "Tut mir leid, Vater..." "Und du Rayo? Bist du einverstanden, wenn ich deine Schwester frage, ob sie zu einem Ball kommen möchte? Ich werde schon aufpassen, dass mein Sohn ihr nichts tut!" "Es tut mir leid, dass gerade ich es Euch sagen muss, aber Raya, meine Schwester, ist bereits verlobt. Deshalb habe ich nichts gesagt. Ich muss sie vor Eurem, wie Ihr zugeben müsst, sehr aufdringlichen Sohn beschützen!" Der König lachte schallend. "So kenne ich meinen Knaben!", prustete er, fing sich dann aber und wurde wieder ernst. "Ich danke dir, für deine Offenheit! Daron?! Wieso weiß ich davon nichts?!" "Ich glaube ihm nicht, Vater!" Daron zeigte mit grimmiger Miene auf Rayo. "Er belügt mich dauernd! Ich habe Leute ausgesandt, in Städte und überallhin! Keiner konnte sie finden! Und keiner konnte ihren Verlobten finden! Und auch seine und ihre Familie konnte niemand ausfindig machen! Diejenigen, die ich losgeschickt habe, sind keine Laien, Vater, das weißt du! Unsere Gesandten kennen hier jeden, doch seinen Namen, oder den seiner Schwester wussten sie nicht zuzuordnen! Und im Register ist auch niemand unter dem Namen Rayo, oder Raya zu finden! Er soll mir verdammt noch mal endlich die Wahrheit sagen!" Schwer atmend verschränkte Daron die Arme vor der Brust und warf einen empörten Blick in das schmunzelnde Gesicht seines Vaters, dessen Stirn jedoch in nachdenklichen Falten lag. "Diese Sache scheint dir ja doch sehr am Herzen zu liegen, mein Sohn..." Der König wandte sich an Rayo. "Sind das wirklich alles Lügen, die du meinem Sprössling aufgetischt hast, um ihn in die Irre zu führen?" Rayo senkte den Blick, fieberhaft überlegend, was er nun sagen sollte. Lügen... konnte er den König noch weiter anlügen? Nein... Aber die Wahrheit... was wäre, wenn alles auffliegen würde...? Die einzige Möglichkeit war... um den Brei herum reden, oder zumindest nur einen unbedeutenden Teil der Wahrheit enthüllen. Das mit Raya war ja schon gelogen, leider ließ sich das nicht vermeiden! "Nicht alles ist gelogen..." stotterte Rayo schließlich. "Aber einiges, das gebe ich zu. Ich versuche mit allen Mitteln, Raya zu beschützen!" =>Du bist wirklich dreist!< >Hast du eine bessere Idee? Dann raus damit!< =>Lauf weg!< >Das kann ich nicht machen!< =>Ich würde es trotzdem tun! Was gehen die deine Familienverhältnisse an?< >Da magst du ja recht haben, aber das da ist immerhin der König!< =>König hin, König her! Sei nicht immer so ängstlich!< >Du hast leicht reden!< Nachdem der König einige Augenblicke lang nachgedacht hatte, räusperte er sich unterdrückt. "Daron, Rayo, ich denke, diese Sache solltet ihr unter euch regeln!", sagte er dann. "Ich passe auf, dass dir, Rayo, kein Leid geschieht und dass du nicht unter Druck gesetzt wirst! Daron hat hier meiner Meinung nach kein Recht, Miss Raya zu umwerben, wenn sie verlobt ist! Ich befinde Rayo als stark genug, mit dieser Situation allein fertig zu werden, es sei denn er bittet mich offen um Hilfe!" Dankbar stieß Rayo einen leisen Seufzer der Erleichterung aus. Damit wäre dieses Problem ausgestanden. Jetzt nur weg hier! Er musste dem Einfluss des Prinzen entkommen, der manchmal sekundenlang seinen Blick fesselte, ihn die ebenmäßigen Züge des Jungen betrachten ließ und seine Phantasie zu Höchstleistungen anspornte, wenn er es am allerwenigsten gebrauchen konnte. "Danke, Eure Hoheit!", murmelte Rayo, verunsichert durch diese ungewohnte Anrede. "Das werde ich Euch nicht vergessen, seid Euch da sicher!" "Ich habe doch gar nichts gemacht, mein Junge!", lächelte der König väterlich. "Geh schon mal raus!", flüsterte Daron Rayo verärgert zu. "Ich habe was mit meinem alten Herren zu bereden!" Der Kleinere trat wortlos auf den Flur zurück und schloss die Tür hinter sich. Darons laute Stimme konnte er durch das dicke Holz der Tür noch hören. Er musste sehr wütend darüber sein, dass sein Vater ihm nicht nachgab. Seufzend machte Rayo sich auf dem Weg zu Darons und auch zeitweise seinem Zimmer. >Nur ein Problem! Wo ist es?< Innerlich fühlte er sich jedoch völlig resigniert, so dass es ihm momentan egal war, in welche Richtung er ging. Nur weg hier... Wenn er gleich wirklich von hier verschwand, würde er Daron wahrscheinlich nie wieder sehen. Irgendwie versetzte ihm das einen Stich. Einen sehr schmerzhaften Stich. Dabei hatte es dieser aufdringliche Typ gar nicht verdient, dass er wegen ihm traurig war. Überhaupt nicht! Immerhin hatte er ihn... geküsst... und das gleich zweimal... Wenn er so daran zurückdachte, dann verspürte er keinerlei Ekel. Eher Wärme... Verzweifelt seufzte Rayo auf, vertrieb das unerwünschte Bild der nahen, durchdringenden grauen Augen aus seinen Gedanken. Je mehr er es allerdings versuchte, desto verbissener schien sich dieser anhängliche Gedanke in seinem Kopf festzusetzen. >Wo ist bloß dieses verdammte Zimmer!!!< Zwangsablenkung war angesagt. Er musste sich auf die Umgebung konzentrieren, versuchte es angestrengt. Doch in seinem Kopf war nur Daron, immer nur Daron. Was hatte dieser Idiot mit ihm gemacht? Nur weil er mit diesem unmöglichen Mittel seine Dominanz beweisen wollte, verdammt, die Tatsache blieb, dass ihn ein Junge geküsst hatte. Und dann benahm eben dieser sich auch noch so, als wäre nichts außergewöhnliches passiert. >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!< =>Schön, du läufst aber trotzdem in die falsche Richtung!< >Geht dich nichts an!!!< =>Soll ich dir helfen, nach dem Zimmer zu suchen?< >Sehr witzig!< =>Weißt du was, ich glaube, du könntest meine Hilfe gut gebrauchen!< >Was?!< =>Ich kenne mich hier recht gut aus!< Rayo blieb verwirrt stehen und befühlte seinen Kopf. Was war das? Wurde er jetzt völlig verrückt? Wenn ja, konnte nur eine Person schuld sein! Daron!! >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich...< =>Erde an Rayo, ich rede mit dir!< >Tust du nicht! Das geht gar nicht!< =>Doch!< >Nein!< Diese Stimme... war nicht "seine Stimme". Irgendwie... war soviel auf ihn eingestürzt, dass er wahrhaftig keinen Gedanken an diese Stimme verschwendet hatte. Er hatte ja auch überhaupt keine Zeit dafür gehabt! Aber... was war das für eine Stimme, wenn nicht seine eigene... >Was... bist du...?< =>Tja, das würdest du gerne wissen!< >Hilfe und ich dachte, du bist eine Einbildung!< =>Ich weiß!< Rayo schwindelte. Er hatte hier ja schon viel erlebt, aber eigentlich hatte sich bisher wenigstens alles, ausgenommen dem Sog, der ihn hierher gebracht hatte, auf einigermaßen vertrauten Bahnen bewegt. Das hier war eindeutig Hexerei. Und an sowas glaubte er nicht! >Aber was bist du nun? Und wer?< =>Sieh mal, dort hinten an der Ecke...< Panisch tastete Rayos Blick durch den Flur, doch er sah niemanden. Das erleichterte ihn im gewissen Sinne. >Und du bist doch eine Einbildung! Mist, ich bin schizophren!< =>Hach, meine Güte!< Erschrocken wandte Rayo den Blick zu Boden. Etwas kleines weißes flitzte über den roten Teppich auf ihn zu. Eine Maus! =>Da bin ich!< >Du bist eine Maus?< Rayo hasste Mäuse. Er hasste sie wie die Pest! Fast so sehr wie Daron! Wenn nicht noch mehr! Entsetzt wich er vor dem weißen Ding zurück. >Eine Maus...< =>Nein, ich bin keine Maus... ich habe viele Gesichter, aber eine Maus bin ich nicht! Es war übrigens schwer, dir auf den Fersen zu bleiben...< Als die Maus ruhig stehenblieb, wagte Rayo es, seinen Fluchtkomplex etwas zu lockern. Er fühlte sich vollkommen erstarrt und das nicht nur dank der Tatsache, dass ihm eine sprechende Maus gegenüberstand, die behauptete, keine Maus zu sein. Er hatte doch gar keinen Alkohol getrunken... >Und wie hast du mir folgen können? Im Gepäck?< =>Nein... hast du dir in der Stadt nicht ein Pferd gekauft?< Rayo konnte das Grinsen aus den Worten heraushören. Ja, er hatte sich ein Pferd gekauft... aber was hatte sein Pferd mit... nein...?! >Der Haflinger? DU bist der Haflinger?< =>Genau! Und du hast es nicht gemerkt!< Rayos schwieg. Er brauchte erst einmal eine kleine Weile, um sich den Umstand bewusst zu machen, dass es wirklich sowas wie Hexerei gab. Allerdings fiel es ihm doch nicht so sehr schwer. Allein die Tatsache, dass er hier war, in einer seltsamen mittelalterlichen Welt, trug dazu bei, die Sache zu akzeptieren wie sie war. Dann gab es eben doch Zauberei. Das war eh alles nur ein großer Zauber. =>Jetzt hat es dir aber die Sprach verschlagen! Ich kenne deine dunkelsten Geheimnisse!< Der Spott in der Stimme war nicht zu überhören. Leider funktionierte das Akzeptieren wohl nicht so gut, wie er gedacht hatte. Bestimmt träumte er. Alles war ein großer Traum! So wie Darons Kuss eben und diese elende Schwäche, die ihn gelähmt hatte! >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich...< =>Rayo!! Hör auf mit dem Scheiß!< Wieder mal schienen seine Gedanken zu dem Schwarzhaarigen gewandert zu sein. Das machte es nicht eben besser. Und wer war schuld? Na, wer wohl?! >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich...< =>Rayo!!!< >Klappe! Du bist immer noch genauso schlimm, wie vorher! Nur... dass du echt bist!< =>Was erwartest du? Das ich mich auf einmal verändere? Ich habe dich nur beobachtet, seit du hierher gekommen bist!< Die kleine weiße Maus, die bisher nur vor ihm gestanden hatte, krabbelte nun weiter auf ihn zu. Rayo wich geschockt zurück und wäre dabei fast über seine eigenen Füße gestolpert. >Komm mir nicht zu nahe! Ich hasse Mäuse!< =>Oh, du scheinst ja vieles zu hassen! Warte mal...< Die Maus verschwand mit einem leisen Geräusch in einer kleinen Rauchwolke. Als der weiße Qualm sich lichtete, stand an der Stelle der Maus eine schwarze Katze mit grünen funkelnden Augen. =>...ist dir das lieber?< Rayo konnte die Katze nur anstarren. Ungläubig. Wie paralysiert. >Dann bist du also wirklich die Stimme in meinem Kopf...< Das war fast das dümmste, was er hatte sagen können. =>Nein! Wieder falsch! Ich bin nicht "die Stimme"! Ich rede nur in deinen Gedanken mit dir... Manchmal konnte ich mir wohl den einen oder anderen Kommentar nicht verkneifen, das ist alles!< >Und ich dachte schon an gespaltene Persönlichkeit, oder eine andere psychische Störung! Na, die habe ich scheinbar sowieso! Jetzt aber mal eine andere Frage: Warum bist du hier? Und was noch viel wichtiger ist: Warum bin ICH hier?< =>Ich habe mir schon gedacht, dass du fragen würdest...< Die Katze streckte sich kurz und sprang mit einem Satz auf seine Schulter. Rayo hätte sie fast vor Schreck abgeschüttelt, doch er konnte diesen Reflex noch rechtzeitig unterdrücken. Das Tier rollte sich um seinen Nacken und ließ es sich dort oben gut gehen. =>Erst mal möchte ich mich vorstellen: Ich bin Lileya, gehöre einer Magierfamilie an und bin auf der Suche nach einem Abenteuer. Mehr nicht. Und zu deiner ersten Frage: Ich bin hier, weil ich es so möchte. Ich war neugierig! Nicht oft betritt jemand diese Welt und dann auch noch, ohne es beabsichtigt zu haben! Zu deiner zweiten Frage: Es gibt keinen mir bekannten Grund, aus dem du hier bist! Wer durch das Tor geht, ist hier! Das ist eine Tatsache und das hast du dir selbst zuzuschreiben!< >Mir selbst? Na, toll! Und wie komme ich wieder zurück?< >Keine Ahnung!<, gab Lileya offen zu. >Das wirst du wohl herausfinden müssen! Mein Angebot gilt übrigens immer noch: Soll ich dir helfen?< >Das sieht dir ähnlich!< Rayo schnaubte verächtlich. >Jetzt, wo Daron mich in Ruhe lassen muss, bietest du mir deine Hilfe an! Sehr nett!< >Na, dann nicht!< Lileyas Stimme troff vor Gleichgültigkeit. Rayo nahm seinen Weg wieder auf und traf kurz darauf auf die Halle. Also war er gerade da, wo er nicht sein wollte. Na, fabelhaft! Er kehrte um und lief zurück in den Gang hinein. >Am Ende des Ganges musst du übrigens links...<, sagte Lileya in derselben gleichgültigen Tonlage. >Ich wollte nicht sagen, ich bräuchte deine Hilfe nicht!< >Aha... Ups! Achtung! Der Pri...< "Rayo!", ertönte die ärgerliche Stimme Darons. "Du musst auch immer weglaufen!" >Der Prinz...<, vervollständigte Lileya den Satz. "Ich hatte keine Lust zu warten, bis du und dein Vater da mal fertig wurdet!", meinte Rayo gedehnt. "Ich musste nur mal klarstellen... Hey, wo kommt denn diese Katze her?" "Ach, die lief hier so rum... Kusch, kusch..." >Geh!<, befahl Rayo. Die Katze gähnte müde und rührte sich ansonsten nicht. >Lileya!< >Ich will nicht!< "Das haben wir gleich!", grinste Daron und streckte die Hand nach dem schwarzen Tier aus. Lileya beobachtete jede seiner Bewegungen genau, fauchte dann warnend und legte die Ohren eng an den Kopf. >Rayo, sag dem, er soll mich nicht angrabschen!<, kreischte sie hysterisch. >Wenn du meinst...< "Lass doch das arme Tier!" Rayo hob abwehrend die Hände. "Wieso?", fragte der Prinz. "Ist es dir plötzlich ans Herz gewachsen?" "Na, ja... stören tut die Katze mich jedenfalls nicht!" >Danke, Kleiner!<, schnurrte Lileya und rieb ihren Katzenkopf an Rayos Haar. >Na, immerhin warst du ja die ganze Zeit schon da. Dann kannst du auch weiterhin bleiben. Wenigstens jemand, vor dem ich keine Geheimnisse zu haben brauche!< "Was ist?", fragte Daron und musterte ihn aufmerksam. "Du scheinst so abwesend..." "Ach, nichts!" >Lileya, ich wette, du bist ein Mädchen!< >Natürlich bin ich ein Mädchen!<, empörte die Katze sich in seinen Gedanken. >Du redest auch wie eins!< "Rayo?" Daron fuchtelte vor seinem Gesicht herum. "Bist du auch ganz wach? Ich fragte, ob wir nicht langsam weitergehen sollten! Wir stehen hier ganz schön blöd im Flur herum!" "J-ja, klar!", antwortete Rayo. "Gehen wir!" Kopfschüttelnd sah Daron ihn noch einige Sekunden lang an und wandte sich dann zum Gehen. Der Schwarzhaarige folgte ihm. >Ich kann mir nicht erklären, was du dir dadurch versprichst, auf meinen Schultern herumzulungern!<, zweifelte Rayo. >Bin ich dir zu schwer?< >Nein, das ist es nicht! Ich rede von...< >Schon klar!<, unterbrach Lileya ihn. >Der Alltag ist langweilig! Ich suche ein neues Ziel, ganz einfach. Genügt dir das nicht?< Dazu wusste Rayo nichts mehr zu sagen und heftete seinen Blick auf Darons Rücken, der jetzt an ihrer Tür hielt und sie öffnete. "Wie lange bleibst du noch hier?", fragte er dann im Umdrehen. "Weiß nicht...", murmelte Rayo. >Sag ihm, du gehst jetzt!<, forderte Lileya. >Das ist deine Chance!< "Bleibst du noch bis nach dem Ball?" Daron schaute bittend. "Und... kannst du deine Schwester einladen? Ich werde ihr sicher nicht zu nahe treten! Mein Vater hat es mir verboten, falls ihr beide kommt..." >Sag nein!< Die Katze auf seiner Schulter fauchte aufgeregt und Rayo spürte die Krallen durch seine Kleidung hindurch. >Mach jetzt bloß nichts falsches!< >Aber... er guckst so traurig...< >Und wie willst du das machen? Du hast keine Schwester!< >Ach ja...< Beflissen kratzte Rayo sich am Hinterkopf. "Tut mir leid, Daron, aber ich weiß momentan wirklich nicht, wo sie ist!" Erleichtert stellte er fest, dass die Lileya ihre Krallen wieder einzog. Daron hingegen stemmte verstimmt die Hände in die Hüften. "Du lügst schon wieder!", meckerte er. "Ich habe sie letztens erst gesehen und du..." er tippte dem Schwarzhaarigen mit dem Zeigefinger auf die Brust. "...warst ganz in der Nähe!" "So ein Zufall aber auch!", rief Rayo verlegen aus. >Das ist ja überhaupt nicht auffällig!<, lästerte Lileya. >Mach's doch besser!< >Wenn das mal so einfach wäre!< "Rayo, jetzt sag mir, wieso du das machst!", ärgerte sich der Prinz. "Du hast jetzt keinen Grund mehr, mich anzulügen! Warum willst du nicht, dass deine Schwester kommt?" Plötzlich breitete ein fieses Lächeln sich auf Darons Lippen aus. "Oder bist du etwa eifersüchtig auf Raya... weil ich sie liebe..." "Von wegen!", schrie Rayo empört. "Perversling! Widerlich!" >Achtung, Kleiner!<, warnte Lileya. >Das ist...< "Gut, wenn du unbedingt willst, bitte ich Raya, zu dem Ball zu gehen!", erklärte Rayo laut. >...ein Trick... Na, toll!< "Okay, einverstanden!" Daron schlug Rayo freundschaftlich auf die Schulter. "Danke!" >Wieso hast du nichts gesagt?<, beschuldigte Rayo die Katze. >Haha!<, gab Lileya sarkastisch zurück. >Ist es mein Problem, dass du dich immer in Schwierigkeiten bringst? Aber du hast ja noch nie auf mich gehört!< >Tut mir leid!< Rayo strich der schwarzen Katze leicht über den Kopf. >Ich werde dir demnächst mehr zuhören!< >Wäre für dich auch sehr zum Vorteil!< Überrascht stellte Rayo fest, dass Daron bereits in dem Zimmer verschwunden war. Schnell folgte er ihm und schloss die Tür. Das würde ja wieder eine tolle Nacht werden. Unruhig warf Rayo sich auf die andere Seite und versuchte erneut, die Augen ruhig zu schließen, sich völlig auf die leisen Geräusche zu konzentrieren, die in diesem Hause allgegenwärtig waren. Er stellte fest, dass ihm die Musik sehr fehlte. Musik war wieder ein Detail seiner Welt, das er nicht zu schätzen gewusst hatte, solange er es besessen hatte. Jetzt, wo er keine Musik mehr hören konnte, vermisste er sie umso mehr. Sicher gab es hier bestimmt auch Orchester und ähnliches, aber die waren etwas ganz anderes, als das, was er gerne hörte. Es war eigentlich allgemein die ganze Technik, die ihm sein Leben bequemer gemacht hatte, die nun, wo sie nicht mehr da war, eine tiefe Lücke in seinem Leben hinterlassen hatte. Zwar war die Luft reiner und angenehmer, die Gegend war weit schöner und keine kranken Bäume standen im Wald, aber dies war nicht sein Zuhause. Er war wohl einfach verweichlicht und verwöhnt. Solche tagelangen Strapazen machten ihn total fertig. Er hatte Sehnsucht nach richtigen Toiletten, ganz normalem Essen, nach Fernsehen, Gemütlichkeit und vor allem nach seiner Familie und seinen Freunden. Rayo unterdrückte einen Schluchzer, spürte aber sein Innerstes Erbeben, als würde es sich zusammenkrampfen, um den aufgestauten Schmerz herauszuspülen. Er fand es normalerweise falsch, zu heulen wie ein Kind, oder ein Mädchen, aber ihm ging es so furchtbar schlecht, er wollte nur nach Hause, dorthin, wo er aufgewachsen war und wo er seit jeher sein Leben verbracht hatte, wo er sich nicht so verstellen musste... Erst jetzt spürte er die heißen Tränen auf seinem Gesicht und wischte sich die Augen schnell am Stoff des Bettzeugs ab. Er konnte nicht sagen, wann er das letzte Mal so geheult hatte. Schluchzer schüttelten ihn, doch er ließ sie nicht heraus, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Könnte er doch wenigstens allein sein! Ganz für sich... Würde er überhaupt jemals nach Hause kommen? Den ersten Tag hatte er versucht, das ganze noch mit etwas mehr Humor zu sehen, er hatte gedacht, dieser Zustand wäre nur kurzzeitig, irgendwie würde er schon das Tor wiederfinden, oder zumindest jemanden, der es ihm zeigen konnte. Rayo vergrub sein Gesicht in den Kissen und spürte, wie in ihm wieder etwas Ruhe einkehrte. Er seufzte einmal tief. Plötzlich stupste etwas seinen Arm an. Er schrak zusammen und wollte sich dem Störenfried stellen. >Hey, du...<, grüßte Lileya, die - immer noch als Katze - an der Bettkante stand und ihn musterte. >Sei nicht traurig... Ich habe doch gesagt, ich helfe dir!< >Ich bin nicht traurig!<, fauchte Rayo sie gedanklich an und ließ sich zurückfallen. Die Katze machte einen Satz über ihn hinweg und kuschelte sich in die Kuhle zwischen ihm und der Wand. >Leugnen hilft nichts!< Das Tier gähnte. Man konnte die kleinen spitzen Zähne im Dämmerlicht sehen. >Ich habe ein Gespür für sowas!< >Nun gut, ich geb's ja zu... ich möchte nach Hause! Und ich habe noch ein Problem! Ich weiß nicht, wie ich das morgen machen soll! Ich habe keine Schwester und niemand sieht mir so ähnlich wie ein Zwilling!< >Überlass das ruhig alles der alten Leya!<, erwiderte das Mädchen und zwinkerte ihm mit einem Katzenauge schelmisch zu. >Ich mach das schon!< >Wehe, das geht schief!<, knurrte Rayo im Scherz. >Ich vertrau dir ausnahmsweise, also mach deine Sache gut! Aber jetzt sag mal, wo warst du eigentlich die ganze Zeit?< >Ich war essen!< Rayos Magen knurrte laut. Daron war kein besonders guter Gastgeber. Immer vergaß er, ihm etwas zu Essen zu geben. Das ging ihm eindeutig gegen den Strich. Die leuchtend grünen Augen der Katze schlossen sich und der Schwarzhaarige vergaß seinen Hunger, denn die Müdigkeit überwog eindeutig. Rayo sah, wie das Tier einmal tief die Luft einsog und dann kraftvoll ausstieß. Dann fielen auch ihm die Augen zu und er schlief zum zweiten Mal an diesem Tag erschöpft ein. Der Morgen brach mit Ach und Krach über Rayo herein. Er wurde nämlich von dem total aufgedrehten Prinzen wachgerüttelt. "Steh auf!", rief der und schüttelte ihn durch. "Es ist schon fast Mittag! Du musst dich langsam fertig machen! Deine Schwester kommt sicher gleich!" >Und ich dachte, von einem Prinzen wird mach wach ,geküsst' und nicht ,gerüttelt'...< "Rayo!!!" Träge öffnete der Angesprochene die Augen, blickte empört in das Gesicht des Prinzen, der neben ihm auf dem Bett saß, sich wie ein hyperaktives Kind benahm und ihn bei den Schultern gepackt hielt, an denen er ununterbrochen zerrte. "Hör auf, verdammt!" Rayo richtete sich auf und stieß mit dem Kopf unter Darons Kinn. "Ah, aua!" "Brich mir ja nicht noch das Kinn, bevor der Ball anfängt!" Der Prinz fluchte unterdrückt und rieb sich den schmerzenden Kiefer. "Dann weck mich nicht so grob, Idiot!", Rayo strich sich über die total zerwühlten Haare und schob sich an Daron vorbei, als er aufstand. "Ich bin kein Idiot!", rief der hinter ihm her. "Ich habe eine dringende Frage an dich: Wann hast du deine Schwester eigentlich eingeladen?" "Äh..." >Gute Frage...< Darons Miene wurde mit einem Mal finster und er ballte sie Fäuste. "Gib's zu, sie wird nicht kommen! Sie weiß doch gar nichts von dem Ball!" "Keine Sorge, sie wird kommen!" Rayo sah sich kurz nach Lileya um. Die Katze war nirgends zu sehen. Erleichtert lächelte er den Prinzen an. "Es ist alles geregelt, das meine ich ehrlich!" Der Prinz schien besänftigt. Jedenfalls sah er nicht mehr wütend aus. Er starrte ihn nur mit seinem undeutbaren Blick an. "Was denn?", fragte Rayo nach einer Weile. "So habe ich dich noch nie lächeln sehen!", sagte Daron mit gedämpfter Stimme. "Woran liegt es, dass du das auf einmal kannst?" "Es könnte an dem Umstand liegen, dass ich nicht mehr dein Gefangener bin!", grinste Rayo. "Hm... Tja, wenn ich gewusst hätte, dass das so viel ausmacht, hätte ich es von Anfang an anders gemacht!" Ein Klopfen an der Tür beendete das Thema erst einmal. "Herein!", rief Daron laut. Die Tür wurde geöffnet und ein Diener verbeugte sich ehrfürchtig. "Die ersten Gäste treffen ein, mein Prinz. Und wie befohlen erstatte ich Bericht von Miss Rayas Ankunft!" Daron sprang mit all seinem Übereifer auf und stürmte zur Tür. Rayo zog sich schnell den Anzug zu Ende an, den Daron ihm am letzten Abend noch gegeben hatte. Natürlich hatte er ihn auch anprobieren müssen. Rayo verdrehte die Augen bei dem Gedanken an die Anprobe. Doch schnell wanderten seine Gedanken wieder zu seiner Schwester. Wie Lileya das wohl angestellt hatte? Wen hatte sie bloß angeschleppt, den man als seine Schwester ausgeben konnte? Rayo betrat die Halle und sah sich um. Sein Blick traf auf Daron, der wahrhaftig gerade vor einem Mädchen kniete und ihr die Hand küsste. Und dieses Mädchen war das genaue Abbild von ihm selbst, nur, dass sie eben die weiblichen Teile hatte, die ihm fehlten. >Wer ist das???< Plötzlich wandte sein Zwilling sich ihm zu und winkte erfreut. Neugierig näherte der Schwarzhaarige sich dem Prinzen und seiner angeblichen Schwester, die ein wunderbares Kleid trug, mit einem Ausschnitt, der keinen Zweifel an ihrem Geschlecht ließ. "Bruderherz!" Das Mädchen fiel ihm in die Arme. Der Form halber erwiderte er die Umarmung, doch er war unsicher. Wo hatte Lileya dieses Mädchen aufgetrieben? "Na, Rayo, sehe ich so aus, wie du dir deine Schwester vorstellst?" Bei den an seinem Ohr geflüsterten Worten fiel es Rayo wie Schuppen von den Augen. "Lileya!", murmelte er mit leicht fragendem Unterton. "Natürlich ich! Wie hätte ich das sonst arrangieren sollen?" Sie lachte leise und löste sich wieder von ihm. "Ich habe dich vermisst, Bruder!" "Wie ich sehe hast du den Prinzen schon kennengelernt!", spielte Rayo mit höflich distanzierter Miene mit. "Meine erste Begegnung mit ihm war ja nicht so toll, ich fand sein Benehmen sehr dreist!" Lileya tat so, als würde sie ein privates Gespräch mit ihm führen und schloss Daron absichtlich aus. Rayo sah an dem Funkeln in ihren Augen, dass es ihr gefiel, ihn zu ärgern. Seiner Mimik nach zu schließen, ging ihre Rechnung auf. Der Prinz räusperte sich jetzt auffällig. "Die meisten Gäste kommen erst später gegen abend, da der Ball noch nicht beginnt!", erzählte er. "Ich bin ja eigentlich nur früher gekommen, um meinen Bruder sehen zu können!", lachte Raya alias Lileya mit glockenheller Stimme und wusste, dass sie damit den Prinzen ein weiteres Mal total überging. "Sie ist irgendwie anders als sonst!", flüsterte Daron Rayo zu. Der grinste ertappt. "Wir haben uns erst einmal getroffen!", empörte Raya sich. "Ihr wisst doch gar nichts über mich!" Daron schwieg verlegen, da er nicht damit gerechnet hatte, sie könnte etwas hören. "Verzeiht, Miss!" Er verbeugte sich tief. "Ihr habt natürlich recht!" >Du bist wirklich gemein zu ihm!<, schalt Rayo Lileya gedanklich. >Ich weiß!< Raya grinste ihn frech an. >Immer doch! Er war ja auch die ganze Zeit fies zu dir!< "Ich vergebe Euch!", murmelte sie dann überlegen an den Prinzen gewandt. Rayo musste zugeben, dass es auch ihm ein bisschen gefiel, wenn der Prinz einmal etwas litt. Aber er fand, dass es genug war. >Leya, du solltest jetzt damit aufhören!< >Tut mir leid, ich tue deinem Liebsten schon nichts!< >Lileya, das nimmst du sofort wieder zurück...!< Eilige Schritte unterbrachen sie. Plötzlich fühlte Rayo sich erneut umarmt. Wieder von einem Mädchen... "Rayo!!!", rief Kira glücklich. "Ich bin extra früher gekommen, nur um dich zu sehen!" Daron knurrte verstimmt. Wieder jemand, der ihn völlig übersah und statt dessen Rayo um den Hals fiel. Hatten sich denn alle gegen ihn verschworen? Raya lachte vergnügt, als sie die Reaktion des Prinzen auf diese unbeabsichtigte Pointe Kiras mitverfolgte. Dieser Abend würde einfach zu komisch werden! Der Prinz, dem sonst alle Mädchen zu Füßen lagen, musste heute wohl mal etwas zurückstehen. Und sie, Raya, würde dafür sorgen, dass der Prinz nicht länger glaubte, er wäre in sie verliebt. Denn sie wusste es besser! Arme Kira. Sie ahnte ja nichts! Dabei mochte sie das temperamentvolle Mädchen! Doch darüber würde sie sich an einem anderen Tag Gedanken machen! Heute war Spaß angesagt! Sie hatte gleich gewusst, sich an Rayos Fersen zu heften, würde sie wieder etwas aus ihrer Lethargie und diesem Alltagswahn herausholen. >Schon aufgeregt?<, fragte sie, nur für ihn hörbar. >Ja, sehr!<, kam die Antwort mit einem kleinen Zwinkern. >Ist ja mein erster Ball! Aber... es wird bestimmt lustig!< "Du hättest nicht extra wegen mir früher kommen müssen!", sagte Rayo nun zu der Blonden, die sich glücklich an seinen Arm klammerte. "Ich wollte aber früher kommen! Guck mal, was ich trage!" Stolz hielt sie ihm ihr Handgelenk unter die Nase. "Das Armband, das du mir geschenkt hast!" "Oh!", staunte Lileya. "Das war sicher sehr teuer!" >Als ob du das nicht mitbekommen hättest!<, meinte Rayo zu Lileya. >Wirklich gut!< >Danke!< "Ja, teuer war es! Hat fünfzig Silberlinge gekostet!" Bereitwillig zeigte Kira das Schmuckstück auch dem Prinzen und jedem anderen, der es sehen wollte. "Rayo, wieso hast du ihr das Ding gekauft?", fragte Daron, sichtlich schlechter gelaunt, als noch vor einer Minute. "Sie hat mich darum gebeten!", grinste Rayo. Er fragte sich, wieso die sich alle so aufregten. "Ich dachte, du hast sie gestern das erste Mal gesehen! Ihr seht nicht so aus, als würdet ihr euch kaum kennen! Und jemanden, von dem man nichts weiß, kauft man nicht so etwas wertvolles!" "Äh... Daron, also ich..." >Wertvoll? Leya!< Er warf dem Mädchen in der Gestalt seiner Schwester einen flehenden Blick zu. >Ich kann mit der Währung hier nicht umgehen!< >Du hast ziemlich viel Geld für Kira ausgegeben!<, erklärte Lileya. >Für mich als Haflinger hast du fünf Goldstücke bezahlt, ein erste Klasse Pferd kostet halt so viel! Aber der Armreif für fünfzig Silberlinge... für ein Schmuckstück sehr teuer!< >Aber Daron hat mir das Geld doch geschenkt... für eine Auskunft!< >Na, ja... er wirft manchmal mit Geld um sich, sagt man...< "Rayo?", fragte der Prinz wütend. "Gib mir eine Antwort! Ich will das auf der Stelle wissen! Was hast du mit diesem Mädchen zu schaffen?" "Schreit ihn nicht so an!", verteidigte Kira den Schwarzhaarigen. "Ich hab ihn überredet, mir das Armband zu schenken! Wir haben uns wirklich nur einmal getroffen!" "Ach, so?!", meinte Daron mit säuerlichem Unterton. "Dich habe ich nicht gefragt! Rayo!!!" "Was willst du überhaupt?", fragte der und blitzte ihn mit seinen goldenen Augen nun ebenfalls wütend an. "Ich darf mich doch anfreunden, mit wem ich will!" "Nein, nein, nein! Das dulde ich nicht!" Daron stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf. "Und wenn ich es doch tue?!", knurrte Rayo. "Dann sperre ich dich wieder weg!", drohte Daron und packte den Kleineren am Kragen, an dem er ihn zu sich heran zog. Raya grinste nur, als sie die Szene beobachtete, doch Kira schien das gar nicht zu gefallen. "Hört auf, ihr Kindsköpfe!", schrie sie und errötete, als sie bemerkte, wen sie da gerade zusammengestaucht hatte. "Oh, verzeiht, Prinz!" "Ungezogenes Gör!", spuckte Daron verächtlich aus und sah wieder zu Rayo, dem er einen langen Blick schenkte und den er daraufhin mit gleichgültiger Miene losließ. Der Junge torkelte ein Stück nach hinten und fing sich in letzter Sekunde, bevor er hinfallen konnte. "Ähm... entschuldigt..." Zwei Dienerinnen standen hinter dem Prinzen und wirkten eindeutig ziemlich nervös. "Ja?", fragte Daron mißlaunig. "Wir wollen die Damen auf ihre Zimmer geleiten...", stotterte die Jüngere der beiden. Der schwarzhaarige Prinz machte eine Geste in Richtung der Mädchen. "Ihr könnt jetzt gehen!" Kira warf Rayo noch einen mitleidigen Blick zu und verschwand dann mit Raya hinter einer der Türen zu den Gästezimmern. >Viel Spaß noch, und bis nachher!<, hörte der Schwarzhaarige Lileya noch sagen, bevor die Tür sich schloss. "Ich mag diese Kira nicht!", knurrte Daron. "Tja, was für ein Pech auch!", lachte Rayo verlegen. "Ich gehe jetzt einfach mal..." "Wohin?" Die grauen Augen funkelten misstrauisch. "Nur aufs Zimmer.", antwortete Rayo verwundert, ob dieses strengen Tons. "Ich komme mit!" Ohne eine Miene zu verziehen, nickte Rayo. Doch innerlich seufzte er resigniert. Hatte er denn nie eine ruhige Minute für sich? Also verließen auch sie die Halle und gingen den Gang hinab zu Darons Tür. Kaum, dass sie diese wieder geschlossen hatten, sprudelte es aus dem Prinzen hervor: "Also, was hast du mit dieser Kira zu schaffen? Und wieso tut deine Schwester so, als wäre ich der letzte Dreck für sie? Ich war doch total höflich! Sag, was habe ich falsch gemacht? Ich habe das Gefühl ihr wollt mich alle veräppeln...!" "Bleib ruhig!", unterbrach Rayo ihn unwirsch. "Was ich mit Kira zu tun habe, sagte ich bereits, da ist nichts! Ich weiß gar nicht, was dich das interessieren sollte! Du liebst doch Raya!" "Ich..." "Außerdem...", sprach Rayo laut weiter. "...hat meine Schwester dir schon einmal eine Abfuhr erteilt! Sie möchte einfach nicht, dass du dir Hoffnungen machst! Du hast nichts falsch gemacht! Nur zügeln solltest du dich vielleicht mal... du benimmst dich wie ein Kind!" Daron schaute erst perplex drein, dann wurde er wütend. "Ich benehme mich wie ein Kind? Ich bin der Prinz, verdammt! Ich bin dazu geboren, eines Tages über das ganze Land zu herrschen!" "Eben!" "Was soll das jetzt wieder heißen?" "Das soll heißen..." Rayo atmete einmal tief durch und schloss kurz die Augen. "...dass du einfach zu offen und zu leicht angreifbar bist!" "Angreifbar?" Unverständnis spiegelte sich in Darons Miene wider. "Das verstehe ich nicht! Wer sollte mich denn angreifen?" Rayo blickte sich kurz in dem Zimmer um und wanderte dann nachdenklich zu einem kleinen Sessel, in dem er sich niederließ. Er strich mit seiner Rechten durch sein pechschwarzes Haar und sah dann endlich wieder den Prinzen direkt an. "Jeder Mensch hat doch Feinde! Besonders ein Prinz oder König!", versuchte Rayo ihm verständlich zu machen, was er dachte. "Du schaffst es einfach nicht, deine Schwächen vor der Außenwelt zu verstecken! Das macht dich verwundbar!" Daron sah ihn einen kurzen Moment lang an, dann verfinsterte sich sein Gesicht und er lief zum Fenster, vor dem herrliches Wetter herrschte. "Und was bitte sind meine Schwächen?", meckerte er. "Erzähl mir mal, welche meiner Schwächen du auf Anhieb ausnützen könntest, ohne mich besser zu kennen?" "Raya!" Der Schwarzhaarige setzte sich auf und strich nebenbei seinen Anzug glatt. "Jeder im Land weiß inzwischen, dass du sie suchst! Schließlich wurden ja alle möglichen Menschen befragt! Es wäre mir ein leichtes, diesen Schwachpunkt auszunutzen!" Daron schwieg wieder, starrte nur hinaus aus dem Fenster. >Sieht er es ein? Ich wünschte, er würde!< "Und weiter?", fragte der Prinz mit ausdrucksloser Stimme. "Ein anderer Schwachpunkt ist immer die Familie, aber das lässt sich so leicht nicht vermeiden!" "Scheinbar doch!" Graue Augen wandten sich ihm nun zu, sie verrieten keine Wut, keinen Ärger, sie zeigten nichts. "Wie meinst du das?" "Deine Familie wurde vergeblich im ganzen Land gesucht, selbst Raya schafft es, in einem Moment da zu sein und im nächsten spurlos zu verschwinden! Ebenso ist es mit dir! Was hat es mit deinen Eltern und deiner Schwester auf sich?" "Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst!" Rayo spürte sich deutlich in die Defensive zurückgedrängt. "Ich habe eine ganz normale Familie, wie jeder andere auch! Ich habe eine Mutter und einen Vater, die beide ein geregeltes Leben führen und eine Schwester, die verlobt ist und nur deshalb ohne ihren Verlobten auftaucht, weil der verletzt ist und Bettruhe verordnet bekommen hat! Sie wäre heute eigentlich gar nicht gekommen, hättest du mich nicht dazu gedrängt, sie einzuladen!" Eine lange Pause folgte auf Rayos Worte, der Prinz schien zu überlegen. "Dann sag mir doch, wo du wohnst!", murmelte der Prinz. "Sag mir, wo deine Familie steckt! Was hält dich davon ab? Sind sie Verbrecher?" "Nein!" Ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er sich vorstellte, es würde tatsächlich so sein. "Das Land ist groß, ich möchte dir nicht noch weitere Schwächen preisgeben!" Das war das einzige, was Rayo noch zu sagen vermochte. Etwas besseres fiel ihm einfach nicht ein. Er konnte ja schlecht sagen, dass seine Familie in einer anderen Welt lebte. "Schwächen preisgeben!", rief Daron sarkastisch aus. "Natürlich, alles klar! Warum belügst du mich? Ich verstehe das nicht! Wenn du morgen gehst, weiß ich nicht, wohin du gehst, was du machen wirst, dort, wo du bist... und vor allem nicht, was deine Schwester machen wird!" "Ich kann dir sagen, was sie machen wird, wenn es dich so sehr interessiert!", versuchte Rayo mit leiserer Stimme, die Wut des Prinzen zu dämpfen. "Sie wird ganz normal zur Schule gehen, ihren Verlobten ehelichen, mit ihm zusammenwohnen und Kinder kriegen, die sie dann erziehen wird! Was denkst du, sollte ein Mädchen sonst machen?" >Blöde, konservative Sichtweise! Gut, dass das in meiner Welt ein bisschen anders abläuft!< Rayo wusste wirklich nicht, wie die Mädchen in dieser Welt sich mit so einem Leben zufrieden geben konnten! Das war doch widerlich! "Und du, Rayo?", fragte Daron. "Was wirst du tun?" "Zur Schule gehen, viel lernen, die Welt bereisen, heiraten!", redete er spontan drauf los. "Ich weiß es doch nicht!" >Wieso erwarten die hier eigentlich, dass man mit sechzehn Jahren bereits verheiratet sein sollte??< "Du willst also heiraten?", murmelte Daron. "Vielleicht diese Kira?" "Öhm..." Rayo stellte sich wieder auf die Füße. "Wie kommst du denn darauf?" "Na, ihr hingt ziemlich eng aneinander, gerade in der Halle!", grinste Daron, doch das Grinsen erreichte diesmal seine Augen nicht. "Erzähl mal, wie findest du das Mädchen? Sie ist doch hübsch, nicht wahr?" "Ja, schon... aber... ich will sie doch nicht heiraten!" "Ach, nein?", fragte Daron prüfend. "Einer Affäre wird sie sicherlich nicht zustimmen!" "Ich will nichts von ihr, kapier das endlich!", rief Rayo wutschnaubend. "Also gibt es schon ein anderes Mädchen, das du lieber magst!", nickte Daron. "Das ist natürlich etwas anderes!" "Nein, nein!" Rayo ballte die Fäuste und blitzte Daron aufgebracht an. "Es gibt da keinerlei Affären, über die ich dir erzählen könnte und da ist auch keine Verlobte oder so, also halt die Klappe!" >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn! Ich hasse...< "Der kleine Rayo ist also noch niemandem versprochen?" Dieses Mal war Darons Grinsen ein echtes. "Dich haben wohl alle für ein Mädchen gehalten, was?" "Haben sie nicht!", knurrte Rayo. "Hast du jetzt genug erfahren?" "Nein!", erwiderte der Prinz lächelnd. "Wo wohnst du? Wie lautet dein Nachname? Auf welche Schule gehst du? Was isst du gerne... ach, nee, das weiß ich ja schon, das sind die Kohlrouladen...!" "Dann weißt du genug!", sagte Rayo bestimmt und funkelte Daron an. "Musst du nicht noch etwas wichtiges erledigen? Gäste empfangen oder so?" "Hey, du hast recht!" Daron warf einen kurzen Blick nach Draussen. "Lass uns gehen!" "Nein, ich werde sicher nicht gehen!" "Aber das ist ein Ball! Die Tänze fangen gleich schon an!" Daron war schon an der Tür. "Tänze?!" "Hm?" Verwirrt wandte der Prinz sich zu ihm um. >So ein Mist! Ich kann gar nicht tanzen!< "Daron, ich fühle mich auf einmal sehr krank..." "Du willst dich ja bloß drücken! Obwohl... du bist blaß um die Nasenspitze..." >Ja, sehr blaß, sehr blaß! Ich bleibe hier!!!< "Haha! Komm, wir gehen!", rief Daron überschwenglich und verschwand aus der Tür. >Nein!!! Was mache ich jetzt? Ha! Ich weiß! Meines Wissens fordern die Männer die Frauen zum Tanzen auf! Ich fordere einfach keine auf!< Etwas beruhigt folgte er Daron, der ungeduldig auf dem Flur stand. "Da bist du ja! Los, auf ins Getümmel!" Die Ballsäle waren gefüllt mit Leuten in den vornehmsten Abendroben, die man sich vorstellen konnte. Es wurde gerade ein schnelles Lied gespielt und die Tanzpaare rauschten durch die Gegend wie ein aufeinander eingespielter bunter Vogelschwarm. Jede der reichen Frauen schien versucht zu haben, sich ein möglichst auffälliges Kleid nähen zu lassen und sich eine möglichst kunstvolle Frisur von der Zofe aufstecken zu lassen, um ja im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Das hatte dafür gesorgt, dass tatsächlich ein farbenfrohes Durcheinander in den beiden riesigen Sälen herrschte, die für den Ball hergerichtet worden waren. Die Männer trugen geschlossen schwarz. Rayo wusste nicht, warum das so war, sein eigener Anzug war ebenfalls schwarz. Vielleicht Mode? Da war es aber mal an der Zeit, einen neuen Stil einzuführen! Wenige Leute standen in Gruppen an den Rändern der runden Säle. Zumeist waren es ältere Frauen und Herren, die nicht mehr die Kraft hatten, die ganze Zeit zu tanzen, oder jüngere, die sich kurz ausruhten oder zu den alten Jungfern gehörten, die niemand zum Tanzen aufforderte, weil sie entweder zu hässlich, oder nicht reich genug waren. Rayo lehnte sich an eine mit roten Tüchern behängte Wand und folgte neugierig dem regen Treiben. So etwas hatte er noch niemals gesehen, so viele verschiedene Menschen, stolze und schüchterne Gesichter, undurchdringliche Mienen, vor Aufregung gerötete Wangen, arrogante Blicke, lachende, verächtliche, feixende. Alle Arten von Menschen schienen sich hier versammelt zu haben, um zu feiern. "Na, hast du Spaß, Bruder?" Raya tauchte plötzlich neben ihm auf und grinste verschmitzt. Sie trug ein anderes Kleid als bei ihrer Ankunft, eleganter, mit wallenden Röcken, die bauschig um sie herum lagen. Es war weiß gehalten mit Rüschen am Kragen und vielen Schleifen und schönen Mustern. Solch ein Kleid hatte Rayo noch niemals vor Augen gehabt. Das war kein Vergleich mit dem Fernsehen, in dem man alte Filme anschauen konnte. Das war einfach unglaublich. "Was guckst du so?", fragte Raya mit einem allgegenwärtigen Lächeln. "Du solltest deine Schwester nicht so anstarren!" "Ich habe nur das Kleid angesehen... Solche Kleider kenne ich halt nicht!" "Ach, ja!", lachte sie. "Ich vergaß, du kommst ja nicht von hier!" Sie wirkte plötzlich leicht erschrocken und ihr Blick wanderte an ihm vorbei. "...wir kommen ja nicht von hier aus der Gegend!" >Rayo, Achtung! Hinter dir kommt ,er'!< Rayo verstand schlagartig. "Bei uns sind die Kleider weit bunter!", redete er weiter. "Dieses Weiß ist einfach fabelhaft! Es unterstreicht dein dunkles Haar und hebt deine goldenen Augen hervor! Vielleicht hätten wir schon eher hierher reisen sollen!" "Prinz Daron!", rief Leya plötzlich aus, als hätte sie ihn jetzt erst entdeckt. "Dieser Ball ist einfach wunderschön, das muss ich Euch zugestehen! Nie war ich auf einer solch farbenfrohen Veranstaltung!" "Danke, Ihr seht heute Abend aber hinreißend aus, Miss Raya!", schmeichelte der Prinz und verbeugte sich höflich. "Dürfte ich um den nächsten Tanz bitten?" Er hielt ihr seine Hand hin, die sie ergriff. "Gerne, Prinz!" "Und was ist mit dir, Rayo?", fragte Daron dann an ihn gewandt. "Ich habe dich heute Abend noch nicht einmal tanzen sehen!" "Das muss auch nicht sein!", lachte Rayo. "Ich werde mich dann mal nach bekannten Gesichtern umschauen gehen! Viel Spaß noch!" Damit trennte es sich von dem Tanzpaar, das auf den Beginn des nächsten Tanzes wartete und lief durch den Saal. Währenddessen musterte er die fremden Gesichter, die er passierte. Darunter waren Frauen, die sich Luft zufächelten und dabei sehr erschöpft wirkten. Das lag daran, dass sie sich die Kleider zu eng schnüren ließen und dann bei kleinster Aufregung ohnmächtig wurden, weil sie nicht genug Luft bekamen. Dann standen da Männer, die sich lachend miteinander unterhielten und dabei massig Alkohol tranken, manche mit strengen, manche mit offenen Mienen. Kichernde Jungfern, die über die lästerten, die einen Mann abbekamen, weil sie selbst nicht zu den glücklichen zählten. Aber was sollte er bei diesen ganzen Leuten? Er fühlte sich mit einem Male völlig fehl am Platze. "Hey, Rayo!", hörte er plötzlich eine bekannte Stimme. "Hier drüben!" Er sah sich um und erblickte Kira, die mit einem älteren Herrn, einer Dame und einem jungen Mann zusammenstand und ihm zuwinkte. Erleichtert, endlich nicht mehr dumm herumstehen zu müssen, lief er herüber und gesellte sich zu ihnen. "Vater, Mutter!", sagte das blonde Mädchen förmlich zu den beiden älteren Leuten. "Das ist Rayo, der Junge, von dem ich euch erzählt habe!" "Guten Abend!", grüßte er mit einer leichten Verbeugung. "Freut mich!" "Schönen guten Abend, junger Mann!", lächelte der Mann. "Ja, schönen Abend!", sagte auch die Frau neben ihm. "Und das ist mein großer Bruder Kanro!", stellte Kira nun den jungen Kerl vor, der neben ihr stand und etwas genervt wirkte. "Er ist total vernarrt in die physische Beschaffenheit unserer Welt, studiert alle möglichen Bücher!" "Ach, sowas wie Erdanziehungskraft?", fragte Rayo dazwischen, verfluchte sich dann im nächsten Moment für seine Gedankenlosigkeit. "Erdanziehungskraft?", fragte der junge Mann neugierig. "Kennst du dich in Physik aus?" "Also... nicht so wirklich... ich..." "Meine Studien berufen sich auf das Wissen aus Büchern und der Lehrer, die mich bisher unterrichteten! Die große Frage, die ich zu beantworten trachte, ist die, was unsere Erde zusammenhält! Wieso fällt ein Stein zu Boden, wenn man ihn loslässt? Wieso nicht nach oben? Warum fällt ein Blatt langsamer als ein Fels? Du sprachst von Erdanziehung? Was bedeutet das?" "Also... ich weiß nicht..." "Och, langweilige Männergespräche!", seufzte Kira. "Mutter, Vater, ich gehe tanzen!" Damit wandte sie sich zur Tanzfläche und lächelte entzückend, was ihr gleich die Blicke einiger Männer bescherte, die sie wohl gleich zum nächsten Tanz auffordern würden. "Das Wort habe ich bloß mal aufgeschnappt!", lachte Rayo nervös. "Erdanziehung... Du meinst also, es muss etwas unter der Erde sein, das alles anzieht?", fragte Kanro weiter. "Die Erde ist doch rund, ja, ich glaube etwas in der Erde zieht alles an die Erdkugel heran!" "Hm...", überlegte der ältere Bruder Kiras. "So habe ich das noch nie gesehen, sehr interessant! Hast du schon den Resopal gelesen?" "Den Reso-was?" "Pflichtlektüre für jeden Physiker!", erklärte Kanro ernst. "Resopal hat versucht, das Weltall zu erforschen und das Buch enthält seine Studien und Ergebnisse. Er hat wichtige Erkenntnisse gebracht! Laut Resopal ist das All luftleer!" >Ach, nee!< "Ja, davon habe ich schon gehört!" "Wirklich?", lächelte Kanro, der in seinem Element war. "Dann bist du ja wirklich ein angehender Physiker, wenn du dich für so etwas interessierst! Ich muss dich unbedingt meinen Genossen vorstellen!" "Wir gehen dann auch tanzen, Kanro!", murmelte sein Vater und verließ den hilflosen Rayo und den überglücklichen Kanro mit seiner Frau am Arm. "Jares! Permin!", erregte Kiras Bruder die Aufmerksamkeit einer nahe stehenden Gruppe von jüngeren und älteren Männern. "Kommt mal alle rüber, ich habe hier jemand Interessantes kennengelernt!" Ein paar Sekunden später befand Rayo sich inmitten dieser Gruppe und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. "Das ist Rayo, meine Schwester hat ihn mir eben vorgestellt und wie ich feststellte, hat der Kleine Ahnung von Physik!" "Das stimmt nicht, ich..." "Wirklich?" "Worüber habt ihr euch denn unterhalten!" "Erzähl's deinen Genossen! Du wirst uns doch keine Erkenntnis verheimlichen!" Einstimmiges Lachen folgte. Rayo fühlte sich total zerdrückt von der Aufmerksamkeit so vieler aufdringlicher Menschen. "Wir sprachen gerade über den Umstand, dass etwas zu Boden fällt, sobald man es loslässt! Rayo meinte, da die Erde rund ist, muss etwas in ihr sein, das dafür sorgt, dass überall, an jedem Platz auf der Welt alles in Richtung Boden gezogen wird!" "Erzähl mal mehr, Kleiner!" "Ja, wieso ist es so?" "Woher soll ich das denn wissen?", fragte Rayo aufgeregt. "Ich bin erst sechzehn!" "Na, und?" "Also, gut!", knurrte er säuerlich. "Ich weiß nichts genaues über die Erdanziehungskraft! Nur, dass das alles mit einem Magnetfeld zu tun hat, das im inneren der Erde durch geschmolzenes Metall erzeugt wird... Mehr nicht!" "Mehr nicht?!", keuchte ein energischer Mann. "Woher hast du das denn?" "Was ist ein Magnetfeld?" "Das verstehe ich nicht!" Alle begannen durcheinanderzureden und da Rayo zwischen ihnen stand, konnte er auch nicht im Tumult verschwinden. >Was brocke ich mir da eigentlich immer wieder ein?! Bin ich blöd!< "Ach, hier bist du, Rayo!" Plötzlich tauchte Daron neben ihm auf, der sichtlich erleichtert wirkte. Hinter ihm stand Raya. "Er dachte, du wärst abgehauen!", grinste Leya in der Gestalt seiner Schwester. "Ähm... was machst du überhaupt hier bei den Physikern?", fragte Daron dann und wurde endlich von den aufgeregten Männern wahrgenommen, die über einen flüssigen Erdkern diskutierten. "Prinz Daron!", grüßte Kanro mit seinen Genossen. "Verzeihung, wir haben Euch gar nicht bemerkt!" "Schon gut!", winkte der Prinz ab. "Kommst du, Rayo?" "Ja!" "Aber Prinz... kann er nicht noch unserer Runde beiwohnen?", fragte Kanro. "Wir führten gerade ein anregendes Gespräch über den Erdkern und er..." "Nein, Rayo kommt jetzt mit mir!" "Wir sehen uns, Rayo!", verabschiedete Kiras Bruder sich enttäuscht. "Und dann erzählst du mir alles, was du weißt!" "Hehe, ich weiß echt nichts..." Doch Daron hatte ihn schon aus der Gruppe der Physiker gezogen und drängte ihn nun Richtung Saalende. >Jetzt bin ich vielleicht erleichtert! Ich glaube, diesen Abend überlebe ich nicht!< >Wie bist du da bloß wieder reingeraten?<, fragte Lileya, so dass nur er es hören konnte. >Ich konnte meinen Mund nicht halten!< >Typisch!< "Rayo!!" Kira stürmte ihnen entgegen, zügelte ihre stürmische Art jedoch sofort, als sie den Prinzen erblickte. "Prinz!" "Miss Kira!", grüßte Daron unglücklich. Die Freude schien auf beiden Seiten nicht vorhanden zu sein. Das Mädchen stellte sich an Rayos Seite und ergriff seinen Arm. "Rayo, alles klar? Ich hab' dich gar nicht tanzen sehen!" "Ich habe ja auch noch gar nicht getanzt!" Der Schwarzhaarige kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Dabei ist es inzwischen schon ziemlich spät!", plapperte Kira weiter. "Mir schwirrt schon der Kopf! Ich habe Devon noch einen Tanz versprochen!" "Dann solltest du ihn nicht warten lassen!", murrte Daron missgelaunt. "Bin ja schon weg!", gab Kira mit erzwungen höflicher Stimme zurück. "Devon!!" Und schon war sie wieder in der Masse der Menschen verschwunden. Sie schien ein sehr lebhaftes Mädchen zu sein, jedenfalls konnte sie wohl keinen Augenblick stillstehen. "Daron, Bruder?" Rayo wandte sich seiner ,Schwester' zu, die einen Diener herbeiwinkte, ihr ihren Mantel herbeizubringen. "Ich werde ein wenig auf die Terrasse gehen, ich werde auch jemanden bitten, mich zu begleiten!" "Gut, aber bleib nicht zu lange, sonst erkältest du dich!", erwiderte Rayo besorgt. "Okay!" Etwas war seltsam an ihrem Blick, als wüsste sie etwas, das er nicht wusste aber lieber wissen sollte, denn es schien ihn direkt zu betreffen. Doch schon hatte sie sich umgedreht und lief auf die Terrasse zu. "Und was machen wir beide jetzt? "Tja, weiß nicht!" To be continued... So, das war der fünfte Part! Ich hoffe, dass er euch gefallen hat. Über eure Meinung würde ich mich freuen! Bis zum nächsten Part! Tara Kapitel 6: Special 1 -------------------- Rayos Reise Part 5 - Special 1: Die Anprobe Konnichi wa! So, hier ist mal wieder Tara! Diesmal mit einem kleinen Special! Ihr habt doch sicher alle mitbekommen, dass Daron unserem Rayo einen Anzug verpasst hat, hm? Und da war die Rede von einer Anprobe, ja? Nun, und ihr wollt jetzt mal wissen, warum Rayo mit ungutem Gefühl daran zurückgedacht hat? Gut, hier ist die Antwort! Viel Spaß beim Lesen, ich hoffe, das Special gefällt euch! Es spielt übrigens noch vor der Heimwehszene, kurz nachdem Rayo Leya kennengelernt hat. Widmen tue ich das Geschreibsel all denen, die es geschafft haben, die Story trotz des schlechten Anfangs bis hierher durchzuhalten! Danke!! ^^ Special: Die Anprobe Als Rayo die Tür hinter sich geschlossen hatte, die Katze noch immer auf den Schultern tragend, suchte er mit seinen Augen den Vorraum, der fast sein eigenes Zimmer geworden wäre, nach dem Prinzen ab. Doch der war wohl schon weiter in den hinteren Raum gegangen. Müde tapste er ihm hinterher und öffnete die Tür. Doch Fehlanzeige. Er war nicht hier. Aber er musste doch hier sein... Er hatte vor ihm die Räumlichkeiten betreten, also musste er theoretisch hier sein... was eindeutig nicht so war... >Aaah! Die Magie hat wieder ihre Finger im Spiel!!< >Quatsch!<, hörte er Lileya spöttisch in seine Gedanken sprechen. >Das hätte ich gespürt! Werde mir bloß nicht paranoid! Magie gibt es nicht an jeder Ecke!< >Aber wo ist er nur?< Rayo ging zurück in den Vorraum. Kein Licht brannte. Der Raum war verlassen. Es herrschte Stille. Gespenstische Stille. Bis... Die Klospülung ging. Die Technik hatte ihre Leistungen getan, die neuen Toiletten schienen zu funktionieren. Rayo fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Natürlich musste man ja auch mal aufs Klo! Er ließ sich schwer seufzend in den Sessel fallen. Er wurde wirklich langsam verrückt! >Ich wusste es doch!<, hörte er Lileya feixen. >Es gibt für alles eine logische Erklärung!< >Das sagt die Richtige!< Rayo strich sich müde über die Augen. Erleichtert bemerkte er, wie sich das Gewicht der Katze von seinen Schultern löste, so dass er sich zurücklehnen konnte. Leya sprang auf einen Kleiderschrank und sah von dort oben mit funkelnden grünen Augen auf ihn herab. >Du siehst ziemlich fertig aus!<, murmelte sie. >Ist das ein Wunder?< Die Tür wurde geöffnet und der Prinz trat in das Zimmer. "Wieso hast du kein Licht angemacht?", kam die vorhersehbare und dennoch berechtigte Frage. "Hatte keine Lust!" Er gähnte unterdrückt. "Draussen ist's doch noch hell!" "Nein, es wird gerade dunkel, du Trottel!" Daron lief zur Tür, die nach nebenan führte. "Ich mache drüben die Kerzen an, du könntest dich ruhig mal bequemen, die hier anzuzünden. Für den Kamin kannst du einen Diener rufen! Na, mach schon!" Und damit verschwand der Prinz. Rayo war wütend. Immer befahl er und erwartete mit einer kränkenden Selbstverständlichkeit, dass man auf der Stelle Folge leistete. Das ging ihm gehörig gegen den Strich! Na, da würde er ihm aber mal eine Lektion erteilen! Nicht, indem er ihm ,nicht' gehorchte. Bekanntlich klappte das ja bei ihm nicht. Er würde nur wieder sauer werden und das versuchte er diesmal zu verhindern. Nein, er würde es ganz anders machen. Er würde das genaue Gegenteil probieren... >Ich glaube nicht, dass das klappt!< Rayo überhörte Leyas Kommentar und kramte in seiner Hosentasche. Er betete darum, dass er den gesuchten Gegenstand auch dabei hatte, denn das war jetzt wichtig. Glücklicherweise umschlossen seine Finger das kühle Metall des Feuerzeuges, das er nun hervorzog. Sein Schulfreund Tomoya hatte es ihm kurz vor seinem unerwünschten Ausflug in die Hand gedrückt. Er hatte gesagt, so etwas würde schließlich jeder mit sich herumtragen, wenn auch nur, um einem hübschen Mädchen die Zigarette anzünden zu können. Als hätte Tomoya es geahnt. Er hatte ihm eigentlich noch nie etwas ohne Grund geschenkt, er war eher einer der Menschen, die sich selten eine Blöße gaben. Es war ihm noch immer ein Rätsel. Gedankenverloren zündete Rayo eine Kerze nach der anderen an und wandte sich schließlich dem Kamin zu. Er nahm einige Holzscheite vom Vorrat und legte sie in die Asche. Ob das brennen würde, wusste er nicht, doch versuchen konnte er es ja zumindest. "Hey, was machst du denn da?!", ertönte die Stimme des Prinzen hinter ihm. "Du solltest doch einen Diener rufen! Der macht das schon!" Erschrocken wirbelte Rayo herum und ließ schnell den kleinen metallischen Gegenstand in seiner Hosentasche verschwinden. "Entschuldige, ich wollte es nur versuchen. Natürlich hole ich sofort einen Diener!" Höflich senkte er den Blick und lächelte. Zweifel trat in die Augen des Prinzen. "Sag mal, willst du mich auf den Arm nehmen?!" "Warum?", fragte Rayo mit Engelsunschuld. >Das wird nicht klappen!<, hörte er wieder Leyas Einwurf. >Er wird sich höchstens freuen, dass du ihm gehorchst!< >Egal, selbst wenn, dann habe ich wenigstens meine Ruhe!< >Wie du meinst...< Der Prinz beendete wortlos seine Musterung und verließ missmutig das Zimmer. "Ich hole selbst einen Diener!", rief er noch. "Du würdest dich eh nur verirren! TERVO!! DER KAMIN!!" Kurz darauf war ein prasselndes Feuer entzündet und der Diener, der wohl Tervo hieß, verschwand schnell wieder. Schnell war untertrieben. Eher fluchtartig. "Was hat er denn?", fragte Daron gekränkt. "Du solltest nicht immer so schreien...", grinste Rayo, räusperte sich dann jedoch, als er den gereizten Blick des Prinzen bemerkte. "Ich meinte, ich verstehe auch nicht, warum der so schnell gegangen ist! Du warst doch total freundlich!" "Mensch, Rayo!" "Was denn?" Der Angesprochene lächelte unerschütterlich. "Hör auf!" "Womit denn?" Er musste sich Mühe geben, dass sein Lächeln nicht zu einem Grinsen mutierte. "Waah! Rayo!!" Daron rang mit den Händen und blickte ihn empört an. Dann schien er sich jedoch zu beruhigen und wandte sich ab, dem Kleiderschrank zu. Die Katze bedachte er nur mit einem genervten Blick, bevor er die Türen des Möbelstückes aufschwang. "Nun gut...", begann er und drehte sich wieder zu dem Schwarzhaarigen um. "Da wir morgen auf den Ball gehen werden..." Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "...habe ich wohl die Pflicht, dich einzukleiden!" >Ich sagte es doch, Rayo: Alles rächt sich! Das macht er mit Absicht, er lässt sich nicht aufs Kreuz legen, das müsstest du inzwischen wissen!< Die Katze legte sich auf dem Schrank bequemer hin und beobachtete die Szene neugierig. "Aa-also, Daron...", stotterte Rayo, wollte einerseits dem gewohnten Drang nachgeben, sich gegen den Prinzen zur Wehr zu setzen, andererseits wollte er seine Idee, den Prinzen durch die Widersprüchlichkeit seines Verhaltens zu verwirren, indem er ihm gehorchte, nicht einfach so aufgeben. Leya hatte schon recht. Das machte er mit voller Absicht, um ihn aus der Reserve zu locken! "Nun gut, Prinz!", lächelte er höflich. "Ich möchte ja morgen schließlich in vernünftigen Klamotten auftauchen!" "Okay, dann komm mal her!" Das Grinsen des Prinzen nahm um keinen Deut ab. Rayo leistete seiner Geste mit der Hand folge und warf einen neugierigen Blick in den Schrank. Er sah nur Schwärze. Jedes einzelne Kleidungsstück war schwarz. Fast hätte er laut gefragt, ob es auch etwas Bunteres gäbe, doch das hätte schon wieder wie eine spöttische Erwiderung geklungen und das wollte er unbedingt vermeiden. Ganz den braven Gast mimend, nickte er deshalb anerkennend. "Schön, schön!", lächelte er versonnen. Daron grinste darauf nur. Er hatte sein Spiel also durchschaut! Und genau das sollte er auch. >Rayo!< Lileyas Stimme klang jetzt eindeutig warnend. >Er wird den Spieß umdrehen!< Doch es war schon zu spät für einen Rückzieher! Entweder er gab alles, oder er verlor. Und Leya wusste das ebenfalls, weshalb sie nun schwieg. Aber vielleicht lamentierte sie auch, weil sie wusste, dass sie ihn eh nicht von seiner dummen Idee abbringen konnte. Mit einem vielsagenden Blick zog Daron einen schwarzen Anzug mit Rüschen an Kragen und Ärmeln heraus. Rayo unterdrückte einen entsetzten Ausruf, doch er ahnte, dass seine Augen Bände von dem sprachen, was er nicht sagen konnte. Und Daron sah es. >Mist! Was habe ich da nur wieder gemacht?< "Und jetzt...", murmelte der Prinz. "...zieh dich aus!" Das war zu viel, das war eindeutig zu viel! Rayo sah rot. Wie konnte dieser Idiot...?! "Das kannst du vergessen! Ich ziehe diesen Müll nicht an! Ich lasse mich doch nicht von dir so vollkommen demütigen! Das ist doch das Letzte! Das Allerletzte! Dreh diesen Scheiß jemand anderen an! Bevor ich mich vor dir ausziehe, muss schon viel mehr passieren, als... als..." Daron hielt sich den Bauch vor Lachen. Logischerweise machte das Rayo noch wütender. "Was fällt dir überhaupt ein, dass du denkst, du könntest sowas mit mir machen, du elender Mistkerl!? Ich bin doch keine Schwuchtel, die sich Rüschen an den Kragen nähen lässt! Und hör' gefälligst auf zu lachen!!!" Der Prinz hörte natürlich nicht auf zu lachen. Der Anzug lag schon längst auf dem Boden und dort fand auch jetzt Daron seinen Platz, da Rayo den sowieso nicht mehr sicher Stehenden einfach umgeschubst hatte. Jetzt kullerte Daron sich lachend auf dem Teppich. "Idiot! Idiot! Idiot!!!" Rayo hatte nicht übel Lust, ihm jetzt eine reinzuhauen, irgendwann war halt auch bei ihm das Maß voll und der Moment war ziemlich nahe. Japsend schnappte der Prinz nach Luft und schien sich langsam wieder einzukriegen. Er richtete sich halb auf und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Doch kaum hatte er Rayos hochrotes Gesicht erblickt, prustete er erneut los und fiel zurück auf den Boden. "Du... du... lässt dich... einfach viel zu leicht... reinlegen...", lachte er atemlos. "Da ist dein kleines Spielchen wohl nach hinten losgegangen! Ich sagte doch bereits, ich bin dir in allen Punkten überlegen!" "Du arroganter Sack!", fluchte Rayo, entgegen seiner guten Erziehung. "Sack?", fragte Daron ratlos und das Lachen erstarb. "Wieso bin ich bitte ein ,Sack'?" Das brachte ihn allerdings wieder zum Kichern. Langsam fragte Rayo sich, was er wohl geschluckt hatte. Er schien im Moment nicht ganz normal zu sein. "Ja, ein arroganter Sack bist du!!", schimpfte Rayo, dessen Wut langsam in Verwirrung umschlug. "Du machst dir keine Gedanken darüber, was andere wollen und..." Er kam nicht mehr dazu, weiterzusprechen. Der Prinz hatte sich ruckartig in Sitzposition aufgerichtet und Rayo mit der Handkante in die Kniekehlen geschlagen, was ihm seine Worte im Hals steckenbleiben ließ, denn unerwartet gaben seine Beine unter ihm nach und er plumpste neben Daron auf die Knie. Daron fing ihn mit den Armen ab und musterte ihn nun grinsend. "Dann sag mir doch, was du willst...", murmelte er mit Schalk in den Augen, der Rayo verriet, dass er ihn wieder nur ärgern wollte. >Diesmal nicht, ,Prinz'!< Rayo beugte sich zornig zu ihm vor, so dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten, fixierte ihn dabei eindringlich und nahm mit Genugtuung das überraschte Aufblitzen in dem Grau der fesselnden Augen wahr. "Weißt du was, Daron...", sagte er ernst, griff nach den Händen, die ihn noch immer umarmt hielten und löste sie von seiner Kleidung. "...du solltest mir wirklich etwas Vernünftiges zum Anziehen für morgen raussuchen!" Er ließ Darons Handgelenke los, bedachte ihn mit einem letzten tiefen Blick und stand auf. Diesmal hatte er es geschafft, ihn vollkommen zu verwirren! Das nahm er als Entschädigung für die erlittene Schmach an. Endlich hatte er es vollbracht, ihn richtig aus der Fassung zu bringen! Der überrumpelte Prinz saß währenddessen noch immer auf dem Boden und starrte ins Leere. Special 1 - Owari So, das war's! Es hat Spaß gemacht, dieses Special zu schreiben! Besonders schön fand ich's, die beiden mal ganz anders zu erleben (auch als Autorin), denn wann hat man Daron schon mal richtig lachen sehen oder Rayo so wütend? Ein kleiner Rollentausch ohne OOC! Eher OutOfControl als OutOfCharacter... *gg* Ich hoffe, euch hat's auch gefallen, ich habe mir wie immer sehr Mühe gegeben! Ansonsten hätte ich da noch eine Frage: Traut sich irgend jemand zu, die Story als Doji zu zeichnen? Wer Lust dazu hat (mein Zeichenstil genügt mir einfach noch nicht für sowas ^^), der kann es gerne versuchen! Die Fragen, die ihr mir zur Story gestellt habt, beantworte ich in einem Anhang zum sechsten Part! Über eure Meinung zu dem Special würde ich mich freuen! Nya, schließlich und endlich bleibt mir nur noch eines zu sagen: Rayos Reise muss weitergehen!! Tara Kapitel 7: Das Problem des Prinzen ---------------------------------- Konnichi wa! So, hier Tara! Ich hab' den sechsten Part dabei *gg* In diesem Teil geht es hauptsächlich um Rayo und Daron! Ich möchte, dass sich bei ihnen mal so langsam eine Freundschaftsbasis bildet! Muss ja mal sein! *murmelmurmel* Ich muss Rayos Widerstand brechen *murmelmurmel* Er ist immer so widerspenstig *murmelmurmel* Ach, Daron macht das schon! Diesen Part widme ich allen, die meine Story gelesen haben und ich danke besonders meinen lieben Kommentarschreibern! Ähm... es wurden mir viele Fragen gestellt und die beantworte ich im Nachwort! Also, wen es nicht interessiert, der muss es nicht lesen! (Man muss es auch nicht gelesen haben, um den weiteren Verlauf der Story zu verstehen ^^) So, jetzt aber zur Story: --- Etwas war seltsam an ihrem Blick, als wüsste sie etwas, das er nicht wusste aber lieber wissen sollte, denn es schien ihn direkt zu betreffen. Doch schon hatte sie sich umgedreht und lief auf die Terrasse zu. "Und was machen wir beide jetzt?" "Tja, weiß nicht!" --- Rayos Reise Part 6 Rayo sah sich in dem Saal um, der Abend hatte jetzt wohl seinen Höhepunkt erreicht und jede Menge Menschen standen sich gegenseitig im Weg, aber auch in lockeren Gruppen beisammen, die jedoch trotzdem in ihre Interessensbereiche eingeteilt waren. Wie die Physiker unter sich blieben, taten dies auch die älteren Herren, die jungen Damen und alle anderen, die sich mit Gleichgesinnten unterhalten wollten. "Rayo! Was machen wir denn nun?", hörte er erneut den Prinzen neben sich fragen. "Du könntest ja wieder Tanzen gehen!", schlug der Schwarzhaarige leicht lächelnd vor. >Geh! Na, los! Geh!! Lass einem geplagten Jungen mal seine Ruhe!< "Och, nö!", gähnte Daron. "Mir ist nicht nach Tanzen! Außerdem will ich dich ja nicht alleine hier herumstehen lassen!" "Das macht nichts! Wirklich!" "Sag mal, täusche ich mich, oder..." Ein prüfender Blick streifte Rayo. "...willst du mich loswerden?" "Nein, wie kommst du darauf?" Rayo grinste ertappt. "Ich dachte nur, da du ja der Prinz bist, hast du sicher noch Pflichten zu erledigen!" "Ha, ha!", gab der Prinz beleidigt zurück. "Als ob du darauf jemals Rücksicht nehmen würdest! Da kenne ich dich besser!" "Wieso denkst du, dass du mich gut kennst?!", fauchte Rayo. "Ist halt so!", gab Daron selbstsicher zur Antwort. "Dieses verlegene Grinsen, diese für dich so typischen Gesten mit den Händen, deine Haltung! Das verrät dich!" War er wirklich so einfach durchschaubar? Oder sah Daron genauer hin als andere Menschen? Aber wieso sollte er besonders auf ihn achten? Er war doch bloß einer seiner Gäste... "Wer ist es?", fragte der Prinz plötzlich und Rayo schrak aus seiner Überlegung hoch. "Sie? Oder sie?" Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. "Hä?" Rayo verstand gar nichts mehr. "Wie jetzt...?" "Mit welchem Mädchen du tanzen willst!", grummelte Daron. "Ich werde sie eigenhändig vor die Tür setzen!" "Ich kann... äh... will doch gar nicht tanzen!!", krächzte Rayo erschrocken. "Wie kommst du denn auf die Idee?" "Ich dachte nur, weil du wolltest, dass ich gehe..." Erkannte Rayo da Erleichterung in den Augen des Prinzen? "Ich wollte nur etwas Ruhe.", murmelte er vorsichtshalber ehrlich. "Sonst nichts..." "Aber wo wir gerade schon beim Thema sind... Du hast noch nicht einmal getanzt!" "Woher willst du das denn so genau wissen?", rief der Kleinere trotzig aus. "Hast du mich etwa beobachtet?" "Ja!", beantwortete Daron knapp die eigentlich mehr rhetorisch gemeinte Frage. "Ehehe..." Rayo wusste nicht recht, was er mit dieser Erwiderung anfangen sollte. "Jetzt aber mal was anderes: Warum solltest du ein Mädchen, mit dem ich tanzen möchte, vor die Tür setzen wollen?" Das war eine einfache Frage. Und eine ebenso spontane Antwort erwartete Rayo jetzt. Doch statt dessen schwieg der Prinz einen Moment lang, wobei er ihn kritisch musterte. "Na, ja...", setzte er nachdenklich an. "Ich möchte doch jemand Vernünftiges in meiner Verwandtschaft haben! Immerhin heirate ich deine Schwester und da..." "Du wirst meine Schwester nicht heiraten!!", unterbrach Rayo ihn forsch. "Ich habe dir schon mehr als einmal gesagt, dass sie bereits verlobt ist!" "Tja, aber ich bin der Prinz und Rayas Verlobter ein gewöhnlicher Trottel, der sich sogar beim Reiten den Knöchel verstaucht! Das ist doch jämmerlich!" "Also, Daron...", knurrte Rayo mit unterdrückter Wut. "Selbst wenn Rayas Verlobter ein dummer Knecht wäre, so hättest du nicht mal ein Zehntel des Rechtes auf eine Heirat mit meiner Schwester! Vergiss sie endlich!" "Nein!" "Warum nicht, verdammt noch mal?!", brauste Rayo noch weiter auf. "Was an Raya ist bitte so toll, dass du sie unbedingt heiraten willst?" "Ihr eindringlicher Blick, als ich ihr das erste Mal begegnet bin, ihr Temperament, vielleicht auch ihre Respektlosigkeit..." >Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!!!< "Und wieso bist du dann jetzt nicht bei ihr, wo sie doch schon mal da ist?", fragte Rayo mit finsterer Miene. "Sie ist heute so seltsam..." Der Blick des Prinzen wandte sich von ihm ab und wanderte durch den Raum. Rayo folgte mit den Augen. Beide sahen nun zu Raya herüber, die gerade mit einem großen, gutaussehenden jungen Mann tanzte. "Inwiefern seltsam?", nahm Rayo den Gesprächsfaden wieder auf. "Ihr Verhalten ist anders, kontrollierter und weniger spontan.", sagte der Prinz leise, weiter das Paar beobachtend. "Sieh dir doch nur an, wie sie mit Devon tanzt! Sie wirkt auf mich wie jedes andere der Mädchen hier! Gekünstelt aufgesetztes Lächeln, zierliche Schritte... ich hab' das Gefühl, das da ist nicht Raya, auch, wenn das jetzt blöd klingt..." >Mist!< "Ja, das klingt wirklich blöd!", lachte Rayo und konnte seine Nervosität nicht völlig aus seiner Stimme vertreiben. "Aber du hast recht, sie ist anders! Sie vermisst sicher ihren Verlobten!" "Von wegen!" Darons Blick löste sich wieder von dem Tanzpaar und heftete sich auf Rayo. "Würde sie sonst so mit Devon tanzen?" "Wieso nicht?", fragte Rayo. "Mit dir hat sie doch auch schon getanzt! Das ist ein Ball!" Dies hingegen erschien für Daron einleuchtend genug, so dass er es akzeptieren konnte. Rayo sah ihm geradezu an, wie seine Gedanken sich von dem Thema abwendeten und einem neuen zu. Und leider hatte es wohl wieder mit ihm zu tun, denn ein neugieriges Funkeln trat in seine grauen Augen, als er ihn betrachtete. "Du warst allerdings wirklich noch nicht ein einziges Mal auf der Tanzfläche!", gab er zu bedenken. "Wieso tanzt du nicht?" "Keine Lust..." "Lüg' mich nicht an, sonst werde ich böse!", drohte der Prinz. "Ach, und dann?!" Rayo verschränkte die Arme vor der Brust und sah Daron von oben herab an. "Willst du das wirklich wissen?" Das überlegene Grinsen und einige schlechte Erfahrungen ließen Rayo zurückschrecken. Bis jetzt hatte er noch jede Herausforderung verloren und das haushoch! Und auch diesmal würde er keine Chance haben! Das ließ nur einen Schluss zu: Es wäre das Beste, sich zurückzuziehen und nachzugeben! "Na, dann lass mal hören!" >Blöder Stolz!< "Ich könnte zum Beispiel auf die Idee kommen, dich heute Abend auf dem Boden schlafen zu lassen! Das wäre für mich ja kein Problem! Oder ich könnte dich in einen Teppich wickeln lassen und an einem Seil hinter Palo her zerren, bis du genug vom Lügen hast! Oder..." "Von wegen!", lachte Rayo geschockt auf. "Das würde dein Vater schon zu verhindern wissen!" "Meinst du?", griente Daron. "Meine ich!" "Mein alter Herr würde davon natürlich nicht das Geringste erfahren! Dafür kann ich schon sorgen! Also, raus mit der Sprache!" Rayo schwieg. Was sollte er auch sagen? Etwa die Wahrheit?! Nein, das würde ihn sicherlich wieder in Schwierigkeiten bringen... "Sag schon!", stichelte Daron. "Oder kannst du etwa gar nicht tanzen?" Wieder schwieg Rayo und wandte den Blick zu Boden. "Ey, wirklich?!", keuchte Daron auf. Noch immer sagte Rayo kein Wort dazu. Was würde ihm das auch bringen? Daron wusste es jetzt ja eh... "Du kannst also nicht...?!" "Ja, Daron!", fauchte er plötzlich. "Hast du's nicht langsam begriffen?" "Tatsächlich!", lachte der Prinz. "Das gibt's doch nicht! Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?" "Weil ich eben diese Situation vermeiden wollte!", grummelte Rayo verstimmt. "Gehörst du zu Bauern?", fragte Daron neugierig. "Das ist ja wohl naheliegend, schließlich kannst du ja reiten! Und jeder aus einer höheren Gesellschaftsschicht könnte tanzen! Na, ja... selbst einem Bauern würde ich es zutrauen, tanzen zu können! Es gibt doch auch Volksfeste!" "Halt die Klappe!", maulte Rayo, der mit dem Nerven inzwischen am Ende war. Ein Gespräch mit dem Prinzen war anstrengender als ein ganzer Tag mit Kira. "Also habe ich recht?", freute sich Daron. "Nein, ich gehöre zu keiner hiesigen Bauernfamilie!" Rayo seufzte. "Nein?", drängte der Prinz zu weiteren Erklärungen. "Wozu gehörst du dann?" "Sag ich nicht! Ätsch!" "Waah!! Du machst mich wütend!!!" Mit Mühe hatte Rayo sich von Daron loseisen können. Das war auch bitter nötig, denn an diesem Abend war er aufdringlicher denn je! Selbst für die Verhältnisse des ewig aufgedrehten Prinzen war das heftig und Rayo verstand noch nicht so ganz, woran das lag. Vielleicht stachelte die ausgelassene Stimmung ihn an? "Hey, Rayo!" Ein Schwall Parfum getränkter Luft kündigte Kiras Auftauchen an. Sie war vom Tanzen ganz atemlos und tupfte sich mit einem Taschentuch vorsichtig den Schweiß von der Stirn. "Endlich treffe ich dich mal ohne dein Anhängsel oder irgend jemand anderen! Ich muss unbedingt mit dir reden!" "Anhängsel?", fragte Rayo, noch immer in Gedanken versunken. "Dummerchen!" Kira zog lächelnd einen Fächer hervor, mit dem sie belehrend auf seine Schulter klopfte, bevor sie ihn öffnete, um sich wedelnd erleichternde Kühle zu verschaffen. "Ich meine natürlich den Prinzen! Unmöglich, dieser Kerl! Wäre er kein Junge, würde ich fast meinen, er macht dir den Hof! So, wie er dich ansieht!" Der Schwarzhaarige keuchte erschrocken auf, zwang sich dann jedoch innerlich zur Ruhe. Eine verräterische Röte im Gesicht durfte er sich jetzt einfach nicht erlauben. Seine Situation war ohnehin schon schlimm genug! "Meinst du?", lachte er also, wobei seine Stimme trotzdem leicht zittrig zu klingen schien. Er hoffte, dass dies nicht zutraf. "Aber sag mal: Worüber wolltest du denn mit mir sprechen?" "Ach, ja!" Kira klappte den Fächer zusammen und deutete damit wie mit einem Zeigestock auf ihn. "Ich wollte vorhin nicht in Anwesenheit all der anderen fragen, aber... wie kommt es eigentlich, dass du plötzlich doch eine Schwester hast? Hast du mich angelogen?" "Nein, nein!" Rayo wich vor ihrem stechenden Blick zurück. "Ich habe keine Schwester! Eine Bekannte hilft mir aus der Patsche, indem sie ihre Rolle spielt!" "Ach..." Skeptisch trat Kira wieder zurück. "Das glaube ich dir nicht! So ähnlich wie diese ,Raya' dir sieht, kann das nur ein Zwilling sein! Ich dachte eigentlich, du wärst ein ehrlicher Mensch..." >So oft, wie ich in den letzten Tagen gelogen habe, kann ich wohl nicht behaupten, ich wäre einer...< "Ich habe wirklich keine Schwester!", setzte Rayo zögerlich noch einmal an, wusste zugleich jedoch, dass sie ihm nicht glaubte. "Rayo, wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, könnte..." "Miss Kira?" Ein charmant lächelnder junger Mann, den Rayo auf den ersten Blick nicht älter als siebzehn einschätzte, war zu ihnen getreten. "Ihr hattet mir den nächsten Tanz versprochen, wenn ich mich nicht irre." Grummelnd wandte das blonde Mädchen sich ihm zu und nickte verdrossen. Sie schenkte Rayo noch einen letzten enttäuschten Blick, der aber gleichzeitig aussagte, dass sie ihr Gespräch fortsetzen würden. Dann verschwand sie mit ihrem Tanzpartner. Kurz darauf sah man sie lebhaft und fröhlich wie eh und je über die Tanzfläche rauschen. Die große Tafel wurde eröffnet, Rayo sah den König und die Königin am einen Ende des langen Tisches Platz nehmen. Er hatte bisher gedacht, König und Königin säßen immer an den verschiedenen Tafelenden, doch scheinbar war das hier anders. Die Menschen strömten auf den Tisch zu und nahmen die Plätze ein, an denen Kärtchen mit ihren Namen lagen. So war sichergestellt, dass jeder bei seiner Familie oder seinen Bekannten sitzen konnte und es keine Probleme gab. Rayo streifte mit den Augen über die Namensschilder, auf der Suche nach seinem eigenen. Das würde ja nicht allzu schwierig zu finden sein, denn seines war das einzige, das keinen Nachnamen dabeistehen hatte. "Rayo, du sitzt hier vorne!", hörte er eine allzu bekannte Stimme rufen und blickte sich sofort nach dem Urheber um. Daron natürlich! Der stand bei seinen Eltern und deutete auf den Platz neben sich. An seiner anderen Seite saß bereits Raya und lächelte ihm schelmisch entgegen, als er sich durch die Menschenmassen zu ihnen vorarbeitete. >Tja, dachtest du, du könntest ihm entkommen?<, vernahm er ihre Gedankenbotschaft und zuckte zur Antwort nur kaum merklich mit den Schultern, während er sich erschöpft niederließ. "Da bist du ja endlich!" Der Prinz schien ernsthaft auf ihn gewartet zu haben, was den Schwarzhaarigen sehr verwunderte. Warum bitte wartete Daron auf ihn? Raya... also, Lileya, war doch schon da... Dennoch schenkte er ihm noch auffallend viel Aufmerksamkeit. Von schwerer Verliebtheit hatte Rayo etwas völlig anderes erwartet! Eigentlich hätte er jetzt Raya umschwärmen und alles andere dabei ganz vergessen müssen. Doch das war nicht so! Leugnen konnte er allerdings nicht, dass es ihn erleichterte... irgendwie... Na, es konnte aber auch sein, dass dies daher rührte, dass er jetzt sicher seine Ruhe haben würde! Wenn Darons Verliebtheit abklingen würde, könnte er sicherlich bald ohne weiter aufgehalten zu werden, nach Hause zurückkehren. Nur... wieso machte ihn das plötzlich eher traurig als glücklich? "Also, Rayo!" Der Prinz stand auf und beugte sich nach vorn, um einige Schüsseln zu sich heranzuziehen. "Was möchtest du essen?" "Öh..." Rayo schrak aus seinen Gedanken hoch und musterte den Prinzen verwirrt. "Kohlrouladen haben wir leider keine!", lächelte Daron kopfschüttelnd. "Die Köche wussten nicht, wie sie die machen sollten! Aber wie wär's, wenn du mal eine Spezialität unserer Küche probierst? Dyas Fleischauflauf, von dem ich dir schon mal erzählt habe?" Rayo sah prüfend in eine der Schüsseln, aus der Daron schon eifrig etwas auf seinen Teller schöpfte und ihm den dann vor die Nase setzte. "Nun, okay...", nickte Rayo perplex ob des Verhaltens des sonst so sturen Prinzen. "Danke!" Der Prinz stellte gerade, nachdem er sich selbst versorgt hatte, die Schüssel wieder zurück, als er den Kopf ruckartig zu ihm herumdrehte. "Hab' ich mich gerade verhört? Du hast dich bei mir bedankt?" "Äh... ja..." Rayo richtete seinen Blick auf sein Essen. "Wow!" Bevor Daron jedoch weitersprechen konnte, ertönte ein klimperndes Geräusch. Die Königin schlug leicht mit einem kleinen Löffel gegen ihr Glas und zog somit die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich, ehe sie die Stimme erhob. "Da wir jetzt vollzählig zu unserem Schmaus versammelt sind, möchte ich noch eines bekanntgeben! Einem besonderen Gast haben wir es zu verdanken, dass eine Neuheit zu uns vorgedrungen ist! Er erzählte uns von einer Sitte, die beinhaltet, dass man sich vor dem Beginn des Mahls einen - Guten Appetit - wünscht. Und hiermit verkünden wir, dass diese Sitte bei uns mit Freude aufgenommen und auch zukünftig Gebrauch finden wird. Wir wünschen in diesem Sinne noch einen Guten Appetit!" Aufgeregtes Gemurmel ging durch die Tischreihen, doch vereinzelt hörte man bereits Resonanz, ältere und auch jüngere Leute nickten, wenige andere wiederum warfen sich nachdenkliche und skeptische Blicke zu. Allgemein schien sie jedoch gut anzukommen, grinsend rief man sich einen Guten Appetit zu und begann schließlich zu speisen. Nur einem passte das Ganze überhaupt nicht. >Ich verändere den ganzen Lauf der Geschichte! Das kann doch nicht gut sein!< "Was ist denn, Rayo?" Daron stupste seinen Tischnachbar mit dem Ellbogen an. "Guten Appetit!" >Jaaah, Daron! Bohr in meinen Wunden!!!< "Guten Appetit!", erwiderte Rayo mürrisch und stopfte sich den ersten Happen in den Mund. Was er schmeckte, hob seine Laune jedoch gleich um ein Stück an. Die würzige Soße war genau nach seinem Geschmack. Erst jetzt bemerkte er Darons erwartungsvollen Blick, den er fragend erwiderte. "Und? Schmeckt's?", lächelte Daron. Er selbst hatte sein Essen noch nicht angerührt. "J-Ja...lecker..." Wieder vollkommen aus der Fassung gebracht von dem Lächeln des Prinzen, wandte Rayo sich schnell ab und dem Fleischauflauf zu. >Hoffentlich bin ich jetzt nicht schon wieder rot geworden, sonst flippe ich aus! Wieso ist Daron heute so komisch?< "Rayo, sag schon! Was ist los?" Daron hatte sich noch immer nicht von ihm abgewandt, obwohl er nebenbei zu essen begann. "Du starrst die ganze Zeit vor dich hin!" "Schon gut!" Rayo schüttelte kurz abwehrend den Kopf. "Ich war bloß in Gedanken!" "Ja, ja! Kannst du mal konkret sagen, was dich so ablenkt, oder muss ich es erst aus dir herausquetschen?", meckerte der Prinz kauend und rückte ein kleines Stück mit dem Stuhl näher. "Ich frage mich bloß gerade, wieso du dich nicht um meine Schwester kümmerst, wenn du sie schon neben dich setzt!" "Oh!" Daron schien das wirklich noch nicht aufgefallen zu sein, er wirkte mehr als überrascht Allerdings fing er sich schnell wieder. "Die redet gerade mit Miss Kira! Tja und dich habe ich schließlich auch neben mich gesetzt, deshalb ist es ja wohl egal! Außerdem solltest du darüber eigentlich froh sein! Du willst doch eh, dass ich sie in Ruhe lasse!" "Ja, das will ich!", murrte Rayo. "Ich ärgere mich ja auch schon darüber, dass sie neben dir sitzt!" Daron lachte über die Widersprüchlichkeit in Rayos Worten. "Du bist manchmal echt verwirrend!", gab er zu und griff nach einem Glas Wein. Rayo hatte schon die ganze Zeit den Eindruck gehabt, dass Daron anders war, als sonst. Und gerade jetzt kam ihm eine Ahnung, woran diese Veränderung liegen konnte. "Sag mal, Daron: Wie viel von dem Zeug da hast du heute abend eigentlich schon getrunken?" Er deutete auf den Wein, den Daron austrank und sich sofort nachfüllte. "Weiß nicht!" Daron stand auf und holte sich einen Nachschlag an Fleischauflauf. "So eins, zwei, drei, oder vier Gläschen! Ich verkrafte das!" Die lässigen Worte schienen nicht nur Rayo zu erreichen, denn plötzlich traf den Prinzen ein strafender Blick seitens seiner Eltern. "Daron, du weißt doch, dass du keinen Alkohol verträgst!", schimpfte seine Mutter ohne die übliche Milde in der Stimme. "Der Arzt hat doch gesagt, du solltest auf keinen Fall mehr als drei Gläser an einem Abend trinken!" "Jaah, Mutter!", seufzte Daron genervt und trank noch ein Schluck von dem Wein. Dann wandte er sich an Rayo. "Sie tut immer so, als wäre ich ein kleines Kind!" "Sohnemann!!" Der König warf ihm einen strafenden Blick zu. Rayo beobachtete verlegen die ganze Szene. "Deine Mutter hat mit dir geredet und du wagst es, ihr so frech zu antworten?!" Seine Stimme schwang um in Sorge. "Du solltest wirklich auf keinen Fall noch mehr trinken!" "Pah!" Daron leerte den Rest des Glases in einem Zug und starrte trotzig zu seinen Eltern herüber. "Ich bin kein Baby!" "Daron!" Resignation und Wut spiegelten sich in den Augen des Königs und seiner Gemahlin wider. Die Königin wandte sich schließlich Rayo zu. "Könntest du ihn auf euer Zimmer bringen?", fragte sie leise. "Ich glaube, es ist schon zu spät, um noch normal mit ihm zu diskutieren!" Rayo warf einen unsicheren Blick zu Daron, nickte dann jedoch. Immerhin war es die Königin, die ihn um einen Gefallen bat und Daron benahm sich mehr als schlecht. Vertrug er wirklich keinen Alkohol? Und wenn ja, wieso trank er dann welchen? Der Schwarzhaarige stand auf und griff nach Darons Arm. Der Prinz sah ihn fragend an. "Lass uns aufs Zimmer gehen!", murmelte er nur für ihn hörbar. Er sah, wie es hinter der Stirn seines Gegenübers zu arbeiten begann, als er den Vorschlag abwog - übrigens wieder etwas, das Rayo dem Alkohol zuschrieb, denn sonst blieb der Blick des sturen Jungen immer undurchschaubar. "Wieso eigentlich nicht!", grinste Daron daraufhin. "Ist sowieso zu laut hier!" Er stand auf und lief in einem relativ sicheren Gang neben Rayo her zur Tür des Saales. Dieser hatte sich noch mit einem letzten Blick bei Lileya versichert, dass sie wusste, was Sache war und verließ den Raum dann endgültig. Rayo schloss die Zimmertür und drehte sich zu Daron um, der bis jetzt nichts mehr gesagt hatte. Sein Zustand schien sich inzwischen noch verschlimmert zu haben, denn ein überhebliches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "Du schaust ziemlich ängstlich drein..." "Ich hab' es halt noch nie mit einem angetrunkenen Prinzen zu tun gehabt!", versuchte Rayo in einem möglichst neutralen Ton zu erwidern. "Tja, es ist auch schon ne Weile her, dass ich das letzte mal ernsthaft zu viel getrunken hab'." Daron hatte seine Stimme noch erstaunlich gut unter Kontrolle. Umso weniger jedoch seine Beine. Als er einen Schritt Richtung Sessel machen wollte, kippte er seitlich weg und drohte zu fallen. Rayo trat schnell vor und fing ihn ab. Der Prinz seufzte gequält und lehnte sich an seine Stütze. "Mir is' so schwindelig...", murmelte er, sein Gesicht in Rayos Anzug vergrabend. Der Schwarzhaarige wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Langsam, Daron halbwegs mit sich schleifend, ging er nach nebenan und auf das Bett zu. Er legte seine Last vorsichtig darauf ab und schob Darons Beine auch mit auf die Polster. "Ey, Rayo...", hielt die Stimme des Prinzen ihn zurück, als er sich gerade abwenden und gehen wollte. "Du hast gefälligst hierzubleiben, Kleiner..." "So eine Unverschämtheit!", brauste Rayo bei dieser Anrede auf. "Nenn mich nicht ,Kleiner'! Und gehen kann ich, wenn ich Lust habe!" "Nein, du wirst schön hierbleiben..." Ein Arm schnellte vor und griff nach Rayos Handgelenk, an dem er zurück zum Bett gezogen wurde. "...und wenn ich dich die ganze Zeit festhalten muss!" "Nichts da!", Rayo riss vergeblich an seinem Arm. "Du bist betrunken, du weißt ja gar nicht mehr, was du tust!" "Oh, doch, Kleiner!" Daron grinste unverschämt. "Ich weiß, dass ich möchte, dass du hierbleibst!" Erbost über die erneute unerwünschte Anrede, riss Rayo noch fester an seinem Arm, doch er wusste, dass seine Kraft ohnehin unterlag. Mit einem Ruck hatte Daron seinen Widerstand gebrochen und ihn an das Bett heran gezogen. Ergeben seufzend ließ Rayo sich also vor dem Prinzen nieder und starrte in die grauen Augen, die durch den Alkohol seltsam fiebrig glänzten. "Und jetzt?", knurrte er entnervt. "Ja... was jetzt?..." Der Prinz schien zu überlegen. "Krieg ich nen Kuss?" Rayo keuchte erschrocken auf und lachte dann nervös. "Du bist ja wirklich betrunken!", schimpfte er errötend. "Nein, du kriegst keinen! Denk dir was anderes aus!" "Ich will aber jetzt nen Kuss!" "Nein!" Rayo wollte die Arme vor der Brust verschränken, doch da Daron ihn noch immer am Handgelenk festhielt, funktionierte das nicht so recht. "Immer muss man alles selber machen!" Mit diesen patzigen Worten nutze der Prinz den Griff um Rayos Arm, um ihn noch näher an sich heran zu ziehen. Das allerdings ließ der andere Junge sich nicht so einfach gefallen. Bald darauf war eine heftige Rangelei im Gange. "Nein, Daron!", erklärte Rayo resolut. "Ich küsse keine Betrunkenen!" "Ich bin doch nicht betrunken!", behauptete der Prinz mit einem wenig überzeugenden Blick. "Bist du also nicht?" "Nein!" "Und das soll ich dir glauben?" "Ja!" Daron stützte sich plötzlich auf seinen Ellbogen, verlor jedoch dabei das Gleichgewicht und kippte nach vorne. Polternd landete er auf dem Kleineren. "Du Trottel!", keuchte der japsend. "Musst du immer auf mich drauf fallen?" "Du bist halt so bequem...", kicherte der Betrunkene und kuschelte sich an sein erwähltes Opfer. Rayo versuchte, sich zu erheben, doch der Prinz war einfach zu schwer, besonders, weil er sein Gewicht in keiner Weise abstützte. "Könntest du bitte mal von mir runter gehen?", fragte er betont freundlich. "Erst, wenn ich meinen Kuss gekriegt hab'!" Mit Daron zu diskutieren würde keinen Sinn haben, das wusste Rayo. Aber er wollte ihn nicht küssen, das war eine Sache, die er niemals freiwillig tun würde. Was verlangte dieser Perverse da überhaupt von ihm? "Einen Gutenachtkuss... Bitte!" Daron lächelte und funkelte ihn mit seinen grauen Augen verschmitzt an. Rayo, du hast keine Wahl! - Ja, genau das sagte der Blick des Prinzen aus. Und Rayo hatte eigentlich nicht vor, noch länger auf dem Boden liegen zu bleiben. Außerdem war es bei Darons Zustand mehr als wahrscheinlich, dass er am nächsten Tag alles vergessen haben würde. Wieso also nicht? >Nein, ich tue das nicht, ich tue das nicht!< Ein wenig widerwillig beugte Rayo sich vor und streifte kurz Darons Lippen mit seinen. Diese kurze Berührung durchzuckte ihn wie ein Blitz und ließ ihn unwillkürlich erschauern. Einen kleinen Moment verweilte er so, erschrocken über die Intensität eines einzigen Kontaktes, starrte mit weit aufgerissenen Augen in Darons Gesicht, der entspannt die Augen halb geschlossen hatte und keine Anstalten machte, sich zurückzuziehen. Dann war der unwirkliche Augenblick vorüber und Rayo zwang seinen Geist aus der Erstarrung. "Jetzt runter!", befahl er unwirsch, um der Nähe des aufwühlenden Jungen zu entkommen. "War das so schlimm?", fragte der Prinz feixend. "Ja!", gab Rayo barsch zur Antwort. Dafür erntete er nur ein Kopfschütteln. "Na, dann... Gute Nacht..." >Das meint der doch nicht etwa ernst, oder?!< Er meinte er ernst. Schnurrend rollte Daron neben seinen Zimmergenossen und kuschelte sich an dessen Seite. "Ganz schön kalt hier...", murmelte er müde und schloss die Augen. Der Kamin war schon ausgegangen und Rayo musste dem Prinzen recht geben. Es war wirklich kalt! Dennoch berechtigte das nicht diese Kuschelaktion! Gerade als Rayo von dem Betrunkenen abrücken wollte, krallte dieser sich jedoch in seinem Anzug fest und vereitelte somit jegliche Maßnahmen, die er ergreifen wollte, um wegzukommen. "Ich kann deine Gedanken lesen...", murrte Daron leise. "Hey! Ich bin halt keine lebende Wärmflasche!", fauchte Rayo verärgert. "Wärmflasche?", fragte der Prinz und öffnete träge ein Auge. "Was'n'das?" "Eine Flasche aus weichem Gummi, in die man heißes Wasser einfüllt!", erklärte Rayo genervt. "Man legt sie unter die Decke und hat es dann warm, bis das Wasser abgekühlt ist!" "Wie unpraktisch!", seufzte Daron schläfrig. "Du kühlst mir so schnell nicht ab!" "Nein, nein, nein, verdammt!", rief Rayo wütend aus. "Leg' dich gefälligst ins Bett und deck' dich zu!" "Wenn du mitkommst!" "Nein, Daron! Im Bett wird dir schon so warm und zwar ohne lebende Wärmflasche!" Rayo riss langsam der Geduldsfaden. Warum musste er auch einen völlig betrunkenen Prinzen bei sich liegen haben?! Der wusste doch wirklich nicht mehr, was er tat oder sagte! Wahrscheinlich wusste er nicht einmal mehr, mit wem er sprach! "Rayo...", kam ihm plötzlich die Jammerstimme eines gewissen Betrunkenen zu Ohr. "Mir is' auf einmal so schlecht... Mein Bauch tut weh..." >Soviel dazu... er weiß, mit wem er spricht...< "Dann steh auf und leg dich ins Bett, ich hab's dir schon einmal gesagt!" Rayo richtete sich auf und riss den Prinzen, der sich an ihn geklammert hatte, mit sich. Allerdings schaffte er es nicht, ihn auf die Füße zu bekommen, dazu war er zu schwach. "Komm schon, Daron!", knurrte er angestrengt. "Lass dich nicht so hängen!" "Rayo... mein Bauch..." "Musst du kotzen?", fragte der Kleinere unverblümt. "Ich will nicht sterben...", jammerte der Prinz. "Du wirst nicht sterben!", versicherte Rayo seufzend und fügte gedanklich ein kleines >leider< hinzu. "Aber mir geht's so schlecht!" "Du verträgst Alkohol wie's aussieht wirklich nicht!" Rayo brachte es fertig, dass Daron sich hinstellte. "Wieso hast du das gemacht?" "Waah!", heulte Daron auf. "Schimpf nicht mit mir! Ich wollte doch nur... nur..." Der Prinz machte momentan eine jämmerliche Figur, Rayo verstand die Welt nicht mehr. Mit so einem Daron wusste er einfach nicht umzugehen. Ging es ihm wirklich so schlecht? "Schon gut...", murmelte er durcheinander. "Leg' dich da hin, ich hol dir was gegen die Übelkeit..." "Sowas gibt's?" Träge torkelte der Prinz auf das Bett zu, seine Bewegungen waren ziemlich unkoordiniert und er drohte mehrmals, den Fuß falsch aufzusetzen. Rayo war jetzt eigentlich froh, dass er so weggetreten war, denn dann musste er ihm das mit der Medizin nicht genauer erklären. Hier gab es natürlich noch keine Medizin, wie immer hatte er schneller geredet als gedacht. Also ersparte er es sich, auf die Frage zu antworten und ging ins Bad, um einen Kübel zu holen, den er dem Prinzen ans Bett stellen konnte, falls es doch einmal nötig war. Er fand recht schnell etwas Brauchbares. "Na, endlich hast du dich hingelegt!", sagte er erleichtert, als er aus dem Bad zurückkam. "Wenn du kotzen musst, dann bitte in den Eimer hier!" Daron wandte ihm sein blasses Gesicht zu, das er halb unter der Decke verborgen hatte und warf ihm einen wehleidigen Blick zu. "Mir geht's so schlecht!" "Das weiß ich inzwischen!" Rayo zupfte die Decke zurecht, überprüfte, ob auch alles in Ordnung war und stapfte dann zum Sessel, in dem er sich niederließ. "Du bist ein richtiger Jammerlappen!" "Bin ich nicht!", maulte der Prinz. "Aber wenn mir nun mal so schlecht ist? Wenn du das nachfühlen könntest, dann wüsstest du, dass es um mich schlimm bestellt ist! Oh, Rayo! Hilf mir! Ich sterbe!" "Wie gesagt: Jammerlappen!" Rayos Blick wanderte über das Bücherregal neben dem Sessel und studierte die Buchtitel. "Hast du die Bücher hier echt alle gelesen?" "Hä?" Daron wurde aus seinem Selbstmitleid gerissen. "Nein, die gehören meinem Vater! Aber Rayo, kannst du nicht irgendwas machen, mein Bauch tut so weh..." Rayo hatte sich für ein Buch entschieden, das den Titel trug und schlug es auf. Die Worte seines Zimmergenossen überhörte er. "Rayooo!", kam flehentlich aus Darons Ecke. "Du bist so herzlos!" "Ich dachte, du wolltest schlafen?" Rayo sah von dem Buch auf. "Ich musste dir sogar einen Gutenachtkuss geben!" "Ich kann aber nicht schlafen, wenn mir schlecht ist!", heulte Daron. "Und als ich gerade wollte, war mir noch nicht schlecht!" "Tja, das nächste Mal nimm dir an mir ein Beispiel und trink keinen Alkohol!", versetzte Rayo. "Was?" Die Stimme des Prinzen klang verwirrt. "Du hast keinen Alkohol getrunken?" "Nein!" "Aber..." Die Verwirrung wechselte zu Ungläubigkeit. "...was hast du dann getrunken?" "Orangensaft..." Nach einem Moment des fassungslosen Schweigens, brach Daron in schallendes Gelächter aus. "Orangensaft?!", japste er ungläubig. "Welcher Mann trinkt denn auf einem Ball Orangensaft?!" "Ich darf zufällig keinen Alkohol trinken!", verteidigte Rayo sich laut. "Ich bin schließlich noch nicht einundzwanzig! Ausserdem ist das ganz allein meine Sache!" "Du darfst keinen Alkohol? Einundzwanzig?", fragte Daron, doch plötzlich weiteten sich seine Augen und er wurde noch blasser. "Mann, is' mir schlecht..." Rayo wandte sich verbissen wieder dem Buch zu. >>Das Schwert Riotrondichons blitzte auf, etliche seiner Gegner fielen in Sekundenbruchteilen, ohne, dass sie auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätten. Die restlichen Männer starrten in Entsetzen und Ehrfurcht zu dem großen Krieger auf. "Ich und mein Schwert sind eins, gemeinsam bekämpfen wir das Unrecht! Dies ist ein Kampf für die Gerechtigkeit..." Seine Worte verhallten, keiner hatte es gewagt, sich zu bewegen. "Und wenn ich dir dein geliebtes Schwert entreisse?!" Ein Schatten...<< "...Rayo, Rayo, Rayo..." Langsam konnte der Schwarzhaarige es nicht mehr hören. Vergeblich versuchte er, sich auf den Inhalt dieses Buches zu konzentrieren, aber scheinbar war in Darons Nähe keinerlei Ruhe möglich! In seiner eigenen Welt war es nun mal nicht üblich, den ganzen Tag irgend etwas zu unternehmen! Er hatte es eigentlich auch mal ganz gern, nichts zu tun! Rein gar nichts! Nur sitzen, vielleicht etwas lesen, Musik hören... Aber nein! Bei Daron ging das nicht! "Daron, wenn du nicht sofort deine Klappe hältst, werde ich sauer!!!" Erschrocken über Rayos unerwarteten Ausbruch, schwieg der Prinz einen Augenblick. Doch nicht lange... "Aber Rayo, mir ist so schlecht..." "Daron...", knurrte Rayo gefährlich. "Siehst du nicht, dass ich etwas lesen möchte! Könntest du bitte mal ruhig sein?" "Mir ist total übel und du liest ein Buch! Das finde ich einfach unfair! Du bist so gemein! Wäre ich du, würde ich mich mal richtig um meinen Kameraden kümmern! Aber nein, Rayo liest ja gerade ein Buch! Rayo hat ja keine Zeit für mich! Ich sollte seine Privatsphäre akzeptieren, auch, wenn ich gerade krepiere! Das wäre sicherlich besser, schließlich will der Herr seine Ruhe und..." "Klappe!!!" Das Buch schnappte mit einem dumpfen Geräusch zu, das Daron mitunter zum Schweigen brachte. "Kapierst du denn nicht, dass ich langsam wirklich etwas überfordert bin?" Rayo seufzte schwer auf. "Nein, du verstehst das natürlich nicht! Wie könnte ich das auch von dir erwarten? Aber ist es echt zu viel verlangt, mich einfach mal in Frieden zu lassen?!" "Jaah..." Diese Antwort konnte bei einem betrunkenen Daron natürlich nicht anders ausfallen. Hatte Rayo sich etwa Hoffnungen gemacht? Er schob das Buch zurück an seinen Platz im Regal und erhob sich langsam. Es wäre keine so schlechte Idee, sich jetzt zum Schlafen zurückzuziehen. Ein neuer Versuch, etwas Ruhe zu bekommen. "Ich gehe nur eben drüben die Kerzen ausmachen, dann komme ich zurück, okay?" Die Resignation in seiner Stimme schien den Prinzen zu beruhigen, denn er nickte schnell. "Aber beeil' dich!", jammerte er leise vor sich hin. Der Schwarzhaarige ging nach nebenan und blies eine Kerze nach der anderen aus. Der bekannte Geruch, den gelöschte Kerzen verbreiteten, stieg in seine Nase. Wieder ein Stück Vertrautheit, etwas, das er mit seiner Welt verband. Mit jeder erloschenen Flamme wurde es dunkler in dem Zimmer, bis schließlich kein Licht mehr den Raum erhellte, außer eines kleinen Streifens Helligkeit von der Tür zum Schlafzimmer. Diesen nahm Rayo jetzt auch als Orientierung. Er tastete sich an die Lichtquelle heran und fand sich schon in der Gesellschaft Darons wieder. "Mir is' schlecht!" "Weiß ich!" Rayo machte sich daran, auch hier die Kerzen auszupusten. "Durch Gejammer wird's bestimmt nicht besser!" "Und mir is' kalt!" "Du liegst doch unter der Decke!" Wieso ließ Rayo sich überhaupt auf eine Diskussion ein? Das brachte ihm doch gar nichts! "Rayo, ich werde dich nicht in Ruhe lassen, ehe du was gegen die Bauchschmerzen und Kälte gemacht hast!" "Aber..." Rayo gab innerlich auf. "...ich weiß doch gar nicht, was ich dagegen machen kann!" "Och, irgendwas!", heulte Daron auf. "Du weißt doch sonst immer alles!" "Woher bitte soll ich was gegen Übelkeit haben?", argumentierte Rayo müde. "Gerade hast du noch gesagt, du würdest was dagegen haben!" Daron kannte anscheinend keine Gnade. "Also?!" >Das einzige, das ich gegen Magenschmerzen kenne, ist, den Bauch zu massieren! Aber ich würde mich eher umbringen, als dass ich....< "Dann mach' das doch!" Er hatte nicht etwa laut gedacht, oder? "Auf keinen Fall!" Rayo schüttelte panisch den Kopf und löschte die vorletzte Kerze. Nur noch schwaches Licht flackerte gegen die dunklen Schatten. "Aber... Rayo..." Der Schwarzhaarige begann wortlos, seinen Anzug aufzuknöpfen. Das schwarze Jackett landete am Kopfteil seines Bettes und das Hemd flog gleich hinterher. "Ich werde das ganz bestimmt nicht machen, Daron!" Der Prinz antwortete nicht, sondern starrte ihn nur an. Verwirrt strich Rayo sich eine ins Gesicht gefallene Haarsträhne hinters Ohr. Gab der Prinz etwa auf? Das glaubte er nicht, eher wäre der Himmel grün und das Gras blau, als dass Daron irgend etwas nur im Ansatz einsehen oder aufgeben würde. Vollkommen durcheinander drehte Rayo sich um und schnappte sich sein eigenes Shirt vom Boden, um sich wieder anzuziehen. Dann jedoch fiel der Groschen und er erstarrte in der Bewegung... Er stand hier halbnackt mitten im Zimmer! Nach dem Schockmoment riss er das Oberteil rasend schnell über seinen Kopf und wagte es erst anschließend, den Prinzen vorsichtig anzusehen, bereit, seinen Spott abzuwehren. Daron schien aber eher erschöpft und blass als alles andere. Und dass er die Situation nicht mit einem breiten Grinsen quittierte, ließ Rayos Sorge um einen großen Teil wachsen. Ging es ihm etwa doch schlechter, als er gedacht hatte? "Rayo... Bitte... Mach' was gegen die Bauchschmerzen, wenn du wirklich kannst... Bitte..." Schweigend senkte Rayo den Kopf, rang innerlich mit einer Entscheidung. Daron hatte ihn um Hilfe gebeten. Und seine Stimme hatte ernst geklungen, gequält sogar. Und was war schon dabei, wenn er ihm half? Immerhin war er doch auch nur ein gleichaltriger Junge, wenn auch ein Prinz. Und diese Tatsache machte ihn nicht älter oder stärker als andere Menschen! Überhaupt nicht! "Na... na, gut...." Rayo nahm die letzte brennende Kerze aus dem Halter und trat zu Daron ans Bett. "Ich kann allerdings für nichts garantieren!" Der Blick des Prinzen folgte ihm, als er sich an der Bettkante niederließ und sich die Schuhe von den Füßen streifte. Die Kerze wurde an die Seite gestellt und ausgemacht. Dunkelheit senkte sich über sie herab. Angenehme Dunkelheit. Sie war Rayo nur recht, denn sie verschleierte die Situation, in die er sich wieder hatte begeben müssen. "Dreh' dich mal um!", murmelte er und hörte daraufhin die Decken rascheln, als Daron sich auf die andere Seite legte. "Was wird das?", drang seine von dem Magenkrampf gedämpfte Stimme zu Rayo vor. "Wart's einfach ab!", flüsterte er verlegen und legte sich langsam neben den Prinzen. Schüchtern rückte er näher und legte seine Hände von hinten um ihn, so dass sie auf seinem Bauch zu liegen kamen. Unsicher begann er, die verkrampften Muskeln zu massieren, spürte nur zu deutlich die Wärme Darons durch seine Fingerkuppen über seine ganzen Hände rieseln. "Meine Mutter hat das früher immer mit mir gemacht, als ich klein war...", erklärte er, um sich und den Kranken abzulenken. "Wenn ich Bauchschmerzen hatte, half das immer..." Er merkte, wie sich Daron etwas lockerte und lehnte sich erleichtert gegen ihn. Schon im nächsten Moment wäre er am liebsten zurückgewichen, denn der unerwartete Kontakt ihrer Körper durchzuckte ihn wie ein Blitzschlag. Dennoch ließ er es letztendlich bleiben, auch, wenn er sich selbst nicht sicher war, warum. "Rayo...?" Die abgespannte Stimme seines Patienten meldete sich wieder einmal zu Wort. "Wie waren denn deine Eltern so? Habt ihr euch gut verstanden?" "Meine Eltern?" Rayo überlegte, dachte an seine Familie zurück, an die vielen Augenblicke, die er nie zu schätzen gewusst hatte, bevor er so unvermittelt aus seinem Alltag herausgerissen worden war. "Ich habe mich eigentlich immer gut mit meiner Mutter und meinem Vater verstanden..." Eine Art Ruhe war zwischen ihnen eingetreten, Rayo setzte die sanfte Massage fort, spürte die Entkrampfung der Bauchmuskeln unter seinen Fingern. Daron lag völlig still, etwas, das dem an ihm Lehnenden eigentlich wie ein Ding der Unmöglichkeit vorkam, denn was hatte der Power des Prinzen jemals einen Abbruch getan? "Na, jedenfalls...", fuhr er fort. "...würde ich gerne wieder zu Hause sein... ich meine, meine Eltern wissen doch gar nicht, wo ich bin und denken sicherlich, mir wäre etwas passiert... Ich bin zwar schon sechzehn, aber..." "Meine Eltern behandeln mich, als wäre ich ein Kleinkind!", fauchte Daron dazwischen. Rayo konnte die Wut aus den Worten des Prinzen heraushören, als läge sie wie etwas Greifbares in der Luft. Doch so schnell sie sich in die Luft entladen hatte, verschwand sie auch wieder und Rayo ersparte sich seine übliche bissige Erwiderung. "Sie sind bloß besorgt um dich!", erklärte er statt dessen sanft. "Dadurch, dass du Alkohol getrunken hast, hast du dir nur selbst weh getan und das wollten sie verhindern! Es hätte auch viel schlimmer kommen können, weißt du das?" Den leichten Tadel am Ende konnte er nicht aus seinen Worten verbannen. "Sag bloß, du machst dir Sorgen um mich...", hörte Rayo Daron spöttisch belustigt vor sich hin murmeln. "Allerdings!" Erschrocken hielt er in seinen Bewegungen inne, doch es war die Wahrheit, dass er Angst bekommen hatte, es könnte wirklich etwas Schlimmeres sein, als vorher erahnt. Sonst würde er aber auch nicht hier liegen und dem Prinzen den Bauch massieren. Alles, nur das nicht! "Also... ich danke dir, Rayo..." Ebenso überrascht wie eben noch geschockt, erstarrte Rayo erneut. In einem selbst für ihn unerwarteten Impuls von Freude, schlossen sich seine Arme enger um Daron und fuhren dann mit den helfenden Bewegungen an seinem Bauch fort. Er fühlte sich müde, wenn auch glücklich. Die Wärme von Daron lullte ihn langsam aber sicher ein. Seine Augen hatte er wegen der Dunkelheit ohnehin schon geschlossen und je weiter seine Gedanken abdrifteten, desto tiefer versank er in der Traumwelt. Eigentlich wollte er ja noch aufstehen und in sein eigenes Bett gehen, aber nichts auf der Welt vermochte ihn noch aus dem warmen Nest zu holen, denn er wusste ganz genau, dort draußen lauerte Kälte und Einsamkeit. Und obwohl er so heftig beteuert hatte, er bräuchte Zeit für sich allein, so wusste er doch, dass das alles nicht stimmte, denn dann könnte niemand ihn vor seinen Gedanken an sein Zuhause und seine Familie bewahren. Und Daron war ja nur ein anderer Junge. Da machte das ja nichts aus. Überhaupt nichts... Das würde er ein anderes Mal mit seinem Gewissen vereinbaren. Nur nicht an diesem Abend... Rayo merkte schon längst nicht mehr, wie er mit der Massage aufhörte und einschlief... Das Morgenlicht, das durch das Fenster drang, warf sein Licht auf Rayos vierten Tag in dieser fremden Welt. Blinzelnd öffnete er ein Auge, sein schläfriger Geist trieb langsam an die Oberfläche seines Bewusstseins und zeigte ihm die verschleierte Sicht einer weißen Decke, die über ihm thronte. Die Augen gegen das unangenehme Licht zusammenkneifend, wälzte Rayo sich herum und kuschelte sich zurück in die Wärme, wollte auf keinen Fall aufwachen und die gleiche hoffnungslose Aussicht vor sich haben wie all die letzten Tage zuvor auch schon. Sofort wurde er erfasst und umschlossen, wieder tiefer gezogen in die angenehme, einzigartige Aura, die nur eine Person umgab, in diesen vertrauten Geruch, den nur eine Person umgab... nämlich... Rayo riss die Augen auf. >...Daron...< Und bei eben diesem hatte er sich gerade in eine innige Umarmung geschmiegt. Er wagte es nicht, sich zu bewegen, hätte es auch gar nicht gekonnt, wollte es auch gar nicht. Die Müdigkeit war schlagartig von ihm abgefallen, nur die warme Atmosphäre blieb, gaukelte ihm eine innere Bindung zwischen dem Jungen und ihm selbst vor, die gar nicht bestehen konnte, es gar nicht durfte. Er drehte seinen Kopf, der an Darons Brust lag, leicht zur Seite, erhaschte einen Blick auf die Haut des gebräunten Armes des Prinzen, der ihn umschlungen hatte und an den warmen Körper drückte. Erst jetzt bemerkte er so richtig, wie zierlich er selbst gegenüber Daron war. Auch, wenn er es oft genug zu hören bekommen hatte, so war es doch etwas anderes, als diese Tatsache durch solch einen Kontrast zu sehen zu bekommen. Erneut bewegte Rayo sich, wandte sich leicht in Darons Arm um, damit er ihm ins Gesicht schauen konnte. Leicht strich seine Nase über die des schlafenden Jungen, verdeutlichte ihm, wie nah er ihm jetzt wirklich war. Doch er zog sich nicht zurück. Diesmal nicht. Der sture Prinz würde nichts hiervon erfahren. Im Schlaf wirkte Daron unschuldig, als könnte er kein Wässerchen trüben. Seine Gesichtszüge waren völlig entspannt, viel weicher, viel zarter. Seine dunklen Wimpern legten sich wie Schwingen auf die samtene Haut... diese Haut... etwas in Rayo schrie danach, sie zu berühren, zu testen, ob sie sich auch so samten war, wie sie schien. Unschlüssig zog er eine Hand unter der Decke hervor, die bisher an Darons Taille gelegen hatte, und strich unendlich vorsichtig über eine der Wangen. Tatsächlich... wie Samt... Die Worte hallten in seinem Kopf leise nach, während seine Finger die Konturen von Darons Gesicht entlangfuhren, schließlich an seinem Kinn innehielten. Rayos Augen hefteten sich auf die leicht geöffneten Lippen des Jungen, die so oft zu einem überlegenen Grinsen, aber auch zu einem zärtlichen Lächeln verzogen gewesen waren. Im Moment jedoch waren sie entspannt. Er konnte nicht anders, als die Form mit dem Daumen sanft nachzufahren, sie waren nachgiebig, weich, luden noch zu einer ganz anderen Berührung ein. Und Rayo folgte dieser Einladung, gab dem Drang nach, den Nektar dieser Lippen noch einmal zu kosten. Es benötigte nur ein kleines Vorbeugen, nur ein minimaler Abstand war zu überwinden und er fand, wonach sein Inneres sich übermächtig stark sehnte. Doch gleichzeitig erschrak er, erwachte mit einem Schlag aus der Trance, die ihn erfasst hatte. Was tat er da? Wozu hatte er sich da hinreißen lassen? Und warum? Rayo unterbrach ihren kurzen Lippenkontakt, starrte mit weit aufgerissenen Augen in das wunderschöne Gesicht vor ihm. Selbst im Schlaf hatte es seinen stolzen Zug nicht verloren. Und unter den Lidern verbargen sich die wohl schönsten Augen, in die Rayo je hatte schauen dürfen. Grau, stahlgrau und wohl ebenso unnachgiebig wie der Stahl selbst. Manchmal, wenn das Licht günstig fiel, konnte man sogar einen Schimmer Blau in ihnen erkennen. Dass ihm so etwas aufgefallen war, verwunderte ihn selbst mehr als alles andere. Diese Augenfarbe war so einzigartig, nirgendwo auf der Welt würde man solche Augen ein zweites Mal finden, dessen war er sich sicher. Und eben diese Augen öffneten sich mit einem Mal schlagartig. Rayo wollte zurückweichen, fühlte sich aber zu elektrisiert vom Schreck, um auch nur zu blinzeln. "Wird man hier schon aus dem Schlaf geküsst?" Entsetzen lähmte Rayo. Der Prinz lächelte verschlafen, als hätte nicht gerade ein Junge ihn geküsst. Die Aufforderung am letzten Abend war etwas ganz anderes, da war Daron betrunken gewesen. Doch jetzt? "Was guckst du so verschreckt?", grinste Daron. Er ging noch immer nicht auf Abstand. "Du bist vielleicht schüchtern!" "Also... also, ich... ähm... das... das..." Rayo schämte sich für das, was er getan hatte. Was musste der Prinz jetzt denken? Er war doch nicht schwul! Es mochte ja stimmen, dass der andere Junge sehr attraktiv war und wäre er ein Mädchen, würde er sicherlich nicht zögern, ihn... Was dachte er da nur wieder?? "Daron, ich kann das alles erklären!", begann Rayo erneut. "Ich..." Seine hastige Erklärung wurde ihm von den Lippen gerissen, als Daron sie mit einem Kuss versiegelte. Er war bestimmter als der, den Rayo ihm gerade gegeben hatte, stürmischer und fordernder. Aber er dauerte nicht länger. Daron ließ von ihm ab und sah mit fröhlich funkelnden Augen auf ihn herab. "Du bist so prüde! Irgendwie süß!", lachte er und kuschelte sich unter der Decke noch etwas näher an ihn heran. "Außerdem bist du warm und ich noch müde! Du hast mich mit deiner Zappelei geweckt!" >Süß?! Pah! Wieso bezeichnen mich alle als süß? Ich will nicht süß sein!< Doch Rayo war im Augenblick viel zu perplex vom Benehmen des anderen Jungen, als dass er sich traute, groß Einspruch zu erheben. Daron schien nämlich ernsthaft vorzuhaben weiterzuschlafen. Und er selbst wäre jetzt ganz sicher nicht mehr in der Lage dazu! Was heißen würde, er müsste so lange hier liegen bleiben, bis Daron aufstehen wollte. >Nein! Auf keinen Fall!< Das musste er verhindern und zwar bevor Daron wieder eingeschlafen war! Und er schien schon wieder auf dem besten Wege ins Reich der Träume zu sein! "Du kannst ja noch schlafen!", beeilte er sich deshalb in einer unbeeindruckten Tonlage klarzustellen. "Ich bin hellwach und werde mal nach meiner Schwester suchen gehen!" "Och, meinst du wirklich?" Träge öffnete der Prinz ein Auge. "Dabei ist's gerade so gemütlich!" "Mag ja sein!", lächelte Rayo, amüsiert von seiner kindlichen Enttäuschung. "Du kannst aber ruhig noch liegen bleiben! Ich finde sie schon!" Rayo löste sich von dem Prinzen und krabbelte aus dem Bett. Er musste zugeben, dass er selbst die Wärme ebenfalls vermisste, die er und Daron sich gegenseitig gegeben hatten. Doch nein, nein! Er mochte vielleicht die Wärme vermissen, aber nicht Daron! Sicherlich, ganz bestimmt nicht Daron! Er hasste es, so verwirrt zu sein! Aber das war nur einer der Gründe, aus denen er froh war, dass der Prinz im Bett blieb. Ihm war es gestern ja wirklich schlecht ergangen und etwas mehr Schlaf konnte da bestimmt nur gut tun! "Ruh dich ruhig noch aus!", murmelte er deshalb mit ehrlicher Besorgnis. Dem Prinzen schien es zwar wieder besser zu gehen, aber sicher war immer noch sicher. "Ich bringe dir auch gleich was zu essen!" "Wirklich?", strahlte Daron und sein Kopf schnellte vom Kissen hoch. "Toll!" Rayo lächelte leicht und ging zur Tür. Kurz bevor er den Raum verließ, drehte er sich jedoch noch einmal um. "Ich bin froh, dass es dir besser geht, Daron!" Leise schloss er die Tür hinter sich. Seine Verwirrung hatte sich nicht gelegt, ebensowenig wie seine Besorgnis. Daron neigte dazu, viel zu übermütig zu handeln und er musste verhindern, dass er sich nicht allzu sehr anstrengte. Am Besten, er würde persönlich etwas für den Prinzen zum Essen aussuchen, dann konnte der seinen noch empfindlichen Magen nicht mehr belasten als nötig. Eigentlich konnte man meinen, er handelte übertrieben, aber er wusste sehr wohl um die schlechte medizinische Versorgung. Da die Wissenschaft noch nicht sehr weit fortgeschritten war, folgerte er daraus auch für die Medizin einen schlechten Entwicklungsstand. Würde Daron also einen Rückfall erleiden, könnte das eventuell schlimmere Folgen haben, als er es gewohnt war. Hier gab es kein Penizillin, das man einfach mal so schluckte, wenn man krank war. Rayo trat hinaus auf den Flur. Sollte er zuerst Raya suchen, oder Darons Eltern? Na, es wäre sicherlich besser, dem König und der Königin vorher Bescheid zu geben, dass dem Prinzen besser ging. Danach konnte er seine Schwester suchen. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass es bereits später Morgen war. Auch daran erkannte man, dass es Daron schlechter ging als sonst. Er war heute nicht einmal für sein Schwerttraining aufgestanden. "Entschuldigung..." Rayo hatte den Kammerdiener des Prinzen, Tervo, entdeckt. "Wo finde ich Seine Majestät den König?" "Oh, Rayo?" Der ältere Mann lächelte ihm freundlich zu. "Wartet, ich bringe Euch zu ihm! Darf ich fragen, wie es unserem Prinzen geht?" "Er sieht schon wieder besser aus!", grinste Rayo und folgte dem Diener. Sie liefen nicht lange durch das verstrickte System an Gängen, in dem Rayo sich noch immer nicht zurechtfand und standen schließlich vor einer großen Doppeltür. "Ich kündige Euch kurz an!" Der sympathische Mann verbeugte sich kurz und verschwand dann hinter der Tür. Kaum, dass er verschwunden war, öffnete sie sich jedoch schon wieder und Rayo, der sich darauf eingestellt hatte, zu warten, schaute überrascht auf. "Man erwartet Euch bereits!", erklärte der Diener und deutete in das Zimmer. Mit einer letzten höflichen Verbeugung verschwand er danach, um seinen Pflichten nachzukommen. Rayo atmete tief durch und trat ein. Der König und seine Gemahlin saßen an einem Tisch in der Mitte des Raumes. Die Throne standen unbesetzt im Hintergrund, doch das Paar schien gerade beim Frühstück gewesen zu sein, als der Diener ihn angekündigt hatte, denn Eßutensilien und Platten mit Brot, Fleisch und Früchten standen noch vor den beiden. "Da bist du ja, Rayo!" Der König lächelte väterlich, aber er schien gedanklich schon bei seiner nächsten Frage zu sein. "Wie geht es Daron?" "Euer Sohn fühlt sich viel besser, aber ich glaube, er sollte sich noch ausruhen!", antwortete Rayo nervös. Er konnte sich einfach nicht an die Tatsache gewöhnen, dass er dem König gegenüberstand, dass er mit einem König redete und vor allem, dass ein König mit ihm redete... "Da bin ich aber erleichtert!", seufzte die Frau und legte ihrem Mann eine Hand auf den Arm, was der mit einem Lächeln quittierte. "Ich hoffe, er hat dir keine Unannehmlichkeiten bereitet! Wir wissen wohl, dass Daron ein sehr hitziges Temperament hat!" "Es ging so..." Verlegen trat Rayo von einem Bein auf das andere. "Möchtest du dich nicht zu uns setzen?", fragte der König und deutete auf einen Platz ihnen gegenüber. Rayo schüttelte daraufhin schnell den Kopf. "Danke, nein...", murmelte er abwehrend. "Aber ich muss noch nach meiner Schwester gucken, sie reist sicher bald ab!" "Oh, nun denn... Wirst du denn mit deiner Schwester nach Hause zurückkehren?" "Ich... weiß noch nicht..." Darüber hatte Rayo sich gar keine Gedanken mehr gemacht. Er konnte ja jetzt gehen... "Dann such du mal deine Schwester!", nickte die Königin. "Wir wollen dich nicht länger aufhalten!" "Ahm... ich wollte auch noch mal... ich wollte mich bedanken!", stotterte Rayo. "Für die Unterkunft und so..." "Das ist doch selbstverständlich!", lachte die ältere Frau. "Du bist doch ein Freund unseres Sohnes!" "Nun... trotzdem... Danke!" Rayo lief zur Tür, schwang sie auf und winkte ihnen schnell noch einmal zu, ehe er verschwand. "Ein seltsamer Junge!" Leicht verwundert sah die Königin ihren Gemahl an. "Er benimmt sich gar nicht unseren Sitten entsprechend." Der König nickte. "Er ist wohl nicht von hier!" "Hm... Aber Daron scheint ihn sehr zu mögen! Er ist ja geradezu handzahm in seiner Gegenwart!" Das glockenhelle Lachen der Frau erscholl kurz. "Tja, Schatz, da muss ich dir zustimmen!" Der König trank einen Schluck Tee aus einer kleinen Porzellantasse. "Er scheint sehr an ihm zu hängen! Ich hoffe mal, der Junge lässt ihn nicht einfach so zurück! Unser Daron ist doch so verletzlich!" "Lass ihn das nicht hören!" Wieder lachte die Königin hell auf und führte sich dann ein kleines Häppchen von einem der Tablette zu Gemüte. "Aber du hast recht, es würde ihm das Herz brechen, den Jungen zu verlieren!" "Ja, das ist eine seltsame Freundschaft zwischen den beiden!" Der König störte sich nicht daran, dass seine Gemahlin mit vollem Mund gesprochen hatte. Das war eben ihre Privatsphäre. Ohnehin waren sie keine gewöhnliche Familie, denn sie gingen alle völlig vertraut miteinander um, was aus dem Umstand resultierte, dass die Heirat des Königs und der Königin aus wahrer Liebe vollzogen worden war. "Mäuschen, würdest du mir mal das Salz reichen?" Die Königin lächelte ihren Mann an und gab ihm den Salzstreuer. "Bitte sehr!" Einträchtige Stille sank über den Raum herab, nur unterbrochen von klimperndem Besteck und Porzellan. "Schatz...", brach die ältere Frau dann das Schweigen. "Dieser Rayo wird doch sicher morgen gehen!" "Wenn nicht sogar heute!", ergänzte der König besorgt. "Soweit ich ihn kennengelernt habe, wird er nicht vorhaben, Daron zu sagen, wo er ihn finden kann, wenn er fort ist..." "Das ist traurig!", erwiderte die Königin bedrückt. "Warum denn nicht?" "Er scheint seine Gründe zu haben... seine Schwester vielleicht?" Dann lächelte der König. "Er ist ja eigentlich nett! Er hat etwas ganz besonderes an sich! Etwas... Fremdes und Neues!" "Also, ich finde ihn irgendwie knuffig!", quietschte die Frau vergnügt. "Richtig süß!" Rayo war erleichtert, als er aus dem Zimmer des Königs und der Königin verschwinden konnte. Sie machten ihn mehr als nervös. Anfangs war es leichter für ihn gewesen, in der Gegenwart des Königs zu sprechen. Doch seitdem er gemerkt hatte, dass der Mann ein wirklicher, ein richtiger König war, der ein ganzes Land mit fester Hand regierte, hatte er großen Respekt und Ehrfurcht vor ihm. "Bruderherz!" Seine Schwester kam ihm entgegen, ein breites Lächeln auf den Lippen. "Ich hab' dich gesucht! Bei eurem Zimmer hat keiner aufgemacht, als ich geklopft habe und da hat Tervo mir gesagt, du wärst beim König!" "Aha!" Rayo erwiderte das Lächeln und ging neben ihr her den Gang herab. "Na, ja, ich musste doch erzählen, was mit Daron los war! Sag mal: Kannst du mich zur Küche bringen?" "Klar!", nickte sie. "Möchtest du deinem Schatz was zu Essen machen?" "Wie bitte?!", keuchte Rayo. "Welchem Schatz bitte?! Der Typ ist doch total verrückt! Trinkt Alkohol, obwohl ihn das Zeug krank macht! Irre ist er! Und ganz bestimmt nicht mein Schatz!!!" "Ja, ja..." Es klang nicht gerade überzeugt. "Wie kommst du denn da überhaupt drauf?", versuchte er es also erneut. "Das ist ein Kerl, falls es dir schon einmal aufgefallen sein sollte und ich würde nie..." >Du solltest nicht so laut reden, die Wände haben Ohren...< Augenblicklich war Rayo still. Und rot im Gesicht wie eine Tomate. "Jedenfalls...", setzte er noch einmal an, diesmal aber im Flüsterton. "...verstehe ich nicht, wie du darauf kommst, ich und der Prinz könnten... wäh!" "Was ist da gestern eigentlich noch so gewesen?", fragte Lileya plötzlich. Rayo wusste, sie wollte vom Thema ablenken und das war ihm auch mehr als recht. "Ich habe ja in dem anderen Zimmer geschlafen, deshalb würde mich wirklich mal interessieren, was der Prinz in seinem Trunkenheitszustand so verzapft hat!" "Gejammert hat er, nichts weiter!" Ganz bestimmte Details ließ er aus. "Er hatte Magenkrämpfe! Dieser Idiot!" "Ach und jetzt braucht er was feines zum Futtern?" Leya grinste gespielt fies. "Und der kleine Rayo spielt Onkel Doktor und passt auf ihn auf!" "Ganz genau!", knurrte der Schwarzhaarige. "Sonst springt der gleich wieder hier draußen rum und fängt sich womöglich was ein!" "Hier sind wir auch schon an der Treppe zur Küche!", lachte Lileya. "Na, dann wünsche ich dir noch viel Spaß, ich will dich und den Prinzen ja nicht stören!" Und damit verschwand sie auch schon. Rayo sah ihr noch kurz nach. Sie benahm sich an diesem Morgen auch recht seltsam. Zwischen ihm und Daron war nichts, diese ständigen Anspielungen gingen ihm ziemlich auf die Nerven! Seufzend lief er die Treppen hinab und in die Küche. Wie schon bei seinem letzten Besuch herrschte hier ziemlicher Aufruhr, immer flitzte irgend jemand durch die Gegend mit irgendwelchen Tabletts, Töpfen oder Lebensmitteln. "Hey, seht doch!", rief plötzlich eine ältere Frau aus. "Wenn das nicht unser kleiner Koch ist!" Rayo erkannte sie, sie war eine der drei Frauen, die ihm bei den Kohlrouladen geholfen hatten. Und nachdem die Frau seine Anwesenheit laut bekannt gegeben hatte, entdeckte er auch die beiden anderen Köchinnen und den Koch, die ihm ebenfalls behilflich gewesen waren. "Oh, äh... hallo!" Etwas Klügeres wusste er nicht zu sagen. "Schön, dass du uns mal wieder besuchen kommst!", lächelte Dya. "Hast du ein neues Rezept, das du ausprobieren möchtest?" "Nein, leider nicht!" Rayo zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Ich wollte nur etwas leichtes zum Essen besorgen! Für Daron, ihm geht es ja nicht so gut!" "Ach, wir haben schon davon gehört!", redete die ältere Frau drauf los. "Der Ärmste hat es schon wieder getan!" "Wieso schon wieder?", fragte Rayo misstrauisch. "Macht er das etwa öfter?" "Ja, leider!" Die ältere Frau lief durch die Küche zu einem Schrank und öffnete ihn. "Was kann ich dir denn für den armen Jungen anbieten?" "Mal sehen..." Rayo tastete mit den Augen die Packungen ab. "Warum macht Daron das eigentlich? Ich meine, das mit dem Alkohol?" "Er fühlt sich in seinem Stolz gekränkt!", erklärte Dya, die hinzukam. "Ich kann ihn gut verstehen! Ein Mann, der keinen Alkohol trinken kann! Wie sieht das denn öffentlich für Menschen aus, die nicht wissen, dass er das Zeug nicht verträgt? Er hat Angst, sie könnten ihn für eine Memme halten..." "Ach, so ist das..." Rayo zog etwas aus dem Regal, das aussah, wie eine Art von Zwieback. "Kann ich noch etwas Wurst haben?" "Natürlich!", lächelte die ältere Frau und schloss den Schrank wieder. "Dya, mein Kind? Holst du etwas von Darons Lieblingswurst aus dem Kühlfach?" Die Jüngere nickte und verschwand daraufhin. "Daron wird sich sicher freuen, dass du ihm das bringst!" Fröhlich machte die ältere Frau sich wieder an die Arbeit. "Und lass dich von seiner Nörgelei nicht beeindrucken!" "Nein, ganz sicher nicht!", grinste Rayo. Dya kam zurück und hielt ihm eine flache Schüssel hin, in der Aufschnitt lag. Rayo nahm sie ihr ab und zog dann eines der Tabletts aus dem Regal. Das Ganze stellte er auf eine Arbeitsfläche, wo er begann, den Zwieback mit der Wurst zu belegen. "Hier, ich habe dir schnell noch Tee für dich und den Prinzen geholt!" Der junge Koch, den Rayo auch schon von dem letzten Kocherlebnis kannte, reichte ihm zwei Tassen. "Danke sehr!" Der Schwarzhaarige räumte alles zusammen auf das bereitgelegte Tablett und lief wackelig zur Tür. "Mach's gut, Kleiner!" Die Köche und Köchinnen winkten ihm allesamt mit fröhlichen Mienen zu. "Und komm mal wieder mit einem neuen Gericht!" "Klar doch!" Rayo grinste verschmitzt und schob die hölzerne Schiebetür zur Seite. "Ach, Dya?" Die junge Köchin blickte fragend von dem Gemüse auf, das sie gerade schnitt. "Dein Fleischauflauf ist sehr lecker!" "Danke!", strahlte sie. "Aber jetzt geh und lass den Prinzen nicht länger warten!" "Ist gut!" To be continued... So, das war's für diesen Part! Ich hoffe mal, ich habe das mit der Anrede jetzt nicht wieder falsch gemacht! Wenn doch, sagt mir einfach Bescheid ^^ *schwitz* Ich wurde ein weiteres mal gefragt, warum ich den Nick mit Amy teile! ^^ Das war so: Amys Eltern und meine Eltern haben uns verboten, uns irgendwo anzumelden! Da wir aber trotzdem Sachen veröffentlichen wollten, hat eine Freundin von uns einen Nick für uns beide erstellt! Deshalb teilen wir uns den! Ähm... da war noch was... ach, ja! Danke an Julili und Nekomon für die Empfehlung meiner Story! Das kam wirklich unerwartet für mich! Außerdem ein Danke an alle anderen, die dies hier gelesen haben! Über eure Meinung würde ich mich immer wieder freuen! Anhang: Wie versprochen beantworte ich hier einige Fragen! Mein Dank geht an: Kuroi-Neko, Mistery, gitanija, Pep, Kasan, Van17, Marn, Julili, Nekomon und Satsuki! Da war noch wer, aber leider habe ich mir den Namen nicht merken können! Sorry! Aber derjenige wird dann wissen, dass er gemeint wurde! ^^ Ist jetzt nach der Reihenfolge der Kommischreiber gewesen! Ich danke euch sehr für eure Meinungen und Fragen! Aaalso: 1) Ist Rayo einfach nur so in der anderen Welt gelandet? Das kann ich, denke ich, ohne weiteres beantworten: Nein, natürlich nicht! Wäre auch seltsam, wenn es so wäre! Und langweilig! ^^ Aber eine gute Frage, gitanija! Nya, da Rayo ja mein Protagonist ist, musste ich die Szene so schreiben, dass der Leser das denkt, was er denkt! Und Rayo soll denken, er ist einfach nur so da bei Daron... ^^ *sigh* Klingt das blöd... 2) Wieso sagt Kira nichts zu Raya, obwohl sie doch weiß, dass Rayo keine Schwester hat? Nun, das dürfte sich in diesem Part erledigt haben, eh Van17? Nun, ich hatte überlegt, ob ich Kira nicht schon früher danach fragen lassen wollte, habe es dann aber gelassen! (Die Szene sollte eigentlich noch später kommen... oh, je...) Kira ist recht klug - sie würde Rayo nicht vor allen anderen überrumpeln, sie weiß doch, dass er eine Maskerade spielt... da Daron ihn aber im Auge behalten hat und dann ihre Eltern und ihr Bruder dabei waren... Tja, da hab ich's verschoben... war das zu spät? ^^ 3) Wird Daron erfahren, dass es Raya nicht gibt und dass Rayo aus einer anderen Welt kommt? Ja, er wird es erfahren! ^^ Irgendwann... Irgendwie... Aber ich glaube, das wird noch dauern! Ich weiß nicht... vielleicht geht's auch ganz schnell? Das hängt auch von euch ab! Was meint ihr? 4) Wie ist Lileya als Haflinger zu dem Händler gekommen? Ja, diese Frage ist mir gestellt worden und damit das ein für allemal von Tisch kommt, will ich es hier noch einmal klären: Man erinnere sich an einen schmierigen, geldgierigen Händler... Na, ja... Wenn ihm ein schönes, gut genährtes Pferd zuläuft, was macht er wohl? Er fragt sicher nicht, wer der Besitzer ist. ^^ So ist Leya zu dem Händler gekommen! Nun, es war ihr bestimmt ein leichtes, Rayos Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und auf keines der anderen Pferde! 5) Wie konnte Lileya immer an Rayos Seite bleiben? Wem fällt schon eine Fliege oder ein Vogel auf? Sie kann sämtliche Gestalten annehmen... Nya, nicht alle! Die, die ihr bekannt sind! Je mehr die Körpermasse von ihrer eigenen abweicht, desto schwieriger wird es für sie, also hat sie auch ihre Grenzen! Ich habe jetzt nur die wichtigsten Fragen beantwortet! Es gab noch andere, aber ich möchte ja nicht alles vorweg verraten oder euch zulabern! ^^ So, ich mache an dieser Stelle mal Schluss! Ach... eines noch: Rayos Reise muss weitergehen!!! Kapitel 8: Schon wieder eine Reise ---------------------------------- Konnichi wa!!! Hier ist der siebte Part! Wow, schon der siebte *staun* Na, ja... was soll ich darüber sagen? Endlich kommt mal ein Plot in die Geschichte! Das ist meiner Meinung nach auch langsam nötig! Zuvor habe ich immer frei nach Nase eine Idee nach der anderen umgesetzt, gerade wie es mir gepasst hat... *gg* ^^ Die Beziehung zwischen Rayo und Daron kommt hoffentlich diesmal etwas deutlicher heraus, selbst wenn Rayo es bisher noch immer verleugnet! Das erst mal dazu... Ich möchte ja nicht nerven! ^^" Ich hatte übrigens mal angefangen, den ersten Teil ins Englische zu übersetzen. Was ich festgestellt habe, ist, dass die ganze Atmosphäre anders wirkt. War wirklich interessant... ^^ Wollen wir dann mal loslegen? Viel Spaß beim Lesen! --- "Ach, Dya?" Die junge Köchin blickte fragend von dem Gemüse auf, das sie gerade schnitt. "Dein Fleischauflauf ist sehr lecker!" "Danke!", strahlte sie. "Aber jetzt geh und lass den Prinzen nicht länger warten!" "Ist gut!" --- Rayos Reise Part 7 Von der Küche aus kannte Rayo zum Glück den Weg zu Darons Zimmer. Wenigstens das! Endlich einmal eine Sache, die sich ihm nicht als Problem in den Weg stellte! Eine von wenigen. An der Tür zögerte er kurz und verlagerte das Gewicht des Tablettes, um die Klinke drücken zu können. Den Vorraum fand er leer vor. Ohne weitere Umstände durchquerte Rayo ihn und öffnete die letzte Tür, die ihn von Daron trennte. Im Zimmer war es warm, die Sonne schien durch das Fenster herein und erhellte es. Rayos Blick wanderte sofort zum Bett, nur, um dort einen schwarzen Haarschopf zu entdecken. Er seufzte innerlich vor Erleichterung auf. Der Prinz war also nicht weggelaufen, um irgendwelche Dummheiten zu machen und am Ende doch noch krank zu werden. Er brachte die Entfernung zwischen Tür und Bett mit wenigen schnellen Schritten hinter sich und kniete sich dann auf den Boden nieder, wo er das Tablett neben der Kerze abstellte, die noch immer dort stand, wo er sie letzte Nacht hingestellt hatte. "Hey, Schlafmütze!" Es widerstrebte ihm, Daron zu wecken, aber irgendwann musste der ja mal etwas essen. Er spürte seinen eigenen Hunger stark genug und beschloss kurzerhand, dass er keine große Lust hatte, hier noch eine Stunde zu warten. Etwas regte sich unter der Decke und ein verschlafen blinzelnder Prinz lugte schließlich aus müden Augen zu ihm herüber. "Morgen, Rayo..." Daron gähnte herzhaft und kratzte sich am Kopf. Sich räkelnd setzte er sich auf, streckte sich ausgiebig und rieb sich die noch brennenden Augen. "Ich bin vielleicht fertig!" "Na, dann solltest du dich mal etwas stärken!", grinste Rayo und hob das Tablett auf das Bett. "Hey!", kam sofort ein freudiger Ausruf. "Ich kriege also tatsächlich Frühstück von dir ans Bett gebracht!" "Ja, wenn man es so sagen kann...", murmelte Rayo verlegen. "Ist ja für uns beide!" Schon hatte der Prinz sich einen der Zwieback genommen und biss hinein. Er schaute jedoch sofort ziemlich perplex drein. "Was ist denn das?", fragte er ärgerlich und sah skeptisch von dem Essen zu seinem Zimmergenossen. "Gab es kein vernünftiges Brot?" "Doch, sicher!" Rayo hatte sich schon auf Darons Kritik vorbereitet, deshalb überraschte sie ihn auch nicht sonderlich. "Aber heute gibt es Schonkost! Du musst mit deinem Magen aufpassen!" "Von wegen!" Daron legte den Zwieback zurück. "Ich bin doch kein Weichei! Ich weiß schon, was ich essen kann und was nicht!" "Dann eben nicht!" Rayo nahm das Tablett, wandte sich um und legte es auf seine Knie, während er sich an das Bett lehnte. "Ich habe eh einen Riesenhunger! Die schaffe ich sicher auch allein!" "Also, halt mal!" Daron befreite sich von den Decken und hopste zu Boden. "Du kannst doch nicht einfach..." "Ich kann!" Genüsslich biss Rayo von einem der Zwieback ab. Knuspern erfüllte den Raum. "Deinen Tee willst du doch aber selber trinken, oder?" Grummelnd griff der Prinz nach der Tasse und trank einen Schluck. Das schien ihm allerdings gegen den Hunger nicht zu helfen. "Ist noch was?", fragte Rayo in einer süffisant liebreizenden Tonlage, von der er wusste, sie würde Daron auf die Palme bringen. "Schmeckt dir der Tee etwa nicht? Ich nehme ihn gern!" "Vergiss es!", blaffte der andere ihn wie erwartet an. Eine Weile schwieg er und starrte nur nachdenklich auf das Tablett. Da wusste Rayo, dass er gewonnen hatte. "Hach, dann gib halt eins von diesen blöden Dingern her!" Triumphierend lächelte der Kleinere und reichte ihm seinen Zwieback, den er vorhin zurückgelegt hatte. "Du bist unmöglich, Rayo!", beschwerte Daron sich säuerlich. "Wenn du es nicht wärst, würde ich das hier nicht essen!" >Ach, würde er nicht?< Verwirrt blickte Rayo den Jungen neben sich an. Die trotzige Haltung, die verknitterte Kleidung, das zerwühlte Haar. Mehr als jemals zuvor kam er ihm wie ein kleines Kind vor, das erwachsen wirken wollte. "Warum machst du dir eigentlich so viel aus der Meinung der anderen?", fragte er, auch für sich selbst unerwartet. Diese Frage hatte sich einfach in seinem Kopf gebildet und er bereute es nicht, sie gestellt zu haben. "Wie meinst du das?" Darons missmutiger Blick traf auf Rayos entschlossenen. "Ich habe gehört, die Sache mit dem Alkohol ist dir schon öfters passiert und ich habe auch den Grund für dieses dumme Verhalten erfahren. Warum ist es dir so wichtig, dass die anderen Leute dich als erwachsen ansehen?" "Würde es dir etwa gefallen, mit siebzehn Jahren wie ein kleiner Junge behandelt zu werden?", brauste der Prinz auf. "Ich kann doch nicht wie du Orangensaft trinken! Damit würde ich mich absolut blamieren!" "Das ist doch lächerlich!", hielt Rayo wütend dagegen. "Ich habe mich nicht blamiert und weißt du auch warum? Weil es nämlich kein Schwein interessiert, was ich trinke! Kein Schwein interessiert sich dafür, was du trinkst, oder was deine Mutter trinkt, oder was der Pfiffi von Tante Emma in seinen Napf gekippt kriegt! Du hast doch auch nicht gemerkt, dass ich bloß Orangensaft getrunken habe, obwohl du mich die ganze Zeit beobachtet hast! Es ist egal, verstehst du mich? Vollkommen egal! Du versaust dir deine Gesundheit und irgendwann krepierst du dran! Meinst du, das hilft irgendwem? Und alles nur dafür, um deine Würde zu bewahren! Weißt du was, das nenne ich lächerlich! Das ist lächerlich!" Während seiner Schimpftirade war er immer lauter geworden und immer mehr Wut hatte sich auf Daron entladen, resultierend aus der Besorgnis, die sich in Rayo aufgestaut hatte, je mehr er über die selbstmörderische Eigenart des Prinzen erfahren hatte. Daron war sprachlos, starrte ihn nur verärgert, aber auch erschrocken an. "Ich bin der Prinz!", wagte er schließlich zu erwidern. "Ich darf mir öffentlich keine Schwächen leisten!" "Das tust du eh schon!", meinte Rayo spöttisch, wie um die Stimmung zu lockern. Seine vorherige Rage ließ die Worte jedoch eher bitter klingen. "Denkst du, es macht mich schwächer, dass ich keinen Alkohol trinke?" "Also..." Daron wirkte nachdenklich. "...eigentlich nicht direkt... aber witzig ist der Gedanke schon, dass du zwischen den ganzen Leuten mit einem Glas Orangensaft gestanden hast!" Auf einmal prustete der Prinz los. "Mir wäre das ja viel zu peinlich!" "Ich schlage dir was vor...", lenkte Rayo hastig ab. "Dein Arzt sagte doch, du sollst nicht mehr als drei Gläser Wein an einem Tag trinken! Wenn also ein Ball ist, trinkst du einfach langsamer und nur wenig, das muss ja keinem auffallen! Ich möchte nur nicht, dass du sowas wie gestern noch mal machst, okay?" "Du machst dir also tatsächlich Sorgen um mich!", meinte Daron wie schon einmal mit einem quirligen Lachen und schnappte sich noch einen der belegten Zwieback. Rayo hätte am liebsten widersprochen, doch es stimmte ja. Ärgerlich registrierte er, wie die Hitze des Errötens in seine Wangen stieg. "Och, werde doch nicht gleich rot...", kicherte Daron mit vollem Mund. "Versprich es mir!", blieb Rayo hartnäckig beim Thema. "Versprich mir, dass du das nicht mehr machst!" "Jaah, in Ordnung!" Theatralisch fasste Daron sich an den Kopf. "Ich verspreche dir, dass ich nicht mehr zu viel trinken werde! Hauptsache, ich muss nicht mit einem Glas Orangensaft dastehen!" "Schön!" Freudig lachte Rayo auf, schlang dem Prinzen die Arme um den Hals und riss ihn in eine spontane Umarmung. "Nicht doch, nicht doch!", grinste Daron, erwiderte jedoch bereitwillig die Geste des Kleineren. "Wenn du mich auf diese Weise um etwas bittest, kann ich dir sowieso nicht widerstehen!" Langsam löste Rayo sich von dem Prinzen, spürte noch immer die Röte im Gesicht, die sich hartnäckig in seinen Wangen festgesetzt hatte. "Und jetzt gibt's wieder Bettruhe!", verordnete er leise, aber bestimmt. "Keine Widerrede!" "Och, menno!" Daron erhob sich nörgelnd und kroch zurück in die Federn. "Immer ich!" "Hättest du den Unsinn gestern nicht gemacht, könntest du tun, was du wolltest! Das hast du dir selbst zuzuschreiben!" "Ja, ja..." Daron deckte sich zu und beobachtete Rayo, der sich wieder an das Bett lehnte, das leere Tablett jedoch diesmal zur Seite stellte. Neugierig hob er eine Hand und strich durch die weichen Nackenhaare des Anderen. Rayo erschrak etwas bei der ungewohnten Berührung, entspannte sich jedoch, als er sie als angenehm einstufte. "Rayo, sag mal..." hörte er Daron vor sich hin murmeln. "Was hast du eigentlich gerade mit dem Pfiffi der Tante Emma gemeint?" "Äh..." Rayo erinnerte sich sehr wohl an sein haltloses Geplapper. "Nun, das ist nur so eine Redensart... Mit dem Pfiffi ist ein kleiner Hund gemeint und mit der Emma eine beliebige alte Dame... Nichts besonderes!" "Dann verstehe ich den Zusammenhang zum Alkohol nicht!" Daron spielte weiter gelangweilt mit den schwarzen Haarsträhnen herum. "Ist aber auch egal! Liest du mir was vor?" "Hä?" "Ob du mir was aus einem der Bücher vorliest?" "Oh... Warum denn das?" "Tust du es, oder nicht?" Daron griff nach Rayos Schultern und drehte ihn leicht zu sich um, damit er Augenkontakt aufnehmen konnte. "Wieso eigentlich nicht...", stimmte Rayo leicht überrumpelt zu. Daron kam auch immer wieder auf Ideen, die er nicht erwartete! Wenigstens war es diesmal keine so schlimme! Er hoffte nur, er würde nicht stottern. Mit einem Satz war er auf den Beinen und lief zum Regal. "Was soll's denn sein?", fragte er über die Schulter. "Egal!", rief Daron ihm zu. "Von mir aus auch das Zeug, das du gestern gelesen hast! War ja anscheinend spannender als ich..." Also griff Rayo nach dem Buch >Für die Gerechtigkeit<, wobei er den kleinen Vorwurf geflissentlich überhörte und ließ sich damit im Sessel nieder. "Es beginnt mit einem Prolog!", erklärte er und schlug die erste Seite auf. "Nur eins noch: Warum liest du es nicht selbst? Kannst du nicht lesen?" "Natürlich kann ich lesen, Trottel!", ärgerte sich Daron, dann schlich sich jedoch ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht. "Aber ich liebe es viel zu sehr, deine Stimme zu hören!" Dazu sagte Rayo nichts mehr, doch er wusste ganz genau, dass der Prinz die Vertiefung des Rottons auf seinen Wangen nicht übersah. Das Leben war so ungerecht! "Na, jedenfalls... lese ich jetzt vor..." Er räusperte sich übertrieben. >>Einst, auf dem Berg Riotrondichon, auf dem höchsten Gipfel, in den tiefsten Wäldern, gebar eine Frau einen Jungen, der dazu bestimmt sein sollte, einmal die Welt zur Gerechtigkeit zurückzuführen. Sie benannte ihn nach dem Berg, Riotrondichon, damit er irgendwann, in ferner Zukunft, in sein Heim zurückfinden würde, denn wie prophezeit raubte ein riesiger Raubvogel ihren Sohn aus seiner Wiege und trug ihn mit sich fort...<< Völlig vertieft in das Buch, aus dem er vortrug, bemerkte Rayo gar nicht, wie viel Zeit verging. Ebenso schien es dem Prinzen zu gehen, denn auch er schrak zusammen, als es unerwartet an der Tür klopfte. "Prinz Daron? Rayo?" "Das ist doch deine Schwester, oder?" Der Prinz sprang augenblicklich auf und richtete sein Haar und seine Kleidung. Rayo beobachtete ihn mit traurigen Augen. "Kommt nur herein, Miss Raya!", rief Daron schließlich überschwenglich mit einem letzten Blick in seine Spieglung an der Fensterscheibe. Die Tür wurde geöffnet und Lileya trat ein. Sofort registrierte sie das Tablett auf dem Boden und ihren ,Bruder', der mit einem Buch in dem Sessel saß und den Prinzen jetzt finster betrachtete. "Ich wollte nicht ungelegen kommen, aber ich möchte mich persönlich bei Euch verabschieden, Prinz!", lächelte sie mit einem beschämten Augenaufschlag. "Ihr kommt niemals ungelegen!", schwärmte Daron und verbeugte sich tief. "Aber Ihr wollt tatsächlich schon abreisen?" "Ja, ich und mein Bruder werden Zuhause erwartet!", bestätigte sie. "Rayo, Herzchen? Du hast doch hoffentlich alles eingepackt, oder?" Erschrocken wanderten die Augen des Angesprochenen zu Lileya. Aber nicht nur Rayo wirkte erschrocken, dem Prinz entgleisten einen Moment lang ebenfalls seine Gesichtszüge. >Das ist die Gelegenheit, hier rauszukommen!<, hörte Rayo die Stimme der Magierin in seinem Kopf. >Du willst doch nach Hause, oder?< >Natürlich!<, gab er unwirsch zurück. >Es ist nur... Nun...< Er zögerte. >Mist! Was überlege ich überhaupt...? Also... okay...< "Ich bin fertig, Raya..." Er stand von dem Sessel auf und prüfte, ob er alles bei sich hatte und nicht doch noch irgendeinen ganz bestimmten Anhänger liegengelassen hatte. >Warum fällt es mir so verdammt schwer zu gehen?< Rayo fuhr sich nervös und zittrig durch die Haare. >Bestimmt kann Leya mich jetzt in meine Welt zurückbringen... aber... warum fällt es mir so schwer zu gehen?< "Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du heute verschwinden willst?", fragte plötzlich Daron wütend. "Du... du kannst doch nicht einfach so abhauen!" "Äh... Prinz, ich dachte, Ihr wüsstet, dass wir nach dem Ball abreisen.", mischte Raya sich mit verwirrter Stimme ein. "Gibt es da irgendein Problem?" Der Prinz schien unschlüssig, was er sagen sollte. Doch dann blitzte es in seinen Augen auf, als wäre ihm gerade etwas wichtiges eingefallen. >Achtung...<, warnte Lileya ihren vermeintlichen Bruder. Rayo wusste nicht, ob er nun hoffen oder bangen sollte. "Ein kleines Problem gibt es schon..." Daron verschränkte die Arme vor der Brust. "Er schuldet mir noch seinen Wetteinsatz..." Der Blick der grauen Augen traf triumphierend auf sein Opfer. "Du hast verloren und nun... musst du hierbleiben!" >Oh, nein!< Leya schien verzweifelt und Rayo beschloss, stumm zu bleiben. "Warum denn das, Prinz?", fragte Raya. "Eine Wette? Heißt das, Ihr werdet mir nicht erlauben, meinen Bruder zu seinen Eltern zurückzubringen?" Der Schlag hatte gesessen, Daron an Rayos Wunsch zu erinnern, nach Hause zu gehen, erschütterte seine Entschlossenheit. Doch Rayo fragte sich, warum Lileya sich solche Mühe gab, ihn von dem Prinzen zu trennen... äh... ihn hier rauszuholen, wo sie doch dauernd irgendwelche Anspielungen machte, er und Daron wären ein Paar. Tat sie es aus bloßer Freundschaft, weil er wirklich nach Hause wollte, oder verbarg sich hinter ihren scheinbaren Motiven, ihm zu helfen, noch etwas anderes? Es klang ihm alles einfach zu simpel. Abenteuerlust! Bloße Langeweile! Das konnte es nicht sein! Nur deshalb würde sie ihn doch nicht die ganze Zeit begleiten... oder? "Also...", stotterte Daron nervös. "Das ist alles schwer zu erklären... Rayo, sag du doch mal was!!" "Es stimmt schon, ich habe eine Wette verloren, Raya..." >Und das weißt du ganz genau!<, fügte er nur für sie hörbar hinzu. "...aber ich würde sehr gerne zurück zu meinen Eltern, ich vermisse sie sehr!" "Dann geh!" Daron hatte sich abgewandt. Seine versteifte Haltung sagte nur zu sehr, wie schwierig es für ihn gewesen war, diese zwei Worte zu sagen. Aber Lileya war sich sicher, Rayo sah es nicht. Er wollte es nicht sehen. Er sah geradezu daran vorbei, egal wie offensichtlich es jetzt war. "Komm, Bruder!" Das Mädchen nahm Rayo, der mit gesenktem Blick vor dem Sessel stand, das Buch aus der Hand, das sie kurzerhand in die Polster der Sitzgelegenheit warf und lotste ihn am Handgelenk zur Tür. Sie verließen die Räume des Prinzen. "Du bist in Gefahr!" Diese Eröffnung riss Rayo aus seiner Starre. "Wie bitte?" "Ich sagte, du bist in Gefahr!" Lileyas Augen funkelten ernst. "Es ist besser, wenn wir von hier wegkommen!" "Aber..." Perplex stolperte der Dunkelhaarige seiner angeblichen Schwester hinterher, die zügigen Schrittes den Gang hinab zu laufen begann. "...wieso in Gefahr?" "Das ist schwer zu erklären!" Lileya schien unsicher, stockte jedoch nicht in ihrem Tempo. "Eine sehr lange Geschichte!" "Ich habe Zeit!" Rayo war kurz davor, einfach trotzig stehenzubleiben. "Hast du eben nicht!", erwiderte die Magierin in einem von ihr ganz ungewohnt gewichtigen Ton. "Es geht um dein Leben!" "A... also..." Verwirrt und ängstlich starrte Rayo sein weibliches Abbild an. "...warum...?" "Jemand ist hinter dir her!", erklärte Lileya sachlich. "Es hat mit deiner Familie zu tun und dem Anhänger..." Ihr Blick nahm etwas Gehetztes an. "Wir sollten jetzt wirklich gehen! Du musst mir schon vertrauen! Bitte..." "Na, gut..." Die Panik, die er in ihren Augen lesen konnte, griff auch auf ihn über, das spürte er. Er konnte sich des Gefühls, das etwas wirklich nicht in Ordnung war, nicht mehr erwehren. "Ich vertraue dir..." Erleichterung breitete sich in ihrer Miene aus, als sie die Worte vernahm, und ließ sie leicht lächeln. "Schön... dann komm!" Gemeinsam eilten sie dem Ausgang entgegen. Draussen schien die Sonne, ein strahlend blauer Mittagshimmel empfing sie mit einer warmen, sommerlichen Brise. Doch der schöne Anblick vermochte die Anspannung in Rayo nicht zu mindern. Beunruhigt ließ er seinen Blick über die Ebene schweifen. Er erkannte nichts Ungewöhnliches, nichts Fremdes. Büsche, Sträucher, Wiesen, Bäume. Alles erschien normal. "Los!", trieb das Mädchen an seiner Seite ihn an. "Wenn das Schloss außer Sicht ist, verwandele ich mich in den Haflinger, dann sind wir schneller!" Rayo ging nicht auf ihre Worte ein, dennoch beschleunigte er sein Tempo. "Aber wer ist denn nun hinter mir her, Leya? Und was soll das mit meiner Familie zu tun haben?" "Ich weiß nicht, wer es ist, aber er ist unglaublich mächtig!", keuchte die Magierin, erschöpft vom schnellen Laufen. "Er will den Anhänger deiner Mutter haben! Dich sieht er als Risiko an, weil du die neue Generation deiner Familie vertrittst! Deshalb sollst du sterben!" "Was ist denn an dem Anhänger so besonderes?" Verzweiflung mischte sich in seine Stimme, die Furcht vor der Bedrohung dieses Unbekannten wuchs mit jedem Meter an, den er lief. Sie hatten die Hügelkuppe erreicht und blieben völlig außer Atem stehen. Sie warfen einen Blick zurück auf das Schloss, dessen Türme im hellen Sonnenlicht erstrahlten. Kein Schatten schien die erhabene Atmosphäre zu stören, die das Heim der Königsfamilie umgab. "Dein Anhänger...", murmelte Lileya schließlich sinnierend. "...er trägt eine Art Magie in sich..." Reflexartig zog Rayo den schimmernden Gegenstand hervor. Er leuchtete in verschiedenen Farben auf, als er ihn vor seiner Zwillingsschwester hin und her pendeln ließ. "Und was kann er?", fragte Rayo zitternd und versuchte, sich innerlich auf neue Überraschungen und Unmöglichkeiten einzustellen. "Das kann ich dir nicht sagen, es hängt von dir ab!" Lileya schien keine Anstalten zu machen, den Anhänger an sich zu nehmen. "Du bist der einzige hier, der die Kraft in dem Stein nutzen kann! Ich kann es nicht, Daron könnte es auch nicht... selbst der König könnte es nicht! Es ist in deiner Familie verwurzelt! Wie stark der Stein ist und was er hervorbringt, liegt an dir!" Rayo war sprachlos. Lileya, die Magierin, konnte die Kraft seines Anhängers nicht hervorrufen, aber er, der schwache, nutzlose Junge sollte dies tun können? Nein, einfach unmöglich! Das war alles falsch! Bestimmt irrte sie sich... "Äh... wir sollten jetzt aber los!" Mit einem schiefen Grinsen verschwand das Mädchen in einer kleinen Rauchwolke und nur ein Bündel Kleidung blieb zurück, das zu Boden fiel. Rayo sah, noch immer starr vor Schreck, auf das Kleid herab. "Leya...?", fragte er leise. Sie war verschwunden... Der Schwarzhaarige beugte sich erschrocken herunter. "Hey, Leya?!" Plötzlich regte sich etwas in dem Haufen Kleidung und ein kleiner Mausekopf schob den lästigen weißen Stoff beiseite. Rayo sah sich Augen in Auge mit seinem ärgsten Feind. Aufschreiend stolperte er zurück und landete im Dreck. "Aaah! Verdammt, Lileya!", brüllte er das Tier an, das sich aus dem Berg weißen Gewebes befreite. "Warum hast du das gemacht?!" Er war sich sicher, dass sein Schockzustand nicht noch wachsen konnte, denn die Angst um sein Leben, gepaart mit seiner Phobie vor Mäusen und Ratten war einfach mehr, als sein labiler Geist je hatte ertragen müssen. >Du bist vielleicht empfindlich!<, seufzte Leya in seinen Gedanken. >Ich wollte doch bloß nicht das schöne Kleid ruinieren, indem ich mich direkt in ein Pferd verwandle! Ich glaube, das solltest selbst du kapieren!< "Aber es hätte doch keine Maus sein müssen!", ächzte Rayo und kroch noch ein Stück weiter zurück. "Jetzt mach endlich, ich hab' wirklich Angst!!" >Weichei!< Wieder verdichtete sich der weiße Nebel um das kleine Tier und die Gestalt vor ihm wuchs an, bis die bekannte Haflingerstute vor ihm stand. >So besser?< Rayo nickte stockend und rappelte sich auf. Mit unsteten Bewegungen wischte er sich den Staub von der Hose. "Das war wirklich gemein von dir!", schimpfte er vor sich hin. "Du weißt doch inzwischen, dass ich Mäuse oder Ratten hasse!" >Ja... ja... ja... Jetzt steig auf!< Rayo tat, wie ihm geheißen und schwang sich auf den Rücken des Pferdes. >Wehe, du trittst mir in die Seiten!<, warnte die Magierin und die Stute schnaubte beinahe spöttisch. >Meine Hufe sind härter, als deine Füße! Du möchtest dir bestimmt keinen Tritt einhandeln! Ich mache das schon!< Rayo unterdrückte also die Gewohnheit, das Pferd, auf dem er saß, anzutreiben. Mit einem Wiehern trabte seine Gefährtin los, ging dann in einen leichten Galopp über. Rayo konnte sich nur an der Mähne festhalten und abwarten, wohin sie ihn bringen würde. Es war ein Ruf, der ihre Reise keine halbe Stunde später wieder unterbrechen sollte. Überrascht wandte Rayo sich auf dem Rücken des Pferdes halb um und blickte angestrengt in die Richtung, aus der sein Name erneut ausgerufen wurde. >Ich ahne etwas...< Lileyas Kommentar brachte ihn erst etwas durcheinander, doch eine Frage brauchte er ihr gar nicht erst zu stellen, denn der Auslöser des Ganzen hatte sie schon eingeholt. "Daron!", rief Rayo mit mildem Entsetzen aus. "Was machst du hier?" Der schwarze Hengst Palo blieb schnaubend neben dem Haflinger stehen und der Prinz, der auf dem Rücken des wesentlich größeren Tieres saß, schaute nun etwas verlegen drein. Rayo fiel auf, dass er sein Schwert bei sich trug. Das tat er wohl immer, wenn er sich außerhalb des Schlosses aufhielt. "Also, ich dachte nur...", stotterte Daron mit etwas Unsicherheit, die er dann jedoch hinter einem breiten Grinsen verbarg, als er die Hand ausstreckte und Rayo durch die Haare wuschelte. "...du und deine liebreizende Schwester könnten sicher etwas Begleitschutz gebrauchen!" "Von wegen!", murrte Rayo und strich sich trotzig die wirren Haare wieder glatt, was leider nicht so recht gelingen wollte, da sie schon länger keine Bürste mehr gesehen hatten. >Och, nö... meine Haare sehen bald noch so aus wie Darons...< >Hehe... so spielt das Leben!< >Klappe!< "Natürlich braucht ihr Begleitschutz!", regte Daron sich auf. "Ihr habt schließlich keinen der Diener mitgenommen und du wirst deine Schwester ja wohl nicht beschützen können... öh... wo ist sie überhaupt?" "Sie reist mit einer Freundin per Kutsche!", plapperte Rayo spontan drauf los. "Das ist viel bequemer für sie!" Er hatte das Lügen, ohne mit der Wimper zu zucken, wahrlich perfektioniert. Das sollte ihm mal so schnell jemand nachmachen! "Ach, so!" Der Prinz verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Gut, dann lass uns mal weiterreiten!" "Wie?", keuchte Rayo bestürzt. "Du kommst also mit? Aber musst du nicht nach Hause zurück?" Er war zwar erleichtert, dass Daron die Abwesenheit seiner Schwester nicht so sehr enttäuschte, aber warum sollte er denn nun bei ihm bleiben wollen? "Ich hab' meinen Eltern gesagt, dass ich so zwei, drei Wochen weg sein werde!", lachte der Prinz. "Es gibt also keine Probleme, wie du siehst!" >Nein, nein, nein!!! Habe ich schon mal erwähnt, dass ich ihn hasse?< >Keine Sorge, das hast du! Und jetzt halt dich fest! Wir haben es eilig!< Ruckartig preschte die Stute los und Rayo klammerte sich mühselig an der Mähne fest, um nicht hinten herunterzufallen. Daron setzte Palo ebenfalls in Gang und ließ ihn auf gleicher Höhe mit dem Haflinger laufen. "Sag mal, hast du eigentlich kein Zaumzeug oder so?", fragte er verwundert. "Und wie lenkst du das Pferd? Ist das nicht gefährlich?" "Nein, Daron!", lächelte Rayo. "Ist schon gut!" "Willst du nicht lieber mit mir auf Palo reiten?", schlug der Prinz nachdenklich vor. "Nicht, dass deine Stute noch ausflippt..." "Nein, nein..." Rayo wollte abwehrend die Hände heben, hätte dabei jedoch fast wieder den Halt verloren. "Alles in Ordnung! Ich schaffe das!" "Tust du nicht!" Skeptisch musterte Daron das Pferd. "Na, los! Komm rüber!" "Nein!", fauchte Rayo. "Ich kann selber reiten! Und außerdem weißt du doch gar nicht, wohin wir reiten!" "Dann sagst du es mir halt!", regte der Prinz sich auf. "Wo wohnt ihr?" "Wie oft soll ich noch sagen, dass dich das überhaupt nichts angeht?!", hielt Rayo stur dagegen. "Ich komme doch eh mit!" "Vergiss es!" "Rayo!! Ich hol' dich gleich von dem Pferd runter!" "Toll! Versuch's doch!" "Das mache ich auch!!" "Nein!!" Nach dem Schlagabtausch der feurigen Bemerkungen entflammte ein hitziges Blickduell. Daron war der Erste, der handelte. Er erhöhte das Tempo seines Hengstes, um näher an den Haflinger heranzukommen. "Los, Leya! Lauf!", forderte Rayo panisch und krallte sich in der weißen Mähne fest, als die Stute beschleunigte. Palo holte trotzdem auf. >Schneller, Lileya!< Rayo warf einen entsetzten Blick zurück. >Ich kann nicht!!< >Wie ,du kannst nicht'?! Du bist eine Magierin, natürlich kannst du!!< >Bin ich Superman, oder was?< >Woher, zum Teufel, kennst du wieder Superman?< Er kam nicht dazu, sich die Frage beantworten zu lassen. Der Prinz hatte ihn locker eingeholt. Rayo spürte den warmen Griff um seine Taille, als er unversehens vom Rücken des Pferdes gezogen wurde. Einen Moment lang schien alles wie in der Schwebe, er befürchtete, auf den unter ihm wegrasenden Boden zu fallen, doch dann war er auch schon in Sicherheit und spürte Darons muskulösen Körper in seinem Rücken. Allerdings war er nicht da in Sicherheit, wo er sein wollte. Wieder hatte er gegen Daron verloren. >Leya, hilf mir!!<, bettelte er. >Hol mich hier weg!< >Du willst doch in Wirklichkeit gar nicht weg!<, hörte er die Magierin spotten. >Nimm das zurück, das ist nicht wahr!< Lileya schwieg sich aus, was Rayo noch mehr frustrierte. Wieder einmal saß er vor Daron im Sattel und allmählich fragte er sich, ob er das auch mit anderen Leuten machte, mit denen er reiste. Er hoffte jedenfalls, dass dem nicht so war... "Wo müssen wir jetzt lang?", fragte Daron in einer ihm typischen überlegenen Stimmlage. Rayo seufzte nur unterdrückt. "Hättest du mich nicht vom Pferd geholt, wäre das gar kein Problem!", murmelte er säuerlich. "Lileya weiß schon, wo's lang geht! Folge einfach der Stute!" Wie auf Kommando wandte der Pferdekopf sich ihm zu und Leya wieherte zustimmend, bevor sie ihren vorher eingeschlagenen Weg wieder aufnahm. "Wow!" Der Prinz kuschelte sich näher an Rayo heran und trieb Palo an, der Stute zu folgen. "Man könnte fast meinen, das Pferd versteht, was du sagst!" "Ja, nicht wahr!", grinste Rayo leicht gequält und fügte sich in sein Schicksal. Es schien wohl vorherbestimmt zu sein, dass er Daron immerwährend nahe war. Da konnte er sich wehren, wie er wollte, es kam immer zu dem gleichen Ergebnis. Es war ja auch nicht so, dass es ihn sonderlich störte, bei dem störrischen Jungen zu sein, doch irgendwie hatte er auch das Gefühl, es wäre falsch. Er mochte ihn. Ja, er mochte ihn wirklich sehr. Viel zu sehr. Und eben das konnte keine Zukunft haben. Er gehörte nicht hierher, er wusste Dinge, die hier niemand sonst wusste. Daron würde das niemals verstehen können. Denn irgendwann würde der Tag gekommen sein, an dem er diese Welt und Daron für immer würde verlassen müssen. Es ging gar nicht anders. Es gab keine andere Lösung. Deshalb musste er einfach nur verhindern, dass der Prinz ihm zu nahe kam. Wenn er dann gehen musste, würde ihn das innerlich nicht zerreissen. Aber gleichzeitig ahnte er schon, dass es längst zu spät war. Inzwischen brauchte er Darons Nähe viel zu sehr. Rayo schmiegte sich resigniert in Darons Arme und ließ die Gegend an sich vorüberziehen. Es gab einfach kein Zurück mehr. "Hey, Rayo?", hörte er den Prinzen ausrufen. "Jetzt sag mir wenigstens, wo wir hinreiten!" "Äh..." >Gute Frage!< >Wir reiten am Fluss Filgris entlang nach Stukk!<, informierte ihn Leya. >Das ist ein Dorf im Westen!< "Mensch, Rayo! Du kannst mir schon sagen, wohin wir jetzt reiten!", regte Daron sich zu Recht auf. "Zufällig lasse ich mich nicht irgendwo abhängen!" "Schade!", erwiderte der Kleinere grinsend. "Rayo!!" "Ist ja gut... Wir reiten nach Stukk!", gab Rayo schließlich leicht nervös das wider, was die Magierin ihm vermittelt hatte. "Am Filgris entlang!" "Oh!" Überrascht verstummte der Prinz. "Na, warum nicht gleich so? Und da wohnt ihr? In dem Kuhdorf?" "Nein!" "Also in Kamos? Wenn wir in Stukk nur einen Zwischenstop einlegen, müsste es Kamos sein! Die Stadt liegt genau in der Richtung!" "Nein!" "Waah! Du machst mich verrückt!" Daron raufte sich die Haare, wobei er die Zügel losließ. Palo scherte verwirrt aus. Seine Ohren zuckten unruhig. "Daron!", schrie Rayo erschrocken und nahm die Zügel rasch in die Hände. Schnell brachte er Palo dazu, wieder Leya zu folgen, was dem Hengst ganz und gar nicht missfiel. >Ich werde nie wieder eine Stute!<, jammerte die Magierin. >Dieses perverse Pferd starrt wie blöde auf meinen Hintern und das schon die ganze Zeit!< >Ätsch!<, lästerte Rayo grinsend und trieb Palo zu noch größerem Tempo an. "Rayo, gib mir die Zügel wieder!", befahl Daron hinter ihm. "Du kannst das Pferd nicht lenken!" "Sag mal, traust du mir eigentlich gar nichts zu?", ärgerte der Kleinere sich. "Ich bin kein Kind! Ich kann reiten, seit ich drei Jahre alt bin! Hast du dich nicht selber darüber beschwert, dass du wie ein Erwachsener behandelt werden möchtest?" "Das ist etwas ganz anderes!" Daron griff über seine Schulter, bekam aber die Lederbänder nicht zu fassen. "Keiner außer mir darf Palo reiten, hörst du! Keiner!" "Auch ich nicht?" "Auch du nicht!" Endlich erwischte der Prinz die Zügel und entriss sie ihm. "Du hast Palo schon einmal ohne meine Erlaubnis aus dem Stall genommen und wärst nicht du es gewesen, hätte ich denjenigen mit dem Schwert dafür bezahlen lassen! Und das ist mein voller Ernst!" Erschüttert hatte Rayo sich halb im Sattel ungewandt und starrte Daron fassungslos an. "Und wieso hast du mich nicht mit dem Schwert dafür bezahlen lassen?" Er kam immer noch nicht mit dem Gedanken klar, dass dies eine andere Welt war, in der Kämpfe und Todesstrafen an der Tagesordnung lagen. Er hatte ja schon einmal mitbekommen, wie Daron einen Menschen getötet hatte, wenn er auch nicht direkt dabei anwesend gewesen war. Bisher hatte er sich vor dieser Realität verstecken können, oder hatte ihn jemand beschützt? "Wieso, Daron?" Der Prinz brachte den schwarzen Hengst zum Stehen und wandte ihm seine volle Aufmerksamkeit zu. "Weil..." Er schloss nachdenklich die Augen. "Weil ich es nie könnte!" "Hä?" Beklommen sah Rayo zu dem Prinzen auf. "Das musst du mir genauer erklären!" "Ich kann doch nicht auf einen wehrlosen Jungen mit dem Schwert einschlagen!", knurrte Daron hitzig. "Wie kommst du nur auf so einen Gedanken?!" "Wehrloser Junge?!" Zornig richtete Rayo sich auf und boxte seinem gegenüber gegen die Brust. "Ich zeig dir den wehrlosen Jungen!!" "Erbärmlich!" Unbeeindruckt sah Daron auf ihn nieder. "Damit könntest du nicht einmal Kira weh tun!" "Ich will ja auch niemandem weh tun!!", meckerte Rayo mit geballten Fäusten. "Aber in deinem Fall könnte ich es mir noch mal überlegen!!" "Ach?" Mit einem schiefen Grinsen verschränkte Daron die Arme und musterte ihn spöttisch. "Das könnte schwierig werden!" >Ihr seid so kindisch!<, seufzte Lileya ungeduldig. >Ich sage es noch einmal: Es geht um dein Leben! Wir haben es eilig! In Stukk erwarten uns ein paar Leute, die uns helfen können!< >Okay... Du hast recht...< "Ist ja auch egal, Daron!" Rayo wandte sich wieder nach vorne um. "Lass uns weiterreiten!" Wie auf Befehl lief die Stute vor ihnen weiter und verblüfft trieb auch Daron Palo wieder an. "Irgendwann sagst du mir mal, wie du das mit dem Pferd machst!" Zwei Stunden darauf hatten sie den Fluss Filgris erreicht und beschlossen, eine Pause einzulegen. Palo und den Haflinger ließen sie auf einer Wiese nahe des Wassers grasen. Komischer Weise schien Lileya bei dem Anblick des saftigen grünen Grases nicht hungrig zu sein und trank statt dessen nur von dem Wasser. Hätte er etwas zu Essen gehabt, hätte Rayo ihr etwas abgegeben, aber er selbst sollte wohl auch nichts in den Magen bekommen. "Oh, Mann!", hörte er Daron ausrufen, als der sich über den Fluss beugte und die Hand durch die klare Flüssigkeit gleiten ließ. "Lange her, dass ich so viel Wasser auf einmal gesehen habe!" Er wirkte ziemlich begeistert, was Rayo, der im hohen Gras saß und die warme Sonne genoss, mit einem verträumten Lächeln wahrnahm. Als er merkte, dass er den Prinzen anstarrte, wandte er jedoch schnell den Blick ab und konzentrierte sich lieber auf die Pferde. Leya schnappte gerade nach Palo, der ihr anscheinend ein schönes Bündel Gras anbot. Rayo grinste vergnügt. Der Hengst schien nicht minder begeistert, als Daron. Ein Aufschrei ließ seinen Kopf ruckartig herumfahren. Der Prinz war fort. >Aber...< >Im Wasser, Rayo!!<, rief die Magierin aus, während sie mit einem entsetzten Wiehern näherkam. Palo folgte ihr mit einem besorgtem Schnauben, als ahnte auch er, dass seinem Herren etwas zugestoßen war. Der Schwarzhaarige sprang auf die Füße, rannte zum Fluss und sah seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Daron schwamm ein Stück entfernt im Wasser, ruderte hilflos mit den Armen. Immer wieder ging er unter und hatte Mühe, nach Luft zu schnappen. "Kann er nicht schwimmen?" Ohne weiter nachzudenken, rannte Rayo los und war mit einem Hechtsprung im Wasser. Der Fluss war an dieser Stelle ziemlich tief, er konnte den Grund gar nicht ausmachen. Konnte der Prinz tatsächlich nicht schwimmen? Ächzend kämpfte sich Rayo gegen die Strömung zu Daron vor und versuchte, ihn zu erreichen. Seine ruckartigen Bewegungen der Arme wurden immer hektischer und das Japsen abgehackter. >Halt aus, Daron!< Doch kurz, bevor er angekommen war, verschwand der Prinz unter der Wasseroberfläche und das Platschen des Wassers hörte auf. "Verdammt, Daron!" Von einer unheimlichen Angst gepackt, tauchte Rayo unter. Er sah die Gestalt des Jungen im Dunkel des Wassers verschwinden. Mit fast übermenschlicher Anstrengung schlug er das Wasser zur Seite, stieß in die Tiefe des Flusses. Daron schien so weit entfernt zu sein. Und ihm selbst wurde die Luft immer knapper. Das mulmige Gefühl in seinem Bauch nahm zu, doch er drängte es zurück. Er musste Daron retten! Endlich! Er griff nach dem Arm des Prinzen und versuchte, ihn nach oben zu zerren. Sein lebloses Gesicht versetzte ihn schier in Panik. Verzweifelt wirbelte er das Wasser mit seiner freien Hand und seinen Füßen auf, seine Beine schmerzten schon, die schwere Kleidung drohte ihn und seine Last herab zu ziehen. >Nein, das darf ich nicht zulassen!!< Seine Lungen brannten. Farbflecken flimmerten vor seinen Augen und er musste sich zurückhalten, nicht einfach den Mund zu öffnen und nach Luft zu schnappen, die nicht vorhanden war. Mit letzter Kraft bahnte er sich seinen Weg durch die Fluten, die Wasseroberfläche war schon nah, er sah die Sonne und den blauen Himmel durch das Wasser schimmern. Nein, er würde jetzt nicht aufgeben... Noch einmal nahm er all seine Reserven zusammen und strampelte mit den Beinen, seine Lungen schienen zu bersten. Dann durchbrach er die Wasseroberfläche. Gierig sog er die rettende Luft in sich auf, sein Blick richtete sich sofort auf Daron, doch der regte sich nicht. Fast hätte er aufgeschrien. Er konnte nicht tot sein, durfte nicht tot sein!! >Rayo!!< Die Stute stand etwas abseits am Ufer und trabte nun in seine Richtung, in die er durch die Strömung getrieben worden war. >Da bist du ja! Komm da raus! Schnell!< Seine Beine und Arme waren müde, doch die Angst um Daron verlieh ihm noch einmal etwas Kraft. Er zwang seine Gliedmaßen, sich noch einmal zu bewegen, er musste den sturen Prinzen ans Ufer bringen. Leya wusste sicher, was zu tun war! Sie würde ihn retten! Er schleppte sich keuchend aus dem Wasser, ihm schwindelte. Daron lag leblos neben ihm im Gras. Schnell war seine eigene Schwäche wieder vergessen und Rayo beugte sich über ihn, um seinen Atem zu testen. Nichts... "Leya, tu doch was!", flehte er die Magierin an. "Bitte!!" >Ich kann nicht!< "Bitte! Bitte, rette ihn!!" >Meine Magie kann ihm nicht helfen!< >Jetzt überleg, Rayo!<, zwang er sich selbst zur Ruhe. >Was hast du gelernt? Wofür war der Erste-Hilfe-Kurs gut? Denk nach, was jetzt?< "Mund-zu-Mund-Beatmung!", rief er aus und beugte sich über Daron. Er durfte jetzt keine Zeit verschwenden. Lileya stand ratlos daneben, man sah ihr die Unruhe an. Rayo atmete tief ein und legte seine Lippen auf die des Prinzen, wobei er ihm die Nase zudrückte. So versuchte er, ihm die Luft in die Lungen zu drücken. Seine Hände rissen das Hemd über der Brust auf und begannen mit der Herzmassage, so, wie er es gelernt hatte. Massieren und beatmen. >Rayo, was tust du?<, hörte er Leya erschrocken fragen. >Ihn retten, was sonst?!< Massieren und beatmen, nur nicht aufhören! Entschlossen fuhr er fort, doch je länger er es versuchte, desto weiter sank seine Hoffnung. Das durfte einfach nicht sein. Daron war doch so stark und unbeugsam! Er durfte jetzt nicht so einfach... Massieren und beatmen. Massieren und beatmen. Ärgerlich wischte er sich mit dem Ärmel die Tränen von den Wangen, die unaufhaltsam flossen. "Daron, du Blödmann!!", beschimpfte er ihn und brach verzweifelt über dem Jungen zusammen. Seine eigenen Kräfte waren zuneige gegangen, er konnte einfach nicht mehr. Es war zu spät! Zu spät... Wütend schlug er mit der Faust auf Darons Brust ein. "Idiot!", schrie er unter Tränen. "Idiot! Idiot! Wenn man nicht schwimmen kann, geht man nicht ans Wasser!! Du Idiot!" Plötzlich zuckte der Körper unter ihm zusammen. Rayo wich zurück, wieder keimte Hoffnung in ihm auf, doch er wagte es nicht, sie zu seinem Herzen vorzulassen. Daron fuhr hoch, hustend und spuckend. Er rang nach Luft, die Augen weit aufgerissen und klammerte sich zitternd an Rayo. Immer mehr Wasser spie er auf den ohnehin schon nassen Boden. "R-Rayo...", bibberte er. "Was... wie...? Das Wasser..." "Shh...", beruhigte Rayo den völlig aufgelösten Prinzen. Er selbst hatte ein Gefühl der völligen Taubheit in seinem Kopf. "Shh, alles ist in Ordnung... Komm, ich bring dich auf die trockene Wiese..." In Wahrheit brachten sie sich wohl gegenseitig dorthin, denn nicht nur Daron lief auf wackeligen Beinen. Und einzig und allein Lileyas Hilfe war es wohl zu verdanken, dass sie überhaupt dort angekommen waren, denn sie stützte die beiden, soweit ihr Pferdekörper das zuließ. Aneinander geklammert ließen die beiden Jungen sich in das Gras fallen, gaben sich gegenseitig Wärme. Erst jetzt war Rayo wieder in der Lage zu sprechen. "Ich hatte Angst um dich...", flüsterte er mit heiserer Stimme. "Du Trottel!" "Wie Trottel?" Daron hatte seinen Kopf auf Rayos Schulter gelegt und ihm schien die Kraft, sowie die Ambition zu fehlen, sich zurückzulehnen, um dem Kleineren in die Augen zu sehen. Seiner Stimme mangelte es zudem an der Entrüstung, die er eigentlich hatte herüberbringen wollen. "Ich habe mein Gleichgewicht verloren... wie bin ich eigentlich an Land gekommen...? Warte... du bist mir doch nicht etwa hinterher gesprungen?!" "Natürlich, Idiot!" "Du bist hier der Idiot!" Jetzt klang der Prinz entrüstet. "Du hättest sterben können!!" Rayo schluchzte auf. "Ich kann schwimmen, du nicht!" Er wusste, seine Stimme klang jetzt tränenerstickt, doch er konnte die salzige Flüssigkeit einfach nicht zurückhalten. "Ich hatte solche Angst..." Nun bewegte Daron sich doch, lehnte sich leicht zurück, um in sein feuchtes Gesicht schauen zu können. "Rayo..." Der Kleinere schluchzte erneut auf und krallte sich in das nasse, zerrissene Hemd des Prinzen, der gegenüber den Tränen seines Retters völlig hilflos war. Mit jeder Situation vermochte er umzugehen, aber nicht mit einer Person, die weinte. Das war das einzige, womit er absolut keine Erfahrung hatte. Wie sollte er ihn trösten? Welche Worte waren die richtigen? Und prompt wählte er natürlich die falschen. "Hör... hör auf zu flennen, du Heulboje!" Unsensibler hätte seine Reaktion auf die Tränen nicht sein können. Verletzte goldene Augen, die diesmal jedoch trüb schimmerten, funkelten ihn an. Rayo sprang auf und lief davon, stolperte ein paar Meter weiter ins Gras, wo er schluchzend sein Gesicht in den Händen verbarg. Daron hatte doch keinerlei Ahnung, was er hatte durchstehen müssen. Er konnte natürlich nicht begreifen, wie tief die Furcht um sein Leben und der Schmerz der Verzweiflung gegangen waren. Natürlich nicht... Gefühle ließen sich verleugnen, doch nicht einfach beiseite schieben. Er hatte Angst um Daron gehabt, sein Tod wäre für ihn nicht zu verwinden gewesen... Zwei starke Arme, die sich von hinten um ihn legten, ließen ihn erschrocken zusammenfahren. Daron stützte sein Kinn leicht auf seine Schulter. Rayo spürte seinen Atem, der über die Haut an seinem Hals strich und ein angenehmer Schauer lief durch seinen Körper. "Tut mir leid...", hauchte der Prinz tonlos. "Wirklich!" Ein paar Augenblicke vergingen in absoluter Stille, selbst der Sturm in Rayo hatte sich bei Darons Worten gelegt und seine Tränen versiegten. "Ich... ich..." Bei der Unsicherheit in der Stimme des Prinzen, verspürte Rayo mit einem Mal den Drang, sich umzudrehen, damit er ihn ansehen konnte. Doch irgend etwas lähmte ihn, zwang ihn, zu verharren. "Ich möchte nicht, dass du weinst..." "Daron..." Die Mattheit in seiner eigenen Stimme erschreckte Rayo selbst ein wenig. "Du bedeutest mir wirklich sehr viel... Ich hätte es nicht ausgehalten, wenn du... das nicht überlebt hättest..." "Rayo... ich..." Lileya wieherte plötzlich schrill auf. Ein Schatten zog über sie hinweg und ein unheimlich starker Wind kam auf. >Rayo!!< Lileyas Stimme war schrill vor Grauen. >Sie haben uns gefunden!< Zugleich wirbelten Rayo und Daron herum. Der Schatten war von einem riesigen Raubvogel gekommen, der nun lauernd seine Kreise über ihnen zog. Er war ganz und gar schwarz, bis auf seine Augen, die leuchteten in einem loderndem Rot. "Was ist das?", fragte Daron geschockt und zog reflexartig sein Schwert. "So einen großen Vogel habe ich ja noch nie gesehen!" Ohne Vorwarnung schoss das Tier auf Rayo hinab. Daron handelte sofort. Er sprang vor, rempelte den anderen Jungen zur Seite und schwang gekonnt seine Klinge, die todbringend durch die Luft sirrte. Der Raubvogel jedoch schien schneller zu sein. Er fing sich in der Luft ab und wich aus. Nur ein paar gespaltene Federn segelten zu Boden. >Leya?!< Rayo sah sich verängstigt um. >Wo bist du?< >Hier!!< Ein zweiter Vogel, größer noch als der schwarze, flog über ihnen eine weite Runde. Doch er war nicht schwarz, sondern braun, wie ein normaler Raubvogel es war. "Da ist ja noch einer!", schrie Daron. "Weißt du, was hier los ist?" "Nein, nicht wirklich!" Rayo beobachtete die beiden Vögel, die sich in der Luft umkreisten. Unerwartet für alle, drehte der schwarze Vogel jedoch ab und verschwand am Horizont. Verblüffte Blicke folgten ihm. Es war dunkel. Geschützt vor den Blicken irgend eines Lebewesens hockte ein kleines Kind auf dem bloßen Erdboden und starrte die ihm gegenüberliegende Steinwand mit leerem Blick an. Silbergraues Haar umrahmte das junge Gesicht, in dem zwei rubinrote Augen nun wissend zum einzigen Eingang der kleinen Höhle schweiften. Und tatsächlich tat sich etwas. Ein großer schwarzer Vogel schlüpfte durch ein Loch im Fels und hockte sich vor das Kind hin, das daraufhin ohne Angst aufstand und eine der kleinen Hände auf den Kopf des Tieres legte. "Du hast deine Sache gut gemacht.", sagte es mit einer Stimme, der jegliches Gefühl zu fehlen schien. "Also ist ein Magier bei ihm. Wer hat veranlasst, dass das Erbe der Tamonos beschützt wird?" "Verflixt, was war das?!", murmelte Daron. "Wo kamen diese Viecher her und warum haben sie uns angegriffen?" "Vielleicht sollten wir ihr Mittagessen werden?", spekulierte Rayo, obwohl er wusste, dass etwas anderes passiert war. Und Leya schien schon wieder verschwunden zu sein. "Rayo!" Noch immer unter Schock stehend, schrie der Angesprochene auf, als eine Hand sich auf seine Schulter legte. "Wer bist du?!", fauchte Daron aufgebracht und hob erneut sein Schwert. Ein Mädchen stand hinter Rayo, rotes wildes Haar, blitzende grüne Augen. Sie trug dasselbe Kleid, wie Raya vorhin und augenblicklich wurde Rayo klar, wer sie war. "Lileya?", fragte er verwirrt. "Wer ist sie?" Daron senkte zwar das Schwert wieder, doch seine Stimme triefte vor Wut und Misstrauen. "Noch ein Mädchen, das an dir hängt, wie eine Klette?!" "Nein, Daron... also... das ist Lileya, sie ist eine gute Freundin und..." "Von wegen ,gute Freundin'!" Abfällig musterte er das Mädchen. "Sie sieht doch wahnsinnig bezaubernd aus, nicht wahr, Rayo?" >Wieso ist der denn so sauer? Er kennt sie doch gar nicht...< >Er ist eifersüchtig!< Jetzt hatte sich, neben dem des Prinzen, der zornige Blick einer zweiten Person auf die Magierin geheftet, was sie nur mit einem betretenen Grinsen abtun konnte. "Was macht sie hier ganz allein?", fragte Daron skeptisch. Seine Rage hatte sich ein wenig gelegt, als er Rayos erzürnte Miene, die sich wohl gegen dieses Mädchen richtete, bemerkt hatte. "Frag sie doch!" Mit einem Ruck wandte Rayo sich von Lileya ab. >Pah! Eifersüchtig! Wegen mir! Ich bin ein Junge!< "Also?" Daron wandte sich an das Mädchen. "Du tauchst hier auf, ganz zufällig natürlich, nachdem uns zwei riesige Raubvögel angegriffen haben! Hast du die Tiere auf uns gehetzt?" "Nein..." Die Rothaarige seufzte. "Na, dann werden wir mal Nägel mit Köpfen machen!" "Nägel mit was...", fragte der Prinz dümmlich. >Lileya! Du kannst ihm das nicht erzählen!< >Keine Sorge... Ich erzähle ja nicht gleich alles!< "Jemand will Rayo umbringen!", begann sie, mit den Schultern zuckend. "Und der schwarze Raubvogel war ein Versuch, diesen Plan in die Tat umzusetzen! Ich bin hier, um Rayo zu beschützen und nicht, um ihn anzugreifen! Und das kann er dir auch bestätigen!" "Wie redest du mit mir?!", fauchte Daron. "Weißt du überhaupt, vor wem du stehst, Mädchen?" "Vor einem triefend nassen Prinzen, der gerade fast abgesoffen wäre!" Sie grinste überlegen. "Aber du solltest dir besser mal um deinen Freund Gedanken machen! Er ist in Gefahr!" "Du hast mir gar nichts zu sagen, du Gör... Äh... Rayo, stimmt das etwa?" Daron schob sein Schwert zurück in die Scheide. "Ich glaube schon... ich habe da nicht so wirklich viel Ahnung!" Rayo lächelte müde. "Aber ich vertraue Lileya und sie kann mich wirklich beschützen..." "Wie soll die dich denn beschützen können?" Klang das jetzt eifersüchtig, oder irrte er sich? Bei Darons barschem Ton konnte Rayo nur den Kopf schütteln. Der Prinz schnaubte abfällig. "Ein Mädchen! Sag schon, Rayo! Wie soll ein Mädchen dich besser beschützen können, als ich?!" "Na, ja..." Rayo überlegte hastig, doch ihm fiel nichts ein, das Daron als passable Antwort akzeptieren würde. Gut, dann musste eben ein Themawechsel her. "Ich glaube... es wäre besser, wenn du zurück ins Schloss reiten würdest!" "Was?!" "Ich meine es ernst!" Er senkte den Blick. "Ich glaube nicht, dass du mir helfen kannst, du wärst nur in Gefahr!" "Bist du verrückt geworden?!", brüllte Daron und Rayo zuckte zusammen. "Man trachtet dir nach dem Leben und ich soll einfach so drüber hinwegsehen?! Junge, wo lebst du?! Wenn ich den erwische, der vorhat, dir etwas anzutun, wird er sich wünschen, nie geboren worden zu sein! Ich bin der Prinz, ich habe mein Leben lang mit dem Schwert trainiert! Natürlich kann ich dir helfen!! Und ich werde dich beschützen, koste es, was es wolle!! Selbst, wenn ich dabei draufgehe!" >Das nenne ich Liebe!< Rayo zuckte bei Lileyas gedanklicher Botschaft erneut zusammen. >Rayo, hast du jemals gedacht, er würde auf dich hören und dich hier in der Gefahr alleine lassen?< Der Angesprochene seufzte tief und ließ die Schultern hängen. >Natürlich nicht...< >Sag ich doch!< Lileya verschränkte die Arme vor der Brust. >Oder würdest du ihm in so einer Situation einfach den Rücken kehren?< >Nein...< "Daron?" Rayo trat vor den Prinzen und sah resignierend zu ihm hoch. "Dann komm halt mit!" "Echt?" Aufjauchzend griff Daron nach den Schultern seines Schützlings und zog ihn an sich heran. "Ich hätte nicht gedacht, dass du mir das erlauben würdest..." "Du hättest dich ja ohnehin nicht abwimmeln lassen!" Rayo wehrte sich nicht gegen die Arme, die sich jetzt leicht um ihn schlossen und lehnte sich müde gegen Darons Brust, was der mir einem Lächeln quittierte. "Ich werde auf dich aufpassen!", versicherte er leise. Seine Hand, die in Rayos Nacken zu liegen gekommen war, kraulte sanft durch die schwarzen Haare, die mangels einer Bürste ziemlich unordentlich waren. Diese Bewegung und Darons Worte ließen einen warmen Schauer durch Rayos Körper laufen. Er fühlte sich im Moment wohl, so komisch das für ihn selbst auch klingen mochte. Bei Daron zu sein war einfach etwas ganz besonderes. Von ihm beschützt zu werden... Er kuschelte sich näher an ihn heran und schloss glücklich die Augen, spürte die angenehme Wärme, die durch ihrer beider Kleidung drang und sich zu einer einzigen vereinte, die sie beide zu durchströmen schien. "So zutraulich heute, hm?" Rayo schrak aus seinen Gedanken und öffnete langsam die Augen. Ohne sich von Daron zu lösen, schielte er an der Kleidung entlang herauf, um in das ebenmäßige Gesicht des Prinzen sehen zu können. Daron lächelte. "Ich bin froh, dass du bei mir bist...", murmelte Rayo abwesend. Er spürte, wie die Arme sich enger um ihn schlossen und er noch näher an den Prinzen gedrückt wurde. Es machte ihm nichts aus. Dann war es halt ein Junge, der ihn im Arm hielt und der ihn zuvor schon mehr als einmal geküsst hatte. Die Befremdlichkeit eines solchen Gedankens hatte sich schon längst gelegt, auch, wenn er bisher immer mit aller Kraft versucht hatte, sie aufrecht zu erhalten, damit er Daron nicht zu nahe kam. Sein Verstand sagte ihm noch immer, er solle ihm besser fernbleiben, da diese Zuneigung zu Daron nicht zu weit gehen durfte. Er war eben ein Prinz. Und ein Prinz würde irgendwann einmal Nachfolger haben müssen. Er würde heiraten müssen, eine Familie gründen... Seine Finger verhakten sich in Darons Kleidung als er den Kopf senkte, um nicht mehr in die fesselnden sturmgrauen Augen sehen zu müssen, von denen er an eben diesem Morgen noch gedacht hatte, sie wären die schönsten Augen der Welt. Er hatte falsch gelegen. Sie waren noch schöner, noch einzigartiger. Überirdisch schön. "Rayo?" Etwas hastig hob der Kleinere den Kopf, sah einen Augenblick mit leichter Verzweiflung zurück in die grauen Augen. Seine Finger schlossen sich noch fester um den Stoff, an den sie sich klammerten, als er sich kurz streckte und einen kleinen Kuss auf die Wange seines Beschützers hauchte. Dann löste er sich hektisch von ihm und sah sich nach Leya um, damit er einen Vorwand hatte, Darons Nähe zu entkommen. Doch sie war fort. Statt ihrer stand dort eine Haflingerstute, die ihr bestes Pferdegrinsen aufgelegt hatte und deren Augen triumphierend funkelten. >Wir sollten besser weiterreiten!< Rayo war überrascht, dass sie nicht auf die Situation von eben einging. Gleichzeitig erleichterte ihn das. Spöttische Kommentare würde er jetzt wirklich nicht ertragen können. >Du hast recht!<, antwortete er ihr also lächelnd und strich über die Nüstern des Pferdes. >Ich wünschte nur, du würdest mir endlich sagen, was los ist!< >Alles zu seiner Zeit! Wenn wir in Stukk sind, sind wir erst einmal sicher! Dort treffen wir jemanden, der uns helfen kann! Dann erfährst du alles!< >Nun... okay...< Enttäuscht war Rayo schon, dass sie ihm nicht einfach sagte, was sie wusste, aber es musste schon seine Gründe haben. Deshalb würde er warten, auch, wenn er vor Neugierde und Furcht fast verrückt wurde. Immerhin trachtete ihm jemand nach dem Leben. Na, die Sache mit der Furcht hatte sich zumindest größtenteils erledigt, seit der störrische Prinz da war. Apropos Prinz... Rayo drehte sich verwundert um und sah Daron bei seinem schwarzen Hengst stehen. Er richtete mit fast schon liebevoll wirkendem Gesichtsausdruck den Sattel und das Zaumzeug. Insgesamt wirkte er so, als wäre er gedanklich in seiner eigenen Welt. Er schien für nichts um sich herum Augen zu haben, nicht einmal für das, was er da gerade tat. "Warum löst du das Zaumzeug?", fragte Rayo, als er neben ihn trat. "Äh..." Daron sah auf seine Finger, die das sorgfältig eingestellte Band auseinander gerupft hatten. "Ach, hehe... ich stelle es neu ein!" Ein verträumter Seufzer folgte und er zupfte wieder an dem Verschluss herum. "Lass mich das machen!" Rayo schob den Prinzen zur Seite und befestigte gekonnt das Zaumzeug so, wie es sich gehörte. "Was ist bloß mit dir los, Daron?" "Ach, nichts...", nuschelte der Junge neben ihm und griff dann nach Rayos Hand. "Wir sollten weiterreiten!" Plötzlich grinste er wie ein kleines Kind, schwang sich in den Sattel und zog seinen Schützling mit sich hoch. Ihn vor sich plazierend, griff er nach den Zügeln und wollte Palo schon antreiben, als er innehielt. "Wo ist eigentlich deine lästige Freundin?", fragte Daron und die Hoffnung, sie nicht mehr hier anzutreffen, war deutlich auf seiner Miene abzulesen. "Lileya ist schon mal vorgegangen!", erklärte Rayo mit leichtem Ärger, weil Daron unverhohlen auf einer seiner Freunde herumhackte. "Sie wartet in Stukk auf uns! Sie war wohl der Meinung, du kannst gut genug auf mich aufpassen!" "Gut, das ist mir nur recht!" Das Grinsen kehrte auf Darons Gesicht zurück und er zog Rayo nah an sich heran. "Dann sind wir endlich mal alleine!" "Du hast doch nicht etwa irgend welche Hintergedanken?", fragte Rayo und verspürte plötzlich den Wunsch, zu lachen. Darons seltsame gute Laune war scheinbar ansteckend. "Nöö! Ich doch nicht!", war die wenig überzeugende Antwort des Prinzen. "Aber du scheinst ja welche zu haben, wenn du schon so fragst!" Rayos Gesicht lief mal wieder tomatenrot an und er keuchte wie ertappt auf. "Nein!", versicherte er lauter als nötig und wandte seinen Blick krampfhaft nach vorn. "Das ist aber schade...", wisperte Daron nahe seinem Ohr und setzte einen kleinen Kuss auf die empfindliche Haut seines Halses. Rayo wurde - wenn möglich - noch röter und legte sanft die Hände auf die Arme, die um seinen Körper lagen, um ihn sicher im Sattel und nah bei Daron zu halten. "Vielleicht hab' ich ja doch Hintergedanken...", flüsterte Rayo kaum vernehmbar und schämte sich sogleich für die unbedachten Worte. Doch Daron schienen sie zu gefallen. Rayo spürte, wie sich die Lippen, die noch immer an seiner Haut lagen, zu einem Grinsen verzogen und senkte seine Augenlider mit einem angenehmen Seufzen, als ein weiterer Kuss auf seinen Hals gehaucht wurde. Er konnte nicht anders, er musste dem schwarzhaarigen Prinzen ins Gesicht sehen. Er wandte sich halb im Sattel um und klammerte sich dabei ohne es zu merken an Darons Schultern. Da sah er sich ihnen wieder gegenüber: Den sturmgrauen Augen. So stolz, so schön und ihm so unendlich nah. Er fühlte sich nicht mehr dazu in der Lage, sich zu rühren, versank einfach in diesen grauen Tiefen, die jeden Millimeter seines Körpers zu verschlingen schienen, den sie erhaschen konnten. Er hätte hier jetzt vermutlich eine Ewigkeit so gesessen und den Prinzen nur angestarrt, hätte der nicht die letzten Zentimeter zwischen ihnen mit einem Seufzer überbrückt und seine Lippen in seiner ihm typischen stürmischen Art in Besitz genommen. Seine Zunge strich verspielt über Rayos wartende Lippen, die sich sofort für ihn teilten und streifte erst noch zögernd, fast fragend über seine vorderen Zahnreihen, als bitte er um Erlaubnis, den Kuss vertiefen zu dürfen. Verzückt von dieser liebevollen Geste, antwortete Rayo, indem er seine eigene Zunge auf Erkundungsreise schickte, sie gegen Darons stupsen ließ und ihm somit zu einem Duell herausforderte, das der stolze Prinz sofort annahm. Sie verwöhnten einander in ihrem Lippenspiel, baten um mehr und gaben alles. Ihre Zungen wickelten sich ineinander, wie in einem spielerischem Kampf, lösten sich darauf wieder, nur, um dann wieder zueinander zu finden. "Daron..." Letztendlich riss sich Rayo von dem anderen Jungen los, um nach unbedingt notwendiger Luft zu schnappen. "Daron... ich... ich..." Schüchtern strich er über die Ärmel des Hemdes, das Daron trug. Die Kleidung des Prinzen schien ohnehin auf einmal sehr interessant zu sein, musste Rayo bei ihrer Musterung nämlich Daron nicht ins Gesicht sehen. Sein Atem ging immer noch in schnelleren, unregelmäßigen Stößen. Beruhigend war einzig und allein der Fakt, dass es nicht nur ihm so zu gehen schien. Da er nicht wusste, was er sagen sollte, lehnte er sich schließlich an Darons Schulter. Seine Augen blieben auf die Kleidung geheftet, über die er noch immer langsam eine Hand streichen ließ. >Ich glaube, ich habe mich verliebt...< Ihr Ritt dauerte noch bis zum späten Nachmittag an, bis sie ihr Ziel erreichten. Stukk war ein fröhliches kleines Dorf, das einen großen Markplatz in seinem Zentrum hatte. Die Häuser lagen fast kreisförmig um den riesigen Platz angeordnet und jeder Einwohner würde es leicht haben, den Markttag zu besuchen, der heute anstand. Daron lenkte Palo durch die Menge an Menschen die sich versammelt hatten, um die feilgebotenen Waren zu betrachten und zu kaufen. Die Haflingerstute schritt noch immer voran, wenn ihr die jetzige Nähe des Hengstes auch unangenehm zu sein schien, was Rayo, der müde an Darons Brust lehnte, durchaus verstehen konnte. "Warum musstet ihr unbedingt an einem Markttag hierher kommen?!", murrte der Prinz ungehalten. "Das ist unauffälliger!", erklärte Rayo, als er sich von seiner Stütze aufrichtete und zu Daron hinauf sah. "Man geht hier leicht in der Menge unter! Das ist doch praktisch, oder?" Auch, wenn er eigentlich nichts von diesem speziellen Tag gewusst hatte, war Rayo doch erleichtert, dass sie nicht so einfach mit dem Prinzen dieses Landes hier für jeden sichtbar aufgetaucht waren. Das hätte einen großen Aufruhr gegeben und wenn es stimmte, dass er in Gefahr war, dann wollte er das Risiko doch schon möglichst klein halten. >Wir müssen dort nach links!< Die Stute schob ein paar Menschen beiseite, die im Weg standen. >Da ist eine Taverne, die sich Zum schwarzen Hirsch nennt.< >Seltsamer Name!<, sagte Rayo nur für sie hörbar. >Der schwarze Hirsch ist ein legendäres Tier, das in einem nahen Wald leben soll. Deshalb heißt der Schuppen so!< Vor dem Eingang blieb Lileya stehen und wandte sich erwartungsvoll zu ihren Begleitern um. "Da müssen wir rein, Daron!" Rayo deutete auf die Tür. "Da sollen wir jemanden treffen, der uns helfen kann!" Der Prinz schnaubte verächtlich ob des verwitterten Zustandes des Lokals und sprang mit einem geschickten Satz vom Rücken seines Pferdes. "Von mir aus...", murmelte er und hielt Rayo die Hand hin. "Lass dir helfen!" Diesmal griff der Kleinere dankbar nach der dargebotenen Stütze und kletterte ebenfalls von Palo. Einen kurzen Moment standen sie sich gegenüber und sahen sich einfach nur in die Augen, bis Leya eine Art Räuspern zustande brachte. Daraufhin begann Rayo zu kichern. "Was war das denn, Leya?!", lachte er, riss sich jedoch rasch wieder zusammen, als er die Hufe seiner Gefährtin wütend auf den Boden stampfen sah. "Ähm... schon gut..." Auf Darons verwirrten Blick errötete er heftig. "Lass uns reingehen!" Die Taverne war kühl und nur wenige Leute hielten sich hier auf. Drei Männer saßen beisammen an einem Tisch und spielten Karten. Ansonsten saßen am Tresen noch eine junge Frau mit einem kleinen Kind und ein Pärchen, das sich scheinbar vom Stadtbummel ausruhen und erfrischen wollte. Daron hielt sich erst gar nicht lange mit der Musterung der Gäste auf, sondern trat sofort an die Theke und setzte sich auf einen Hocker. "Worauf wartest du?", fragte er mit einem kleinen Blick zurück, der Rayo sagte, dass er sich sehr auffällig benahm, indem er nur dämlich im Eingang stand. Nickend begab er sich also zu seinem momentanen Beschützer und schob sich neben ihn auf einen der hohen Stühle. "Wir möchten bitte zwei Bitterbier!", bestellte Daron und Rayos Augen weiteten sich erschrocken. "Nein, nein!", hielt er den Barkeeper zurück, der verwirrt seine beiden neuen Gäste musterte. "Bringen Sie uns einfach zwei Glas Wasser gegen den Durst!" Kaum war der Mann verschwunden, beugte sich Daron ärgerlich zu ihm vor. "Was sollte das?!", fragte er. "Ich hab' Geld!" "Aber du verträgst den Alkohol nicht!", grummelte Rayo mit entschlossenem und sorgendem Tonfall. "Also, lass es bleiben! Du hast es versprochen!" Verstimmt wandte der Prinz sich wieder nach vorne und starrte ungläubig auf das Glas vor seiner Nase. Nie hatte er in einer Spelunke Wasser getrunken. "Das Wasser geht aufs Haus!", gähnte der Barkeeper gleichgültig und machte sich daran, die Gläser zu spülen, die andere Gäste benutzt hatten. Schweigen legte sich über sie, während sie hin und wieder an dem Wasser nippten und unauffällig die Umgebung beobachteten. "Sei nicht eingeschnappt!", bat Rayo den Prinzen aufseufzend. "Ich wollte dich nicht blamieren oder so..." "Schon gut!" Das klang beleidigt. "Daron!" "Ich sagte, schon okay!" Jetzt wurde er auch noch laut. "Ich mache mir bloß Sorgen um dich und du dankst es mir mit diesem ätzenden Verhalten!" Jetzt selbst wütend, drehte Rayo Daron den Rücken zu. "Sturer Bock!" "Rayo!" "Ich finde es unfair von dir, dass du sauer auf mich bis, weil du dein eigenes Versprechen nicht einhalten willst!" Rayo blieb noch immer dem Prinzen abgewandt sitzen und stützte sein Kinn in seine Hand. "Ich will mein Versprechen ja einhalten!" Darons Stimme klang flehentlich, was Rayo fast dazu brachte, sich umzudrehen und ihn beruhigend anzulächeln. Trotzdem wartete er erst auf das gefürchtete >Aber<, das die vorangegangenen Worte ankündigten. "Aber es ist halt sehr schwierig und ich war nicht auf dich so wütend, sondern auf mich selbst!" Jetzt drehte Rayo sich um und schenkte ihm das verzeihende Lächeln, das dem Prinzen zeigen sollte, dass er ihm nicht mehr böse war. "Okay..." "Hey, ihr Streithähne!" Lileya war in die Taverne getreten und schob nun einen Hocker zwischen die beiden, auf dem sie sich niederließ. "Wie ich sehe, wartet ihr schon!" Grinsend winkte sie den Barkeeper zu sich heran, der sie auch prompt wiederzuerkennen schien und die Arbeit bei der Spüle stehen und liegen ließ, um sie zu begrüßen. "Leya, mein Mädchen!", lachte er väterlich und umarmte sie leicht. Rayo beobachtete, wie seine Freundin sich zu seinem Ohr vorbeugte und ihm etwas zuflüsterte, ehe sie sich lächelnd wieder zurücklehnte. "Geht den Gang zu den Schlafräumen hinab. Dritte Tür, rechts!" Mit einem kleinen Abschiedsgruß richtete der Mann seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zu. "Na, los!" Lileya warf ihr rotes Haar zurück und bedeutete ihren Kameraden, voranzugehen. "Ihr habt gehört, wo's lang geht!" To be continued... Na, wie war's? Mir persönlich hat dieser Part ganz gut gefallen! Obwohl... er was ziemlich leicht durchschaubar und berechenbar! War ja eigentlich klar, dass Daron Rayo folgen würde und dass er so kurz darauf nicht einfach den Löffel abgeben würde *g* Außerdem war die Szene, in der Daron fast ertrunken wäre, etwas zu kurz... weiß nicht... Zu den Rettungsmaßnahmen: Ich weiß, dass sich heute eher die Mund-zu-Nase-Beatmung durchgesetzt hat, aber ich spekuliere einfach mal darauf, dass Rayos Erste-Hilfe-Kurs etwas länger zurückliegt! Mir hat es so besser gefallen ^^ Die Chance, jemanden mit den Maßnahmen der Erste-Hilfe wiederzubeleben soll ja ziemlich gering sein... aber Wunder geschehen bekanntlich immer wieder! Daron ist ja auch stark und die Liebe zu Rayo hält ihn am Leben! Ja, so langsam glaube ich, er gesteht sich ein, dass es Rayo ist, den er liebt und nicht seine Schwester! Hmm... Was heißt hier ,so langsam'? Ich weiß noch nicht, wie ich das weiterführen werde! Da gehe ich frei aus dem Bauch heraus und hoffe, ich enttäusche euch nicht! Für Ideen und Inspirationen eurerseits bin ich immer offen und sehr dankbar! Ich habe schon ein paar gute Vorschläge bekommen, die ich umgesetzt habe und das Resultat gefällt mir! Was lässt sich sonst noch sagen? Ach, ja: Rayo hat sich nun eingestanden, dass er Daron liebt! Ich hoffe, ihr ungeduldigen Leutchens seid jetzt zufrieden! *angespannte Stille* Was denn? Noch nicht? *seufz* Anhang: Ja, ein weiterer Anhang! Und wieder ein Dank an meine fleißigen Kommi-Schreiber, die eifrig dafür sorgen, dass die Autorin auch an der Arbeit bleibt *schwitz* Da wären: geist alias Nekomon, Kuroi-Neko, Julili, gitanija, Kirusuchino, Van17, Cibi, Satsuki666, Kasan, Say-chan, Marn, Pep, RedMaya, Minimaus und Tasuki81! Wenn ich irgendwen vergessen haben sollte, tut mir das ehrlich leid. Ich habe leider von hier aus keinen Internetzugang und muss mir die Namen immer rausschreiben... sorry, also! ^^ Ich würde eure schönen Kommentare gerne mal beantworten, aber das ist einfach zu viel, allein wegen dem Problem mit dem Internetzugang... -.- aber ich bin total gerührt und ich liebe es, eure Meinungen zu hören *snif* Großen Dank an Mistery, die mir im früheren Verlauf der Geschichte die Idee mit dem Anhänger gegeben hat, die ich jetzt sogar noch ausbauen kann! ^-^ Und außerdem ein großes Danke an geist, dafür, dass meine Story auf der Homepage stehen darf! Ich bin so gerührt! ^^ Und die Antworten zu den Fragen: 1) Wie soll das mit Rayos und Darons Welt ausgehen? Wird Rayo im Schloss bleiben oder zurück nach Hause reisen? Ohne Daron? Na, das ist eine sehr schwierige Sache, über die ich mir selbst schon oft Gedanken gemacht habe! Ich habe von Cibi gehört, sie will, dass Rayo einfach im Schloss bleibt... aber das geht auch nicht! Was ist mit seiner Familie? Die kann er nicht einfach so verlassen! Ich weiß, ich kann hier keine klare Antwort geben, aber ich versichere, ich werde es schon irgendwie richten, dass es nicht wie bei Escaflowne endet! Wer das Ende kennt, weiß sicherlich wovon ich spreche! -.- Oder? 2) Kann sich Daron an das erinnern, was in der Nacht mit dem Alkohol passiert ist? Tja, da Daron da nicht so offen drüber sprechen wird, muss ich das wohl für ihn tun *gg* Daron (aus dem Hintergrund): Wehe du erzählst das, wenn Rayo dabei ist! Rayo (betritt den Raum): Redet ihr über mich? Daron (heult auf): Nein!! Tara: Ähm, ja, es ging um die Nacht, als... Daron (panisch): Ach, Rayo... hehe... ich wollte dir noch was zeigen! Kommst du mal ganz schnell mit? Ich glaube, Palo geht es nicht so gut! Rayo (blinzelt): Hm? Daron (nervös): Was ist? Kommst du nun? Rayo (misstrauisch): Was hast du wirklich vor?! Daron (zerrt Rayo aus dem Zimmer): Jetzt komm schon... Rayo (von draußen): Wenn du mich küssen willst, kannst du das auch drinnen machen! Oder ist dir das peinlich? (Stille) Ähm... nun gut, zurück zur Frage... Ja, er kann sich an die Nacht mit dem Alkohol erinnern. Er war ja nicht wirklich schlimm betrunken, der Alkohol wirkt sich bei ihm bloß viel stärker aus als bei anderen Leuten und sein Körper verträgt ihn nicht (deshalb die Bauchschmerzen)... Nüchtern war er noch einigermaßen, aber über seine Motive, Rayo einen Kuss zu stehlen, muss ich mich jetzt nicht auslassen *gg* Rayo (kommt wieder rein): Was hat er denn?! Palo ist doch gesund! Und geküsst hat er mich auch nicht... (verzieht sich enttäuscht in eine Ecke) 3) Ist Daron jetzt eigentlich wirklich in Rayo verliebt? Ähm, ich kann mir nicht vorstellen, dass Daron immer wildfremde Menschen ohne Grund küsst oder so... Tja, er liebt ihn, die Frage ist nur, hat er es sich auch eingestanden? Ich kann Daron nicht in den Kopf gucken... (Ja, ja... ich bin die Autorin, ich weiß... erschlagt mich, aber so ist es einfacher, ihn undurchschaubar wirken zu lassen ^^) Bei Daron kann ich mir einerseits vorstellen, dass er es nicht merkt, andererseits aber auch, dass er es längst so akzeptiert hat... hehe, Daron ist schon seltsam. Stellt es euch einfach so vor, wie ihr es am liebsten habt! Das passt schon! 4) Was wissen Darons Eltern überhaupt von Rayos und Darons Beziehung? Sie wissen das eine: Daron mag Rayo seeehr. Sie wissen nicht, dass er ihn liebt. Oder zumindest nicht konkret, vielleicht ahnen sie es etwas, mehr aber auch nicht! Ihr wisst doch, dass Daron morgens immer zum Schwerttraining geht, eh? Vorher frühstückt er mit seinen Eltern, wenn Rayo noch schläft. Und dann geht's los: "Mutter, Vater, ich bin gleich mit Rayo weg.", "Rayo hat mir dies erzählt.", "Rayo findet ja, dass...", "Rayo hat mir erzählt, dass...", "Ich hoffe, Rayo wacht bald mal auf...", "Rayo trägt tolle Klamotten!", "Ich finde es schade, dass wir das Rezept für Rayos Lieblingsessen nicht haben." Und, und, und... So, diesmal waren es vier Fragen, die ich beantworte! Meine Nachworte werden immer so lang! Stört euch das? Ich weiß ja nicht, ob ihr das lesen wollt! Nya, don't like - don't read! Deshalb hab ich's ja ans Ende der FF gestellt! Wer's nicht lesen will, braucht es nicht zu tun. Das nächste Mal fasse ich mich aber kürzer... *räusper* wenn ihr es wollt... Dann bis hoffentlich zum nächsten Part! Bye Tara (verschwindet in einer Rauchwolke) Daron (betritt den Raum und sieht sich verwirrt um): Rayo? Rayo (aus seiner Ecke): Geh weg! Daron (noch verwirrter): Warum bist du denn jetzt schon wieder beleidigt? (verbissenes Schweigen) Daron: Wenn du jetzt nicht sofort sagst, was los ist, verschleppe ich dich in mein Schloss und sperre uns für zwei Wochen in meinem Zimmer ein! (glückliches, vielsagendes Schweigen) Daron: Du hast es so gewollt! (pfeift, woraufhin Palo ins Zimmer kommt und den Teppich versaut) Daron (betrachtet das Missgeschick): Sie wird wütend sein... (zuckt mit den Achseln, zieht Rayo aufs Pferd und zischt ab) Tara (taucht in einer Rauchwolke wieder auf): Was ich noch sagen wollte... äh... Wer war das?! Wer hat meinen guten alten Teppich so zugerichtet?! Der ist antik! Der hat schon meinen Großeltern gehört!! Rayo?! Daron?! (Pause) Na, warte! Wenn ich euch erwische!! (räusper) Was ich noch sagen wollte... Rayos Reise muss weitergehen!!! (verpufft wieder in grauem Dunst) Kapitel 9: Endlich zu Hause --------------------------- Rayos Reise Part 8 Konnichi wa, minna-chan! Ja, dies ist der achte Teil von ich weiß nicht wie vielen, die noch kommen mögen! Ähm, jemand sagte in einem Kommentar zum letzten Part, es bestände die Sorge, zwischen den beiden Turteltauben könnte sich mit Rayos Eingeständnis zu sich selbst etwas drastisch ändern. Aber ich mag keinen so krassen Kitsch. Das erinnert mich immer zu sehr an Wedding Peach, wo Momoko und Yosuke während ihres ersten Kusses unter einem Springbrunnen standen, der dann plötzlich zu leuchten anfing. Überall funkelte und glitzerte es... *schauder* Die Serie war ja wirklich nicht soo schlecht, aber sie war einfach kitschig! Jedenfalls hörte ich erst heute den Satz >Wenn du das Leuchten lesen kannst, ist es kitschig!< Im Zusammenhang mit Wedding Peach als Beispiel: Wenn der leuchtende Springbrunnen im Hintergrund beim Lesen allzu deutlich spürbar ist, dann ist es kitschig... Ich versuche, den Kitsch zu umgehen... Liebesgeständnisse können warten! Soviel zu meiner Meinung! Viel Spaß beim Lesen! --- "Geht den Gang zu den Schlafräumen hinab. Dritte Tür, rechts!" Mit einem kleinen Abschiedsgruß richtete der Mann seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zu. "Na, los!" Lileya warf ihr rotes Haar zurück und bedeutete ihren Kameraden, voranzugehen. "Ihr habt gehört, wo's lang geht!" --- Nervös trat Rayo in den Gang, der sie zu ihrem noch immer namenlosen Helfer bringen sollte. Obgleich er sich in Darons Nähe sicher fühlte, war er aufgeregter als selten zuvor in seinem Leben. "Wieso tust du eigentlich so geheimnisvoll, Mädchen?", fragte der Prinz, wobei er an Rayo vorbei die Magierin kritisch musterte. Innerlich musste der ihm zustimmen. Er war selbst verwirrt von dem Verhalten seiner Freundin. "Tja..." Leya schwieg einen Moment und zählte die Türen ab, die sie passierten. "Das werdet ihr gleich feststellen. Ah, hier ist es auch schon!" Ohne zu zögern schwang sie die dritte Tür auf der rechten Seite auf und deutete ins Innere des Raumes. Rayo seufzte ob ihrer theatralischen Gesten und ging in das Zimmer, in dem das Licht durch Jalousien leicht gedämmt war. Eine Person erhob sich jetzt rasch aus dem Sessel, der am Fenster stand und trat einen Schritt vor. Schwarze Augen trafen auf goldene. >Seltsam...< Mit großen Augen musterte Rayo den Jungen vor sich. Einfache Kleidung, wie die eines Bauern, ebenso einfaches Schuhwerk... nur war nicht das der Grund seiner Verwunderung... >Diese blasse Haut, die schwarzen Haare, die schwarzen Augen, das Gesicht... er sieht aus wie... wie er... diese Ähnlichkeit kann kein Zufall sein...< "Was ist, Rayo?" Dem Angesprochenen entging nicht der leicht scharfe Hauch in Darons Worten. "Kennst du den?" Er schwieg, konnte es nicht aussprechen. >Es muss ein Zufall sein, wie sonst soll er hier auftauchen, in dieser fremden Welt...? Aber ein Zwilling?< Leichte Hoffnung mischte sich in seine Gedanken. Was, wenn er es doch war...? Was, wenn er ihn nach Hause bringen konnte...? "Hi, Rayo..." Unverwechselbar, diese Stimme. Die erkannte er aus hunderten. "To-... Tomoya?", sprach er leise aus. "Ja, ich bin's!", lächelte er. Doch es wirkte ein wenig gequält. "Überrascht?" Es war ein merkwürdiges Gefühl, ein vertrautes Gesicht wiederzusehen. Es schien ihm nämlich mit einem Male so fremd zu sein. Irgendwie fehl am Platz. Zwar war nur wenig Zeit vergangen, doch es war so viel passiert, er hatte so viel neues gesehen und gelernt. So viel erlebt. Seine ganze Sicht auf die Welt hatte sich verändert und jetzt sah er auch Tomoya aus einem vollkommen anderen Licht. Aber all das war jetzt egal... Hauptsache, er war jetzt da... "Tomoya...!" Rayo hastete auf den anderen Jungen zu und umarmte den Größeren brüderlich. Tomoya klopfte ihm auf die Schulter. "Sag, mal, was soll das?!" Daron zog Rayo von dem für ihn Fremden weg und legte bestimmt einen Arm um seine Mitte. "Wer ist das?!" "Er ist ein Freund aus Kindertagen!", erklärte Rayo an Daron gewandt, blickte dann aber wieder lächelnd zu Tomoya, dessen Augen einen Moment lang auf dem besitzergreifenden Arm ruhten, der an seiner Hüfte lag, bevor er sich artig vor dem Prinzen verbeugte. "Wenn ich mich vorstellen darf: Tomoya Suzumi." Sein offener Blick traf den Darons, der ihn noch immer finster betrachtete, als wäre er sein Feind. "Du bist fast genauso seltsam wie Rayo...", kommentierte der Prinz die Begrüßung. "Ihr kennt alle die Sitten unseres Landes nicht! Ihr senkt ja nicht einmal die Augen, wenn ein Mitglied der königlichen Familie vor euch steht." "Tut mir leid." Tomoya machte keine Anstalten, sein Benehmen zu ändern. Er nahm eine lässigere Haltung ein und wandte sich zu Lileya, die das kurze Gespräch aufmerksam mitverfolgt hatte. "Was macht der Prinz hier?", fragte er in müdem Tonfall. "Ich dachte, du und Rayo, ihr kommt allein?" "Tja, Daron ist uns nachgeritten!" Leya seufzte schwer. "Wir haben ihm allerdings noch nichts erzählt, also..." "Was erzählt?" Daron sah missmutig von einem zu anderen. "Das ist jetzt nicht wichtig!", warf Rayo ein und trat verzweifelt einen Schritt auf Tomoya zu, der jetzt wieder diese leichte Traurigkeit in seinen dunklen Augen trug. "Wie kommst du hierher, Tomoya? Was machst du hier?" "Ich will dir helfen!", erwiderte der andere leise. "Ich weiß, ich hätte dir von Anfang an davon erzählen sollen... noch bevor du hier reingeraten bist... aber es ging nicht! Ich wurde vorher aufgehalten und als ich endlich bei euch zu Hause ankam, warst du schon längst weg... Ich habe mir ziemliche Sorgen gemacht, weil ich erst gar nicht wusste, wo du warst, bis Leya bei mir aufgetaucht ist... den Rest kannst du dir sicherlich denken..." "Nein..." Rayo schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich verstehe das nicht! Warum das Ganze? Du sagtest mir, ich sollte in diese blöde Scheune kommen und was passiert? Irgendein Sog reisst mich in eine andere Welt! Warum?" "Erst einmal ging es darum, dich einzuweihen... in die Magie und so. Ich hatte eigentlich vor, zusammen mit dir hierher zu kommen und dir alles zu zeigen. Nie im Leben hätte ich gewollt, dass du so etwas durchleidest! Ich habe nach dir die ganze Stadt und den ganzen Wald abgesucht! Wie konnte ich ahnen, dass du im Schloss beim Prinzen bist? Schließlich bat Leya mich, die Sache in die Hand nehmen zu dürfen und es war besser so, glaube mir. Du hättest ganz anders gehandelt, wenn wir es dir leichter gemacht hätten. Dafür ist unser Ziel einfach zu wichtig! Hättest du Bescheid gewusst, dass du der fremden Welt hier jederzeit den Rücken kehren konntest, hättest du keine der Gefahren hier ernst genommen. Nur so konntest du diese Welt verstehen lernen!" Rayo starrte Tomoya während seines Wortschwalls nur an. Er erschien ihm wie ein Fremder, wenn er ihn auch besser kannte, als jeden anderen Menschen auf der Welt. Was redete er da? Waren die ganzen Jahre, die sie sich kannten, etwa mit einem Geheimnis überschattet gewesen? Nie hatte er etwas vor Tomoya versteckt, er hatte ihm alles erzählt. Und Tomoya...? "Wie lange wusstest du schon davon?", fragte er zitternd. Er spürte, wie Daron ihn näher an sich heranzog, wenn er auch nicht verstand, worum es ging. "Nicht sehr lange...", antwortete Tomoya und Rayo stieß erleichtert die Luft aus, die er, ohne es zu merken, angehalten hatte. "Mit meinem siebzehnten Lebensjahr machten sich meine magischen Fähigkeiten bemerkbar und... meine Familie hat mich eingeführt... ich war entsetzt und gleichzeitig... elektrisierte mich der Gedanke an Magie vor Spannung. Ich wollte es unbedingt lernen." Rayo erstarrte bei den gehaspelten Worten seines sonst immer so verschlossenen Freundes. "Magie?", keuchte er. "Du bist Magier?" "Tja..." Ein schiefes Grinsen legte sich auf die Lippen des Schwarzhaarigen. "Mein Gesicht muss ungefähr so ausgesehen haben, wie deines jetzt, als ich es erfahren habe!" "Ich verstehe aber noch immer nicht, warum ihr das mit mir gemacht habt!" Etwas verletzt schaute Rayo zur Seite. "Ich bin doch kein Magier und nur, weil mein Anhänger irgendwas können soll, hätte das doch nicht sein müssen." Sein Blick schweifte über die kargen Möbel und landete schließlich auf Darons Gesicht. Er war aschfahl. "Oh, Gott!" Er wandte sich Daron ganz zu und Besorgnis machte sich sofort in ihm breit. "Was ist los mit dir?" "Magie? Andere Welten? Und du... du kommst..." Der Prinz erzitterte leicht. Rayo legte vorsichtig die Arme um seinen Hals und sah ihm tief in die Augen. "Ja, es stimmt!" Es schmerzte ihn, die grauen Tiefen, die er so lieb gewonnen hatte, so trüb und ängstlich zu sehen, doch gleichzeitig löste sich eine Art Schlinge in ihm, als er spürte, dass es jetzt keine Lügen mehr geben würde. "Ich komme aus einer anderen Welt! Und... ja, es gibt Magie. Lileya ist eine Magierin und... Tomoya ist, wie es scheint, ein Magier..." "Du hast mich also belogen? Die ganze Zeit?" Verletzt zuckte Rayo zurück. Daron hatte ganz recht. Er war ein elender Lügner. Und er schämte sich in diesem Augenblick seiner selbst so sehr, als würde sein Gewissen die gesamte Abneigung gegen solche Lügner, wie er nun einer war, auf ihm abladen. Mit Selbstekel sah er auf seine Hände hinunter und trat noch einen Schritt zurück. Warme Tränen tropften in seine Handflächen, die er noch immer voller Hass anstarrte. "Ja, das habe ich... Ich habe dich angelogen..." Er wäre am liebsten davongelaufen. Die Welle an Schmerz, die sein Innerstes aufwühlte und in einem völligen Chaos zurückließ, zwang ihn beinahe in die Knie. Vielleicht sollte er ja auch wirklich zusammenbrechen. Dann brauchte er sich erst einmal dieser ätzenden Wirklichkeit nicht zu stellen. All diese Lügen... "Es tut mir so leid...!", schluchzte er auf, wollte herumwirbeln und zur Tür rennen. Bevor er jedoch nur eine Bewegung machen konnte, fingen zwei starke Arme ihn ein und hielten ihn fest. Er kämpfte gegen den warmen, vertrauten Griff an, zappelte und schluchzte, doch es nutzte nichts. "Bitte, weine nicht!" Darons leise Stimme ließ ihn innehalten. Seine Gegenwehr erstarb abrupt. "Warum bist du nicht wütend?", flüsterte Rayo kaum hörbar, ein weiterer Schluchzer ließ seinen Körper sich verkrampfen. "Natürlich bin ich wütend!", knurrte Daron. "Aber deswegen musst du doch nicht gleich rumflennen! Ich hab' eh schon geahnt, dass du nicht ganz die Wahrheit sagst!" "Ich wollte nicht lügen!", schluchzte Rayo und vergrub sein Gesicht in der Kleidung des Prinzen. "Ich hasse es, zu lügen! Aber es ging einfach nicht anders! Was hätte ich denn sagen sollen?" "Schon gut." Beruhigend strich Daron über den Rücken seines Schützlings. "Es fällt mir ja auch echt schwer, das zu glauben. Ich bin mir sicher, ich habe die ganze Tragweite deiner Geschichte noch gar nicht begriffen." Solche klugen Worte von Daron. Rayos Tränen verebbten langsam, als die Information, dass ihm verziehen worden war, endlich in sein vom Stress zermürbtes Gehirn vordrang. Sein Griff um den Körper des Prinzen lockerte sich wieder, doch er mied noch immer seinen Blick. "Rayo, ich kapiere das wirklich alles noch nicht so ganz...", drang Darons Stimme plötzlich leise an sein Ohr. "Es gibt also Magie... nun, okay... und es gibt eine andere Welt als diese hier... aus der kommst du... das erklärt zumindest, warum ich deinen Namen in keinem Register gefunden habe... aber... was ist mit deiner Schwester? Ist sie aus dem selben Grund hier wie du?" "Nein... also...", stotterte Rayo zögerlich und umklammerte den Größeren etwas fester. "Ich habe eigentlich gar keine Schwester..." "Was?" "Im Kloster, als du meine angebliche Schwester das erste Mal gesehen hast... das war ich!" Rayo spürte, wie sein Gesicht rot anlief. "Danach auf dem Ball, das war Lileya, sie hat doch magische Kräfte und da hat sie sich in ein weibliches Abbild von mir verwandelt!" Daron schwieg. Rayo fragte sich, wie er diese Information aufgenommen hatte. Immerhin liebte er Raya doch und es musste für ihn ein Schlag sein, dass seine Liebe nicht existierte und statt dessen er dieses ominöse Mädchen gewesen sein sollte. Ein mattes Geräusch aus Darons Kehle ließ ihn aufhorchen. Ein Schluchzer? Widerwillig lehnte er sich zurück, um ihn ansehen zu können. Ihm ging es jetzt sicher schlecht und wer war mal wieder schuld daran? Er natürlich, der Trottel Rayo Tamono. Darons Gesicht kam in sein Blickfeld und Verwirrung machte sich in ihm breit. Der Prinz grinste. Ein weites offenes Grinsen. "Bitte wiederhol' das!", lachte er plötzlich laut heraus. "Du warst also diese Raya im Kloster? Du hast dich als Mädchen verkleidet und allen was vorgegaukelt? Wofür denn das? Und... Nein, wie musst du dich gefühlt haben, als ich dich mit aufs Schloss nehmen wollte! Kein Wunder, dass du Reißaus genommen hast!" "Ach, halt die Klappe!" Grummelig verschränkte Rayo die Arme vor der Brust. "Irgendwo musste ich unterkommen, deshalb war ich im Kloster bei Schwester Thera! Ich konnte doch nicht wissen, dass ein total durchgeknallter Prinz auftauchen würde! So etwas passiert nicht im normalen Leben!" "Du warst also...?", meldete Tomoya sich unerwartet zu Wort und zwei überraschte Augenpaare wandten sich ihm zu. Rayo und Daron hatten tatsächlich ganz vergessen, dass sie nicht alleine waren. "Du warst im Kloster?! Als Mädchen?! Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum ich dich nicht finden konnte! Na, toll! Wie sollte ich das auch ahnen?" "Ich dachte, Leya hätte dir längst alles erzählt?" Rayo sah die Magierin an. "Scheinbar nicht alles!", lächelte Tomoya und strich sich eine dunkle Haarsträhne aus den Augen. "Mann, Rayo, dass du, gerade du, dich jemals als Mädchen ausgeben würdest, hätte ich nie gedacht! Dabei hasst du deine mädchenhafte Erscheinung doch so! Na, ich bin jedenfalls froh, dass die Probleme zwischen euch Turteltauben jetzt gelöst sind! Ihr werdet nämlich eine ganze Weile voneinander getrennt sein und da könnt ihr Ungereimtheiten nicht gebrauchen!" "Turteltauben?!", ächzte Rayo errötend. "Voneinander getrennt?!", fauchte Daron und verengte seine Augen zu gefährlichen Schlitzen. "Wie meinst du das?" "Rayo ist hier in Gefahr, deshalb werden wir ihn mit zurück in seine und meine Welt nehmen!", erklärte Tomoya in nüchternem Tonfall. "Es geht nicht anders, es sei denn, Ihr wollt sein Leben riskieren, Prinz!" "Aber..." Daron sprang vor Rayo, als wollte er ihn vor einer drohenden Gefahr schützen. "...nein, das lasse ich nicht zu! Ich passe auf ihn auf! Ihm wird nichts passieren!" "Prinz!", warnte Leya mit erhobener Stimme. "Ihr habt doch gesehen, was vorhin geschehen ist!" "Na und?!", beharrte Daron. "Von wegen >Na und "Ja!" Vor Freude fast aufspringend strahlte er den Prinzen an. "Das ist es!" "Nein!" Tomoya schüttelte traurig den Kopf. "Das geht nicht!" "Aber... warum denn nicht?" Ängstlich blinzelte Rayo seinen Sandkastenfreund an. "Er ist der Prinz, er hat Pflichten und Aufgaben zu erledigen. Außerdem hat er auch noch Eltern, die sich Sorgen machen, wenn er weg ist!" Rayo sah Daron einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. "Wenn es nur das ist!" Sein typisches Grinsen war auf seine Lippen zurückgekehrt. "Ich habe meinen Eltern schon gesagt, dass ich ein paar Wochen weg sein werde! Und zwar bei Rayos Familie! Und das möchte ich doch einhalten, oder? Ich werde mitkommen!" "Wenn es nur das wäre!" Tomoya schien noch immer dagegen zu sein. "Mir persönlich macht es nichts aus, dass Ihr mitkommt. Aber was erzählen wir Rayos Eltern? Sie wissen zwar über den Anhänger Bescheid..." "Sie wissen?!" "...aber..." Tomoya überging Rayos Einwurf. "... sie würden sicher nicht erlauben, dass ein Prinz aus einer anderen Welt bei ihnen wohnt." "Was wissen meine Eltern?", rief Rayo aus. "Sie wissen, dass es Magie und andere Welten gibt.", erklärte Tomoya. "Aber ich denke, sie haben noch niemals eine Person aus einer anderen Welt gesehen, geschweige denn sind sie jemals in einer anderen Welt gewesen und wirklich ernst nehmen sie die ganze Sache auch nicht! Du kennst deine Eltern doch, Rayo! Deshalb hatte ich ja auch von vornherein vor, dich hierher mitzunehmen, damit du nicht so denkst wie sie." "Sie haben mir nichts davon erzählt?", keuchte Rayo entsetzt. "Sie hätten dir zu deinem siebzehnten Geburtstag alles erklärt, so wie mir. Wäre es nicht wirklich, ganz ernsthaft, wichtig, hätte ich selbst auch gewartet, aber die Situation ließ es nicht zu." "Inwiefern?", fragte Rayo neugierig und lehnte sich, ohne es zu merken, leicht an Darons Schulter. "Tja, für diese Welt besteht eine große Gefahr, die nur du beseitigen kannst." Eine kurze, drückende Stille trat ein, die Tomoya jedoch sofort wieder durchbrach. "Du, oder jemand anderes deiner Familie. Und deshalb will man dich töten." "Aber wer steckt denn dahinter?", murmelte Rayo. "Und warum ich? Wieso nicht meine Eltern oder meine Tanten und Onkels? Oder deren Kinder?" "Weil sie anders sind als du.", sagte Tomoya schlicht, fuhr dann jedoch fort. "Ich kenne dich eben am besten und ich vertraue dir. Deshalb habe ich dich ausgesucht und nicht irgendwen anders. Ich weiß einfach, dass du der Richtige dafür bist!" "Aber...", begann Rayo einen weiteren Widerspruch, wurde aber von Daron unterbrochen. "Was ist denn nun mit mir?" Der Prinz sah unbehaglich in die Runde und wechselte von einem Fuß auf den anderen. "Ich komme mit, egal was ihr sagt. Entweder, ihr regelt das, oder lasst mich das selbst in die Hand nehmen!" "Nun gut, Prinz...", seufzte Tomoya ergeben. "Wir werden Euch mitnehmen und Rayos Eltern als den Vorstellen, der Ihr seid. Erwartet jedoch nicht zu viel Respekt! Bei uns wird die Gesellschaft etwas lockerer gehalten." "Hä?" Daron schaute erst etwas verständnislos. Doch da die Tatsache feststand, dass er bei Rayo bleiben durfte, nickte er hastig und grinste den Kleineren neben sich schließlich an. "Dann ist ja erst einmal alles geklärt.", lachte Lileya. "Diskutieren können wir auch noch später. Wichtiger ist, dass wir so schnell wie möglich von hier wegkommen." Einstimmiges Nicken begleitete ihre Worte. "Gut, dann werde ich jetzt das Tor öffnen." Sie wandte sich an Rayo und Daron. "Nicht umsonst haben wir euch hierher gebracht. Für nichtmagische Menschen ist es zwar nicht zu spüren, aber das Tor befindet sich hier in diesem Raum. Eines von den vielen, die es auf der Welt gibt, wohlgemerkt." Nach dieser kleinen Erklärung drehte sie sich zur Wand und hob die Handflächen dem Holz entgegen. Konzentriert schlossen sich ihre Augen und sie murmelte etwas, das Rayo nicht verstand. War das eine andere Sprache, oder nur zu leise gesprochen? Er konnte es nicht heraushören. Plötzlich spürte er etwas das ihn zu packen schien. Erschrocken klammerte er sich an Daron und fühlte, wie sich die Hände des Prinzen ebenfalls in seiner Kleidung vergruben. Das war der Sog, der ihn schon einmal erfasst hatte und ihn jetzt immer stärker Richtung Leya zog. "Oh, Mann!", hörte er Daron entsetzt ausrufen. "Es stimmt tatsächlich! Es gibt Magie!" "Was dachtest du denn?", antwortete Rayo gereizt, wurde dann aber vom Sog ruckartig nach vorn gerissen, als sich die Intensität schlagartig erhöhte. Ihm wurde schwarz vor Augen und er drückte sie reflexartig zu. Als Rayo die Augen wieder öffnete, fand er sich an einem ihm wohlbekannten Ort wieder. Die Scheune - die gute alte, verfluchte Scheune. "W-was...?" Rayo wandte Daron sein Gesicht zu und beobachtete seine Reaktion auf das, was er sah. "Das sieht ja alles ganz normal aus..." Diese Bemerkung brachte den Kleineren unwillkürlich zum Lachen. "Was hast du denn gedacht, was du hier antreffen würdest?!", kicherte er. "Aber keine Sorge, du wirst schon noch so einige Überraschungen erleben!" "Äh..." Daron sah sich in der Scheune um. "Wenn du das sagst..." "Ja, sage ich!", feixte Rayo und erhob sich vom staubigen Boden. Nachdem er seine Kleidung abgeklopft hatte, hielt er dem noch immer fassungslosen Prinzen eine Hand hin, um ihm auszuhelfen. "Was ist denn?", fragte er, als Daron zögerlich seine dargebotene Hilfe ergriff und sich hochziehen ließ. Noch immer schweifte sein Blick durch den Raum, als erwartete er ein Feuer speiendes Ungeheuer in einer der dunklen Ecken lauern. "Wo sind die grünen Zwerge und die ganzen Riesenkröten?", fragte Daron ängstlich, sich halb hinter dem Kleineren verkriechend. "Bitte?!", keuchte Rayo und musste sein Lachen unterdrücken, da er Daron nicht kränken wollte. Schließlich meinte er es ernst, so seltsam es erscheinen mochte. "Na, es heißt doch in allen möglichen Geschichten, dass in fremden Welten grüne bösartige Zwerge hausen und die diebischen Riesenkröten..." Rayo konnte einfach nicht anders. Er lachte. "W-wo... hast... hast du denn das... das gehört?!", schaffte er es schließlich, Daron zu fragen. Er registrierte, dass er nicht der Einzige war, der sich das Lachen nicht hatte verkneifen können. Der Prinz sah verzweifelt aus. "Prinz...", kicherte Lileya. "Also, diese Märchen sind doch nur erfunden! Simere Grinter hat das Kinderbuch vor ziemlich langer Zeit geschrieben. Er hat den ganzen Kram mit den Kröten und Zwergen bloß erfunden!" "Grinter?" Daron schien vor Scham im Erdboden zu versinken und Rayo, der das nicht mit ansehen konnte, warf seinem alten Freund und der Magierin finstere Blicke zu. Das Gelächter verstummte sofort und Tomoya räusperte sich laut. "Tut uns leid..." Stille trat ein. "Natürlich weiß ich, dass das alles eine erfundene Geschichte war!", fauchte Daron schließlich. "Aber meine erste Vorstellung bei der Erwähnung einer fremden Welt war eben die des Buches." "Schon gut, Daron!" Rayo lächelte ihm verständnisvoll zu. "Ich weiß, was du meinst. Bei uns gibt es auch immer irgendwelche Dinge, die man sofort mit dem Begriff Parallelwelt in Zusammenhang bringt!" "Echt?" Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht des Prinzen. "Ja!" Rayo nickte bekräftigend und lächelte noch breiter. "So etwas wie Elfen und... Magie eben..." "Das mit der Magie hat sich ja sogar bestätigt!", grinste Leya. Tomoya kratzte sich ebenfalls grinsend am Hinterkopf und deutete dann zur Tür. "Gehen wir?" "Okay!", stimmte Rayo zu und folgte den beiden Magiern zur Scheunentür, den aufgewühlten Daron hinter sich herziehend. "Also, da sind wir!" Lileya stand etwas abseits neben Tomoya und zwinkerte ihnen zu. "Wir beiden verabschieden uns hier mal! Ich glaube, ihr braucht jetzt ein bisschen Zeit, euch häuslich einzurichten!" "Ähm..." Rayo sah vom Prinzen zu seinen Freunden. "Aber wohin gehst du denn, Leya?" "Zu Tomo-chan!" Sie grinste den bei dem Kosenamen errötenden Jungen frech an. "In deinem Haus könnte es etwas eng für eine zusätzliche Personen werden!" "Nun, du hast wohl recht." Lächelnd winkte Rayo den beiden zu, als sie sich mit einer letzten Verbeugung vor dem Prinzen zum Gehen wandten. "Und hier wohnst du?", fragte der Prinz nach ihrem Verschwinden ungläubig und musterte das kleine Haus, das Rayo mit seiner Familie bewohnte. "Sehr... hm... winzig!" Der Kleinere neben ihm schnaubte ungehalten. "Für drei Personen ist es ja wohl genug, oder?", fauchte er wütend. "Drei?" Daron wirkte immer ungläubiger. "Meine Eltern und ich!" Jetzt war Rayo verwirrt. "Erwartest du noch wen? Ich sagte doch schon, dass ich keine Schwester habe!" "Das meine ich ja auch nicht!" Daron verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich rede von der Dienerschaft!" "Hä?!" Rayo sah an der alten Fassade des Hauses hoch. "Welche Dienerschaft?" Dann begriff er plötzlich. Für Daron war es ganz natürlich, dass ein normaler Haushalt auch Bedienstete hatte. "Habt ihr keinen Koch?", fragte der Prinz. "Keine Hausmädchen und keinen Gärtner?" "Nein!", war Rayos schlichte Antwort. "Wie arm!" Dafür bekam Daron eine sicher nicht gerade angenehme Kopfnuss verpasst und zuckte überrascht zurück. "Wir haben hier keine Dienerschaft!", sagte Rayo fest. "Das ist in meiner Welt nicht üblich! Es gibt höchstens bezahlte Angestellte, für die Leute, die es sich leisten wollen und keine Zeit oder Lust haben, selbst zu putzen!" "Und wer macht bei euch sauber?" Daron sah zu den Fenstern hoch, an denen, neben weißen Gardinen, kleine Blumentöpfe durch die Scheiben zu sehen waren. "Meine Mutter macht den Haushalt!" Seufzend trat Rayo an die Tür und drückte den Klingelknopf. Der Prinz quietschte erschrocken und zuckte zurück. "Was war das?" Er kam wieder näher. "Die Klingel!", lachte Rayo. "Das ersetzt sozusagen den Türsteher. Wenn es klingelt, wissen meine Eltern, dass wer an der Tür ist und können öffnen gehen!" "Oh..." Der Prinz beugte sich über den kleinen Knopf. "... Krass!" Seine Hand schnellte vor und drückte wiederholt auf den Schalter. Die Schelle ertönte erneut. "Daron, lass das!" Rayo versuchte, den begeisterten Prinzen von der Klingel wegzuziehen, doch Daron war um einiges stärker als er und seine Bemühungen blieben erfolglos. Der durchdringende Klingelton brach jedoch abrupt ab, als die Tür aufgerissen wurde. Erschrocken wandte Rayo seinen Kopf der Person zu, die etwas erzürnt nach draußen schaute. Er errötete sofort, als er merkte, in welch peinlicher Position er sich befand. Er hatte die Arme von hinten um Daron geschlungen, um ihn von der Klingel wegzuziehen und das musste für einem Außenstehenden ziemlich eindeutig aussehen. "Rayo?" Ein kleines Mädchen mit brünetten Locken grinste ihn fies an. "Auch mal wieder da?" >Nein, nicht sie!< "Yoko?" Er ließ Daron los und musterte seine Kusine mit begrenzter Begeisterung. Hinter dem fünfjährigen Mädchen tauchte eine weitere Person auf, eine weit größere. Seine Mutter. Es war wirklich seine Mutter... "Mama!" Kaum hatte er sie erblickt, stürzte er auf sie zu und umarmte sie stürmisch. "Ich hab' dich so vermisst!" Er vergrub den Kopf in ihrer Halsbeuge, um seine aufkommenden Tränen zu verstecken. "Rayo...?" Die Stimme seiner Mutter tat gut, ebenso wie ihre Wärme und die vertrauten Arme, die sich mit ihrer üblichen Sanftheit um ihn legten. Der vertraute Geruch und die ganze Atmosphäre, die sie umgaben, ließen ihn innerlich zur Ruhe kommen, wie es seit jeher gewesen war. Allein ihre Nähe heilte die Wunden in seinem Inneren, die er mit sich herumgetragen hatte. Jetzt war er zu Hause. "Rayo, du bist wirklich wieder da?" Ihre Stimme klang etwas unsicher, doch scheinbar wusste sie schon von seiner Reise, denn es war nur Überraschung und Erleichterung, die er heraushören konnte. Und Sorge. Es tat gut, wenn jemand sich um einen sorgte... Die Liebe einer Mutter war durch nichts zu ersetzen. Ohne sie wäre sein Leben nur zur Hälfte erfüllt. Und er wusste, dass seine Mutter ihn liebte und das machte ihn glücklich. "Tomoya hat mir über den Unfall erzählt.", murmelte seine Mutter an seinem Ohr. "Und er sagte, er würde dich zurückbringen. Ich hatte solche Angst um dich!" "Mama..." Die Tränen ließen sich nicht länger zurückhalten und wie verzweifelt klammerte er sich an seine Mutter, während die warme salzige Flüssigkeit ihren Weg über seine Wangen suchte und schließlich in der häuslichen Kleidung der Person verschwand, die ihn in diese Welt gesetzt hatte, die sein Leben mit ihrer Liebe aufgebaut hatte. Die sich trotz einiger Streitereien immer um ihn gesorgt und gekümmert hatte. Die ihn vor allem beschützt hatte und nie etwas von ihm verlangt hatte, das er ihr nicht hatte geben können. Nach einiger Zeit lehnte er sich etwas zurück und sah in das lächelnde Gesicht seiner Mutter. Eine Hand hob sich an sein tränenfeuchtes Gesicht und strich zärtlich über seine Wange. Rayo schaute in die liebevollen Augen hinauf, als hätte er sie nach etlichen Jahren das erste Mal wieder gesehen. Und doch kannte er jeden Millimeter ihrer Haut, ihrer lockigen schwarzen Haare, ihrer warmen braunen Augen. Er kannte jedes Muttermal, jede Sommersprosse, die sie hatte, obwohl sie dunkelhaarig war. "Du siehst zerzaust aus!" Seine Mutter legte den Kopf leicht schief, das Lächeln noch immer auf den Lippen. "Ich hatte keine Bürste.", sagte er lahm, noch immer benommen vom Weinen. "Na, dann komm mal endlich rein, Raya!" Seine Mutter grinste. "Nenn mich nicht so!", erwiderte Rayo bockig, ließ sich jedoch von seiner Mutter durch das Haar strubbeln. Diese Veränderung seines Namens hatte er seinem ziemlich femininen Aussehen zu verdanken. Als Kleinkind hatten einige Passanten ihn auf Spaziergängen für ein Mädchen gehalten. So war der Name zustande gekommen. Und als er dann vor Thera gestanden hatte, war ihm nichts besseres eingefallen und er hatte rasch >Raya< gesagt. Er drehte sich zu Daron um, der etwas verlegen noch immer im Freien stand und wohl gerade versuchte, seine Kusine Yoko loszuwerden, die ihn ausfragte. "Aber ich dachte, ein Prinz hat eine Krone!" Skepsis triefte aus ihrer Stimme. "Ich glaube dir nicht! Gib's zu, es gibt gar keine Prinzen! Die gibt's nur in Märchen!" "Ich bin ein Prinz!", beharrte Daron und funkelte das Mädchen stolz an. "Du musst mir ja nicht glauben!" "Du bist gemein!!" Yoko bückte sich, schöpfte Dreck aus dem Blumenbeet in ihre Hände und bewarf Daron damit. "Da hast du's!!" Der Prinz schrie auf und stolperte zurück. "Du Monster!", schrie er und begann, es ihr in gleicher Weise heimzuzahlen. "Friss Dreck!" Das Mädchen blinzelte verdutzt, grinste dann hinterhältig und hob die Hände ans Gesicht. Weinend rannte sie zu Rayo. "Rayo!!", heulte sie. "Der Junge ist ganz gemein zu mir!" Rayo verdrehte bei der schlechten schauspielerischen Leistung die Augen, tätschelte aber dennoch den Lockenkopf des Mädchens. "Das zieht bei mir nicht, Yoko!", sagte er und warf Daron einen beruhigenden Blick zu, denn der schien ziemlich beschämt, ein Kind zum Weinen gebracht zu haben. "Wer ist denn das, Rayo?", fragte seine Mutter hinter ihm. Daron schien das als Gelegenheit zu sehen, sich vorzustellen und trat vor. "Prinz Daron Troya!" Er verbeugte sich. "Er ist mit mir aus der anderen Welt gekommen!", fügte Rayo zögerlich hinzu. "Er passt auf mich auf und hat mich schon mehr als einmal gerettet. Kann er... kann er erst einmal hierbleiben?" "Hier?" Seine Mutter hatte es wohl einfach akzeptiert, dass Daron aus der anderen Welt kam. "Ja, er weiß ja sonst nicht, wohin er soll. Er wollte unbedingt mitkommen!" "Nun, von mir aus!" Sie lächelte wieder. "Aber er muss in deinem Zimmer schlafen, woanders ist kein Platz." "Klar!" Rayo tauschte mit Daron einen freudestrahlenden Blick aus. "Kaori?" Eine weitere Person erschien in der Tür, die eben Rayos Mutter gerufen hatte. "Wer ist denn da? Und wo ist Yoko?" "Ich bin hier, Ma!" Das Mädchen ließ Rayos Hand los, die sie bei ihrer Heultirade ergriffen hatte und rannte zur Tür, an der jetzt Rayos Tante erschien. "Wir haben Besuch!", erklärte Kaori Tamono und deutete auf Rayo und Daron. "Oh, dir geht es also gut..." Wirklich überschwenglich begeistert klang das nicht. Rayo wusste schon, warum er seine Tante nicht leiden konnte. "Ja, mir geht es gut..." "Also, Kaori, wir gehen dann.", sagte seine Tante mit arroganter Stimme an seine Mutter gewandt. "Mein Mann erwartet mich am Bahnhof!" "Ja, viel Spaß in Kyoto!", lächelte Frau Tamono höflich. "Komm, Yoko!" Die beiden verschwanden um die Ecke und kurz darauf fuhr ein großes schwarzes Auto vorbei. "Dumme Kuh!", grollte Rayo und niemand, nicht einmal seine Mutter, widersprach ihm. "Nun, denn... Kommt rein, ihr beiden!" Kaori deutete ins Innere des Hauses. Darons Blick verfinsterte sich, ob der Anrede, die ihn vom Prinzen zum einfachen Menschen degradierte. "Na, los, Daron!" Rayo ergriff seine Hand und zog ihn hinter sich her. "Warum guckst du jetzt wieder so wütend?" "Alle tun hier so, als wäre ich... na, ja... ein Nichts." "Das kommt dir nur so vor, weil du es gewöhnt bist, verehrt zu werden!", sagte Rayo mit Schalk in den Augen und entledigte sich seiner Schuhe. "Dabei solltest du es mal genießen lernen, ein ganz normaler Mensch zu sein!" "Genießen?!" Damit schien Daron sehr unzufrieden. "Ja, da darf man sich viel mehr erlauben, als wenn aller Augen auf einen gerichtet sind!" Diesmal war er ernst und ließ den Prinzen einen Moment darüber nachdenken. "Was meinst du mit >mehr erlaubenSchon wieder diese sturmgrauen Augen... Hat ihm eigentlich jemals jemand gesagt, wie schön die sind?< "So, Kinder!" Als er seine Mutter im Flur trällern hörte, riss er sich schnell von dem anderen Jungen los und setzte sich richtig an seinen Platz, als sei nichts gewesen. "Ich habe das Besteck!" Die Frau hielt Daron die silberne Gabel und das dazugehörige Messer unter die Nase. Er griff erfreut danach, warf Rayo danach jedoch einen fragenden Blick zu. "Was sollte das eben?" "Was denn?" Rayo beugte sich über seinen Teller und aß. Er wusste natürlich, was gemeint war, aber es war ihm einfach zu peinlich seiner Mutter zu zeigen, dass er Daron in mehr als freundschaftlicher Weise mochte. Erst seitdem er vor ihr saß, fiel ihm so richtig auf, wie nah er und Daron sich eigentlich schon die ganze Zeit über gewesen waren. Er hatte es nicht bemerkt, weil einfach niemand dabei gewesen war, den er gut kannte. Niemand, vor dem er sich hatte zurückhalten müssen. Und nun saß er seiner Mutter gegenüber. Was würde sie dazu sagen, wenn sie erführe, dass er sich in einen Jungen verliebt hatte? Nein, er mochte sich das nicht vorstellen... "Wieso bist du vor mir zurückgeschreckt, als..." Rayo trat Daron auf den Fuß und brachte ihn somit zum Verstummen. "Guten Appetit, Daron!!", knurrte er. Seine Mutter schaute perplex, schien sich aber nicht weiter an dem seltsamen Verhalten ihres Sohnes und vor allem dem des Gastes zu stören. Andere Welten, andere Sitten... Sie seufzte innerlich. Es wurde wieder still um sie herum, als alle das Essen vertilgten. Besonders Daron legte einen gesunden Appetit an den Tag. Kurz darauf schon waren die Teller leer und die Mägen voll. "Hat's geschmeckt?", fragte Kaori Tamono, als sie abzuräumen begann. "Sehr!", sagten Rayo und Daron wie aus einem Munde und schauten sich dann kichernd an. "Wir gehen mal auf mein Zimmer!", verabschiedete Rayo sich und war froh, als seine Mutter ihn ohne Hausarbeit ziehen ließ. Sonst hatte er immer geholfen, doch es war wohl auch für sie verständlich, dass er heute etwas Ruhe haben wollte. Er zog Daron hinter sich her, in Richtung seines Zimmers und schloss die Tür, nachdem sie den Raum betreten hatten. "So, da wären wir!" Rayo machte eine Geste zu seinen Habseligkeiten und ließ sich dann erschöpft rücklings auf das Bett fallen. >Zu Hause!< Der Prinz stand immer noch am Eingang und sah sich um. "Und das ist wirklich dein einziges Zimmer?", wagte er vorsichtig zu fragen und versuchte, nicht allzu ungläubig zu klingen, da er inzwischen aus Erfahrung gelernt hatte, dass nicht alle es so groß hatten, wie er daheim. "Ja.", bekam er simpel zur Antwort. "Das genügt mir." Sich umsehend machte Daron eins zwei Schritte, blieb dann wieder zögerlich stehen, als traute er sich nicht, irgend etwas anzufassen. "Was ist?", fragte Rayo gähnend und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, während er seinen Gast musterte. "Na, ja...", räusperte Daron sich. "In deinem Haus scheint es ja allerlei gefährliche Dinge zu geben... und..." Rayo lachte leise und rollte sich auf die Seite, ohne den Prinzen aus den Augen zu lassen. "Hier gibt es nichts Gefährliches!" Er gähnte ein weiteres Mal und lächelte Daron matt an. "Sieh dich ruhig um, ich ruh' mich eine Weile aus." Damit drehte er sich auf die andere Seite und schloss die Augen. Schlafen wollte er nicht. Nur etwas dösen und die vertraute Umgebung genießen. Einfach hier liegen und nichts tun... Ein surrendes Geräusch war das nächste, was er wahrnahm. Er grummelte und verscheuchte die lästige Fliege, die ihm um die Ohren schwirrte. >Was für eine grässliche Art, geweckt zu werden...< Er blinzelte müde und starrte für einen Moment die Wand an, innerlich mit sich ringend, ob er einfach weiterschlafen sollte, oder nicht, bis die Erinnerung an die Zeit vor seinem Schläfchen ihn aufschrecken ließ. Er hatte gar nicht schlafen wollen! Und was, wenn Daron inzwischen sein Zimmer verwüstet hatte...?! Dann aber entspannte er sich wieder. Was sollte Daron schon gemacht haben? Es war einfach viel zu angenehm unter der Decke, als dass er jetzt aufstehen können würde. So warm. Er griff nach dem Stoff, um ihn weiter über sich zu ziehen, doch irgend etwas stimmte damit nicht - er fühlte sich verdächtig lebendig an. Und wenn er sich recht erinnerte, hatte er sich vor seinem Einschlafen gar nicht zugedeckt... >Daron! So ein anhänglicher Prinz, ich glaub's nicht!< Der andere Junge musste sich irgendwann hinter ihm aufs Bett gelegt haben und sich - er vermutete im Schlaf - an ihn gekuschelt haben. Ein Arm hatte sich um Rayos Hüfte gelegt und die Hand ruhte an seinem Bauch. Errötend stellte der nun Hellwache fest, dass diese Hand unter und keinesfalls über seinem Hemd lag. Nicht, dass er etwas dagegen hatte... aber allein die Vorstellung ließ das Blut in seinen Adern schneller rauschen. Der Rotton vertiefte sich noch, als Daron sich plötzlich zu bewegen begann und die Hand sich noch weiter nach oben verschob. Einer berauschenden Tortur gleich streiften die Finger zart seinen Bauch entlang, nur um dann wieder zur Ruhe zu kommen und die berührte Haut fast brennend zurückzulassen. Langsam wurde ihm das echt zuviel, doch er wagte es nicht, auch nur mit der Wimper zu zucken. Als der Prinz einmal tief seufzte, wusste Rayo, dass sein Mund direkt an seinem Nacken liegen musste, so dass die Luft, die er ausatmete, über seine nun seltsam empfindliche Haut strich. Er musste wie zur Salzsäule erstarrt sein, spürte die Spannung geradezu seinen ganzen Körper verkrampfen. Er musste sich ernsthaft bemühen, seinen Atem ruhig zu halten. "Daron?" Er hielt das nicht mehr aus, er musste hier weg. Er musste Daron wecken, sonst würde er etwas tun, das er hinterher bitter bereuen würde. "Los, steh' schon auf!" Seine Worte schienen jedoch nicht die Wirkung zu erzielen, die er sich erhoffte. Statt aufzuwachen und ihn loszulassen, murmelte der Prinz bloß etwas unverständliches und drückte sich, kurz von der Kälte erzitternd, näher an ihn heran. Mehr Wärme, mehr Körperkontakt... das war genau das Gegenteil von dem, was er im Augenblick vertrug. "Daron, verdammt!!" Er kämpfte sich in dem Griff des Größeren auf die andere Seite, um ihm ansehen zu können, doch auch das schien ihm verwehrt zu werden, denn der Prinz zog ihn sofort in eine noch engere Umarmung und vergrub sein Gesicht in Rayos Halsbeuge. Grummelnd beugte Rayo sich schließlich zu Darons Ohr hinunter. "Daron, wenn du mich nicht sofort loslässt...", wisperte er gefährlich leise. "...dann schicke ich dich wieder nach Hause!" "Tust du nicht...", hörte er eine gedämpfte Erwiderung und fuhr erschrocken zusammen. Also war er letztendlich doch aufgewacht. Nur... warum ließ er ihn dann nicht endlich los?! "Natürlich schicke ich dich dann zurück...", erklärte Rayo, weiterhin im Flüsterton sprechend. "Du musst es ja nicht glauben! Lass es doch auf einen Versuch ankommen!" "Okay..." Darons nächste Tat ließ Rayo vor Schreck aufkeuchen. Etwas warmes, feuchtes setzte an seinem Hals auf, das er sofort als Darons Lippen identifizierte, die spielerisch seine Haut neckten. "Also... also...", keuchte er, halb erschrocken und halb verzückt von dem warmen Gefühl, das sich durch seinen ganzen Körper zog, ausgehend von Darons Mund, der sich seinen Weg über Rayos Kinn, seinen Kiefer entlang bahnte, bis er die zarten Lippen und den weichen Atem an seinem Ohr spüren konnte. "Verloren...", murmelte Daron triumphierend und drehte den schmächtigeren Jungen unter sich auf den Rücken, so dass er zur Hälfte auf ihm lag. "Warum?" Rayo wusste nicht, wieso er überhaupt weiter darauf einging... vielleicht half es ihm ja, sich von seiner jetzigen Position abzulenken und etwas Ruhe in seine zittrigen Glieder zu bekommen. Er versuchte vergeblich, sich zu entspannen und einfach nur das angenehme warme Gewicht auf sich zu genießen, aber bei Daron konnte er nie vorhersagen, wie er in der nächsten Sekunde reagieren würde. "Du bist schon wieder schwach geworden...", lachte der Prinz leise. Der unter ihm Liegende konnte genau die bei dem kurzen Kichern entstandene Vibration auf sich übergehen und in seinen eigenen Körper eindringen fühlen. Es war schön. "Ich und schwach?", wehrte er sich, ohne wirkliche Willenskraft in seine Stimme bringen zu können. "Ja, ganz genau..." "Ne, ne..." Rayo grinste schelmisch, als er zu seinem Gegenschlag ausholte. "Du bist es doch, der die Finger nicht von mir lassen kann!" "Wer sagt denn, dass ich das überhaupt will?" Wie zur Verdeutlichung seiner Worte ließ der Prinz eine Hand an Rayos Seite hinauf wandern, bis sie auf seinem Schulterblatt zu Liegen kam. "Ähm... Na, ja..." Er schwieg und starrte den Prinzen nur fassungslos an. "Sprachlos?", fragte Daron mit einem verschmitzten Grinsen. "So... so ziemlich...", stotterte Rayo und wandte verlegen den Blick von Darons Gesicht ab. Seine Augen weiteten sich jedoch bei dem Anblick der sich ihm bot und die Fassungslosigkeit in seinen Zügen vertiefte sich um ein paar Stufen. "M-mein... Zimmer..." Puzzleteil für Puzzleteil fügte sich ins Bild und ihm wurde klar, wer das angerichtet hatte. Sein Zimmer war eine absolute Verwüstung. Während er geschlafen hatte, musste Daron sich wohl seinen Besitz genaustens angesehen haben. Rayo sprang auf und Daron purzelte zu Boden, wo er mit einem dumpfen Geräusch auf seinem Allerwertesten landete. "Was hast du mit meinem Zimmer gemacht?!", schrie er verärgert. "Meine ganze CD-Sammlung ist auf dem Boden zerstreut! Nein... meine Spiele!! Die Schulsachen... öh... na, ja, die sind nicht so wichtig... aber... nein, was hast du nur gemacht! Nichts liegt mehr an seinem angestammten Platz!!" "Rayo, du sagtest doch, ich darf mich umsehen...", verteidigte der Prinz sich lahm und mit einem gleichzeitig viel zu schuldbewussten Gesicht. "Aber das hieß doch nicht, dass du mein Zimmer umräumen darfst!!" "Ich war halt neugierig..." Daron schaute zur Seite und hob dann etwas vom Boden auf. "Übrigens, was ist das hier?" "Wie?" Rayo blinzelte verwirrt und betrachtete den merkwürdigen Gegenstand, den der Prinz ihm entgegenhielt. Einige Drähte hingen an den Seiten heraus und überhaupt schien das Ding aus einem Gewusel an Draht und Plastik zu bestehen. "Es hat so komisch getickt und da habe ich es aufgemacht, um zu gucken, wer da drin ist, aber irgendwie... äh... Rayo?" Daron schaute ängstlich. Und das war auch gar kein Wunder, denn Rayo hatte endlich erkannt, was dieser Gegenstand einst gewesen war und war - gelinde gesagt - wütend. "Du hast meine Uhr auseinandergenommen?!", fragte er ungläubig. "Sag, mal, wie kommst du denn auf so eine Idee? Und warum ist die Hülle kaputt? Die kann ich wegwerfen!" "Wegwerfen?" Das schien den Prinz noch schuldbewusster zu machen. "Na, ja, es tickt nicht mehr, aber... als ich es mit meinem Schwert aufgeschnitten habe..." "Aufgeschnitten?!" Rayo starrte seine ehemalige Uhr perplex an. "Ich glaub's nicht! Du hast sie tatsächlich aufgeschnitten!" "Na, ja..." Der Prinz zögerte. "...ja." "Bist du verrückt geworden?!" "Ähm... nein?" Daron wand sich in Unbehagen, sah dann jedoch auf seine Hände hinab, die das zerfledderte Teil noch immer festhielten. "Ich meine, es tut mir leid..." Rayo riss erstaunt die Augen auf. Daron hatte sich entschuldigt? Freiwillig? Wow... "Nun..." Er lächelte leicht. "Okay..." "Aber, Rayo...", sprach Daron weinerlich weiter. "Was ist denn das nun... gewesen?" To Be Continued So, das war's wieder einmal. Wie kam der Teil an? Das Kapitel ist diesmal ein klein wenig kürzer als die letzten. Sorry... ^^ Aber es ist ja mal wieder einiges passiert. Daron weiß zum Beispiel jetzt über Rayo Bescheid. Ich fand, das ging etwas schnell in der Szene und ich weiß nicht, wie lange ich daran herumgebastelt habe... aber einige von euch wissen sicherlich, wie schwierig es ist, Dinge rauskommen zu lassen, die am Anfang ja noch für eine Person geheim waren. Sehr schwierig. Sehr, sehr schwierig. Die Szene, in der Rayo seine Mutter wieder trifft, habe ich in Gedenken an meine eigene Mutter geschrieben, die Ende letzten Jahres verstorben ist. Ich möchte jetzt aber keine Beileidsbekundungen dafür, ich wollte es nur erwähnt haben, weil der Teil der Story mir eben viel bedeutet. Ich hoffe, seine Mutter kam klar rüber, äh, sie wird wahrscheinlich keine so große Rolle in der Geschichte spielen, ich weiß noch nicht. Schwester Thera kommt übrigens bald auch wieder vor, was einige sich ja gewünscht haben. Ich denke, noch nicht im nächsten Kapitel, aber danach wohl. Kommt immer darauf an, wie lange sich das hinzieht. Oh, der Part wird lustig *lol* Fragt mich jetzt nicht, wie lange Rayo und Daron in der normalen Rayoschen Welt bleiben werden, das weiß ich selbst noch nicht so genau. Mir fiele da noch so einiges ein, aber das steht noch nicht fest. Was ist euch also lieber? Im nächsten Teil bleiben sie auf jeden Fall noch da, aus Gründen, die mit dem Plot zu tun haben, was danach ist, überlasse ich euch. Möchtet ihr, dass sie wieder zurück in Darons Welt gehen, oder wollt ihr, dass sie noch eine Weile bleiben? A) Gehen B) Bleiben C) Anderer Vorschlag Also, es liegt an euch. Ich habe mich noch nicht festgelegt und werde mich soweit ich kann an den Wünschen orientieren. Was also kommt, lasse ich euch dann im Nach- oder Vorwort zum nächsten Kapitel wissen. Was noch? Ach, ja. Mein Dank geht an meine Kommentare-Schreiber: gitanija, Jenny-chan, Mistery, Pep, Black-cat, Kasan, julili, Cibi, Marn, Kazuhi-chan, Peruka, Angel_of_Godess(Reihenfolge der Kommentare.) Ich liebe euch!! *knuddelt alle durch* Ihr seid wirklich motivierend und ich verspreche euch, dass ich die Story auf keinen Fall aufgeben werde. Nicht, wenn es sich verhindern lässt. Und um es noch einmal zu klären: Das ,Abgeschlossen' bedeutet bei mit nichts anderes, als dass ich nicht sagen kann, wie lang die Geschichte noch wird. Denkt euch da einfach ein ,nicht abgeschlossen' rein. Ich finde es wirklich ärgerlich, dass man da Prozent angeben muss. Ich weiß es nämlich wirklich nicht. -.- *sigh* Gut, ich rede wieder viel zu viel. Danke fürs lesen und bis zum neunten Part. Aber ich glaube, dazwischen kommt noch mein zweites Special, seht euch also um. Ciao Tara Ach, ja... *räusper und darauf wart, dass alle hinhören* Rayos Reise muss weitergehen!!! Kapitel 10: Special 2 --------------------- Rayos Reise Special 2 - Indianer... äh... Prinzen weinen nicht Hey, hier ist mein zweites Special zu Rayos Reise! Ich habe es für meine beste Freundin Amy geschrieben, aber die Idee ist auf meinem eigenen Mist gewachsen! Das Special findet - wie im Titel angedeutet - während des achten Parts statt. Kein konkreter Punkt in der Geschichte! Okay, viel Spaß beim Lesen, ein großes Dankeschön an alle, die dies hier gefunden haben und an die, die es kommentieren und ein großes Dankeschön an die, die mir so schöne Vorschläge gemacht haben! Danke!! *umarmt alle, die nicht rechtzeitig fliehen können* Rayo saß in seinem Zimmer und kramte durch seine Schulsachen. Es war Zeit, dass er zurück in die Schule kam und den Stoff der letzten Tage nachholte. Sein Fehlen war sicherlich einfach zu erklären: Grippe. Im Moment kursierte nämlich eine Grippewelle und da würde er keinerlei Schwierigkeiten bekommen. Seufzend packte er den Lernstoff beiseite und sah zur Tür. Daron wollte bloß eben zur Toilette gehen, hatte er gesagt und jetzt waren inzwischen schon an die zehn Minuten vergangen. Rayo runzelte leicht besorgt die Stirn. "Ich hätte mitgehen sollen...", murmelte er für sich und errötete daraufhin heftig. "Ach, Quatsch..." Aber es konnte alles mögliche passiert sein, bei Darons Temperament würde ihn gar nichts verwundern. Vielleicht hatte er an elektrischen Geräten herumgespielt, oder... schlimmer noch, an einer Steckdose...! Rayo sprang auf und öffnete schnell die Tür. Der Flur war leer und ruhig. Als er in den Gang hinaustrat hörte er seine Mutter im Wohnzimmer eines ihrer neuen Lieblingslieder mitsingen, das wohl gerade im Radio lief. Er betrat den großen Raum und sah sich kurz um. Seine Mutter wischte Staub, schenkte ihm ansonsten nur ein Lächeln, als Zeichen, dass sie ihn gesehen hatte. "Hi, Mama.", grüßte er leise. "Hast du Daron gesehen?" "Nein, Schatz!", säuselte sie und sang weiter mit. "You took my heart, took my soul an' now I'm delirious..." "Okay..." Rayo verließ das Wohnzimmer schnell wieder und seufzte. Er war es ja gewohnt, dass seine Mutter manchmal sang, aber englische Lieder? >Nein, das sollte sie definitiv lassen!< Aber wo war nur Daron? Rayo schüttelte den Gedanken an das englische Lied aus seinem Kopf und lief in die Küche. Und tatsächlich stand der Gesuchte dort mit dem Rücken zu ihm und starrte auf etwas, das er von seinem Standpunkt an der Tür nicht sehen konnte. Darons Haltung schien so verkrampft, seine Fäuste leicht geballt. Erschrocken trat Rayo einen Schritt näher an ihn heran, blieb dann aber wieder unschlüssig stehen. "Daron...?", flüsterte er mit rauher Stimme und beobachtete, wie der Prinz sich langsam zu ihm umdrehte. Die grauen Augen waren leicht gerötet und Daron blinzelte rapid. Alles in Rayo verkrampfte sich und er fühlte sich wie fest gefroren, auch, wenn er dem Größeren am Liebsten um den Hals gefallen wäre und ihn getröstet hätte. Ihm entgingen die kleinen Tränen keineswegs, die sich in Darons Augenwinkeln gebildet hatten und mit größter Sorge registrierte er den verwirrten Gesichtsausdruck auf dem schönen Gesicht vor ihm. "Was...", murmelte der Prinz und wischte sich über die Augen. "Was ist nur... mit mir? Warum...?" Rayo hielt es nicht mehr länger aus, seinen Prinzen so zu sehen und stürmte auf ihn zu. Das etwas passiert sein musste, war offensichtlich. Es tat ihm weh, dass Daron so traurig war und er würde alles tun, damit er wieder glücklich wurde. Rayo schlang seine Arme um Darons Hüfte und zog ihn eng an sich heran. "Was ist denn los?", fragte er leise in den Stoff des Pullovers, den der Prinz trug. "Ich... ich weiß nicht..." Darons Stimme klang mehr als verwirrt. "Du kannst es mir sagen..." Rayo sah hinauf und in die geliebten grauen Augen, in denen noch immer Tränen brannten. "Ich...", begann Daron, doch Rayo unterbrach ihn, indem er einen Zeigefinger an Darons Lippen hob und ihn somit zum Schweigen brachte. "Du kannst, musst aber nicht..." Die Hand wanderte weiter hinauf an die Augen des Größeren und wischte dort die salzige Flüssigkeit fort. Daron starrte ihn irritiert an. "Shh..." Rayo lächelte mild. "Du weißt doch, Indianer weinen nicht!" "Ich bin kein Indianer!" Daron lehnte sich gegen ihn und seufzte leicht. Seine Hände kamen leicht auf Rayos Rücken zu liegen und sie beide standen eine Weile nur da und genossen den ruhigen Augenblick. "Das sagt man nur so...", schloss Rayo schließlich an das vorherige Gespräch an und löste sich ein wenig von Daron, um ihn ansehen zu können. "Magst du mir denn sagen, warum du geweint hast?" Daron wirkte wieder verwirrt und drehte sich weg. "Daron... schon gut... ich..." "Haben die Dinger da Zauberkräfte?", fragte der Prinz plötzlich und Rayo trat neben ihn, um sehen zu können, was er sah. Und plötzlich machte alles Sinn. Die Verwirrung, die Tränen, die verkrampfte Haltung... "Das sind Zwiebeln...", keuchte er, erschrocken durch die Erkenntnis und gleichzeitig auch irgendwie erleichtert. "Ist das schlecht?", fragte Daron ängstlich. "Sind die giftig? Muss ich sterben?" Rayo konnte nicht anders. Er lachte. Er lachte, bis ihm Tränen in die Augen schossen und er nach Luft schnappen musste, um nicht umzufallen. Lachend hielt er sich den Bauch, in dem sein Zwerchfell wohl gerade Purzelbäume schlug. "Rayo? Was ist los?" Der Blick des Prinzen wanderte von dem Tablett mit den halbwegs kleingeschnittenen Zwiebeln zu Rayo und zurück. "Der Zwiebelsaft brennt in den Augen und sie tränen...", erklärte Rayo lachend. "Und ich dachte ernsthaft..." "Du dachtest, ich würde heulen, wie ein Mädchen?", fauchte der Prinz plötzlich aufgebracht und schickte Rayo einen finsteren Blick. "Prinzen weinen nicht!!" "Du glaubst also, es ist mädchenhaft, zu weinen?", fragte Rayo und wurde wieder ernst. "Bin ich etwa mädchenhaft... warte, das musst du nicht beantworten!" "Ich kann aber!", grinste Daron schalkhaft und trat wieder näher an Rayo heran. "Du BIST mädchenhaft!" "Gar nicht wahr!", wehrte Rayo sich automatisch. "Muss ich es dir zum hundertsten Mal beweisen?", seufzte Daron theatralisch und näherte sich dem Kleineren noch mehr, bis der seinen warmen Atem über die empfindliche Gesichtshaut streichen fühlen konnte. Augenblicklich hatte Rayo die ganzen Umstände dieses Geschehens vergessen, sie waren wie weggefegt und der Gedanke, sich aus Prinzip zu wehren kam erst gar nicht auf. Er sah aus dem Augenwinkel, dass Daron eine Hand hob und spürte sogleich, wie sie sanft über seine Wange strich. Mit einem Geräusch, das wohl einem Schnurren gleichkommen musste, schloss er die Augen und schmiegte sein Gesicht in die vertraute Wärme. Sogleich hob er seine Lider jedoch wieder leicht, um in die wunderschönen grauen Augen seines Prinzen sehen zu können, die er so liebgewonnen hatte. Er fand sie fasziniert auf sich gerichtet vor und legte fragend den Kopf leicht schief, um nicht sprechen zu müssen. Er traute seiner Stimme nicht. Daron sagte allerdings nichts. Keine Antwort war in seine Augen geschrieben, nur diese undurchschaubare Faszination. Eine zweite Hand legte sich unerwartet an seine andere Wange und er blinzelte etwas erschrocken, als sich beide Hände zugleich weiter nach hinten bewegten und durch sein Haar strichen. "Du bist so...", wisperte plötzlich Daron in die Stille, die sich über den Raum gelegt hatte. Seine Stimme klang rauh und heiser, als hätte es ihm die Sprache verschlagen. "Du bist schön." Leichter Druck von Darons Händen gegen seinen Hinterkopf und ein Vorlehnen des Prinzen brachten ihre Gesichter einander noch näher. Bei Darons Worten fühlte Rayo berauschende Wärme seinen Körper fluten. Er fand ihn schön? Meinte er das ernst? Er lächelte schüchtern und endlich war er wieder in der Lage, sich zu rühren. Er legte seine Arme um Darons Hals und lehnte sich ganz gegen ihn. Ihre Gesichter waren noch Millimeter voneinander entfernt, er konnte fast die warmen Lippen auf seinen eigenen fühlen. "Weißt du...", flüsterte er, als er einen sanften Kuss auf Darons Lippen hauchte. "...ich finde deine Augen schön..." "Nur meine Augen?", neckte Daron lächelnd und küsste Rayo vorsichtig, so dass ihre Lippen sich minimal berührten, als strichen Schmetterlingsflügel übereinander. "Deine Haare sind zu struppig...", ärgerte Rayo den Prinzen mit einem spöttischen Funkeln in den Augen und reichte mit einer Hand hinauf, um sie noch mehr zu durchwühlen. Die Bewegung endete jedoch damit, dass sie sanft über seinen Kiefer fuhr, als sie einen weiteren, etwas innigeren Kuss teilten. "Die gehören so...", sagte Daron lahm und verhinderte jeden möglicherweise folgenden Wortwechsel, indem er den Kuss weiter vertiefte, nun auch mit seiner Zunge die warme Mundhöhle seines Opfers erforschte. Ebenso wie Rayo es tat, mit mindestens genauso viel Enthusiasmus und Verlangen nach mehr Wärme und Nähe. "Rayo, kannst du dich mal von deinem Zimmer losreißen, in die Küche kommen und Kartoffeln schälen?", erscholl plötzlich die unerbittliche Stimme seiner Mutter und ruckartig holte die Realität den Jungen ein. Er stand hier mit Daron in der Küche und küsste ihn... in der KÜCHE... jeder konnte hier hereinplatzen, ja, seine Mutter hätte plötzlich hinter ihnen stehen können... Schnell löste er sich von dem erstaunten Prinzen und lief in den Flur, wo ihm seine Mutter auch schon entgegenkam. "Ach, du warst schon in der Küche? Ich hatte ganz vergessen, dass ich noch kochen muss!", lächelte sie und legte den Staubwedel beiseite. "Hach, da lief diese schöne Lied und da hat es mit einfach überkommen. Da war eindeutig Staub auf den Kommoden!" Rayo interessierte sich momentan gar nicht dafür, was seine Mutter dazu bewegt hatte, der Küche fern zu bleiben. Hauptsache, sie war ihr ferngeblieben! Er seufzte vor lauter Erleichterung laut auf. "Was denn?", fragte seine Mutter lachend. "Jetzt geht's an die Küchenarbeit!" "Ja, ja...", murrte Rayo und folgte der Frau aus dem leicht dunklen Flur in die erhellte Küche. "So, denk daran, dass du mehr Kartoffeln... was ist denn mit deinem Mund los?" Die sofort besorgte Mutter sah glücklicherweise nicht den geschockten Blick und hörte auch nicht das erschrockene Luftschnappen ihres Sohnes. Ihre Augen waren fixiert auf die leicht geschwollenen Lippen. Daron hinter ihm kicherte und Rayo hätte ihn dafür verfluchen können. "Du solltest Lippenbalsam drauf tun...", murmelte Kaori Tamono mit gerunzelter Stirn. "Die Luft in Darons Welt muss dir schlecht bekommen sein! Fühlst du dich vielleicht nicht gut?" "Doch, doch!!", versicherte Rayo rasch und konnte Daron erneut kichern hören. >Blöder Kerl! Wer ist denn schuld daran... Oh, Gott, ich habe wirklich Daron geküsst... schon wieder... er hat gesagt, er fände mich schön... ob er das ernst meint...?< "Bist du wirklich in Ordnung?", fragte seine Mutter plötzlich und strich mütterlich über sein Gesicht. "Deine Wangen sind ganz warm... hm... Fieber hast du nicht..." "Natürlich nicht!", erwiderte Rayo hitzig. "Mir geht es gut!" "Wenn du es sagst!" Seine Mutter zuckte die Schultern und machte sich daran, ihre Arbeit bei den Zwiebeln zu beenden. Rayo holte rasch die Kartoffeln aus dem Schrank hervor und begann, sie von den Schalen zu befreien. Daron stand direkt neben ihm, vielleicht etwas zu nah für einen klaren Gedanken, denn Rayo begann leise das Lied vor sich hin zu summen, das seine Mutter vorhin gehört hatte. Daron schaute ihn verwirrt von der Seite an. Er musste wohl denken, Rayo hatte den Verstand verloren, da er kein Wort Englisch verstand. "You took my heart, took my soul an' now I'm delirious..." Rayos Reise Special 2 Ende Ha, das war's! Wie fandet ihr's? Das Lied gibt es nicht, bevor irgend jemand fragt... ^^ ich dachte mir, da dies keine Songfic ist, denke ich mir einfach selbst ne kleine Zeile aus! Hab' noch nie eine Songfic geschrieben... oder doch, da war mal was über Yu-Gi-Oh!... ^^ mit Seto Kaiba. Kennt irgendwer das Lied >Gib sie her< von PUR? Aber egal. Was gibt's noch zu sagen? Ah, ja! Die Idee zu dem Special kam mir, als ich gekocht habe und gerade so sechs, sieben Zwiebeln geschnitten habe. Unnötig anzumerken, dass meine Augen getränt haben und meine Nase lief... ^^ ich hasse es! Wäre schön, eure Meinungen zu dem Geschreibsel zu hören. Ich weiß, es war nicht viel und den Kuss konnte ich mir auch wieder nicht verkneifen (*blushs and hides somewhere*), aber dies ist nur ein Special. Denkt euch einfach nichts dabei! In einem Special ist alles erlaubt! Ich könnte die beiden auch in einen Urlaub fahren lassen (aber da würde Daron wahrscheinlich im Pool ertrinken), oder ich könnte sie... hm... zusammen duschen lassen... nein... *hides again* Vielleicht auch nicht...! Nun, trotzdem... Über Ideen ließe sich immer gerne nachdenken! Ein großes Dankeschön geht mal wieder an meine Kommi-Schreiber des letzten Parts! Dake, danke, danke! Ihr macht mich so glücklich!! Da wären: Kasan, Peruka, claudikai, Mistery, Marn und Tasuki81! Darf ich euch knuddeln? ^^... ^^'' Also, bis hoffentlich zum neunten Part! Ciao Tara Rayos Reise muss weitergehen!! Kapitel 11: Die Ruhe vor dem Sturm Part 1 ----------------------------------------- Rayos Reise Part 9 Konnichi wa, alle zusammen! Und hier ist er, der neunte Teil meiner FF! Ich weiß, ich habe mal wieder lange auf mich warten lassen, aber... ähem... jetzt wird es wohl sicher schneller gehen. Wenn ihr den nächsten Termin für das Update erfahren wollt, schaut einfach in mein Profil, da steht es! (ich glaube, das habe ich jetzt schon oft gesagt, oder? >.<) Eine weitere kleine Meldung vorweg: Ich habe für dieses Kapitel zwei Ideen verwendet, die eigentlich in Specials sollten. Vielleicht erratet ihr ja vorher schon, worum es geht? Hm, was erwartet euch in diesem Kapitel noch so? Ihr erfahrt viel über Daron ^^ Wird doch auch mal Zeit, ne? Sehr viel Romantik(wenn man das noch Romantik nennen darf ^^''), Eifersucht... ich hoffe, diese FF mutiert nicht zu einer Soap... -.- ich wollte die Seife eigentlich rauslassen. Na, ja... das ganze Geknuddle stört euch ja hoffentlich nicht... *pfeif pfeif* Eines noch: Dieses Kapitel ist so gut wie plotlos. Es heißt ja nicht umsonst ,Die Ruhe vor dem Sturm'... *sweatdrop* Die Situation der beiden lässt momentan so viele Möglichkeiten und Ideen zu, dass ich einfach nicht anders kann, als sie umzusetzen! ^^ Mehr habe ich eigentlich gar nicht mehr zu sagen, außer... Viel Spaß beim Lesen! Reminder: --- "Bist du verrückt geworden?!" "Ähm... nein?" Daron wand sich in Unbehagen, sah dann jedoch auf seine Hände hinab, die das zerfledderte Teil [den Wecker ^^] noch immer festhielten. "Ich meine, es tut mir leid..." Rayo riss erstaunt die Augen auf. Daron hatte sich entschuldigt? Freiwillig? Wow... "Nun..." Er lächelte leicht. "Okay..." "Aber, Rayo...", sprach Daron weinerlich weiter. "Was ist denn das nun... gewesen?" --- Während Daron staunend vor dem Wecker seiner Eltern saß - sein eigener war ja kaputt... zerstört! - und das stetige Fortschreiten des Zeigers beobachtete, sammelte Rayo den verstreuten Inhalt seines Zimmers wieder ein und legte CDs, Bücher und anderen Kram zurück an seinen Platz. Hin und wieder warf er dem Prinzen einen kleinen Seitenblick zu, sich wundernd, wie Daron ihre Beziehung zueinander wohl verstand. Bei ihm konnte ein Kuss alles mögliche bedeuten. War es ihm ernst oder spielte er nur ein Spiel mit ihm? Wenn er nur wusste... aber selbst, wenn... er war einfach nicht die Person, die den ersten Schritt tat. Dennoch... zu erfahren, wie der sture Prinz zu ihm stand... das war ihm sehr wichtig. Für ihn selbst... das alles war kein Spiel für ihn, so wenig wie es das für jemanden anders wäre. Aber Daron war nicht bloß ,jemand anders'. Es war zum verrückt werden. Für Daron schien die ganze Welt, sein ganzes Leben, ein einziger Spielplatz zu sein. Oder? Welche Seite von ihm hatte er noch nicht kennengelernt? Er konnte sehr wohl ernst sein... Er hatte ihn einmal verteidigt, als er als Miss Raya gemeinsam mit Kira im Wald gewesen war. Und dabei hatte er sogar jemanden getötet. Und Rayo hatte gemerkt, dass er es nicht einmal bedauert hatte. Das erschreckte ihn. Tatsächlich hatte er nicht ein einziges Mal daran gedacht, dass wegen ihm ein Leben zerstört worden war. Vielleicht hatte der Mann ja eine Familie gehabt, Frau, Kinder, ein Haus... Wer wusste das schon? Er mochte ein Mistkerl und Verbrecher gewesen sein, aber rechtfertigte das einen Mord? "Rayo?" Er sah auf und sein Blick traf auf Darons, der ihn mit Besorgnis in den grauen Augen ansah. In ihnen tanzte noch immer ein Funke des Vergnügens, das er scheinbar beim Erkunden seiner neuen Umgebung empfand. Wie glühende Asche, dachte Rayo, als er in das Grau der Augen sah. Unzähmbar... "Was ist los?", fragte Daron und legte leicht den Kopf schief. Innerlich musste Rayo sich aus der Trance schütteln, die ihn erfasst hatte und seine Gedanken kehrten zu ihrem ursprünglichem Thema zurück. "Erinnerst du dich noch, als ich als Raya verkleidet mit Kira im Wald gewesen bin... und du..." Der kleine Funken in den grauen Augen erlosch und fast bereute Rayo es, darauf angesprochen zu haben. Der Prinz wirkte mit einem Male ernst. "...als du den Mann getötet hast?", vollendete er den Satz und wandte den Blick ab, um sein Gesicht zu verbergen. Er hörte Daron seufzen und Schweigen trat zwischen ihnen ein. Stille. Dann sprach der Prinz und seine Stimme war das erste Mal, seit Rayo ihn kannte, wirklich die eines Prinzen, der dazu bestimmt war, später einmal ein Königreich zu beherrschen und zu führen. "Dieser Mann...", begann Daron und Rayo fühlte, wie sein Kinn angehoben und sein Kopf umgewandt wurde, so dass er ihn ansehen musste. "...hat unzählige Menschen bestohlen, vergewaltigt und umgebracht. Er hat den Tod verdient. Mein Schwert hat dem Greuel, das er über mein Volk gebracht hat, ein Ende gemacht." Seine Augen trugen einen harten Ausdruck in sich. Wie Stein. Eine kleine Stimme in Rayos Hinterkopf wunderte sich, wie er es schaffte, die glühende Asche innerhalb von Sekunden zu hartem Fels zu machen. Doch sie verstummte sofort, als Daron weitersprach. "Er führte eine Hundertschaft von Männern an, die es allesamt auf meinen Vater abgesehen hatten. Und natürlich auf mich, seinen Thronfolger. Da er uns aber im Schloss nicht erreichen konnte, musste das Volk darunter leiden. Er schändete unser Land und folterte seine Bewohner. Wir waren zur Hilflosigkeit verdammt, da wir ihn nicht finden konnten." "Was für Gründe hatte er?", fragte Rayo mit leicht rauher Stimme. "Als mein Vater jünger war, hat er einen Fehler begangen." Daron wirkte beschämt, wandte sich jedoch nicht ab. "Er hat den Vater dieses Mannes töten lassen. Fälschlich. Jemand anders hatte diese Strafe gegolten, der jedoch hatte die Schuld auf ihn abgewälzt. Als mein Vater es merkte, war es bereits zu spät. Die Hinrichtung war vollzogen gewesen." Rayo schwieg. Er wusste nicht, was er noch dazu sagen konnte. Er war nur froh, dass er nicht die Bürde eines Königs tragen musste. Ein König durfte keine Fehler machen. Es war nur allzu offensichtlich, wie sich eine einzige falsche Entscheidung rächen konnte, wenn man die Macht eines Herrschers besaß. Er schloss die Augen und lehnte sich leicht an Daron, der ihn mit den Armen abfing und leicht über seine Seiten strich. Niemals hatte er gedacht, welch Bürde auch Daron trug. Sein Frohsinn täuschte darüber nur allzu gut hinweg. Innen schien er ernster zu sein, als der äußere Anschein glauben machen wollte. "Rayo?", hörte er den Prinzen nahe seinem Ohr flüstern. "Glaubst du, ich habe das Richtige getan?" Rayo zögerte kurz, nickte dann jedoch entschlossen. "Es war die Entscheidung eines Prinzen...", sagte er leise. "...der sein Volk schützen wollte. Du hast mit seinem Tod das Leiden vieler anderer Menschen beendet und verhindert. Denk nur daran, wie viele Familien sich jetzt wieder sicher fühlen können. Es war eine gute Entscheidung. Die Vergangenheit muss irgendwann hinter uns gelassen werden. Und dieser Mann wollte das nicht verstehen." "Er konnte meinem Vater nicht verzeihen.", murmelte Daron und zog ihn noch etwas näher an sich heran, wie um Trost zu suchen. "Das schlimmste ist, dass ich seine Gefühle verstehen kann. Hätte man mir einen geliebten Menschen grundlos genommen... ich wüsste nicht, zu was ich imstande wäre, um ihn zu rächen." "Aber Rache ist falsch!", empörte Rayo sich. "Und was tätest du, hätte jemand deine Mutter getötet?", fauchte der Prinz und sein Griff wurde unwillkürlich etwas fester, so dass Rayo die angespannten Muskeln seines Bauches fühlen konnte. "Was würdest du tun? Schweigen?" Rayo seufzte. "Nein.", gab er beschämt zu und ließ zu, dass Daron sein Kinn anhob. Ihre Blicke trafen sich und Daron funkelte ihn aufgebracht an. Die Sache schien ihm wirklich nahe zu gehen und kurz wunderte Rayo sich, warum. Doch bevor er den Gedanken weiterspinnen konnte, riss ihn ein stürmischer Kuss davon und alles, was er noch denken konnte, war, wie wunderbar sich Darons Hände anfühlten, als sie seinen Rücken hinauf strichen und in seinen Nacken glitten, um dort durch sein schwarzes Haar zu gleiten, dass ihm warme Schauer durch den Körper rieselten. "Daron, du...", murmelte er, als sich ihre Lippen voneinander lösten, nur, um sich kurz darauf wiederzufinden. "...du bist verrückt..." "Und du?" Der Prinz grinste, als sich ihre Blicke einen Moment lang trafen. "Das ist deine Schuld! Du hast mich verrückt gemacht.", seufzte Rayo gespielt vorwurfsvoll. Dann schnappte er abrupt nach Luft, als Darons Hände plötzlich seinen Rücken wieder hinabwanderten und sich in seine hinteren Hosentaschen schlichen. Rayo sah den Prinzen erschrocken an. Das war... unglaublich dreist. Na, ja... Daron eben. Errötend senkte er den Blick. "Du bist so schüchtern!", lachte der Prinz und drückte ihn noch näher an sich heran, obwohl das schon kaum noch möglich sein konnte. "Dabei sollte man denken, jemand, der sich als Mädchen verkleidet, um sich an den Prinzen heranzuschmeißen, sollte ziemlich aufdringlich sein!" "Was?!", keuchte Rayo und blitzte Daron empört an. "Ich wollte nicht...!! Ich sagte doch bereits, ich habe bloß einen Unterschlupf gesucht!" "Ach, ja?" Der Prinz hob zweifelnd eine Augenbraue und verzog im plötzlichem Ernst den Mund. "Wenn du dich das eine Mal verkleidet hast, um Unterschlupf zu suchen, wieso habe ich dich dann ein zweites Mal als Mädchen gesehen? Im Wald mit Miss Kira...?" "Äh..." Bevor Rayo erklären konnte, was der Grund war, unterbrach der Prinz ihn schon wieder. "Du bist einfach abgehauen und in die Stadt gegangen!", knurrte der Prinz. "Und das mit dieser Kira! Als Mädchen!" "Nein, nein, nein, verdammt!!", begehrte Rayo auf und ballte seine Hände, die an Darons Hüften lagen, zu Fäusten. "Ich hatte meinen Anhänger verloren und zwar im Kloster! Und wie sollte ich da als Junge bitte schön reinkommen, wenn alle nur Raya kannten?!" "Und Miss Kira?" "Ich habe sie zufällig getroffen und sie hat mich zur Stadt gebracht!" "Wieso hast du nicht mich gefragt?" "Idiot! Du wusstest nichts von Raya!" "Dann hättest du es mir einfach erzählt!" "Ja, natürlich! >Oh, Daron! Ich bin ja eigentlich Miss Raya und muss mal kurz zum Kloster! Zeigst du mir den Weg?< Wie hätte das denn geklungen?" Sie beide atmeten schwer, als sie sich wütend anblickten. Schließlich schüttelte Daron den Kopf und sah stur zur Seite. "Alles wäre besser, als die Vorstellung, dass du allein mit Miss Kira herumgezogen bist!", grollte er und wieder wurde der Griff seiner Arme fester. "Was hast du eigentlich gegen sie?!", knurrte Rayo, der nun ebenfalls wütend war und seine Freundin verteidigen wollte. "Sie ist ein sehr nettes Mädchen und hat es nicht verdient, dass du so auf ihr herumhackst!" "Siehst du, du bist ja vollkommen von ihr eingenommen!" Daron löste sich ruckartig von ihm und trat zornig zurück. "Was habt ihr gemacht, als ihr alleine weg wart?" "Was sollen wir denn gemacht haben?!, wetterte Rayo und stemmte die Hände in die Hüften. "Was denn wohl?", sprach der Prinz erzürnt. "Ihr hattet ja nicht einmal eine Anstandsdame bei euch! Das ist doch mehr als auffällig, meinst du nicht auch?" "Glaubst du etwa, sie und ich hätten...?" Fassungslos ließ Rayo seine Arme sinken und starrte Daron an. "Sag mal, spinnst du?! Ich dachte, diese Diskussion hatten wir schon mal?!" "Denkst du, ich hab' nicht gemerkt, dass du schon vor mir jemanden geküsst hast?" Die Augen des Prinzen hatten sich zu wütenden Schlitzen verengt. "Zufällig hast du mich geküsst, >bevor< ich Kira kennengelernt habe!" Rayos Stimme überschlug sich beinahe vor ungläubiger Rage. "Ach, ja?", schrie Daron. "Wer war es dann? Wenn ich die Person jemals treffen sollte, ist sie so gut wie tot!" "Daron!!" Der Prinz trat vor und Rayo spürte, wie ein Arm seine Hüfte umschlang und ihn mit einem Ruck an einen warmen, jedoch verspannten Körper zog. "Was hat diese Person alles mit dir gemacht, hm?", fragte Daron mit unheilvoll ruhiger Stimme. "Hat sie dich gehalten? Nur geküsst, oder gar mehr mit dir getan? Durfte sie dein Haar riechen, deinen Körper so nah spüren, wie ich jetzt?" "Es war nur ein dummer Kuss, Daron...", wimmerte Rayo und versuchte verunsichert, den Prinzen etwas auf Abstand zu bringen. Der jedoch schien nicht daran zu denken, ihn loszulassen, oder auch nur seinen Griff etwas zu lockern. "Nur ein Kuss? Nur?", knurrte Daron. "Weißt du, was ein Kuss bedeutet?" "Ich war jung und dumm, Daron." Rayo wand sich im Arm des Prinzen. "Warum bist du so eifersüchtig?" "Weil jeder deiner Küsse mir gehört, hast du verstanden?!" Darons Stimme klang rauh an seinem Ohr, zugleich aber auch fest und niemand hätte es gewagt, den Ernst seiner Worte in Frage zu stellen. Rayo erzitterte. "Sie gehören alle mir! Mir allein!" Und wie um zu beweisen, dass er recht hatte, senkten seine Lippen sich einen Augenblick später auf Rayos nieder und teilten sie mit einer fordernden Liebkosung, damit seine suchende Zunge Einlass in die warme Mundhöhle seines Opfers erlangte. Rayo gewährte ihm diesen ohne Zögern, auch, wenn er sich etwas überrannt fühlte von diesem plötzlichen Ansturm. Er spürte, wie Daron ihn zurückdrängte, langsam, Schritt für Schritt, bis er etwas hartes in seinem Rücken fühlte, gegen das er gedrückt wurde. Der Prinz lehnte sich gegen ihn, seine Hände schienen sich selbstständig zu machen und glitten seine Seiten entlang, hinab zu seinen Hüften und wieder hinauf, über seinen Bauch zu seinem Oberkörper. Rayo seufzte leise in Darons Mund und drängte jeder seiner Bewegungen entgegen... Dann stoppte der Prinz plötzlich. Verwirrt blinzelte Rayo durch den Nebel der überwältigenden Gefühle hindurch Daron an. Der musterte ihn mit einer Ernsthaftigkeit, die noch immer nicht so recht zu ihm passen wollte, dann aber wieder so sehr, dass es dem Betrachter deutlich ins Auge stach, dass der Junge tatsächlich ein Prinz war. "Hat es sich für dich so angefühlt, diese andere Person zu küssen?", fragte Daron mit vor Verlangen heiserer Stimme. Stumm schüttelte Rayo den Kopf und sah sogleich etwas wie Befriedigung in den grauen Augen des Prinzen aufblitzen, die sich um ein paar Nuancen verdunkelten, als er sich noch weiter an Rayo lehnte, den er an der Wand festgenagelt hatte. "Dann erzähl mir von ihr.", verlangte er mit tiefer, fast hauchender Stimme. "Ich war dreizehn.", erklärte Rayo beschämt und verfluchte innerlich seine rauhe Stimme. "Man hat mich mehr oder weniger mit dem Mädchen verkuppelt. Von allein hätte ich nichts getan, denke ich. Und wir waren auch nur eine Woche zusammen. Es war wirklich nichts besonderes." "Eine Affäre?", fragte Daron ungläubig. "Eure Gesellschaft erlaubt solche Unzüchtigkeit?" "Es war keine Affäre!!" Rayo spürte die Röte in sein Gesicht schießen. "Ich war doch erst dreizehn!!" "Dreizehn ist alt genug.", grummelte der Prinz. "Jetzt werde nicht wieder eifersüchtig!" Der Kleinere vergrub seine Hände in Darons Leinenhemd. "Was soll ich denn sagen?! Du hast doch sicher Unzählige vor mir geküsst!" "Nein." Daron sah ihn ehrlich an. "Du warst der Erste." "Was?" Rayos Augen weiteten sich in Ungläubigkeit. "Aber... du wusstest doch, was du tatest! Du schienst Erfahrung zu haben!" "Ich bin eben ein Naturtalent!" Endlich schlich sich mal wieder ein für ihn so typisches Grinsen auf Darons Gesicht und Rayo spürte Erleichterung in sich aufwallen. Trotzdem war er noch verwirrt. "Und warum hast du mich geküsst?", fragte er irritiert. "Wenn du kein Weiberheld warst, muss das doch ein großer Schritt für dich gewesen sein." "Es schien die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit zu sein." Das Grinsen wurde breiter. "Und ich kann nicht sagen, dass ich einen einzigen Augenblick davon bereue oder missen will." Rayo sah Daron schweigend an. Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt und er konnte das Glück förmlich durch seine Adern pulsieren spüren. Der Prinz hatte also wirklich niemanden vor ihm geküsst? Er war der Erste? "Aber was war mit Miss Raya?", fragte Rayo mit plötzlichem Erschrecken. "Du warst doch in sie verliebt, wie konntest du da deinen ersten Kuss an mich, ihren Zwillingsbruder, verschwenden?" "Ich habe ihn nicht verschwendet!", murmelte der Prinz und sah ihn unter langen Wimpern hinweg an. Unwillkürlich lehnte sich Rayo weiter zu ihm vor, fasziniert von dem verführerischen Bild, das Daron bot. "Nicht?", fragte er mit betäubter Stimme und berührte leicht mit seinen Lippen die von Daron, als er sprach. "Nein." Die Hände des Prinzen wanderten seine Arme hinab und griffen nach Rayos Händen, die er versichernd in seinen hielt. Nach einem leichten Kuss sprach er weiter. "Ich war verwirrt. War ich mit ihr zusammen, spürte ich dasselbe Bedürfnis, sie im Arm zu halten, wie in deiner Gesellschaft. Nur das eine Mal, auf dem Fest... da schien sie jemand anders zu sein. Und... warte..." Graue Augen blickten fragend in seine. "Du standest doch neben ihr?" "Lileya ist als Raya gekommen, damit ich nicht aufgeflogen bin, weil du doch Raya UND mich eingeladen hattest!", erklärte Rayo grinsend. "Ich kann mich schließlich nicht zweiteilen. Und du hast mich ja nicht einen Moment aus den Augen gelassen!" "Es war unerträglich!", grummelte Daron. "Was denn?", fragte Rayo und legte den Kopf schief. "All die Blicke, die auf dir lagen." Der Prinz schüttelte den Kopf, als müsste er die Bilder aus seinem Kopf vertreiben. "Wie die jungen Frauen dich gemustert haben. Als wollten sie dich auf der Stelle verschlingen. Ich schwöre, wenn du auch nur eine von ihnen zum Tanz aufgefordert hättest, wäre ich ausgeflippt!" "Oh..." Rayo hatte gar nicht bemerkt, dass ihn jemand angesehen hatte. "Ich hätte dich selbst zum Tanzen geschleift, aber das hätte einigen Leuten sicher missfallen." "Und das hat dich aufgehalten?", fragte Rayo mit einem verschmitzten Grinsen. "Leider ja.", seufzte Daron und zuckte die Schultern. "Es geht dabei nämlich nicht nur um dich und mich, sondern um den Ruf meiner Familie. Ansonsten... wär's mir egal gewesen!" "Ich kann kaum glauben, dass du tanzen kannst..." Rayo schaute von unten zu Daron hinauf. "Soll ich es dir etwa beweisen?" Der Prinz trat ein paar Schritte zurück und zog Rayo an den Händen mit sich, bis sie in der Mitte des inzwischen aufgeräumten Zimmers standen. "Ehehe, nicht nötig..." Rayo ließ zu, dass Daron ihn wieder ganz zu sich zog, so dass er seinen Körper nah bei sich spüren konnte. "Warum nicht?", verlangte der Prinz misstrauisch zu wissen. "Willst du nicht mit mir tanzen?" "Das ist es nicht..." Rayo blickte verlegen auf Seite. "Ich... kann gar nicht tanzen." "Du kannst nicht?!", platzte Daron heraus. "Aber jeder kann zumindest einen Tanz! Volkstänze zum Beispiel sind sehr verbreitet in den unteren Schichten." "Hier gibt es keine Volkstänze." Rayo blickte wieder zu Daron hinauf. "Ich musste einfach niemals zu Tanzen lernen." "Warte nur, irgendwann bringe ich dir das noch bei!", lachte der Prinz und gerade, als Rayo ihn effektiv zum Schweigen bringen wollte, erklangen Schritte an seiner Tür und er befreite sich schnell aus dem Griff des Prinzen, der ihn verwirrt und ein wenig verletzt ansah. Dann öffnete die Tür sich und Rayos Mutter Kaori schaute herein. "Rayo, da ist jemand für dich am Telefon!", lächelte sie und reichte ihm den schnurlosen Hörer. "Sie sagte, es sei dringend." Die Tür schloss sich wieder und Rayo blickte kurz den Prinzen an, der jetzt nicht nur verletzt, sondern sehr misstrauisch wirkte. "Sie?", fragte er mit zusammengebissenen Zähnen und Rayo zuckte nur ahnungslos die Schultern, als er den Hörer an sein Ohr hob. "Tamono Rayo am Apparat!", grüßte er und Darons Gesicht zeigte mit einem Male Unverständnis und große Verwirrung. "Hier ist Lileya!", hörte er die vergnügte Stimme der Magierin. "Tomo-chan und ich haben vorhin etwas ganz wichtiges vergessen!" "Und das wäre?", fragte Rayo und warf Daron einen feixenden Blick zu, als der näher kam und sich neugierig zum Hörer herüberlehnte, ein großes >Was ist das denn?!< auf seinem Gesicht. "Ich habe Tomoya ja schon vorher erzählt, dass Daron nicht so einfach abzuschütteln sein würde und für den Fall, dass er mit zu dir kommen würde, hat er eine Schulzulassung für ihn besorgt!" "Er hat was?!", keuchte Rayo erschrocken. "Was soll Daron denn auf meiner Schule?!" "Soll er etwa bei dir zu Hause herumsitzen, während du den ganzen Tag weg bist?", kam direkt die Gegenfrage des Mädchens, jedoch wartete sie nicht auf seine Antwort, die sie wohl schon zu kennen glaubte. "Er ist als Austauschstudent einer anderen Schule ausgewiesen, du musst einfach dafür sorgen, dass nicht zu viele Fragen gestellt werden." "Aber..." "Ich darf mit Rayo zur Schule gehen?", fragte der Prinz überglücklich und schnappte sich das Telefon. Rayo gab einen Laut der Überraschung von sich und blickte Daron finster an, als der in die falsche Seite des Hörers zu plappern begann. "Hey du, du bist doch die, die sich als Miss Raya verkleidet hat, oder?" "Ja...", kam die etwas zögerliche Antwort und schnell drehte Rayo das Telefon um, da er sich das nicht mit ansehen wollte. "Aha, gut." Daron schien gefallen an dem handlichen Gerät gefunden zu haben. "Du kennst Rayo doch ziemlich gut, oder?" "Na, ja... geht." Die Stimme, die Rayo von seiner Position an Darons Seite aus nur schwach hören konnte, klang verwirrt. "Hat Rayo schon mal über mich gesprochen?" Der Prinz grinste ihn an und Rayo riss erschrocken die Augen auf. "Ja, hat er!" Das Grinsen konnte Rayo selbst aus der Entfernung hören. "Willst du wissen, was?" Rayo schluckte. Lileya hatte den Großteil der Zeit seine Gedanken gelesen. Natürlich wusste sie, was er über Daron gedacht hatte. "Aber natürlich will ich das wissen!" Rayo spürte, wie einer von Darons Armen an seine Hüfte wanderte und ihn gegen den Prinzen zog. Der Kleinere wunderte sich, was das für ein Zwang sein musste, dass er das immer wieder tat. Kam er keinen Augenblick ohne seine Nähe aus? "Also..." Das Mädchen am anderen Ende der Leitung schien zu überlegen. "Anfangs sagte, oder soll ich eher sagen, ,dachte' er immer nur, dass er dich hasste. Und zwar oft!" Der Arm um seiner Hüfte drückte etwas fester zu und Daron sah ihn finster an. Rayo grinste nur verlegen und lauschte weiter hoffend und bangend den Worten seiner Freundin. >Die kann was erleben...< "...dann aber änderte sich so einiges.", erzählte die Magierin und der Prinz zog verwundert die Augenbrauen hoch. "Ich erinnere mich, dass er einmal meinte, er fände dein Lächeln schön." Rayo sackte beschämt in sich zusammen und vergrub sein Gesicht in Darons Hemd. >Ich glaub's nicht! Ich glaub's nicht!< "Das hat er gesagt?", hörte er die sanfte Stimme des Prinzen. "Nein, gedacht.", lachte das Mädchen fröhlich. "Und Gedanken lügen nicht!" "Nein, das tun sie wirklich nicht..." Rayo konnte fühlen, wie Daron sich gegen ihn lehnte, scheinbar zufrieden mit sich und der Welt. "Du, hör mal, ich muss jetzt auflegen!", sprach das Mädchen aufgeregt. "Ich glaube, es hat gerade geklingelt! Grüß Rayo noch von mir und sag ihm, es tut mir leid, dass ich seine Gedanken so ausgeplaudert habe. Ich denke, er braucht manchmal einen kleinen Anstoß, bevor er die Initiative ergreift. Also, bis morgen in der Schule!" "Okay..." In der Leitung piepte es und das Gespräch brach ab. Der Prinz warf es achtlos zur Seite, als aus der Ohrmuschel nichts mehr zu Hören war. Stille trat ein und legte sich wie ein dicker Vorhang über den Raum. Rayo ärgerte sich innerlich über seine Freundin und Daron schien es schon zu reichen, ihn im Arm halten zu können. "Du findest mein Lächeln schön?", fragte er schließlich und Rayo merkte, wie er an den Händen zum Bett gezogen wurde, auf dem Daron sich niederließ. Er sah auf den Prinzen hinab und sein Ärger schwand ein wenig. Er nickte schwach und spürte wieder die Röte in sein Gesicht steigen. "Ich finde alles an dir schön.", gab der Prinz mit funkelnden, grauen Augen zu. "Ich mag es, wenn du so furchtbar verlegen und schüchtern bist. Die kurzen, warmen Blicke, die du mir zuwirfst, wenn du denkst, ich merke es nicht. Ich mag es, wenn du mir nah bist, wenn..." Daron zog an den Händen, die noch immer in seinen lagen und Rayo war dadurch gezwungen, sich auf seinen Schoß zu setzen. "...wenn deine goldenen Augen sich so verdunkeln wie jetzt, dass sie mich an warmen Honig erinnern. Wenn dein Haar dir so wirr ins Gesicht fällt, weil ich es mit meinen Händen zerwühlt habe, wenn du so unglaublich weich und verführerisch in meinen Armen liegst. Ich finde dich einfach umwerfend schön." Rayo wusste nicht, was er sagen sollte. Er war sprachlos. Er konnte Daron nur anschauen und in dem seltsamen Gefühl schwelgen, das der Prinz in ihm ausgelöst hatte. Irgendwann, und das wusste er, würde er die Worte erwidern können. Irgendwann wäre er dazu in der Lage, Daron zu sagen, wie sehr er es liebte, wenn er ihn umarmte und wenn er ihn in fordernde Küsse zog. Wie sehr er diese sturmgrauen Augen liebte, die mit solcher Leidenschaft brennen konnten, dass ihm das Herz weh tat, wenn er auch nur wenige Schritte von ihm entfernt sein musste. Er wollte in diesen Augen versinken... Irgendwann, ja, irgendwann würde er es ihm sagen können... doch bevor dieser Zeitpunkt gekommen war, musste seine Antwort genügen. Rayo beugte sich vor und drückte seine Lippen auf Darons, der anfangs etwas überrascht zu sein schien, dann jedoch nicht zögerte, die Kontrolle über den Kuss zu erlangen, die Rayo ihm dieses Mal freigiebig überließ. Dieses Mal ließ er sich haltlos fallen und sich von dem Prinzen führen, der ihn verzückt tiefer in seine Umarmung zog. "Und ich mag es, wenn du so furchtbar rot bist...", meinte Daron und grinste in den Kuss hinein. Dann jedoch zuckte er zusammen, als Rayo ihn als Strafe spielerisch biss. >Fiesling. Das hast du davon...< "So, guten Appetit, ihr beiden!" Kaori Tamono lächelte mütterlich und setzte ihnen ihr Abendbrot vor. Reisbällchen mit Curry und dazu Miso-Suppe. "Was ist das denn?", fragte Daron schnippisch. Rayo seufzte. Er war scheinbar immer noch beleidigt, weil er es nicht akzeptierte, dass der Prinz sich in Anwesenheit seiner Mutter an ihn klammerte. Er wollte ja auch lieber während des Essens auf Darons Schoß statt auf einem Stuhl sitzen, aber er wollte auch nicht, dass seine Mutter wusste, dass er... nun ja... anscheinend homosexuell war. Andererseits... er fand nur Daron attraktiv. Er konnte nicht behaupten, dass er zum Beispiel Kiras Bruder besonders toll fand. Rayo verschluckte sich bei dem Gedanken an seiner Suppe und hustete mit hochrotem Kopf. Daron sah ihn besorgt an und Rayo lächelte abwinkend. Nein, der Gedanke, Kiras Bruder zu küssen, war einfach abstoßend. Angeekelt verzog er das Gesicht. Daron zu küssen erschien ihm hingegen viel schöner. Verträumt sah er zum Fenster hinaus. Wenn er und Daron jetzt alleine wären... er würde ihm die Suppe füttern, dachte er innerlich grinsend. Oder einfach nur in seinen Armen liegen und den Tag vorbei streichen lassen. "Ihr beide scheint nicht sehr hungrig zu sein, hm?" Rayo schrak aus seinen Gedanken und sah seine Mutter erschrocken an. "Natürlich habe ich Hunger!" Er tauchte den Löffel wieder in die Suppe und sah kurz zu Daron herüber, der es ihm gleich tat. Der Prinz warf ihm ebenfalls einen Blick zu und sie grinsten sich an. Sie hatten wohl beide den gleichen Gedanken. Sich gegenseitig die Suppe zu füttern... Rayos Grinsen wurde noch breiter. Wenn sie nur alleine gewesen wären... dann wäre das alles kein Problem gewesen. "Mund auf.", sagte Daron plötzlich und Rayo schoss die Röte ins Gesicht. Er wollte widersprechen, doch kaum, dass er den Mund geöffnet hatte, um etwas zu sagen, hatte der Prinz auch schon seinen Löffeln hinein gesteckt und mit dem Mund nach seinem eigenen geschnappt. Rayo konnte geradezu den Blick seiner Mutter auf sich liegen spüren, doch der Anblick von Daron, so verspielt und zugleich so betörend, war einfach einnehmend und er konnte seine Augen einfach nicht von dem Prinzen nehmen, der mit verlockend langsamen Bewegungen seiner Zunge die restliche Suppe von Rayos Löffel holte. Dann entließ er das Besteckteil aus seinem Mund und leckte sich aufreizend über die Lippen, als wollte er Rayo dazu bringen, zu ihm herüberzurutschen und die Suppe selbst zu kosten, die noch an ihnen haftete. Doch so gerne Rayo das getan hätte... er konnte es nicht. Nicht vor seiner Mutter. Welch bittersüße Folter... Er seufzte schwer, nahm Darons Löffel aus seinem Mund und wandte sich wieder seinem Teller zu. An der Stille, die im Raum herrschte, ahnte er, dass ein mütterliches Gespräch nicht ausbleiben würde. Und tatsächlich. "Rayo?", fragte seine Mutter mit aufgesetzter Fröhlichkeit. "Kann ich mal kurz unter vier Augen mit dir reden?" "Klar.", antwortete er beschämt und stand auf. Daron blickte ihn fragend an und er zuckte nur mit den Schultern, als er hinter seiner Mutter her trottete und die Küche verließ. "Was war das eben?", fragte Kaori Tamono verwirrt und musterte ihren Sohn aufmerksam. "Na, ja..." Rayo trat von einem Bein aufs andere und faltete nervös die Hände vor sich zusammen. Er wusste, er musste ehrlich mit seiner Mutter sein, jedoch wusste er nicht, wie er sich ausdrücken sollte. Waren er und Daron denn zusammen? "Seid ihr..." Die schwarzhaarige Frau zögerte einen Moment, schien sich dann jedoch zu überwinden und sprach weiter. "...ein Paar?" "Du hast es also gemerkt?" Er seufzte und sah zu Boden. "Es war doch schon die ganze Zeit kaum zu übersehen.", lächelte Kaori. "Das gerade hat mich nur vollkommen überzeugt, dass ich recht hatte..." "Wie?" Rayo blinzelte erschrocken. Sie wusste es? Schon die ganze Zeit? Und warum lächelte sie dann? Wieso akzeptierte sie das so einfach? "Seit du da bist, hockst du nur auf deinem Zimmer herum und du und dieser Daron... ihr scheint ständig irgendwie miteinander in Kontakt zu stehen. Durch Blicke, durch Berührungen. Ich wäre nicht deine Mutter, hätte ich es nicht bemerkt!" Rayo sah schweigend zu Boden. Sie akzeptierte es wirklich? "Seid ihr Geliebte?", fragte seine Mutter mit einer Neugier, die man ihr nicht zugetraut hätte. "Nein." Rayo wurde puterrot im Gesicht. Er hatte ohnehin das Gefühl, dass er momentan nichts anderes tat, als rot zu werden. "Habe ich mir gedacht!" Kaori lachte. "Du bist so schüchtern!" Rayo grummelte ungehalten und versuchte, die unangenehme Hitze aus seinen Wangen zu vertreiben. Warum sagten ihm alle das gleiche? Inzwischen wusste er es selbst! "Daron und ich..." Er wurde wieder ruhig, als die Zweifel aufkamen und schüttelte den Kopf. "Ich weiß selbst nicht, was wir sind. Oder ob wir überhaupt zusammen sind." "Wieso weißt du das nicht?" Das schien seine Mutter nicht nachvollziehen zu können. "Hast du nicht den Blick gesehen, mit dem er dich eben angeschaut hat? Als wollte er dich gleich mit der Suppe verspeisen!" "Das ist es ja auch nicht!", begehrte Rayo auf und sah seine Mutter verzweifelt an. "Es ist einfach so, dass er ein Prinz ist und... er muss irgendwann einmal über ein Königreich herrschen und er muss sicher auch mal heiraten, damit er einen rechtmäßigen Thronfolger zeugen kann... da bin ich im Weg!" "Aber er liebt dich doch?", warf Kaori ein. "Dann wird es auch eine Lösung geben!" "Ich weiß nicht, ob er mich liebt.", murmelte Rayo verstört und wandte den Blick ab. "Ich weiß nur, dass ich ihn liebe und dass er mich mag. Aber ob er mich liebt... es ist alles so verdammt unklar!" "Oh, Rayo..." Seine Mutter zog ihn in eine mütterliche Umarmung. "Es wird schon alles gut werden." "Ich weiß nicht..." Rayo konnte nichts anderes tun, als den Tränen der Unsicherheit freien Lauf zu lassen. "Ich weiß es nicht..." "Rayo, wo bleibst du denn?" Daron kam plötzlich um die Ecke gebogen und stoppt abrupt, als er sie erblickte. "Was ist los?" "Daron?", fragte Rayo erschrocken und wischte sich schnell die Tränen aus den Augen. Der Prinz jedoch hatte sie längst gesehen und deshalb gab er seine Bemühungen auf, die salzige Flüssigkeit unbemerkt fortzuwischen. "Was hast du zu ihm gesagt?", fauchte der Prinz in Kaoris Richtung und Rayo fühlte sich sogleich von seiner Mutter fort- und in Darons Arme gerissen. "Wenn du ihn verletzt hast, Frau, dann kannst du was erleben!" Frau Tamono lächelte jedoch nur, als sie Darons Reaktion auf Rayos Tränen sah und nickte sich selbst bestätigt zu. "Was gibt's da zu Grinsen?", zeterte Daron weiter und Rayo sah erschrocken von einem zum anderen. "Lass meine Mutter in Ruhe!" Er griff nach dem Kragen des Prinzen und riss ihn zu sich herum. "Sie hat gar nichts gemacht!" "Und deshalb finde ich dich hier auch in Tränen aufgelöst, kaum, dass ich dich mal eine Sekunde alleine lasse?", empörte Daron sich und Rayo schrie erschrocken auf, als er sich ruckartig von den Füßen gezerrt fühlte. "Das lasse ich garantiert nicht noch einmal zu!" "Aber Daron..." Hilflos hing Rayo über die Schulter des Prinzen und als er nach dem Blick seiner Mutter suchte, fand er sie ermunternd lächelnd vor. >Wieso lächelt sie? Daron benimmt sich absolut daneben! Sie sollte wütend sein! Ich verstehe sie heute echt nicht mehr...< "Daron, lass mich runter!", forderte er weinerlich und klopfte dem Prinzen leicht auf den Rücken. Der jedoch ging stur weiter, bis die Tür zu Rayos Zimmer hinter ihnen zugefallen war, ehe er etwas erwiderte. "Was habt ihr da gerade besprochen?", fragte Daron und Rayo plumpste auf das Bett, als der Prinz ihn dort hinfallen ließ und sich neben ihn setzte. "Das geht dich nichts an.", murmelte er und richtete sich wieder in eine Sitzposition auf. "Ich denke, das geht mich sehr wohl etwas an." Darons stechender Blick nagelte den Kleineren fest. "Also? Warum hast du geweint? Ich werde dem Schuldigen persönlich den Hals umdrehen!" Kurz dachte Rayo an die Ironie der Situation und musste beinahe eine Lachen unterdrücken. Da musste er sich nämlich schon selbst den Hals umdrehen, denn es war schließlich er gewesen, der Grund seiner Tränen war. "Es war nichts wichtiges, Daron." Er grinste schief und stand auf. "Ehrlich." "Tja, wenn du es mir nicht sagen willst..." Der Prinz wandte den Blick ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Rayo seufzte und öffnete seinen Schrank, aus dem er sich ein Handtuch holte. "Jetzt sag schon!" Rayo sah den Prinzen über die Schulter hinweg überrascht an. "Ich dachte, das wäre geklärt?", fragte er. "Nein, natürlich nicht!", knurrte Daron. "Jetzt sag!" "Nein, vergiss es!", wehrte Rayo sich trotzig und öffnete die Tür, das Handtuch unter den Arm geklemmt. "Also, ich gehe duschen!" Rayo verließ den Raum und ging grollend Richtung Badezimmer. >Was fällt dem überhaupt ein, mich so mit Fragen zu löchern?< "Was meinst du mit ,du gehst duschen'?" Schon war Daron wieder an seiner Seite und blickte ihn mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier an. "Das soll heißen, ich werde mich jetzt waschen!" Rayo konnte nicht anders, als trotz seiner Wut ein kleines Grinsen zu zeigen. "Und da wirst du nicht dabeisein können!" "Nicht?" Daron schien tatsächlich nicht verstanden zu haben, was er meinte. "Bleib bitte einfach in meinem Zimmer, bis ich wieder da bin, ja?", bat er und hoffte, der Prinz würde einfach tun, was er ihm sagte, damit er endlich ein Stück Seife in die Finger bekam und den Dreck aus seinem Haar heraus. "Ich werde dich jetzt nicht wieder alleine lassen!", rief Daron jedoch entschlossen aus. "Nicht, dass du dir noch die Augen ausweinst!" "Bitte?!" Rayo starrte den Prinzen ungläubig an. "Ich will mich waschen, Daron! Soll heißen, ich steige unbekleidet unter eine Dusche und schrubbe den ganzen Dreck von mir herunter, den ich mir in den letzten Tagen in deiner Welt eingefangen habe! Und dabei werde ich ganz bestimmt nicht heulen! Höchstens, wenn der Schmutz nicht aus meinen Haaren geht!" Das schien Daron erfolgreich zum Schweigen gebracht zu haben, zumindest waren seine Augen groß wie Untertassen geworden. "Unbekleidet?", quäkte der Prinz schließlich und die grauen Augen wanderten den Körper seines Gegenübers hinab. Jetzt war Rayo an der Reihe, mal wieder rot anzulaufen und er bekam langsam das Gefühl, dass er das mittlerweile recht gut konnte. "Ja, unbekleidet!", bestätigte er deshalb hastig und flüchtete ins Bad. "Und jetzt lass mich allein!" Er schloss die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel herum. >Peinlich, peinlich, peinlich!! Wieso passiert immer mir sowas?!< Resigniert entledigte er sich seiner vor Dreck starrenden Kleidung und drehte den Warmwasserhahn auf, bis das Wasser dampfte. Dann drehte er den Kaltwasserhahn ein kleines Stück auf und trat anschließend unter den Wasserstrahl, als die Temperatur erträglich war. Ein unwillkürlich erfreuter Seufzer entwich seiner Kehle, als das Wasser seinen Körper hinunter rann und den Schmutz der vergangenen Tage wegzuwaschen begann. Rayo wickelte das Handtuch fester um seinen Körper und drehte den Schlüssel wieder im Schloss herum, so dass er sie öffnen konnte. Vorsichtig warf er einen Blick in den Flur und hoffte, einer ganz gewissen Person lange genug ausweichen zu können, bis er sich angezogen hatte. Fehlschlag. Daron wartete schon vor der Tür auf ihn. Rayo verzog entsetzt das Gesicht und wäre am Liebsten einfach umgekehrt, doch schon hatte der Prinz ihn entdeckt und betrachtete ihn eingehend. "Was machst du hier?", fragte Rayo verlegen und wischte sich seine triefenden Haare aus dem Gesicht. "Warten.", gab der Prinz einsilbig zurück und fuhr fort, ihn unverhohlen anzustarren. Es war untertrieben, zu sagen, dass Rayo sich momentan mehr als schämte. "Willst du auch duschen?" Der Kleinere begab sich rasch aus dem Türbereich und deutete ins Innere des Badezimmers. "Du hattest doch sicher auch eine ganze Weile keine Gelegenheit dazu, oder?" "Sicher." Daron trat näher, jedoch ging er nicht ins Bad, sondern auf Rayo zu, der sich mit dem auf einmal sehr klein wirkenden Handtuch sehr entblößt vorkam. "Was?", fragte er nervös und wünschte sich, einfach in sein Zimmer verschwinden zu können. "Darf ich dich nicht ansehen?", grinste der Prinz und blieb erst stehen, als ihre Oberkörper sich gerade berührten. Seine grauen Augen lagen noch immer auf der nackten Haut des Nackens, wanderten jetzt jedoch hinauf, bis sich ihre Blicke trafen. Einer nervös, der andere voller Verlangen. "Also... wenn du duschen willst... dreh das Wasser nicht zu weit auf, sonst gibt's eine Überschwemmung!", erklärte Rayo und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum, als könnte er Daron damit ablenken. "Und du musst die Temperatur dosieren! Pass bloß auf damit, sonst verbrennst du dir die Knochen! Handtücher findest du im Schrank!" Er wandte sich um und wollte gerade in sein Zimmer verschwinden, als zwei starke Hände seine bloßen Oberarme ergriffen und ihn an Ort und Stelle festhielten. Unruhige, goldene Augen wanderten zu den dunklen, grauen des Prinzen hinauf und warteten mit unstetem Flackern in ihren Tiefen auf Darons nächsten Schritt. Und der kam auch kurz darauf. Der Prinz zog ihn zu sich hinauf, so dass er sich auf die Zehenspitzen stellen musste, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren und ein weiteres Mal trafen ihre Lippen in ungestümer Leichtigkeit aufeinander, fügten sich aneinander, als setzte man zwei passende Teile eines Puzzles zusammen. "Wieso kommst du nicht einfach mit und zeigst mir alles?", fragte Daron und sah mit leuchtenden Augen auf ihn herab. "Lüstling.", schmollte Rayo mit glühenden Wangen und hoffte, sein Handtuch würde nicht abrutschen, da der Prinz gerade seine Arme im festen Griff hatte und er es nicht würde festhalten können. War das auch Absicht? "Ich bevorzuge es, in mein Zimmer zu gehen.", murmelte der Kleinere und blickte verschüchtert zu Daron auf. "Du willst mir also nicht zeigen, wie es funktioniert?" Der Prinz nahm eine seiner Hände und zog ihn in Richtung Badezimmer. Rayo jedoch stemmte jäh die Füße in den Boden und schüttelte den Kopf. "Du merkst schon selbst, wie es geht!" Mit seiner jetzt freien Hand rückte er das Handtuch zurecht und blickte Daron dann entschlossen an. "Aber alleine geht das nicht...", schnurrte der Prinz und Rayo riss geschockt die Augen auf. Das hatte verdammt zweideutig geklungen. "Oh, doch...", erwiderte er mit schwacher Stimme. "Das schaffst du schon." "Rayo..." Daron schenkte ihm einen weiteren seiner betörenden Blicke. "Nein." Rayo sah den Prinzen streng an, entwand seine Hand aus dem warmen Griff und schüttelte resolut den Kopf. Daron senkte enttäuscht die Augen. "Dann gehe ich eben alleine.", grummelte er, drehte sich um und schloss leise die Tür hinter sich. Rayo atmete auf. >Dieser Prinz...< Halb erleichtert, halb von einem vagen Gefühl der Enttäuschung erfüllt, wandte er sich um und lief schnell in sein Zimmer, um sich endlich ankleiden zu können. Kaum hatte er jedoch die Hose seines Pyjamas richtig angezogen, gellte ein Ohrenbetäubender Schrei durch das Haus. Eindeutig Darons Stimme. So schnell ihn seine Beine trugen, hastete Rayo zum Badezimmer zurück und polterte hinein. Als er Daron erblickte, hätte er dann aber am Liebsten direkt wieder kehrt gemacht und wäre geflohen. Der Prinz stand nämlich splitterfasernackt, nur verdeckt durch ein viel zu kleines Handtuch, vor der Dusche und schaute ihn mit schmerzerfüllten Augen an. "Das ist ja heiß!", klagte er weinerlich und rieb sich seinen geröteten Arm. "Ich sagte doch, du musst die Temperatur regulieren!" Besorgt trat Rayo an Daron heran und betrachtete die wunde Haut. Alle Scham schob er für den Moment beiseite, obwohl die Situation ihm wirklich nicht behagte. Oder viel zu sehr. Er musste sich zurückhalten, den Prinzen nicht offen anzustarren. >Was ist er auch so verdammt gut gebaut?!< "Du hast hier zwei Regler.", erklärte Rayo leicht abwesend. "Hast du mir etwa vorhin nicht zugehört, als ich dir gesagt habe, dass du aufpassen musst?" "Ich war etwas abgelenkt...", gab Daron zu. "Ist ja nicht alle Tage, dass du unbekleidet im Flur stehst..." Rayo grollte und verpasste dem dreisten Prinzen eine Kopfnuss, der sich mit einem breiten Grinsen duckte. "Im Moment bin nicht ICH es, der hier nichts anhat!", sagte er mit fester Stimme und hob beiläufig eine Hand, mit der er von Darons entblößter Brust bis hinab zu seiner Hüfte fuhr. Der Prinz keuchte bei der unerwarteten Berührung erschrocken auf und stolperte fast rückwärtig in die Duschkabine. Rayo, dem erst jetzt bewusst wurde, was er getan hatte, riss beschämt die Augen auf und schob schnell den Größeren ganz unter die Dusche, um direkt hinter ihm die Tür zu schließen. "Denk daran, nicht die Hähne aufzudrehen, wenn du drunter stehst, sonst..." "Iiiieh! Kalt!!" Rayo verdrehte die Augen zur Decke und ignorierte die Hitze, die noch in seinen Wangen stand, geflissentlich. Je eher das vorüber war, desto eher konnte seine Gesichtshaut auch wieder eine normale Farbe annehmen. "Halt die Brause von dir weg, dreh dann das kalte Wasser auf und anschließend das warme.", instruierte er ungeduldig. "Und erst wenn es angenehm ist, stellst du dich drunter!" "Okay, Darling.", schnurrte Daron. "Wie nennst du mich?!", platzte Rayo entsetzt heraus. "Soll ich Spätzchen sagen?" "Nein, dusch' jetzt einfach!" Kurzes Schweigen trat ein, dann drang wieder das Rauschen von Wasser zu Rayos Ohren vor. Seufzend verließ er das Bad und fröstelte, als die kühlere Luft des Flures an seine Haut drang. Er musste sich endlich fertig ankleiden. Zitternd rieb er sich die Arme, auf denen sich eine Gänsehaut zu bilden begann. >Hoffentlich kommt Daron jetzt mit der Dusche klar...< "Wer hat denn hier vorhin so geschrien?" Rayo zuckte zusammen, als seine Mutter sein Zimmer betrat. Er war gerade dabei, für den Prinzen frische Kleidung herauszusuchen, was sich als schwierig herausstellte, da Daron mehrere Zentimeter größer war als er. "Daron hat das heiße Wasser aufgedreht und sich verbrannt.", erklärte er müde. "Dann ist ja gut!" Kaori lächelte erleichtert. "Ich war gerade dabei, die Gardine neu zu befestigen, die deine Kusine vorhin heruntergerissen hat. Sonst wäre ich sofort gekommen." "Oh..." Rayo winkte mit einem verlegenen Grinsen ab. "Schon okay." >Wenn sie reingekommen wäre, dann hätte das sicher seltsam ausgesehen. Ich ohne Oberteil und Daron... völlig unbekleidet, nur mit Handtuch... Waaah!!< "Ihr solltet jetzt gleich besser schlafen gehen!" Seine Mutter lächelte breit. "Ihr seid sicher sehr erschöpft von dem anstrengendem Tag! Sollen wir gleich das Klappbett aufstellen?" "Nein!" Der Prinz stapfte plötzlich herein, diesmal in ein großes Handtuch gewickelt und sah Frau Tamono stur entgegen. "Rayo und ich schlafen in einem Bett!" Rayo verzog befangen das Gesicht und sah zur Seite. "Tun wir das?!" "Natürlich!" Daron stemmte die Hände in die Hüften. "Und deine Mutter kann gar nichts dagegen machen!" "Was sollte ich denn machen wollen?" Kaori grinste ihren Sohn wissend an. "Ich habe nichts einzuwenden. Hauptsache, ihr seid brav!" Sie schenkte ihnen einen heiteren Blick und verließ mit einem letzten Wink den Raum. "Deine Mutter ist..." Daron sah ihn mit leichter Fassungslosigkeit an. "...cool!" "Findest du?", fragte Rayo nervös und setzte sich auf das Bett. >Ich hasse solche Situationen, in denen ich nicht weiß, was ich tun soll... oder was Daron tun wird...< "Ja, eindeutig!" Der Prinz nickte heftig. "Meine Mutter hätte bestimmt einen Anfall bekommen!" "Ich wundere mich auch, warum meine Ma das so einfach akzeptiert." Rayo sah hinab auf die Bettdecke und unterdrückte ein Gähnen. "Aber sie scheint es einfach hinzunehmen! Ist schon selt-Uff!!" Der Schwarzhaarige schnappte nach Luft, als ein großes Gewicht auf ihm landete und ihn in die Kissen drückte. "Daron...!!", protestierte er, erschrocken ob der unerwarteten Attacke. "Ich bin müde...", murmelte der Prinz und kuschelte sich eng an ihn. "Und ich bekomme kaum Luft!" Rayo versuchte, sich etwas Atemraum zu schaffen, doch das schien nicht möglich, da zwei starke Arme ihn wie einen Teddy an Darons warmen Körper drückten. "Rayo?" Der Angesprochene hörte auf zu zappeln und lauschte. "Ja?" "Wie soll man eigentlich die Kerzen ausmachen, wenn sie an der Decke hängen?" Das Gesicht des Prinzen tauchte vor seinem auf, als Daron lockerließ und etwas auf Abstand ging, um ihn ansehen zu können. "Das sind keine Kerzen.", erklärte Rayo und schmunzelte. "Das sind Glühbirnen." "Glühbirnen?!" Daron legte skeptisch den Kopf schief. "Und wo ist der Unterschied? Was sind diese Glühbirnen?" "Man schraubt die an ein Stromkabel an und der Strom bringt sie zum Leuchten!" Jetzt grinste Rayo offen. "Aber das jetzt zu erklären, ist zu schwierig. Das musst du nicht verstehen." "Ich will aber!" Der Prinz zog ein beleidigtes Gesicht. "Du weißt doch nicht einmal, was Strom ist, wie soll ich denn dann..." "Ich weiß, was ein Strom ist!", unterbrach Daron unwirsch. "Ein Wasserlauf, der schnell fließt. Aber das weiß doch jeder!" "Nicht so ein Strom!" Rayo schüttelte verzweifelt den Kopf. "Der Strom, den ich meine, fließt zwar auch, aber er ist unsichtbar." "Hä?", machte Daron verwirrt. "Unsichtbar? Wie... Wind?" "Ja, so ähnlich!" Rayo nickte nachdenklich. "Aber der Strom fließt durch Gegenstände oder Stoffe, die ihn leiten. Man nennt das Elektrizität. Und... Blitze zum Beispiel sind Entladungen von Elektrizität!" "Blitze? Aber einen Blitz sehe ich doch?", fragte der Prinz neugierig. "Ja, manchmal zeigt sich die Elektrizität, wenn sie sich entlädt." "Okay." Daron grinste breit. "Ich habe zwar jetzt nur die Hälfte davon verstanden, aber... okay." Rayo seufzte, erleichtert, dass die Sache somit geklärt war. Allerdings mussten die Lichter tatsächlich noch ausgemacht werden und dazu musste jemand aufstehen... "Daron?" Der Schwarzhaarige zupfte an dem Ärmel des Pyjamas, den der Prinz trug. "Darf ich dann mal eben aufstehen, um das Licht auszumachen?" "Och, menno..." Daron sah ihn finster an. "Können die Bediensteten das nicht machen?" "Wie oft soll ich denn noch sagen, dass wir keine Bediensteten im Haus haben?!", knurrte Rayo und arbeitete sich aus dem Gewirr aus Armen und Beinen heraus. Daron murrte unzufrieden, ließ ihn jedoch aufstehen. Müde tapste er durch das Zimmer und legte mit einer geübten Handbewegung den Schalter um. Sofort wurde es dunkel. "Oh, ich kann ja gar nichts mehr sehen!", rief der Prinz aus. Rayo rollte in der Dunkelheit die Augen und folgte dem Deckenrascheln, das Daron verursachte, bis sein Fuß an etwas hölzernes stieß. Er tastete mit den Händen die weiche Matratze ab, stutzte dann jedoch. Das Bett war leer. "Daron?", fragte er verwirrt und drehte sich halb um. "Ha, hab ich dich!!" Etwas großes, schweres legte sich über ihn, eindeutig eine der Decken, und hüllte ihn vollkommen ein. Er versuchte, die Decke schnell abzuschütteln, fand sich jedoch in dem dicken Stoff gefangen. "Daron!!", schimpfte er gedämpft durch den Stoff hindurch. "Das ist nicht witzig! Hol mich sofort hier raus!" "Erst, wenn du mir versprichst, dass ich außen schlafen darf!" Der Prinz lachte triumphierend. "Vergiss es!" Rayo drückte stur gegen den ärgerlichen Stoff, merkte jedoch, dass Daron es irgendwie geschafft hatte, ihn komplett darin einzuwickeln. "Ich schlafe immer außen!" "Ich auch!", kam im entschlossenen Tonfall zurück. "Und da ich der Prinz bin und du nur ein armer Junge, dessen Eltern nicht einmal Bedienstete haben, ist das Recht eindeutig auf meiner Seite!" "Warum gibt's du dich denn dann überhaupt mit mir ab, wenn ich doch deiner Meinung nach so weit unter dir stehe?", grollte Rayo, noch immer gegen die Wand aus Decken ankämpfend. "Weil du Rayo bist.", erklärte Daron simpel. "Und es heißt doch ganz klar ,Daron und Rayo' und nicht ,Rayo und Daron'!" "So ein Quatsch!" Der Kleinere wand sich stur, obwohl er die Erschöpfung deutlich spürte. "Wieso das denn?!" "Weil...", begann der Prinz, wurde jedoch von Rayo direkt wieder unterbrochen, der sich jetzt einfach fallenließ und statt dessen mit Worten weiter kämpfte. "Das hier ist sowieso mein Zimmer und mein Bett! Das Recht liegt also auf meiner Seite!" "Und was ist mit dem Recht des Stärkeren?" "Das gilt hier nicht!" "Tut es wohl! Ich hab' dich besiegt!" "Stimmt ja gar nicht!" "Wohl!" "Nein!" "Gib's doch zu!" "Nein!!" Kaori Tamono entfernte sich kopfschüttelnd von der Tür. Sie konnte nicht glauben, dass das ihr Sohn sein sollte, der sich da auf kindischste Weise mit einem Prinz aus einer anderen Welt stritt. Dabei hatte sie ihn immer für reifer als andere seines Alters gehalten. Erwachsener und... einfach ruhiger. Aber das?! Stiftete dieser Daron ihn etwa dazu an? Ging das alles von dem Prinzen aus? Dann allerdings... war er auch wieder ein ,Prinz'. Prinzen mussten doch sicher viel früher erwachsen werden, oder? Sie hörte noch weiteres Poltern und wandte sich nun endgültig Richtung Küche. Sie war wirklich gespannt, was Darons Aufenthalt in ihrem Haus alles ausrichten würde. Aber wenn Rayo ihn tatsächlich liebte - und das war ja so offensichtlich - würde sie ihn hier akzeptieren. Wenn dieser Prinz ihren Sohn allerdings verletzen würde... dann würde das für ihn mächtigen Ärger geben. Dann hatte er nämlich eine zornige Mutter am Hals. Als es noch einmal polterte, sah sie milde besorgt zur Küchentür, während sie sich heißes Wasser für Tee aufsetzte. Wenn das mal gutging... To Be Continued... So, das war's! Diesmal nur ein halber Cliffy ^^ Ich habe in diesem Kapitel noch viel weniger geschafft, als ich es mir erhofft hatte. Also wird wohl Darons erster Schultag erst in Part 10 kommen! Könnt euch ja schon mal drauf freuen, das wird nämlich lustig ^^ Ich muss euch jetzt aber um eure Meinung bitten: Nach dem Teil mit der Schule soll es nämlich im Plot weitergehen. Wollt ihr, dass es weiterhin lustig bleibt oder soll ich es mal mit einer ernsten Stimmung versuchen? Ich bin mir insofern nicht sicher, dass es vielleicht nicht in die Gesamtstimmung der FF passt. Heiter oder ernst? Viel Romantik oder eher Action? Was passieren soll, weiß ich schon, aber wie ich es umsetze noch nicht. Es liegt bei euch!! ^^ Wie hat euch dieses Kapitel gefallen? Ich habe mir Mühe gegeben, einmal etwas über Daron zu verraten. Es sind wohl sicherlich einige unerwartete Dinge herausgekommen *grins* Nun, nächstes Kapitel wird wohl ebenfalls plotlos bleiben! Ich muss einige Dinge verarbeiten, die schon seit Beginn der Story in meinem Kopf herumspuken! Es war nämlich, wenn auch nur undeutlich, von Anfang an geplant gewesen, dass der Prinz irgendwann in Rayos Welt landen würde ^^ Und Rayo gibt es ja jetzt schon seit... *überleg* *guckt nach* seit dem 3. September 2002; 17.00 Uhr und... null Sekunden... *sweatdrop* Aber immerhin ist das jetzt weit über ein Jahr ^^ Das erstaunt mich selbst! Ich weiß allerdings nicht, wie lang die Story noch werden wird ^^ Aber ganz ehrlich gesagt bin ich auch froh, wenn ich mal ein Ende drunter setzten kann! Wisst ihr was? Ich lasse sie einfach vor einen Bus rennen und sterben *lacht fies* Nein, Scherz! Ich schreibe sehr gerne an der FF, aber ich habe noch nie eine längere Story mal wirklich beendet! Das wäre einfach mal schön! So... und zum Ende meines wieder einmal viel zu lang geratenen Kommentars setze ich mein Dankeschön an die netten Kommi-Schreiber: Peruka, Mistery, Tasuki81 und Angel_of_Goddess!! Ich bin wirklich froh, dass euch die Story gefällt! Ohne die Kommentare hätte ich sicher schon vor langer Zeit aufgegeben ^^ Und das ist ernst gemeint! Ihr inspiriert mich zu neuen Ideen und es macht einfach Spaß, zu schreiben, wenn es anderen gefällt ^^ *cheer* Danke *gerührt* So, jetzt aber Schluss... ich Labertasche... Tara Kapitel 12: Special 3 --------------------- Rayos Reise Part 5 - Special 3: Outtake Tja, dies ist ein sehr kurzes Special, aber sicher wird es euch gefallen. ^^ Es ist eine Szene, die ich mal irgendwann rausgeschnitten habe, weil sie mir irgendwie nicht gepasst hat, weil alles irgendwie in eine ganz falsche Richtung lief, ohne, dass ich es hätte kontrollieren können. Warum ich sie trotzdem behalten habe, weiß ich nicht. Einzuordnen ist sie noch vor dem Ball auf dem Schloss - sogar ganz kurz davor. Ursprünglich war es nicht geplant, dass Rayo an dem Ball überhaupt teilnimmt, sondern vorher abhaut und nach Hause geht. Rayo und Daron sind also auf Darons Zimmer und unterhalten sich über Kira und Rayos Beziehung zu ihr. Ich kopiere die Sätze, die in beiden Versionen der Geschichte noch gleich waren. Danach irgendwann verläuft alles anders (ich hatte noch eine Menge geschrieben gehabt, aber das lassen wir mal alles weg - Schuld ist der Hentai-Anteil *wird rot und versteckt sich*). --- "Bleib ruhig!", unterbrach Rayo ihn unwirsch. "Was ich mit Kira zu tun habe, sagte ich bereits, da ist nichts! Ich weiß gar nicht, was dich das interessieren sollte! Du liebst doch Raya!" "Ich..." "Außerdem...", sprach Rayo laut weiter. "...hat meine Schwester dir schon einmal eine Abfuhr erteilt! Sie möchte einfach nicht, dass du dir Hoffnungen machst! Du hast nichts falsch gemacht! Nur zügeln solltest du dich vielleicht mal... du benimmst dich wie ein Kind!" --- Daron packte seine Handgelenke und drückte ihn erzürnt gegen die Wand, so wie er es schon einmal getan hatte. Langsam lehnte er sich an Rayos schmaleren Körper. Dessen goldene Augen blitzten etwas erschrocken auf. Er wusste nicht, was das jetzt für eine Einschüchterungsaktion war. Nur eines wusste er ganz genau: Diese Methode verfehlte vollkommen ihre Wirkung. Ihm wurde eher warm, als dass er Angst hatte. "Ich bin kein Kind!", murmelte Daron mit tiefer Stimme, die Rayo bis ins Innerste drang und seine ganze Weltordnung erschütterte. Er legte seine Stirn auf Rayos und sah ihm dabei unverwandt in die Augen. Von dem Kleineren kam keine Reaktion auf seine Worte, nur ein verwirrtes Zwinkern der weit aufgerissenen Augen. Eine von Darons Händen wanderte vom Handgelenk herauf zu seiner Wange, streichelte über die zarte Haut des Gesichts, das immer noch denselben ratlosen Ausdruck beibehielt wie zuvor. Rayo war schon ein seltsamer Typ. Wieso schaffte er es immer, ihn so aus dem Konzept zu bringen? Würde er es nicht besser wissen, würde er diese Wut als Eifersucht auslegen. Rayo war seiner Schwester einfach zu ähnlich! Nur... warum hatte dann gerade dieses Kribbeln gefehlt, als er Rayas Hand geküsst hatte? Und wieso wusste er mit Bestimmtheit, dass diese Raya, die gerade dort in der Halle gestanden hatte, nicht die Raya war, die er im Kloster kennengelernt hatte? Rayo stellte fest, dass Darons Züge sich gelöst hatten. Die Strenge war aus seinen grauen Augen gewichen. Jetzt erblickte er nur Fragen über Fragen und eine unbestimmte Sehnsucht nach irgend etwas in ihnen, das er nicht erkennen konnte. Dabei war er es doch, der Antworten wollte! "Daron...?", flüsterte er. "Warum machst du das mit mir?" Der Prinz sah ihn nur an, sein Blick durchdrang jeden Schutzwall, hinter dem er sich verstecken wollte und zwang ihn, den eigenen Blick starr hinauf zu ihm gerichtet zu halten. Er nahm das nachdenkliche Zusammenziehen der Augenbrauen und das leichte Zucken der Hand wahr, die mit einer Haarsträhne spielte, welche ihm ins Gesicht gefallen war. "Ich kann nicht dagegen an...", sagte Daron schließlich nur in rauhem Ton. Mehr nicht. Das war seine Begründung für sein besitzergreifendes Verhalten Er machte das, weil er nicht anders konnte... Eine komische Vorstellung, fand Rayo... Die Hand an seiner Wange wanderte wieder nach unten, diesmal an seine Hüfte und zog ihn noch enger an den warmen Körper des Prinzen. Rayo legte seinen Kopf auf Darons Schulter. Er fühlte sich ganz schwach, als hätte er einen anstrengenden Tag hinter sich und nur das Bedürfnis, sich fallen zu lassen. Darons Hände strichen über seinen Rücken nach oben, ließen heiße Schauer von da aus über seine Schultern rieseln. Er hatte das Gefühl, umzufallen, würde der Prinz ihn nicht festhalten. Diese Umarmung war ganz anders als alles, was er bisher durchlebt hatte. Sie war viel intensiver als jede andere. Er spürte sogar Darons muskulöse Brust durch den Anzug hindurch und wunderte sich über sich selbst, dass ihn das nicht im Geringsten störte. Dass er das sogar als sehr angenehm empfand. Es genoss, ihm so nah zu sein. Er suchte wieder Blickkontakt, schaute mit einer gewissen Scheu hinauf in die grauen Augen, die die stille Frage widerspiegelten, die auch Rayo im Kopf herumschwirrte. Warum...? Doch Daron schien nicht darauf warten zu wollen, bis einer sie aussprach. Eine seiner Hände streifte durch Rayos Haare, rief ein wohliges Kribbeln bei ihm hervor, verweilte dann mit ernster Bestimmtheit am Hinterkopf. Die andere legte sich unter sein Kinn, wie um jeglichen Widerspruch im Keim zu ersticken. Das letzte, was Rayo in Darons Augen sehen konnte, war eine Mischung aus Sanftmut und Entschlossenheit, bevor der Prinz sich vorbeugte und ihn mit der Berührung ihrer Lippen alles um sich herum vergessen ließ. Rayo klammerte sich an Daron fest, da er das Gefühl hatte, den Halt zu verlieren, täte er es nicht. Daron legte mit einem leisen Seufzer die Arme um den ihm so zerbrechlich erscheinenden Körper des Jungen. Fordernd streifte er wieder die Lippen Rayos, der in seinen Armen dahinschmolz, den Kuss jedoch nur schüchtern erwiderte. Darons Lippen sprachen wortlose Bitten, sich ihm zu öffnen, dem inneren Drängen nachzugeben. Rayo sog lautstark die Luft durch die Nase ein, als er die Hände des Prinzen unter sein Oberteil schlüpfen und seinen Bauch liebkosen spürte. Er fühlte, wie etwas in ihm immer weiter bröckelte, eine Art kalter Widerstand, der die Wärme bisher abgewehrt hatte. Leicht öffnete er den Mund, hörte Daron daraufhin erfreut aufseufzen. Darons Zunge fuhr hinein, um sich den Preis für die Umschmeichlungen zu holen, umspielte, erforschte. Alles schien in einen ewigen Wirbel aus Flammen zu geraten, der immer mehr an ihnen riss. In Rayos Bauch schien ein Feuer entzündet, er hatte das Gefühl, es verzehrte ihn innerlich und nur Daron, ja, nur er allein, versprach Linderung. Er presste sich an ihn, zog ihn mit den Armen noch näher an sich heran, obwohl das eigentlich schon gar nicht mehr möglich war. Sein Geruch umhüllte ihn, erweckte etwas wildes, ungezähmtes in ihm, das sein Handeln übernahm, seine sehnlichsten Wünsche auslebte, die er sich selbst immer verboten hatte. Schwer atmend lösten sie ihre Lippen voneinander, nur um sich gleich darauf wieder zu finden und in einem weiteren feurigen Spiel aus Leidenschaft zu versinken. "Rayo...", hauchte Daron zwischen zwei Küssen. "Du gehörst mir!" Was das wirklich bedeutete vermochte Rayo nicht aufzunehmen, er wusste nur, dass er im Moment ganz ihm gehören wollte, ihn gleichzeitig besitzen wollte, nur für einen Augenblick und bis in alle Ewigkeit. "Du bist Mein!", wiederholte Daron noch einmal, küsste Rayo, der sich in all seiner Unschuld hingab, sich ihm überließ "Ich bin Dein...", bestätigte Rayo keuchend, merkte, wie Darons Lippen von seinen abließen und über sein Kinn zu seinem Hals hinabwanderten. Er schob das störende Kleidungsstück etwas zur Seite und knabberte zärtlich an dem linken Schlüsselbein darunter, strich mit der Zunge über die empfindliche Haut, bis das Oberteil kein Weiterkommen mehr zuließ. Und eben in diesem Moment klopfte es lautstark an der Tür. Darons Kopf fuhr verärgert hoch, richtete sich auf das gerötete Gesicht des Jungen in seinen Armen und dann böse auf das Holz der Tür, als könnte sie etwas für die Unterbrechung. Der Prinz ließ Rayo los. "Ja, bitte?!" Seine Stimme verbarg seine Wut nicht. Wie immer. "Ich bin's nur, Daron..." Es wurde ohne weitere Frage geöffnet und der König persönlich tappte in das Zimmer. "Ich wollte dich nur fragen, ob du weißt, wo das Parfum deiner Mutter ist." Der Prinz lief vor Scham und Ärger bis unter die Haarwurzeln rot an. "Warum sollte ich Mutters Parfum in meinem Zimmer haben?", schrie er seinen alten Herren an. "Das ist ja wohl das Letzte!" "Reg dich ab, Junge!", murrte sein Vater. "Es sind übrigens noch einige Gäste eingetroffen! Zum Beispiel Mirim von Lilits und.." "Das interessiert mich aber überhaupt nicht..." Daron ballte wütend die Hände zu Fäusten. "Mirim ist deine Tante!", schalt sein Vater. "Geh zu ihr und begrüße sie wenigstens!" "Ich hasse sie!", fauchte der Prinz. "Sie taucht immer in den unpassendsten Augenblicken auf!" "Du hattest doch eh nichts zu tun!", meinte der König gleichgültig. "Und jetzt ab mit dir!" Daron warf Rayo einen sehnsuchtsvollen Blick zu, der eine Fortsetzung dessen versprach, was sie gerade getan hatten und verließ vor seinem Vater herschlurfend das Zimmer. Die Tür wurde geschlossen. Es wurde still. Unendlich still. Rayos Reise Special 3 - Ende Das war's. Okay, es kommen danach eigentlich noch viele Seiten mehr, aber ich will hier auf Animexx den Hentaipart nicht veröffentlichen - oder ihn überhaupt irgendwem zeigen. Ich schicke ihn auch niemandem als Mail zu. Damit wäre das schon mal geklärt. Was mir an der Szene nicht gefallen hat: Erstens: Darons Gedanken wurden dargestellt. Ein kleines Malheur, das mit nicht hätte passieren dürfen. Zweitens: Es ging alles zu schnell mit Rayos und Darons Beziehung. *deutet auf den ,Du bist Mein'-Part* und es war zu abrupt in der Geschichte. Was mir persönlich im Nachhinein noch ganz gut gefällt: Die Atmosphäre, weshalb ich die Szene ausgewählt habe und das Ende mit Darons Papa. Allgemein finde ich den Gedanken eines Was-Wäre-Wenn Verlaufs sehr interessant. Was wäre denn gewesen, wenn Rayo an dieser Stelle der Geschichte abgehauen wäre und nicht am Ball teilgenommen hätte? Ich kann es euch sagen: Er hätte Leyas Schwester kennengelernt und ein paar Dinge über ihre Familie erfahren und anschließend wäre er auf einem Drachen über den Wolken zu dem Portal geflogen (mit Leya und ihrer Schwester), durch das er diese Welt betreten hat und dieses hätte die Schwester dann geöffnet. Dann wäre Daron auf seinem schwarzen Hengst angaloppiert gekommen und mit in das Portal gerannt. Es käme also auch darauf hinaus, dass Daron mit in Rayos Welt geht. Danach käme dann theoretisch die Hentai-Szene *hust und sich versteck* Und danach habe ich aufgehört, weil ich darüber nachgedacht habe, was ich da angestellt habe und ich habe es alles wieder rausgeschnitten. *war damals vollkommen verzweifelt* Ich hoffe, dass das kurze Stück da euch gefallen hat. Und stellt euch schon einmal auf das nächste richtige Kapitel ein, das wird nämlich bald kommen. More RayoDaron-ness! Yay! Bye Tara Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)