I didn't hear you leave von abgemeldet ================================================================================ Requiem for a dream ------------------- „Nicht, dass es irgendwie wichtig wäre. Wenn du bei mir bleibst, brauche ich keinen Himmel.“ Langsam stand er auf, nahm mein Gesicht in seine Hände und schaute mir in die Augen. „Für immer“, schwor er, immer noch überwältigt. „Mehr verlange ich nicht“, sagte ich und reckte mich auf die Zehenspitzen, damit ich meine Lippen auf seine drücken konnte. „Isabella.“ Ich richtete mich ruckartig auf. „Träumst du wieder?“, fragte die Stimme spöttisch. „Vampire träumen nicht, Jake.“, antwortete ich trocken. Er fuhr mit seiner Hand an seine Brust, wo einst sein Herz schlug. „Ich bin bestürzt!“, rief er sarkastisch. Ich rollte nur mit den Augen. „Was willst du?“ „Nichts Bestimmtes. Ich geh jagen und wollte dir bescheid sagen. Kommst du mit?“, seine Stimme klang fast hoffnungsvoll. „Nein.“ „Es ist gegen unsere Natur keine Menschen zu töten. Wir töten, um zu überleben.“, informierte mich Jake. Wir leben nicht. Wir haben keine Natur. Das hätte ich ihm gern gesagt, aber das war nicht nötig. Ich gab ihm keine Antwort und er erwartete auch keine von mir. Er wusste wie ich über das Vampir-Dasein dachte. Das ich es abstoßend und falsch fand. Uns sollte es nicht geben. „Ich lebe länger als du und-“, sprach er näher kommend. „Du lebst nicht, du …existierst nur.“, unterbrach ich ihn, doch er redete weiter ohne meinen Einwurf zu beachten. „- ich kann dir sagen, dass es nur ungesund sein kann, sich von Tierblut zu ernähren… Obwohl ich deine honigbraunen Augen ja ganz süß finde…“, er fasste mein Kinn und drehte es nach links, nach rechts um mein Gesicht von allen Seiten betrachten zu können. Ich wies ihn nicht zurück. Es war mir gleich… Wie so viel in den letzten Jahren… In den letzen 28 Jahren. Er wandte sich ab, „Wie auch immer…Falls du es dir anders überlegst. Du weist wo du mich findest.“ Er ging raus. Raus aus der mickrigen Hütte, die wir beide behausten. Ich legte meinen Kopf verzweifelt in die Hände. „Erinnere dich! Erinnere dich doch!“, flüsterte ich mir zu. Es war so aussichtslos. Jake sagt, kaum ein Vampir erinnert sich an sein menschliches Leben. Wenn es denn nur so wäre! Sich nicht erinnern….was für ein Geschenk! Nein…ich war verflucht, denn ich konnte mich erinnern…aber nur an Fetzen, kleine Brocken, die mich in den Wahnsinn trieben. Ich erinnerte mich an ein wunderschönes Mädchen mit kurzen dunklen Haaren und fühlte, dass sie mir einst viel bedeutet hatte…meine Schwester? Eine Verwandte? Eine Freundin? Ich wusste es nicht… Dann sah ich einen Polizisten… und einen jungen gut aussehenden Arzt…wer waren sie? Und schließlich meine liebste Erinnerung: Jemand verspricht mir für immer bei mir zu bleiben und küsst mich. Warum sehe ich nicht sein Gesicht? Ich höre nur seine Stimme…Ich spielte die Szene immer und immer wieder in meinem Kopf ab. Ich liebte diese Stimme. Habe ich sie auch als Mensch geliebt? Diese letzte Erinnerung ist meine jüngste…vier Monate alt. Plötzlich war sie da, als wäre sie nie weg gewesen. Ich richtete mich auf und sah mich in dem schäbigen Zimmer um und entdeckte in der Ecke einen alten dreckigen Spiegel. Ein Spiegel… wann habe ich zuletzt mein Spiegelbild gesehen? Das muss Monate, wenn nicht Jahre, her sein! Ich stand auf und ging zum Spiegel und erkannte die Person nicht, die mich ansah. Abgenutzte, löchrige, Kleidung, ungepflegtes verknotetes Haar, dreckige Hände und schmutziges Gesicht. Wahrscheinlich hätte ich geweint, wenn ich gekonnt hätte. Wie war es dazu gekommen? Wie konnte es dazu kommen? Aber dann fiel mir die Antwort ein. Jake. Jake machte sich nicht viel aus Kleidung. Aus gepflegtem Äußeren. Aus schönen Häusern. Aus irgendwas. Für ihn war nur eins wichtig: wie kommt er schnell an Blut ohne große Opfer bringen zu müssen. Deshalb behausten wir auch dieses kleine Etwas…was man grade noch als Hütte bezeichnen konnte, mitten im Wald im Nirgendwo. Viele Menschen gab es hier nicht. Und wenn wir weiter ziehen, werden es noch viel weniger sein. Aber das war Jake nicht wichtig. Er sagt, es müssen nicht viele sein, es müssen nur genug sein. Und obwohl es mich anwiderte was er tat –Menschen töten- und obwohl er selbst mich anwiderte –weil er es tat-, war er alles was ich hatte. Er war es, der mich gefunden hat. Er war es, der mich bei sich aufnahm, zu sich nahm. Er war es, der mich lehrte ein Vampir zu sein. Er war es, der auf mich Acht gab. Ich wollte ihn gern verlassen. Ich trank kein Menschenblut, ich konnte also unter Menschen sein. Oder vielleicht unter anderen Vampiren, die so dachten wie ich. Jake sagt, es gibt niemanden der so lebt wie ich. Jake sagt, ein Vampir kann nicht unter Menschen leben. Jake sagt, alleine wäre es nicht sicher für mich, alleine würde ich nicht klar kommen, ich sollte bei ihm bleiben. Und so bleibe ich, denn ich glaube ihm. Jake ist über 500 Jahre alt. Er wusste mehr als ich. Aus diesem Grunde war ich hier und bemitleidete mich selbst. Es ist erbärmlich. Es sollte mehr geben. Selbst für einen Vampir. Es musste einfach mehr geben. Ich trat aus der Hütte und atmete tief ein. Was für ein schöner Tag… ich lächelte. Wann habe ich zum letzten Mal gelächelt? Jake hat Unrecht. Ich werde ihn verlassen…nach 28 Jahren. Ich kann sicher unter Menschen sein. Ich werde es versuchen. Ich werde alleine sein. Ich werde auf mich aufpassen, schließlich bin ich ein Vampir. Es muss einfach mehr geben. Und mein Lächeln erstarb. Denn ich wusste, dass ich Jake nicht verlassen würde. Ich ging zurück in die Hütte. Setzte mich auf die verschlissene Couch und dachte an die Stimme. „Wenn du bei mir bleibst brauche ich keinen Himmel.“ Und wenn du bei mir wärst, bräuchte ich nicht Jake, dachte ich und schloss die Augen, um mich zu konzentrieren. Vielleicht würde mir mehr einfallen. Vielleicht würde ich mich an das Gesicht erinnern können. Oh bitte! „Für immer“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)