Dämonen, Engel und ein Drache von goldenchie (Fortsetzung zu "Enthüllungen und Geständnisse") ================================================================================ Kapitel 36: Verzeihung? ----------------------- „..........“ = wörtliche Rede >.........< = Gedanken kursive Worte sind betont ___________________________________________________________________________ ... „Du würdest mich heute wirklich noch mal auf hohen Schuhen nach Draußen scheuchen?!“, fragt sie, allerdings nur halbwegs entrüstet. Ren lacht leise und zieht sie sacht an sich, um ihr einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Nein, Hime-chan“, sagt er lächelnd, „heute nicht, das hab ich doch gesagt.“ Noch ein Mal lacht er leise. „Nein, nein, aber ich liebe es, einen ganz legitimen Vorwand zu haben, dich den ganzen Abend in meinen Armen zu halten ... und außerdem würde ich auch gerne mal mit meiner schönen Frau angeben ... wenigstens ein bisschen...“ Kyoko ist in Sekundenbruchteilen genauso sprachlos wie (überaus) rot... Glücklicherweise klingelt es in diesem Moment an der Tür. Das Essen ist da. ___________________________________________________________________________ ACHTUNG!: In der Seiten-Ansicht ist das Fettgedruckte unvollständig! Bitte HTML-Version lesen! Verzeihung? Zufrieden seufzend lässt sich Kyoko auf einen Stuhl in Rens geräumiger Garderobe sinken, nachdem sie alle Bento-Boxen auf dem Tisch verteilt hat, die sie gestern Abend aus lauter Freude über Shos derzeitige Abwesenheit vom Set für ihre Freunde vorbereitet hat. Ren lächelt nachsichtig, als die beiden Betreuer ihn fragend ansehen, während Kanae nur staunend auf den Deckel der schwarz-goldenen Bento-Box schaut und ihn schließlich beinahe ehrfürchtig abnimmt. „Hach“, meint Kyoko derweil gut gelaunt, „es ist doch gleich viel einfacher, konzentriert zu arbeiten, wenn Sho-kun nicht hier ist. Geradezu erholsam.“ Wohlig streckt sie ihre Glieder und greift dann beherzt zu ihren Stäbchen. „Ach, komm schon“, wirft Yashiro vorsichtig ein, „die letzten Tage fand ich ihn gar nicht so übel. Er scheint doch langsam zu lernen, sich angemessen zu benehmen.“ Kyoko überlegt einen Moment lang ernsthaft. „Hm“, sagt sie dann, „stimmt eigentlich. Inzwischen ist er weitgehend erträglich. Meistens jedenfalls.“ Grinsend schaut sie zu ihrem Mann hoch, der neben ihr sitzt. „Trotzdem... Ich bin froh, wenn ich mal ein paar Tage Ruhe vor ihm habe...“ Ren grinst nur in sich hinein. Eigentlich ist er auch ganz froh, dass sie am Set endlich mal wieder unter sich sein können. Das Versteckspiel Fuwa gegenüber ist zwar mitunter durchaus amüsant, aber auf Dauer auch ein wenig anstrengend. - ...und natürlich ist es auch ein bisschen frustrierend, wenn er tagsüber überhaupt nicht mehr mit seiner Frau allein sein kann... „Also, echt“, reißt ihn Kanae aus den Gedanken, „die Bento-Boxen sehen so richtig nobel aus... Das ist echte Lackarbeit, oder?“ Kyoko errötet leicht und verdreht demonstrativ die Augen in Richtung Ren. „Ja...“, antwortet sie leise. „Ich find’s ja etwas übertrieben...“ „Wieso?“, widerspricht Kanae. „Sie sind wirklich schön ... und schließlich wirst du sie doch mit Sicherheit häufiger gebrauchen.“ Kyoko seufzt nur tief. In Rens Gesicht hingegen breitet sich ein vergnügtes Grinsen aus. „Richtig.“, sagt er schmunzelnd. „Ich dachte, wenn sie sich schon unnötigerweise so viel Arbeit macht, dann kann ich wenigstens mit einer angemessenen Verpackung dazu beitragen. – Außerdem wird es ganz bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass sie benutzt werden.“ Lachend gibt er Kyoko einen Kuss auf die Wange und zuckt dann grinsend die Schultern. „So wie ich dich kenne, kannst du es ja doch nicht lassen, dich trotz deines ohnehin schon großen Arbeitspensums in der Küche wegen ein paar Bentos abzuschuften, bis dir quasi im Stehen die Augen zufallen.“, stichelt er mit einem scheinheiligen Grinsen im Gesicht. Während alle anderen am Tisch erschrocken die Luft einziehen, schnauft Kyoko empört durch die Nase. „Gar nicht wahr!“, schmollt sie gedämpft. Ren grinst sie ironisch an. „Wie du meinst, Liebste. Sei’s drum...“ Mit einem schelmischen Glitzern in den Augen beugt er sich über das Bento seiner Frau und stibitzt ihr frech ein Gyoza. „Die sind lecker.“, kommentiert er versöhnlich und steckt sich die Teigtasche kurzerhand in den Mund. Dann küsst er Kyoko erneut auf die Wange und meint leise: „Übertreib’s nicht damit. – Sonst fällt die ‚Strafe’ das nächste Mal etwas teurer aus...“ Leise lacht er in ihr Ohr und schickt ihr dabei heiße Schauer durch den ganzen Körper. Seufzend verzieht sie das Gesicht zu einer Grimasse, lächelt ihn dann jedoch liebevoll an. „Mit so `ner Strafe könnte ich leben...“, murmelt Kanae schmunzelnd und widmet sich wieder dem Essen. Unverhofft klopft es an der Garderobentür. Ren erhebt sich, um sie zu öffnen. „Entschuldigen Sie vielmals, Tsuruga-sama“, sagt der junge, uniformierte Mann, der vor der Garderobe steht und sich – sichtlich nervös und mit hochrotem Kopf – beinahe übertrieben tief verbeugt, „man hat mir gesagt, Mogami-sama sei in Ihrer Garderobe. Ich habe ein Päckchen für sie, das ich ihr persönlich übergeben muss.“ „Ja, sie ist hier.“, antwortet Ren freundlich. „Kommen Sie doch einen Moment rein, wir sind gerade beim Essen.“ Kyoko sieht überrascht zu Kanae hinüber, dann schaut sie ihrem Mann fragend in die Augen; doch dieser zuckt nur kaum merklich die Schultern. Ein wenig verwirrt steht sie auf, um ihren persönlichen Stempel aus der Tasche zu kramen. Noch immer ist der junge Mann in Uniform unübersehbar aufgeregt, dass er gleich zwei solche Berühmtheiten aus nächster Nähe betrachten darf. „Hier, bitte, Mogami-sama“, sagt er und reicht Kyoko das Paket, das sie darauf an Ren weiter reicht. „Wenn Sie mir bitte hier den Empfang quittieren würden.“ Mit deutlich zitternden Händen reicht er ihr sein Klemmbrett und zeigt auf die betreffende Stelle auf dem Papier. Kyoko setzt freundlich lächelnd und ein bisschen verlegen ihr Siegel darauf. „Vielen Dank.“, sagt sie. Der Bote verbeugt sich noch ein Mal tief – noch immer hochrot im Gesicht. „Oh, ich habe zu danken ... und entschuldigen Sie bitte die Störung.“ Ren lächelt freundlich und verbeugt sich leicht. „Keine Ursache.“, sagt er, „Sie machen ja schließlich nur Ihre Arbeit.“ „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“, meint der junge Mann in Uniform und verbeugt sich erneut. „Und viel Erfolg!“, bekommt er noch heraus, bevor er sich hastig wieder auf den Weg macht, ein ziemlich glückliches Lächeln in seinem geröteten Gesicht. „Na, hoffentlich sieht er sich meinen Signatur-Stempel nicht genauer an...“, merkt Kyoko stirnrunzelnd an, als sie wieder unter sich sind. Kanae kichert leise, offensichtlich hatte sie schon geraume Zeit Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. „Ach, hör doch auf!“, gluckst sie vergnügt. „Der arme Junge war so aufgeregt, Ren-san und dich persönlich zu treffen, dass er nicht mal gemerkt hat, dass noch andere Personen im Raum waren.“ Ren nickt grinsend. „Außerdem wird er sich nicht zwangsläufig etwas dabei denken“, fügt er hinzu. „So selten ist der Name Hizuri nun auch wieder nicht. Und Künstlernamen sind ja in unserem Geschäft auch nicht gerade ungewöhnlich.“ Kyoko seufzt tief. „Wenn du meinst... Von wem ist das Päckchen überhaupt?“ Ren dreht das Paket herum, um den Adressaufkleber besser lesen zu können und zieht überrascht die Stirn in Falten. „Von Sho Fuwa.“, verkündet er verblüfft. „Was?!“, ruft Kyoko entsetzt und nimmt ihrem Mann ungläubig den Karton ab. „Was zum...?“ Kanae schiebt sich neugierig nach vorn. Allerdings hält sie das nicht vom Essen ab, das sie sich weiterhin genüsslich in den Mund schiebt. „Mach es doch einfach auf.“, schlägt sie vor, als sie grinsend die nächste kleine Köstlichkeit aus der Box fischt. Kyoko sieht unsicher zu Ren hinauf. Lächelnd – und irgendwie beruhigend – zuckt er mit den Schultern, bevor er auf ihren fragenden Blick antwortet. „Ich glaube ja nicht, dass du es bis heute Abend aushalten kannst zu warten. Tu es ruhig, wir sind ja schließlich unter uns.“ Kyoko atmet ein paar Mal tief durch, dann stellt sie das Paket auf dem Tisch ab und beginnt es zu öffnen. Was sie schließlich zu Tage fördert, sind eine CD mit dem Titel „Verzeih!“, eine einzelne blauviolette Blume, die ein wenig an eine Hyazinthe erinnert und ein zusammengerolltes Stück Papier, das mit einer blauen Seidenschleife zusammengehalten wird. „Was soll denn das?“, fragt sie verwirrt. „Der Kerl hat mir doch bisher höchstens was geschenkt, das er selbst nicht mehr gebraucht hat.“ Hilflos sucht sie Rens Blick. „Jetzt sag nicht, er hat dir noch nie was geschenkt?“, fragt Kanae entsetzt. „Nicht mal zum Geburtstag?!“ „Wie gesagt“, gibt Kyoko schulterzuckend zurück, „nur Sachen, die er sowieso nicht mehr gebraucht hat. Aber das ist mir natürlich erst viel später klar geworden. – Ich hab damals sogar jede einzelne CD von ihm selbst kaufen müssen; der ist nicht mal auf die Idee gekommen, mir eine mitzubringen. – Heute weiß ich natürlich, dass er nur seine Managerin hätte fragen brauchen; damals dachte ich, dass die Plattenfirma keine Freiexemplare rausrücken wollte.“ „Willst du die CD hören?“, fragt Ren leise. „Hier muss irgendwo ein CD-Player sein. – Ich glaube, er möchte dir was sagen.“ Er versucht möglichst neutral zu wirken, kann jedoch seine Besorgnis nicht ganz verhehlen. „Ich weiß nicht...“, sagt Kyoko unsicher. „Vielleicht hilft dir das weiter, was in der Schriftrolle steht.“, schlägt Rina vor. Kyoko setzt sich seufzend hin, öffnet die Schleife, entrollt das dicke, schwere Papier ... und runzelt ratlos die Stirn. „Und? Was steht drin?“, will Kanae wissen. Ihre Freundin überfliegt kurz den Text, während ihre Gesichtsfarbe nach und nach immer blasser wird. „Offenbar ist das der Text zu dem Song auf der CD.“, erklärt sie. „Vielleicht ist es dann besser, die CD dazu zu hören.“, findet Ren. Besorgt beobachtet er die Reaktion seiner Frau. „Gibt es in dem Brief irgendwelche Erklärungen dazu?“, fragt er. Kyoko schüttelt etwas verwirrt den Kopf. „Nein. Jedenfalls habe ich nichts gefunden; ich hab’s aber nur überflogen.“ „In jedem Fall muss er es wirklich ernst meinen.“, mischt sich unvermittelt Rina ein. „Diese Blume ist nämlich ein Blaustern.“ Fragend richten sich alle Blicke auf die junge Betreuerin. „Meine Mutter hat einen absoluten Blumentick“, erläutert Rina schulterzuckend, „und sie weiß alles über ihre symbolische Bedeutung. Blausterne stehen für die Bitte um Vergebung und darum, die Vergangenheit zu vergessen und neu anzufangen. – Es passt also zu dem, was der Songtitel sagt. Aber das allein wäre noch nicht unbedingt bemerkenswert.“ Sie macht eine bedeutungsschwangere Pause. „Fakt ist, dass es nicht gerade leicht ist, an Blausterne heranzukommen. Das sind keine Blumen, die man in jedem Blumengeschäft kriegt. Ich weiß das, weil meine Mama mal fast ein halbes Jahr damit zugebracht hat, hinter dieser Blume herzujagen, weil sie sich unbedingt mit einer alten Schulfreundin versöhnen wollte. Und dann bekam sie sie auch nur als Sämerei. Sie musste sie mühsam selbst ziehen. – Und wenn man noch die Jahreszeit bedenkt, dann muss Fuwa-kun schon einiges in Bewegung gesetzt haben, um an diese vergleichsweise unscheinbare Blume zu kommen...“ Kyoko muss so schwer schlucken, dass man fast den Eindruck hat, ihr würde eine sehr dicke, sehr bittere Pille im Hals stecken. Stirnrunzelnd greift Ren nach der CD und macht sich auf die Suche nach dem Abspielgerät, das er in einem der Garderobenschränke vermutet. Schließlich hat er es gefunden und legt die Disc ein; fragend sieht er seine Frau an, die ihm daraufhin seufzend zunickt. Kurz darauf beginnt ein langsames, schwermütiges Intro den Raum zu erfüllen und jagt den Anwesenden fast unmittelbar düster-zarte Schauer über den Rücken. Dann ertönt Shos Stimme: Ich brach dein Herz entzwei – wohl wissend und weckte einen Racheengel, Furcht erregend und doch wunderschön. Nicht ahnend die Dummheit meiner Tat. Ich hätte doch wissen sollen, dass noch so viel Wunderbares in dir schlummert. Ich hätte es erkennen müssen, das Potential deiner explosiven Leidenschaft, die kompromisslose Tiefe deiner Liebe, doch ich war schrecklich blind auf diesem Auge, blickte nur auf die unscheinbare Fassade, nicht ahnend, welch Schönheit nur wartete, geweckt zu werden. Und doch war ich es, der sie weckte, durch das kalte Schwert meines Verrats, das grausam ich ins Herz dir rammte, erbarmungslos, lächelnd, arrogant. Hätt ich doch nur gewusst, dass ich mich selbst verdammte! Heute bist du nicht mehr hier bei mir. Deine Rache schmerzt weit mehr als je vermutet. Mein Leben ist leerer geworden. Niemand mehr, bei dem ich einfach ich selbst sein kann, niemand, dessen Lachen die Nacht meines Innern erhellt, niemand, bei dem ich meinen Schmerz vergessen kann – und sei’s auch nur für ein paar kostbare Momente. Ich habe dich getötet. – Du bist auferstanden – Jedoch nicht durch mich. Jetzt steh ich hier als der Verlierer, übrig nur, mit leeren Händen, leerem Herzen. Erst jetzt weiß ich, was ich an dir hatte. Erst jetzt erkenn ich, was du mir bedeutest. Erst jetzt kann ich auch deine Schönheit sehen, erst jetzt spüren, was an Wundern noch aus dir geboren werden will. Du entferntest mich aus deinem Leben, ich erkenn erst jetzt, du hattest jedes Recht dazu. Ich kann nichts zurück nehmen, was ich sagte, nichts ungeschehen machen, was ich dir antat, kann nicht verleugnen, dich verkannt zu haben. Ich wünschte, ich könnte es, ich war so dumm. Es tut mir schrecklich leid! Einen langen Moment bleibt es still, nachdem die letzten Töne verklungen sind. Dann räuspert sich Kanae und bricht mit belegter Stimme das aufgewühlte Schweigen. „Eins muss der Neid ihm lassen.“, meint sie anerkennend. „Wenn er was kann, dann Musik machen. – Das war... Meine Güte, ich hab immer noch Gänsehaut.“ Stumm nickend pflichten die anderen bei. Kyoko hingegen ist ziemlich blass geworden, mit leicht zittrigen Händen hält sie das Papier mit dem Liedtext in der Hand. Irgendetwas daran bereitet ihr Unbehagen, aber sie kann beim besten Willen nicht sagen, was. Mühsam schiebt sie den Gedanken beiseite. „Für Kalligraphie hat er durchaus auch ein Händchen.“, murmelt sie abwesend und seufzt leise. „...wenn er sich denn mal herablässt, sich die Zeit dafür zu nehmen...“ Langsam lässt sie das Blatt auf den Tisch sinken. Kanae reicht neugierig herüber und nimmt es ihr aus der Hand, um es genauer zu betrachten. „Das heißt, er hat das selbst geschrieben?“, fragt sie verwundert. „Ja“, seufzt Kyoko, „das ist eindeutig seine Handschrift.“ Besorgt beobachtet Ren seine junge Frau und nimmt sie schließlich behutsam in den Arm. Instinktiv kuschelt sie sich an seine Brust und atmet langsam und tief seinen beruhigenden Duft ein. Bis ihr plötzlich ein beängstigender Gedanke kommt. In Sekundenbruchteilen weicht ihr die Farbe aus dem Gesicht und sie schreckt unsanft hoch. „Oh, mein Gott!“, entfährt es ihr entgeistert. „Das ist das Lied, wegen dem er heute bei diesem Release-Event ist und die Pressekonferenz hat!“ Erschrocken legt sie die Hand über den Mund und stöhnt gequält auf. „Wenn er auch nur eine winzige Andeutung macht, dass der Text autobiographisch ist oder um wen es dabei geht, ... dann ... bin ich geliefert! Seine Fans werden mich innerhalb von drei Tagen lynchen. – Ist das jetzt seine Rache?!“ „Glaub ich nicht, dann hätte er sich doch nicht solche Mühe gegeben.“, meint Kanae ruhig. „Außerdem lief es doch in den letzten Tagen wirklich besser zwischen euch.“ „Ich glaube auch nicht an Rache.“, mischt sich Ren grimmig ein. Sein Blick hat sich dermaßen verdüstert, dass Kyoko reflexartig zurück zuckt und seine offensichtlich aufkeimende Wut auf sich selbst bezieht. Ren seufzt leise und lächelt plötzlich weich. „Komm her!“, fordert er sanft und zieht sie wieder in seine Arme. „Aber mir ist jetzt klar, was Sho-kun im Schilde führt. Er will Kyoko zurück haben. Nicht als Jugendfreundin, sondern als ... feste Freundin, als Geliebte... Nennt es, wie ihr wollt.“ „Oh!“, macht Kanae verblüfft. „Ich dachte, den Zahn hätte ich ihm bereits gezogen.“ „Du wusstest...?“, hakt Ren stirnrunzelnd nach. „Na ja“, gibt Kanae zurück, „er hat so was angedeutet. Allerdings hab ich ihm gleich gesagt, dass er sich nicht einbilden braucht, bei ihr auch nur die geringste Chance zu haben. Natürlich hab ich nicht gesagt, warum genau... Daraufhin meinte er jedenfalls, er würde dann erstmal versuchen, sie als Freund zurück zu gewinnen.“ „Der will was ?!“, schreit Kyoko ungläubig auf, endlich aus ihrer verstörten Erstarrung erwacht. „Ihr habt sie ja nicht alle!“ „So“, meint Ren grinsend, „du willst also behaupten, ich leide unter so was wie Halluzinationen, mein geliebtes Eheweib.“ Kyoko hat trotz allem große Schwierigkeiten, diesem Grinsen zu widerstehen und nicht loszukichern, dennoch schafft sie es, ihn streng anzusehen. „Oh, ja“, gibt sie so bestimmt zurück, wie sie kann, „manchmal vernebelt dir deine Eifersucht ein wenig dein Gehirn, du übereifriger Schutzgeist!“ Eigentlich weiß sie sehr wohl, dass er Recht hat, aber sie will es noch nicht zugeben und ihren Mann bei der Gelegenheit gleich ein bisschen aufziehen. Ren schaut sie für einen Moment leicht entsetzt an, dann bemerkt er das verräterische Glitzern in ihren Augen. Ehe sie sich versieht, hat er sie fest in die Arme geschlossen und fällt mit einer Leidenschaft über ihre Lippen her, die ihr schier den Atem raubt. „Du musst noch einiges lernen, Kohai.“, sagt er zärtlich, als er sie wieder freigibt. „Ich weiß.“, seufzt Kyoko grinsend, während sie ein wenig von ihm abrückt. „Und was denkst du, wie ich mich jetzt bezüglich Sho-kun verhalten soll?“ „Ich weiß auch noch nicht; lass uns das heute Abend besprechen. Erstens fehlt uns jetzt die Zeit und zweitens kannst du dich sonst beim Dreh nicht genug konzentrieren.“, meint Ren und mustert seine Frau einen Augenblick lang eindringlich. „Vielleicht sollten wir noch eine Runde an die frische Luft gehen, bevor wir wieder drehen müssen; so kriegen wir hoffentlich alle den Kopf wieder frei.“ „Gar keine schlechte Idee.“, findet Kanae. >Dabei hab ich dann auch wahrscheinlich weniger das Gefühl, hier völlig überflüssig zu sein...<, fügt sie im Stillen hinzu, muss jedoch gleich darauf wieder wohlwollend grinsen, als sie sieht, wie zärtlich ihre Freunde (und deren Betreuer) miteinander turteln. „Alles in Ordnung?“, fragt Ren besorgt, als sie am Abend wieder zu Hause sind. „Du bist schon die ganze Zeit so still.“ Kyoko sieht lächelnd zu ihm hoch. „Entschuldige. Ich war nur in Gedanken.“ „Lass mich raten, worum sich diese Gedanken gedreht haben...“, meint Ren schräg grinsend; seine Augen wirken allerdings nur mäßig amüsiert. „Wenn ich dir das genau erklären könnte, wäre ich wahrscheinlich schon einen entscheidenden Schritt weiter.“, gibt Kyoko leise seufzend zurück. „In meinem Kopf geht es seit heute Mittag ziemlich konfus zu; ich kann diese Aktion einfach nicht einordnen. – Der Song ist so ganz anders als die, die Sho-kun bisher geschrieben hat...“ „Ja, ich hab gemerkt, dass dich das alles ziemlich durcheinander gebracht hat.“, sagt Ren. Liebevoll nimmt er sie in die Arme. Kyoko seufzt noch ein Mal leise, doch diesmal hört es sich eher erleichtert an. Ren spürt deutlich, wie sie sich allmählich entspannt. „Kein Wunder, dass du heute so viele NGs hattest.“, meint er mitfühlend, während er sachte über ihr Haar streicht. Kyoko stöhnt leise auf. „Ich kann mich nur entschuldigen.“, murmelt sie bedauernd. „Ich weiß, ich hätte...“ „Schhh...“, unterbricht ihr Mann liebevoll. „Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Du hast dein Bestes gegeben; schließlich bist du auch nur ein Mensch.“ Sanft greift er ihr unters Kinn, damit sie ihn ansehen muss und küsst sie zärtlich auf die Stirn. „Was hast du eigentlich Kurosaki-san heute Nachmittag erzählt; danach war er so rücksichtsvoll, dass es mir richtig unheimlich war.“, fragt Kyoko unvermittelt. Ren grinst verschmitzt. „Ich hab ihm nur gesagt, dass mir schon in der Mittagspause aufgefallen ist, dass du dich nicht wohl zu fühlen scheinst. Und dass du das niemals zugeben würdest, weil du deine Arbeit manchmal zu ernst nimmst.“ „Das sagst ausgerechnet du , der du auch mit hohem Fieber noch arbeitest - ohne auch nur mit der Wimper zu zucken?!“ kontert Kyoko grinsend ... doch ihr Grinsen wirkt müde. Ren lächelt nachsichtig. „Hätte ich ihm die Wahrheit sagen sollen? – So war es wenigstens beinahe die Wahrheit. – Jedenfalls waren wir uns schnell einig, dass wir die Ausfälle schnell aufholen werden, wenn es dir wieder besser geht. Und dann hab ich ihm vorgeschlagen, heute ausnahmsweise ein wenig früher Schluss zu machen. Wir sind mit dem Drehplan ja ohnehin mehr als gut in der Zeit; da könnten wir ins sogar ein paar Tage Vollausfall leisten.“ Rens Grinsen wird plötzlich so breit, dass man sich wundert, dass es überhaupt noch in sein Gesicht passt. „Wie du dir denken kannst, hat er zugestimmt ... allerdings nur unter der Bedingung, dass ich dich nach Haus fahre und herausfinde, ob dir was Ernstes fehlt.“ Das junge Ehepaar bricht unwillkürlich in Lachen aus. „Ach, deshalb hast du mich ohne Rücksicht auf irgendwelche Gerüchte hinter dir her aus dem Studio gezogen.“, kichert Kyoko schließlich. „Ich hatte mich schon gewundert.“ „ Gewundert, he!“ Ren schaut seiner jungen Frau amüsiert in die Augen. „Gib es zu, es ist dir eigentlich erst im Wagen aufgefallen!“ Das Rosa, das sich daraufhin unaufhaltsam auf Kyokos Wangen ausbreitet, sagt genug. Beschützend schließt er sie fester in die Arme. „Ach“, seufzt Kyoko an seine Brust, „ich weiß einfach nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll. Da sind so viele widerstreitende Gefühle, die einfach nicht zusammenpassen wollen... Ich weiß nicht mal, warum ich nicht einfach wütend reagiere, wo diese Art Publicity mir doch enormen Ärger einbringen kann. Das wäre doch nun wirklich nicht das erste Mal, dass ich seinetwegen gemobbt werde; ... dabei ist ihm selbst das wahrscheinlich nicht mal bewusst, früher hat er daran jedenfalls nicht einen Gedanken verschwendet ... und ich blöde Nuss hab es ihm auch nie gesagt.“ „Vielleicht solltest du dann genau das mal tun.“, schlägt Ren ernst vor. „Und in der Zwischenzeit stellst du dich am besten in die Küche, um dich ein bisschen abzureagieren. Vielleicht kochst du was, bei dem du dich mit dem Küchenbeil so richtig austoben kannst.“ Schräg grinsend küsst er sie auf den Mund, während Kyoko misstrauisch die Brauen hebt. „Wo ist der Haken?“, will sie wissen. „Welcher Haken?“, fragt Ren unschuldig zurück. „Ich muss noch mal kurz in die Stadt – etwas abholen – und wenn du etwas Dampf abgelassen hast, bis ich zurück bin, können wir in Ruhe beraten, wie du weiter mit Sho-kun umgehen willst.“ „Aha!“ Kyoko seufzt leise. „Was abholen... Was genau?“ „Wirst du noch früh genug erfahren, Hime-chan.“, weicht Ren grinsend aus. „Soll ich noch was mitbringen?“ „Ja“, meint Kyoko resignierend, „wir brauchen noch Sojasoße; es ist kaum noch welche da.“ „Dein Wunsch ist mir Befehl, Liebste.“, sagt Ren und küsst sie zärtlich auf den Mund. „Ich beeil mich.“ Beinahe widerwillig löst er sich von seiner jungen Frau und haucht ihr noch einen letzten Kuss auf die Stirn. Als er eine gute Stunde später wieder zu Hause ist, hat Kyoko den Tisch bereits gedeckt und das Essen ist fertig. Grinsend beobachtet er von der Küchentür her ihre letzten Handgriffe, die eigenen Hände sorgfältig hinter dem Rücken versteckt. „Tadaimah, Hime-chan.“, verkündet er leise. Gelassen dreht sich Kyoko zu ihm herum. „Ich weiß, ich hab dich kommen hören.“ „Ich sehe, es geht dir tatsächlich besser.“, stellt Ren erleichtert fest und kommt ein wenig näher. „Ja, kann man so sagen.“, bestätigt Kyoko mit einem Lächeln. „Ich hab beim Kochen ein bisschen nachgedacht und jetzt ist einiges klarer. – Was hast du da hinterm Rücken?“ „Ich?“ Ren versucht so unschuldig wie möglich auszusehen, doch der Glanz in seinen Augen ist verräterisch genug für Kyoko. „Ja, du. Wer sonst?“, fragt sie streng, ... aber sie kann nicht ganz verhindern, dass ihre Mundwinkel dabei ein wenig nach oben zucken. „Die Sojasoße.“, behauptet ihr Mann lächelnd und holt prompt eine Flasche hinter seinem Rücken hervor. Die andere Hand lässt er wohlweißlich wo sie ist. „Und was ist in der anderen Hand?“, hakt Kyoko noch ein Mal nach; langsam droht ihr doch die Geduld auszugehen. „Hmm, mal sehen... Noch eine Flasche Sojasoße?“ Sein Grinsen wird unaufhaltsam breiter. „So?“ Kyoko bleibt äußerlich gelassen. Lachend holt Ren ein hübsch verpacktes Geschenk hinter dem Rücken hervor und reicht es seiner Frau, die nur grinsend und kopfschüttelnd die Augen verdreht. Die Flasche mit der Sojasoße stellt er beiläufig auf dem Tisch ab. „Setz dich, sonst wird das Essen noch kalt.“, fordert Kyoko seufzend, während sie das Päckchen auf dem Tisch abstellt und beginnt, es auszupacken. Sie weiß genau, dass ihr Mann keine Ruhe geben wird, bevor sie nicht gesehen hat, was er ihr mitgebracht hat... „Oh, mein Gott!“, ruft sie schließlich überrascht. „Ist es das, was ich denke?“ „Woher soll ich wissen, was in deinem hübschen Kopf gedankentechnisch so vorgeht?“, fragt Ren grinsend. „Schau doch nach.“ Mit leicht zitternden Fingern öffnet sie den Deckel der kleinen, intarsienverzierten Holzkiste, die nun vom Papier befreit vor ihr steht. Ein entzückter, hoher Schrei entweicht ihrer Kehle, als eine hübsche, altmodische Melodie erklingt und eine kleine Porzellanballerina im Innern der Spieldose ihre Pirouetten über rotem Samt zu drehen beginnt. „Ist das zauberhaft!“, meint Kyoko begeistert, während das Grinsen im Gesicht ihres Mannes nun äußerst breit und ausgesprochen zufrieden ist. „Das ist eine richtig alte [i/] Spieldose, oder? Eine echte, ... aus England?“ „Ja“, bestätigt Ren lächelnd, „eine viktorianische.“ Das Glänzen in Kyokos Augen könnte einen glatt blenden. „Ich kann es kaum glauben.“, sagt sie leise, beinahe schon ehrfürchtig. „Als Kind hab ich immer von so einer Spieldose geträumt.“ Vor lauter Begeisterung stehen die Freudentränen bereits in ihren Augenwinkeln. „Dabei hätte ich mich durchaus mit einer billigen Kopie zufrieden gegeben...“. fügt sie leise hinzu. „Ich meinerseits würde es aber entschieden ablehnen, meine Frau mit einer Kopie abzuspeisen. - Nein, zu beleidigen!“, kontert Ren ernst. „Schon gar nicht mit einer billigen.“ Zärtlich ergreift er ihre Hand, küsst ihre Fingerspitzen und lächelt dann weich. „Was für ein glücklicher Zufall, dass ich sie ausgerechnet heute abholen sollte! Sozusagen als Ausgleich für die Aufregung wegen dieser CD.“ Kyoko schluckt die Frage nach den Kosten für das Geschenk entschieden herunter, stattdessen stellt sie die Spieldose so beiseite, dass sie gleichzeitig essen und sie weiter betrachten kann. Mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht nimmt sie ihre Stäbchen auf, ... während Ren mühsam den unbändigen Drang unterdrückt, seine Frau gleich auf der Stelle und nach allen Regeln der Kunst zu vernaschen... „Weißt du“, sagt Kyoko schließlich – ohne den Blick von der sich immer noch drehenden Porzellanballerina abzuwenden, „vorhin beim Kochen ist mir aufgegangen, dass ich beim Verhältnis zu Sho wohl einiges mit dem zu meiner Mutter durcheinander geworfen habe in der Vergangenheit. – Ich hatte mich total auf ihn fixiert, weil ich sonst keinen hatte, der mich gern hatte ... und den ich gern haben durfte. Bei meiner Mutter war es ja jedes Mal so, als würde ich versuchen, Betonmauern einzurennen. - Dazu solltest du vielleicht wissen, dass Shotarou anfangs wirklich sehr lieb zu mir war; er hat mir alles gezeigt, mich an die Hand genommen, wenn ich Angst hatte und so was... Er war der Grund, warum ich mich dort im Ryokan nicht komplett verloren gefühlt hab.“ Liebevoll greift sie nach seiner Hand, während ihr Blick sich sanft seinem zuwendet. Ihr ist vollkommen klar, dass es in seinem Inneren jetzt vermutlich vor Eifersucht brodelt, auch wenn er hartnäckig versucht, sich ebendies nicht anmerken zu lassen. Sachte streichelt sie seinen Handrücken und sieht ihm dabei tief in die Augen. „Irgendwann ist ihm das sicher zu viel geworden.“, fährt sie schließlich fort. „Wahrscheinlich spätestens, als er mitgekriegt hat, dass er mit mir quasi zwangsverheiratet werden sollte. – Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich wahrscheinlich schon alle Gefühle, die ich ursprünglich meiner Mutter gegenüber hatte, auf ihn projiziert.“ Sie seufzt tief und atmet ein paar Mal durch. „ Alle Gefühle?“ hakt Ren ein wenig verwirrt nach. „Ich denke schon. Anders passt es jedenfalls nicht zusammen. Ich schätze, ich hatte auch eine Riesenwut auf meine Mutter, dass sie mich derart missachtet und irgendwie ja verstoßen hat. Nur hatte ich das dermaßen gründlich verdrängt, dass ich zum Schluss nicht mal mehr davon wusste.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln zuckt sie die Schultern. „Man hat seine Mutter ja schließlich zu lieben.“, erklärt sie. „Und außerdem hätte ich ja andernfalls nicht die geringste Chance gehabt, die Anerkennung meiner Mutter vielleicht doch noch irgendwann zu bekommen... Jedenfalls ist diese Wut erst wieder an die Oberfläche geschwemmt worden, als ich endgültig erkennen musste, dass Sho nicht das Geringste an mir liegt. Damit war er dann endgültig genau wie meine Mutter: vertrauensunwürdig, gehässig, grausam, berechnend. Blöderweise war mir das alles andere als klar und so hab ich dann meinen gesamten Hass auf Sho konzentriert. Wahrscheinlich war es auch wieder ein Weg, meine Mutter aus dem Ganzen raus zuhalten und mir so ein kleines Hintertürchen offen zu lassen, falls sie doch irgendwann zurückkommen würde. – Klingt das für dich irgendwie logisch? Oder ist das zu weit hergeholt?“, fragt sie unsicher. Ren denkt einen langen Moment nach, dann lächelt er weich. „Nein, Hime-chan, das klingt für mich sogar ziemlich einleuchtend. Du warst noch sehr jung ... und ganz allein; anders hättest du seelisch vermutlich nicht überleben können. – Sehe ich das richtig, dass du dann Sho-kuns Entschuldigung annehmen möchtest?“ Sein Lächeln hat nichts von seiner Wärme verloren. Kyoko atmet erst einmal durch. „Ja, schon.“, sagt sie dann. „Ich denke, ich werde ihm sein Verhalten vergeben, schließlich will er sich ja ändern. Allerdings hab ich keine Ahnung, wie ich ihm das sagen soll. Ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen. Ich will nicht von ihm angebaggert werden und ich will auch nicht provozieren, dass er glaubt, er könnte einfach so weiter machen wie bisher, wenn er nur ab und zu eine überzeugende Entschuldigung abliefert. – Verstehst du, was ich meine?“ „Hm, du willst auf eine freundschaftliche, aber nicht oberflächliche Art mit ihm umgehen können.“, versucht Ren zusammenzufassen. „Ähm, ja, so ungefähr. – Ich kann ihn nicht mehr als ‚Mann’ sehen, eher als eine Art ... na ja ... Bruder. – Ich kann auch nicht so einfach die ganze Zeit wegwischen, die wir miteinander verbracht haben. Darum ist es auch nicht so eine normale Sandkastenfreundschaft in meinen Augen; selbst wenn er mir ziemlich oft einfach nur auf die Nerven geht.“ „Wie das unter echten Geschwistern eben auch oft ist...“, nickt Ren lächelnd. „Ja, vermutlich.“, lacht Kyoko. „Jedenfalls wenn ich Kanae-chan da als Vergleichsmaßstab nehme.“ „Dann haben wir jetzt also vier Tage, um zu diskutieren, wie du ihm das am effektivsten und deutlichsten beibringen willst.“ „Ja.“, stimmt Kyoko unumwunden zu. Liebevoll lächelt sie ihm zu. „Danke.“, sagt sie leise. Ren lächelt zärtlich zurück. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe, Hime-chan?“, fragt er mit leicht rauer Stimme. „Ich glaube, ich fange langsam an, es zu begreifen.“, meint Kyoko grinsend. „Aber warum soll es dir da besser gehen als mir?“ Später am Abend klingelt seltsamerweise in Sho Fuwas Appartement das Telefon besonders energisch. Sho hat sich gerade nach dem langen Medienmarathon des Tages auf dem Sofa niedergelassen und die Füße hochgelegt und so zuckt er nun sichtlich zusammen und stürzt geradezu reflexartig auf den Apparat zu, um den Hörer abzunehmen. „Ja?“, fragt er atemlos hinein. „Kanae Kotonami hier.“, kommt als Antwort wenig freundlich zurück. „Oh.“, entfährt es Sho. Aufseufzend lässt er sich mit dem Hörer in der Hand auf den Teppich gleiten und lehnt sich leise stöhnend an einen Sessel. „Hat dich Kyoko-chan beauftragt, anzurufen?“, fragt er resigniert. „Bist du verrückt?!“, brüllt Kanae so laut ins Telefon, dass der junge Sänger den Hörer rasch vom Ohr weg halten muss. „Die weiß nicht mal, dass ich deine Nummer habe. – Und ich will auch nicht, dass sie von diesem Anruf erfährt. Verstanden?“ „Ja, is klar.“, brummt Sho. „Was willst du?“ „Hast du Dämlack eine Ahnung, was du mit deiner Entschuldigungs-Aktion losgetreten hast ... und lostreten könntest ?!“, fragt Kanae übergangslos. Shos Stirn zieht sich in tiefe Falten. „Wovon sprichst du?“, fragt er zurück. „Hat Kyoko-chan mein Päckchen nicht bekommen?“ „Oh, doch, das hat sie; ich war dabei, als sie es geöffnet hat.“, sagt Kanae. „Und ... wie hat sie reagiert?“, will Sho wissen; sein Herz klopft ihm vor Aufregung bis zum Hals ... und er ist heilfroh, dass ihn niemand sehen kann. „Hm, schwer zu beschreiben, ich glaube ‚schockiert’ trifft es wohl noch am ehesten.“, meint Kanae trocken. Sho sackt vor Enttäuschung regelrecht in sich zusammen. „Wieso?“, flüstert er verzweifelt. „Wieso?!“, wiederholt Kanae verständnislos. „Zuallererst mal weil sie dir nach allem, was du angestellt hast, eine derart theatralische Entschuldigung wohl kaum so ohne weiteres glauben kann. - Himmel! Du drückst nicht nur mit allen Mitteln deiner Zunft auf die Tränendrüse, du machst das Ganze auch noch öffentlich und verdienst nebenher mit der CD ordentlich Geld! Würdest du so eine Entschuldigung ohne mit der Wimper zu zucken annehmen?!“ „Aber“, verteidigt sich Sho, „ich konnte doch gar nicht sicher sein, dass sie die CD nicht einfach wegschmeißen würde ohne sie überhaupt anzuhören; bis vor ein paar Wochen hat sie sich sogar geweigert, am Telefon mit mir zu sprechen. Und außerdem hätte ich das Lied gar nicht professionell produzieren können, wenn ich mich geweigert hätte, es zu veröffentlichen. Es war schon schwierig, es wenigstens als streng limitierte Auflage rauszubringen. Außerdem wird es nicht auf dem Album erscheinen.“ Kanae ist ein wenig überrascht. „Limitierte Auflage? – Wie viele Exemplare?“ „1000.“, sagt Sho leise. „Das war die niedrigste Zahl, die ich rausschlagen konnte. Und das auch nur, weil ein Teil davon signiert an meine Fanclubs geht, die sie dann an die treuesten Mitglieder weitergeben. Die Plattenfirma verspricht sich davon einiges an Publicity.“ „Diese Publicity ist genau das, was uns allen Sorgen macht.“, grummelt Kanae in den Hörer. „Uns allen ?!“, hakt Sho entsetzt nach. „Wer weiß denn noch davon?!“ „Du bist so ein Trottel...“, schimpft Kanae leise seufzend. „Wir saßen gerade beim Mittagessen in Ren-sans Garderobe, natürlich haben alle Anwesenden es mitgekriegt ... und auch mit ihr zusammen die CD angehört. Du kannst echt von Glück sagen, dass es alles Leute waren, die ihre Schnauze halten können. Es gibt wegen der Dreharbeiten nun weiß Gott schon genug unsinnige Gerüchte um Kyoko-chan!“ Sho ist nun doch ein wenig blass geworden. „Wer war genau dabei?“, flüstert er. „Ren-san, sein Betreuer; Kyoko-chan, Rina-san und meine Wenigkeit.“, antwortet Kanae sachlich. „Sag mal, hast du eine Ahnung, was passiert, wenn deine Fans rauskriegen, um wen es in diesem Lied geht?“ „Hm?“, macht Sho verständnislos. „Oh, Mann! Das wäre doch nun wirklich nicht das erste Mal, dass Kyoko-chan unter deinen Fans zu leiden hätte; aber diesmal wäre es nicht nur einfaches Mobbing wie damals in der Schule – was meines Erachtens schon schlimm genug wäre. Kyoko-chan wäre ihres Lebens nicht mehr sicher. Himmel! Du hast Fans, die so fanatisch sind, dass so was ein absolut rotes Tuch für sie wäre!“ Sho versteht immer noch nicht. „Mobbing?“, fragt er gedehnt. Kanae wird langsam richtig wütend. „Jetzt sag mir nicht, du hast in der Schule nie mitbekommen, wie sie Kyoko-chan deinetwegen gequält haben?! Weil sie eifersüchtig waren, dass sie dir scheinbar so nahe stand.“ Einen Moment schweigt der junge Sänger betroffen, dann flüstert er: „Das wusste ich nicht.“ „Du hättest es wissen können .“, meint Kanae unbarmherzig. „Und wenn deine besonders eifrigen Fans jetzt dahinter kommen, was es mit diesem Lied auf sich hat, werden sie ohne zu zögern Kyoko-chan die Schuld daran geben, dass du jetzt unglücklich bist ... und dann wird es Schlimmeres geben als nasse Schuhe, versteckte Bücher oder Rasierklingen zwischen Buchseiten.“ „Aber...“,stammelt Sho leise, „ich habe nicht ein Wort darüber verloren, dass es einen aktuellen Bezug hat.“ „Das reicht nicht.“, behauptet Kanae ernst. „Du darfst nicht einmal vage Andeutungen machen. Du weißt doch, wie schnell in unserem Geschäft selbst die absurdesten Gerüchte die Runde machen.“ Seufzend fügt sie hinzu: „Meine Güte, Kyoko-chan hat in letzter Zeit nun wirklich genug durchgemacht...“ „Warum? Ist etwas passiert?“, fragt der junge Sänger besorgt. „Ja, aber frag mich nicht weiter.“, antwortet Kanae unwirsch. „Ich kann es dir nicht erzählen, das ist Kyoko-chans Privatsache. Und: Es - geht - dich - nichts – an! Comprende?“ „Ja“, seufzt Sho geknickt. „verstanden.“ „Dann ist ja gut.“, brummt Kanae zufrieden. „Und rück ihr nicht zu sehr auf die Pelle, wenn du wieder zum Dreh kommst.“ „Ich würde mir eher die Zunge abbeißen und das Singen an den Nagel hängen, bevor ich es mir noch mal so mit ihr verscherze.“, antwortet Sho leise. „Ich vermisse sie unglaublich... Ich will sie wiederhaben.“ „Du wirst sie nicht dazu bringen, sich in dich zu verlieben, das hab ich dir schon gesagt.“, warnt Kanae eindringlich. „Und ich würde dir raten, es nicht darauf anzulegen, ... sonst handelst du dir einen Riesenärger ein.“ >Und möglicherweise noch ein oder zwei blaue Augen.<, fügt sie im Stillen hinzu. ___________________________________________________________________________ Nachwort Dem einen oder anderen dürfte ja bereits bekannt sein, dass in Japan – wie oben im Verlauf der Handlung angedeutet – keine Unterschriften unter Quittungen oder Dokumente gesetzt werden, sondern eine Art Siegel mit einem persönlichen Stempel. Aus einem Grund, der sich mir vollkommen entzieht, gelten diese Stempel dort als fälschungsresistenter als Unterschriften. (Unterschriften hingegen gelten als extrem unseriös.) Ich frage mich, ob es in Japan keine elektronischen Unterschriften gibt... Und erlaubt mir noch ein paar Worte zu Shos Lied: Ja, dieses mehr als bescheidene Gedicht ist ganz und gar auf meinem eigenen Mist gewachsen. – Ich weiß, es reimt sich nicht und der Rhythmus lässt durchaus auch zu wünschen übrig, aber es gab leider nichts Fertiges, das ich hätte verwenden können. Entschuldigt also bitte diese nur mäßige Leistung, Lyrik ist einfach nicht mein Ding. #°_°#’ Ich hoffe, Shos Gedanken sind trotzdem einigermaßen anschaulich rübergekommen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)