Hinrichtung mit Hindernissen von S_ACD (Viel zu viel Chaos in einer viel zu kleinen Stadt...) ================================================================================ Kapitel 6: Sonntagvormittag --------------------------- Der Platz war überfüllt. Nein, überfüllt ist noch untertrieben, dachte Dimidatus, da unten geht’s zu wie in einer Sardinenbüchse. Die Menschen standen dicht an dicht, Schulter an Schulter. Auf dem Marktplatz hätte jemand einen Herzinfarkt bekommen und sterben können, ohne dass es sein Nachbar mitgekriegt hätte, denn zum Umfallen war kein Platz mehr. Zum Umdrehen auch nicht. Dimidatus war schlecht gelaunt. Es war so gekommen, wie er befürchtet hatte, ein Großteil seiner Leute konnte nicht auf den Platz hinaus, um das Podest zu sichern, sondern musste sich in der Rathausaula in Bereitschaft halten. Zwar waren Scharfschützen auf den umliegenden Dächern postiert worden, aber sie hatten strengste Anweisungen bekommen, nur im Notfall zu schießen. Sollte bei diesen Menschenmassen eine Panik ausgelöst werden, konnte es ohne weiteres hunderte von Toten geben. Außerdem, und das machte dem Offizier noch mehr Sorgen, konnte ein Mensch bei einer Massenpanik so leicht in der Menge untertauchen, dass es beinahe schon lachhaft war. Auch wenn er nach wie vor davon überzeugt war, dass dem Strohhut niemand mehr zu Hilfe kommen würde. Sicherheitshalber hatte er seine Leute gestern dennoch angewiesen, den Gefangenen bei einem Befreiungsversuch zu töten, bevor er flüchten konnte. Hingerichtet werden würde er sowieso und im Falle eines Falles war es immer noch besser, er starb unten im Rathausarchiv als dass sie ihn entkommen ließen. Tot war schließlich tot. Aber wie sich herausstellte, war diese Maßnahem gar nicht nötig gewesen, denn auch in der letzten Nacht hatte sich nichts getan. Jetzt war es halb elf, der schmale Junge hatte noch eineinhalb Stunden zu leben. Anderthalb Stunden noch, dann hatte es Dimidatus endlich geschafft. Er betete zu allen Göttern, die ihm einfielen, dass bis Punkt zwölf Uhr nichts mehr schief gehen würde. Und er wäre sicher um einiges ruhiger gewesen, wenn er gewusst hätte, dass seine Gebete erhört werden würden. ~*~*~*~*~*~*~ Robin stand vorne am Bug. Ihre Augen huschten alle paar Sekunden zwischen der Karte in ihren Händen und dem dunklen Wasser vor ihr hin und her. „Gut, mehr nach steuerbord, da ist ein Felsen.“ „Wie weit?“ Franky hielt das Steuerrad sicher in den Händen und verrenkte sich beinahe den Hals, um die von ihr angekündigten Hindernisse rechtzeitig zu erspähen. „Hundert Meter, vielleicht auch ein paar mehr.“ „Alles klar, ich seh ihn.“ Sie musterte wieder das verblichene Stück Papier, das sie in den Händen hielt. Die Schrift war so verblasst, dass sie sich Mühe geben musste, um die einzelnen Buchstaben zu entziffern. Aber gut, wozu war sie schließlich Archäologin? „Okay“, rief sie über ihre Schulter, „Da müsste dann auch jeden Moment ein… Verdammt, Chopper, ich seh so gut wie gar nichts!“ „Sorry“, tönte es von der Takelage herunter, dann verschob sich der Lichtschein der überdimensionalen Laterne, die Chopper hielt, ein wenig. „Jetzt besser?“ „Ja, ein bisschen… kannst du noch ein Stück weiter rauf? Noch ein Stück… danke!“ Hier unten, in dem unterirdischen Höhlensystem, dass die ganze Insel durchzog, war es zappenduster. Wenn sie Pech hatten, würden sie an irgendeinen Stalaktiten donnern und absaufen. „Haben wir’s dann bald?“, wollte Franky wissen, „Wir gurken jetzt schon ne gute Stunde hier herum!“ „Ja, wir sind bald da“, antwortete sie, obwohl das nicht ganz stimmte. Sie hatten erst zwei Drittel des Weges geschafft. „Wieso? Sind wir spät dran?“ „Nein!“, mischte sich Chopper aus luftigen Höhen ein, „Es ist erst kurz nach elf. Wir liegen gut in der Zeit.“ „Wollen wir hoffen, dass wir uns nicht verfahren“, knurrte Franky und steuerte das Schiff, das der Felswand bedrohlich nahe gekommen war, wieder zurück in die Mitte der Wasserstraße. „Wir verfahren uns nicht“, sagte Robin bestimmt, auch, um sich selbst Mut zu machen. Nicht auszudenken, wenn sie zur gegebenen Zeit nicht zur Stelle waren! Das würde eine Katastrophe geben. Sie warf wieder einen Blick auf die Karte, in deren linken, oberen Ecke der Stempel des geologischen Instituts von Vino prangte. „Noch ein Stück weiter steuerbord. Da kommt dann jeden Moment eine Gabelung.“ „Gut.“ „Da müssen wir nach rechts.“ „Sicher?“ „Hundert Pro.“ „Na dann…“, sie hörte Frankys Grinsen beinahe aus seiner Antwort heraus, „Volle Kraft voraus!“ ~*~*~*~*~*~*~ Nami hielt sich dicht hinter Sanji, obwohl weit und breit niemand zu sehen war. Die Flure der Bank waren so gut wie ausgestorben. Im ersten Stock war ein Wachmann gewesen, aber Sanji hatte ihm mit einem Fußtritt die Nase gebrochen und außer Gefecht gesetzt, bevor der Mann auch nur den Mund hatte aufmachen können. So weit, so gut. Sie mussten ins Büro des Bankdirektors um sich den Schlüssel zum Tresorraum im Keller zu beschaffen. Der Schlüssel lag in einem eigenen Tresor. Sie umklammerte den Träger ihres kleinen Rucksacks mit dem Sprengpulver fester und stupste Sanji in die Rippen. „Los, geht’s vielleicht noch langsamer?“ „Shhht…“, zischte Sanji mit aufmerksamem Gesicht, „Mach hier nicht so nen Lärm.“ Seine offensichtliche Anspannung trug nicht unbedingt dazu bei, um ihre Nervosität zu mildern. Sie erreichten den dritten Stock ohne Zwischenfälle und für Nami wurde das Schweigen unerträglich. „Wie spät ist es?“, flüsterte sie, nur um irgendetwas zu sagen. „Halb zwölf.“ „Okay.“ Schweigend hasteten sie weiter. Bei jeder Ecke, um die sie bogen, hielt Nami die Luft an, weil sie das Gefühl hatte, jemand würde hervorspringen und „Alarm!“ brüllen. Aber nichts passierte. Letzte Treppe, vierter Stock. Mit einem Ruck blieb Sanji stehen. Nami rannte fast in ihn hinein. „Was ist denn?“, fauchte sie leise, weil sie fast einen Herzinfarkt bekommen hatte. „Shht“, machte Sanji eindringlich und, als er Namis fragenden Gesichtsausdruck bemerkte: „Da ist jemand…“ Nami schluckte. Er hatte Recht. Um die Ecke bewegte sich etwas. „Du bleibst hier“, sagte Sanji beinahe lautlos, „Und bewegst dich nicht von der Stelle.“ Er wartete ihr Nicken gar nicht erst ab, sondern huschte um die Ecke. Ein überraschter Ausruf, ein dumpfer Aufschlag und ein hässliches Knacken, dann herrschte wieder Stille. Nami spähte neugierig um die Mauer und atmete erleichtert auf. Der nächste Kandidat für eine Nasenverschönerungs-OP. ~*~*~*~*~*~*~ Zorro war heiß. Saumäßig heiß und das hatte nichts mit der aktuellen Temperatur zu tun. Er war so nervös, dass er sich am liebsten ganz klein gemacht hätte, um nur von ja niemandem entdeckt zu werden. Aber das ging nicht, er sollte ja entdeckt werden. Oder zumindest gesehen werden. Er zog sich seine Schirmmütze zum wohl tausendsten Mal tiefer in die Stirn und rief sich gleich darauf in Gedanken zur Ordnung. Wenn er das hier nicht bald bleiben ließ, machte er sich vielleicht gerade dadurch verdächtig, dass er unverdächtig wirken wollte. Warum noch mal hatte er darauf bestanden, diesen Job selbst zu erledigen? Er war doch bei Gott kein Schauspieler. Scheiße, und jetzt war es zu spät. Irgendwie würde er das wohl hinkriegen müssen, sonst waren sie alle aufgeschmissen. Also schön, Lorenor, du schaffst das. Augen zu und durch! ~*~*~*~*~*~*~ Auf dem Dach eines fünfstöckigen Hauses standen vier Männer. Der Mann mit dem riesigen Schwert lehnte mit gelangweilter Miene am Schornstein, der Rothaarige stand gelassen neben ihm und gähnte von Zeit zu Zeit, der Schwarzhaarige hatte die Arme hinter dem Nacken verschränkt und sah hinauf in den blitzblauen Himmel und der Jüngste saß im Schneidersitz an der Dachkante und starrte aufmerksam hinunter auf den überfüllten Marktplatz. ~*~*~*~*~*~*~ „Sir?“ Dimidatus drehte sich um. Im Türrahmen stand ein Marine in Hab-Acht-Haltung und blickte ihn erwartungsvoll an. „Ja?“ „Sir, es ist so weit. Genau zehn vor zwölf, wie Sie es angeordnet haben.“ „In Ordnung.“ Er warf einen letzten Blick auf die gewaltigen Menschenmassen auf dem Marktplatz. Mit einem Mal fühlte er sich hundemüde. Wenn das nur gut geht, dachte er. Na ja, jetzt ist es zu spät. Irgendwie hatte er ein so flaues Gefühl im Magen, dass es ihm vorkam, als ginge er zu seiner eignen Hinrichtung und nicht zu der eines anderen. „Gut“, er wandte sich an den Marine, „Ich bin soweit. Gehen wir.“ ~*~*~*~*~*~*~ _________________________________________________ Okay, das war auch ein seeeehr langes Kapitel... -.- Aber immerhin ist mehr passiert als im letzten! Okay, und im nächtsen geht dann so richtig die Post ab. Muahaha... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)