Hinrichtung mit Hindernissen von S_ACD (Viel zu viel Chaos in einer viel zu kleinen Stadt...) ================================================================================ Kapitel 4: Samstagnachmittag ---------------------------- „Mmmm… lecker.“ Chopper stopfte sich ein riesiges Stück des rosaroten Zuckerwattenbergs, den Frankie ihm soeben gekauft hatte, in den Mund und verzog genießerisch das Gesicht. „Schön. Dann sei so gut und gib mal für fünf Minuten Ruhe.“ Franky lehnte an der Mauer des Stiegenaufgangs, in den sie vor den vorbeihastenden Massen geflüchtet waren und starrte nervös hinüber zum Rathaus. Irgendwo da drin war Ruffy. Hoffentlich war mit ihm alles in Ordnung. Chopper schien seine Gedanken erraten zu haben. „Meinscht du, esch geht ihm gut?“, fragte er mit vollem Mund. Franky zuckte mit den Schultern. „Er schafft das schon. Schließlich war’s ja auch seine Idee.“ „Soll das heißen, du glaubst, es geht ihm nicht gut?“ „Nein, natürlich nicht.“ Er sah Choppers wenig überzeugten Gesichtsausdruck und grinste beruhigend. „Hey, jetzt schieb mal keine Panik, Kleiner. Ruffy geht’s hundertprozentig gut. Schließlich ist er der Captain.“ Chopper sagte nichts, aber er sah nicht mehr ganz so zweifelnd drein wie vorher. Ein Verkäufer mit Bauchladen hastete an ihnen vorbei und für einen Moment erspähte Franky mehrere kleine Puppen, die Strohhut trugen. „Ach du Scheiße, was soll das denn?“ Chopper hatte es offenbar auch gesehen, denn er machte große Augen. „Waren das grade Puppen von Ruffy?“ „Sah ganz so aus.“ „Warum verkaufen die Puppen von Ruffy?“ Franky zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Chopper verdrückten den letzten Rest Zuckerwatte und setzte sich dann entmutig auf die oberste Stufe. „Warum ist überhaupt so ein Rummel hier?“, murmelte er leise. „Sind die alle so scharf drauf, Ruffy sterben zu sehen?“ „Na ja…“, Franky wusste nicht, was er darauf antworten sollte. „Sieh mal, Kleiner, die Sache ist doch die… hier geht’s gar nicht wirklich um Ruffy. Die Marine hat seit Urzeiten endlich einmal so was wie nen Sieg davongetragen. In letzter Zeit tanzen denen doch die Piraten richtiggehend auf der Nase rum. Und jetzt müssen sie das eben richtig groß rausbringen.“ Er hatte Choppers volle Aufmerksamkeit. „Groß rausbringen?“ „Jawohl, groß rausbringen. Mit fetten Schlagzeilen in allen Zeitungen, ner richtig blutrünstigen Hinrichtung und so weiter. Damit alle Welt mitkriegt, dass sie doch noch was auf dem Kasten haben.“ „Verstehe… aber muss das grade Ruffy sein?“ „Wenn alles so läuft, wie geplant, dann stirbt er nicht.“ Er sah, wie sich Choppers Augen entsetzt weiteten und lenkte rasch ein: „Er stirbt sowieso nicht, Plan hin oder her. Wir lassen ihn nicht im Stich.“ In diesem Moment tauchte eine total verschwitzte, abgekämpfte Nami am Treppenabsatz auf. Sie trug ein rückenfreies, auffallend sexy Top, das mehr enthüllte, als es verbarg. „Hier steckt ihr“, sie ließ sich vollkommen erschöpft neben Chopper auf die Treppe fallen und lehnte die große, undurchsichtige Plastiktüte, die sie bei sich hatte, vorsichtig gegen die Wand. „Mann, ich dachte schon, ich sterbe an Hitzschlag!“ „Tja“, Franky beäugte die Tüte neugierig, „Bei uns war nicht viel los. Wie war’s bei dir? Alles glatt gelaufen?“ „So glatt, dass es fast schon verdächtig war“, Nami grinste, „Die Marines sind dahin geschmolzen wie Eis auf der warmen Fensterbank. Es war das reinste Kinderspiel.“ „Das heißt, da drin ist…?“ „Jope, genau. Ich hab alles. Bleibt nur zu hoffen, dass die anderen genauso viel Erfolg haben wie wir.“ ~*~*~*~*~*~*~ Robin kam sich dämlich vor. Die blonde Perücke juckte, ihr war heiß und außerdem sah sie sicher vollkommen bescheuert aus. Dass sie den schmachtenden Sanji im Schlepptau hatte, machte die Sache nicht unbedingt besser. „Du warst genial, Robinchen! Der Typ hat dir alles abgekauft. Jedes einzelne Wort. Du warst aber auch brillant. Einfach göttlich! An dir ist eine Schauspielerin verloren gegangen!“ „Ja, ja, schon gut“, murmelte sie aus den Mundwinkeln, „Brüll meinen Namen hier nicht so herum.“ Sanji schlug sich augenblicklich die Hände vor den Mund und ein Händchen haltendes Pärchen sah ihm entgeistert nach. „Verzeihung, Herzchen“, flüsterte er übertrieben leise, „Dein wunderbarer Name wird mir nicht mehr über die Lippen kommen, das schwöre ich bei meinem Leben! Nie wieder werde ich…“ „Es reicht, ich glaub dir ja“ sagte Robin nervös, „Sei bitte einfach ruhig!“ Sie umklammerte die graue Mappe, die sie unter den Arm geklemmt hatte, noch etwas fester und sah sich unsicher um. In dieser Menschenmenge hatte sie ständig das Gefühl, der Nächstbeste würde sie ihr aus der Hand reißen und damit davonrennen. Sie würde dem Frieden erst trauen, wenn sie die Tür ihres Verstecks sicher hinter sich zugemacht hatten. Zum Glück hatten sie es bald geschafft. ~*~*~*~*~*~*~ Dimidatus marschierte, eine dampfende Kaffeetasse in der Hand, die unterirdischen Gänge des Rathausarchivs entlang, die vorübergehend zum Kerker umfunktioniert worden waren. Zugegeben, die blassgrünen Aktenschränke, die die Flure säumten, erweckten nicht unbedingt diesen Eindruck. Aber das Archiv lag immerhin tief unter der Erde, direkt neben dem Keller der Bank, wo sich, wenn man den Gerüchten glauben durfte, Geld und Wertgegenstände im Wert von insgesamt 500 Millionen Berry befanden. Keine kleine Summe. Er hatte fünfzig Männer dazu abkommandiert, den Strohhut rund um die Uhr zu bewachen. Der einzige Ausgang des Archivkellers wurde ebenfalls ununterbrochen bewacht, eine Flucht war also so gut wie unmöglich. Zumindest unmöglich ohne Hilfe und dass noch jemand versuchen würde, Monkey D. Ruffy aus der Klemme zu helfen, bezweifelte der Offizier inzwischen stark. Er war gerade volle drei Stunden bei ihm gewesen und hatte, auf die nette Tour diesmal, versucht, ihn zum Reden zu bringen. Ohne Erfolg. Der Strohhut wirkte vollkommen apathisch. Die ‚Schwäche’, die die Soldaten bei ihm festgestellt hatten, hatte sich schlicht und einfach als unsäglicher Hunger entpuppt und nachdem der Junge eine halbe Stunde damit verbracht hatte, Lebensmittel für zwanzig Männer zu verputzen, schien es ihm wieder ganz gut zu gehen. Aber geredet hatte er nicht ein Wort. Dabei glaubte Dimidatus mittlerweile, sich zusammenreimen zu können, was passiert war. Die Mannschaft des Strohhuts hatte ihren Captain im Stich gelassen. Sie waren einfach abgehauen und das nahm sich der Junge offenbar so sehr zu Herzen, dass ihm alles andere von nun an egal war. Immerhin war er ja fast noch ein Kind und bestimmt war er von diesem Freundschafts- und Treue-für-den-Captain-Geschmuse überzeugt gewesen. Es war wirklich ein Kreuz, denn so etwas wie Treue gab es unter diesem Piratenpack nicht. Da war sich jeder selbst der nächste und alles drehe sich nur um den Profit. Der Junge konnte einem beinahe Leid tun. ~*~*~*~*~*~*~ Zorro kletterte nach Lysop die Leiter hinauf und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Sie hatten die vergangenen vier Stunden damit verbracht, ihr Schiff wieder seetüchtig zu machen und alles vorzubereiten, damit sie morgen schnellstmöglich abhauen konnten. Er erklomm die letzte Sprosse und setzte seine Füße wieder auf festen Erdboden. Die Welt hat uns wieder, dachte er, als Lysop die runde Luke vorsichtig schloss und sorgfältig Steine, Erde und Gras darüber häufte. Vier Stunden in der kalten, feuchten Dunkelheit des unterirdischen Höhlensystems gingen einem wirklich an die Substanz. Sie hatten ihr Schiff mit Johns Hilfe vom anderen Ende der Insel, wo es eine Art Eingang gab, hineingesteuert und jetzt ankerte es seit sechs Tagen dort. Der alte John hatte hin und wieder nach dem Rechten gesehen. Als Hafenwart kannte er die Höhlen wie seine Manteltasche. Ohne ihn hätten sie ihren Plan nie im Leben durchziehen können und wären längst aufgeschmissen gewesen. Aber John war auf ihrer Seite und wild entschlossen, ihnen zu helfen. Schließlich hatte Ruffy ihm das Leben gerettet. Eigentlich mehr aus Zufall waren sie an Johns gekentertem Fischkutter vorbeigekommen, mit dem er jeden Sonntag, wenn er nicht viel zu tun hatte, hinausfuhr. Ruffy hatte ihn entdeckt und gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser gefischt, bevor das vorbeifahrende Schiff ihn hatte nach unten drücken können. „So, geschafft“, Lysop richtete sich mit zufriedenem Gesicht auf, „Das hätten wir.“ „Ich hab Hunger“, sagte Zorro, mehr zu sich selbst und blinzelte gegen die untergehende Sonne an. „Ich auch“, gab Lysop zu, „Wir sollten zusehen, dass wir heimkommen. Bei Nacht rennen hier noch mehr Marines herum als bei Tag.“ Zorro grinste. „Wundert dich das?“ „Ne, nicht im geringsten. Mann, ich fass es nicht…“, Lysop schob sich seinen Schlapphut aus der Stirn und schirmte seine Augen mit der flachen Hand ab, „Werden das nicht irgendwann mal weniger?“ Er starrte auf die kunterbunte Menschenmasse, die unter ihnen wogte. Ein Teil schien immer noch beim Stadttor hineinzuströmen, aber ein anderen, nicht gerade kleiner Teil schien es sich vor den Stadtmauern gemütlich gemacht zu haben. Zahlreiche Lagerfeuer flackerten und der provisorische Campingplatz war seit dem Morgen um das Doppelte angewachsen. Zorro wischte sich über seinen schweißverklebten Nacken und verschränkte dann die Arme. „Glaube kaum. Die sind alle ganz wild darauf, einen berüchtigten Piraten elendiglich verrecken zu sehen.“ Lysop schluckte. „Zu schade, dass sie morgen ne Enttäuschung erleben werden.“ „Wieso? Sie kriegen auf jeden Fall was geboten. Auch wenn’s keine Hinrichtung ist.“ „Auch wieder wahr.“ Sie schlenderten gemächlich Richtung Stadttor, diesmal mit der Strömungsrichtung der Menge, was die ganze Sache wesentlich einfacher machte und winkten John zu, der immer noch in seinem Häuschen hockte und zahnlos grinsend zurückwinkte. „Mann“, sagte Lysop gerade, „Ich falle heute ins Bett und bin tot. So was von fertig.“ „Bist du nicht alleine, Alter“, gab Zorro ihm recht, „Ich könnte auf der Stelle einschlafen, so kaputt bin-“ Er erstarrte. Lysop, der hinter ihm gegangen war, rannte in ihn hinein. „Hey, was ist denn?“ Doch Zorro blieb einfach stehen. Stocksteif stand er da und starrte er an irgendeinen Punkt zwischen den Docks. Rund um sie zischten Leute, die ihnen ausweichen mussten, Flüche und Beleidigungen und drängten sich grob vorbei. „Zorro! Was hast du denn?“ Lysop rüttelte ihn hart an der Schulter, da schien er wieder zu sich zu kommen. „Äh… was?“ „Du siehst ja aus, als hättest du nen Geist gesehen! Alter, was ist denn mit dir?“ Zorro schüttelte leicht den Kopf, als müsse er bestimmte Gedanken verscheuchen, dann murmelte er geistesabwesend: „Nichts… nichts ist. Ich dachte nur… aber das kann gar nicht… das ist unmöglich.“ Er sah auf und bemerkte Lysops besorgten Gesichtsausdruck. „Schon gut, es ist gar nichts. Ich hab nur… es ist nichts.“ Lysop schnaubte. „Und das soll ich dir glauben?“ „Es ist wirklich nichts. Ich hab mich getäuscht, das ist alles. Komm jetzt, ich verhungere gleich.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und marschierte entschlossen durch die Menge davon. Lysop wandte ein letztes Mal den Kopf und versuchte zu entdecken, was Zorro gesehen haben mochte, aber da war nichts. Nichts außer ein paar winzigen Ruderbooten und Feluken, die meisten mit so wenig Platz, dass es gerade für einen einzigen Mann reichen mochte. Dann hastete er hinter Zorros schwarzer Kappe her, bevor sie in der Menge verschwand. ~*~*~*~*~*~*~ Am anderen Ende des Hafens redeten leise zwei Männer in Umhängen miteinander. Der Kleinere saß auf einem der Dockpfeiler, ein Bein angezogen, der Größere stand. Niemand achtete auf sie, alle Leute hasteten an ihnen vorbei. Sie waren auch wirklich nicht besonders auffällig. Der Größer sagte etwas, worauf der Mann, der auf dem Dockpfeiler saß, plötzlich zu lachen begann. Obwohl sein Gesicht nicht zu sehen war, war sein Lachen war laut und vergnügt, es klang fast, als ob ihm sein Begleiter soeben einen besonders guten Witz erzählt hatte. Aber der Andere verzog keine Miene. Schließlich sprang der Mann mit einer fließenden Bewegung vom Dockpfeiler herunter, landete geschmeidig wie eine Raubkatze auf den Beinen und marschierte durch die Menge. Er kam ohne größere Schwierigkeiten durch, sein Begleiter folgte ihm auf dem Fuß. Und dann, ganz plötzlich, blieb der Kleinere wie angewurzelt stehen und starrte auf einen Punkt zwischen den Docks. Lauter winzige Ruderboote waren dort, Segelboote und Feluken, die kaum für einen einzigen Mann groß genug waren. Er stand gut zehn Sekunden und starrte auf die Boote. Dann lachte er wieder, noch lauter als vorher. Lachte, als habe er gerade etwas besonders Lustiges gesehen. Ein paar Leute drehten sich verwundert um, aber weder der Mann noch sein Begleiter kümmerten sich darum. Also zuckten die Leute mit den Schultern und gingen weiter. Wäre einer von ihnen stehen geblieben, hätte er vielleicht noch hören können, wie der Mann so leise, dass es selbst für seinen Begleiter kaum zu hören war, murmelte: „So, so… ist der gute Mihawk also auch da… Hätte nicht gedacht, dass er kommt.“ Mit diesen Worten wandte er sich um und schlenderte, als hätte er alle Zeit der Welt, auf das Stadttor zu, den anderen Mann immer unmittelbar hinter sich. Einmal drehte er sich noch nach den Docks um, vielleicht, um einen letzten Blick auf den Sonnenuntergang zu werfen und seine Kapuze verrutschte leicht. Und ein besonders aufmerksamer Beobachter hätte feststellen können, dass unter dem Stoff ein paar feuerrote Haarsträhnen hervorschimmerten. ~*~*~*~*~*~*~ Okay, alle, die sich jetzt aufregen, dass Ruffy nicht vorgekommen ist... Geduld, Leute, der kommt noch! Ganz sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)