Engelszorn und Dämonenliebe von Pokerface (Keine Homage an unsere ehemalige Fanart-Admin!xD) ================================================================================ Kapitel 5: Engel mit Dämonenblut -------------------------------- Nico Cooper war eine seltsame Frau. Mit ihren neunzehn Jahren war sie eine der jüngsten Mediziner ihrer Zeit und dazu war sie noch eine der fleißigsten Ärzte der Klinik. Ihre überdurchschnittliche Intelligenz hatte Nico schon im Kindesalter von den anderen Unterschieden. Sie war viel schneller als die restlichen Kinder gewachsen, sowohl körperlich als auch geistig, und nie hatte jemand mit ihr Schritt halten können. Die Männer liebten sie und die Frauen beneideten sie um ihre Schönheit. Man könnte fast sagen, dass sie die perfekte Person sei. Niemand wusste woher sie kam oder was sie zu dem machte, was sie war. Doch Nico war längst nicht so perfekt, wie sie vorgab, es zu sein, denn auch sie hatte ein Geheimnis, dass sich davor hütete, entdeckt zu werden. Die junge Ärztin saß in ihrem Behandlungsraum und blickte auf das Foto, das auf ihrem Schreibtisch stand. Das Bild zeigte einen Mann mit dunkelblonden Haaren und grasgrünen Augen. Ein zartes Lächeln umspielte seine Lippen. Sanft fuhr Nico über das Bild und seufzte leise. „Bald…“, wisperte sie und schloss für einen kurzen Moment der Ruhe die Augen. „Was ist bald?“ Die junge Ärztin fuhr herum, als sie die ihr bekannte Stimme vernahm. „Würdest du bitte damit aufhören, ohne jegliche Vorwarnung bei mir auszutauchen?!“, fauchte Nico, als sie ihren ungebetenen Gast erblickte. „Und bei Cereos Gnade, verdammt, zieh dir was an!“ Leise vor sich hin fluchend stapfte sie zu ihrem Schrank, zog einen Kittel hervor und warf ihn der jungen Frau zu, die nackt vor ihr stand. „Danke“, flötete diese, als ob die Flüche der Ärztin nicht an sie gerichtet waren und streifte sich den Kittel über. Mit beinahe genüsslicher Gemächlichkeit knüpfte sie ihn zu und schien sich darüber zu freuen, dass Nico vor Wut schäumte. „Was willst du, Seph?“, fragte die schwarzhaarige Ärztin schließlich und Sephalica kicherte leise. „Was für ein warmer Empfang“, meinte sie ironisch lächelnd und Nico musste such beherrschen, um sie nicht zu schlagen. Jedes Mal wenn sie auftauchte, bedeutete das irgendwelche Unannehmlichkeiten und der Ärztin wäre es wesentlich lieber, keinen Kontakt zu ihr zu haben. „Okay, Spaß beiseite. Dein Bruder hat sich bei dem Erdbeben verletzt. Du musst ihm helfen.“ Nico schnaubte verächtlich und grinste Sephalica sarkastisch an, als diese sie ernst ansah. „Ja klar! Weil ich ja nichts anderes zu tun habe“, sagte sie und ihre Stimme troff vor Verachtung. „Ich habe keine Zeit. Das Erdbeben hat genügend Opfer gefordert, um mich die ganze Woche zu beschäftigen.“ Für Nico war das Thema vom Tisch, weshalb sie sich umwandte und den Stapel Patientenakten betrachtete, der unbearbeitet auf ihrem Schreibtisch lag. „Du weißt, was passiert, wenn er stirbt“, sagte Sephalica wissend und die Ärztin erstarrte in der Bewegung. „Was hat er?“ „Eine größere Schnittwunde am Arm, blutet stark.“ Die Ärztin seufzte lautlos, bevor sie sich mit zornverengten Augen wieder umdrehte. „Idiot…“, wisperte sie dabei, breitete ihre Hände aus und leises Flügelrauschen erfüllte den Raum, als Sephalica sie mit einem Kopfschütteln aufhielt. „Ein Mensch ist bei ihm, du musst also den normalen Weg nehmen.“ „Ein Mensch?“ Sephalica zögerte kurz und wog ihre Antwort ab. Sie könnte Nico anlügen und Shadow so einen Gefallen erweisen. Vielleicht würde sie durch Nico die Wahrheit herausfinden. „Seine Freundin ist bei ihm. Sie war in einem eingestürzten Haus gefangen und er hat ihr heraus geholfen. Dabei hat er sich verletzt“, sagte sie schließlich und Nico machte ein Gesicht, als ob die Schlangenfrau sie geschlagen hätte. „Idiot!“, fluchte sie erneut und griff mach ihren Schlüsseln. In der Türe drehte sie sich noch einmal zu Sephalica um. „Ich stehe nicht auf seiner Seite, im Gegenteil, ich bin sein Feind. Das Erdbeben hat viele Opfer gefordert und es war garantiert nicht natürlichen Ursprungs, das habe ich gespürt, also sag mir, was war das?“ Sephalica seufzte leise. „Ich vergaß, du fühlst alles, was er fühlt.“ Sie machte eine Pause und überlegte, wie sie sich am besten ausdrücken sollte. „Es war…“ „… die Zeremonie des Erwachens. Das Orakel ist zu Tage getreten und mit dem Angriff oder besser gesagt der Vereinigung der Elemente versuchen die an den fehlenden Wächter zu kommen. Früher war diese Zeremonie dazu da, die Elemente zu vereinen und sie so aufblühen zu lassen. Es scheint jedoch, dass die Zeremonie pervertiert wird und ins Gegenteil umschlägt, wenn ein Element fehlt“, schloss der Historiker der königlichen Hofes seinen Bericht und Iblis dankte ihm nickend. „Ich danke Euch, Thaleph, Ihr dürft nun gehen.“ Der Hofbeamte verbeugte sich und verschwand durch eine Türe an der Seite aus dem Audienzzimmer. „Suteyn, wie viele Tote hat Chrashan zu beklagen?“ Der Hauptmann trat vor und neigte nur leicht den Kopf in einer angedeuteten Verbeugung. „In unserem Lager wurde dieser… Überfall rechtzeitig bemerkt, weshalb wir nur knapp fünfzig Mann verloren haben. In den Städten dürfte der Verlust erheblich größer sein. Er wird auf mehrere tausend geschätzt.“ Iblis biss nervös auf seine Unterlippe und seine Finger trommelten in einer rastlosen Bewegung auf der Lehne seines Thrones. Was hätte sein Vater jetzt getan? Hätte er genauso gehandelt wie Iblis jetzt? „Iblis, mach dir keine Vorwürfe, das Volk macht dir auch keine“, fügte Suteyn nach kurzem Schweigen hinzu. „Fürwahr, es ist tragisch, was in Rednamor und Aidden geschehen ist, aber du kannst dir sicher sein, Chrashans Volk steht hinter dem König und dem Prinzen.“ „Weise gesprochen, Lord Schattenschwert“, pflichtete Allen dem Hauptmann bei und er verneigte sich in ihre Richtung. „Vielen Dank, Euer Durchlaucht.“ Der König seufzte frustriert. „Ich weiß nicht, wo dieser Krieg uns hinführt! Wenn wir Aidden von der Herrschaft der Engel befreien, was wird das an unserer Situation ändern? Das Orakel wird dann immer noch bestehen und mein Sohn wird immer noch der sein, der er ist. Ich… habe den Sinn meines Handelns verloren.“ Allan blickte besorgt zu ihrem Mann. Sie hatte gewusst, dass seine Entschlossenheit schwankte, doch das so viel Zweifel an ihm nagte, beunruhigte die Göttin zutiefst. „Und wenn wir es vernichten, geht die Magie mit ihnen…“ Wie alle magischen Wesen glaubte auch Iblis, dass sie zum Wirken von Magie von der Kraft des Orakels abhängig waren. Allan aber glaubte, dass da eine andere Form der Magie sei, es musste so sein! Wenn sie Magie wirkte, bediente sie sich einer Macht, die in ihr schlummerte. Die Macht eines Gottes? Allan vermochte nicht genau zu bestimmen, ob auch andere diese Kraft in sich trugen. „Ich halte es für das Beste, den Krieg fort zusetzten. Es ist wichtig, diesen Scheinheiligen die Stirn zu bieten und die anderen aus deren Tyrannei zu befreien“, sagte Suteyn und riss Allan so aus ihren Gedanken. Iblis schwieg eine Weile und nickte schließlich zustimmend. „Hauptmann, schickt einen Boten nach Casaxel zu den Dunkelelfen und einen weiteren nach Takatunô zum Volk der Aftiel. Wir bitten um kriegerischen Beistand.“ Suteyn nahm grinsend Haltung an. „Zu Befehl, Euer Durchlaucht!“, sagte er possenreißerisch und verließ den Raum. Allan legte Iblis behutsam eine Hand auf den Schenkel, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Iblis? Glaubst du nicht, es wird langsam Zeit, sie um Hilfe zu bitten? Sie kann ihn schützen.“ Der König nickte leicht und rieb sich mit den Händen die Schläfen. „Du hast Recht, ihr rede mit…“ „Nico?“ Nachdenklich runzelte Cat die Stirn. Den Namen hatte sie vor kurzem schon einmal gehört, doch sie erinnerte sich nicht mehr daran, wann das gewesen war. Neben ihr stöhnte Shadow leise auf, als er sich ungeschickt das T-Shirt auszog. „Was tust du da?“, fragte das Mädchen, bemüht darum, ihm zu helfen. Shadow aber überging ihre Frage und riss einen Streifen von seinem Shirt ab. Dann schlang er das Stück Stoff um den untersten Teil des Oberarms und mit Hilfe seiner Linken und seinem Mund gelang es ihm, den Streifen zuzuschnüren. Er bindet das Blut ab… Staunend sah Cat ihm zu. So geschickt, wie er das machte, musste er es irgendwo gelernt haben. Ihr Blick wanderte von der Binde seinen Arm hinab und auf der Unterarminnenseite in der Nähe des Handgelenkes entdeckte sie einige Narben. Die Wülste, die die Wunden hinterlassen hatten, ließen darauf schließen, dass sie sich entzündet hatten. Diese Wunden kamen doch nicht etwa von…? „Woher kommen diese Narben?“, fragte Cat misstrauisch und griff nach seinem Arm, doch Shadow zog ihn zurück. Also doch! „Du hast versucht…“ „Bei allem Respekt, Cat, aber das geht dich nichts an“, unterbrach Shadow sie mit eisiger Stimme. Das Mädchen öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn dann aber wieder. Vielleicht war es doch etwas zu privat, als dass sie nachhaken sollte. „Wer ist Nico?“, fragte sie stattdessen und brachte das Gespräch auf ein anderes Thema. Shadow schnaubte verächtlich und zog sich seinen Mantel wieder an. Sein Blick wurde noch düsterer und Cat bereute es gleich wieder, gefragt zu haben. „Nico ist meine Schwester, mein Zwilling um genau zu sein. Sie ist Arzt.“ „Ach, dann hat sie mich damals behandelt.“ Shadow hob den Blick vom Boden und das Eisblau in seinen Augen schien leichte Wellen zu schlagen. Erstaunlichere Augen hatte Cat noch nie gesehen. Sie schienen tatsächlich die Farbe zu wechseln! Fasziniert betrachtete sie das farbige Feuerwerk, als Eisblau auf Indigoblau traf und die beiden sich verbanden. „Als ich wegen meinem Fuß im Krankenhaus war“, ergänzte sie, als Shadows fragender Blick sie traf. „Dann kannst du einem ja leid tun“, brummte er, doch Cat schüttelte den Kopf. „Nein, sie war wirklich sehr nett.“ „Ein Wunder…“ Oder auch nicht, fügte er in Gedanken hinzu, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass es genau so war, wie er es sich dachte. Das würde bedeuten, dass sie mehr wusste als er… oder wollte er einfach nichts wissen? Mit einem Seufzen schüttelte Shadow die wirren Gedanken ab. „Sie ist gleich hier“, sagte er und kurz darauf bog ein Auto in die Strasse ein. Vor der Ruine des Gebäudes machte es halt und Nico stieg aus. Ihr rabenschwarzes Haar reichte ihr bis knapp über das Kinn. Über ihrer einheitlich schwarzen Kleidung trug sie einen weißen Kittel und an dem war ein kleines Schild befestigt, das sie als „Nico Cooper“ auswies. Neben ihrem Namen war ein Bild der Ärztin zu sehen, auf dem sie einem freundlich lächelnd entgegenblickte. Die Frau vor ihnen aber lächelte nicht. Sie blickte Shadow herablassend an. Der Ausdruck der rauchblauen Augen, in denen kein Funken Liebe stand, ließ Cat erzittern. Das war Shadows Zwilling… Unwillkürlich musste Cat an ihren Bruder denken und genau in diesem Augenblick schien das Loch, das er mit seinem Verschwinden in ihrem Herzen hinterlassen hatte, spürbarer denn je. Nico schloss das Auto und schritt dann langsam auf Shadow zu, Cat würdigte sie dabei keines Blickes. „Es ist unglaublich, wie du es immer wieder schaffst, so etwas zu vollbringen!“, sagte die Ärztin in einem mehr als abfälligen Ton und deutete mit einer Handbewegung auf die Trümmer der ehemaligen Wohngemeinschaft, dann ging sie vor Shadow in die Hocke. „Flick mich einfach zusammen und geh wieder. Dann bin ich glücklich, dann bist du glücklich und die Sache ist gegessen“, antwortete Shadow in derselben Schärfe und Cat wich ein wenig vor dem Geschwisterpaar zurück. Der Bogenschütze zischte leise, als Nico ihn grob am Arm packte und den Schnitt betrachtete. „Ist das nicht etwas zu extrem für selbstverletzendes Verhalten?“, sagte sie, während sie in der Tasche nach den Instrumenten suchte. Als sie Nadel, Faden und ein desinfizierendes Tuch gefunden hatte, entfernte sie den Fetzen, mit dem Shadow die Blutung gestoppt hatte. Dann griff sie nach dem Tuch und wusch den Schmutz aus der Wunde, nahm die Nadel mit dem organischen Faden und begann, den Schnitt zuzunähen. Shadow biss sich während der ganzen Prozedur auf die Unterlippe und man sah, dass Nico nicht sonderlich vorsichtig war. Langsam näherte Cat sich dem Verletzten, legte behutsam ihre Hand auf seinem die er zu einer Faust geballt hatte und sah ihn besorgt an. Wie ein Mann wandten Shadow und Nico den Kopf und starrten Cat an, ein und denselben Ausdruck auf dem Gesicht, sodass Cat die Hand gleich wieder zurückzog. „Du!“, sagte Nico erstaunt und erinnerte sich wieder an ihre Patientin. „Du bist also…“ Ihre Mimik wechselte von Verwunderung zu Herablassung und schließlich stand Nico auf. Sie warf Shadow noch einen Verband vor die Füße, bevor sie sich umdrehte und zurück zu ihrem Auto lief. „Dieses Erdbeben hat viele verletzt und Unschuldige getötet. Ich kann dir nur anraten, deine nächsten Schritte sorgfältig zu wählen“, sagte der Zwilling und warf Shadow über die Schulter hinweg einen letzten Blick zu. Dann stieg sie in das dunkelblaue Auto und fuhr davon. Krampfhaft umklammerte sie das Lenkrad, die Maske der Unantastbarkeit fiel von ihrem Gesicht und sie bremste das Auto ab. „Ich tue das für dich, für uns… für unsere gemeinsame Zukunft“, sagte sie leise und blickte gen Himmel, als eine weiße Wolke sich von der Sonne weg schob und die Lichtstrahlen sanft über Nicos Wangen streichelten, so als wollten sie ihr zustimmen und sie auffordern weiterzumachen. Als Nico sich wieder gefasst hatte, drückte sie wieder auf das Gas. Sie hatte eine Aufgabe und sie würde diese Aufgabe erfüllen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)