High Times and Low Moments von Dave_Lepard (Die Eyes haben ein ziemlich Internes Prob ;)) ================================================================================ Kapitel 7: Shit repeats ----------------------- Am Morgen wachte ich mit einem Pochen in den Schläfen auf, das ich dachte mir würde der Kopf zerspringen. Der Versuch kurz an meinen Kopf zu fassen, blieb zu meinem erstaunen erfolglos. Zunächst vermutete ich das ich lediglich noch nicht ganz wach war, doch als ich es mit etwas mehr Nachdruck versuchte, spürte ich wie etwas an meinem Handgelenk stand hielt und mich nicht weiter kommen ließ. Das selbe galt auch für meine linke Hand. „Sie haben dich fest gebunden.“ Allein diese Stimme ließ mich meine Gedanken ordnen und meinen Blick neben mich huschen. Er war da. Er war wirklich wieder gekommen. Wie aus Reflex wollte ich mich aufsetzen, die Arme nach ihm ausstrecken, aber meine Fesseln hielten mich davon ab, was ich bereits nach einigen Zentimetern spüren musste. Timo rührte sich nicht. Er sah auf mich herab, aber diesmal wandelte sich seine Verachtung bereits nach einigen Sekunden in Mitleid, sodass er aufstand und zu mir herüber kam. Auf der Bettkante nahm er platz und legte seine Hand in meine, welche ich sofort mit den Fingern umschloss. Er erwiderte diese Geste, meinen Blick jedoch nicht. Diesem konnte er nicht standhalten. Timos Blick ruhte auf einem wahllosen Punkt im Nichts, irgendwo Richtung Boden, weit weg von mir, woraufhin ich annahm er sei nicht ganz bei der Sache und nur gezwungenermaßen hier. Es wäre unverschämt gewesen ihn darauf aufmerksam zu machen und ich wollte ihm auch nichts zum Vorwurf machen, dazu war ich viel zu froh das er überhaupt gekommen war. Zu reden traute ich mich hingegen auch nicht und zu meinem Erstaunen war es schließlich er welcher das Wort ergriff. „Ich habe nachgedacht“, er schluckte schwer, als ob es ihm viel Überwindung kostete die passenden Worte zu finden. „Seit wir uns aufeinander eingelassen haben geht alles schief. Das nicht alles deine Schuld ist weiß ich. Ich hab genau so viel Mist gebaut wie du und bin vielleicht sogar an mehr Dingen schuld als ich mir eingestehen will. Gestern hab ich mir noch mal alles durch den Kopf gehen lassen. Bisher konnten wir alles so weit noch verkraften und halbwegs in Ordnung bringen, aber das hier…ich halte das nicht mehr aus. Schon als das anfing konnte ich nicht mehr, aber dieser Rückfall. Dein scheiß Rückfall!“ Er schnappte zornig nach Luft und drückte meine Hand fester. Mit seiner Ruhe war es vorbei. „Du hast es mir versprochen! Zweimal! Und jetzt guck wo du gelandet bist! Du weißt ja nicht mal mehr was du tust!“ Er riss sich los, sprang auf und vergrub die Hände in den Haaren während er im Zimmer auf und ab ging. Ruhig sah ich ihm dabei zu und schwieg. Es traf mich nicht…Es war mir nahezu egal…Ich konnte genau sehen und erkennen das er wirklich am Ende war. Diese Tatsache tat mir Leid. Zumindest sagte ich mir das es mir Leid tun müsste, aber ich empfand nichts dabei. Das Schweigen auf beiden Seiten wurde davon unterbrochen das er begann im Zimmer auf und ab zu gehen. „Ich gebe dir hiermit die letzte Frist. Wenn ich schon her komme um mit dir zu reden und du mich nur anschweigst, ist es auch nicht nötig dich weiterhin zu besuchen.“ So weckte er mich aus meinem Schweigen. Mit großen Augen sah ich ihn an, doch er ignorierte mich und sah weiter aus dem Fenster. „Ignoranz ist schon ätzend, was? Wenn du hier raus bist, sehen wir uns wieder bei der Arbeit. Tschüß“ und ohne einen letzten Blick oder ein letztes Wort verließ er das Zimmer. Verließ er mich. Ich weiß bis heute nicht in welcher Ohnmacht ich lag, das ich einfach nicht mit ihm sprach. Vielleicht war es Schock gewesen oder unbewusste Unfähigkeit. Irgendwo hatte ich mir vielleicht sogar eingeredet das mir alles egal war und mittlerweile weiß ich sogar das es mir zunächst egal war. Es ist schwer einen Drogenabhängigen nachzuvollziehen ohne jemals selbst in der Situation gewesen zu sein oder auch nur eine Droge positiv erlebt zu haben. Keine Droge ist positiv, aber oft lässt sie uns das glauben, insbesondere dieser chemische Dreck den ich mir seit einiger Zeit wohl in die Venen spritzte. Ich dachte immer nur wieder an Perttu. Er war mein bester Freund gewesen und er ging schließlich an diesem Dreck zugrunde. Damals konnte ich nur zusehen und nichts dagegen ausrichten. Natürlich blieb nichts unversucht und auf mein flehen hin hatte er sich damals sogar in eine Entzugsklinik einweisen lassen, doch direkt nachdem er draußen war fing er wieder zu fixen an. Perttu hatte mir solche Sorgen und solchen Kummer bereitet, das ich irgendwann mitten bei der Arbeit einfach zusammenbrach. Ich trat nicht sofort weg, vielmehr hatte ich mich verkrümmt, in mich geschlossen und weinte bittere Tränen. Die Proben waren damit beendet und meine anderen vier Freunde stürmten zu mir, ließen sich neben mir nieder und versuchten in Erfahrung zu bringen was los war. Nach mehreren Minuten gestand ich es ihnen, schwer schluchzend, während mir der Kajal wie schwarze Tränen die Augen hinab rann, was los war und sie beschlossen im Geheimen sich um Perttu zu kümmern. Zunächst schien sich die Lage zu bessern, doch eines Tages wurde unsere Probe erneut unterbrochen. Wir hatte gerade Pause als mein Handy klingelte. Sofort ging ich rann und nach wenigen Sätzen meines Gegenübers erhob ich mich und begann durch den Raum zu spazieren. Irgendwann legte ich auf, legte stumm das Handy auf den Tisch und ging in den Nebenraum. Ohne irgendein Wort stützte ich meine Handy auf die Fensterbank ehe ich jenes öffnete und heraus sah, dann erst, nachdem ich das Rauschen des Meeres hörte und einige Vögel singen hörte, dann erst verstand ich. Wie in absoluter Tobsucht fing ich an zu schreien und packte alles was zu fassen war um es gegen die Wand zu schmeißen, aus dem Fenster, gegen die Tür, auf den Boden. Bald schon kamen die anderen, trauten sich jedoch nicht näher an mich heran. Im Laufe der Aktion gingen Stühle zu Bruch und auch das Glas eingerahmter Schallplatten und Fotos splitterte. Eine perfekte Metapher für ein zerstörtes Leben… Mit den Fäusten schlug ich ebenfalls gläserne Rahmen von alten Fotos ein, schlug gegen die wand und zerstörte mit bloßen Händen eine der Scheiben ehe ich in Rage einen Überrest des Stuhls packte und ihn gegen die Wand hinter mir schmiss. Ich verfehlte das Ziel und stampfte rüber, schlug also mit bloßen Händen, schreiend und von Tränen überschüttet, auf das Glas ein welches ein Bild von Perttu und mir schützte. Mittlerweile ging es mit meiner Kraft zu Ende. Die Fäuste waren blutig geschlagen, auch im Gesicht waren einige Schnittwunden zu sehen, ebenso befanden sich Splitter von Glas und Holz in meiner Kleidung. Ein letztes Mal schrie ich bitterlich auf und schlug meine Faust in das Bild, welches nun wegen der Wucht meines Schlags leicht an seinem Nagel hin und her schaukelte. Ich sank auf die Knie, direkt in die Splitter und schlug meine Hände vor das Gesicht. Bald rannen Tränen zwischen dem Blut meiner Hände hervor und tropften auf die Scherben unter mir. Noch immer traute sich niemand an mich heran. Lediglich Archzie traute sich näher an mich heran und sogar die gut gemeinte Geste seinerseits mir die Hand auf die Schulter zu legen wurde von mir nur Aggressiv in empfang genommen indem ich ihn anbrüllte mich in Frieden zu lassen und zu verschwinden. Sofort trat er von mir zurück und auch die anderen traten einen weiteren Schritt zurück, ohne zu wissen was überhaupt los war. Timo traute sich lediglich schließlich doch an mich heran. Von hinten legte er beide Arme fest um mich, schloss somit meine Arme so ein das ich nicht nach ihm schlagen konnte. Zu Beginn wehrte ich mich, schrie ihn an und zappelte, versuchte die Arme los zu kriegen um ihn zu schlagen, versuchte sogar ihn zu beißen und zu treten als ich mich und ihn fast ganz zu Boden gerissen hatte. Er sprach nur immer wieder leise davon das ich mich beruhigen müsse, doch ich schrie ihn immer nur wieder an das alles vorbei wäre und das er mich los lassen solle. Darauf reagierte er nicht sondern festigte seinen Griff nur noch stärker bis ich irgendwann in seinen Armen zusammen sackte, mich ihm zuwandte, die Arme um ihn schlang und mich an ihn presste. Es war das erste Mal das mich alle vier so bitterlich Weinen sahen. Erstickend schluchzte ich gegen Timos Hals und griff immer wieder neu in sein Hemd um den Halt nicht zu verlieren, doch er wog mich nur weiterhin still und geduldig in seinen Armen. Irgendwann wurde ich ruhiger und flüsterte nur „ich muss zu ihm“. Daraufhin ließ Timo mich los und ich stand auf, sah in die fragenden Gesichter meiner anderen Bandkollegen und Kameraden. Mit gesenktem Kopf stand ich vor ihnen. „Perttu…er…“ mir stiegen erneut die Tränen in die Augen, ich begann zu zittern und Schauer liefen durch meinen gesamten Körper. „Er…er ist…“ schon war das beben wieder in meiner Stimme, „er ist…Überdosis…er ist tot…“ die Tränen flossen wieder in kleinen Bächen meine Wange herab. Einige Schritte ging ich weiter, griff zitternd nach meiner Jacke. Sie wussten das es falsch wäre auch nur irgendetwas im Sinne einer Beileidszusprechung zu erwähnen und so schwiegen sie lieber und sahen zu. Es war klar das die Proben für heute beendet waren, dafür bedurfte es keiner weiteren Worte. Ich packte also meine Jacke, zog sie über, ging noch einige Schritte, doch dann war es vorerst vorbei. Noch einmal flüsterte ich zu mir selbst „Perttu ist tot…“ ehe meine Knie nachgaben und der Rest meines Körpers folgte. Ich brach zusammen. Es war wie ein Schutzmechanismus um nicht weiter ertragen zu müssen das dass schmerzlichste meines bisherigen Lebens passiert war. Mein bester Freund war tot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)