Fallen von Sarano ================================================================================ Kapitel 11: Part XI - Plea -------------------------- Anmerkung der Autoren: Das nächste Kapitel startet seine Runde. Dieses mal ist es uns recht schnell mit dem neuesten Part gelungen und wir behaupten einfach mal, dass wir abermals stolz deswegen auf uns sind ^-^. Wieder geht ein ganz dickes und großes Dankeschön an alle Leser und Komischreiber. Wie immer haben wir uns sehr gefreut über die positive Resonanz. Auch dieses mal sind wir der Hoffnung dass es euch gefallen wird und wünschen nun viel Freude beim lesen. (neue Leser sind weiterhin herzlich willkommen) Part XI – Plea 25.01.2001 Wie schnell man sich doch an die Präsenz und Wärme eines anderen Menschen gewöhnen konnte. Hätte man Shinya noch vor ein paar Wochen gesagt, dass sein Leben einen solchen Bruch erleben würde, dass er alles was er zu schützen suchte, sich aufgebaut hatte, mit den eigenen Händen ein riss, dann hätte der junge Mann wahrscheinlich eine skeptische Braue in die Höhe gezogen... bisher hielt er sich für eine bodenständige, gradlinige Person, die durchaus in der Lage war, schwerwiegende Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen abzuwiegen. Nun, wo er in dem fahlen Licht der Dämmerung gegen das Kopfende seines Bettes gelehnt saß, war sich der Drummer nicht mehr sicher, er war müde, so sehr nahe an einem vollkommenen, emotionalen Zusammenbruch, dass er es nicht einmal mehr fertig brachte, an seinen Streit und die gefallenen Worte zurück zu denken, ohne das er dabei würgen musste. Drei Tage waren vergangen, seitdem sich der Ältere bei ihm entschuldigt hatte und noch immer konnte er die Stimme in seinen Ohren widerhallen hören, wann immer es vollkommen still wurde, den Schmerz und Kummer, die Verzweiflung die den Anderen zu dieser Tat getrieben hatte. Die mochte hitzköpfig sein, aber der Braunhaarige wusste, dass der Gitarrist auf seinen Geliebten hörte und dessen Führung folgte, wie lange also, musste dieser mit sich gerungen haben, nachdem er erst einmal realisiert hatte was... Shinya brach diesen Gedanken ab, schloss stattdessen mit einen leisen Seufzen die Augen. Einen Herzschlag später war er jedoch wieder bei dem Rothaarigen angekommen, in einem weiteren, sinnlosen Versuch das Offenbarte des Anderen anzunehmen und ein Teil in ihm sehnte sich wirklich danach, das Telefon zu greifen und Die anzurufen, aber ein weit größerer Teil hatte schlicht Angst. Es war so verdammt frustrierend, einerseits wollte er den Gitarristen gerne in den Arm nehmen, ihm sagen, dass er seine Entschuldigung akzeptierte, es ihm ebenso leid tat und genauso auch sein Fehler war. Andererseits hatte ihm der Größere so weh getan, wurde er erneut von Zorn ergriffen, sodass er sich wünschte, Die eine Treppe hinunter zu stoßen, nur um ihm dann ins Gesicht fauchen zu können, dass dieser wirklich Recht hatte, er nur an sich dachte und ein Egoist war. „Du denkst schon wieder so stark nach, dass ich hören kann, wie es dort oben arbeitet.“ Die Stimme des Bassisten klang schlaftrunken und obwohl der Jüngere wusste, sein Freund scherzte nicht mit ihm, so hoben sich seine Lippen in einem kleinen Lächeln, während er zögernd eine Hand auf die Schulter Toshiyas legte, sacht über diese strich. „Ich weiß.“ Nun hob der Schwarzhaarige seinen Kopf, um zu dem Zierlicheren hinauf zu sehen, dann rollte sich der Größere auf seine Seite des Bettes, stützte sich mit dem Ellenbogen auf, damit er den Dunkeläugigen richtig anblicken konnte. „Ist es wieder wegen Die?“ Sie hatten viel miteinander gesprochen am gestrigen Abend, auch wenn Shinya sehr gezögert hatte, das ihm Angebotene zu akzeptieren, sich Toshiya in dieser Form zu offenbaren, ihm zu zeigen was er fühlte, wie geringfügig es auch sein mochte, immer gab es diese leise, warnende Stimme in ihm, die ihn konstant begleitet, Shinya jedes seiner Worte, seiner Gesten überdenken ließ. Es war eine Gradwanderung, gerade weil ihn sein Freund von sich aus ständig berührte, körperlichen Kontakt suchte, den der Braunhaarige am Anfang einfach nur hingenommen hatte, nun allerdings wünschte er das sachte Streicheln von Toshiyas Fingern, all diese kleinen Gesten. Doch egal wieviel Wärme, wieviel Wohlgefühl es in dem Drummer auslöste, immer wieder schreckte er zurück, es war eine Gefahr, etwas, dass er nicht kontrollieren konnte und selbst wenn er den Bassisten nicht zurückwies, aus Rücksicht vor diesem, seinem Versprechen, so ging er trotz dessen nicht auf ihn zu. „Shinya?“ Offensichtlich hatte er zu lange geschwiegen, denn inzwischen saß der Ältere, strich ihm mit einem Finger über den Kiefer. „Ja und auch nein... ich drehe mich einfach immer wieder im Kreis.“ „Vielleicht versuchst du es nur zu sehr und kommst deswegen zu keinem Ergebnis. Du bist selbst noch viel zu aufgewühlt, als dass du entscheiden könntest, ob du seine Entschuldigung annehmen sollst oder nicht.“ „Ich kann ihn nicht ewig in der Luft hängen lassen!“ Shinyas Stimme hatte sich ungewohnt erhoben, weswegen Toshiya nach den Armen des Jüngeren griff, diesen zu sich zog. „Komm her zu mir.“ Der Bassist positionierte sie so, dass sie beide wieder lagen, er den Drummer gegen sich halten konnte, ignorierte die momentane Verspannung, ließ ihn nicht frei, wartete, bis der Körper Shinyas über dessen Willen siegte, sich in die Trost spendende Berührung fallen ließ. „Vielleicht solltest du wirklich erst einmal an dich denken, du selbst bist vollkommen überfordert. Wie willst du ihm denn verzeihen, wenn du dir nicht einmal sicher bist, ob du das willst? Du kannst doch nicht sagen 'Die, es ist alles in Ordnung, ich nehme deine Entschuldigung an', wenn du überhaupt nicht zur Ruhe kommst?“ Shinya hatte auf diese Fragen keine Antwort, schlicht, weil sie das wieder spiegelten was er fühlte, trotzdem gab es etwas, das ihn schon beinahe dazu zwang, immer wieder über Die und seine Worte nachzudenken. „Dir en grey wird nicht zerbrechen.“ Shinyas Atem stockte für einen Moment, wie jedes Mal, wenn der Ältere dies sagte, der Drummer nur leicht nicken konnte, die Augen zufallen ließ, sich einige Sekunden in der Wärme verlierend, die ihn von dem anderen Körper geschenkt wurde. Dass sie hier so beieinander lagen, war beinahe irreal und noch immer so ungewohnt, obgleich sie seit dem Anruf des Rothaarigen jede Nacht gemeinsam verbrachten, es war einfach zwischen ihnen entstanden, nachdem Shinya Toshiya bei sich gefunden hatte, irgendwann in den frühen Morgenstunden, halb auf dem Bett liegend, die Beine in einer unbequemen Position darüber hinaus. Der Bassist war nicht einmal aufgewacht, als der Kleinere ihn zu sich gezogen hatte, war lediglich gegen ihn gesunken, selig schlafend, derweil der Zierlichere noch eine sehr lange Zeit gebraucht hatte fortzudämmern, hin und her gerissen von der anziehenden Nähe einer anderen Person und den eigenen jahrelang aufdiktierten Fesseln über seinen Gefühlen... Shinya kam alleine zurecht, nicht wahr? „Rumpel, Rumpel.“ Wieder holte ihn der Ältere aus seinen Gedankengängen, stupste ihn mit einem Finger gegen die Nase, als der Drummer den Kopf in den Nacken legte. „Entschuldige.“ Dies Wort war dem Braunhaarigen inzwischen so vertraut, dass er glaubte, jeder zweite Satz den er sprach, würde damit anfangen, aber der Andere lächelte nur. „Kann ich es mich denn wagen aufzustehen und etwas zum Frühstück zu machen?“ „Soll ich dir nicht helfen?“ Während er fragte, stütze sich der Musiker auf, sodass es seinem Freund möglich war, aufzustehen, der wieder nur das Haupt schüttelte, ihm anschließend zuzwinkerte. „Nein... ich mag es, dich zu verhätscheln.“ ~~~~~ Der Jüngere seufzte auf diese Aussage lediglich, erwiderte sein Grinsen mit einem kleinen Lächeln, jedoch, noch bevor der Bassist das Zimmer mit einem Winken verlassen konnte, ertönte Shinyas Stimme. „Ich werde auch gleich nachkommen.“ „Och, wie schade, dann gibt es heute auch kein Frühstück im Bett?“ „Nein.“ „Na gut, wie der Herr es wünscht. Dann werde ich mal zur Tat schreiten.“ Mit diesen Worten setzte der Ältere seinen Weg fort, ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und ging die Treppen nach unten in die Küche, dass Lächeln auf seinen Lippen dabei nicht verlierend. Er wusste nur zu gut warum Shinya ihm gesagt hatte, dass er gleich ebenfalls kommen würde, wollte dieser verhindern, dass der Bassist es wie vor zwei Tagen machte, als der Braunhaarige ihm nicht schnell genug aus dem Bett gekommen war und er kurzerhand ihr Frühstück nach oben in dessen Zimmer befördert hatte. Nur zu gerne dachte er an den Gesichtausdruck zurück, den der Kleinere an diesem Tag getragen hatte, denn dass er diesem sein Essen nachtragen würde, darauf war Shinya nicht vorbereitet gewesen, zumal jener damals ebenfalls wach gewesen war, so wie heute. Mit den Erinnerungen an die letzten Tage, bereitete der Schwarzhaarige für sie beide ein reichhaltiges Frühstück vor, war dies schon fast zur Routine für ihn geworden, denn am Morgen ließ er den Jüngeren nie helfen, wollte, dass dieser sich ausruhte und dabei erholte, besonders nach dem Telefonat mit Die. Der Drummer hatte sich nach diesem Tag erneut zurückgezogen, trotz dessen versprechen, zu versuchen, es nicht wieder zu tun, war Shinya sehr ruhig, meist mit seinen Büchern in seinem Zimmer. Das Wetter hatte zwar in den letzten drei Tagen nicht dazu beigetragen etwas zu unternehmen, da es bitterkalt war und die ganze Zeit geschneit hatte, dennoch hätte Toshiya gerne mehr Zeit mit dem Braunhaarigen verbracht. Doch abgesehen von der Besorgnis erregenden Haltung seines Freundes, hatte der Schwarzhaarige auch eine positive Veränderung in dem Zierlicheren bemerkt, dachte er nur an ihr Gespräch des gestrigen Abends zurück, an welchem der Kleinere mit ihm über seine Gefühle, für welche Die der Auslöser gewesen war, gesprochen hatte. Zwar war sich der Musiker darüber bewusst, dass der Jüngere ihm nicht wirklich alles erzählt hatte, was in dessen Innerem vor sich ging, dennoch war es ein Anfang und ein großer Schritt in die richtige Richtung um Shinya seinen Kummer zu nehmen. Auch die Tatsache, dass sie seit diesem schicksalhaften Tag gemeinsam in einem Bett miteinander schliefen, konnte Toshiya ein bisschen die Sorge nehmen, hätte er doch niemals mit solch einem Umschwung, seitens des unnahbaren Mannes gerechnet. Während er das Wasser für den Tee aufsetzte, nebenbei noch eine Tasse schwarzen Kaffees für sich selber brühte, erinnerte er sich zurück an dieses angenehme Gefühl, zu jenem Zeitpunkt, als er neben dem Jüngeren aufgewacht war. Zuallererst hatte er gar nicht gewusst, wo er sich befand, war nur noch die Erinnerung daran, dass er auf einem Stuhl gesessen und den Braunhaarigen betrachtet hatte, danach existierte ein tiefes schwarzes Loch in seinem Kopf. Schon als sich die braunen Augen damals langsam geöffnet hatten, war es dem Bassisten seltsam vorgekommen, das sein Kissen sich hob und senkte, sowie ein stetiges Klopfen von sich gab. Erst nach weiteren Minuten, in diesen Toshiya lange genug die Zeit hatte, um zu überlegen, was vor sich ging, war er sich darüber bewusst geworden, dass diese angenehme Wärmequelle von dem Körper des Dunkeläugigen ausging, welcher neben ihm lag, bemerkte auch im selben Moment, dass sein Kopf auf dessen Brust und sein eigener Arm um die Hüfte des Zierlicheren ruhte. Dennoch hatte er sich nicht sofort von dem Jüngeren gelöst, die letzten Sekunden in dessen Nähe genossen und sich erst dann aufgesetzt, als auch Shinya sich gerührt hatte. Das Pfeifen des Wasserkessels holte den Bassisten aus seinen Erinnerungen, begann er den Tee in eine Kanne zu füllen und mit dem heißen Wasser aufzugießen, während auch die Kaffeemaschine mit einem Zischen andeutete, fertig zu sein. Sich daraufhin auf sein jetziges Tun konzentrierend, begann er damit den Tisch zu decken, fanden Teller als auch Besteck ihren Platz auf dem Küchentisch, ehe sich auch Wurst, Käse, Toast sowie Brötchen, Honig und Marmelade hinzu gesellten. Ein relativ untypisches Frühstück für die beiden Japaner, welches sie genossen, seit sie ihr Heimatland verlassen hatten. Gerade als der Schwarzhaarige nach einer Flasche Orangensaft und Mineralwasser griff, um diese ebenfalls auf den Tisch zu stellen, betrat der Jüngere den Raum, setzte sich, wie Toshiya mit einem zufriedenen Gesichtausdruck feststellte, auf einen der Stühle. Der Drummer hatte es scheinbar aufgegeben helfen zu wollen, etwas, dass ihm nur Recht war, er wollte nicht, dass dieser einen Finger rühren musste, tat gerne allerlei Kleinigkeiten, um dem Braunhaarigen den Aufenthalt in Schottland so angenehm wie möglich zu gestalten und es schien zu wirken. Auch wenn Shinya noch immer sehr zurückgezogen war, er lächelte öfter als sonst, redete mit ihm und dies alleine war schon Grund genug für den Älteren, sich auch weiterhin um seinen Freund zu kümmern. Mit zwei Gläsern in den Händen, gesellte auch er sich nun zu dem gedeckten Tisch, reichte eines davon seinem Kollegen, nahm dann die Kanne mit dem Tee zu sich und füllte Shinyas Tasse, während er selbst vorerst zu seinem Kaffee griff. An dem dunklen Gebräu nippend, blickte der Größere über den Rand hinweg zu dem Jüngeren, welcher sich so eben eine Scheibe Toast mit etwas Erdbeermarmelade bestrich, dann aber seinen Kopf hob, als er sich den dunklen Augen bewusst wurde, die ihn beobachteten, was einen fragenden Ausdruck auf seinem Gesicht erscheinen ließ. „Was möchtest du heute tun?“ „Ich weiß es noch nicht.“ „Nun gut...“ während der Ältere redete, griff er nun selbst nach einer der dunklen Scheiben, um etwas von dem süßen Brotaufstrich darauf zu verteilen,...“ also wenn das Wetter heute besser wird, könnten wir eine Ruine besuchen gehen. Es soll sehr viele dieser faszinierenden Gemäuer hier geben und wäre bestimmt interessant. Wenn es allerdings weiterhin so schneit, können wir dies auch auf Morgen verschieben. Was hältst du davon?“ „Jetzt weiß ich, was du gestern Nacht noch solange im Wohnzimmer getan hast.... Aber gerne, ich habe nichts dagegen.“ „Natürlich, schließlich wird es wohl nicht ewig so schneien und wir wollen doch auch etwas von Schottland sehen und nicht die ganze Zeit über hier bleiben. Dann warten wir jetzt einfach ab, ob die Sonne heute noch aus ihrem Versteck hervor kommt oder weiterhin den Wolken die Vorherrschaft überlässt.“ ~~~~~ Immerhin war es Shinya erlaubt worden beim Abwasch zu helfen, nicht das sich Toshiya und er über eine solche Kleinigkeit gestritten hätten, dennoch war ihre Art, die anstehenden Arbeiteten aufzuteilen doch recht verschieden. Es war wirklich eine süße Geste des Älteren, ihn rundherum zu versorgen und auf eine gewisse Weise verstand der Langhaarige seinen Freund und dessen Beweggründe, trotzdem gab es ihm das Gefühl dem Anderen eine Last zu sein, er war bisher unabhängig gewesen und sein Inneres wollte, das dies so blieb. Shinya musste in Kontrolle über sich und seine Umgebung sein, um zu verhindern, dass seine Seele zersprang, oder der kleine Junge, welcher in seinen Gedanken lebte, seine Arme um den Bassisten schlang und alles von sich fallen ließ. Seit dem Streit mit Die... nein, auch schon die Wochen zuvor, hatte sich der Drummer auf einem sehr schmalen Weg befunden, gesäumt von spitzen Ecken, die immer wieder in seine nackten Füße schnitten und dennoch war er weiter gelaufen, den Kiefer aufeinander gepresst und das Kinn stolz erhoben. Zwar konnte der Dunkeläugige noch immer nicht erkennen, ob sein Pfad in der Ferne breiter werden würde, aber das schlichte 'Hier sein' und die Präsenz des Größeren halfen, den Untergrund weicher zu machen, damit die kleineren Wunden die Chance hatten zu heilen. „Ich bin im Bad.“ Der Bezopfte summte, hob kurz den Kopf um ihn anzulächeln, bevor sich der Andere wieder über die Karte beugte, die Stirn in leichte Falten gelegt, derweil er wohl den Weg zu ihrem Ausflugsziel heraussuchte. Der Braunhaarige hingegen nahm seinen Rucksack von der Garderobe mit sich, bevor er in die nächste Etage hinauf ging, er hatte noch einige Dinge in ihm, die er ausräumen würde, bevor sie nachher losfuhren, zunächst legte er diesen auf seinem gemachten Bett ab, nahm sich frische Kleidung aus dem Schrank und räumte diejenige ein, welche Toshiya zusammengelegt auf einen der Stühle platziert hatte. Das Erste, was er aus dem Rucksack griff waren die Tabletten, diese blickte er für einige, lange Sekunden an, haderte mit sich, ob er sie nicht einfach fort werfen sollte, am Ende tat er sie mit einem leisen Seufzen in das Fach des Nachtschränkchen, wo er auch die Kamera hinlegen würde, wenn sie am heutigen Tag wieder zu Hause waren. Seine Gedanken hüpften munter umher, die Themen vollkommen zufällig, bis Shinyas Finger etwas streiften, das keinen Platz in seiner Tasche hatte und auch ohne hinzusehen wusste der Drummer das es ein Brief war, seine Fingerspitzen kannten das glatte seidige Gefühl des Materials, aus welchem der Umschlag bestand. „Shinya? Kann ich noch mal kurz ins Badezimmer, oder bist du schon drin?“ Luft füllte die brennenden Lungen des Braunhaarigen in einem einzigen, schmerzhaften Keuchen, machten dem Musiker bewusst, dass er nicht geatmet hatte, gleichzeitig hörte er den Größeren bereits auf der Treppe. Wieder wurde sein Name gerufen, eine Spur lauter, begleitet von aufkeimender Sorge, doch die Kehle Shinyas war zugeschnürt, sein Blickfeld so verschwommen, das er nur noch einen winzigen Bereich hatte, welcher klar zu sehen war und selbst in diesem begann die Dunkelheit zu flimmern. „Nein... geh nur.“ Wie er die Worte hatte heraus würgen können, wusste er nicht, auch nicht, wie er es geschafft hatte, sie so klingen zu lassen, das Toshiya sie akzeptierte, denn er hörte nur den dumpfen Aufprall seines eigenen Körpers, als seine Knie mit einem Mal weg brachen, wobei der Brief, den er weiterhin fest hielt, aus dem Rucksack gezogen wurde,. Seine Sicht schwankte und wabberte furchtbar, während Shinya immer wieder keuchte und nur entfernt war die Realisierung in ihm, das er wie ein neugeborenes Kätzchen bebte, sein Denken hatte vollkommen ausgesetzt, während der Junge in ihm einfach ihn Ohnmacht gefallen war... weswegen er eine Zeit lang einfach nur 'starrte'. „Bad ist wieder frei.“ Toshiyas Stimme riss ihn aus seiner Apartheid, dennoch brauchte es einen quälenden Herzschlag bis das nächste Wort seine Lippen verließ. „... Danke.“ Der Drummer hörte keine Erwiderung und der Ältere polterte nicht durch die Tür, auch wenn der Zierlichere noch einige Sekunden auf genau diese blicken musste, um sich dessen vollkommen sicher zu sein, dann stemmte er sich auf die Knie, wobei der Umschlag zerknitterte, aber das registrierte er nicht. Er griff nach seinen Sachen, lief in das Badezimmer hinüber und erst das Klicken des Schlosses brachte ihn zurück in die Wirklichkeit, zeigte ihm, das er die Türklinke so fest umschlossen hielt, das es einen Abdruck dieser auf der Innenfläche seiner Hand hinterließ, als er sie endlich lösen konnte. Erneut gingen dem Drummer Minuten verloren, fehlte ihm die Erinnerung, wie er den Brief geöffnet, wie er zurück auf den Boden gekommen war, doch als er wieder etwas sehen konnte, war sein Kopf nach vorne gesunken, der Inhalt des Umschlags auf seinen Schoss gefallen. Ein trockenes Schluchzen entfloh seiner Kehle, gefolgt von einem verzweifelten Laut, zwei Worten, die sich in einer unendlichen Schleife in seinem Kopf wiederholten. „Oh Gott...“ Keine zärtlich geschriebenen Sätze hatten ihn dieses Mal erreicht, keine Rosenblätter, keine sanften Düfte von Ölen... nur eine einzige, schlichte Fotografie, die jeden Funken der Freiheit raubte, den Shinya noch in sich gefühlt geglaubt hatte. Man war in ihrem Haus gewesen... während sie geschlafen hatten... man war bei ihnen gewesen und keiner von ihnen hatte es bemerkt. Lange Zeit war dies das Einzige, das der Braunhaarige realisierte, dann folgten alle anderen Eindrücke, begann er zu begreifen, was ihm das Bild zeigte und seine Panik eskalierte um ein weiteres Stück, auch wenn sich das rein körperlich in keiner Weise zeigte, nur seine Lippen begannen zu beben. Man hatte sie photographiert, als sie geschlafen hatten und irrealer weise fiel ihm auf, dass er sich wohl gegen den Körper des Älteren lehnte, wenn er ruhte und er konnte sehen, das eine Hand von diesem auf seiner Schulter lag, doch mehr konnte man von dem Bassisten nicht erkennen, denn der restliche Körper war unter den Decken verborgen... der Kopf des Älteren selber... war hinaus geschnitten worden. Er musste Toshiya von sich fern halten. Er musste den Brief vernichten. Er musste den Älteren schützen, er musste ihn wieder nach Hause schicken. 'Ich werde dich immer finden.' Sein eigenes Keuchen klang als würde er ersticken, während er auf Händen und Knien zu der Toilette hinüber kroch, den Deckel anhob und mit zitternden Finger begann, das Foto zu zerreißen, Toshiya durfte es auf gar keinen Fall sehen. Irgendwo tief in ihm regte sich sein Verstand, sagte ihm, dass er ein Beweis vernichtete, doch das war ihm egal... er musste es zerstören und Shinya musste seinen Freund von sich fort schaffen. ~~~~~ Während sich der Jüngere im Badezimmer befand, war Toshiya in sein eigenes Zimmer gegangen, zwar schliefen sie gemeinsam, hatten aber noch immer getrennte Räume für ihre Privatsphäre. Der Bassist war gerade dabei seine Tasche auszuräumen, wollte in diese ein paar Dinge für ihr bevorstehendes Ausflugsziel packen, als er plötzlich inne hielt, seine Finger einen größeren Umschlag ertasteten und im ersten Moment zogen sich die Augenbrauen des Schwarzhaarigen fragend zusammen, bis er sich daran erinnerte, warum dieser in seinem Rucksack war. In dem weißen Kuvert befanden sich die Bilder seiner Polaroid Kamera, zum Schutz gegen knicke, Schmutz oder Nässe, schließlich wollte er sie Zuhause in eines seiner Fotoalben verewigen, waren es bleibende Erinnerungen an ihren jetzigen Aufenthaltsort. Da er wusste, das Shinya wohl noch eine Weile brauchen würde, entschloss sich der Schwarzhaarige dazu, sich die Aufnahmen nochmals anzusehen. Er setzte sich auf das Bett und entleerte den Umschlag einfach auf diesem. Der Musiker war überrascht wie viele Bilder sich nun neben ihm befanden, sie oder doch besser er, hatte ziemlich viel Fotografiert seit sie hier waren. Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen des Bassisten, während er sich die teils albernen Aufnahmen von sich selbst und die seines Kollegen an sah, strich hier du da mal mit den Fingern darüber, erinnerte sich zurück an die Momente, in welchen die Bilder entstanden waren. Nach kurzer Zeit entdeckte der Langhaarige allerdings ein Foto, dass gar nicht zu den Anderen passen wollte... es zeigte seinen Freund, der sich vor einer steinernen Wand befand, diese war von dem gemeinen Efeu gemischt mit den zarten Blüten des Nachtschatten verziert worden, von welchen der Drummer wie magisch angezogen wirkte. Diese Aufnahme war auf dem Dreh zu ihrem ’letzten’ gemeinsamen Video entstanden und Toshiya war auch heute noch von dem außergewöhnlichen Anblick des Jüngeren fasziniert, war dieser unwirklich erschienen, zwischen zarten Blüten, alten Gemäuern und den schwachen Lichtern der Scheinwerfer, doch fiel dem Bassisten auch noch etwas anderes auf, während er sich den Zierlicheren betrachtete. Etwas Trauriges untermalte den Anblick des Braunhaarigen, die Augen, wie von einem dichten Schleier behangen und auch die ganze Haltung, sie wirkte verkrampft, bemerkte der Ältere dies erst jetzt. So schön die Aufnahme des Kleineren sein mochte, sie hatte etwas melancholisches an sich und je länger seine Aufmerksamkeit auf dem Gesicht seines Freundes ruhte, desto mehr kleinere Details entdeckte er, bis er sich davon los riss, ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend tragend. Weitere Minuten schritten voran, ehe Toshiya die Bilder wieder beiseite legte, stattdessen seine Tasche weiter packte, denn der Jüngere würde wohl nicht mehr lange im Badezimmer brauchen. Seit geraumer Zeit befand sich der Schwarzhaarige auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer, wartete noch immer auf ein Lebenszeichen Shinyas, denn bisher war keine Spur von diesem zu erkennen. Der Bassist blickte, er wusste nicht zum wievielten Male, auf seine Armbanduhr, bevor er sich erhob, um nach seinem Freund zu sehen. Oben vor dem Badezimmer angekommen, klopfte der Ältere sachte gegen die Tür, wiederholte die Geste, nachdem der Braunhaarige nicht reagiert hatte, aber auch dann rührte sich nichts in dem Raum und die Sorge in ihm stieg, konnte er lediglich das Rauschen des Wassers vernehmen und nichts Anderes. „Shinya? Hörst du mich? Ist alles in Ordnung bei dir?“ Toshiya wartete einen Moment, vergeblich, noch immer folgte keine Antwort des Anderen, weswegen er ein weiteres mal gegen die Tür klopfte, etwas stärker und weiterhin den Namen des Drummers rufend. Irgendwann, es war ihm, als könnte er die Stimme des Kleineren hören, ließ der Musiker ab davon, gegen den Eingang zu klopfen und tatsächlich, hatte der Zierlichere doch noch auf ihn reagiert. „Es ist alles in Ordnung. Ich komme gleich runter, du kannst schon vor gehen.“ Der Größere war im ersten Moment noch etwas neben sich, dauerte es ein paar Sekunden ehe er antwortete, dem Drummer sagend, dass er im Wohnzimmer sein würde. Dieses Mal musste der Schwarzhaarige wirklich nicht lange warten, hatte er sich kaum auf der gemütlichen Sitzgelegenheit nieder gelassen, hörte er Schritte und wenig später, wie jemand die Treppen herunter trat, ehe er Shinya zu Gesicht bekam. Toshiya wusste nicht warum, aber irgendetwas störte ihn an dem Verhalten des Braunhaarigen, wirkten dessen Bewegungen so schleppend, als dieser näher zu ihm trat und sich neben ihn setzte, den Blick zu ihm jedoch mied. „Shin... ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ja. Aber...kann ich dich etwas fragen?“ „Natürlich, nur zu.“ Abwartend blickte der Bezopfte in die dunklen Opale seines Gegenüber, welcher seiner Meinung nach, irgendwie total ruhelos wirkten, da dessen Augen ständig hin und her zuckten, als fühlte sich der Drummer unwohl. „Vermisst du es nicht zu Hause zu sein?“ Der Bassist war sich nicht wirklich sicher, wie er darauf antworten und was er davon halten sollte, das Shinya ihm diese Frage gestellt hatte verunsicherte ihn. „Warum sollte ich es vermissen? Es war doch meine eigene Entscheidung hier zu blieben... aber warum fragst du mich dass? Stört dich meine Anwesenheit etwa?“ „Nein, aber...“ „Aber? Komm schon Shin-chan, du kannst offen mit mir reden, zumal ich gerne wissen würde, was mit dir los ist, ich erkenne dich kaum wieder.“ Der Jüngere wand sich von ihm ab, blickte stattdessen, auf den Fußboden, als gäbe es dort etwas, dass den Braunhaarigen ungemein faszinierte. „Ist dir denn hier nicht langweilig? Bei uns zu Hause hättest du viel mehr Gelegenheiten alleine weg zu gehen, müsstest auf mich keine Rücksicht nehmen.“ „Was redest du denn da?“ Die Worte waren ruhig gesprochen, dennoch bekam der Schwarzhaarige, durch dass seltsame Verhalten seines Freundes, langsam ein ungutes Gefühl, irgendetwas schien mit dem Zierlicheren doch nicht zu stimmen, mied dieser weiterhin seinen Blick, weswegen sich Toshiya erhob. Vor dem Braunhaarigen ging der Bassist in die Hocke, legte sanft einen Finger auf das Kinn des Kleineren, hob so dessen Kopf etwas an. „Shinya, was ist los?“ Für einen kurzen Moment schlossen sich die Lider über den dunklen Opalen des Jüngeren, legte der Größere daraufhin seine Hand auf eine der gebrechlich wirkenden Schultern seines Gegenüber, spürte dabei wie der Körper des Drummer zusammenzuckte, sich dessen Augen sogleich wieder öffneten, etwas, dass die Sorge in ihm weiter ansteigen ließ, auch wenn sich sein Freund langsam wieder entspannte. „Es ist nichts.“ „Also gut, aber warum stellst du mir dann plötzlich all diese Fragen?“ „Ich dachte nur, zumal du nur wegen mir hier geblieben bist.“ „Das mag sein, aber ich bin gerne hier bei dir. Doch wenn dich das stört, wir müssen nicht ständig etwas zusammen unternehmen, ich lasse dich auch gerne alleine, wenn du es möchtest.“ Natürlich hatte der Bassist keineswegs vor, wieder zurück nach Japan zu gehen, er wollte Shinya nicht einfach hier zurück lassen, auch wenn dieser es sich scheinbar wünschte. Toshiya war gerne dazu bereit, seinen Freund eigene Wege gehen zu lassen, wenn dieser etwas ohne ihn machen wollte, er würde ihn nicht daran hindern, konnte dies aber nicht wirklich verstehen, sie waren doch die bisherige Zeit ganz gut miteinander zurecht gekommen, hatte er etwa was getan, weswegen der Jüngere nun wollte, dass er ging? Ein Seufzen ließ den Älteren wieder aufblicken in das Gesicht des Kleineren, waren dessen Augen abermals geschlossen, ehe sie sich öffneten und die Stimme des Drummers erklang. „Nein, es ist in Ordnung. Entschuldige.“ Der Stimmungsumschwung seitens Shinyas, verwirrte den Langhaarigen, so eben wollte dieser, dass er ging und nun doch nicht mehr? Der Größere fand das Verhalten seines Freundes mehr als beunruhigend, doch sprach er diesen nicht darauf an, ließ es für den Moment fallen, da er keinen Streit wollte, denn dazu würde es kommen, dessen war sich der Bassist sicher. „Wie du meinst. Dann möchtest du die Ruine heute mit mir besuchen? Oder hast du es dir anders überlegt und willst lieber hier bleiben?“ „Nein, wir können gehen.“ Die Antwort war Toshiya zu schnell gekommen und auch in den dunklen Opalen meinte er etwas zu erkennen, das ihn mehr an ein scheues Reh erinnerte, als an die eigentlich starke Persönlichkeit, welche vor ihm saß, doch auch dieses Mal, ging er darüber hin weg, erwähnte es nicht.. „In Ordnung, na dann können wir eigentlich los. Ich habe noch ein paar Kleinigkeiten für uns gepackt und du bist soweit doch auch fertig oder?“ Nur ein Nicken seitens Shinya, bevor sich der Bassist erhob, seinen Gegenüber mit auf die Beine zog, sie sich beide ihre Jacken und Schuhe anzogen um sich auf den Weg zu machen. ~~~~~ Er fühlte sich wie auf einer sinnlosen Flucht. Die Worte jagten ihn unablässig und zwischen ihnen, seiner Resignation und dem Bemühen Toshiya nicht wieder zu sorgen schien er sich schlicht zu verlieren, der Zierlichere wusste einfach nicht mehr in welche Richtung er sich wenden sollte, sein Weg war nun nicht mehr nur schmal und schwer passierbar, er rutschte ständig von diesem ab, schnitt sich dabei die Hände und Knie auf. Shinya hatte aus diesen Haus heraus gemusst, sonst wäre er mit Sicherheit einfach irgendwo zusammen gesunken, hätte sich wie ein kleines Kind unter dem Bett versteckt und schon jetzt wimmerte der Junge in ihm, flehte unablässig, dass sie nicht wieder dorthin zurückkehren würden, aber wenn er seinem Freund sagte, das er wo anders hin wollte, dann würde sich der Bassist sicher nicht ein weiteres Mal so leicht abwürgen lassen, zumal... was würde es ihm bringen? Wieder ein oder zwei Tage Illusion? Erneut das Gefühl, sich endlich loslösen zu können, gegen seine Albträume anzukommen? Sicher nicht, dazu lagen die ihn fesselnden Ketten schon viel zu eng. Die Fotografie tauchte vor seinem inneren Auge auf, bescherte ihm augenblicklich Übelkeit, sodass er trocken würgte, eine Hand über seinen Bauch legte. „Shinya?“ Der Schwarzhaarige blickte zu ihm hinüber, die Brauen in Sorge zusammen gezogen, der Jüngere antwortete ihm aber nicht, schüttelte nur seinen Kopf, sodass Toshiya an der Seite der Straße anhielt, dort den Warnblinker setzte, seinem Freund half, sich abzuschnallen, welcher hektisch die Tür öffnete, nach draußen floh. Toshiya brauchte einen Moment länger und bis er an der Seite des Braunäugigen war, erbrach dieser Galle, die Augen geschlossen, die Wangen nass von Tränen. Mit behutsamen Streicheln schob der Bassist die Haare des Jüngeren aus dessen Stirn, gab ihm mit der anderen Halt, als sich der Drummer nach hinten sinken ließ und wahrscheinlich auf dem kalten Boden sitzen geblieben wäre, hätte der Größere nicht mit sachtem Druck geholfen, ihn zu einem umgekippten Baumstamm hinüber gebracht. Von diesem wischte er mit einer groben Bewegung den Schnee herunter, ließ den Jüngeren einen Moment allein, holte Wasser aus dem Wagen. Wieder sank der Bezopfte vor seinem Freund nieder strich ihm über die Wange die Stirn, nachdem dieser ein paar Schlücke getrunken und sich den Mund ausgespült hatte. „Geht es wieder?“ Shinya nickte leicht, verbarg sich an der Schulter des Älteren, als dieser ihn an sich zog. „Es tut mir leid.“ „Hör endlich auf dich zu entschuldigen... sage mir lieber, warum du dich übergeben musstest.“ An seiner Schulter schüttelte der Braunhaarige den Kopf. „Ich weiß es nicht, es kam vollkommen überraschend.“ „Vielleicht wirst du krank?“ Bei seinen Worten drückte Toshiya den Zierlicheren sanft fort, legte ihm die Finger auf die ausgekühlte Haut der Wangen, dann auf die Stirn, aber er konnte nichts fühlen, das auf Fieber hinwies, auch wenn Shinya furchtbar blass war. „Wir sollten zurück, damit du dich hinlegen kannst.“ „Nein.“ Der Drummer schüttelte seinen Kopf, blickte zu Toshiya hinauf, in seinem Inneren wimmernd, er konnte nicht in das Haus, nicht jetzt... er brauchte erst mehr Abstand. „Shinya, das hat doch keinen Zweck, wenn es dir schlecht geht... wieso willst du dich quälen? Wir können doch auch morgen fahren.“ „Es geht mir schon wieder besser... es war vielleicht nur etwas, das ich gesessen habe, heute morgen. Lass uns weiter fahren, okay?“ Der Langhaarige wollte ruhig klingen, so, als würde er noch immer die vollkommene Kontrolle besitzen, doch stattdessen war seine Stimme bittend, fast hätte er an den Oberarmen des Älteren Halt gesucht und nun blickte ihn der Bassist nur stumm an, bis sich schließlich ein leises Seufzen von dessen Lippen brach. „Ich verstehe dich wirklich nicht.“ Shinya verfolgte, wie der Größere aufstand, ihm eine Hand entgegen hielt, welche er nur zögernd ergriff, neben der Panik die in seinem Inneren tobte, keimte nun zusätzlich die Angst, dass sein Freund auf ihn wütend war, ob seiner ständig schwankenden Stimmungen, doch sollte er sich auch nicht mehr entschuldigen was ihn völlig ratlos zurück ließ. „Toshiya?“ Der Bassist hatte sich halb von ihm abgewandt, drehte sich auf die Frage des Jüngeren wieder zu diesem, atmete einige Male tief ein, fixierte Shinya dann mit seinem Blick. „Weißt du, manchmal würde ich mir wirklich wünschen, das du deinen elenden Starrsinn einfach aufgibst... mit dir zusammen zu sein, ist wie auf einer Achterbahn. Du hast mir, seit wir hier sind ein paar wunderschöne Momente geschenkt, aber auch ein paar sehr, sehr dunkle. Ich will dir helfen, doch wie soll ich das machen, wenn du ständig die Richtungen wechselt?“ Shinya wusste schlicht nicht was er antworten sollte, vermochte nur hilflos den Bezopften an zu starren, wortlos die Lippen zu bewegen... er konnte dem Anderen nicht sagen, was mit ihm war, brachte es einfach nicht über sich die Wahrheit zu offenbaren, sonst würde Toshiya in eine noch größere Gefahr geraten, dessen war sich der Drummer sicher. Schon jetzt war der Schwarzhaarige viel zu nah an ihm und obwohl er wusste, dass er seinen Freund eigentlich fort schicken musste, so gab es doch diesen egoistischen Teil in ihm, der das genaue Gegenteil wollte und der sich immer dann einschaltete, wenn sein Geist, seine Vernunft versuchten sich durchzusetzen und am Ende doch nachgaben. „Es... tut mir wirklich leid.“ Seine Worte waren leise und fern von denen die der Schwarzhaarige hören wollte, doch Shinya konnte einfach nicht, selbst wenn er damit die Freundschaft zu Toshiya auf das Spiel setzte, ihm ein weiterer stützender Pfeiler weggerissen werden würde. Eine Zeit lang schwieg der Größere nur, fuhr sich dann durch das Haar. „Gehen wir.“ Gerade als er sich in Bewegung setzen wollte, schnellte Shinya nach vorne, umarmte den Älteren behutsam von hinten, die Stirn gegen den Nacken seines Freundes gelegt, die Augen geschlossen. „Sei nicht böse auf mich?“ Wieder ein Moment Schweigen und dann eine Hand, welche sich über die des Drummers schob. „Bin ich nicht.“ ~~~~~ Auch wenn er die Nähe des Anderen, für ihn, auf unerklärliche Weise genoss, löste sich der Bezopfte sachte aus der Umarmung seines Freundes, wand sich dann diesem zu, um in dessen Augen blicken zu können, welche ihm noch immer seltsam verklärt vorkamen, er dies jedoch nicht deuten konnte. „Lass uns weiter fahren, wir haben noch einen längeren Weg vor uns.“ Der Ausdruck in dem Gesicht seines Gegenübers änderte sich auch nach diesen Worten nicht, nickte dieser nur, als Bestätigung, dass er verstanden hatte, zeigte nicht, was in dessen Inneren vor sich ging, eine Tatsache, die den Bassisten um ein weiteres Mal frustrierte und er konnte nicht verhindern, dass sich sein Griff um dass Lenkrad unnachgiebig festigte, dass Weiß seiner Knöchel hervor trat, als sie wieder in dem Leihwagen saßen. Dennoch sagte er kein Wort, startete lediglich das Auto, um weiter zu fahren, kurz seinen Beifahrer musternd, in dem Versuch, vielleicht doch noch herauszufinden, was mit diesem los war, ohne Erfolg, denn der Drummer war wie ein Stein, ließ nichts nach Außen dringen. Der Bassist fuhr nach etwa einer Stunde auf einen der öffentlichen Rastplätze, war es für ihn der richtige Moment eine Zigarettenpause einzulegen. Während sich der Ältere seiner Nikotinsucht hin gab und nochmals einen Blick auf seinen Fahrplan warf, verschwand sein Begleiter auf der Toilette. Toshiya war nicht umhin gekommen, während der Fahrt immer wieder Seitenblicke auf den neben ihm Sitzenden zu werfen, war der Jüngere nicht mehr ganz so blass wie zuvor, dennoch sah er noch immer nicht gesund aus und auch dessen Stimmung hatte sich zwar wieder ein wenig gebessert, allerdings ließ dies den Größeren seine Sorge nicht vergessen. Zu stark waren die Schwankungen in dem Verhalten seines Freundes, als dass er sich dem Glauben hingeben konnte, es würde alles in Ordnung sein und ihn belastete der Gedanke, dass es etwas gab, was den Braunhaarigen quälte, dieser ihm jedoch verschwieg. Eigentlich hatte er auch wirklich versucht sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich ständig den Kopf um den Drummer zerbrach, allerdings nachdem er diesen so hilflos am Straßenrand stehen gesehen hatte, diese jämmerlich wirkende Gestalt, da war ihm einfach der Geduldsfaden gerissen und er konnte nicht länger schweigen. Es entsprach doch auch der Wahrheit, ständig war er versucht dem Kleineren zu helfen, hatte ihm seine Hilfe angeboten, aber dieser schlug sie immer wieder aus, redete nicht mit ihm, erzählte ihm es sei alles in Ordnung, wenn dies so offensichtlich keineswegs der Fall war. Auch die Tatsache, das Shinya, trotz dessen es ihm nicht gut ging, eine Rückkehr nach Ellon verweigert hatte, haderte mit dem Verständnis des Bassisten, schließlich hätten sie den Ausflug zum Loch Ness – der Schwarzhaarige hatte diesen Ort bewusst gewählt, gerade weil es dort laut Reiseleiter [1] die schönsten Ruinen zu besichtigen gab – auch erst auf den nächsten Tag verschieben können, aber nein... Mit einem Seufzen löschte er den Glimmstängel, warf diesen in den nächstbesten öffentlichen Mülleimer, welcher sich in seiner Nähe befand, während er auf die Rückkehr seines Freundes wartete, der soeben, mit einer Tasche in der Hand, aus dem Gebäude trat. Die Augenbrauen des Größeren hoben sich fragend in die Höhe, je näher der Jüngere kam, wusste der Bezopfte nichts anzufangen mit dem Plastikbeutel, welcher in der Hand des Braunhaarigen ruhte, jedoch schüttelte sein Freund lediglich den Kopf, als dieser bei ihm angekommen war und Toshiya war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Sollte er nun böse oder beleidigt sein, weil es schon wieder etwas gab, dass der Drummer ihm verschwieg, oder es einfach ignorieren, schließlich musste er auch nicht jede Kleinigkeit von dem Zierlicheren wissen. Er entschloss sich für die letztere Variante, denn es ging ihn wirklich nichts an, was sich in der ominösen Tasche befand, auch wenn er nur allzu neugierig war. „Alles klar? Können wir weiter?“ „Ja.“ Nach diesen Worten nickte der Ältere seinem Gegenüber noch einmal zu, wand sich dann ab, ging um das Auto herum und stieg ein, wartete bis auch Shinya wieder neben ihm war und sich angeschnallt hatte, ehe er den Wagen startete und los fuhr. Sie hatten jetzt noch in etwa hundertsechzig Kilometer vor sich, was bedeutete, dass sie nach etwas mehr als zwei Stunden beim Loch Ness ankommen würden, sollte sich der Bassist nicht noch verfahren oder sie eventuell in einen Stau kommen, weswegen Toshiya aufmerksam die Verkehrsnachrichten verfolgte, welche in jeder halben Stunde angesagt wurden. Dass Gesicht des Schwarzhaarigen verzog sich zu einer leicht frustrierten Miene, denn kaum daran gedacht, geschah es auch, er hörte, dass auf der A 9 [2] ein Unfall geschehen war und dort jetzt natürlich ein fünf Kilometer langer Stau herrschte und genau diese Strecke mussten sie entlang. Zwar hatte er sich auf dem Rastplatz noch einmal den Fahrplan angesehen und auch die Landstraßen, eben für solch einen Fall, ins Auge gefasst, sich jedoch diese nicht gemerkt, da er in der Hoffnung gewesen war, in keine Stausituation zu kommen. Nun allerdings sah die ganze Sache anders aus und da der Bassist eigentlich schon zur geplanten Zeit am rechten Ort sein wollte, dachte er angestrengt darüber nach, ob er sich nicht doch an eine der Abfahrten erinnerte, die sie auch über die Landstraße weiter bringen würde. Allerdings wurde der Größere aus seinen Überlegungen gerissen, als die Stimme des Jüngeren ertönte, welcher ihn, ohne dass er es registriert hatte, aufmerksam beobachtete. „Was ist denn los?“ „Nichts, warum?“ „Du siehst aus, als hättest du in einen sauren Apfel gebissen. Stimmt irgendetwas nicht?“ Toshiya dachte einen kurzen Moment über die Worte seines Freundes nach, natürlich, dieser wusste ja nicht, in welche Richtung sie weiter fahren mussten, schließlich hatte er ihm nicht gesagt, dass er zum Loch Ness wollte, sollte dies eigentlich eine Überraschung sein. „Ach so, nein, es ist alles in Ordnung. Es ist nur, dass wir wohl bald in einen Stau kommen werden, du hast die Nachrichten ja auch gehört und leider liegt der Unfall genau auf unserem Weg.“ „Und wie sieht es mit einem anderen Weg aus?“ „Ich überlege schon die ganze Zeit, denn eigentlich müssten wir auch über die Landstraße hinkommen, aber leider hab ich mir die Ausfahrt nicht gemerkt.“ „Wohin möchtest du, ich kann ja auf dem Straßenplan nachsehen.“ „Das sollte eigentlich eine Überraschung werden, Shinya.“ Der Jüngere blinzelte ihn aufgrund dieser Aussage nur an, wie er mit einem Seitenblick zu diesem fest stellte. „Tja, dann müssen wir den Stau eben über uns ergehen lassen und kommen dann halt etwas später an, denn ich möchte dir unser Ausflugsziel nur ungern verraten, dass verstehst du doch?“ Das Nicken des Braunhaarigen war ihm Antwort genug, und so fuhr er einfach die ursprünglich geplante Strecke weiter, vielleicht waren die Stockungen, bis sie dort hinkamen, auch nicht mehr ganz so extrem wie zum jetzigen Zeitpunkt. Dreißig Minuten später, hatten sie den Unfall bereits hinter sich gelassen, konnten bequem weiter fahren, ohne viel Zeit verloren zu haben, was den Bassisten sichtlich erfreute, schließlich konnte er jetzt seinen ursprünglichen Plan verwirklichen und er hoffte, Shinya würde sich darüber freuen. [3] ~~~~~ Es verwunderte den Drummer, das ihm sein Freund nicht die Augen verbunden hatte, als sie noch in dem Wagen saßen, denn je weiter sie liefen, desto aufgeregter wurde der Ältere, erinnerte Shinya an die unzähligen Male an denen er miterlebt hatte, wie Toshiya jemand Anderem eine Überraschung bereitet hatte und es war schon ein seltsames Gefühl zu wissen, dass es dieses Mal um die eigene Person ging. Nicht, dass der Größere in der Vergangenheit schon den Versuch unternommen hatte, ihm eine oder auch mehrere Freuden zu machen, doch hatte er bisher nie diese Nervosität erfahren, die Spannung bevor man einem das Geschenk offenbarte. Auf den letzten Metern trat der Bassist dann hinter den Kleineren, verdeckte diesem die Augen, beugte sich zu dessen Ohr. „Okay so?“ Shinya summte nur in Erwiderung, ihm behagte die Dunkelheit überhaupt nicht, aber er wollte dem Anderen nicht schon wieder die Laune verderben, weswegen er einfach ausharrte, seine Hände auf die Unterarme seines Freundes legte, dort nach Halt suchte. Unter der Führung des Schwarzhaarigen liefen sie noch wenige Meter und unter seinen Füßen konnte der Zierlichere spüren, dass sie den Weg verließen, der Boden unebener wurde, sich dann plötzlich wieder glättete. „Lass sie noch geschlossen.“ Wieder hatte der Ältere in sein Ohr gewispert, bevor er um den Drummer herum trat, ihn so leitete, bis sie dicht an dem Metallgitter standen, welches direkt vor den abfallenden Felsen befestigt worden war, die sich in dem dunklen Wasser des Loch Ness verloren. „Gut und jetzt darfst du schauen.“ Der Braunhaarige folgte den Worten seines Freundes und kaum einen Herzschlag später fing sich sein Atem in absoluter Faszination, er wusste sofort, wo er sich hier befand, zu ausgiebig hatte er die kleinen Bilder in dem Reisekatalog studiert, welchen er aus London mit sich genommen hatte. Hatte Toshiya ihn etwa dabei beobachtet und an seinem Blick erkannt, wie sehr er sich wünschte, diesen Ort zu sehen? „Gefällt es dir?“ Der Bezopfte war neben ihn an das Geländer getreten, an welchem er sich fest klammerte, blickte, wie auch er, über die schlicht atemberaubende Landschaft. „Du ahnst nicht wie sehr... Toshiya, wie kann ich...“ „Wie du eben ausgesehen hast, reicht mir.“ Wie auch schon in dem Musikgeschäft hatte ihn der Größere unterbrochen, indem er Shinya einen Finger gegen die Lippen legte und erneut verstand dieser die mit Zärtlichkeit behafteten Worte nicht. „Toshiya?“ In dem Namen des Dunkelhaarigen lagen eine ganze Reihe an stummen Fragen, doch schien sie sein Freund zu verstehen, denn dieser hob eine Hand, strich dem Zierlicheren behutsam über eine Wange, fuhr dann den Kiefer entlang. „Der Glanz in deinen Augen, deine gesamte Ausstrahlung. Ich habe vermisst zu sehen, wie du dich wirklich über etwas freust und deswegen war es mir mehr als nur wert, dich hierher zubringen.“ Jedem Anderen wäre bei solch sanften Worten wahrscheinlich das Blut in die Wangen geschossen, doch in dem jungen Musiker lösten sie eher so etwas wie Bestürzung aus, gemischt mit einer sachten, anderen Empfindung, ersteres, weil er sich nicht bewusst war, wie gravierend er sich auch für seine Umwelt verändert haben musste, in den letzten Wochen, letzteres, weil es ihn unheimlich berührte, die Mühe, welche sich der Ältere um ihn machte. „Ich danke dir.“ Der Bassist schenkte ihm ein warmes Lächeln, strich noch einmal über sein Gesicht auch wenn die Berührung einen Hauch länger bestehen blieb, Shinya dazu bewegt war, sich in die angenehme Hitze zu pressen, welche von den Fingern des Älteren ausging. „Dann wollen wir uns mal umschauen, ne?“ Toshiya unterbrach den unbestimmten Moment zwischen ihnen, wandte sich stattdessen der Ruine zu, welche nicht unweit von ihnen stand, marschierte geradewegs dorthin, auch wenn er dafür über ein paar Baumwurzeln steigen musste. „Können wir nicht den normalen Weg benutzen?“ Der Langhaarige war dem Größerem gefolgt und kämpfte nun mit einem Ast, der sich beharrlich weigerte, aus seinem Sichtfeld zu verschwinden, sein Freund jedoch grinste nur über seine Schulter zu ihm zurück. „Wo würde denn das Abenteuer bleiben, Shin-chan? Findest du es so nicht viel aufregender?“ „In erster Linie will ich am Leben bleiben.“ Seine schlanken Finger wurden von denen des Bezopften umschlossen, als ihm der Bassist half über eine der größeren Wurzeln hinweg zu steigen, auch wenn sein Fuß lange nicht mehr stark schmerzte, so war der Größere darauf bedacht, dass er noch immer auf ihn achtete und eigentlich hätte Shinya dem Anderen nun gerne vorgeworfen, dass dieser sehr wohl noch eine verletzte Schulter hatte und das nicht so einfach vergessen sollte, aber als er die Bewegungen des Braunäugigen genauer betrachtete, stellte er fest, dass sich der Musiker vorsichtig bewegte und hauptsächlich seinen gesunden Arm benutzte, wann immer er dem Langhaarigen half. Wenig später standen sie tatsächlich vor den Ruinen von Schloss Urquhart [4] und offensichtlich waren sie ein wenig zerzaust, denn die anderen Besucher blickten sie skeptisch an, aber das mochte auch daran liegen, dass es wirkte, als wären sie mitten aus dem umliegenden Wald gebrochen. ~~~~~ Ungeachtet der Blicke die ihnen geschenkt wurden, griff der Ältere abermals nach der Hand des Zierlicheren, hatten sich ihre Finger von einander gelöst, als sie sich auf den öffentlichen Platz begeben hatten, auf welchen sich viele Reisegruppen der verschiedensten Nationen tummelten. Kurzerhand zog der Schwarzhaarige seinen Begleiter zu einer dieser Grüppchen, würden sie so sehr viel mehr über dass alte Schloss erfahren, auch wenn der Bassist sich selber eingestehen musste, dass er nichts dagegen gehabt hätte, mit dem Jüngeren ganz unter sich zu sein. Er genoss es auf eine bestimmte Art, die Nähe des Kleineren in der Seinen zu wissen, suchte immer wieder Kontakt zu dem Drummer, so auch jetzt, als er einfach einen Arm um dessen schmale Schultern legte, diesen so näher an sich zog und doch einen gewissen Abstand zwischen ihnen warte, schließlich wollte er sich seinem Freund nicht aufdrängen. Nach kurzer Zeit schon holte der Musiker seine Polaroid Kamera aus seinem Rucksack, deutete Shinya, sich wie schon in Aberdeen, in verschiedene Posen zu begeben, welcher dieser, erst nach seinem berühmten Bambiblick und gutem Zureden befolgte. Wie die vielen Male zuvor, nahm sich Toshiya der Bilder sofort an, ohne diese seinem Freund zu zeigen und auch als Shinya zu protestieren begann, blieb der Größere stur. Alle Photografien, wanderten erneut in einen großen Umschlag, welchen der Bassist zum Schutze dieser bei sich trug, doch landeten die Aufnahmen, erst dort, nachdem er sich diese nochmals angesehen hatte, dabei für sich selber feststellte, wie gut sein Freund doch in diese Gegend passte. Die Bilder hatten etwas magisches, geheimnisvolles an sich, wirkte der Jüngere wie eine Nymphe, ausgesetzt in eine Richtung, welche diesem unbekannt war und diesen in eine Welt führte, die kein bestimmtes Ziel erkennen ließ. Einfach wunderschön, ihm war diese Seite des Braunhaarigen in ihrem sonstigen Alltag nie aufgefallen, erst seit sie hier waren, erkannte er immer mehr an dem Dunkeläugigen was ihm gefiel, eine Tatsache, die dem Bassisten selbst selten bewusst wurde und nur dann wieder in den Vordergrund trat, wenn er solche Aufnahmen vor sich hatte. Ein leises Geräusch ließ den Schwarzhaarigen aus seiner momentanen Träumerei wieder erwachen, wanden sich die braunen Augen ab von der Fotografie in seiner Hand, blickten auf, glitten suchend umher, bis sie die Ursache für den Laut entdeckten und geradewegs auf der Gestalt seines Begleiters landeten. Der Jüngere war es dieses Mal, welcher ein Bild von dem Älteren gemacht hatte, ruhten die dunklen Opale noch für einen kurzen Moment auf dem kleinen Monitor auf der Rückseite der neuen digitalen Kamera, ehe sich der Kopf des Zierlicheren hob, dieser seinem Freund ein kleines Lächeln schenkte. „Es ist nicht nett einfach Bilder von Jemanden zu machen, der darauf gar nicht vorbereitet ist.“ Zwar hatte der Größere versucht die Worte bitter klingen zu lassen, doch an dem neckischen Unterton, erahnte man schon, dass er dies nicht ernst gemeint hatte. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, doch ich konnte einfach nicht wiederstehen.“ Die Antwort des Kleineren, brachte diesem ein Heben der Augenbrauen Toshiyas ein, war der Größere doch etwas überrascht, denn bisweilen, war es eher selten, bis gar nicht der Fall, dass sich der Drummer auf seine kleinen Spielereien, einließ. „Du konntest also nicht widerstehen? Darf das ahnungslose Opfer auch den Grund dafür erfahren?“ „Vielleicht?“ „Was muss ich denn tun, damit du es mir sagst?“ „Du könntest mir zeigen, was dich so fasziniert hat, dass du Gott und die Welt um dich vergessen hast?“ „Hm...“ Wie um den Jüngeren davon zu überzeugen, wie sehr diese Entscheidung ihn zum überlegen brachte, warf der Bassist abermals einen Blick auf die Fotografie seines Freundes, ehe er seinen Zeigefinger in einer grüblerischen Geste gegen das Kinn legte, die Augen dabei in den Himmel richtete und sich für eine Antwort mehrere Sekunden Zeit ließ,. „Also weißt du, eigentlich war dass nicht für deine Augen bestimmt, deswegen, denke ich, wird es auch so bleiben.“ „In diesem Fall, wirst du akzeptieren müssen, dass auch ich dies, als mein Geheimnis verwahren werde.“ „Du hast schon genügend davon.“ Erst nachdem diese Worte seine Lippen verlassen hatten, wurde sich der Schwarzhaarige darüber bewusst, dass der Zierlichere diese Aussage vollkommen falsch auffassen könnte, bestätigte ihm ein Blick auf dessen Gesicht seine Vermutung, war der amüsierte Ausdruck in dessen Augen verschwunden und einem nachdenklichen gewichen. „Shin, so war das nicht gemeint, es tut....“ „Es ist in Ordnung, ich weiß, dass es nicht böse gemeint war. Lass uns weiter gehen.“ Die Tonlage des Drummers erklärte dem Älteren deutlich, dass es damit für den Kleineren erledigt war und dieser nicht weiter darüber reden wollte, eine Tatsache, die der Musiker nur widerwillig akzeptierte. „Wie du meinst....na dann, auf zu unserer weiteren Erkundungstour, aber... wo sind denn all die anderen Leute geblieben?“ „Sie sind schon weiter gegangen.“ „Und haben nicht auf uns gewartet?“ „Dies mag wohl daran gelegen haben, dass sie uns nicht weiter vermisst haben.“ „Wie meinst du das?“ „Es ist gar nicht auffällig, wenn sich zwei Japaner unter eine Gruppe an spanischen Touristen schleicht.“ „Und wenn schon, was ist denn daran so schlimm? Wir haben sie schließlich nicht überfallen, wollten lediglich auch an ihrer Führung teilhaben um mehr über dieses Schloss zu erfahren, da hätten sie ruhig auf uns warten können.“ Der Drummer erwiderte diese Aussage mit einem Heben seiner Augenbraue, zeigte dem Größeren somit was er von dessen Antwort hielt. „Was denn? Ich habe doch Recht, es hätte ihnen keine Umstände bereitet uns mit gehen zu lassen, oder? Wir hätten uns auch weiterhin im Hintergrund gehalten, aber nein, jetzt sind wir wieder völlig auf uns allein gestellt, dass ist gemein.“ ~~~~~~ Trotzdem der Bassist noch eine Zeit lang gespielt theatralisch über das unsoziale Volk der Spanier schimpfte – größtenteils um Shinya wieder ein wenig aufzumuntern – fanden sie sich auch zu zweit in den alten Gemäuern zurecht, während sie immer wieder stehen blieben, um die aufwendigen Arbeiten unter den Decken zu bewundern, oder die vielen kleinen Tafeln zu lesen, wobei sie sich immer wieder gegenseitig unter die Arme griffen, wenn einer in eine kurze, nachdenkliche Pause geriet. Immer wieder suchte der Ältere Kontakt zu seinen Freund, ließ oftmals die Finger über eine der schmalen Schultern wandern, fand den Blick der dunklen Augen, wie um sich zu vergewissern, dass ihm der Drummer nicht böse war, wegen dem, was zwischen ihnen geschehen war. Mehrmals öffneten der Braunäugige die Lippen, wollte seinen Freund mit Worten beruhigen, doch brachte er es im Endeffekt nicht über sich, er wollte nicht mehr über 'diese' Dinge nachdenken, auch wenn es ihm leid tat, dass Toshiya ganz offensichtlich Schuldgefühle hatte, die er nicht zu tilgen vermochte. Gerade erreichten sie einen kleineren Raum, in dessen Zentrum eine steinerne Statue stand, welche den Langhaarigen an eine Ranke von Rosen erinnerte, die irgendetwas in ihrem Inneren zu schützen suchten, auch wenn er nicht genau erkennen konnte, um was es sich dabei handelte und derweil Shinya die Beschreibung las, umrundete der Bezopfte das Kunstwerk, legte dann leicht den Kopf auf die Seite, als er eine Hand ausstreckte, sodass diese behutsam auf dem dunklen Stein auflag. „Es ist warm.“ Die Worte waren ein erstauntes Wispern, auf welches der Zierlichere nur summte, sich an die Seite des Größeren gesellte. „Man hat es aus Blaustein geschaffen.“ Eine der Brauen des Bassisten wanderte in die Höhe, halb in einer fragenden, halb in einer neckenden Geste. „Ich nehme an, ich sollte jetzt die Erleuchtung haben?“ An seinen Lippen zupfte ein kleines Lächeln, welches von einem Vollen seitens des Schwarzhaarigen erwidert wurde, der Dunkeläugige war sich durchaus bewusst, was diese kleinen Gesten seinem Gegenübers bedeuteten, weswegen es einen Teil in ihm gab, der immens erleichtert war, dass Toshiya wieder mit ihm scherzte, auch wenn es behutsam war. „Dieses Gestein reflektiert die Wärme, egal ob die der Sonne oder einer anderen Quelle, wie ein Tier oder eben Mensch, deswegen fühlt man die Hitze so sehr.“ Während er sprach, hob auch der Kleinere seine Finger, doch im Gegensatz zu dem Langhaarigen berührten nur die Spitzen das Kunstwerk, glitten sacht über eine der Rosen. „Ist das so?“ Toshiya schien diese Frage aus rein rhetorischen Gründen zu stellen, denn er erwartete wohl keine Antwort, statt dessen legte er seine Hand über die Schmalere seines Freundes, bis sie vollständig gegen den Fels lag, der Langhaarige fühlen konnte, wie sich eine ferne Wärme ausbreitete, welche seinen gesamten Arm hinauf zu strahlen schien, aber noch überraschter war er, dass sich sein Atem leise fing, das war ihm nie zuvor passiert, egal wie nahe ihm sein Freund gewesen war... Shinya war sich nicht einmal sicher, warum sich seine Brust auf einmal zu verengen schien. Der Moment brach sich, als zwei Jungen lärmend um die Ecke geschossen kamen, in ihrem Fangen spielen den Musiker streiften, der sich sofort verspannte, obgleich er die beiden Kinder hatte kommen hören. Er war sich nicht sicher, ob dem Älteren der plötzliche Umschwung in seinen Zügen aufgefallen war, doch als die Beiden Jungen zu einer erneuten Runde ansetzen wollten, ging dieser geschmeidig vor ihnen in die Knie und schalt sie in seiner fast schon liebevollen Art, von welcher man eigentlich annehmen sollte, dass sie keinen Effekt haben würde, dann ergriff der Größere seine Hand, führte ihn in den nächsten Raum. Obgleich sich Shinya wirklich Mühe gab, vermochte er es nicht, seine Konzentration wirklich auf den noch folgenden Ausstellungsstücken zu halten, seufzte fast schon erleichtert, als sie wieder nach draußen kamen, wo sich der Ältere einmal, genussvoll streckte, dem Drummer mit einem kleinen Zwinkern erzählte, dass ihn solch alte Gemäuer nicht behagten, egal wie faszinierend er sie fand und dass Toshiya deswegen durchaus zufrieden war, dass sie wieder unter freiem Himmel waren. Der Platz hatte sich mit weiteren Reisegruppen gefüllt, ein Umstand, der nicht gerade das beitrug, dass sich der Zierlichere begann zu entspannen, weswegen sie sich auf einen der unzähligen Wanderwege zurückzogen, der sie weiter nach unten und näher an das Wasser heran bringen würde. Auf halber Strecke passierten sie ein Schild, welches ihnen verkündete, dass sie auf einen Bootsstand treffen würden, der Rundfahrten über dem Loch Ness anbot [5], was sehr verlockend klang, auch wenn der Braunäugige wohl nichts essen würde, sein Magen brummelte unglücklich, wenn er nur daran dachte, Mittag vor sich stehen zu haben. Einige Minuten war sein Freund besorgt, Toshiya wollte nicht, dass sich der Jüngere ein weiteres Mal übergab, dennoch gab er dem Braunhaarigen nach, er würde an der Entscheidung des Anderen sowieso nichts ändern können. Sie hatten das Schiff um einige Minuten verpasst, als sie ihr Ziel erreichten, was sie aber mit einem kleinen Schulterzucken abtaten, sie hatten genügend Zeit und würden die Pause nutzen um sich ein wenig in der herrlichen Wintersonne zu baden. Derweil sich Shinya auf eine der Bänke setzte, den Blick über das Wasser schweifen ließ, kaufte der Bezopfte die Karten und zauberte irgendwoher zwei Decken, welche vielleicht von der Besitzerin des Standes stammten, die Toshiya mit seinem Charme gänzlich um den Finger gewickelt haben dürfte, denn einen Moment später brachte ihnen die junge Blauhaarige auch noch einen Tee, schenkte ihnen beiden ein Lächeln, bevor sie sich mit einem kleinen glücklichen Seufzen herumdrehte, um an ihren Platz zurückzukehren. ~~~~~ An seinem Tee nippend, ließ der Bassist seine Augen über die Umgebung schweifen, sie war wirklich sehr schön und auch vor allen Dingen war es ruhig, schien es, als wären sie die einzigen an diesem Ort, denn hier tummelten sich weitaus weniger Touristen, als bei den Ruinen zuvor, etwas, dass dem Schwarzhaarigen gefiel, denn er mochte es mit Shinya alleine zu sein. Sein Blick legte sich auf eben diesen, fragte sich, wo sein Freund mit den Gedanken war, denn die schwarzen Opale, hatten einen merkwürdigen, jedoch faszinierenden Glanz bekommen, seit sie sich zurückgezogen hatten, schien der Drummer entspannt und Sorgenlos, als gäbe es nichts dort draußen, was den Kleineren belastete, auch wenn Toshiya wusste, dass es anders war. Doch in diesem einfachen Moment, wirkte Shinya irgendwie frei, als auch glücklich und dies war mit ein Grund für dass kleine freudige Lächeln, welches auf den Lippen des Älteren erblühte, als auch die Tatsache, dass der Braunhaarige verschluckt wirkte, von der großen Decke, welche dessen zierlichen Körper umhüllte. „Wie fühlst du dich?“ Wie aus einer anderen Welt gerissen, wand sich der Kopf des Jüngeren langsam von der schimmernden Oberfläche des Gewässers ab, richtete der Zierlichere seine Augen auf den Größeren, blinzelte leicht. „Ich fühle mich wohl.“ Das Lächeln des Schwarzhaarigen wurde daraufhin noch eine Spur weiter, ehe er dem Blick aus den dunklen Tiefen seines Gegenüber auswich. Zwar wusste er selbst nicht warum, doch wann immer er solche Momente mit dem Braunhaarigen teilte, mehr und mehr Seiten, abseits ihres Lebens als Musiker, des Anderen kennen lernte, desto öfters verspürte Toshiya ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend. Nicht unangenehm, aber merkwürdig genug, dass eine Verlegenheit in ihn kroch, welche es ihm erschwerte, ruhig zu bleiben, spürte er, wann immer dies geschah, dass sein Herz schneller zu schlagen begann, der Bassist nervös wurde, selbst wenn er die Gründe dafür nicht kannte, es aber irgendwie an dem Jüngeren lag. Diese Empfindungen versuchte der Ältere beiseite zu schieben, wollte er in Shinya keine Sorgen wecken, indem er sich anders verhielt als sonst, sprach somit weiter, sagte das, was er dachte. „Das ist schön zu hören.“ Ohne zu dem Jüngeren zu blicken, spürte er nahezu dessen Augen fragend auf sich ruhen, weswegen er auch sogleich seine Aussage weiter führte. „Ich meine, dass hatte ich eigentlich mit meiner Überraschung bezweckt. Nicht nur, um dir die schöne Gegend zu zeigen, sondern auch, damit du dich wohl fühlst. Besonders nach alldem... der ganze...“ der Ältere brach ab, nahm abermals einen Schluck von dem heißen Getränk, ehe er seinen angefangenen Satz fort führte “... Hauptsache, es gefällt dir hier.“ Der Bassist, hatte den Streit mit Die, ihre Band oder auch die ganzen anderen Dinge, welche seinen Freund sonst belasteten nicht erwähnen wollen, waren die Zeiten in welchen Shinya nicht daran dachte selten genug und er war sicher, dass der Jüngere ihn auch so verstand. „Das hättest du nicht tun müssen.“ „Ich weiß, aber ich wollte es.“ „Vielen Dank.“ „Gern geschehen.“ Die nächsten Minuten verbrachten die beiden Musiker in einem angenehmen Schweigen, nicht, weil sie sich nichts zu sagen hätten, sondern einfach nur, um die Ruhe, welche dieser Ort ausstrahlte zu genießen, dem leisen Plätschern des Sees zu lauschen. Der magische Moment jedoch dauerte nicht wirklich lange an, ein klingelndes Geräusch drang durch die sonstige Stille, welche nur ab und an von den Stimmen anderer Touristen unterbrochen worden war, griff der Ältere in seine Jackentasche, holte den Störenfried aus dieser und schaltete das Handy wieder ab. Toshiya hatte den Wecker des Mobilen Gerätes gestellt, damit sie die nächste Schiffsrundfahrt über dem Loch Ness nicht wieder verpassen würden. Danach erhob sich der Bassist, schälte sich aus der gemütlichen Decke, legte diese zusammen, ehe er sich zu Shinya wand, diesem aufhalf während er zu sprechen begann, seine Worte schon beinahe bereute, wäre er jetzt gerne noch länger einfach hier geblieben. „Wir müssen gehen, wenn wir den Ausflug noch machen wollen.“ Der Kleinere nickte, faltete auch seine Decke ordentlich zusammen, wollte diese gerade auf den Arm nehmen, doch der Ältere kam ihm zu vor, nahm sie an sich und schenkte seinem Gegenüber ein kleines Lächeln. „Ich bringe die Sachen zurück, warte einfach hier auf mich.“ „Soll ich dir nicht lieber helfen?“ Dabei deutete der Braunhaarige auf die Tassen, welche noch auf der Bank standen und die Toshiya soeben in die Hand zu nehmen versuchte, während er auf dem anderen Arm die Decken balancierte. „Lass nur, ich mach das schon.“ Der Größere zwinkerte dem Jüngeren nochmals zu, stieß einen Laut des Erfolges aus, nachdem er es geschafft hatte ohne Hilfe das Porzellan an sich zu nehmen, wand sich dann bepackt mit den geliehenen Sachen ab von seinem Freund um sie zu dem Stand zurück zu bringen, ignorierte dabei das Seufzen Shinyas, welches ihm zu Verstehen gab, dass er unverbesserlich war. ~~~~ Sie hatten sich auf das Außendeck des Schiffes zurückgezogen, Shinya machten viele Menschen nervös, seid dem heutigen Morgen mehr noch, als in der Vergangenheit... man hätte ihm genauso gut ein Messer in den Bauch rammen können, denn die Realisierung, dass er sich nirgendwo verstecken, an keinem Ort Ruhe finden konnte, tat ebenso weh. Hier draußen war außer dem Älteren niemand und erneut ertappte sich der Drummer dabei, dass er sich von ganz allein in die Nähe seines Freundes lehnte, nur um dann vor sich selber zurückzuschrecken. „Die Teesorten haben mir alle nichts gesagt, deswegen habe ich dir das hier gebracht.“ Mit einem dankbaren Blick nahm er das schmale Glas entgegen, welches ihm gerade von dem Größeren gebracht worden war, der ihn einen Moment lang ansah und dann die Decke, welche um seine Beine lag, ein Stück höher schob, bevor er sich auf seinen eigenen Stuhl sinken ließ. Toshiya hatte ihm eine heiße Zitrone gebracht, etwas, dass der Langhaarige nicht oft trank, weil er selten die Gelegenheit dazu hatte, doch er genoss das Gefühl der Wärme, dass sich in seinem Bauch ausbreitete. Ihre Fahrt war wunderbar langsam und auch das Schiff selbst lag recht ruhig im Wasser, weswegen der Langhaarige immer mal wieder die Augen schloss, mehr um die Sonne zu genießen, als zu dösen. „Kann ich dich etwas fragen, Shinya?“ Der Angesprochene summte nur, doch der Bassist würde wissen, dass es sich um eine Zustimmung handelte. „Warum hast du dich so verändert?“ Nun blinzelte der Dunkeläugige überrascht, blickte zu dem Älteren hinüber, doch dieser hatte den Blick auf das vor ihnen liegende Wasser gerichtet. „Ich verstehe nicht, was du mit dieser Frage andeuten willst.“ „Nichts... ich habe mich nur gefragt, warum ein so offenerer Mensch mit einem Mal so in sich zurück gezogen ist.“ „Der Rummel um die eigene Person liegt mir schlicht nicht.“ „Als du dich verändert hast, warst du noch ein Kind... und ich kann nicht anders, als mich zu wundern, denn wann immer du uns hinter all diese Wälle der Stille blicken lässt, bricht ein wenig von dem hervor, was dich früher vollständig ausgemacht haben muss.“ Ihre Augen trafen sich für einige Sekunden und dann öffneten sich Shinyas Lippen, lösten sich Worte von ihnen, die der Drummer eigentlich nie hatte jemand anvertrauen wollen. „Vielleicht muss man Teile einer geschlagenen und verletzten Seele auf diese Art verbergen.“ „Ich denke, dass es eine wundervolle Seele ist.“ Der Satz war sanft gesprochen worden, wurde von dem auffrischenden Wind mit genommen, doch ein kleines Stück in Shinya streckte die Finger aus, fing ihn ein und verbarg ihn tief in sich - er konnte absolut und ohne Zweifel behaupten, dass man so etwas noch nie zu ihm gesagt hatte. Sicherlich hatte man ihm schon oft mitgeteilt, wie anziehend seine körperlichen Attribute, sein Talent, seine Stimme und seine Stärke waren, Toshiya aber blickte ihn einfach so an, schenkte ihm etwas, dass er lange Zeit vermisst hatte, selbst wenn er sich immer wieder eingeredete, dass er nicht einsam war, denn er hatte Miyu, seine Familie, die Band. Er erinnerte sich an die Monate, in welchen er zuerst nach Tokyo [6] gekommen war, in seinem eigenen Apartment gewohnt hatte. Shinya war stolz gewesen, auf sich, sein Leben und die Arbeit die er jeden Tag meisterte, egal wie viel Blut und Schweiß ihn das kostete und ihm fielen auch die wenigen Nächte ein, in welchen er sich um sein wertvolles Juwel herum gerollt und sich eingebildet, dass er nicht allein war... ein Gefühl, dass ihn in den letzten Monaten immer öfter heimgesucht hatte. Finger rissen den Zierlicheren aus seiner Starre, strichen langsam und ohne von Stoff umhüllt zu sein über eine seiner kalten Wangen. „Ich wollte dir nicht schon wieder die Laune verderben.“ Ohne es wirklich zu bemerken, lehnte sich der Braunhaarige ein wenig in die Berührung, lächelte dann leicht zu dem Anderen hinüber. „Das hast du nicht.“ „Tatsächlich? Manchmal ist mein Gefühl für taktvolles Reden nicht besonders gut ausgeprägt.“ Shinya öffnete seine Augen, die er schon automatisch geschlossen hatte, als der Daumen seines Freundes über seinen Kiefer wanderte, bevor sich die Hand vollkommen von ihm löste. „Es hat mich überrascht... aber vielleicht ist es manchmal gut, über so etwas zu sprechen.“ Nun hoben sich auch die Lippen des Größeren in einem warmen Lächeln. „Darf ich dir dann noch eine Frage stellen?“ „Wenn das gleiche auch für mich gilt?“ End Part XI – Plea [1] Wir kennen uns in der Umgebung des Loch Ness nicht aus, bei uns gibt es viele schöne Ruinen dort [2] Keine Informationen darüber, ob es diese Straße so dort gibt oder nicht [3] Um einer allgemeinen Verwirrung zu entgehen, warum Shinya nicht weiß wo es hingeht, schließlich gibt es wahrscheinlich genügend Schilder die den Weg zum Loch Ness aufzeigen. Es wurde absichtlich nicht eingefügt, aufgrund unserer eigenen Erfahrungen, das eben oft solche Ausflugsziele, nicht beschildert sind. Ob es auch in der Realität wirklich so ist, können wir leider nicht beurteilen. [4] Die Ruine ist in unserer Story weit besser erhalten, als das in der Realität der Fall ist [5] Da wir noch nie in Schottland waren und auch keine Informationen haben finden können, wissen wir nicht, ob es tatsächlich Boostfahrten gibt [6] Wir können nicht sagen, wo Shinya zu dieser Zeit gewohnt hat Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)